Die Schutzbefohlenen Elfriede Jelinek Wir leben. Wir leben

Die Schutzbefohlenen
Elfriede Jelinek
Wir leben. Wir leben. Hauptsache, wir
leben, und viel mehr ist es auch nicht
als leben nach Verlassen der heiligen
Heimat. Keiner schaut gnädig herab
auf unseren Zug, aber auf uns
herabschauen tun sie schon. Wir
flohen, von keinem Gericht des
Volkes verurteilt, von allen verurteilt
dort und hier. Das Wißbare aus
unserem Leben ist vergangen, es ist
unter einer Schicht von
Erscheinungen erstickt worden, nichts
ist Gegenstand des Wissens mehr, es
ist gar nichts mehr. Es ist auch nicht
mehr nötig, etwas in Begriff zu
nehmen. Wir versuchen, fremde
Gesetze zu lesen. Man sagt uns
nichts, wir erfahren nichts, wir werden
bestellt und nicht abgeholt, wir
müssen erscheinen, wir müssen hier
erscheinen und dann dort, doch
welches Land wohl, liebreicher als
Die Schutzflehenden
Von Aischylos
Übersetzt von Johann Gustav Droysen
The Suppliants
By Aeschylus
Translated by E. D. A. Morshead
Chorführerin:
Zeus, Flüchtlingshort,
Schau gnädig herab auf unseren Zug,
Der zu Meer von des Nilstroms Mündungen her,
Von den feinsandigen,
Aufbrach; und verlassend die heilge
Heimat, die an Syria grenzt, flohn wir,
Um Blutschuld nicht ins Elend zu gehn,
Vom Gerichte des Volkes verurteilt;
Den verwandten, den bräutigamsflüchtigen Bund,
Mit Aigyptos' Söhnen die Hochzeit flohn
Voll Abscheu wir; und Danaos selbst,
Mein Vater und Rater und Führer zur Tat,
Er ersann, er gebot
Uns dies' glorwürdigste Trübsal:
Rastlos zu entfliehn durch die wogende See
Und zu landen am Argosstrande, woher
Ja unser Geschlecht von der schweifenden Kuh,
Vom Berühren, vom leis anwehenden Hauch
Des Kroniden sich rühmt zu entstammen.
Drum welch Land wohl, liebreicher denn dies,
Könnten betreten wir,
Dies bittende, wollenumwundne Gezweig
CHORUS
Zeus! Lord and guard of suppliant hands
Look down benign on us who crave
Thine aid-whom winds and waters drave
From where, through drifting shifting sands,
Pours Nilus to the wave.
From where the green land, god-possest,
Closes and fronts the Syrian waste,
We flee as exiles, yet unbanned
By murder's sentence from our land;
But-since Aegyptus had decreed
His sons should wed his brother's seed,Ourselves we tore from bonds abhorred,
From wedlock not of heart but hand,
Nor brooked to call a kinsman lord!
And Danaus, our sire and guide,
The king of counsel, pond'ring well
The dice of fortune as they fell,
Out of two griefs the kindlier chose,
And bade us fly, with him beside,
Heedless what winds or waves arose,
And o'er the wide sea waters haste,
Until to Argos' shore at last
1
dieses, und ein solches kennen wir
nicht, welches Land können betreten
wir? Keins. Betreten stehn wir herum.
Wir werden wieder weggeschickt. Wir
legen uns auf den kalten
Kirchenboden. Wir stehen wieder auf.
Wir essen nichts. Wir müssen doch
wieder essen, wenigstens trinken. Wir
haben hier so ein Gezweig für den
Frieden, so Zweige von der Ölpalme,
nein, vom Olivenbaum haben wir
abgerissen, ja, und das hier auch
noch, alles beschriftet; wir haben
sonst nichts, wem dürfen wir ihn bitte
überreichen, diesen Stapel, wir haben
zwei Tonnen Papier beschrieben,
man hat uns natürlich dabei geholfen,
bittend halten wir es nun hoch, das
Papier, nein, Papiere haben wir nicht,
nur Papier, wem dürfen wir es
übergeben? Ihnen? Bitte, hier haben
Sie es, aber wenn Sie nichts damit
anfangen, müssen wir das alles noch
einmal kopieren, noch einmal
ausdrucken, das ist Ihnen doch klar?
O droben ihr Himmlischen, wir falten
fromm die Hände, ja, ihr seid gemeint,
Schutzflehender fromm in den Händen?
O droben ihr Himmlischen, deren die Stadt
Und das Land und die leuchtenden Wasser, und ihr
Schwerstrafenden drunten im Hades,
Und Zeus, Heiland, der das Haus, das Geschlecht
Du der Frommen bewahrst,
Aufnehmet der Fraun schutzflehenden Zug;
Doch den männergedrängt frechtrotzenden
Schwarm,
Des Aigyptos' Geschlecht,
Eh ihr Fuß dies sandige Ufer betritt,
So verschlagt sie in jagenden Barken hinaus
In die offene See,
Wo die wettergegeißelte Sturmnacht sie,
Wo sie Donner und Blitz,
Wo des regengepeitschten Orkanes Gewalt
In der brausenden See sie vernichte,
Eh das Bett, das Themis ja ihnen versagt,
Eh mit ringender Hand das erzwungene Bett
Der bewältigten Muhmen sie schänden.
Our wandering pinnace cameArgos, the immemorial home
Of her from whom we boast to comeIo, the ox-horned maiden, whom,
After long wandering, woe, and scathe,
Zeus with a touch, a mystic breath,
Made mother of our name.
Therefore, of all the lands of earth,
On this most gladly step we forth,
And in our hands aloft we bearSole weapon for a suppliant's wearThe olive-shoot, with wool enwound!
City, and land, and waters wan
Of Inachus, and gods most high,
And ye who, deep beneath the ground,
Bring vengeance weird on mortal man,
Powers of the grave, on you we cry!
And unto Zeus the Saviour, guard
Of mortals' holy purity!
Receive ye us-keep watch and ward
Above the suppliant maiden band!
Chaste be the heart of this your land
Towards the weak! but, ere the throng,
The wanton swarm, from Egypt sprung,
Leap forth upon the silted shore,
Thrust back their swift-rowed bark again,
Repel them, urge them to the main!
2
schaut nur herab!, wir beten zu euch,
ja, ihr, denen die Stadt und das Land
und die leuchtenden Wasser der
Donau wohl und auch ihr
Schwerstrafenden in den Behörden
noch wohler gehört: Ihr sagt uns
einmal dies, und dann sagt ihr uns
das, und nichts können wir gerecht
werden, doch gerecht seid ihr ja auch
nicht, ihr Engel plus du, lieber
Himmelvater. Was sollen wir machen
gegen euch?, ihr dürft alles, ihr könnt
alles. Sie hier: Können Sie uns bitte
sagen, wer, welcher Gott hier wohnt
und zuständig ist, hier in der Kirche
wissen wir, welcher, aber es gibt
vielleicht andere, woanders, es gibt
einen Präsidenten, einen Kanzler,
eine Ministerin, so, und es gibt
natürlich auch diese Strafenden, das
haben wir gemerkt, nicht drunten im
Hades, es gibt sie alle gleich
nebenan, zum Beispiel dich, wer auch
immer, dich, wer auch immer du bist,
du, du, Jesus, Messias, Messie, egal,
der du das Haus, das Geschlecht, alle
Frommen bewahrst, aufgenommen
And there, 'mid storm and lightning's shine,
And scudding drift and thunder's roar,
Deep death be theirs, in stormy brine!
Before they foully grasp and win
Us, maiden-children of their kin,
And climb the couch by law denied,
And wrong each weak reluctant bride.
Erste Strophe
Flehend gewendet zu dir,
Sohn des Zeus, du der jenseitigen Heimat Hort, von
der blumenweidenden Kuh,
Unserer Ahnin, gezeuget von Zeus' Hauch –
Denn, der sie rührte, der Hauch, ihn erfüllte im
Namen das ewge Verhängnis,
Als sie Epaphos' Kraft gebar, glorreich.
Erste Gegenstrophe
Flehend zu dir denn gewandt,
Will ich jetzt, in den grasreichen Aun der hehren
Mutter einstige Qual
Feiernd, ein unwiderlegliches Zeugnis
(strophe 1)
And now on her I call,
Mine ancestress, who far on Egypt's shore
A young cow's semblance wore,A maiden once, by Hera's malice changed!
And then on him withal,
Who, as amid the flowers the grazing creature
ranged,
Was in her by a breath of Zeus conceived;
And, as the hour of birth drew nigh,
By fate fulfilled, unto the light he came;And Epaphus for name,
Born from the touch of Zeus, the child received
(antistrophe 1)
On him, on him I cry,
And him for patron holdWhile in this grassy vale I stand,
Where lo roamed of old!
3
hast du uns nicht, wir sind ja auch von
selber gekommen, in deine Kirche
gekommen, als schutzflehender Zug,
bitte helfen Sie uns, Gott, bitte helfen
Sie uns, unser Fuß hat Ihr Ufer
betreten, unser Fuß hat noch ganz
andre Ufer betreten, wenn er Glück
hatte, doch wie geht es jetzt weiter?
Fast hätte uns die See vernichtet, fast
hätten uns die Berge vernichtet, jetzt
sind wir in dieser Kirche, morgen
werden wir in diesem Kloster sein,
dank dem Herrn Gott, dank dem
Herrn Präsidenten, sie wurden
eingesetzt, sie haben sich eingesetzt,
doch wo werden wir übermorgen sein
und danach? Wo wird uns ein Bett
versagt werden, wo werden wir uns
ein Bett erzwingen können, wo
werden sie uns wieder rauswerfen, wo
werden wir unsre eigenen Knochen
vergraben können, das heißt, wer wird
das alles machen?, wer wird das für
uns tun? Wer wird dafür sorgen, daß
wir Seienden auch erblickt werden,
und das ohne Abscheu? Die von des
Bachs Ufern, des Meeres Küste, den
Sagen, von welchem verschieden und nimmer
erwartet sich alles an uns zeigt;
Doch begreift mit der Zeit man einst dies auch.
And here, recounting all her toil and pain,
Signs will I show to those who rule the land
That I am child of hers; and all shall understand,
Hearing the doubtful tale of the dim past made plain.
Zweite Strophe
Stünd in der Näh einer der Einheimischen jetzt
Zu Vogelfang und hörte diese Klage,
Würd er meinen, in wehklagendem Gram sei es der
Tereïschen Gattinnen Gesang,
Der falkgejagten Nachtigall,
(strophe 2)
And, ere the end shall be,
Each man the truth of what I tell shall see.
And if there dwell hard by
One skilled to read from bird-notes augury,
That man, when through his ears shall thrill our
tearful wail,
Shall deem he hears the voice, the plaintive tale
Of her, the piteous spouse of Tereus, lord of guileWhom the hawk harries yet, the mourning
nightingale.
Zweite Gegenstrophe
Die von des Bachs Ufern, den Waldbüschen
verscheucht,
Wehklagt im Gram verlorner Heimat,
Hinzusinget des Lieblinges Geschick, welchen sie
selbst schlug mit der mordblutigen Hand,
Unmütterlichen Zorns verwirrt.
Dritte Strophe
Ebenso schmerzenbefreundet im Gram iaonischer
Klagen,
Reiß ich wund mir die nilblühende, weiche Wange,
(antistrophe 2)
She, from her happy home and fair streams scared
away,
Wails wild and sad for haunts beloved erewhile.
Yea, and for Itylus-ah, well-a-day!
Slain by her own, his mother's hand,
Maddened by lustful wrong, the deed by Tereus
planned!
(strophe 3)
4
Waldbüschen der Heimat
Verscheuchten, wehklagend im Gram
verlorener Heimat, verwirrt von deren
urmütterlichem Zorn, die können Sie
hier sehen, keiner rühmt sich hier,
irgend jemand zu entstammen, es
würde ihm auch nichts nützen, und
wieso, bitte, wieso sind Sie hier auch
zornig auf uns? Das verstehen wir
nicht. Wir sind längst
schmerzbefreundet, ja, aber was
haben wir hier getan, daß Sie uns in
Angst halten, Angst überall, Angst vor
den Meinen, die ich verließ, daß ich
wieder zurück muß, vor Ihnen aber
noch mehr Angst, daß ich bleiben
muß, daß ich nicht bleiben darf, jetzt
geben Sie mir gleich recht, jetzt
werden Sie mir gleich recht geben:
Wenn Sie überall Angst haben,
werden Sie sagen, warum sind Sie
dann hergekommen? Um neue Angst
zu haben, schon wieder? Nur jetzt in
der Barbarensprache, die wir nicht
kennen und nicht können, das ist ja
immer so, wenn man woanders ist,
unter Fremden, was geschieht jetzt,
Mein tränenunkundig Herz wund,
Des Kummers Blume pflück ich mir,
Vor den Meinen in Angst, ob mir der Flucht aus dem
umnebelten Land
Irgendwer noch denken mag.
Dritte Gegenstrophe
Höret, o Götter ihr unsres Geschlechtes, ihr kennt
das Gerechte,
Nur nicht ganz wider Gebühr laßt es an uns zu End
gehn;
Nur hasset treu allen Frevel,
So wahrt ihr wohl der Ehe Recht.
Kampfesermüdeten auch wird ein Altar, auch den
Entflohnen der Schlacht
Rettend Heil der Götter Furcht.
Vierte Strophe
Möcht ein Gott es uns lassen gedeihn. Ja, der
Gedanke des Zeus, schwer ist der zu erjagen;
Dennoch flammet er rings
Auch in Nacht dem Menschen her aus dunklem
Gewölk des Unheils.
Like her I wail and wail, in soft lonian tones,
And as she wastes, even so
Wastes my soft cheek, once ripe with Nilus' suns,
And all my heart dissolves in utter woe.
Sad flowers of grief I cull,
Fleeing from kinsmen's love unmercifulYea, from the clutching hands, the wanton crowd,
I sped across the waves, from Egypt's land of cloud.
(antistrophe 3)
Gods of the ancient cradle of my race,
Hear me, just gods! With righteous grace
On me, on me look down!
Grant not to youth its heart's unchaste desire,
But, swiftly spurning lust's unholy fire,
Bless only love and willing wedlock's crown!
The war-worn fliers from the battle's wrack
Find refuge at the hallowed altar-side,
The sanctuary divine,Ye gods! such refuge unto me provideSuch sanctuary be mine!
(strophe 4)
Though the deep will of Zeus be hard to track,
Yet doth it flame and glance,
A beacon in the dark, 'mid clouds of chance
That wrap mankind.
5
was geschieht nur jetzt? Wir rufen
flehend in dieser Sprache, die wir
nicht kennen und können, die Sie
aber beherrschen wie sich selbst,
außer Sie stehen an einer
Bahnsteigkante und sehen uns, bitte
bemühen Sie sich ein wenig, zu
erfahren, was Sie niemals wissen
können, bitte!
Schauen Sie, Herr, ja, Sie!, flehend
wenden wir uns Ihnen zu, uns hat
irgendwer gezeugt und irgendeine
geboren, wir verstehen, daß Sie das
überprüfen wollen, aber Sie werden
es nicht können. Wo ein Woanders
ist, dort wissen wir nichts, denn
vielleicht ist alles ganz anders und
ohnedies immer woanders, und dort
ist unser Erkennen nichts. Man hat
uns Videos geschickt, meiner Familie,
als ich sie noch hatte, inzwischen alle
tot, alle tot, kein einziger noch da, ich
bin der letzte, mein alter Horizont
nicht Gegenstand mehr, dem steht
nichts entgegen, sie sind ja alle weg,
alle tot, nur ich nicht, ich bin jetzt da,
und was machen Sie mit mir? Ich bin
Vierte Gegenstrophe
Vorstürzt siegend und nicht in den Staub, wenn sie
gereift in Zeus' Haupt, die Tat der Vollendung;
Denn hinzieht sich versteckt
Seines Willens Pfad, rings schattendicht, zu
erschaun unmöglich.
Fünfte Strophe
Hinabstürzt hoch von hochgetürmten Hoffnungen er
Menschenwahn.
Gewalt wappnet nimmer niemand
Ungestraft den Ewigen hoch
Droben; ein Gedanke schon, ein Blick
Dort von den heiligen Thronen kann alles zumal
vernichten.
Fünfte Gegenstrophe
Herabsieh auf den Frevelmut, wie jetzt dieser
Stamm dichtgezweigt
Ausschlägt meiner Ehe lüstern,
Frech in unheilratendem Mut,
Der, vom eignen listgewandten Wahn
Heftig gepeitscht, betrogen einst traurigstes Los
bereun wird.
Sechste Strophe
(antistrophe 4)
Yea, though the counsel fall, undone it shall not lie,
Whate'er be shaped and fixed within Zeus' ruling
mindDark as a solemn grove, with sombre leafage
shaded,
His paths of purpose wind,
A marvel to man's eye.
(strophe 5)
Smitten by him, from towering hopes degraded,
Mortals lie low and still.Tireless and effortless, works forth its will
The arm divine!
God from His holy seat, in calm of unarmed power,
Brings forth the deed, at its appointed hour!
(antistrophe 5)
Let Him look down on mortal wantonness!
Lo! how the youthful stock of Belus' line
Craves for me, uncontrolledWith greed and madness boldUrged on by passion's shunless stressAnd, cheated, learns too late the prey has 'scaped
their hold!
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da, was machen Sie jetzt mit mir? Der
Horizont wird zum Nichts, am Gebirge
endet er, das Meer ist ein Loch, ein
Schlund, eine Schlucht, es ist doch
keiner mehr da, es ist keiner mehr
dort, nur ich bin hier und nicht dort,
aber hier, angewiesen auf meine
Erinnerungen, sind alle tot, sind
woanders tot, sowieso tot, ich bin der
letzte, ein hartes Los, ich klage es
laut, ich habe das traurigste Los
gezogen. Schauen Sie, da werden
zwei unserer Verwandten geköpft,
danach waren noch einige übrig,
fotografiert mit dem Handy, solange
noch Zeit war, jetzt sind sie es nicht
mehr, es gibt sie nicht mehr, es gibt
nur noch mich, aber dieses schwer zu
enträtselnde Geschick, denn wieso
machen Menschen das?, erlaubt mir
nicht Aufenthalt hier, schauen Sie, ich
zerfetze mir sofort meine geschenkten
Jeans, meinen geschenkten Pullover,
ich zerschneide auf der Stelle meinen
geschenkten Rucksack, ich muß
verrückt sein, die Sachen gehören
doch jetzt mir!, ich lasse mich treiben
Dies harte Los, wir sagen, wir klagen es laut.
Dies bittre, gellende, tränenentquellende Weh,
Ach weh uns, weh!
Im heißen Wehruf jammerlaut!
Lebend bejammr ich selbst mich!
Flehend zu dir, apischer Holm, ruf ich!
Barbarensprache, ja du kennst sie!
Und mit geschwinder Hand,
Sieh, zerfetz ich das Linnenkleid, sieh, das
Sidonerstirntuch!
Sechste Gegenstrophe
Denn Göttern weiht sich der Glücklichen heiliger
Dank,
Wenn fern dem Tod, der sie lauernd umdräut,
entflohn sie.
Ach weh uns, weh!
O schwerenträtselt Wehgeschick!
Welle, wohin noch treibst du?
Flehend zu dir, apischer Holm, rufe ich!
Barbarensprache, ja du kennst sie!
Und mit geschwinder Hand,
Sieh, zerfetz ich das Linnenkleid, sieh, das
Sidonerstirntuch!
(strophe 6)
Ah, listen, listen to my grievous tale,
My sorrow's words, my shrill and tearful cries!
Ah woe, ah woe!
Loud with lament the accents rise,
And from my living lips my own sad dirges flow!
O Apian land of hill and dale,
Thou kennest yet, O land, this faltered foreign wailHave mercy, hear my prayer!
Lo, how again, again, rend and tear
My woven raiment, and from off my hair
Cast the Sidonian veil!
(antistrophe 6)
Ah, but if fortune smile, if death be driven away,
Vowed rites, with eager haste, we to the gods will
pay!
Alas, alas again!
O whither drift the waves? and who shall loose the
pain?
O Apian land of hill and dale,
Thou kennest yet, O land, this faltered foreign wail
Have mercy, hear my prayer!
Lo, how again, again, I rend and tear
My woven raiment, and from off my hair
7
auf unsichtbaren Wellen, aber nützt
mir das was? Es nützt mir nichts! Zwei
meiner Cousins sind einen Kopf
kürzer gemacht, ich flehe zu Ihnen,
ich weiß, das würden Sie mir nicht
antun, das könnten Sie gar nicht, aber
sprechen meine Cousins nicht für
mich? Mit ihren zerschnittenen Hälsen
und ohne Kopf? Spricht das nicht für
mich, daß so Schweres ich erlebt
habe, willst du uns nicht, ja, du? Wir
dunkle, sonnenglutgewohnte Schar,
wir kehrten dann um, bloß: wohin? Zu
andren Erdumnachteten,
Endumnachteten, überhaupt
Umnachteten, alle, alles umnachtet,
wo wir nicht sind, aber hin sollen, hin
auch wollen, gibt es diesen Herrn
Präsidenten oder was er ist, gibt es
den Herrn, den allaufnehmenden?
Nein, es gibt ihn nicht. Es gibt keinen
Allaufnehmenden. Da könnte jemand
eher das All bei sich aufnehmen als
alles, als uns, nichts und niemand
nimmt uns auf, das ist unerhört! Und
unerhört bleiben auch wir.
Wir werden mit böser Rede euer
Cast the Sidonian veil!
Siebente Strophe
Das Ruder trug, des Kieles lein'gebundenes
wellensichres Haus,
Mich trug es rettend her mit frischem Wind;
Nicht beklag ich's, doch den Ausgang wolle mir
einst,
Allschaunder Allvater,
Gnadenreich gewähren.
Wollest der vielheiligen Ahnin Kinder
Der Ehe, wehe!
Unvermählt, unbezwungen lassen fliehn!
Siebente Gegenstrophe
So schaue froh dann auf mich Frohe wieder die
reine Tochter des Zeus,
Der heilig pranget unsres Tempels Bau.
Mir vor aller Macht und Not nie Wankenden sei,
Jungfrau, mir Jungfrau sei
Retterin und hilfreich.
Wollest der vielheiligen Ahnin Kinder
Der Ehe, wehe!
Unvermählt, unbezwungen lassen fliehn!
(strophe 7)
The wafting oar, the bark with woven sail,
From which the sea foamed back,
Sped me, unharmed of storms, along the breeze's
trackBe it unblamed of me!
But ah, the end, the end of my emprise!
May He, the Father, with all-seeing eyes,
Grant me that end to see!
Grant that henceforth unstained as heretofore
I may escape the forced embrace
Of those proud children of the race
That sacred Io bore.
(antistrophe 7)
And thou, O maiden-goddess chaste and pureQueen of the inner faneLook of thy grace on me, O Artemis,
Thy willing suppliant-thine, thine it is;,
Who from the lustful onslaught fled secure,
To grant that I too without stain
The shelter of thy purity may gain!
Grant that henceforth unstained as heretofore
I may escape the forced embrace
Of those proud children of the race
8
gedenken, aber das wird euch ganz
egal sein, das wissen wir schon, denn
nicht legal sein wird unser Aufenthalt,
das ist überhaupt euer Lieblingswort,
legal, legal, nicht legal der Aufenthalt,
da können wir zeugen, da können
unsre Frauen gebären, da können wir
uns abrackern, das ist euch ganz
wurst, denn von uns kehrtet ihr euer
Antlitz, trotz unsres Flehens kehrtet
ihr euer Antlitz ab, hat doch keinen
Sinn, es wird eh wieder schmutzig,
trotzdem, wir flehen, wir flehen, ihr
dort oben, hallo, wenn ihr uns nicht
wollt, bleiben wir euch ja immer noch
als eure Aufgabe, aus den bisher
dargelegten Gründen, ja, da liegen sie
nun, und keiner baut drauf. Und selbst
die Richtung unseres Rückgangs,
unsres Rückzugs zu bestimmen, den
wir gar nicht verlangen, den ihr von
uns fordert, die Rückkehr, egal, in
welche Richtung, weg, bloß weg!, ist
uns nicht gestattet. Dies Zeugnis,
dieses unterschriebene Zeugnis
befiehlt uns eine Rückkehr, ins
umnebelte Land, aus dem wir kamen,
That sacred Io bore!
Achte Strophe
Willst du nicht – wir dunkle,
Sonnenglutgewohnte Schar,
Wir kehren dann
Ein zum erdumnachteten,
Ein zum allaufnehmenden
Todes-Zeus mit flehendem Zweig,
Stumm in Schlingen sterbend,
Unerhört euch, ihr Götter droben!
O Zeus, Ios Gericht geißelt uns auch gottverhängt;
Das Unheil deines olympmächtgen Gemahls kenn
ich; ein grauser Haß
Weht mir diesen Sturm zu.
Achte Gegenstrophe
Dann mit böser Rede
Wird man dein gedenken, Zeus,
Wenn du der Kuh
Knäbelein mißehretest,
Das du selbst dir einst gezeugt,
Wenn du von uns kehretest
Trotz unsres Flehns dein Antlitz!
Droben, Zeus! Hör in Gnaden unser Flehn!
(O Zeus, Ios Gericht geißelt uns auch gottverhängt!
Das Unheil deines olympmächtgen Gemahls kenn
(strophe 8)
Yet if this may not be,
We, the dark race sun-smitten, we
Will speed with suppliant wands
To Zeus [the one] who rules below, with hospitable
hands
Who welcomes all the dead from all the lands:
Yea, by our own hands strangled, we will go,
Spurned by Olympian gods, unto the gods below!
Zeus, hear and save!
The searching, poisonous hate, that Io vexed and
drave,
Was of a goddess: well I know
The bitter ire, the wrathful woe
Of Hera, queen of heavenA storm, a storm her breath, whereby we yet are
driven!
(antistrophe 8)
Bethink thee, what dispraise
Of Zeus himself mankind will raise,
If now he turn his face averted from our cries!
If now, dishonoured and alone,
The ox-horned maiden's race shall be undone,
Children of Epaphus, his own begotten son-
9
wo waren Sie zuletzt? Dort müssen
Sie Ihren Antrag stellen! Das ist es,
was ihr für uns wollt, immerhin wollt
ihr was! Den Kopf, den Kopf haben
sie meinen beiden Cousins
abgeschnitten, dafür gibt es nicht
Zeugen, dafür gibt es einen Zeugen,
die Kamera hat heut jeder dabei, ist
überall angebracht, angenagelt, alles
kann auf der Stelle bewiesen werden,
hier können Sie sehen, den Beweis
sehen, auf diesem Video, wie zwei
Männern die Köpfe abgeschnitten
werden, ist das nicht furchtbar? Sie
glauben nicht, daß das meine Cousins
sind? Ich habe Zeugen. Sie glauben
es nicht. Aber sehen können Sie es,
Sie sehen es hier, meine Familie hat
das Video, die gibt es aber nicht
mehr, die Familie, die sind jetzt alle
tot, aber das Video ist übrig, keiner
schämt sich dafür, nur Sie schämen
sich meiner, und Ihre Einbildungskraft
reicht nicht aus, nichts reicht Ihnen
aus, und nichts reicht bei Ihnen aus,
nur fortscheuchen, Menschen, die
einst gezeugt und geboren wurden,
ich; ein grauser Haß weht mir diesen Sturm zu.)
Zeus, listen from on high!-to thee our prayers arise.
Zeus, hear and save!
The searching poisonous hate, that lo vexed and
drave,
Was of a goddess: well I know
The bitter ire, the wrathful woe
Of Hera, queen of heavenA storm, a storm her breath, whereby we yet are
driven! (After the CHORUS has finished its song
and dance, DANAUS comes forward.)
10
wegscheuchen, das könnt ihr. Und
das Kopfabschneiden, das ist ja gar
nichts gegen die anderen Leiden, die
es schon überall gegeben hat und die,
logisch, noch länger gedauert haben.
Die Leiden dauern immer länger als
alles. Die Leiden sind alles, was
dauert, und sie dauern niemanden.
Das lockt keinen Hund hinterm Ofen
hervor. Man hat Vater, Mutter, alle
Geschwister umgebracht, aber das ist
gar nichts, das ist nichts, alle unsere
Vorstellungen werden auf ein Objekt
bezogen, die Subjekte gelten nichts,
die Toten gelten nichts und sind
nichts. Auf die Toten können wir uns
nicht berufen, wenn wir ein
Aufenthaltsrecht ableiten wollen, die
wollen uns hier ja selber ableiten wie
Flüsse, ins Nirgendwo, wo die nicht
mehr über die Ufer treten, ein Meer,
das sie widerrechtlich betreten, die
Flüsse, wo sie nirgends mehr hineinoder hinaustreten können, wo sie
niemanden treten und auch wir nichts
betreten dürfen. Ableiten,
rausschmeißen, und dann weg mit
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ihnen und weg mit uns. Alle tot,
sowieso, warum also sollte ich, als
letzter, noch leben? Das verstehen
Sie nicht. Ich verstehe es auch nicht.
Denn wenn die Zeit das dreifacheinige, das dreieinige, wenn sie auch
uns mit einschließt, nein, nicht Gott,
nicht Dreifaltigkeit, die sind sich nie
einig, ich rede von der dreifacheinigen Zeit, die noch nie etwas
geeinigt hat, die uns vereinigt hat, als
Gruppe, zusammengewürfelt aus
Niemanden und Nichtsen, sicher aus
Habenichtsen, wenn aber die Zeit, so
sagte ich eben, ich kann es gar nicht
sagen, wenn aber die Zeit das
dreifach-einige Ganze von
Gegenwart, Gewesenheit und Zukunft
ist, der Denker, ich kenne ihn nicht,
doch er denkt, der Denker, aber den
beiden jetzt als zeitbildend
nachgewiesenen Modi der Synthese
einen dritten Modus anfügt, welchen,
welchen?, daß wir bleiben und damit
außerhalb der Zeit sind, daß wir aus
dieser Zeit wieder herauskommen
können?, welchen?, einen Modus
Danaos:
Verständig, Kinder! Denn mit mir verständigem
Kamt ihr, dem meerfahrtkundgen, treuen Vater her.
Jetzt auf dem Land auch Schutz zu finden, rat ich
euch,
Seid voller Vorsicht, meiner Worte wohlgedenk.
Ich seh des Heers lautlosen Boten schon, den
Staub;
Auch schweigt der Naben achsentreibend Eilen
nicht;
Und eine lanzentragende, schildbewehrte Schar
Seh ich mit Roß und Wagen prunkvoll schon sich
nahn.
Die Fürsten dieses Landes werden wohl, gelockt
Durch schnelle Botschaft, selbst sich nahn, um uns
zu sehn.
Doch mag in Frieden oder voll der ganzen Wut
Grausamer Roheit jener Zug herniederziehn,
Doch ist's, o Mädchen, jedenfalls geratener,
An dieser Kampfgottheiten Herd zu sitzen. Mehr
Als Turm und Burgwall schützt des Altars feste Burg.
Auf, scharet schnell euch, faßt den
weißumwundenen
Ölzweig, den ehrfurchtheilgen Schmuck des hehren
DANAUS
Children, be wary-wary he with whom
Ye come, your trusty sire and steersman old:
And that same caution hold I here on land,
And bid you hoard my words, inscribing them
On memory's tablets. Lo, I see afar
Dust, voiceless herald of a host, arise;
And hark, within their griding sockets ring
Axles of hurrying wheels! I see approach,
Borne in curved cars, by speeding horses drawn,
A speared and shielded band. The chiefs,
perchance.
Of this their land are hitherward intent
To look on us, of whom they yet have heard
By messengers alone. But come who may,
And come he peaceful or in ravening wrath
Spurred on his path, 'twere best, in any case,
Damsels, to cling unto this altar-mound
Made sacred to their gods of festival,-
12
also, einen dritten Modus anfügt,
wieso, es sind ja schon drei,
Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft,
egal, wenn das so ist, wie ich gesagt
habe, nicht ich, wie ich gesagt hätte,
könnte ich auch so denken, ich weiß
nicht, was dieses So bedeutet, wenn
also und noch dazu alles Vorstellen,
also auch das Denken — und auf
unser Denken legen Sie keinen Wert,
das bereichert sie nicht, das gibt es
nicht, das ist gar nicht da — , wenn
dieses Denken, Ihr Denken, also der
Zeit unterworfen sein soll, dann muß
dieser dritte Modus der Synthese die
Zukunft ausbilden, machen, bilden,
keine Zukunft für Ungebildete, aber
für Gebildete auch nichts, nichts für
niemand, die Zeit muß die Zukunft
also herstellen wie ein Kleid. Und?
Und, was jetzt? Werden die Fürsten
dieses Landes, werden die Herrn
Landeshauptleute, die ihre Häupter
noch haben im Gegensatz zu meinen
beiden Cousins, werden die Herren
des Landes und die
Landeshauptmannstellvertreter,
Zeus,
In frommer Demut an mit ehrfurchtlautrer Hand;
Antwortet schamhaft, kummervoll das Nötige
Den Herrn in diesem Lande, wie's Fremdlingen
ziemt;
Erzählt verständig eure blutschuldlose Flucht;
In eurer Stimme möge ja nichts Freches sein,
Vielmehr ein sittsam Wesen sonder Eitelkeit
Aus eurem anspruchslosen Aug sanftmütig schaun;
Auch weder vorlaut noch zu breit und schleppend sei
Im Reden. Solch ein Wesen ist gar sehr verhaßt.
Nachgeben müßt ihr, flüchtig, fremd, bedürftig hie,
Denn kecke Rede ziemt den Unglückselgen nie.
Chorführerin:
Verständig, Vater, sprachst du zu uns Verständigen;
So werd ich sorgsam deiner treu besorglichen
Weisung gedenken; Vater Zeus, du sieh darein!
A shrine is stronger than a tower to save,
A shield that none may cleave. Step swift thereto,
And in your left hands hold with reverence
The white-crowned wands of suppliance, the sign
Beloved of Zeus, compassion's lord, and speak
To those that question you, words meek and low
And piteous, as beseems your stranger state,
Clearly avowing of this flight of yours
The bloodless cause; and on your utterance
See to it well that modesty attend;
From downcast eyes, from brows of pure control,
Let chastity look forth; nor, when ye speak,
Be voluble nor eager-they that dwell
Within this land are sternly swift to chide.
And be your words submissive: heed this well;
For weak ye are, outcasts on stranger lands,
And froward talk beseems not strengthless hands.
LEADER OF THE CHORUS
O father, warily to us aware
Thy words are spoken, and thy wisdom's hest
My mind shall hoard, with Zeus our sire to aid.
DANAUS
Even so-with gracious aspect let him aid.
Danaos:
Ja, gnadenreichen Auges mag er schaun zu euch;
13
werden die wohl, gelockt durch diese
schnelle Botschaft, durch diese
langsame Botschaft, egal, werden die
selbst sich nahn, um uns zu sehn?
Sie werden nicht. Den Herrn in
diesem Land und den Stellvertretern
der Herren in diesem Land und den
Stellvertretern der Stellvertreter der
Herren in diesem Land würden wir,
wir dürfen ja nicht, aber wir würden,
würden wir, wies Fremdlingen ziemt,
verständig unsere blutschuldlose
Flucht erzählen, bereitwillig jedem
erzählen, er müßte ein Stellvertreter
gar nicht sein, wir würden das
machen, Ehrenwort, wir erzählen es
jedem, wir erzählen es allen, die es
hören wollen, aber es will ja keiner,
nicht einmal ein Stellvertreter eines
Stellvertreters will es hören, niemand,
aber wir würden es erzählen, wir
würden über unsere Flucht ohne
Schuld, unsre schuldlose Flucht [S.
62], die Sie ja immer als Flucht vor
Schulden darstellen, die Flucht von
Schuldlosen also erzählen, in unserer
Stimme wird nichts Freches sein,
O Zeus, erbarm dich, eh die Gefahr uns ganz
erdrückt!
LEADER
Fain were I now to seat me by thy side-
Chor:
Dir will ich nah mich setzen an des Altares Rand.
DANAUS
Now dally not, but put our thought in act.
Danaos:
So säumet nicht mehr, möchte glücken dieser Gang.
LEADER
Zeus, pity our distress, or e'er we die.
Chor:
Wenn er geneigt ist, endet noch dies alles froh.
DANAUS
If so he will, your toils to joy will turn.
LEADER
Lo, on this shrine, the semblance of a bird.
DANAUS
Zeus' bird of dawn it is; invoke the sign.
Danaos:
Zeus' lichtbeschwingten Adler rufet betend an.
14
nichts Falsches, wir werden ruhig und
freundlich und gelassen und
verständig sein, aber verstehen
werden Sie uns nicht, wie auch, wenn
Sie es gar nicht hören wollen?
Verstehen werden Sie nicht, und
unser Reden wird ins Leere fallen, in
Schwerelosigkeit, unser schweres
Schicksal wird plötzlich schwerelos
sein, weil es ins Nichts fallen wird, in
den luftleeren Raum, ins Garnichts,
wo es dann schweben wird, in
Schwebe bleiben wird, im Wasser, in
der Leere, ja. Aus unseren
anspruchslosen Augen werden wir
sanftmütig schauen und um eine
Decke und etwas zu essen bitten,
sehen Sie, werden Sie Stellvertreter
von Stellvertretern, die aber auch alle
nicht hier stehen, die vertreten sich
woanders, sagen: Ihre Augen sind ja
gar nicht anspruchslos, auch wenn
Sie das behaupten, sie stellen ja doch
Ansprüche! Heute wollen Sie Decken,
Wasser und Essen, was werden Sie
morgen verlangen? Unsere Frauen,
unsere Kinder, unsere Berufe, unsere
15
Häuser, unsere Wohnungen? Was
werden Sie morgen verlangen. Heute
verlangen Sie vielleicht noch nichts
oder nicht viel, aber morgen wird es
viel sein, das wissen wir schon,
deswegen sind wir ja die Stellvertreter
von Stellvertretern von Stellvertretern,
die wissen es alle, alle wissen alles,
und jetzt wissen es auch wir, obwohl
wir es schon vorher gewußt haben,
schon vorher. Wie? Was sagen Sie?
Wir achten darauf, weder vorlaut noch
zu breit noch zu ausführlich noch zu
schleppend noch zu schnell noch zu
langsam im Reden zu sein. Nichts
davon können wir sein, wir sprechen
Ihre Sprache leider nicht, wo ist der
Dolmetsch?, wo ist er hin?, Sie haben
uns einen versprochen, wo ist er, wo
ist er denn, wo ist der Mann, der
Ihnen sagt, daß wir weder zu
schleppend, zu langsam, noch zu
schnell reden sollen? Wer sagt Ihnen
das? Es ist egal, denn Wesen wie wir
sind Ihnen gar sehr verhaßt, das
sehen wir, das ist klar. Nachgeben
müßtet ihr, so wie wir nachgeben und
16
aus der Kirche endlich ins Kloster
gehen, wo es warm ist und wir
schneller verrotten, schneller
verwesen, unsere Wesen
davonhuschen wie Mäuse. Wir haben
nachgegeben, und jetzt sind wir weg,
wir sind Ihnen aus den Augen, aus
den Augen der Öffentlichkeit
geschafft, fortgeschafft, man hat uns
gesagt, und nach einiger Frist haben
wirs auch getan: Nachgeben müßt ihr,
hat man uns gesagt, sagt man uns
ständig, sagt man uns auch jetzt,
nachgeben müßt ihr, flüchtig, fremd,
bedürftig hier, so, wie ihr seid,
nachgeben müßt ihr, seht ihr, das
habt ihr kapiert, habt schon
nachgegeben, flüchtig, fremd,
bedürftig, so jemand darf hier nicht
sprechen, so jemand darf hier nicht
sein. Denn kecke Rede ziemt den
Unglückseligen nie. Wo werden wir
denn! Wo werden wir denn keck sein,
wo wir doch gar nichts mehr sind! Wir
werden verständig sein, und Sie
werden jemanden verständigen, daß
wir endlich verständig sind und von
LEADER
Thus I invoke the saving rays of morn.
Chor:
Anflehn wir, vielerrettend Sonnenauge, dich!
DANAUS
Next, bright Apollo, exiled once from heaven.
Danaos:
Des Himmels Flüchtling Phoibos auch, den lautren
Gott.
LEADER
The exiled god will pity our exile.
Chor:
Des Loses kundig, fühlt er mit uns unsern Gram.
Danaos:
Mitfühlen, mit euch streiten mag er gnädiglich.
Chor:
DANAUS
Yea, may he pity, giving grace and aid.
LEADER
Whom next invoke I, of these other gods?
DANAUS
Lo, here a trident, symbol of a god.
17
der Kirche ins Kloster übersiedeln,
das steht grade leer, hier, im
Fernsehen zeigen sie es schon, im
Radio sagen sie es schon, in der
Zeitung wird es bald stehn, die Kirche
zwar auch leer, doch auch sie steht,
steht sogar besser da, dort sollte
jederzeit der Gläubiger seines Gottes
hinein dürfen, den wir dabei stören
würden, das verstehen wir, wir stehen
ja selbst in der Schuld unsres Gottes,
der, wie Ihrer, ausschließlich die
Schuldlosen liebt. Und? Was bringt
uns das jetzt? Erbarmt euch, bevor
Gefahr uns erdrückt, bittebittebitte!
Nein? Das haben wir uns schon
gedacht. Da steht euer Gott also
lichtbeschwingt herum, Tausende
Statuen von ihm, Gold, Glitzer,
Farbenrausch, Bling Bling, bitte,
sagen wir probeweise, vielleicht hilft
uns der ja, obwohl nicht für uns
zuständig, sondern dieser
Stellvertreter eines Stellvertreters
eines Stellvertreters eines Gottes, den
sie da einfach so hergehängt haben,
damit wir hingehalten werden, nein,
Wen ruf ich weiter unter jenen Göttern an?
Danaos:
Ich seh den Dreizack, hehren Gottes Zeichen, dort.
Chor:
Hertrug's mich freundlich, freundlich nehm es hier
mich auf!
Danaos:
Und da der fremde Hermes nach Hellenenbrauch!
Chor:
Wollst uns Befreiten Herold froher Kunde sein!
Danaos:
Begrüßt mit Andacht all der Hochgewaltigen
Alleinen Altar, setzt an heilge Stätte euch
Wie ein Taubenschwarm, vor gleichbeschwingten
Falken bang,
Den blutverwandten Feinden, unsres Stammes
Fluch!
Der Vogel, der vom Vogel fraß, wie wär er rein?
Und der ein sich sträubend Weib vom sträubenden
Vater freit,
Der sollte rein sein? Nimmer, selbst im Totenreich
Nicht wird, der das tat, seiner Tat Gericht entfliehn.
LEADER
Who gave sea-safety; may he bless on land!
DANAUS
This next is Hermes, carved in Grecian wise.
LEADER
Then let him herald help to freedom won.
DANAUS
Lastly, adore this altar consecrate
To many lesser gods in one; then crouch
On holy ground, a flock of doves that flee,
Scared by no alien hawks, a kin not kind,
Hateful, and fain of love more hateful still,
Foul is the bird that rends another bird,
And foul the men who hale unwilling maids,
From sire unwilling, to the bridal bed.
Never on earth, nor in the lower world,
Shall lewdness such as theirs escape the ban:
There too, if men say right, a God there is
Who upon dead men turns their sin to doom,
To final doom. Take heed, draw hitherward,
That from this hap your safety ye may win.
(The KING OF ARGOS enters, followed by his
18
dafür nicht, er hängt halt so da, der
arme Kerl, hat auch nicht viel Glück
im Leben gehabt, egal, zu diesem
lichtbeschwingten Adler bringt uns
das jetzt, nein, das paßt nicht, das ist
kein Adler, der Adler ist das Kleine
dort droben, über ihm, schauen Sie,
Sie können es von hier aus recht gut
sehen, dort droben, also Adler ist das
keiner, was?, das soll eine Taube
sein?, na, was ist von einer Taube
schon zu erwarten! Genausowenig.
Die Taube eine Stellvertreterin einer
Stellvertreterin einer Stellvertreterin,
immerhin ein Vogel, fliegen kann sie,
und zu der ruf ich betend, die ruf ich
betend an, irgendwen muß ich ja
anrufen, so, nachher ruf ich meinen
Anwalt an, aber jetzt ruf ich betend die
Taube dort auf dem Dach an, anflehn
wir sie, anflehen wir, vielerrettendes
Sonnenauge im Dreieck,
Sonnenauge, das im Dreieck springt,
dich, ja, dich meinen wir!, du hast
ganz richtig gehört, ausgerechnet dich
flehen wir an! Es ist ja sonst keiner
da. Kein Grund, auf einmal im Karree
Auch dort, so glaubt man, richtet über alle Schuld
Ein andrer Zeus der Toten einst ein Jüngst Gericht.So seid bedachtsam und verlaßt nicht diesen Ort,
Damit in Freuden eure Sache siegen mag. –
(Pelasgos, der König von Argos, tritt zu Wagen mit
Gefolge auf)
attendants and soldiers.)
19
zu springen vor Wut! Der Karren
steckt jetzt im Dreck, was sollen wir
machen?
Davon, daß jetzt alle tot sind, die
ganze Familie tot ist, läßt sich nichts
herleiten. Wir sitzen hier, begrüßen,
es ist uns egal, wen, es ist uns egal,
welcher Gott das ist, man hat es uns
gesagt, wir haben es vergessen, doch
die Höflichkeit verlangt es, daß wir mit
Andacht all die Hochgewaltigen hier
begrüßen auf ihren Bildern und den
dort vorn, allein auf seinem Altar, grüß
Gott oder wie soll ich sagen. Wir
haben an heilige Stätte uns gesetzt
wie ein Taubenschwarm, doch die
hier kennen nur diese eine Taube, die
dort droben auf dem Dach, die wir
ganz sicher nicht kriegen werden, die
ist zu hoch, vor keinem Falken muß
die bang sein, die Taube, und wir?
Wir müssen uns vor allem und jedem
fürchten. So ist das eben. Den
blutverwandten Feinden, unsres
Stammes Fluch fielen alle zum Opfer,
aber wer nimmt es an, dieses Opfer?
Müßte ja eine Menge Götter sein, die
20
so viele Opfer annehmen könnte! Es
ist ja keiner mehr da, von mir aus
keiner, von uns keiner. Die haben alle
umgebracht. Ich bin geflohn,
inzwischen der Letzte, der Allerletzte
meiner großen, lieben Familie, ein
Sträubender hat einen andren
Sträubenden umgebracht, bis nur
noch die einen übrig waren, das ist ja
angeblich bei uns so Sitte, das ist bei
uns so Brauch, daß alle alle
umbringen, jeder jeden, doch das ist
Angeberei, und trotzdem bleiben von
den einen stets mehr übrig als von
den andren, vor allem aber die einen
die anderen, die bringen sie um, aber
was ist, wenn mal keiner mehr da ist?
Nun, die ganze Abfolge des
Vorstellens können wir hier jetzt nicht
durchgehen, Sie könnten es sich
sowieso nicht vorstellen, niemand
kann es, außer er hat ein Video; die
Abfolge des Vorstellens zerbrochen
wie meine Familie, wie die Kette
meiner Familie, abgerissen,
umgebracht, und hier, darf ich als
letzter mich wenigstens hierher
Pelasgos:
Woher gebürtig soll ich den ungriechischen,
In fremder Kleidung und Verhüllung prangenden
Barbarenschwarm begrüßen? Nicht argolisch ist
Der Weiber Anzug, nicht hellenischem Brauch
gemäß;
THE KING OF ARGOS
Speak-of what land are ye? No Grecian band
Is this to whom I speak, with Eastern robes
And wrappings richly dight: no Argive maid,
No woman in all Greece such garb doth wear,
This too gives marvel, how unto this land,
Unheralded, unfriended, without guide,
And without fear, ye came? yet wands I see,
True sign of suppliance, by you laid down
On shrines of these our gods of festival.
No land but Greece can rede such signs aright.
Much else there is, conjecture well might guess,
21
setzen? Nur setzen? Liegen muß ich
gar nicht. Oder lieber dorthin? Ist es
Ihnen lieber, wenn ich mich dorthin
setze, dann tu ich das! Ich bin ja
stellenlos, also können Sie mir ruhig
eine Stelle sagen, einen Platz
zuweisen, wo ich mich niederlassen
darf. Hier herrscht ja
Niederlassungsfreiheit, aber nicht für
uns. Nicht für uns. Für Tote gilt das
auch gar nicht, und außer mir alle tot,
alle tot. Da können Sie mich ruhig
mitzählen. Ich höre Sie schon lachen,
Sie wissen, daß Tote nichts mehr
verlangen, ich aber verlange noch
was, flehend zu Ihnen gewandt, ein
bißchen Gewand, Essen, Wasser,
einen Platz. Wir haben sogar
Beweise, daß alle andern tot sind,
nein, es kommt keiner mehr, nur keine
Angst!, niemand mehr außer uns,
niemand außer uns wird Sie noch
belästigen, wir haben Videos, die
Mörder haben modernes Gerät für
alles. Wir sind nicht modern, aber die
Mörder, sie sind modern und
gleichzeitig unmodern, sie sind alles,
Und daß dem Land ihr sonder Herold, führerlos,
Niemandem gastbefreundet, hier dennoch zu nahn
Getrost gewagt habt, wunderbar erscheint es mir.
Zwar liegen nach der Schutzgewärtigen frommem
Brauch
Ölzweige bei euch auf der Kampfgottheiten Herd;
Dies einzig kann entziffern ein hellenisch Aug;
Auf vieles sonst noch raten ließe Tracht und Art,
Wär uns zurechtzuweisen nicht dein Mund bereit,
Darum, so gib Antwort und sprich getrost zu mir.
Chor:
Von meiner Kleidung sagtest du kein irrig Wort;
Wie aber nenn ich dich denn? einen Bürgersmann,
Des Tempels hütenden Priester, Oberhaupt der
Stadt?
Pelasgos:
Ich bin Palaichthons Sohn, des erdgeborenen,
Pelasgos heiß ich, dieses Landes Fürst und Herr;
Ein Volk, Pelasger nach mir selbst, dem Könige,
Ruhmvoll geheißen, pflügt die Fluren meines Reichs;
Und alle Lande, welche tränkt der Axios,
Der Strymon, nenn ich mein vom fernsten Westen
her.
In meinen Marken liegen der Perrhaiber Gau'n,
Liegt Pindos' Abhang bis Paionias Feldern, liegt
But let words teach the man who stands to hear.
LEADER
True is the word thou spakest of my garb;
But speak I unto thee as citizen,
Or Hermes' wandbearer, or chieftain king?
THE KING OF ARGOS
For that, take heart and answer without fear.
I am Pelasgus, ruler of this land,
Child of Palaichthon, whom the earth brought forth;
And, rightly named from me, the race who reap
This country's harvests are Pelasgian called.
And o'er the wide and westward-stretching land,
Through which the lucent wave of Strymon flows,
I rule; Perrhaebia's land my boundary is
Northward, and Pindus' further slopes, that watch
Paeonia, and Dodona's mountain ridge.
West, east, the limit of the washing seas
Restrains my rule-the interspace is mine.
But this whereon we stand is Apian land,
Styled so of old from the great healer's name;
For Apis, coming from Naupactus' shore
Beyond the strait, child of Apollo's self
And like him seer and healer, cleansed this land
From man-devouring monsters, whoin the earth,
22
weil Mörder immer alles sind und alles
dürfen. Wir sind im Besitz einer
Erkenntnis, aber was ist das schon,
wen interessiert eine Erkenntnis, es
ist nichts interessant, nichts, was nicht
gezeigt werden kann, ist interessant.
Auch für uns nichts. Schauen Sie nur,
jetzt sehen Sie es auch: Am Horizont
taucht ein Widerstand gegen uns auf.
Wir verstecken uns in Kirchen, in
Klöstern, aber wir sollen nicht bleiben,
sonst wäre es ja kein Versteck. Diese
Kirche ist ein offenes Versteck, das
Fernsehn war schon da, es holt alles
ans Licht, das es sich selbst mitbringt.
Da liegt einer, dort drüben auch, erfüllt
vom Namen des ewigen
Verhängnisses, fremd zu sein. Er soll
nicht der einzige bleiben, der noch
nicht tot ist, der übriggeblieben ist,
aber der soll auch nicht bleiben
dürfen, sagt der Widerstand, dessen
Scheinwerfer uns blenden, der soll
das bleiben lassen. Selbst wenn ihm
auf der Autobahn einer
entgegenkäme, ein Geisterfahrer, darf
er nicht ausweichen, und auch uns
Dodonas Bergland; Grenze setzt erst meinem Reich
Des Meeres Brandung. Dies zu jenem nenn ich
mein.
Doch dieser Landschaft Boden wird seit alter Zeit
Zu seines Heilands Ehren Apia genannt;
Denn aus Naupaktia war es, daß Apollons Sohn,
Der Seherheiland Apis kam und unser Land
Von menschenmordenden Ungeheuern säuberte,
Die von alter Blutschuld grausenhaft der Erde Schoß
Befruchtet zeugte, eine fluchempörte Brut,
Ein drachenwimmelnd, allvernichtend Mordgenist.
Daß Apis truglos wider sie ausrottende
Und sühnende Mittel diesem Land anwendete,
Drum feiert dankbar sein Gedächtnis unser Dienst.
Nachdem du also weißest, was mich anbetrifft,
Nenn dein Geschlecht auch und erzähl das weitere;
Doch sind dem Volk weitschweifige Reden nicht
beliebt.
Stained with pollution of old bloodshedding,
Brought forth in malice, beasts of ravening jaws,
A grisly throng of serpents manifold.
And healings of their hurt, by knife and charm,
Apis devised, unblamed of Argive men,
And in their prayers found honour, for reward.
-Lo, thou hast heard the tokens that I give:
Speak now thy race, and tell a forthright tale;
In sooth, this people loves not many words.
23
darf er nicht ausweichen, vor uns soll
er zurückweichen. Zurückweichen vor
dem Geisterfahrer ist schwierig. Nur
ausweichen geht manchmal noch.
Nein. Doch. Es geht nicht. Vor uns,
dem Barbarenschwarm, weichen sie
alle zurück. Alle Menschen, egal, wo
sie ansässig sind, weichen vor
fremder Kleidung und Verhüllung, vor
diesem Schwarm Wilder, der wir sind,
unwillkürlich zurück, damit sie der
Willkür Platz machen können, die
muß ja auch was tun. Die holen sie
jetzt zu Hilfe. Einfacher wärs
gewesen, uns zu helfen, noch
einfacher ists, uns nicht zu helfen,
aber bitte. Sie weichen zurück, und
Willkür, bitte übernehmen Sie! Wir
haben keine Verhüllung, die Ihrem
Brauch gemäß oder genehm ist, wir
sind halt verhüllt, wie alle verhüllt sind,
aber wir wissen, auch wenn wir
aussähen wie Sie: Sie würden uns
erkennen, Sie würden uns unter
Tausenden herauskennen, Sie
würden uns überall erkennen. Sie
würden wissen, wir gehören nicht
24
hierher.
Keine Berufung mehr möglich, nicht
einmal auf die Toten, keine Berufung.
Ein harmonisches Miteinander wird
verlangt, nein, von den Toten nicht,
die sind ja weg, von uns, denn wir
sollen zum gemeinsamen Wohlstand
beitragen. Wie geht das, wie geht
das? Welchen Wohlstand? Wir haben
von ihm zwar schon gehört, wir haben
ihn sogar gesehen, wir sind ja nicht
blöd, wir schauen uns um, aber wie
geht das mit dem Wohlstand? Wenn
er gemeinsam ist, müßten doch auch
wir ihn haben? Zumindest bekommen
können! Nachdem die
menschenmordenden Ungeheuer bei
uns, nein, daran sind Sie nicht schuld,
das werfen wir Ihnen nicht vor, wir
werfen uns Ihnen selbst vor, nachdem
die uns alles genommen, müßten wir
doch irgend etwas wieder bekommen
können, oder? Es müßte uns doch
etwas zugänglich sein, irgendwas
müßten wir doch kriegen!, statt
dessen nennt ihr uns fluchempörte
Brut, Brut, Brut! Wie Tiere!
25
Ausländerbrut! So nennt ihr uns und
wendet sühnende Mittel des Landes
an, wo gar keine Sünde geschehn
und das Land gar keine Mittel mehr
hat. Von alter Blutschuld, die
grauenhaft der Erde Schoß entwich,
ausgerechnet zu uns, zu meiner
Familie, kann niemand befreit werden,
es kann keine Ausnahme gemacht
werden außer mir, ich bin außer mir,
alle tot, alle tot, grauenhaft
entwichene Schuld, aber das ist Ihnen
wurst, das kümmert Sie nicht,
allvernichtendes, das kann ich jetzt
nicht lesen, Mordgen? Nein, von
Genen wissen wir nichts, wir sind
Bauern gewesen, wir sind Ingenieure
gewesen, wir sind Ärzte gewesen,
Ärztinnen, Schwestern,
Wissenschaftlerinnen, wir sind etwas
gewesen, jawohl, was auch immer,
und jetzt müssen wir dieser Broschüre
folgen, die in mehreren Sprachen
existiert, während wir nicht mal ein
einziges Mal existieren dürfen, jetzt
müssen wir diese Broschüre einmal
durchlesen und dann noch einmal und
26
noch einmal. Drum feiern wir dankbar
unser Gedächtnis, in dessen Dienst
wir stehen, denn wir sehen immer nur
die Toten und sind abgelenkt wie
Autofahrer durch einen ZellphonAnruf, wir können daher diese
Broschüre nicht verstehen. So sehr
wir uns mühen, bitte haben Sie
Geduld, einer wird uns sagen, von
welchen Menschen verschieden wir
sind und, nimmer erwartet, wer sich
hier zeigt und was sich alles an uns
zeigt, so daß wir Ihnen fremd sind,
daß uns und nicht unser Feinde Haupt
die Blutschuld trifft [S. 63] und so
weiter!, aber das wollen Sie alles gar
nicht wissen, und doch begreift mit
der Zeit man einst dies auch, was
auch immer. Man kapiert es halt
irgendwann. Oder auch nicht.
Entschuldigen Sie bitte, wir wissen
natürlich, daß dem Volk
weitschweifige Rede wie die meine
nicht beliebt ist. Danke vielmals. Kurz
und klar ist die Broschüre, und sie ist
nicht auf die bloßen Zeitverhältnisse
eingeschränkt, sie ist schrankenlos,
27
sie gilt für alle, daher Ihre
Überlegenheit über uns. Was Sie
sagen, gilt für alle, für alle, für alle,
also auch für mich, Sie haben Ihre
Absichten in diese Formel gegossen,
und jetzt kriegen Sie Ihre Absichten
aus der Formel nicht mehr heraus. Sie
ziehen und ziehen an Ihren Absichten,
aber keiner sieht was, denn die Sicht
ist zu eingeschränkt, und der
Geisterfahrer kommt zu jäh aus dem
Nebel. Sie tun uns ehrlich leid! Die
Zeitverhältnisse, die Stellvertreter, die
Stellvertreter Ihrer Verhältnisse
schränken Sie doch auch sehr ein,
neben den schrecklichen
Einschränkungen der
Straßenverkehrsordnung. Man darf
nichts gegen die herrschende
Richtung unternehmen. Das sehen
wir.
Da steht es außerdem, ja, da steht es!
Wir liegen auf kaltem Kirchenboden,
dies aber steht da, hier steht es,
unverbrüchlich und unverbrüderlich in
diese Broschüre gegossen wie
Wasser, das unten sofort wieder
28
rausrinnt, wie Wasser, geworfen von
Klippe zu Klippe, selber zu Wasser
geworden, abgesunken wie Statuen,
fast elegant, mit hoch erhobenen
Händen, aber nein, von Staustufe zu
Staustufe, hinab ins Notlose, ins
Kleinkraftwerk, so lange, jahrelang,
wir schwinden, wir schwinden, werden
aber mehr, komisch, wir schwinden
trotzdem, obwohl unsre Zahl
anschwillt, es schwindet uns nicht der
Mut, wir werden mehr, aber immer
weniger dabei, es kommen viele gar
nicht erst an, es fallen die leidenden
Menschen wie Wasser von Klippe,
über die Kippe, übers Gebirg, durchs
Meer, übers Meer, ins Meer, immer
geworfen, immer getrieben, jahrelang
schwimmen sie, ertrinken sie, stürzen
sie ab, ersticken im Kühlwagen,
sterben im Flugzeuggestänge, stürzen
ins Autobahnklo, stürzen vom Balkon,
ja, genauso Leute wie wir!, die sind
alle wie wir!, die meisten stürzen wohl,
ins Ungewisse hinab, haarscharf an
Ihrem Ungewissen vorbei, liebe
Gastgeber, werte Autofahrer, oft
29
geknechtet vom Tempolimit, oh, gäbs
das nicht! Es stört uns so!
Verzeihung, das habe ich sicher
schon irgendwo gesagt. Gleich an
Würde, sie ist Basis des Handelns,
doch nein, was sagen Sie da? So
denken Sie also von uns! Sie sagen,
wir wollen die Würde nicht, wir wollen
immer bloß herkommen, immer
kommen, nie gehen, das sagen Sie:
Und wenn sie erst mal da sind, liegen
sie uns auf der Tasche, das werden
wir verhindern, und schon verhindern
wir es, oje, sie stürzen, sie sind
unantastbar, wir erwischen sie nicht,
sie ertrinken, erstürzen, erschauern,
erbeben, erdbeben, sind, unabhängig
vom eigenen Geschlecht, vom
eigenen Alter, von der eigenen
Bildung, unabhängig, total
unabhängig unterwegs zu uns,
Aussehen und Herkunft egal, Zukunft
zwecklos, Vergangenheit verfallen,
hier stehts ja, hier stehts!, aber nein,
Aussehen und Herkunft haben hier,
wo sie ankommen, keinen Platz, und
es stimmt!, bei uns haben Aussehen,
30
Diskriminierung und Rassismus
keinen Platz, hat Herkunft keinen
Platz, zumindest keinen, den sie
wieder hergeben würde, die Herkunft
gibt nichts her, die gibt nichts her, was
sie mal hat, der Rassismus hat auch
keinen Platz bei uns gefunden und
muß jetzt stehen, geschieht ihm recht,
geschieht jedem recht, macht nichts,
wenn man steht, gehn mehr Leute in
den Waggon hinein, ach, und Frauen
und Männer sind einander
gleichgestellt, Entschuldigung, das
habe ich vorhin vergessen, ihre
Stimmen zählen beide gleich viel, die
eine wie die andre, wenn sie wählen,
zählen sie gleich viel, sie zählen
beide, hier stehts, auch Kinder haben
Rechte, aber sie zählen nicht, sie
können nicht zählen, noch nicht, aber
wenn sie zählen können, zählen sie
auch nichts, sie werden geschützt, sie
werden von uns geschützt, die
Achtung, Achtung!, verlangt einen
gewaltfreien Umgang, sie stürzen, sie
fallen, ja, gern auch die Kinder, die
werden später ja auch Menschen,
31
was wir möglichst verhindern sollten,
wenn es nicht unsre sind; überhaupt:
Alles fällt, da ist keiner, der diese
Falle wieder aufstellt, nachdem sie
zugeschnappt ist, der das Fallen hält,
der das Fallen festhält, obwohl eh
jeder sein Smartphone dabei hat,
bereithält, allzeit bereit, zum Allzeigen
bereit, zum Allesbezeugen, jederzeit
fotografierbereit, das gilt für den
Umgang mit unseren Mitmenschen,
daß wir sie jederzeit mit unseren
Smartphones festhalten können, die
klüger sind als wir, wozu nicht viel
gehört; jeder kann jeden festhalten,
alle bleiben, alles klebt, alles bleibt
kleben und wird festgehalten, wir
halten sie hoch, unsere Phones, so
wie der Staat die Gleichbehandlung
aller Bürger hochhält, alle halten was,
hoch, was ist das, was Sie da
hochhalten? Ach so, das, was alle
hochhalten, die Handycam, die ist die
Grundlage Ihrer Entscheidung, wohin
Sie fliegen, fahren oder essen gehen.
Gut. Vor der Kamera sind alle gleich,
wenn sie auch nicht alle die gleiche
32
Kamera haben, aber sie haben alle
eine, ja, auch die Kinder, und auch die
Kinder haben Rechte und ihre
Handykamera dazu und ihren WischSchirm dazu, das werden einmal
brave Putzer werden, die werden alles
putzen, was sie sehen, wisch und
weg, und damit machen sie jetzt auch
noch ein Foto, Achtung, die
Menschenwürde! Achtung, die
Menschenwürde kommt jetzt auch, da
kommt sie!, machen Sie ein Foto,
schnell, bevor sie wieder weg ist! Die
Würde, achtung, die sollen Sie
achten, die Würde, Achten Sie auf die
Würde, sonst versäumen Sie sie,
halten Sie Ihr Gerät bereit, die Würde,
ja, die hier, gleich ein Foto machen!,
gebietet es dem Staat, Personen, die
sich in derselben Situation befinden,
auch gleich zu behandeln, so, und
wieso hat der jetzt, dieser Ausländer,
in der U-Bahn einen Sitzplatz und ich
nicht, wieso ist der früher
eingestiegen als ich?, der sollte doch
immer nur aussteigen!, ist das wie mit
den Werten?, wie mit dem Fallen?,
33
wie überhaupt irgendwas, wie alles?
Also den stoß ich vom Bahnsteig, bei
nächster Gelegenheit stoß ich den
runter, und er ist wie nie gewesen,
falls er nicht gerettet wird. Wenn er
gerettet wird, ist er wieder in Freiheit,
ich aber bins nicht, oje, war diese
Rettung denn wirklich nötig? Ich
versteh schon: Freiheit kann ein
Gefühl sein, ich sags Ihnen, ein
Gefühl, das hat nicht jeder, der Sport
kennt dieses Gefühl, die Natur kennt
es auch, der Schifahrer in den Bergen
kennt es, das heißt, jeder kennt das
Gefühl der Freiheit, alle kennen es,
jeder kennt sie: die Freiheit. Na, die
haben wir noch gebraucht!, ja, die
haben wir gebraucht, lasset uns
fliehen, unbezwungen und vom
aufgeräumten Schreibtisch lasset uns
aufgeräumt fliehen!, die Freiheit
brauchen wir für die Freizeit, die
Freiheit, die haben wir gebraucht, ja,
genau die, wir brauchen sie, oje,
nichts mehr übrig, ich wollte Ihnen
noch was aufheben, aber es ist
einfach nichts mehr da. Ich nehme mir
34
diese Freiheit und diese auch noch,
und auf einmal ist nichts mehr übrig,
ich lasse mir selbst keine Freiheit
mehr übrig, dumm gelaufen, nein, die
andre ist schöner, die nehm ich, was,
die hat schon ein andrer? Unerhört!
Ich nehme mir die Freiheit daneben,
auch wenn schon ein andrer sein
Handtuch draufgelegt hat, ich bin so
frei, andre Menschen zu brauchen,
nein, äh, zu gebrauchen, nein, falsch,
die Freiheit gebrauche ich ja, und
zwar brauche ich sie, damit ich die
Freiheit andrer ächten, äh, achten
kann, andre Menschen aber nicht, die
brauche ich nicht, die Freiheit aber
schon, ja, anerkennen, achten und
respektieren die Freiheit, die sich
auch als Meinungsfreiheit ausdrücken
kann wie eine Zitrone, nichts mehr
übrig, wenn man die Meinung fest
herausgedrückt hat, dann ist nichts
mehr da, doch es war schon vorher
nicht mehr viel übrig, ich habe mir die
Freiheit genommen, eigener Meinung
zu sein, aber jetzt ist nichts mehr
übrig, nichts mehr da, auch von
35
meiner Meinung nichts, oje,
Entschuldigung, habe ich mir etwa
alle Freiheiten genommen? Aber da
sind doch noch welche, die ich vorhin
weggeschmissen habe, die können
Sie gern haben! Im Mistkübel müßten
auch noch welche sein. Ich bin nicht
so, die können Sie haben, die sind
sicher noch ganz gut. Sie können
ertrinken, ersticken, erfrieren,
verhungern, erschlagen werden, alles
schöne Freiheiten, wenn auch nicht
Ihre, aber Sie sind vielleicht so
großzügig und geben Sie weiter?
Danke. Vielen Dank. Sie wissen ja,
Sie haben jede Freiheit, meine
Meinung nicht zu teilen. Gut. Ich
würde sie eh nicht teilen, jedenfalls
nicht mit Ihnen! Denn niemand
bestimmt über mich, meine Meinung
und mein Leben außer mir selbst, und
ich bestimme ganz bestimmt nicht,
daß Sie über mich bestimmen und
meine Meinung teilen, von der kriegen
Sie nicht das kleinste Stück ab, ich
werde doch wohl bestimmen dürfen,
mit wem ich teile! Das hätten Sie
36
erwarten müssen, als das Licht vorhin
geblinzelt hat, bevor es ausgegangen
ist. Ich geh jetzt auch. Überall werde
ich gerufen. Sie hat keiner gerufen,
Sie ewig Umnachteter, gehen Sie
zurück mit Ihrem blöden Zweig zu
Ihrem Gott, gehen Sie bitte mit Ihrer
Sippe, sterben Sie stumm in
Schlingen, in Solingen, wo auch
immer, oder, wenn euch das lieber ist,
verdrahtet euch, stopft euch was in
die Ohren. Das ist zu laut, können Sie
das nicht leiser drehen? Das können
Sie nicht? Unerhört, ihr Götter droben,
unerhört euch! Und was soll der
grausame Haß hier? Was will der
hier? Der ist hier falsch! Hier stehts,
der ist hier falsch. Die Freiheit endet
dort, wo Ihre beginnt, jawohl, aber
Ihre beginnt nicht, dafür werde ich
schon sorgen, und meine endet nicht.
So. Ihre endet, bevor sie beginnt, und
meine beginnt überhaupt immer und
endet nie. So. Nein. Nicht so! Bitte
kommen Sie mir nicht so!
Da steht es aber, da steht es wirklich,
dort, wo auch wir stehen, sehen Sie
37
uns denn nicht?, sehen Sie uns nicht
dort liegen, wo wir gefallen sind?, wir
liegen, es steht aber hier, da steht es,
wir müssen das lesen, daß wir hier
nicht liegen dürfen, vielleicht
woanders, aber nicht hier. Hier ist
Liegen verboten, es schadet dem
Gras, es schadet auch dem Wasser,
wär eins vorhanden, es schadet dem
Meer, wäre es hier, es wird sich
hüten!, es muß dort sein, wo wir
liegen, irgendwo müssen wir ja liegen,
und es schadet letztlich dem
Menschen als solchem. Sie haben es
geschrieben, es stellt etwas dar, und
jetzt stehen Sie gefälligst auch dazu,
nein, Sie müssen nicht stehen, aber
liegen müssen Sie auch wieder nicht,
so, wir haben uns auf den
Kirchenboden gelegt, denn Gott ist für
alle da, diese Grenze hat der
Gesetzgeber definiert, Ihr Gott endet
dort, wo unsrer anfängt, das ist so
ähnlich wie mit der Freiheit, da darf
niemand eingreifen und auch der
Staat nur, wenn er ein Bedürfnis hat,
in unsere Freiräume einzugreifen, oje,
38
jetzt hat er grad das Bedürfnis, er will
uns wegräumen, und der Staat öffnet
den Eingriff und schlägt über uns sein
Wasser ab, noch mehr Wasser, vielen
Dank, das haben wir noch gebraucht!,
er hat halt das Bedürfnis, grade jetzt
hat er es sehr, ganz besonders, und
wenn er es hat, dann muß er, er muß,
er respektiert das Zusammenleben,
aber er bestimmt, mit wem, er sagt,
wer zusammenleben darf und wer
nicht, und dann respektiert er das,
aber nur bis zu einer bestimmten
Grenze, dann muß er es nicht mehr
respektieren, er als einziger muß das
nicht. Zum Beispiel beim Schwimmen.
Dieses Beispiel wurde hier
ausdrücklich gewählt, doch was will
es ausdrücken? Nein, das ist mir jetzt
zu blöd. Was ist beim Schwimmen?
Ein Kopf-an-Kopf-Rennen? Damit wir
uns danach gegenseitig unsere
Wertschätzung aussprechen können?
Wieso müssen wir dazu erst ins
Wasser gehn, glitschig vom
ausgeronnenen Diesel, untergehn,
aus fremden Fingern rutschen wie
39
Fische, um uns zu schätzen? Wir
können doch gleich ertrinken, im Boot
noch erschlagen werden, über Bord
geworfen, krank werden, einfach so
sterben, eine Totgeburt haben, und
das Tote fliegt raus, über Bord, ja,
sowas passiert schon auch mal, von
der Bahnsteigkante gestoßen, uns die
Kante geben, nein, das nicht, falsche
Region, falsche Religion, wir können
ebenso allgemein oder besonders
verprügelt werden, wieso müssen wir
dazu ins Wasser? Bitte, manche von
uns kommen aus dem Wasser, wo sie
zufällig nicht verhungert, verdurstet
oder ertrunken sind, aber sie wollen
nicht wieder rein. Die wollen nicht
zurück. Wenn man mal so viel Wasser
gesehen hat, will man nicht unbedingt
noch mal rein, um nach den gleichen
Regeln zu kämpfen wie der andre, der
die Regeln gemacht hat, ja, ich
anerkenne Ihre Leistung, die war nicht
schlecht, Ihre Leistung ist immer
größer als meine, das gebe ich zu, im
Sport, in der Familie, im Alltag ist Ihre
Leistung immer größer als meine, das
40
ist für unser Zusammenleben nötig,
das sehe ich ein, warum ist das so?
Weil Sie einfach größer sind als ich,
also ist auch Ihre Leistung größer.
Dieses Fairplay zu leben, daß der
eine sterben kann, jederzeit, und der
andre auch, nicht jederzeit, sondern
zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit, ja,
das zu leben ist Voraussetzung der
Gerechtigkeit. Wir sind zu
harmonischem Miteinander bereit,
gern bereit, es liegt in der
Verantwortung jedes einzelnen, wir
sind wie jeder einzelne und gern dazu
bereit, wir sind noch nicht tot und
daher gern bereit, auf einem
gemeinsamen Fundament zu stehen,
falls es nicht zu klein ist, wir sind ja
keine Denkmäler, denn denken tun
wir nicht, denken tut hier niemand, wir
stehen einfach nur so da, auf dem
gemeinsamen Fundament, bloß will
keiner zu uns hinaufsteigen auf das
gemeinsame Fundament, es ist ein
Fundament der Werte, die man
Gleichwertigkeit nennt, ja, so faßt man
die Werte zusammen, wozu soll ich
41
überhaupt aufstehen, wenn alle gleich
wert sind? Ich liege hier in der Kirche
auf dem kalten Steinboden und bin
genausoviel wert wie Sie! Glauben
Sies oder nicht. Sie achten uns in
unserer Vielfalt, ich achte Sie in Ihrer
Einhelligkeit, aber sehr helle scheinen
Sie mir nicht, dafür sind Sie eins mit
allen hier, das ist Einhelligkeit, eine
einzige Helligkeit von dieser Birne
dort, allein die Freiheit des Lichts, sie
wurde berechnet, das Ergebnis war
einhellig und wurde oft bewiesen, es
wird derzeit schon wieder bewiesen,
und bald wieder, Sie werden schon
sehen!, daß es hell ist, und die
Einhelligkeit der Zeit erst!, die auch für
uns gilt, die Zeit, nicht die
Einhelligkeit, denn dazwischen wird
es ja immer wieder dunkel, diese
Auskunft ist gratis, ja, die Zeit gilt
auch für uns, das ist gerecht, ich bin
dabei, bei der Gerechtigkeit bin ich
voll dabei, und selbst wenn es
möglich wäre, das Sterben des
Anderen im Dabeisein sich zu
verdeutlichen, die Weise des
42
Zuendekommens wäre damit nicht
erfaßt, Sie würden mein Ende nicht
erfassen, Sie würden es vielleicht
herbeiführen, aber Sie würden es
nicht erfassen. Den Tod können Sie
an anderen erfahren, den eigenen
leider nur an sich selbst, und das ist
dann keine Erfahrung mehr, na, ich
weiß nicht, ich könnte Ihnen Sachen
erzählen vom Tod, vom
Kopfabschneiden, vom Erschießen,
Erschlagen, Erstechen, da würde
Ihnen die Freude auf Ihren eigenen
Tod glatt vergehn, so, Ende des
Hinweises auf das Sterben anderer,
und jetzt zu Ihnen: Mit Ihrem eigenen
Tod können Sie gar nichts machen,
nein, da können Sie nichts machen,
mit dem können Sie nichts anfangen,
das ginge gar nicht, und das könnten
Sie auch keinem erzählen, das würde
Ihnen niemand glauben, wie das ist,
zu sterben. Niemals könnten Sie dort
oben, auf Ihrer Klippe, dort oben, auf
Ihrem Berg, unsere Gefährdung
verstehen, denn wenn Sie einmal
selbst in Gefahr sind, ups, dann ist es
43
zu spät. Sie verstehen es nicht, aber
das wäre die Voraussetzung, eine
Seinsmöglichkeit des Miteinander mit
uns herzustellen, und das bedeutet,
daß ein Dasein das andere vertreten
können müßte, so. Es ist nicht
vertretbar, daß wir dauernd nur
getreten werden, bloß weil Sie sich
mal die Füße vertreten wollten und
nicht geschaut haben, ob dort schon
jemand steht. Wir haben keine
Vertretung, wir werden getreten, aber
nach den gleichen Regeln beurteilt,
das Urteil wird uns gesprochen, wir
stellen uns an, wir beantworten
Fragen, wir unterschreiben etwas, wir
schreiben etwas, es ist egal, alle
Menschen sind gleich vor dem
Gesetz, aber Ihnen ist das Gesetz
selbst ganz gleich, vor dem Sie gleich
sind, Sie wissen nur nicht, wer Ihnen
da gleicht. Sie haben es bloß bis zur
Dachgleiche geschafft, doch die war
Ihnen wichtig, das Wichtigste
überhaupt. Viel weiter sind Sie nicht
mehr gekommen. Das Geld ging
Ihnen aus. Daß alle immer so gern
44
ausgehen wollen, das verstehen wir
nicht. Wir würden so gerne bleiben.
Na, will keiner auf dieses Fundament
steigen, auf diese Klippe, von der wir
jahrelang geworfen werden sollten?,
will keiner mit rauf auf dieses Boot,
damit wir nicht so allein sind dort,
denn wir sind durchaus bereit, auf
dieses Fundament aus Menschen zu
steigen, zu dem wir hier
zusammengepreßt worden sind, so
viele von uns, man braucht eine Axt,
um uns wieder auseinanderzukriegen,
Stück für Stück aus unsrem Haufen.
Zusammengebacken wie Brot sind
wir, wie soll man uns da bloß
rausholen durch die Bullaugen, aus
dem Rumpf, der wir selber sind?, wir
Rumpfmenschen, keine einzelnen
mehr, ein Menschenkuchen, ein
grober Menschenklotz unter Ihrem
groben Menschenkeil. Von jedem
Ding, das man sich vorstellen kann,
gibts verschiedene Wesen, wir aber
sind grundverschiedene Wesen, die
ein einziges Ding wurden, das auf
nichts mehr beharrt, das hier
45
verharren muß, denn auseinander
reißt uns nichts mehr, voneinander
reißt uns nichts mehr fort. Denn wer in
der Fremde weilt, dem ist die
Beziehung zur Heimat verloren. Was
heißt das? Wer sagt das? Das Fehlen
der Beziehung ist selber eine eigene
Innigkeit dieser Beziehung, nämlich
das Heimweh. Welches Weh? Wir
haben vorher gar nicht gewußt, was
ein Weh ist, nein, wir haben nur das
gewußt, nichts sonst. In andrer
Heimat, in der Fremde, kein Weh, so
haben wir gedacht. So haben wir uns
das vorgestellt. Und das Fehlen des
Heimatbezugs, in den uns keiner
wickelt — wir sind ja keine
Kopfpolster, wir haben nur unsre
armen Köpfe —, das Fehlen der
Heimat also kann durch diesen Bezug
noch bestehen. Grade noch. So eben.
Wer sagt das? Keiner antwortet. Die
Taucher kommen uns holen. Jetzt
kümmert man sich um uns, vielen
Dank! Wir stehen zusammen, was
bleibt uns übrig, bevor sie uns
trennen. Einzeln sind wir aber nicht
46
mehr zu haben, nie mehr wieder,
auch wenn man uns einzeln
hinaufbringt. Wann sind wir wieder
wer? Wir sind alle und niemand. Wir
umarmen uns für immer. Es ist die
Grundlage des Zusammenlebens, und
zusammenleben, das wollen wir, egal
mit wem, sogar mit Ihnen, wenn es
sein muß, wenn man uns läßt, ich
meine, wenn es sein darf, das wollen
wir ja, das bedeutet uns alles, das
bedeutet, daß wir sind, daß wir etwas
sind, daß wir ein Etwas sind vor
diesem reinen Horizont, auf diesem
Fundament, auf das wir bauen, auf
das wir nicht bauen dürfen, aber
trotzdem bauen, die Genehmigung
kommt halt später. Die Kenntnis Ihrer
Werte haben Sie uns vermittelt, vielen
Dank, wir können sie nachlesen und
steigen jetzt auf dieses Fundament
der gemeinsamen Werte, wir wollen
die Grundlage dieser Gesellschaft
kennenlernen, bitte sagen Sie uns,
wie wir zu dieser Grundlage kommen
können, damit wir dann von dort aus
auf das Fundament der Werte steigen
47
können, bevor die noch auf uns
draufsteigen. Die wollen ja vielleicht
auch höher hinauf. Die erste Klippe
müssen wir schaffen, die müssen wir
nehmen. Sonst wäre der Schritt für
uns Unkenntliche, Unwissende zu
groß, die Stufe von uns zu Ihnen zu
hoch; wir wollen ein Teil davon sein,
wir wollen ein Teil dieser Gesellschaft
sein, ja, genau!, wir wollen herzlich
eingeladen werden und das
keinesfalls als Anstoß verstehen, vom
Fundament Ihrer Werte wieder
runtergeworfen zu werden wie eine
Klippe, äh, wie von einer Klippe,
danke, das wäre nicht nötig gewesen,
wir sind schon woanders und noch
woanders und von ganz woanders
sowieso runtergestürzt worden, wir
kennen das schon, die mit den
Schmissen, die wollen uns
runterschmeißen, klar. Einen Anstoß,
wenn auch vielleicht nicht diesen, ja,
den mit dem Ball, brauchten wir, sonst
stehen wir fest, sonst stecken wir fest,
wir wollen Ihre Werte unbedingt, in
Beruf, Schule, Berufsschule und
48
Familie, die ich nicht mehr habe, sie
sind alle tot, von zweien haben wir
Videos, wie sie geköpft worden sind,
wir wollen Ihre Werte gern vertreten,
wo immer Sie wollen, denn wir
wissen, Sie würden ja niemanden
köpfen, Sie würden uns nicht köpfen
und auch sonst niemand, außer es
kommt Ihnen jemand dumm, das muß
aber dann schon ganz dumm
gelaufen sein, weil es viel Arbeit
macht, das ist nicht ohne, aber am
Ende hat man Erfolg, ohne Kopf kann
niemand leben, das ist ein
nachhaltiger Erfolg, und
Nachhaltigkeit ist Ihnen ja wichtig; wir
wollen auch in Ihre Schwimmbäder,
und wenn Sie uns nicht rechtzeitig
umbringen, sind wir auch dort, dort
wollen wir köpfeln, dann schwimmen,
dann die Regeln für den Wettkampf
des Schwimmens beachten, dann
andre Regeln beachten, dann die
Vorfahrt beachten, das können wir
auch, das können wir, das ist nicht
gefährlich, wir wollen das alles, wir
wollen es wirklich, wir wollen Arbeit,
49
Schule, Freizeit mit Leben erfüllen,
wenn auch nicht mit unserem, denn
davon haben wir zuwenig und schon
zuviel hergegeben, damit könnten wir
nicht mal ein Windrad antreiben, kein
einziges, und viele sind sowieso weg.
Wir, die Toten, Angehörige von Toten,
die unter Toten gelebt haben, wir
wollen jetzt Ihre Werte mit Leben
erfüllen, damit wenigstens die leben,
wir wollen die Wertebasis, die auf
Vielfalt beruht, mit Leben erfüllen,
unbedingt, unbedingt, ja, das wollen
wir. Es sind alle tot, wir aber wollen
die Basis mit Leben erfüllen, das
einen Wert hat, wir wollen die Werte
mit Leben erfüllen, damit sie eine
Basis haben, wir wollen, wir wollen,
wir sind alle. Wir wollen sein. Wir
wollen unsere innere Problematik
loswerden, und dann wollen wir auf
Ihren Werten stehen, auf die wir doch
auch stehen, ja, wir stehen auch auf
Ihre Werte, das ist absolut klar. Wir
Tote stehen ganz besonders auf
Werte, wir haben ja nichts andres
mehr. Was bleibt uns übrig. Welche
50
Grundlage als die Menschenwürde
bleibt uns übrig? Alle tot. Alle tot.
Gleich an Würde, aber tot, geköpft vor
einer Kamera, die sind klein und
leicht, diese Cams, kleiner und
leichter als Ihre Erde über oder unter
uns, alles wird allen leicht, auch die
Erde, auch das Wasser über uns, aus
dem man uns zieht, wir wehren uns
nicht, alles wird allen leicht gemacht,
falls es leicht noch nicht ist, deswegen
würden wir uns nie drunterlegen, denn
vielleicht ist das, was über uns
drüberfährt, doch nicht so leicht, wie
wir dachten. Aber unsre Angehörigen,
die sind davor gestanden, die hat man
vor eine Kamera gestellt, und dann
hat man abgedrückt, man hat sie
eingeschaltet und draufgehalten, und
dann hat man ihnen die Köpfe
abgeschnitten. Das Boot war voll, und
dann haben wir mit ihm einen
schnellen Abgang gemacht. Von
welcher Bestimmung hängt es jetzt
ab, wie wir uns in all dem
Undurchsichtigen, in diesem
Wasserhaufen zurechtfinden sollen?
51
Sie sehen, nein, zum Glück sehen Sie
es nicht, und doch ist es wahr: die
Menschenwürde wichtig am Beginn
und am Ende des Lebens, die ist
keine Eigenschaft, nein, keine
Eigenschaft, sie ergibt sich durch
unsre Existenz als Menschen, und
wenn wir keine Menschen sind, haben
wir auch keine Würde, wenn wir keine
Würde haben, sind wir keine
Menschen, oje, kein Mensch ist einer
von uns, da hat er wieder mal Glück
gehabt!, oje, grade das wollen wir
doch so gern sein. Jeder einer von
uns! Das geht nicht. Die tiefsten
Blicke leuchten auch im Dunkeln, und
sie sehen: Es geht nicht. Wir wollen
hier sein, ja, wir haben
unterschiedliche Talente, die bringen
wir ein wie Garben, ich meine wie
Gaben, wie die Köpfe der Toten, wie
unsre Toten, wir bringen unsere
Talente ein, die sind unser
Zahlungsmittel, ein andres haben wir
nicht. Dieses ist längst veraltet und
abgelaufen wie unsre Füße.
Unsere Existenz ist unser
52
Zahlungsmittel, ein andres haben wir
nicht, kurz und klar, wir haben nichts,
wir haben unsere Existenz als
Zahlungsmittel, aber wir sind nicht der
Zahlungsmittelpunkt, nein, sind wir
nicht, der ist die Frau Jumaschewa,
hier steht ihr Name, ich hoffe, richtig
geschrieben, des Jelzins Tochter,
eine Tochter, ja, eine Tochter, eine
Blitz-Eingebürgerte, die hatte es, die
hatte die Zahlungen leisten können,
die hat sich Zahlungen leisten
können, und wenn nicht sie, dann
jemand andrer für sie, es muß immer
gezahlt werden, um die Einzigartigkeit
eines Menschen zu respektieren und
anzuerkennen, dafür ist gezahlt
worden, dafür muß gezahlt werden,
für diese Tochter ist gezahlt worden,
wenn auch vielleicht nicht von ihr
selbst, irgendwer wird schon gezahlt
haben, um Gerechtigkeit im Großen,
nicht nur im Kleinen, zu ermöglichen,
daß sie da wohnen darf, diese
Tochter von Herrn Jelzin, er ist
inzwischen verblichen, damals war er
vielleicht noch rosig, nein, eher rötlich
53
blühend, ich glaube aber nicht, müßte
nachrechnen, hab keine Zeit dafür,
dafür muß wahrscheinlich auch
gezahlt werden, um das
auszurechnen, muß einer zahlen, um
ein Opel-Werk mit der russischen
Bank zusammenzustellen, um Autos
zusammenzustellen, muß gezahlt
werden, und dann noch einmal
gezahlt, wenn jemand das Auto dann
kauft. Ich respektiere jede Zahlung,
die geleistet wurde, damit diese
Tochter hier wohnen darf, ich
respektiere das, indem ich mein
Handeln entsprechend gestalte und
nicht zahle, ich könnte ja gar nicht
zahlen, daher habe ich kein Recht,
hier zu sein, ich zahle nicht und kann
nicht, ich kann nicht zahlen und tu es
auch nicht. Oder die andre, allen
Fremden widmen wir sie, allen
gönnen wir sie wohlbedacht.
Lorbeergeschmückt ist sie, keine
Frucht [S. 80] teilt sie, keine Furcht:
Für einen abgerundeten Klangkörper
wie den dieser anderen Tochter
braucht es viele Stimmen, aber nur
54
eine Summe, und die wurde
wiederum beglichen mit ihrer Stimme;
wir wollen doch alle miteinander
harmonisch klingen, ja, alle, nicht
wahr, und dafür brauchen wir nicht
nur unsere Stimmen, die wir sowieso
nicht haben, sondern die Stimme
dieser zweiten Tochter, ja, genau die,
die von weither kommt; nicht mehr
starret der Bergwald der Heimat auf
sie, sie ist jetzt bei uns, sie ist
angekommen, oder nicht? Noch
nicht?, es wurde die Maut bezahlt für
sie, und sie ist gekommen, nicht von
flüchtigen Dämpfen umwallt, nicht aus
zusammengezogenen Wolken
gespuckt, nicht mit Bespritzung der
übertauten Wälder, und schon gar
nicht mit Getöse, nein, das hätte sie
nicht haben wollen, nicht mit Getöse,
ermüdendem. Besser leise. Hier ist
jetzt ihre Wohnung und ihr Sitz, hier
stehn die Gemächer, noch eine
Bruchbude mehr im Burgenland, nicht
einmal der Besitzer hat je sie gesehn,
keinen Tag; dann, wohl später,
irgendwas trübt meinen Blick, Furcht
55
[S. 63] wird es nicht sein, später eine
einbruchssichere Wasweißich,
Wohnung, Haus, Villa, alles bezahlt,
das kommt später, wenn sie wirklich
da ist; zuerst dort jetzt sie hausend,
allein oder nicht allein, mit Mann, mit
Kind, ohne, mit ohne, egal, sie ist ja
gar nicht da, dorthin kommt sie
geritten, wird sie geritten kommen,
nachdem der Streit geführt nach des
Vaterlands Brauch und die
Vaterlandsbürgerschaft entschieden,
dorthin kommt sie einhergesurft auf
den versammelten Geldströmen ihres
Landes, zweifelnd, ob Trost sie beim
Vater wohl fände, der ist vielleicht
schon tot, Glückwunsch, das brächte
sie ganz sicher nicht um, es brächte
sie vielmehr zu uns derjenige, der
bezahlt hat, jetzt aber ist sie noch
dort, bitte einen Augenblick Geduld,
zuerst dort, bald hier, bei uns, wohin
sie wollte, wohin sie grade wollte,
immer auf dem Rechtsgrund stehend,
den keiner je wider sie gehabt, [S. 64]
dort ist sie, wo das wilde Gelüst sie
hintrug, keine Ahnung, warum, sie ist
LEADER
Short is my word and clear. Of Argive race
We come, from her, the ox-horned maiden who
Erst bare the sacred child. My word shall give
56
halt dort, doch hier ist sie jetzt mit
einem Mal, und wir staunen, nein,
ohne Mal, ohne Makel, dafür mit
Mann und Tochter, und
wahrscheinlich ist sie inzwischen
schon gar nicht mehr hier, egal.
Bezahlt wurde für sie, und jetzt ist sie
da und vielleicht auch schon wieder
weg, die Verlorne, die Gefundene, ich
spreche zu Schatten, ich spreche zum
Wasser, das mich dafür anspuckt, das
mich dafür irgendwann wieder
ausspuckt, ich weiß, ich weiß, sie ist
eine im erhabenen Hain der Heimat,
welche die Unsre nicht werden darf,
nein, wir meinen nicht diese Frau, wir
wissen nicht mehr, wen wir meinen,
doch, jetzt wissen wirs wieder, wir
meinen ganz sicher eine sichere
Heimat, die wir nicht kriegen, die Frau
aber schon gekriegt hat und bereits
wieder verließ, einfach verließ,
vielleicht ohne je dagewesen zu sein.
Ein Gott hat tief im geheimen Dunkel,
nicht im Verlies, nein, dort nicht, für
sie bezahlt, aber Gott gibts nur einen,
unsrer zahlt nicht, bezahlt wird nicht,
Whate'er can stablish this my soothfast tale.
Chor:
Hör's kurz und klar. Argiverinnen dürfen wir
Uns rühmen, Enkel jener hochbeglückten Kuh;
Das alles läßt dich wahr erfinden mein Bericht.
Pelasgos:
Unglaublich sagt ihr, unerhört, ihr Fremdlinge,
Daß dies Geschlecht von Argos euch sei
stammverwandt;
Den Weibern Libyens seid ihr wahrlich ähnlicher,
Doch nun und nimmer unsren hier einheimischen;
Eh mag der Nilstrom nähren solche Blumenflur,
Der kyprische Zug in euer mädchenhaft Gesicht
Von dem Stempel eingepräget sein, der euch
gezeugt;
Für Inder, die nomadisch auf der trabenden
Kamele Saumtierrücken fern das Heideland
Längs Aithiopias Marken scheu durchschweifen
THE KING OF ARGOS
O stranger maids, I may not trust this word,
That ye have share in this our Argive race.
No likeness of our country do ye bear,
But semblance as of Libyan womankind.
Even such a stock by Nilus' banks might grow;
Yea, and the Cyprian stamp, in female forms,
Shows, to the life, what males impressed the same.
And, furthermore, of roving Indian maids
Whose camping-grounds by Aethiopia lie,
And camels burdened even as mules, and bearing
Riders, as horses bear, mine ears have heard;
And tales of flesh-devouring mateless maids
Called Amazons: to these, if bows ye bare,
I most had deemed you like. Speak further yet,
That of your Argive birth the truth I learn.
LEADER
Here in this Argive land-so runs the taleIo was priestess once of Hera's fane.
THE KING OF ARGOS
Yea, truth it is, and far this word prevails:
Is't said that Zeus with mortal mingled love?
57
nicht für uns jedenfalls, nicht für eine
Heimat, glücklich die Tochter, die
Glückliche!, die ihre noch hat,
vielleicht schon weitergezogen ist, auf
dem Paß die neue Heimat
gestempelt, bezahlt und gestempelt,
die Glückliche, man hat sie ihr
gekauft, die Heimat, das ist auch
harte Arbeit!, allerdings die Arbeit
andrer, macht ja nichts, Hauptsache,
es wird bezahlt, und es wurde bezahlt.
Fliehe nicht mich! Warum sollte ich,
sagt die Tochter, wehe dem
Fliehenden, Welt hinaus Ziehenden!
Fremde durchmessenden, Heimat
vergessenden, Mutterhaus
hassenden, Blödsinn, also zu denen
gehöre ich nicht, sicher nicht, hätte ich
dieses Mutterhaus nicht gehabt, wäre
ich jetzt nicht hier; und ich bin auch
sicher, für mich und meine Sicherheit
wurde schließlich bezahlt,
Mutterhaus? Vaterhaus? Blühen ohne
Grund? Gegenstände, die einem
entgegenstehen? Nie einem
zustehen? Erinnerungen, versammelt
in einer Schule, einem Turnsaal,
solln,
Für mannentwöhnte, menschenbluteslüsterne
Amazonen würd ich, wärt ihr Bogenschützen, ehr
Euch halten. Wissen möcht ich drum genau belehrt,
Wiefern nach Argos dein Geschlecht und Stamm
gehört.
Chor:
Es soll des Heratempels Schlüsselwalterin
In Argos' Landen Io einst gewesen sein,
Die, wie es gleichfalls aller Menschen Sage weiß –
Pelasgos:
Und weiter, heißt's nicht, daß sie Zeus umarmet hat?
Chor:
Ja, ihre Liebe ward vor Hera offenbar.
Pelasgos:
Und welches Ende nahm der Götter Zwist darauf?
Chor:
Es schuf zur Kuh sie Argos' Göttin zürnend um.
Pelasgos:
LEADER
Ay, and that Hera that embrace surmised.
THE KING OF ARGOS
How issued then this strife of those on high?
LEADER
By Hera's will, a heifer she became.
THE KING OF ARGOS
Held Zeus aloof then from the horned beast?
LEADER
'Tis said, he loved, in semblance of a bull.
THE KING OF ARGOS
And his stern consort, did she aught thereon?
LEADER
One myriad-eyed she set, the heifer's guard.
THE KING OF ARGOS
How namest thou this herdsman many-eyed?
LEADER
Argus, the child of Earth, whom Hermes slew.
58
einem Gemeindezentrum, einem
Kirchen-Schiff? Einzigartigkeit, von
keinem bedacht? Wir, von niemand
bedacht, außer mit Decken,
Schlafsäcken und Jogginganzügen?
Jelzin. Ein Herrscher. Und das ist gut
so, und auch die kenn ich nicht, auch
die nicht, nein, kenn ich nicht, nie
gehört, was soll das? Freunde
verlassenden folget kein Segen, ach!
Auf ihren Wegen nach! Im Gegenteil!
Kenn ich nicht, kann ich von mir nicht
behaupten, also für mich gilt das
nicht, kein Gott hemmt meine Flucht,
ich bin doch keine Kuh, ich bin nicht
Europa, bin nicht Io, nichts hemmt
mich, manch einer fickt mich oder
nicht, er hat die Wahl, es wurde
bezahlt, und hier bin ich nun, genau
dort, wo ich sein wollte. Trügt mich
nicht alles, so werd ich gekränkt!
Nein, das bin nicht ich, die das sagt,
und mich kränkt auch keiner.
Schaut sie euch an, hier ist sie, für die
bezahlt wurde, hier ist sie, die Neue,
vom Himmel zur Erde fuhr sie hinab,
nein, Entschuldigung, mit dem
Nicht wahr, es ging nun Zeus zur schöngehörnten
Kuh?
THE KING OF ARGOS
Still did the goddess vex the beast ill-starred?
Chor:
So sagt man; ein kuhbrünstger Stier war's an
Gestalt.
LEADER
She wrought a gadfly with a goading sting.
Pelasgos:
Was tat des Zeus Gemahlin drauf in ihrer Macht?
THE KING OF ARGOS
Thus drave she Io hence, to roam afar?
Chor:
Den allesschaunden Hüter sandte sie der Kuh.
LEADER
Yea-this thy word coheres exact with mine.
Pelasgos:
Wie nennst du den einsam allerspähnden Hirten,
sprich?
THE KING OF ARGOS
Then to Canopus and to Memphis came she?
Chor:
Argos, den Sohn der Erde, den drauf Hermes
schlug.
Pelasgos:
Und was verhing sie nun der unglückselgen Kuh?
Chor:
Den Stich der Bremse, den brennenden, rastlos
jagenden –
LEADER
And by Zeus' hand was touched, and bare a child.
THE KING OF ARGOS
Who vaunts him the Zeus-mated creature's son?
LEADER
Epaphus, named rightly from the saving touch.
THE KING OF ARGOS
And whom in turn did Epaphus beget?
59
Flugzeug kam sie an, mit dem Flieger,
ja, aus dunkler Nacht ihrer Heimat in
die Helle des Tages der neuen
Heimat, die unsre nicht werden darf,
ihre aber schon ist. Kein Wort
verscheucht den Nebel uns, wir sehen
sie klar, klar und hell, diese Frau, die
zur Erde hinabfuhr mit dem Flieger,
kein Wort von uns verscheucht uns
den Nebel, jedes Wort von ihr
verscheucht alle, nur das Geld bleibt,
das Geld, mit dem sie erkauft, das
bleibt da. Auch als Kuh wäre jene
noch schön, auch verwandelt, über
unsere Wiesen wandelnd, sogar als
Kuh noch schön, bitte, zu welcher
Weide, zu welcher Trift gehören Sie,
Frau? Sie sagt es gern: aus der Erde
gezeugt, jetzt aber hier, rechtmäßig
hier sie, die Bürgschaft ihr zu
verleihen, wie verdächtig! Aber allen
egal, die Scham, die hier keiner kennt,
weicht immer der Liebe, denn es
wurde bezahlt, es wurde eine eckige,
nein, eine runde Summe auf den
Tisch gelegt, und jetzt ist sie hier,
nicht Kuh möchte sie scheinen, und
Pelasgos:
Der aus der Heimat weit in weiter Flucht sie trieb.
LEADER
Libya, with name of a wide land endowed.
Chor:
Jawohl; du sagest dies völlig überein mit mir.
Pelasgos:
Und gen Kanobos floh sie, floh gen Memphis' Stadt
–
Chor:
Da berührt' sie Zeus Hand und erweckt' den Samen
ihr.
Pelasgos:
Wer rühmt sich, Zeus' Knäblein zu heißen und der
Kuh?
Chor:
Epaphos, in Wahrheit alles Heiles Hort genannt.
(Pelasgos:
Wer führte weiter sein Geschlecht? Sag's mir
genau!)
Chor:
60
Kuh sie auch nicht ist, trotz sanftester
Flanken. Daß diese Frau mit uns
zusammenklingen darf, na, mit uns
nicht, wir dürfen nicht klingen und
nicht klagen, wir dürfen gar nichts,
nicht einmal hier sein, die Frau aber
schon, vielleicht könnten auch wir
singen, mit ihrem Klangkörper in
Ihrem Klangkörper singen, vielleicht
können wir das ja auch, so, probieren
wirs, die Körpermassen schieben sich
ineinander wie die Gebirge, die Erde
bebt, die Häuser krachen zusammen,
die Verwandten sterben, werden mit
bloßen Händen ausgegraben und
wieder rein in die Erde, doch diese
Frau klingt, sie erklingt, die schöne
Verführte, der das Land gleich erlag,
sie klingt! Sie klingt wie von hundert
Augen erleuchtet, ich meine die
andre, beide Töchter anderen Lands,
beide helle und jetzt daher hier, sie
können uns beide vertrauen,
wachsam späht das Land über uns,
doch die beiden läßt es aus, diese
Töchter müssen nichts vorweisen,
weil sie etwas vorzuweisen haben, die
Er zeugte Libya, weiter Lande Königin.
61
beiden, ja, die eine Geld, die andre
Stimme, ihre wunderbare Stimme,
hier ist sie schon, die gehört einfach
hierher, ist nicht mehr wegzudenken,
stellen Sie sich vor, diese Stimme
erklänge woanders, was sie auch tut,
aber gehören tut sie uns, die Tochter
samt ihrer Stimme wie Samt, bitte um
Entschuldigung, das war noch tiefer
als sonst, mir ist das egal, ich muß es
mir ja nicht anhören, gut, also sie hat
hier die Niederlassungsfreiheit
errungen, sie darf ruhn, wo sie will, sie
kommt jetzt überall rein, ja, die andre
natürlich auch. Weiden lassen wir sie
tags, doch sinkt die Sonne vom
Himmel, schließen die Wächter sie
auch nicht ein, nicht wie uns, die
beiden Töchter können machen, was
sie wollen, kein unwürdiges Band hält
sie am Nacken fest und bindet sie an,
damit sie aus schlammigen Bächen
nicht trinken, im Meer nicht ertrinken
muß wie wir, die Liebe, die Gute!,
keine der Töchter soll leiden, sie
sollen hier bleiben und eine Ruh
geben oder singen, das bleibt ihnen
62
überlassen, es ist bereits für sie
bezahlt, für die eine bezahlt, die andre
kommt zum Ufer, wo die Musik zu
spielen pflegt, und singt selbst, wie
wunderbar, keiner hat je solche
Hörner gesehn, solche Stimme
gehört!, hier bitte, Sie können gern
fühlen, wenn Sie nicht hören wollen,
aber die wollen Sie sicher hören, das
garantieren wir Ihnen! Die wollen Sie
hören, ein jeder kommt bewundernd
ihr näher, wir aber, wir aber, ein
sprechender Zug ins Nichts, wir aber,
die der Fuß im Staub gezeichnet, aber
es bleibt keine Spur, wir sind
Gezeichnete, im Staub Gezeichnete,
von Meerwasser und Treibstoff
Verklebte, Zusammengeklebte, von
der Enge, von zu viel Nähe
Zusammengeschweißte, wir aber,
hangend der seufzenden Kuh im
schneeigen Nacken, sehend die
tapferen Fahrer im Tiefschnee, im
unberührten, alles unberührt, alles
weißer als weiß, wir aber, wir rühren
niemand, und uns berührt keiner, so,
wir müssen schweigen, und das ist
63
vernünftig, denn uns versagt jeder die
Antwort. Unserem Wort, nur Seufzer,
gepreßt aus der Tiefe des Herzens,
versagt man die Antwort, wir geben
dem Redenden alles, wir geben ihm
jede Auskunft, aber keiner will eine,
man will nur diese Tochter singen
hören und die andre gar nicht hören,
für die wurde bezahlt, ach, wir
Unwissenden!, so. Diese Tochter
singt jetzt bei Ihnen im Chor, freuen
Sie sich! Wir freun uns für Sie, wenn
Sie sich nicht freuen wollen! Sie
können das hören. Großartig!
Genießen Sie es! Doch wir? Die
verschlossene Pforte des Todes
dehnt von Ewigkeit uns zu Ewigkeit
dauerndem Jammer. Hörts kurz und
klar, hört ihn, den Gesang, es ist
unsrer, und deshalb hören Sie ihn
wahrscheinlich nicht, das wird der
Grund sein: Fremde zu sein dürfen wir
uns nicht rühmen, wenn die Enkelin
dieser hochbeglückten Kuh, ach was,
irgendeine Verwandtschaft wird schon
bestehn, ich hab nur vergessen,
welche, Tochter?, hinweg, auf
THE KING OF ARGOS
And who from her was born unto the race?
LEADER
Belus: from him two sons, my father one.
THE KING OF ARGOS
Speak now to me his name, this greybeard wise.
LEADER
Danaus; his brother fifty sons begat.
THE KING OF ARGOS
Grudge not, in telling, his name too to tell.
LEADER
Aegyptus: thou my lineage old hast heardStrive then to aid a kindred Argive band.
THE KING OF ARGOS
64
entlegene, wenn auch fette Weiden
geschleppt? Und kein Wächter, der
sitzt, gar keiner, der beobachtet vom
Berghaupt, was sie so macht, was sie
so treibt, was sie so trägt; wir aber,
uns schaut man an, wir werden
beobachtet, weil wir dem Meer durch
die Finger geschlüpft sind, weil wir
uns an die falsche Adresse geschickt
haben, wo wir nie ankamen, wo wir
ein Haus, ein Zimmer beschickt
hätten, wo wir eingeräumt wären und
aufgeräumt hätten, wir stehen unter
Beobachtung, weil wir diesen Rasen
vor der Kirche plattgemacht haben mit
unserem Krempel, seine schöne
grüne Frisur zerstört, für immer. Bitte
beachten Sie wenigstens einmal, nur
einmal, mich, der diesen Bericht für
wahr, fürwahr, soeben erfinden läßt,
alles gelogen, gegen geringe Gebühr,
und mehr gebührt mir auch nicht,
glauben Sies oder nicht. Natürlich
glauben Sie das. Für
männerentwöhnte,
menschenblutlüsterne Amazonen
würden wir euch nicht halten, spricht
Yea of a truth, in backward scope of time,
Of Argive race ye seem: but say what chance
Fell on you, goading you from home and land?
Pelasgos:
Wie nennst du wieder ihres Schoßes jungen Sproß?
Chor:
Belos, den Vater unsres Vaters, unsres Ohms.
Pelasgos:
So nenn des Vaters allenthüllenden Namen mir.
Chor:
Danaos, der Bruder unsres fünfzigsohnigen Ohms.
Pelasgos:
Auch dessen Namen vorenthalt uns länger nicht.
Chor:
Aigyptos. – So nun kundig meines alten Stamms,
Gedenk emporzurichten uns Argiverschar.
Pelasgos:
Wohl scheinet ihr ursprünglich teil an diesem Land
Zu haben; aber was hat euch vermocht, das Haus
LEADER
Lord of Pelasgian men, calamity
Is manifold and diverse; as of birds
Feather from feather differs, so of men
The woes are sundry. Who had dared foretell
That this our sudden flight, this hate and fear
Of loathly wedlock, would on Argos' shore
Set forth a race of kindred lineage?
THE KING OF ARGOS
What crave ye of these gods of festival,
Holding up newly-plucked white-tufted boughs?
LEADER
Ne'er to be slaves unto Aegyptus' race.
THE KING OF ARGOS
Doth your own hate, or doth the law forbid?
LEADER
Not as our lords, but as unloved, we chide them.
65
einer, ders weiß, der schon öfter im
berühmten Babel war, der sich
auskennt, der Politiker, er spricht,
viele sprechen, der spricht auch, ich
kenne seinen Namen nicht, wir
würden euch nicht für Frauen halten,
spricht er, schon deshalb nicht, weil
ihr Männer seid, auch Männer seid,
was auch immer seid, ja, gern auch
Frauen, gern auch Kinder, lasset die
Kleinen zu mir kommen, wir entziehen
ihnen geschickt ihr Sein, wenn sie
nach der Mama schrein, wir ersäufen
sie, und auf den Sarg setzen wir dann
ein liebes Bärli drauf, ja, wir setzen
noch eins drauf! Fünf Särge, fünf
Bärlis! Das muß ihnen genügen.
Sowas hatten sie früher
wahrscheinlich gar nicht. Die hatten
keine Särge zum Spielen und keine
Teddys. Wir entziehen uns ihnen und
sie uns, geschickt weichen wir dem,
was uns da geschickt wurde, aus.
Annahme verweigert. Wärt ihr
Bogenschützen, wärt ihr halt
Bogenschützen, wär diese Frau nicht
die Jelzin-Tochter, wäre sie eine
Zu fliehn der Väter? Welch Geschick kam über
euch?
THE KING OF ARGOS
'Tis from such wedlock that advancement comes,
Chor:
O Fürst, des Grams Gestalten sind unzählige,
Und Leiden siehst du neu und neuen Fluges nahn.
So wer gedachte dieser unerhörten Flucht,
Zu landen einst in Argos' urverwandtem Land,
In tiefstem Abscheu beides fliehend, Eh und Bett?
LEADER
How easy is it, from the weak to turn!
THE KING OF ARGOS
How then toward you can I be conscience-clear?
LEADER
Deny us, though Aegyptus' race demand.
Pelasgos:
Wie sagst du, warum flehst du um dieser Götter
Schutz,
In der Hand den weißumwundnen frischgepflückten
Zweig?
Chor:
Um Magd Aigyptos' Söhnen nimmermehr zu sein.
Pelasgos:
Weil du sie hassest? Oder schreckt ein Frevel dich?
Chor:
Wer kann Verwandte über sich als Herren sehn?
THE KING OF ARGOS
A heavy task thou namest, a rash war.
LEADER
But Justice champions them who strike for her.
THE KING OF ARGOS
Yea, if their side was from the outset hers.
LEADER
Revere the gods thus crowned, who steer the State.
THE KING OF ARGOS
Awe thrills me, seeing these shrines with leafage
crowned.
66
Tochter und aus, irgendeine, nicht
eine vom Blitz Erschlagene oder im
Wasser Versunkene, sie wäre im
Prinzip eine wie unsere Verwandten,
nur anders, nicht geköpft wie meine
Cousins, das meine ich damit, eine
Eingebürgerte, so geht das, so geht
das, eine Bürgerin, keine um Schutz
Flehende, den braucht sie nicht,
Beobachtung braucht sie nicht, daß
sie von einem Hirten durch wildernde
Fluren getrieben wird, braucht sie
nicht, sie ist schon Bürgerin, schon
Bürgerin geworden, kürzlich, aber für
immer, auf Betreiben des
Konzernchefs, der sie im Kommen
geraubt und blies die geordneten
Halme, kein Whistleblower, in Halme
bläst er nämlich, er hat sie geholt, die
Tochter, nicht seine, eine Tochter,
nicht irgendeine und nicht seine,
einfach: die Tochter, denn er will den
Autokonzern bekommen, nicht um
jeden Preis, aber doch um einen, den
er zahlen kann. Sein eigener Konzern,
der Zulieferer, der keineswegs selbst
geliefert ist, im Gegenteil, der genügt
Pelasgos:
Dann wird den Mächtgen sehr erhöht die eigne
Macht.
Chor:
Dann wird den Schwachen leicht, zu enden ihre Not!
–
Pelasgos:
Wie kann ich euch barmherzig mich erzeigen,
sprecht?
Chor:
Gib, wenn sie es fordern, nicht den Feinden gib uns
preis.
Pelasgos:
Du forderst Schweres, daß ich beginne neuen Krieg!
Chor:
An deiner Schutzgenossen Seite kämpft das Recht!
(The whole CHORUS now sings its responses to the
KING.)
CHORUS (strophe 1)
Yea, stern the wrath of Zeus, the suppliants' lord.
Child of Palaichthon, royal chief
Of thy Pelasgians, hear!
Bow down thine heart to my reliefA fugitive, a suppliant, swift with fear,
A creature whom the wild wolves chase
O'er toppling crags; in piteous case
Aloud, afar she lows,
Calling the herdsman's trusty arm to save her from
her foes!
THE KING OF ARGOS
Lo, with bowed heads beside our city shrines
Ye sit 'neath shade of new-plucked olive-boughs.
Our distant kin's resentment Heaven forefend!
Let not this hap, unhoped and unforeseen,
Bring war on us: for strife we covet not.
Pelasgos:
Wenn's nur von Anfang eures Tuns Geleiter war!
Chor:
CHORUS (antistrophe 1)
Justice, the daughter of right-dealing Zeus,
67
ihm nicht mehr, alle wollen mehr, viele
wollen alles, der auch, ja, der auch,
der will alles, das sehen wir, der hat
sie geholt und bezahlt, denn üppiger
nirgends das Gras, und den Hirten
erfreut jeder Schatten, der auf ihn fällt,
nein, der erfreut ihn nicht, der ist ihm
egal, dem Mann vom Konzern, der
jetzt sitzt und selbst kandiert ist, denn
süß ist sein Leben, nein, Verzeihung,
er kandidiert, eine kandidierte Kirsche
auf einer riesigen Torte, die er auch
selber ist und selber gebaut hat, ein
Mensch inmitten von Tortenbauten,
sagen Sie, steht seine Wohnung nicht
eigentlich im Zug, wer hält denn den
Zug überhaupt so lange aus?, egal,
sie steht im Zug, ja, genau dort, da
sträubt sich sogar uns der
Schlummer, dort steht seine
Wohnung, aber Behausung ist das
keine, er ist ja nie dort, sein sanft
eingewogener Schlummer nie dort
behütet und beschattet, er ist dort
nicht, der Mann ist überall und
nirgends, aber dort ist er jedenfalls
nicht, nicht mehr, wahrscheinlich nie,
Fürst, scheu den so umlaubten Altar deiner Stadt!
Pelasgos:
Mich entsetzt es, zweigumschattet diesen Sitz zu
schaun.
Chor:
Der Zorn des Schützlingshortes Zeus ist streng und
schwer.
Erste Strophe
Palaichthons teurer Sohn, höre du
Mich mit geneigtem Sinn, Pelasgerkönig;
Sieh mich, die Flehende, Bangfliehnde, die
Zitternde, mich
Wie ein weißglänzendes Lamm, das um des
Felsenhangs
Schwindelnden Scheitel irrt; harrend auf Hilfe blökt
es,
Dem Hirten sein Leid zu sagen!
Pelasgos:
Mit frischgepflückten Zweigen schattig überlaubt
Justice, the queen of suppliants, look down,
That this our plight no ill may loose [p. 12]
Upon your town!
This word, even from the young, let age and wisdom
learn:
If thou to suppliants show grace,
Thou shalt not lack Heaven's grace in turn,
So long as virtue's gifts on heavenly shrines have
place.
THE KING OF ARGOS
Not at my private hearth ye sit and sue;
And if the city bear a common stain,
Be it the common toil to cleanse the same:
Therefore no pledge, no promise will I give,
Ere counsel with the commonwealth be held.
CHORUS (strophe 2)
Nay, but the source of sway, the city's self, art thou,
A power unjudged! thine, only thine,
To rule the right of hearth and shrine! [p. 109]
Before thy throne and sceptre all men bow!
Thou, in all causes lord, beware the curse divine!
THE KING OF ARGOS
68
über diesem Supermarkt in Zug, dort
ist er sogar ganz bestimmt nicht, nie
wurde er dort gesehn, wie die
Tochter, die den Konzern bringen soll,
niemals gesichtet wurde in ihrem
armseligen Häuschen, sie hat ein
besseres, erzählt mir ein Gott, dem
schon vor Betäubung und Langweile,
weil immer das gleiche passiert, ein
Teil seiner Augen dahinsinkt, immer
dasselbe, immer dasselbe, aber
woanders, es ist immer woanders, wo
ein andrer Teil wacht, doch in Zug
kein Teil, Zug hat keinen Teil an
diesem Mann, doch es bekommt
seinen Teil, es bekommt seinen
eigenen kleinen Teil, und den teilt er
nicht, denn hier bei uns müßte er
mehr zahlen, dort wenig, fraget ihn,
fraget ihn ruhig, wer ihn entdeckt, auf
welcherlei Art er entdeckt sei, er
wurde entdeckt, doch das ist allen
ganz egal, dort, wo wir sind, ist allen
alles ganz egal. Dort, wo Zug
draufsteht, dort, im Zug, nein, nicht in
unserem armseligen in der Kälte, dort,
in dem schönen Zug, stehen viele,
Seh ich der Kampfgottheiten neugeselligen Herd. –
Laßt uns gefahrlos dieser Flüchtigen Nähe sein,
Nicht unerwartet, unvorherbedacht die Stadt
In Fehde fallen, nicht verlangt darnach das Volk!
Erste Gegenstrophe
Chor:
Laß, Themis, frei von Schuld unsre Flucht, [S. 12]
Du fluchtschirmend Kind des Losschüttlers Zeus!
Und von den Jüngeren hör du es, erfahrner Greis:
Wenn du den Flehnden ehrst, wird es dir
wohlergehn;
Opfer zu nehmen geneigt ist der Unsterblichen
Gnade
Von jegliches Frommen Händen!
Pelasgos:
Doch sitzt ihr nicht am Herde meines eigenen
Palastes; trifft die Stadt gemeinsam jede Schuld,
So sorg gemeinsam auch das Volk für Sicherung;
Ich aber darf euch kein Versprechen geben, eh
Mit meinem Volk ich nicht zu Rat gegangen bin.
Zweite Strophe
Chor:
May that curse fall upon mine enemies! [p. 22]
I cannot aid you without risk of scathe,
Nor scorn your prayers-unmerciful it were.
Perplexed, distraught I stand, and fear alike [p. 45]
The twofold chance, to do or not to do.
CHORUS (antistrophe 2)
Have heed of him who looketh from on high,
The guard of woeful mortals, whosoe'er
Unto their fellows cry,
And find no pity, find no justice there.
Abiding in his wrath, the suppliants' lord
Doth smite, unmoved by cries, unbent by prayerful
word.
THE KING OF ARGOS
But if Aegyptus' children grasp you here,
Claiming, their country's right, to hold you theirs
As next of kin, who dares to counter this?
Plead ye your country's laws, if plead ye may,
That upon you they lay no lawful hand. [p. 45]
CHORUS (strophe 3)
Let me not fall, O nevermore,
69
aber in der Wohnung dort steht
wiederum keiner, dieser Mann
jedenfalls nicht, er muß das Land
verlassen, er darf wieder herkommen,
aber nur für eine gewisse Zeit, dann
muß er wieder raus, auch nur für eine
gewisse Zeit, wir sind nicht
beunruhigt, denn wir wissen ja, er
kommt wieder; dann kommt er also,
hier ist er, im Fernsehn ist er, auf dem
Golfplatz ist er, auf der Rennbahn
rennt er, nein, ist er aber auch, und
dann wieder raus, zur rechten Zeit
raus, das muß alles ausgerechnet
werden, ausgerechnet für den!, die
Finanziellen wollen das so, sie
verlangen es sogar, macht ja nichts,
rein, raus, rein raus, warum nicht, ist
doch schön, wenn es Abwechslung
gibt, Fairness wichtiger, aber
Abwechslung schon auch wichtig,
eine Band, ja, unsere insgesamte
Staatskapelle wird durch diesen tollen
Spieler bereichert, und so ist es auch
in vielen andren Bereichen des
täglichen Lebens. Der Mann ist reich,
und jetzt bereichert er eben uns, nein,
Du bist die Stadt, du das gesamte Volk,
Du unrichtbarer Herr;
Den Altar nennst du dein, des Landes Herd; [S. 109]
Alleinherr mit dem Auge, wenn du winkst,
Alleinherr mit dem Zepter, das du schwingst –
Dein ist alles; hüte dich vor Blutschuld! –
Pelasgos:
Mag solche Blutschuld treffen meiner Feinde Haupt!
[S. 22]
Euch aber beistehn kann ich nicht ohn Ungemach;
Und wieder hart wär's, euch zu weigern euern
Wunsch.
Ich schwanke; Furcht trübt meinen Blick [S. 45]; soll
ich es tun?
Soll ich es nicht tun, erst des Zufalls Gunst erspähn?
–
Zweite Gegenstrophe
Chor:
So scheue, Fürst, droben den Hüter mein,
Aller Bekümmerten Hort,
Die gramvoll ihren Nächsten flehend nahn,
Ihr Recht nicht, nicht des Unglücks Recht empfahn;
Doch einst straft der Zorn des Flüchtlingshortes
Zeus,
Wen der Angstschrei nicht erbarmt des Armen.
A prey into the young men's hand;
Rather than wed whom I abhor,
By pilot-stars I flee this land;
O king, take justice to thy side,
And with the righteous powers decide! [p. 62]
THE KING OF ARGOS
Hard is the cause-make me not judge thereof.
Already I have vowed it, to do nought
Save after counsel with my people ta'en,
King though I be; that ne'er in after time,
If ill fate chance, my people then may sayIn aid of strangers thou the State hast slain.
CHORUS (antistrophe 3)
Zeus, lord of kinship, rules at will
The swaying balance [p. 128], and surveys
Evil and good; to men of ill
Gives evil, and to good men praise,
And thou-since true those scales do swayShalt thou from justice shrink away?
THE KING OF ARGOS
A deep, a saving counsel here there needsAn eye that like a diver to the depth
Of dark perplexity can pass and see,
Undizzied, unconfused [p. 199]. First must we care
70
uns natürlich nicht, wir gehören ja
nicht hierher, wir haben keinen
Anspruch, nicht auf Ihre Gebirge,
nicht auf Ihre Seen, und auch uns will
man hier nicht sehn. Er könnte auch
was andres machen, dieser Mann, der
die Kuh holte aus kalten Gebirgen, wo
sonst wollen sie wohnen, die Götter,
als im schattigen Wald, wenn es heiß
wird, und im Fruchtfeld, wenn sie
Hunger haben, wo denn, wo denn
wohnen? Der? Wohnen? Bittesehr,
hier oder dort, Sie können im Zug
suchen, Sie können in Kanada
suchen, in Rußland, Sie können
überall suchen, überall wird er auch
sein, er tut das alles für uns, na, für
uns nicht, aber für alle anderen hier,
die will er mit sich bereichern, damit er
sich bereichern kann, doch nicht jene,
nein, jene nicht, die durch
unwegsame Wüsten, ruhige Ströme,
sandige Länder und wahnsinnig tiefe
Meere zu uns geflohen. Wir aber wir.
Wir, ja, wir.
Der Mann, der solch gereckte Worte
zu melden hat und dem jedes
Pelasgos:
Wenn Aigyptos' Söhne dein sich nun bemächtigen
Und nach der Heimat Sitten ihr Verwandtenrecht
Ansprechen, wer vermöchte wider sie zu sein?
Führ deinen Streit durch nach des Vaterlandes
Brauch,
Daß keinen Rechtsgrund wider dich sie je gehabt.
[S. 45]
Dritte Strophe
Chor:
Nimmer dann könnten wir, nein, von der Männer
Macht
Nimmer bewältigt sein; der Sternkreise Bahn
Wies mir in schneller Flucht vor liebloser Eh
Mein Heil. Treu dem Recht richte nun über mich,
über den Schutz der Gottheit! [S. 62]
Pelasgos:
Ein schweres Richtamt! Wollet mich zum Richter
nicht!
Ich sagte sonst schon, ohne meiner Bürger Rat
Tät ich es niemals, dürft ich auch; es sage nie
Mein Volk zu mir, wenn's irgend minder glücklich
geht:
That to the State and to ourselves this thing
Shall bring no ruin [p. 120]; next, that wrangling
hands
Shall grasp you not as prey, nor we ourselves
Betray you thus embracing sacred shrines,
Nor make the avenging all-destroying god,
Who not in hell itself sets dead men free,
A grievous inmate, an abiding bane.
-Spake I not right, of saving counsel's need?
CHORUS (strophe 4)
Yea, counsel take and stand to aid
At justice' side and mine.
Betray not me, the timorous maid [p. 69]
Whom far beyond the brine [p. 71]
A godless violence cast forth forlorn. [S. 87]
(antistrophe 4)
O King, wilt thou beholdLord of this land, wilt thou behold me torn
From altars manifold?
Bethink thee of the young men's wrath and lust,
Hold off their evil pride;
71
geredete Wort gemeldet wird wie ein
Feuer, der ist so wertvoll wie ein
Mitmensch, der ist irrsinnig wertvoll,
das kann sich keiner vorstellen außer
ihm, der und das, was er tut, ist
mindestens so wertvoll wie diese
Kindermilchschnitte, so wertvoll wie
ein kleines Glas Milch, ein sehr
kleines, wertvoll, kommt drauf an,
wofür und für wen, wertvoll für uns
alle, für die Gemeinschaft, jeder
Beitrag ist wertvoll, und wenn der
Mann nicht weg ist, sondern da, ist er
wertvoll für uns, woanders ist er
wertvoll für andre, vielleicht für sich
selbst, wer weiß, warum nicht, warum
nicht? Wir kennen keine
Konzernchefs, wir kennen niemand,
nicht einmal uns selbst, wer kennt
sich schon, wer kennt sich schon
aus? Es genügt nicht, nichts genügt,
obwohl wir doch so genügsam sind,
uns bürgert keiner ein, wir haben
niemand hinter uns, der einen
Konzern hat, wir haben nicht einmal
jemand hinter uns, der ein
Einfamilienhaus hat, doch, doch, das
Fremdlingen hilfreich gabst du preis die Vaterstadt!
Dritte Gegenstrophe
Chor:
Uns beiden verwandt, mit gleichschwebender
Waage schaut [S. 128]
Sorgend uns beide Zeus; gerecht wirft er hier
Frommes zu Frommen, dort Schuld zu der andern
Schuld,
Und du säumst, da gleichschwebend die Waage
schwankt, säumst mit gerechter Tat noch? –
Pelasgos:
Wohl muß in tiefe, vielbewegte Sorge jetzt,
Gleich einem Taucher fluthinab, versenken sich
Der offenspähnde, schwindelunverwirrte Blick, [S.
199]
Wie dies gefahrlos alles meiner Stadt zunächst,
Sodann für euch auch froh und glücklich enden
kann, [S. 120]
Und weder Kampf so heilges Unterpfand entziehn,
Noch wir, die, so dem Götterherde sich vertraut,
Preisgebend, selbst uns einen allvernichtenden,
Den Gott des Zorns uns wecken mögen zu Schmach
und Qual,
Der selbst im Hades nimmer frei den Schatten gibt! –
(strophe 5)
Steel not thyself to see the suppliant thrust
From hallowed statues' side,
Haled by the frontlet on my forehead bound,
As steeds are led, and drawn
By hands that drag from shrine and altar-mound
My vesture's fringed lawn. [p. 90]
(antistrophe 5)
Know thou that whether for Aegyptus' race
Thou dost their wish fulfil,
Or for the gods and for each holy placeBe thy choice good or ill,
Blow is with blow requited, grace with grace.
Such is Zeus' righteous will.
THE KING OF ARGOS
Yea, I have pondered: from the sea of doubt
Here drives at length the bark of thought ashore;
Landward with screw and windlass haled, and firm,
Clamped to her props, she lies. The need is stern;
With men or gods a mighty strife we strive
Perforce, and either hap in grief concludes.
For, if a house be sacked, new wealth for old
Not hard it is to win-if Zeus the lord
Of treasure favour-more than quits the loss,
72
vielleicht schon, den vielleicht schon,
der will ja auch seine Rolle in der
Umwelt, Moment, er sucht sie derzeit
noch, gleich wird er sie gefunden
haben, aber vielleicht findet er sie ja in
uns, wer weiß? Der Konzernherr hat
seine Rolle im Einbunkern, ich meine
im Einbürgern dieser Tochter einer
Kuh, nein, eines Stiers, nein, ein Stier
kommt nicht vor, von beiden halt
gefunden. Oder wurde diese Kuh
irgendwie anders erzeugt? Durch
Verwandlung? Wer weiß. Übrig bleibt
nur, die geredeten Worte zu melden,
diese Nymphe zu melden, uns zu
melden beim Amt, bei der Behörde,
hier hören wir auf, so wie der Lauf der
Kuh abgeschnitten vom Wasser,
wenn sie flüchtet, aber warum sollte
sie das tun? Sie ist ja schon hier?
Wozu flüchten? Einst eines Schoßes
junger Sproß, jetzt selber Schoß. Sie!
Hallo! Wohl scheint ihr Flüchtigen
ursprünglich Teil an diesem Land zu
haben, oh nein, das waren andre, jetzt
werden wir gefragt, und auf andre
dürfen wir uns nicht ausreden, das
Scheint tiefe Sorge so dir nicht gerecht zu sein?
Vierte Strophe
Chor:
Sorge du! Sei du uns
Allgerecht, fromm und treu, unser Hort!
Nicht verrat mich Flüchtige, [S. 69]
Mich Verstoßne, die ich zu dir [S. 71]
Floh vor gottloser Schmach! [S. 87]
Vierte Gegenstrophe
Diesen Kampfgöttern nah,
Diesem Herd nah mich zu fahn, duld es nie!
Allgewaltger du im Reich,
Sieh der Männer Frevelmut,
Hüte dich vor ihrer Wut!
Fünfte Strophe
Duld es nie, mich, die um Schutz Flehende, frech,
Mich von den Bildern fort,
Mich wie ein Roß mit Schmach
Beim stirnumflochtenen,
Lockigen Schmuck, beim Kleid fort mitgeschleppt zu
sehn! [S. 90]
Enough to pile the store of wealth full high;
Or if a tongue shoot forth untimely speech,
Bitter and strong to goad a man to wrath,
Soft words there be to soothe that wrath away:
But what device shall make the war of kin
Bloodless? that woe, the blood of many beasts,
And victims manifold to many gods,
Alone can cure. Right glad I were to shun
This strife, and am more fain of ignorance
Than of the wisdom of a woe endured.
The gods send better than my soul foretells!
LEADER OF THE CHORUS
Of many cries for mercy, hear the end.
THE KING OF ARGOS
Say on, then, for it shall not 'scape mine ear.
LEADER
Girdles we have, and bands that bind our robes.
THE KING OF ARGOS
Even so; such things beseem a woman's wear.
LEADER
Know, then, with these a fair device there is-
Fünfte Gegenstrophe
73
wären alles nur Ausreden, sie fragen
und haschen nach Antwort wie nach
Luft, denn die Antwort ist ihnen ganz
egal, ist wie Wind, der seufzend über
ihnen steht, ist wie Wasser, das ihnen
bis über den Kopf steht, über ihnen
zusammenschlägt, bis sie dann
wieder enthüllt werden,
heraufgezogen, ausgewrungen,
gebahrt, kein Denken von ihnen
überliefert, obwohl es eins gab. Jetzt
sind sie Dinge, gleichgeworden mit
andren Dingen, angeglichen an die
Leere, ans Wasser, ein ungleicher
Kampf mit diesem Element, ob man
schwimmt oder nicht, das ist die
Frage, und sie fragen also: Aber was
hat euch vermocht, das Haus zu fliehn
der Väter? Ja, das fragen wir uns
auch. Das fragen nicht nur Sie uns,
das fragen wir uns schon selber, bloß,
wen? Alle tot. Alle sind jetzt tot, und
als es Zeit war zu fragen, da hatten
wir keine. Jetzt haben wir immer noch
keine. Zeit haben wir schon, aber
sonst nichts und niemanden. Bitte.
Wir haben zum Beispiel, es ist nur ein
Wiß es wohl, deinen Kindern, deinem Haus,
Was du auch wählen wirst,
Bleibet ein gleich Gericht
In gleichem Kampf verhängt!
Drum so gedenk an Gottes ewig gerechte Macht! –
Pelasgos:
Ich hab's erwogen; dahin treibt es mich; der Kampf
Mit diesen oder jenen, ein gewaltger Kampf,
Ist unvermeidlich. Mein Entschluß steht fest und
stark
In meiner Brust Schiffswerften da mit Kiel und Mast;
Jetzt keine Rückkehr weiter ohne Schmach und
Gram. –
Wer aus des Glückes Trümmern ärmlich Hab und
Gut
Auf seines Schicksals schwankend Schiff sich trug
und barg,
Dem läßt vielleicht Zeus' Gnade neu sein Heil
erblühn;
Wem nicht, was nottut, seiner Lippe Pfeil erzielt,
Dem kann ein Wort des Wortes Zorn besänftigen;
Denn was den Zorn aufflammen ließ, ist bittrer
Schmerz.
Daß aber Blutschuld nun und nimmer Stätte find,
Drum soll man opfern, soll den Göttern allzumal
THE KING OF ARGOS
Speak, then: what utterance doth this foretell?
LEADER
Unless to us thou givest pledge secure
THE KING OF ARGOS
What can thy girdles' craft achieve for thee?
LEADER
Strange votive tablets shall these statues deck.
THE KING OF ARGOS
Mysterious thy resolve-avow it clear.
LEADER
Swiftly to hang me on these sculptured gods!
THE KING OF ARGOS
Thy word is as a lash to urge my heart.
LEADER
Thou seest truth, for I have cleared thine eyes.
THE KING OF ARGOS
Yea, and woes manifold, invincible,
A crowd of ills, sweep on me torrent-like.
74
Beispiel, mehr ist es nicht, wir haben
nicht einmal einen Scheinwohnsitz im
Zug der Oase, der Steuer-Oase, über
dem Supermarkt, dort viele
Menschen, in der Wohnung kein
einziger, die sollten sich besser
verteilen! Wir aber verteilen uns hier,
wo Almosen verteilt werden, so haben
wir uns das nicht gedacht, es ist aber
so gekommen. Während ein Gott im
Entzücken der neuerfundenen
Tonkunst der Sängerin lauscht, die
Bürgerin wurde, Sängerin aber schon
vorher war, die hat ein Glück, was?!,
dringt unser leises Flüstern nicht an
sein Ohr, natürlich nicht, dringt unsere
lispelnde Klage nicht an seinen
Schreibtisch, wie auch, wie denn
auch? Denn sitzen wir nicht am Herd
unsres eigenen Palasts, der eine
Hütte war, der ein Häuschen war,
nicht einmal klein, der irgend etwas
war, egal was, das zählt hier ja nicht,
sitzen wir also nicht mehr dort, wo wir
waren, so trifft die Stadt gemeinsam
jede Schuld an uns.
Das Wasser trifft die Schuld, grüß
Hekatomben weihen, alles Unheils Sühn und Wehr.
–
Ja, dieser Fehde weich ich allen Ernstes aus;
Unkundig lieber denn gewitzigt will ich sein
Des Leides. Mag's denn wider Hoffnung glücklich
gehn! –
Chor:
So höre meiner schamverhohlnen Worte Schluß!
Pelasgos:
Ich höre; sag mir's offen; nichts soll mir entgehn.
Chor:
Ich trage Gurt und Gürtel um mein Kleid geschnürt –
Pelasgos:
Dem Los der Mädchen ziemt und schickt sich diese
Tracht.
Chor:
So beut sich, wiß es, mir ein Werkzeug gut und
schön –
My bark goes forth upon a sea of troubles
Unfathomed, ill to traverse, harbourless.
For if my deed shall match not your demand,
Dire, beyond shot of speech, shall be the bane
Your death's pollution leaves unto this land.
Yet if against your kin, Aegyptus' race,
Before our gates I front the doom of war,
Will not the city's loss be sore? Shall men
For women's sake incarnadine the ground?
But yet the wrath of Zeus, the suppliants' lord,
I needs must fear: most awful unto man
The terror of his anger. Thou, old man,
The father of these maidens, gather up
Within your arms these wands of suppliance,
And lay them at the altars manifold
Of all our country's gods, that all the town
Know, by this sign, that ye come here to sue.
Nor, in thy haste, do thou say aught of me.
Swift is this folk to censure those who rule;
But, if they see these signs of suppliance,
It well may chance that each will pity you,
And loathe the young men's violent pursuit;
And thus a fairer favour you may find:
For, to the helpless, each man's heart is kind.
DANAUS
To us, beyond gifts manifold it is
75
Gott, Schuld, danke, daß du mir mehr
als Zinsen zahlst, daß du mit deinem
Kapital zahlst, mit Menschen, die hier
erschienen sind, als Zahlungsmittel
ihrer selbst, ich stecke sie ein, hast du
noch mehr von denen? Oder hast du
schon genug von ihnen? Diese Frage
entfaltet sich mir, und so mache ich
mich auf den Weg, der mir, dem
lieben Wasser, nachgeht, oder ist es
umgekehrt? Geh ich einem Weg
nach? Könnte schon sein, da so viele
mich entlanggehen und in mir
aufgehen wie Sonnen und dann
erlöschen. Ich dämpfe sie aus und
aus. Sie gehen über mich hinaus und
fort. Die Stadt trifft die Schuld, grüß
Gott, liebe Schuld, ich bin die Stadt,
schön, daß es dich gibt, und schön,
daß wir uns treffen. Daraus läßt sich
nichts ableiten, kein Strom und kein
Telefondraht und kein Glasfaserkabel.
Es läßt sich einfach nichts ableiten
oder hineinleiten, und niemand läßt
sich leiten, niemand läßt sich anleiten.
Ich könnte auch was ganz andres
sagen. Diese Frau ist längst
Pelasgos:
Sag, welch ein Werk soll offenbaren dieses Wort?
Chor:
Wenn du ein Pfand uns deiner Treue nicht gewährst
–
Pelasgos:
Beut welch ein Werkzeug dir sich in deinem Gürtel,
sprich?
Chor:
Den Götterbildern niegeschauten Schmuck zu
weihn!
Pelasgos:
Dein Wort, es birgt ein Rätsel; sag mir, was du
meinst!
Chor:
An jenen Göttern aufgeknüpft schnell tot zu sein!
Pelasgos:
Ein grauses, herzdurchbohrendes Wort, das du
gesagt!
Chor:
To find a champion thus compassionate;
Yet send with me attendants, of thy folk,
Rightly to guide me, that I duly find
Each altar of your city's gods that stands
Before the fane, each dedicated shrine;
And that in safety through the city's ways
I may pass onwards: all unlike to yours
The outward semblance that I wear-the race
That Nilus rears is all dissimilar
To that of Inachus. Keep watch and ward
Lest heedlessness bring death: full oft, I ween,
Friend hath slain friend, not knowing whom he slew.
THE KING OF ARGOS
Go at his side, attendants,-he saith well.
On to the city's consecrated shrines!
Nor be of many words to those ye meet,
The while this suppliant voyager ye lead.
(DANAUS departs with attendants.)
LEADER
Let him go forward, thy command obeying.
But me how biddest, how assurest thou?
THE KING OF ARGOS
Leave there the new-plucked boughs, thy sorrow's
sign.
76
eingebürgert, ja, das sagten wir
schon, und ja, die dort auch, denn die
Vereinigung mit der Tonkunst, die soll
dem Volk gebracht werden und
bleiben, ja, das sagte ich auch, wen
interessierts. Für diesen Streit nach
des Vaterlandes Brauch, also gar
nicht, sie ist ja eingebürgert, die andre
auch und aus, wir sinds nicht, das
steht fest. Sie ist eingebürgert, sie ist
durch Zahlung eingebürgert, die andre
durch Singung, die erste durch
Zahlung und Tilgung einer gewissen
Summe, die andre durch Zahlung mit
Sitz und Stimme. schuldHatte sie ja
wirklich nicht. Nicht so wie wir, wir
haben Gründe, aber es sind keine
Rechtsgründe. Wo das Recht anfängt,
hört der Grund auf, jeder Grund, das
ist dann die
Rechtsgrundstücksgrenze, und sie
verläuft: genau hier. Genau! Treu dem
Recht richte nun über mich, über den
Schutz der Götter [S. 64] hier wie der
Menschen, die es sich richten können.
Wir nicht. Richtet über uns. Wir
können nichts machen. Da kann man
Du hast's gehört, aufschlug den Blick mein blödes
Wort.
Pelasgos:
Von allen Seiten unbezwingbar dräuende Not!
Der Leiden Unzahl schwillt, ein Strom, auf mich
herein;
In Ates abgrundtiefes, unfahrbares Meer
Bin ich, zum Hafen nicht gelangt des Mißgeschicks.
Denn wenn ich euch nicht euren Wunsch gewährt',
so droht
Ihr Greuel, das keines Rates höchster Pfeil erreicht;
Und zieh ich wieder gegen eure Vettern aus,
Den Streit zu enden nah der Stadt in offnem Kampf,
Wie müßte mir nicht solch ein Opfer bitter sein,
Wenn Männerblut für Weiber unsre Felder tränkt.
Und doch, ein Zwang ist's, Zeus', des
Flüchtlingshortes, Zorn,
Dem aller Menschen höchste Furcht sich beugt, zu
scheun! –
Du, greiser Vater dieser Jungfraun, sammle denn
In deinen Armen schleunig ihre Zweige auf;
Den Landesgöttern leg sie auf die anderen
Altäre, daß die Zeichen eurer Flucht zu uns
Fremd keinem Bürger bleiben noch kundwerden
mag
Mein Wort; denn gern häuft Schuld das Volk auf
LEADER
Thus beckoned forth, at thy behest I leave them.
THE KING OF ARGOS
Now to this level precinct turn thyself.
LEADER
Unconsecrate it is, and cannot shield me.
THE KING OF ARGOS
We will not yield thee to those falcons' greed.
LEADER
What help? more fierce they are than serpents fell.
THE KING OF ARGOS
We spake thee fair-speak thou them fair in turn.
LEADER
What marvel that we loathe them, scared in soul?
THE KING OF ARGOS
Awe towards a king should other fears transcend.
LEADER
Thus speak, thus act, and reassure my mind.
77
nichts machen. Die Tochter aber, die
Jelzin-Tochter, soviel immerhin
wissen wir, die aber, hier steht ihr
Name, wir haben ihn leider
vergessen, sie war ja auch nur kurz
da, nur solang, bis sie den Paß und
genug Spaß dazu gekriegt hat, Sie
können ihn aber auch woanders
lesen, ihren Namen, wenn Sie wollen,
mir ist das Nachschauen zu blöd, bei
mir halten andre Nachschau, ja,
diejenige, der man Bleiberecht, ja
Staatsrecht erkauft, der Konzernherrr
erkauft, ja, der, der jetzt irgendwas
werden will, wir wissen noch nicht
genau, was, aber er wird es schon
wissen, du, Konzernherr du,
Bundeskanzler?, auch gut, von uns
aus gesehn, wir haben eh nichts zu
sagen, aber ja, auch deinen Namen,
Jelzin, nein, ausnahmsweise nicht,
du, Jetziger und Künftiger, den kenne
ich, du erzeugst Schall und Rauch,
das aber teuer, wobei: Die Erzeugung
ist schwierig und kompliziert, der
Verkauf daher umso teurer, die
Opelix, die Sängerin, die kriegst du
seinen Herrn.
Auch möchte Mitleid bei dem Anblick eurer Not
Den Trotz verabscheun jener frechen Jünglinge,
Euch aber desto wohlgesinnter sein das Volk;
Denn jeder hegt Zuneigung für die Schwächeren.
Danaos:
Mit höchstem Danke soll's von uns gepriesen sein,
Daß wir zum Schutzherrn fanden solchen edlen
Mann.
So gib Geleit und Führer mir, die mich des Wegs
Geleiten, wie ich der stadtbeschützenden Götter
Herd
Im Tempelvorhof, wie der stadtbeschirmenden
Allheilige Zellen finden, sicher durch die Stadt
Hinschreiten könne; fremd ist meine Tracht und Art;
Der Nil und Inachos nähren nicht ein gleich
Geschlecht.
Du sorge, daß sich mein Vertraun nicht kehrt in
Furcht;
Auch seinen Freund schlug mancher aus Unkunde
tot.
THE KING OF ARGOS
Not long thy sire shall leave thee desolate.
But I will call the country's indwellers,
And with soft words th' assembly will persuade,
And warn your sire what pleadings will avail.
Therefore abide ye, and with prayer entreat
The country's gods to compass your desire;
The while I go, this matter to provide,
Persuasion and fair fortune at my side.
(The KING OF ARGOS departs with his retinue. The
CHORUS forms to sing its prayer to Zeus.)
CHORUS (strophe 1)
O King of Kings, among the blest
Thou highest and thou happiest,
Listen and grant our prayer,
And, deeply loathing, thrust
Away from us the young men's lust,
And deeply drown
In azure waters, down and ever down,
Benches and rowers dark,
The fatal and perfidious bark!
(antistrophe 1)
Unto the maidens turn thy gracious care;
Think yet again upon the tale of fame,
78
trotzdem nix, Verzeihung, manchmal
gehts mit mir durch, die Kuh aber
bleibt, vorläufig bleibt sie: Willst du
nicht sorgen für uns? Ja, sorge du!
Sorge du mit einer Versicherung vor!
Sorge du mit deinen Mannen, sorge,
daß wir ein glückliches Gefühl haben,
so glücklich wie die Tochter im leeren
Burgenland-Haus, sie sitzt ihre
Anwarteschaft woanders ab als in
Oberwart oder Niederwart, sie ist ja
nicht blöd, sie wartet in Zwischenwart,
im Wartebereich, aber dort, wo es
schöner ist. Das ist ihr besondrer
Begleitumstand für die Einbürgerung,
immer dort, wo es schöner ist, und ist
die Schweizer Wohnung zu klein, zu
leer, zu sehr über dem Supermarkt,
dann wohnen wir halt nicht drin, ist
doch klar. Warum auch?
Du Herr, du Herr in der Schweiz, in
Kanada, im Ösenland, du Herr der
Ersatzteile, Herr allen Bestands, ich
meine aller Bestandteile, denn das
Ganze hast du ja leider nicht gekriegt,
wir können nichts dafür, daß du nicht
verwandeln durftest das Mädchen in
Pelasgos:
So geht denn, Männer; weise sprach der edle Gast;
Zeigt ihm der Stadt Altäre, unsrer Götter Sitz,
Und haltet nicht Neugierige vieler Worte wert,
Da ihr den Schutzbefohlnen führt zum Götterherd.
(Danaos mit Begleitern ab)
Chorführerin:
Dem gibst du Weisung; mög er ungefährdet ziehn!
Was soll denn ich tun? Schutz und Trost, wo find ich
ihn?
Pelasgos:
Dort liegen laß die Zweige, Zeugen deiner Not!
Chor:
Ich lasse sie auf deinen Wink, auf dein Gebot.
Pelasgos:
Und komm herab jetzt auf die freie Reigenflur!
Chor:
Wie soll mich schützen dort der offne Raum der
Flur?
Pelasgos:
Glaub, Kind, ich setz dich nicht den Geiern aus zum
How from the maiden loved of thee there sprung
Mine ancient line, long since in many a legend sung!
Remember, O remember, thou whose hand
Did Io by a touch to human shape reclaim.
For from this Argos erst our mother came
Driven hence to Egypt's land,
Yet sprung of Zeus we were, and hence our birth we
claim.
(strophe 2)
And now have I roamed back
Unto the ancient track
Where Io roamed and pastured among flowers,
Watched o'er by Argus' eyes,
Through the lush grasses and the meadow bowers.
Thence, by the gadfly maddened, forth she flies
Unto far lands and alien peoples driven
And, following fate, through paths of foam and surge,
Sees, as she goes, the cleaving strait divide
Greece, from the Eastland riven.
(antistrophe 2)
And swift through Asian borders doth she urge
Her course, o'er Phrygian mountains' sheep-clipt
side;
Thence, where the Mysian realm of Teuthras lies,
Towards Lydian lowlands hies,
79
eine Kuh, äh, die Ersatzteile, die
Bestandteile ins Ganze, in den
Bestand, ins ganze Auto, all die Opfer
für den Opel umsonst, vergeblich
meine ich, so wie Vergeblichkeit unser
aller Los ist, leider, denn
Mitbestimmung, Teilnahme bedeutet
nicht nur, seine Stimme bei Wahlen
abzugeben, besser, man hat gar
keine, dann muß man gar nicht erst
hingehn, denn Demokratie ist sowieso
viel mehr als das, das hast du erkannt
mit deiner Partei, wir haben gar nichts
erkannt, das ist aber egal, wir dürfen
sowieso nicht wählen, wir dürfen nicht
einmal wählen, wo wir unser Bett
aufstellen, du Herr des
schiefgegangenen Autokaufs,
Autofabrikkaufs meine ich, du hast es
nicht gekriegt, hast das Opelwerk
nicht gekriegt trotz aller Opfergaben,
keine davon Geschenke, nur eine, ein
Geschenk für die Jelzin-Tochter, ein
schönes Geschenk, und doch bist du
unser Herr, obwohl du uns gar nichts
gibst, du gibst uns nichts, nicht wie
Jesus, aber doch unser Herr,
Raub!
Chor:
Doch Feinden, grausiger als der Drachen wilde Brut!
Pelasgos:
Mit heitrem Wort gebeten, sprich du heiter auch!
Chor:
Kein Wunder, wenn es in meiner Herzensangst mich
bangt!
Pelasgos:
Stets schützt die Ehrfurcht vor dem Fürsten
jeglichen.
And o'er Cilician and Pamphylian hills
And ever-flowing rills,
And thence to Aphrodite's fertile shore,
The land of garnered wheat and wealthy store.
(strophe 3)
And thence, deep-stung by wild unrest,
By the winged fly that goaded her and drave,
Unto the fertile land, the god-possest
(Where, fed from far-off snows,
Life-giving Nilus flows,
Urged on by Typho's strength, a fertilizing wave),
She roves, in harassed and dishonoured flight,
Scathed by the blasting pangs of Hera's dread
despite.
Chor:
Aufheitre meines Herzens Gram mit Wort und Tat.
Pelasgos:
Nicht lange läßt euch euer Vater mehr allein;
Denn ich berufe meines Reiches Völker jetzt,
Die Volksversammlung euch zu stimmen treu und
mild;
Auch eurem Vater sag ich, was er sprechen soll.
Darum so bleibt, und zu den Landesgöttern fleht
Demütig, euch zu geben, was ihr wünschen mögt.
(antistrophe 3)
And they within the land
With terror shook and wanned,
So strange the sight they saw, and were afraidA wild twy-natured thing, half heifer and half maid.
Whose hand was laid at last on Io, thus forlorn,
With many roamings worn?
Who bade the harassed maiden's peace return? [p.
115]
80
jedenfalls in gewisser Weise, die wir
nicht singen können, diese Frau aber
schon. Rasch der Nickenden zuhören,
die alles abnickt!, auch den Tyrannen,
auch den Einsatz, dort, wo dem Hals
angrenzet das Haupt, dort entstehen
ihre Töne, ihr wunderbares Singen,
und wir, die Blutenden, stürzt es
nieder vom Fels, und zwar vor
Ehrfurcht, wenn wir das hören, nieder
vom Fels mit uns, und rötet die
zackige Klippe die ganze Zeit, bis wir
dann unten sind im Wasser. Du, Herr
aus der leeren Wohnung in Zug, aus
dem Zuckerbäckerschloß woanders,
wo all diese Süße wohnt: Sei du uns
allgerecht, wie du es zu dieser
Tochter warst, die jetzt Landsmännin
in dieser Landschaft durch BlitzEntscheidung, für die du sorgtest, du
sorgtest für den Blitz, Allherr du, und
du sorgtest für diese Entscheidung im
besonderen Interesse des Landes,
das ganz genau deinem Interesse
entspricht. Das Land ist du, nein, das
denn doch nicht, das Land erlaubt,
deine Vorstellungen jederzeit
Ich aber geh von hinnen, nützlich euch zu sein;
Sei Peitho mit mir und das Glück, das alles schafft! –
(Der König mit Gefolge ab)
Erste Strophe
Chor:
Herr aller Herrn, Seligster du der Seligen,
Aller Gewalt Gewaltigster, Zeus in den Himmeln
droben,
Hör uns, erhör uns gnädig!
Wend heilgen Zornes ihre Frechheit von uns!
Hinabstürz in die purpurne Meerflut
Dieser Verruchten Fluchschiff.
Erste Gegenstrophe
Und unserm Flehn gnädig, der Mädchen nah, erneu
Unserem altgefeierten Stamm von der teueren Ahnin
Den Ruhm der einstgen Gnade!
Ja, treugedenk sei mein, du Buhle Ios,
Von der unser Geschlecht sich entstammend
Heimisch in diesem Land nennt.
(strophe 4)
Zeus, lord of time eterne.
Yea, by his breath divine, by his unscathing strength,
She lays aside her bane,
And softened back to womanhood at length
Sheds human tears again.
Then, quickened with Zeus' [the God’s] veritable
seed,
A progeny she bare, [p. 116-7]
A stainless babe, a child of heavenly breed.
(antistrophe 4)
Of life and fortune fair.
His is the life of life-so all men say,- [p. 118]
His is the seed of Zeus.
Who else had power stern Hera's craft to stay,
Her vengeful curse to loose?
Yea, all from Zeus befel!
And rightly wouldst thou tell
That we from Epaphus, his child, were born:
Justly his deed was done;
(strophe 5)
Unto what other one,
81
einzubringen, aber das erlaubt es nur
dir, nicht nur dir, aber auch dir, vor
allem dir, uns erlaubt es gar nichts,
wir sind nichts, und uns wird nichts
erlaubt, obwohl wir gern mitmachen
würden, ist besser als zuschauen,
nicht wahr, damit das Recht auch von
uns ausgeht, damit das Recht auch
vom Volk ausgeht, das dann auch wir
sein werden, aber das Recht geht
nicht, und wenn es ausgeht, dann
macht es sich fein, dann brezelt es
sich auf, aber wir dürfen nicht mit,
man läßt uns nicht mal ins Lokal
hinein, das ist nicht gerecht, obwohl
das Recht auch von uns ausginge,
zumindest ausgehen könnte, wenn es
mal Freizeit hätte und wir unseren
Traumpaß, den gestern leider der
Herr Alaba verwandelt hat, oder hat er
ihn vorbereitet?, und jetzt ist er nicht
mehr da, ich meine der Paß, schon
geschossen, nicht mehr da, nicht
mehr erreichbar, der Herr Alaba ist in
München, das Recht aber, das könnte
auch gut von uns ausgehen, von mir
aus, von uns aus, gehörten wir zu
Zweite Strophe
Ich find hier alte, teure Spuren,
Finde die blumigen Aun der Mutter,
Das Wiesenbruch hier, von wannen Io,
Auf von der Bremse gescheucht,
Flüchtig in irrendem Wahn
Weit in die Lande der Menschen umherSchweifte, dem Schicksal gemäß
Zweimal zum jenseitigen Strand flüchtend die
Fluttore der See benannte.
Zweite Gegenstrophe
Sie stürmt drauf durch die Asiswiese,
Phrygias lämmerbedecktes Feld durch,
Durcheilt der Stadt Teuthras mysisch Talland,
Über die lydischen Aun,
Durch Pamphylias Volk,
Durch die Kilikischen Alpen im Flug,
Weiter die Zwillingsströme hinab,
Weiter zum fruchtseligen Land, weiter zum
kornüppigen Reich der Kypris.
Dritte Strophe
Sie fliegt, fortjagt mit wildem Stachel sie
Ihr geflügelter Treiber
Of all the gods, should I for justice turn?
From him our race did spring;
Creator he and King,
Ancient of days and wisdom he, and might.
As bark before the wind,
So, wafted by his mind,
Moves every counsel, each device aright.
(antistrophe 5)
Beneath no stronger hand
Holds he a weak command,
No throne doth he abase him to adore;
Swift as a word, his deed
Acts out what stands decreed
In counsels of his heart, for evermore. [p. 122]
(DANAUS re-enters.)
DANAUS
Take heart, my children: the land's heart is kind,
And to full issue has their voting come.
LEADER OF THE CHORUS
All hail, my sire; thy word brings utmost joy.
Say, to what issue is the vote made sure,
And how prevailed the people's crowding hands?
DANAUS
82
diesem Traum-Volk, das Traumpässe
schießt, was wir uns doch auch so
wünschen, aber nicht bekommen,
doch Du, Herr, Herr, Du Herr Du, du
hast Opel auch nicht bekommen,
nein, hast du nicht, du wolltest es mit
der russischen Bank, mit der sollt es
gelingen dir, tiefumschattet vom
Schlummer noch verdienst du Geld,
auch wenn du gar nichts machst,
verdienst du Geld, aber natürlich
stimmt das nicht, du mußt dafür
schuften, wir täten das auch, aber
man läßt uns nicht. Du hast die
Tochter des Zeus, nein, des Zars aller
Reußen einquartiert und dann
einbürgern lassen, du hast kaufen
wollen, immerhin, wir können nicht
mal ein Fladenbrot kaufen, müssen
wir auch nicht, wir kriegen es
geschenkt, wir kriegen Essen
geschenkt, gute Gabe, sogar, wenn
es schlecht ist, schlecht geworden,
und das regt die Bürger natürlich
wieder maßlos auf, daß wir
verdorbenes Essen kriegen, ist ja klar,
gar nichts sollten wir kriegen, du aber,
Zum allnährenden Fruchtland;
Den schneegetränkten Fluren, über die herein
Vor Typhons Hauch
Die Flut des Nils, jeder Seuche rein, schwillt,
Naht sie in schmachgehäuftem Schmerz, rasend in
geißelblutger Qual
Der haßtrunkenen Hera.
Dritte Gegenstrophe
Wer damals das erlebt in jenem Land,
Bleichen Grausens erfaßt ward
Sein Geist, ihre verstörte,
Grasweidende, grause Menschenmißgestalt zu
schaun;
Ihr Leib, halb Kuh,
Halb Mädchen, anstaunten sie das Wunder.
Da, wer erbarmte sich der unseligen,
irregetriebenen,
Wahnsinnschweifenden Io? [S. 115]
Vierte Strophe
Der endlos ewgen Zeiten Herrscher,
Zeus erlöste die Jungfrau;
Vor seiner schmerzlos selgen Kraft,
Seinem göttlichen Atem
Schmilzt ihr Gram, und die Träne wehmütiger
Scham, sie entperlt ihr;
With one assent the Argives spake their will,
And, hearing, my old heart took youthful cheer.
The very sky was thrilled when high in air
The concourse raised right hands and swore their
oath:Free shall the maidens sojourn in this land.
Unharried, undespoiled by mortal wight:
No native hand, no hand of foreigner
Shall drag them hence; if any man use forceWhoe'er of all our countrymen shall fail
To come unto their aid, let him go forth,
Beneath the people's curse, to banishment.
So did the king of this Pelasgian folk
Plead on behalf of us, and bade them heed
That never, in the after-time, this realm
Should feed to fulness the great enmity
Of Zeus, the suppliants' guard, against itself!
A twofold curse, for wronging stranger-guests
Who are akin withal, confrontingly
Should rise before this city and be shown
A ruthless monster, fed on human doom.
Such things the Argive people heard, and straight,
Without proclaim of herald, gave assent:
Yea, in full conclave, the Pelasgian folk
Heard suasive pleas, and Zeus through them
resolved.
83
Herr, du hast in dein Maß
ausnahmsweise einmal nicht
schöpfen dürfen, du hast nicht
schöpfen dürfen, denn du bist kein
Schöpfer, nein, deswegen nicht, du
hast nicht schöpfen dürfen, weil die
Mami, die liebe Mutter, die
Konzernmutter, General Motors, der
General der Motoren, der Oberste
vom gesamten Militär auf der ganzen
Welt mitsamt die Motoren alle, na ja,
fast, der hat es nicht erlaubt, o Herr,
da siehst du mal, wie es ist und wie es
kommen kann, auch wenn die Tochter
jetzt Bürgerin ist, hast du gezahlt,
aber nichts dafür gekriegt, ach nein,
sowas tätest du nie, du investierst
nicht in unsichere Dinge, in
unsachliche Sachen, mit vollendetem
Zorn investierst du nur, wo es sich
lohnt, die Tochter wird vielleicht auch
irgendwas gezahlt haben, wir wissen
es nicht, wir können es nicht wissen,
inmitten ihrer Steine Gefunkel wird sie
schon gezahlt haben, alle zahlen, die
können, alle zahlen für alles, was sie
bekommen können, wir aber zahlen
Ein Pfand des Gottes, das sie truglos trug im Schoß,
[S. 116f]
Zeugte den hehren Sohn sie:
Vierte Gegenstrophe
Der endlos ewgen Zeiten Heiland!
Rings drum jauchzten die Lande: [S. 118]
"Dies lebenspendende, selge Kind,
Wahrlich, des Gottes Sohn ist's."
Wer sonst hätte der Hera trugspinnenden Haß
bewältigt?
Zeus war's! Es darf entstammt von dir, du Hauches
Sohn,
Unser Geschlecht sich rühmen!
Fünfte Strophe
Drum wen mag, welches Gottes Beistand
Ich anflehn mit gerechtrer Bitte?
O teurer Sämann, treuer Gärtner, groß und mild,
Urweiser, Urgewaltiger,
Ahnherr! Du allautrer Born des Heils, Zeus!
(The CHORUS now sings a prayer of thankfulness.)
CHORUS
Arouse we now to chant our prayer
For fair return of service fair
And Argos' kindly will.
Zeus, lord of guestright, look upon
The grace our stranger lips have won.
In right and truth, as they begun,
Guide them, with favouring hand, until
Thou dost their blameless wish fulfil!
(strophe 1)
Now may the Zeus-born gods on high
Hear us pour forth
A votive prayer for Argos' clan!Never may this Pelasgian earth,
Amid the fire-wrack, shrill the dismal cry
On Ares, ravening lord of fight,
Who in an alien harvest mows down man!
For lo, this land had pity on our plight,
And unto us were merciful and leal,
To us, the piteous flock, who at Zeus' altar kneel!
(antistrophe 1)
They scorned not the pleas of maidenhood,
Nor with the young men's will hath their will stood.
They knew right well
84
nicht und sind auch nicht
Zahlungsmittel, o Herr, du,
Zahlungsmittelpunkt von vielen, zahle
bitte auch für uns, sei der Staat, führe
ihn, zahle für uns, aber nein, das
machst du nicht, eine BlitzEinbürgerung zu vollziehen, das
schaffst du, aber den Opel zu kriegen,
das hast du nicht geschafft, siehst du,
Herr du, dafür bringen wir Opfer, daß
du den Opel nicht kriegst, absoluter
Blödsinn, das wissen wir, wir haben
es schließlich mindestens dreimal
gesagt jetzt, aber es ist trotzdem nicht
gerecht. Das drängt uns Stacheln des
Wahnsinns tief in die Brust, oje, das
scheucht uns erneut wild durch die
Lande der Welt hin. Nichts ist gerecht,
Staat, wenigstens du gerecht?, hier, in
uns hättest du ein Objekt dafür, an
uns hättest du was, an uns kannst du
Gerechtigkeit üben, bitte, jederzeit, wir
sind bereit, vielen Dank, vielleicht
kannst du es dann irgendwann einmal
und mußt nicht mehr üben, aber du
bist es nicht, und du willst auch nicht
üben. Allgerecht bitte auch du sein, du
Fünfte Gegenstrophe
Von niemand pflichtgebannt dem Niedern,
In Allmacht herrscht er alles Höchsten
Und schaut zu niemand dienend aufwärts über sich;
Da steht mit seinem Wort das Werk,
Was still im Geist kaum ihm keimt, vollbracht ist's!
[S. 122]
(Danaos kommt mit seinen Begleitern aus der Stadt
zurück)
Th' unearthly watching fiend invincible,
The foul avenger-let him not draw near!
For he, on roofs ill-starred,
Defiling and polluting, keeps a ghastly ward!
They knew his vengeance, and took holy heed
To us, the sister suppliants, who cry
To Zeus, the lord of purity:
Therefore with altars pure they shall the gods revere.
Thus, through the boughs that shade our lips, fly
forth in air,
Danaos:
O Kinder, freut euch! Glücklich steht es in der Stadt;
Vom Volk genehmigt sind die Beschlüsse allzumal.
(strophe 2)
Fly forth, O eager prayer!
May never pestilence efface
This city's race,
Nor be the land with corpses strewed,
Nor stained with civic blood!
The stem of youth, unpluckt, to manhood come,
Nor Ares rise from Aphrodite's bower,
The lord of death and bane, to waste our youthful
flower.
Chor:
Heil, Vater, dir, du liebster Botschaft Bote mir!
Nun aber sag uns, wie beschieden hat der Schluß,
Für den der Hände dicht Gedräng das Volk erhob.
Danaos:
Es stimmten Argos' Bürger ungeteilten Sinns,
So daß mir jung und freudig schlug dies greise Herz,
Als alles Volkes tausendfacher Arm empor
Sich hob gen Himmel, Kraft zu geben diesem
Spruch:
Wir sollen hier im Lande wohnen frank und frei,
(antistrophe 2)
Long may the old
Crowd to the altars kindled to consume
Gifts rich and manifold-
85
Staat sein, ach was, gerecht genügt
auch, allgerecht noch besser, denn da
würde er uns allen gerecht, fromm
und treu, lieber Staat, in den wir
reinwollen, unser Hort, der du noch
werden sollst! Bitte helfen Sie uns!
Nicht verrat uns Flüchtige [S. 65],
bitte, bitte nicht!, so, ja, genauso wie
du nicht verrietst die Flüchtige, die
Tochter, mit Geld nicht verrietst,
überhaupt nicht verrietst, wieviel, so
wie sie da stand, die Knie gebeugt
und rückwärts hebend den Nacken,
sondern erkauftest, mit wieviel?, sagst
du nicht!, dich einkaufen wolltest mit
der Bank in das Autogeschäft, die
Fabrik, das Oberste von allem, das
Größte, das es überhaupt gibt, glaub
schon, na ja, fast, aber jedenfalls sehr
groß, der ferne liebe Riese GM schaut
mit Wohlwollen herüber auf dich, aber
selber herkommen, das mag er nicht,
im Gegensatz zu uns, die wir gern
kamen, und dann läßt er dich fallen,
der Größte, viel größer als du, es gibt
immer einen Größeren, siehst du, so
geht es auch uns, nur schaut man
Angriffgesichert, aller Welt in heilger Ruh;
Es soll hinweg kein Fremdling, kein Einheimischer
Uns reißen; würde je Gewalt an uns versucht,
So sollte, wer von den Bürgern nicht zu Hilfe eilt,
Ehrlos erklärt sein und verbannt durch
Volksbeschluß.
Für diesen Vorschlag sprach zu unsern Gunsten
drauf
Der Fürst Pelasgos; an des Schützlingshortes Zeus
Schwerdräunden Zorn gemahnt' er, den sich nie die
Stadt
Erwecken möchte, warnte dann: dies Doppelgreul
Zugleich des Gastrechts und der Stadt am eignen
Tor,
Es würd ein unerschöpfter Born des Jammers sein.
Nach diesen Worten, eh der Herold noch gebot,
Hob alles Volk die Hände schon: so sollt es sein! –
Wohl hörte seine Rede klug und vielgewandt
Das Volk; doch Zeus ist's, der es so zum Ziel
gewandt! –
Chorführerin:
Offered to win from powers divine
A benison on city and on shrine:
Let all the sacred might adore
Of Zeus most high, the lord
Of guestright and the hospitable board,
Whose immemorial law doth rule Fate's scales
aright:
The garners of earth's store
Be full for evermore,
And grace of Artemis make women's travail light;
(strophe 3)
No devastating curse of fell disease
This city seize;
No clamour of the State arouse to war
Ares, from whom afar
Shrinketh the lute, by whom the dances failAres, the lord of wail.
Swarm far aloof from Argos' citizens
All plague and pestilence,
And may the Archer-God our children spare!
(antistrophe 3)
May Zeus with foison and with fruitfulness
The land's each season bless,
And, quickened with Heaven's bounty manifold,
Teem grazing flock and fold.
86
nicht wohlwollend, man schaut gar
nicht, man will uns nicht sehen, den
Fraß nicht sehen, den wir kriegen, die
geschenkten durchgesessenen Sofas,
nein, Strohsäcke sinds denn doch
nicht, auf denen wir ruhen, alles nicht
sehen, nichts sehen, wie wir uns
vorbereiten auf die Mitbestimmung in
der Demokratie, wenn wir die nur
einmal sehen könnten, wenigstens
anschauen!, verblüht Schultern und
Hände, unsere Hände vom Nichtstun
verdorrt, eine Demokratie, ihre Hufe,
die hinwegeilen über uns, aber
immerhin, das wäre fein, dann wüßten
wir, was uns bevorsteht und auf was
wir uns vorbereiten sollen, o Herr,
Herr der Ersatzteile, denn das Ganze
hast du ja nicht gekriegt, obwohl du
dich das hast einiges kosten lassen,
neben der Einbürgerin, der Kuh,
nichts von der Kuh jetzt übrig an ihr,
die weiße Gestalt nur, irgendwo, keine
Ahnung, o Herr, nicht verrat also uns
Flüchtige, genausowenig wie die
Flüchtige du verrietst, die Nymphe,
jetzt wieder vergnügt und
Auf! auf! laßt froh dem argivischen Volk
Uns Segen erflehn, wie wir Segen empfahn.
Du, der Fremdlinge Hort, von der Fremdlinge Wort
Laß Ehren und Wunsch, Zeus, gnädig gedeihn
Zum erfreulichen Ziel der Vollendung!
Erste Strophe
Chor:
Jetzt mich, wenn irgend je,
Höret, ihr Zeusgebornen! Hört dem Geschlecht mich
Heil flehn!
Wecke der Flammen Brunst nie in Pelasgos' Stadt,
Ares, der taumelnd tobt in festschändender Wut,
Der sich der Männer Bluternte von fremder Flur mäht
–
Weil sie mein sich erbarmet,
Mein Heil freundlich beschlossen,
Zeus' Schutzflehende gescheut in uns
neidunwürdiger Herde.
Erste Gegenstrophe
Nicht zu der Männer Heil
Gaben sie jenen Spruch, mißachtend der Mädchen
Klage;
Sondern sie schaun zu Zeus' rächendem Wächter,
Beside the altars of Heaven's hallowing
Loud let the minstrels sing,
And from pure lips float forth the harp-led strain in
air!
(strophe 4)
And let the people's voice, the power
That sways the State, in danger's hour
Be wary, wise for all;
Nor honour in dishonour hold,
But-ere the voice of war be boldLet them to stranger peoples grant [p. 44]
Fair and unbloody covenantJustice and peace withal;
(antistrophe 4)
And to the Argive powers divine
The sacrifice of laurelled kine,
By rite ancestral, pay.
Among three words of power and awe,
Stands this, the third, the mighty lawYour gods, your fathers deified,
Ye shall adore. Let this abide
For ever and for aye.
DANAUS
87
eingebürgert, es hat sich ja
eingebürgert, daß schöne Frauen wir
mögen, diese Nymphe auch, mit ihren
aufstrebenden Füßen, die
Eingebürgerte, zu reden sie zagt, wir
sehen sie nicht, wer weiß, wo sie ist,
Bürgerin dieses Landes, aber wir
wissen nicht, wo sie derzeit auffällt
und wie sie aussieht, ihr Rindergebrüll
nicht bis zu uns herschallt, wir aber,
wir aber, vor Furcht abbrechend unsre
Worte, verrate uns Flüchtige nicht, die
flüchtig wir nur auf der Erde sind, für
uns ist nicht viel zu blechen, wir
bleiben auch nicht lang, versprochen,
obwohl wir das natürlich wollen, wir
Verstoßene [S. 66], bitte blechen Sie
auch für uns, wie Sie für die Kuh einst
blechten, Ihre Rede Blech, Ihr
Vermögen aber nicht, bitte blechen
Sie, nicht nur fürs Blech, bitte zahlen
Sie den Preis auch für uns, das ist gar
nichts für Sie, gegen das Autowerk,
von seiner Mama, dem Konzern in
den USA, rede ich gar nicht, das wäre
sogar für dich zu teuer, den kannst du
nicht kaufen, uns aber schon, so wie
der Schuld
Unüberwindlichem Fluch, des blutschuldiges Spähn
Keiner auf seinem Dach wünscht, denn er lastet
schwer dort.
Nein, uns, ihre Verwandten,
Zeus' Schutzflehende scheun sie,
Drum so wird sie die Gottheit stets gern am lautren
Altar schaun.
Zweite Strophe
Drum von dem frommen, laubschattigen Mund
empor
Flieg ein Gebet der Ehren,
Mögen dem teuren Volk nie
Seuchen die Stadt verheeren,
Nie der Empörung wilde Wut
Blutig ihr heimisch Gefild sä'n,
Ungebrochen der Jugend
Blüte blühn, Aphrodites
Menschenmordender Buhle nie, Ares, dieses Gefild
mähn!
Zweite Gegenstrophe
Greisen vertraut zur Hut, flammend in froher Glut
Dear children, well and wisely have ye prayed;
I bid you now not shudder, though ye hear
New and alarming tidings from your sire.
From this high place beside the suppliants' shrine
The bark of our pursuers I behold,
By divers tokens recognized too well.
Lo, the spread canvas and the hides that screen
The gunwale; lo, the prow, with painted eyes
That seem her onward pathway to descry,
Heeding too well the rudder at the stern
That rules her, coming for no friendly end.
And look, the seamen-all too plain their raceTheir dark limbs gleam from out their snow-white
garb;
Plain too the other barks, a fleet that comes
All swift to aid the purpose of the first,
That now, with furled sail and with pulse of oars
Which smite the wave together, comes aland.
But ye, be calm, and, schooled not scared by fear,
Confront this chance, be mindful of your trust
In these protecting gods. And I will hence,
And champions who shall plead your cause aright
Will bring unto your side. There come perchance
Heralds or envoys, eager to lay hand
And drag you captive hence; yet fear them not;
Foiled shall they be. Yet well it were for you
(If, ere with aid I come, I tarry long)
88
du Bleiberecht und Bürgschaft für die
Kuh konntest kaufen, in kürzester
Frist, immer wieder versuchend, du
Guter, nein, es hat sofort funktioniert,
wenn man zahlt, geht alles immer
sofort, so bringt man die Göttin ins
Volk. Aber gegen das Tochterwerk,
das Söhnewerk, egal, Herr, egal,
gegen das sind wir billig, und vielleicht
kriegen Sie sogar Massenrabatt, eine
Masse kriegen wir schon noch hin,
wenn noch mehr kommen,
Hunderttausende kommen, die sind ja
alle schon da, sind angekommen,
wenn auch noch nicht hier, aber die
können kommen, die kommen
vielleicht alle, das ist erwünscht,
zumindest von ihnen, kommen Sie
alle, bitte, kommen Sie her, lasset die
Kindlein zu mir kommen!,
Hunderttausende, bitte kommen!,
notfalls ins Meer, dort ist ja noch
Platz, jede Menge, da gehn noch viele
rein, lasset die Kleinen zu mir
kommen, spricht das Meer, das selbst
schon groß ist, ein offenes Entgegen,
wenn auch kein Entgegenkommen.
Möge des Landes Herd sein,
Für der Gemeinde Wohlfahrt
Zeus, der Erhabene, geehrt sein,
Aber zumeist der Fremden Hort,
Der an ein ewig Gesetz ihr Los weist;
Mag der Führer Geschlecht stets
Führer wieder erzeugen,
Hilfreich Artemis nahn den Fraun, wenn ihr
kreißender Schoß reißt.
Not by one step this sanctuary to leave.
Farewell, fear nought: soon shall the hour be born
When he that scorns the gods shall rue his scorn.
Dritte Strophe
Nimmer ein menschenhinraffender Schwindel mag
Spaltend sich auf sie stürzen,
Tränenerzeugenden Kampf sonder Gesäng und
Gepräng,
Ein aufruhrblutig Netz zu schürzen;
Der Schwarm frevler Begier laß
Fernab sich grausig nieder;
Gnädig sei der Lykeier Gott aller Jugend des
Landes!
CHORUS
(chanting) Ah, but I shudder, father!-ah, even now,
Even as I speak, the swift-winged ships draw nigh!
Dritte Gegenstrophe
Reifende Frucht im Feld, jedes zu seiner Zeit,
(strophe 1)
I shudder, I shiver, I perish with fear:
Overseas though I fled,
Yet nought it avails; my pursuers are near!
89
Das Kommen durchmißt jetzt den
Raum zum Entgegenkommen, und
dort treffen sie sich, jetzt bleiben sie
stehn, die Dinge, als ein
zusammengeklebtes,
zusammengekleistertes Ding, ein
einziger Menschenklotz, im Wasser,
die groben Keile für ihn haben wir uns
schon gekauft; sie kommen derzeit
noch, sie kommen in hellen Scharen,
nein, in dunklen, sie kommen in
Maßen, nein, in Massen, noch zähmt
sie die Furcht, doch für die Zukunft
können wir nicht garantieren, daß die
kommen, denn hier beruht alles, hier
stehts, hier gehts, beruht alles auf
Teilnahme, lebt vom Mitreden,
Mitmachen, Mitgestalten,
Mitentscheiden und Mitverantworten.
Und dafür sind viele mehr als wenige,
viel mehr sind viele als wenige, das ist
wohl klar. Na ja, in Amerika haben sie
entschieden, daß Sie das Werk nicht
kriegen, o Herr, obwohl Sie es
wollten, ein gutes Werk dafür haben
Sie bereits getan, obwohl Sie also es
wollten, das Werk wollten, so gern
Zeitige Zeus zur Reife,
Mehr' in den Triften umher segnend der Herden
Gedeihn;
Die Gottheit, euch gewähr sie alles!
Dreinjauchz hellen Gesanges
Der Götterchor der Musen,
Lautren Lippen entschweb ihr Lied
leierbeschwingten Klanges.
Vierte Strophe
Entehrend hüte seiner Ehren
Das freie Volk, des Geheiß die Stadt lenkt
Behutsam willengleicher Lenkung;
Den Fremden gönnt wohlbedacht, [S. 44]
Bevor der Kampf wild erwacht,
Ihr gutes Recht sonder Schmach und Kränkung!
Vierte Gegenstrophe
Der Heimat Götter immer ehre,
Wer wohnt im Land, nach dem Brauch der Väter
Lorbeergeschmückt im Opferstiergeleite.
Der Älteren Furcht fort und fort,
Das ist der drei drittes Wort,
Die Dike vorschrieb, die hochgeweihte! –
DANAUS
Children, take heart; they who decreed to aid
Thy cause will arm for battle, well I ween.
CHORUS
But desperate is Aegyptus' ravening race,
With fight unsated; thou too know'st it well.
(antistrophe 1)
In their wrath they o'ertake us; the prow is deep-dark
In the which they have sped,
And dark is the bench and the crew of the bark!
DANAUS
Yea but a crew as stout they here shall find,
And arms well steeled beneath a noon-day sun.
CHORUS
Ah yet, O father, leave us not forlorn!
Alone, a maid is nought, a strengthless arm.
(strophe 2)
With guile they pursue me, with counsel malign,
And unholy their soul;
And as ravens they seize me, unheeding the shrine!
90
wollten, so gern, das Antlitz betend
zum Himmel streckten, ein gutes Wort
einlegten, gute Worte einlegen ließen
in Einsiedegläser, wo sie jetzt kochen
vor Wut, o Herr, gib Gummi, gib Opel,
ich bin der richtige Herr dafür, so
sprachen Sie, wir verstehen Sie gut,
und dazu auch noch ein
grundlegendes Verständnis für die
Opel-Welt, die haben Sie ja, da
brauchen Sie nichts zu lernen, das
Verständnis haben Sie für die OpelWelt, wir jedoch, wir nur für die OpferWelt, du, Herr, für die Opel-Welt, der
du den Grund legtest, so gern einen
Grundstein für ein neues Opel-Werk
draufgelegt hättest: Es gibt allerdings
mehr als nur Profit machen können,
Profit allein würde nicht reichen, es
gibt zu viele Werke, besonders OpelWerke, ganz besonders die, sie
werden jetzt geschlossen, wir aber
wollen nicht geschlossen werden, wir
wollen nicht eingeschlossen und
abgeschoben werden, wir wollen uns
mit Hintergründen und
Zusammenhängen
Danaos:
So weise Wünsche, liebe Kinder, lob ich ganz.
Ihr aber müßt nicht bange werden, wenn ihr jetzt
Ein unerwartet neues Wort vom Vater hört.
Von dieser flüchtlingschützenden Warte seh ich dort
Ihr Schiff – denn nicht trügt's, leicht erkennbar,
meinen Blick –,
Der Segel Flattern und das stolze Doppeldeck,
Die Stirn des Kiels, fernher den Blick auf uns
gewandt,
Des Steuerruders allgewaltgem Machtgebot
Nur zu gehorsam, aber gar feindselig uns.
Schon ist die Mannschaft kenntlich, ihre
schwärzlichen
Gestalten blicken unter weißen Hemden vor,
Schon auch die andern Schiffe dort, der
Verbündeten
Geschwader; jetzt das Vorschiff unterm Ufer zieht
Das Segel ein, fährt schweren Ruderschlags ans
Land.
Jetzt mögt bedachtsam, ungestörten Ernstes ihr,
Den Blick zum Ufer, unverwandt zu den Göttern
flehn.
Ich aber will euch Hilf und Schutz zu holen gehn.
DANAUS
Fair will befall us, children, in this chance,
If thus in wrath they wrong the gods and you.
CHORUS
Alas, nor tridents nor the sanctity
Of shrines will drive them, O my sire, from us!
(antistrophe 2)
Unholy and daring and cursed is their ire,
Nor own they control
Of the gods, but like jackals they glut their desire!
DANAUS
Ay, but Come wolf, flee jackal, saith the saw;
Nor can the flax-plant overbear the corn.
LEADER OF THE CHORUS
Lustful, accursed, monstrous is their will
As of beasts ravening-'ware we of their power
DANAUS
Look you, not swiftly puts a fleet to sea,
Nor swiftly to its moorings; long it is
Or e'er the saving cables to the shore
Are borne, and long or e'er the steersmen cry,
The good ship swings at anchor-all is well.
91
auseinandersetzen, bevor man uns
auseinandersetzt, weil wir reden, weil
wir schwätzen während des
Unterrichts. Wir sind nicht still, obwohl
wir das sein sollten, dies ist eine
Kirche!, wir dürfen ja auf Probleme
und Lösungen zumindest hinweisen,
nein, dürfen wir nicht, denn wir
gehören noch nicht dazu, und wir
werden nie dazugehören, das sehen
wir schon, obwohl wir uns schon eine
Meinung gebildet haben, doch wer will
sie hören, und wie schaut die denn
überhaupt aus? Obwohl wir
unvoreingenommen sind, glauben
Sie, wir wollen Sie vereinnahmen, und
deswegen einvernehmen Sie uns,
deswegen werden wir zur
Einvernahme geführt, oft, ständig,
meist unerwartet, werden geführt wie
Tiere, wie wild gescheucht durch die
Gänge des Heims, das nicht unseres
ist. Hier steht aber, ja, hier steht es
doch!, daß wir uns offen und
unvoreingenommen, ach so,
unvoreingenommen, nicht
unvereingenommen, äußern sollen,
Chorführerin:
Doch könnt ein Herold oder Bote leicht sich nahn,
Der uns zurückheischt, mit sich uns als Sklavin reißt!
Danaos:
Nein, das geschieht nicht, Kinder, zittert nicht davor.
Chor:
Doch besser, aufzuschieben noch den Hilferuf,
Um deiner Hilfe, Vater, nicht entblößt zu sein.
Danaos:
Habt Mut; dereinst muß doch am Tag, der ihm
gesetzt,
Den Frevel büßen, wer die Gottheit frech verletzt.
Longest of all, the task to come aland
Where haven there is none, when sunset fades
In night. To pilot wise, the adage saith,
Night is a day of wakefulness and pain.
Therefore no force of weaponed men, as yet,
Scatheless can come ashore, before the bark
Lie at her anchorage securely moored.
Bethink thee therefore, nor in panic leave
The shrine of gods whose succour thou hast won.
I go for aid-men shall not blame me long,
Old, but with youth at heart and on my tongue.
(DANAUS departs as the CHORUS sings in terror.)
CHORUS (strophe 1)
O land of hill and dale, O holy land,
What shall befall us? whither shall we flee,
From Apian land to some dark lair of earth?
O would that in vapour of smoke I might rise to the
clouds of the sky,
That as dust which flits up without wings I might pass
and evanish and die!
(antistrophe 1)
I dare not, I dare not abide: my heart yearns, eager
to fly;
And dark is the cast of my thought; I shudder and
92
daß wir jemand sind, daß wir jemand
seien, der eine Meinung hat und sie
äußert, aufs äußerste äußert, wir
sollen uns nicht scheuen, uns zu
äußern, das Geseufze, die Tränen,
die dumpfe Wehmut, die sollen wir
daheim lassen, jetzt sollen wir uns
äußern, frei und offen, denn mit einer
offenen Haltung ist es besser,
verstehen zu lernen, und das
bedeutet, Demokratie zu ermöglichen,
bedeutet aber nicht, dir, Herr, den
Opelkauf zu ermöglichen, nicht einmal
mit der russischen Bank, nicht einmal
mit der Sberbank, auch nicht mit der
Sparbank, die unser Geld spart, das
wir nicht haben, nicht aber ihres, nicht
das der Bank, da wird nicht gespart,
und nicht einmal wenn wir eine
russische Banknachbarin kriegen, die
durch Sie und mit Ihrer Hilfe expresseingebürgert wurde, ja, die
wunderbare Sängerin, die Schöne, ja,
die schon auch, die singt wirklich
wunderbar, wie Samt, die verdient es
wirklich, wer, wenn nicht sie, auch für
die Zukunft, die verdient es für immer
Chor:
Ich zittre, Vater! Ihre Schiffe schnellbeschwingt,
Sie nahn! Dahin fliegt schnell die allzu kurze Zeit!
Erste Strophe
Ja, und es hält mich bangzweifelnde Angst gebannt,
Ob mir ein Heil nicht fernbergende Flucht noch beut!
Und ich vergeh vor Angst, Vater, oh!
Danaos:
Weil Argos' Ausspruch fest und abgeschlossen,
Kind,
Sei ruhig; für dich kämpfen sie, ich weiß es klar.
Chor:
Entsetzlich sind Aigyptos' Söhne, frevelkühn,
Kampfunersättlich, Vater, ach, du weißt es ja!
Erste Gegenstrophe
Und in den Schiffen, schwarzbordig und
weitgebaucht,
Schifften sie her in kühn glückendem Frevelmut,
Ein ungezählt, ein schwarzwimmelnd Heer!
Danaos:
Und viele gleichfalls finden sie hier, die kampfgeübt
Im Schweiß des Mittags abgehärtet Brust und Arm.
tremble for fear.
My father looked forth and beheld: I die of the sight
that draws near.
And for me be the strangling cord, the halter made
ready by Fate,
Before to my body draws nigh the man of my horror
and hate.
Nay, ere I will own him as lord, as handmaid to
Hades I go!
(strophe 2)
And oh, that aloft in the sky, where the dark clouds
are frozen to snow,
A refuge for me might be found, or a mountain-top
smooth and too high
For the foot of the goat, where the vulture sits lonely,
and none may descry
The pinnacle veiled in the cloud, the highest and
sheerest of all,
Ere to wedlock that rendeth my heart, and love that
is loveless, I fall!
(antistrophe 2)
Yea, a prey to the dogs and the birds of the mount
will I give me to be,From wailing and curse and pollution it is death, only
death, sets me free:
93
und bekommt es auch, o könnten wir
einen Augenblick dort liegen, nein,
nicht auf ihr, nicht unter ihr, wo
denken Sie hin, nur so weich sollte
das einmal sein, für eine Stunde,
worauf wir uns betten dürfen, bis wir
vielleicht einmal ein echtes Bett
kriegen. Wir warten, wir warten immer
nur, unser Leben ist Warten,
unzählige Opel müssen ja auch
gewartet werden, Entschuldigung,
aber das paßt doch hierher, oder?, wir
warten einvernehmlich auf unsere
Einvernahme, wir lassen uns von der
falschen Seite vereinnahmen, sagt
man uns, das sagt man uns ständig,
jetzt grade sagen wir es selber, weil
es uns gesagt wurde. Wenn wir nicht
auf die falsche Seite hörten, würde
unsre Strafe jetzt nämlich endigen für
uns Elendige, aber das glauben wir
nicht, wir haben so oft geschwiegen,
und was ist passiert?, nichts ist
passiert, wir haben auf die falsche
Seite gehört, aber diese Seite sehen
wir nicht mehr, also können wir sie
auch nicht aufschlagen, welche,
Chor:
Nur laß allein mich, Vater, nicht; ich bitte dich!
Allein vermögen Mädchen nichts, uns fehlt der Mut.
Zweite Strophe
Niedrigen Sklavensinns, niedrigen Truges voll,
Werden sie Raben gleich im ruchlosen Geist
Nicht des Altares achten!
Danaos:
Gar schön, o Kinder, wird es uns zunutze sein,
Wenn euch und die Gottheit sie zugleich
anfeindeten.
Chor:
Nicht diesen Dreizack, nicht der Götter Heiligtum
Scheun, Vater, die, nicht lassen sie von uns ihre
Hand.
Zweite Gegenstrophe
Jene, zu stolz bewußt ihrer verruchten Macht,
In wahnsinniger Gier hündischen Blickes frech,
Scheuen die Götter nimmer!
Danaos:
Es heißt das Sprichwort: Wölfe seien mächtiger
Let death come upon me before to the ravisher's bed
I am thrust; What champion, what saviour but death
can I find, or what refuge from lust?
(strophe 3)
I will utter my shriek of entreaty, a prayer that shrills
up to the sky,
That calleth the gods to compassion, a tuneful, a
pitiful cry,
That is loud to invoke the releaser. O father, look
down on the fight;
Look down in thy wrath on the wronger, with eyes
that are eager for right.
Zeus, thou that art lord of the world, whose kingdom
is strong over all,
Have mercy on us! At thine altar for refuge and
safety we call.
(antistrophe 3)
For the race of Aegyptus is fierce, with greed and
with malice afire;
They cry as the questing hounds, they sweep with
the speed of desire.
But thine is the balance of fate, thou rulest the
wavering scale,
And without thee no mortal emprise shall have
strength to achieve
94
meinen Sie, ist die falsche Seite,
Entschuldigung, Herr, sind vielleicht
Sie die falsche Seite, die jemanden
einvernehmen will? Nein, das können
Sie nicht sein, der Herr ist alles, er ist
jede Seite, er ist überall, er ist über
allem, er kann jederzeit umgeblättert
werden, und auch dort wird er uns
den Herrn zeigen und sich interessiert
und kritisch etwas aneignen, hier
stehts, lesen auch Sie es nach!,
nachdem er sich alles andre schon
angeeignet hat, der Herr, kann er sich
Kunst und Kultur auch aneignen, wen
interessierts. Ihn nicht. Ihn zuallerletzt.
Den Herrn interessieren Kunst und
Kultur nicht, auch wenn er es sagt. Ist
so. Dem Auge wird nur enger die
Rundung, zwei Füße streben nicht
mehr auf, Gebrüll erschallt nicht mehr,
wenn Kunst erschallt, das wäre blöd,
man würde nichts und niemand mehr
hören. Wenn vor Furcht abbricht das
Wort, dann versuchen wir es halt noch
einmal. Du, Herr, bist offen für Neues,
Fremdes? Nein, bist du nicht. Aber wir
sollen es sein, du Herr, jetzt kommts,
Denn Hunde; Byblos' Schilf bezwingt die Ähre nicht.
Chor:
Es nährt ihr Sinn graunhafter, allentsetzlicher
Scheusale Wut; drum mußt du hüten ihre Macht.
Danaos:
Nein, so geschwind ist nicht der Schiffsgeschwader
Fahrt
Und Landung, nicht der Taue sichrer Halt so schnell
Ans Land zu bringen, noch vertraun dem
Ankergrund
Der Schiffe wohlbedächtge Hirten sich sogleich,
Zumal da hier sie hafenlosen Ufern nahn.
Die Nacht, zu der schon Helios niedersteigt, sie
pflegt
Dem treuen Bootsmann Furcht zu bringen und
Gefahr,
So wäre selbst, sich auszuschiffen, nicht dem Heer
Ratsam, eh gut geredet. Habe du nur acht,
In deiner Angst die Götter nicht zu lassen, bang
Nach Hilfe. Selbst der Stadt ein Bote, geh ich fort,
Obschon ein Greis, doch Jüngling noch an Geist und
Wort. –
(Danaos kehrt mit Gefolge zur Stadt zurück)
or prevail.
(The CHORUS rushes to the altar during the final
part of the song.)
Alack, alack! the ravisherHe leaps from boat to beach, he draweth near!
Away, thou plunderer accurst!
Death seize thee first,
Or e'er thou touch me-off! God, hear our cry,
Our maiden agony!
Ah, ah, the touch, the prelude of my shame.
Alas, my maiden fame!
O sister, sister, sister, to the altar cling,
For he that seizeth me,
Grim is his wrath and stern, by land as on the sea.
Guard us, O king!
(The HERALD OF AEGYPTUS enters with
attendants. The lines in the following scene between
the HERALD and the CHORUS are sung and are
accompanied by a frenzied symbolic dance.)
HERALD OF AEGYPTUS
Hence to my barge-step swiftly, tarry not.
CHORUS
Alack, he rends-he rends my hair! O wound on
wound!
Help! my lopped head will fall, my blood gush o'er
95
du bist nicht Präsident, aber wahrlich,
wir sagen dir: Frag, was du für die
anderen tun kannst, nicht, was die
anderen für dich tun können! Hier
steht das. War das nicht schon?
Vielleicht. Aber hier steht es. Uns
fehlen die Worte. Wir brauchen sie
auch nicht, denn das ist beantwortet,
hat sich selbst und von selbst
beantwortet, das ist bereits ohne
Einvernahme beantwortet worden,
wahrheitsgemäß selbstverständlich:
Du hast die russische PräsidentenPrinzessin eingebürgert, und die
anderen sollen irgendwas andres
dafür tun, keine Ahnung, aber die
andren sind in Amerika, und sie
haben gar nichts für dich getan. Du
hast die russische Präsi-Prinzessin,
von deren Präsenz hier wir noch nie
gehört haben, mit dem Arm
umschlungen und hergetragen,
hergeschafft, sie zagt noch zu reden,
sie sagt gar nichts, sie wohnt hier
nicht, wo sie wohnen sollte, sie hat
das nur gemietet, jemand andrer hat
es für sie gemietet, sie mußte dafür
the ground!
Erste Strophe
Chor:
Du holmreich Land! Du teures Heiligtum!
Was werd ich dulden, ach, in Apia wohin
Entfliehn, wo dunkle Stätte finden, auszuruhn?
Ein schwarzer Rauch möcht ich fliehn,
Zeus' Wolken nah von hinnen ziehn,
Lautlos verschwinden,
Möcht ein leiser, leichter Staub,
Emporgeweht, flügellos verfliegen!
Erste Gegenstrophe
Nein, fluchtlos bliebe hier nicht meine Furcht!
Und dunkelwogend pocht das Herz in meiner Brust!
Des Vaters Wort, es traf mich, ich vergeh vor Angst!
–
So werd der Tod eh mein Teil,
Hoch aufgeknüpft im bittren Seil,
Eh diesen Busen
Rührt der Gottverfluchten Hand,
Eh will ich tot, will ich des Todes Raub sein!
Zweite Strophe
Wo find ich einen Ort mir hoch in luftger Höh,
HERALD OF AEGYPTUS
Aboard, ye cursed-with a new curse, go!
CHORUS
Would God that on the wand'ring brine
Thou and this braggart tongue of thine
Had sunk beneath the mainThy mast and planks, made fast in vain!
Thee would I drive aboard once more,
A slayer and a dastard, from the shore!
HERALD OF AEGYPTUS
Be still, thou vain demented soul;
My force thy craving shall control.
Away, aboard! What, clingest to the shrine?
Away! this city's gods I hold not for divine.
CHORUS
96
nicht erscheinen, sie ist gar nicht da,
nie gewesen, und jetzt ist sie sowieso
wieder weg. Keiner hat sie gesehn.
Oder er soll sich sofort melden.
Wir aber, wir könnten etwas tun, wir
würden sogar gern etwas tun, aber
vielleicht wäre es das Falsche, doch
wir würden etwas tun, denn nicht
hemmen könnten wir die Flucht dieser
Jungfrau, die inzwischen sicher schon
wieder ganz woanders ist. So. Alles
beginnt ja mit einem schlichten
Regen, nein, nicht dem, der Segen
bringt, da müßte man sich ja selber
regen, aber das dürfen wir nicht, wir
dürfen uns nicht regen, ausgerechnet
wir, die es so gern wollten, dürfen uns
nicht regen, wir dürfen keinen Segen
bringen, und dieser Regen, dieses
Jahrhunderthochwasser damals, das
war der Beweis, daß wir nichts
machen konnten, daß Regen nicht
unbedingt Segen bringt, egal, ob wir
was machen oder nicht, so, wir holen
weiter aus, treffen aber niemand
dabei: Katastrophenalarm,
Feuerwehr, Bundesheer,
Um den die nebelfeuchte Wolke wird zu Schnee,
Ein stilles, jähes, gemseneinsames,
abgrundschwindelndes,
Adlernistendes Felsgehäng,
Tiefen Sturzes Zeuge mir,
Eh dieser Brautnacht dunkelem Fluch mein
brechend Herz anheimfällt?
Zweite Gegenstrophe
Dann auch der Hunde Beute, dann der nagenden
Raubvögel Mahl zu werden, ich erduld es gern!
Der Tod allein, er macht von wehklagebittrem
Jammer frei!
Komme, Tod, denn! Komm herbei,
Vor der Brautnacht mach mich frei!
Wo kann ich einen Weg mir erspähn, wo dieser
Banden Lösung?
Dritte Strophe
Oh, jammert laut zum Himmel empor
Den Ewigen flehenden Gesang,
Allendenden mir, zuwendenden mir,
Was mir fehlt; was mich quält, o Vater, du sieh's! –
Gewalt zu schaun, dein allgerecht
Aid me, ye gods, that never, never
I may again behold
The mighty, the life-giving river,
Nilus, the quickener of field and fold!
Alack, O sire, unto the shrine I clingShrine of this land from which mine ancient line did
spring!
HERALD OF AEGYPTUS
Shrines, shrines, forsooth!-the ship, the ship be
shrine
Aboard, perforce and will-ye nill-ye, go!
Or e'er from hands of mine
Ye suffer torments worse and blow on blow.
CHORUS
Alack, God grant those hands may strive in vain
With the salt-streaming wave,
When 'gainst the wide-blown blasts thy bark shall
strain
To round Sarpedon's cape, the sandbank's
treach'rous grave.
HERALD OF AEGYPTUS
97
Nachbarschaftshilfe, ja, hier stehts,
alles macht sich auf die Socken, alles
läuft auf Hochtouren, alles regt sich,
alles bewegt sich, um
Überschwemmungen, ja, auch die von
Menschen wie uns, wir würden Sie
glatt überschwemmen, wenn man uns
ließe, wir würden
Überschwemmungen aber auch
wieder aufwischen, wenn nötig mit
unseren Haaren, und Gummistiefel
treiben wir auch noch auf, ehrlich,
wenn das Wasser vom Äther zur Erde
hinabfährt, würden wir ihm das Gas
abdrehn und es aufhalten, da haben
Sie recht, alles, alles rückt aus, um
Überschwemmungen zu verhindern
und noch Schlimmeres zu verhindern,
uns zu verhindern, zu verhindern, daß
Menschen, Menschenzüge Sie
überfluten, ein wahres, nein, ein
unwahres Meer, ein Meer zum Meer,
ein Meer ins Meer, wo sie enden, wo
sie endlich enden, und schon sind es
einige weniger, die da sind, dafür
kommen immer mehr, in
entscheidenden Zügen, in schon auf
Auge begehrt es nicht; zu uns schaue; wir flehn
Zu dir, Zeus, Walter der Welt, Allmächtger! –
Dritte Gegenstrophe
Aigyptos' Söhne, frevelerfrecht,
Zu unerträglichem Gelüst
Nachstürmend in wilder Jagd, mich zu fahn,
Mich Scheue scheuchen sie wilden Geschreis,
Gewalt bereit mir anzutun.
Dein ist der Waage Zünglein; was könnte der
Mensch,
Wenn du, Zeus, nicht es erfüllst, erfüllen? –
Da, die Räuber von den Schiffen am Gestad!
Räuber, eh versinket!
Neue landen!
Ich erhebe lauten Angstruf!
Sie rüsten, ich seh es genau, schon zu unserm
Unheil Gewalt!
Weh uns! Weh uns! Komm und errett uns Flüchtge!
Fürchterlich wimmelt's und schwillt's, grausig vom
Schiff zum Ufer!
Fürst! Fürst! Beschirm uns! –
(Der Chor flüchtet auf den Hügel an die Altäre; ein
Shrill ye and shriek unto what gods ye may,
Ye shall not leap from out Aegyptus' bark,
How bitterly soe'er ye wail your woe.
CHORUS
Alack, alack my wrong!
Stern is thy voice, thy vaunting loud and strong.
Thy sire, the mighty Nilus, drive thee hence,
Turning to death and doom thy greedy violence!
HERALD OF AEGYPTUS
Swift to the vessel of the double prow,
Go quickly! let none linger, else this hand
Ruthless will hale you by your tresses hence.
CHORUS
Alack, O father! from the shrine
Not aid but agony is mine.
As a spider he creeps and he clutches his prey,
And he hales me away.
A spectre of darkness, of darkness. Alas and alas!
well-a-day!
O Earth, O my mother! O Zeus, thou king of the
earth, and her child!
98
dem Wasser verscheidenden
verschiedenen Booten, sie kommen,
und das muß verhindert werden, das
sehen wir ein, Menschen wie wir
gehören eingezäumt, nein,
eingezäunt, Entschuldigung, gezähmt
gehören wir Wilden, damit wir Sie
nicht überschwemmen, nein, nein,
das darf nicht sein, das zeigt, wie
wichtig Hilfe ist und solidarische
Zusammenarbeit gegen uns, in Krisen
besonders, ja, auch im Alltag, ja, aber
in Krisen besonders, da müssen wir
Menschenfluten verhindert werden, da
sind Sie solidarisch mit sich selbst,
das müssen Sie sein, mit wem denn
sonst, in erster Linie mit sich selbst,
ja, und da helfen Sie mit der
Nachbarschaft zusammen, daß wir
Sie nicht überrennen wie Wasser, da
sind Sie solidarisch,
Einsatzbereitschaft natürlich
vorausgesetzt, denn die ist nun mal
nicht natürlich, nicht von Natur aus, ja,
und da ist diese Bereitschaft ja schon,
bravo!, denn Sie haben offenbar
immer Bereitschaftsdienst, wenn es
ägyptischer Herold kommt mit dem Heroldstab und
zahlreichen Begleitern vom Strand her)
Turn back, we pray thee, from us his clamour and
threatenings wild!
HERALD OF AEGYPTUS
Peace! I fear not this country's deities.
They fostered not my childhood nor mine age.
Herold:
Fort nun, fort, in die Barken geschwind! geschwind!
Ihr säumt? ihr säumt? fortreißt, fortschleift,
Peitscht sie fort, mit dem Blutbeil
Schneidet das blutende Haupt vom Rumpf! –
CHORUS
Like a snake that is human he comes, he shudders
and crawls to my side:
As an adder that biteth the foot, his clutch on my
flesh doth abide.
O Earth, O my mother! O Zeus, thou king of the
earth, and her child!
Turn back, we pray thee, from us his clamour and
threatenings wild!
HERALD OF AEGYPTUS
Swift each unto the ship; repine no more,
Or my hand shall not spare to rend your robe.
Erste Strophe
Fort denn, fort in das Verderben, Verderben, fort an
Bord!
Wandert zum Ufer hinab,
Längs den Weg am Gestad,
Herrischen Hohnes verlacht,
CHORUS
O chiefs, O leaders, aid me, or I yield!
HERALD OF AEGYPTUS
Peace! if ye have not ears to hear my words,
99
gilt, uns einzudämmen, einzusperren
und schließlich einzuschließen und
mit dem Flieger zu entfernen, der
immer so wackelt, weil man einem
den Mund verboten, äh, verbunden
hat, und dann ist er halt erstickt, der
eine, der andre sicher auch noch. Ist
so, wenn man nicht atmen kann, das
ist ganz einfach, im Wasser kann man
das ja auch nicht, das versteht jeder.
Da müssen Sie solidarisch und
einsatzbereit ein, stets bereit, sich für
sich selbst einzusetzen, und wenn
noch Platz ist, wenn noch Kraft und
Energie in Ihnen, Sie Riegel, gemischt
mit wertvollen Getreideprodukten, Sie
selbst ein Produkt, wir sehen nur
nicht, von wem oder was, wenn noch
eine Kraft in Ihnen vorhanden ist,
dann helfen Sie einander gegenseitig,
uns hinauszuschmeißen, das ist
wichtig für Ihren sozialen Frieden und
den Zusammenhalt Ihrer Gesellschaft.
Das sehen auch wir ein. Das sehen
wir. Sie haben es schon längst
gesehen. Das sehen jetzt auch wir
ein. Das setzt Einsatzbereitschaft
Während des Wegs mit geknotetem Riem
Blutig gepeitscht, so kommt ihr an Bord,
Sklavinnen jetzt und allezeit;
Ich gebiet euch, der Macht zu weichen!
Es betrog euch Wunsch und Schicksal.
Chor:
Weh uns! Weh uns!
Herold:
Fort von den Sitzen, in die Barken fort!
Du der heimischen Weihen Entweiherin!
Erste Gegenstrophe
Chor:
Nie seh ich wieder den fruchtüppigen heimischen
Strom,
Der ein verführerisch Blut
Liebesempfänglicher Lust entzündet!
Ich Ahnenerlauchte bin heilig
Am Altar, am Altar, o Greis!
Herold:
Zu den Barken, den Barken geschwind hinweg,
Lo, by these tresses must I hale you hence.
CHORUS
Undone we are, O king! all hope is gone.
HERALD OF AEGYPTUS
Ay, kings enow ye shall behold anon,
Aegyptus' sons-Ye shall not want for kings.
(The KING OF ARGOS enters with his retinue.)
THE KING OF ARGOS
Sirrah, what dost thou? in what arrogance
Darest thou thus insult Pelasgia's realm?
Deemest thou this a woman-hearted town?
Thou art too full of thy barbarian scorn
For us of Grecian blood, and, erring thus,
Thou dost bewray thyself a fool in all!
HERALD OF AEGYPTUS
Say thou wherein my deeds transgress my right.
THE KING OF ARGOS
First, that thou play'st a stranger's part amiss.
HERALD OF AEGYPTUS
Wherein? I do but search and claim mine own.
100
voraus, und die haben Sie. Darüber
müssen wir gar nicht erst reden. Wer
würde es auch hören? Nicht einmal
die Flut des stygischen Sumpfes
würde uns hören, und die hört alles,
jeden, der reinwill, und den hält sie
dann fest. Bei Ihnen: umgekehrt, Sie
hauen jeden raus. Die Kuh soll auch
aufpassen, daß sie nicht hineintritt in
den Sumpf, mit diesen Schuhen, die
sie da trägt, wird sie nicht weit
kommen. Ihre Rundungen würden
dadurch aber um nichts menschlicher,
hier stehts, in dieser Zeitschrift steht
das.
Wir sind ja viele, aber gleichzeitig
wenige, wir sind das Rinnsal, das
später dann aus dem Tiefkühlwagen
rinnt, wenn wir endlich erfroren sind
und dann wieder auftauen,
geschleppt, gewaschen, nein, das
nicht, aber geschleudert auf der
Autobahn zwischen schönen
Aufbauten Ihrer Kultur, immer höher,
immer weiter, dem Lärmschutz
dienend, nicht unserem Schutz, das
wäre doch nicht nötig gewesen!,
Ob du magst, ob versagst.
Mit Gewalt, mit Macht und Gewalt hinweg jetzt!
Und herabsteigt, eh zuvor ihr es büßt,
Eh bewältigt ihr sinkt! –
Zweite Strophe
Chor:
Wehe! Wehe!
Sinken mußtest du selbst unrettbar
In die peitschende Meerflut,
Zu den vielsandigen Untiefen Sarpedons hinaus,
Von den Stürmen der Nacht verschlagen.
Herold:
Wehklag und schrei und jammre nach der Götter
Schutz,
Du entrinnst Aigyptos' Barken nun und nimmermehr!
Wehklag und schrei noch jammerlauter deinen
Schmerz!
Zweite Gegenstrophe
Chor:
Wehe! Wehe!
Grausiges Unheil gähnt vom Strand her!
Der du sprachst, du erfreust dich
In Verruchtheit; daß, o Allfrechster, des Nil
Flutengrab
THE KING OF ARGOS
To whom of our guest-champions hast appealed?
HERALD OF AEGYPTUS
To Hermes, herald's champion, lord of search.
THE KING OF ARGOS
Yea, to a god-yet dost thou wrong the gods!
HERALD OF AEGYPTUS
The gods that rule by Nilus I revere.
THE KING OF ARGOS
Hear I aright? our Argive gods are nought?
HERALD OF AEGYPTUS
The prey is mine, unless force rend it from me.
THE KING OF ARGOS
At thine own peril touch them-'ware, and soon!
HERALD OF AEGYPTUS
I hear thy speech, no hospitable word.
THE KING OF ARGOS
I am no host for sacrilegious hands.
101
Bauten aufzustellen, die wir nicht
sehen, na sowas, dieses Auto hat
überall Wände, man kann nicht
rausschauen, man sieht nichts, gar
nichts, und doch, wir sind so viele,
und doch, man sieht auch umgekehrt
uns nicht, man setzt sich für einen
Einsatz ein, aber für uns nicht, denn
ja, hier steht es geschrieben, in
diesem heiligen Buch stehts
geschrieben, ich bin Gott, dein Herr,
nein, ich bin dein Gott, dein Herr,
nein, der auch nicht, du sollst an
einen Gott glauben, na ja, aber an
welchen? Da ist einer, der uns in der
Hand hat, der unser Fallen in der
Hand hat und uns wohl auch selber
fällt. Einer. Gut. Wir aber, wir müssen
uns verteilen, wir müssen doch
verteilen den Herrn auf viele, denn
viele wollen unsere Herren sein und
uns fortschaffen, sie wollen uns den
Herrn zeigen, wir haben ihn ja noch
nie gesehn, dürfen ihn auch nicht
sehn, wie sollen wir ihn erkennen?,
dieses Auto hat an den Seiten keine
Fenster, nein, so viele wollen ihn uns
Dich hinabschläng im Gericht des Frevels.
Herold:
Fort! fort! gebiet ich! fort zum Schiff, schon steht's
gewandt
Fort! fort! beeilt euch! säume länger keine hier!
An den Haaren fortgerissen, zwingt man sonst sie
leicht.
Dritte Strophe
Chor:
Weh, Vater! Fluch war mir der Schutz des Altars!
Langschreitend, spinnegleich,
Gespenst, Gespenst, so schwarz! –
Gâ! Gâ! Gnad uns!
Wend ab dieses entsetzliche Graun!
O Zân, Gâs Sohn, hilf!
Herold:
Ich fürchte nicht die Götter dieses fremden Volks,
Die nicht mich nährten, nicht mich schützend altern
sahn!
Dritte Gegenstrophe
HERALD OF AEGYPTUS
I will go tell this to Aegyptus' sons.
THE KING OF ARGOS
Well it I my pride will ponder not thy word.
HERALD OF AEGYPTUS
Yet, that I have my message clear to say
(For it behoves that heralds' words be clear,
Be they or ill or good), how art thou named?
By whom despoiled of this sister-band
Of maidens pass I homeward?-speak and say!
For lo, henceforth in Ares' court we stand,
Who judges not by witness but by war:
No pledge of silver now can bring the cause
To issue: ere this thing end, there must be
Corpse piled on corpse and many lives gasped forth.
THE KING OF ARGOS
What skills it that I tell my name to thee?
Thou and thy mates shall learn it ere the end.
Know that if words unstained by violence
Can change these maidens' choice, then mayest
thou,
With full consent of theirs, conduct them hence.
But thus the city with one voice ordained-
102
zeigen, diesen Herrn und ja, den dort
auch!, aber es gibt doch nur einen,
nur den einen Herrn, und den wollen
sie uns halt zeigen. Wie soll der für
alle reichen? Was sagt der? Haben
Sie verstanden, was der grade gesagt
hat? Ich bin der Anfang, der schuf,
Himmel und Erde, Verzeihung, das
Wasser natürlich auch!, das wird noch
gebraucht, das brauchen wir fürs
nasse Grab, so wird es auch gern
genannt von denen, die in
Wegrichtung Ertrinken unterwegs
sind, die schaffen das!, ach was,
Frieden ist wichtiger als schaffen, das
ist unsere persönliche Meinung, denn
sonst wird das Geschaffene ja wieder
zu Klump gehauen, ist uns auch
schon passiert, ist uns oft passiert in
den Ländern, aus denen wir kommen,
wo man uns umbringt, denn wer
schafft, darf auch wegschaffen, jeder
soll sich seinen Dreck alleine machen
und alleine wieder wegräumen,
logisch, das verstehen sogar wir, daß
wir weggeräumt werden müssen, da
wir uns, die Härte unserer Herrn
Chor:
Zweifüßige Schlange, schleicht es, züngelt's
Wutzischend, viperngleich,
Gift beißt es, beißt es ein!
Gâ! Gâ! Gnad uns!
Wend ab dieses entsetzliche Graun!
O Zân, Gâs Sohn, hilf! –
Herold (den Stab schwingend:)
Und gehst du nicht zum Schiffe, so erprobst du den!
Kein Fetzen soll uns dauern an deinem
Prunkgewand!
Chor:
Ihr Herrn in der Stadt! Ihr Fürsten! Helft! Helft!
Gewalt!
Herold:
So reiß ich endlich euch denn bei den Haaren fort,
Da ihr von selbst nicht folgen mochtet meinem Wort!
Chor:
Wir sind verloren! Herr! Herr! Gewalt dulden wir!
Herold:
No force shall bear away the maiden band.
Firmly this word upon the temple wall
Is by a rivet clenched, and shall abide:
Not upon wax inscribed and delible,
Nor upon parchment sealed and stored away.Lo, thou hast heard our free mouths speak their will:
Out from our presence-tarry not, but go!
HERALD OF AEGYPTUS
Methinks we stand on some new edge of war:
Be strength and triumph on the young men's side!
THE KING OF ARGOS
Nay but here also shall ye find young men,
Unsodden with the juices oozed from grain.
(The HERALD OF AEGYPTUS and his followers
withdraw.)
But ye, O maids, with vour attendants true,
Pass hence with trust into the fenced town,
Ringed with a wide confine of guarding towers.
Therein are many dwellings for such guests
As the State honours; there myself am housed
Within a palace neither scant nor strait.
There dwell ye, if ye will to lodge at ease
In halls well-thronged: yet, if your soul prefer,
Tarry secluded in a separate home.
103
anklagend, selber mitgebracht haben,
ein wenig geschleppt, ja, vielleicht,
hierher geschleppt, bis uns irgendwas
wieder fortträgt, eine andre Flut, zu
der wir dann selbst wurden, und oft
haben wir uns sogar gut gekühlt,
damit wir frisch ankommen und gleich
loslegen können. Manche sind gar
nicht mehr aufgestanden, wozu auch.
Doch der Staat schützt die Rechte,
alle, allerdings nicht unsere. Der Staat
macht eine gesetzliche Regelung,
aber diese Regel trifft auf uns nicht
zu, wir gehören ja nicht zu ihm,
diesem kostbaren Staat, den wir
zufällig getroffen haben, doch auf uns
trifft nichts zu, uns trifft man, aber es
trifft auf uns nichts zu. Die öffentliche
Hand, die schützt und nützt, in die
beißen wir, das heißt, wir würden sie
beißen, wenn wir sie je zu sehen
kriegen würden, wenn sie einen
Beitrag zu unserer Gesundheit leisten
würde, falls wir verschimmeltes,
abgelaufenes, verdorbenes Essen
kriegen auf der Alm, der Sau, der
Sau, der Alm, aber bitte
Ja, viele Herren, Aigyptos' Söhne, habt ihr gleich!
Fort! Nicht um Herrenlosigkeit beklagt ihr euch.
(Pelasgos mit Gefolge tritt auf)
Pelasgos:
Holla! Was machst du! Welche Frechheit kommt dir
bei,
Daß du pelasgischer Männer Land also entweihst?
Was! Dachtest du in einer Weiberstadt zu sein?
Barbar du, vor Hellenen trotzest du so frech?
Trotz aller Frechheit richtet doch nichts aus dein
Witz!
Herold:
Was nennst du Frechheit? Was ich beging ich
sonder Recht?
Pelasgos:
Als Fremder selbst nur dich zu nahn verstehst du
nicht.
Herold:
Wie das? Da ich Verlornes aufzusuchen her –
Pelasgos:
Auf welchen Schutzherrn hier im Land berufst du
Choose ye and cull, from these our proffered gifts,
Whiche'er is best and sweetest to your will:
And I and all these citizens whose vote
Stands thus decreed, will your protectors be.
Look not to find elsewhere more loyal guard. [p. 128]
CHORUS
(singing) O godlike chief, God grant my prayer:
Fair blessings on thy proffers fair,
Lord of Pelasgia's race!
Yet, of thy grace, unto our side
Send thou the man of courage tried,
Of counsel deep and prudent thought
Be Danaus to his children brought;
For his it is to guide us well
And warn where it behoves to dwellWhat place shall guard and shelter us
From malice and tongues slanderous:
Swift always are the lips of blame
A stranger-maiden to defameBut Fortune give us grace!
THE KING OF ARGOS
A stainless fame, a welcome kind
From all this people shall ye find:
Dwell therefore, damsels, loved of us,
Within our walls, as Danaus
104
Entschuldigung, wir sind hier in einer
Kirche, nein, jetzt nicht mehr, wir
waren es, wir sind dort auch fast
erfroren, wie im Tiefkühlwagen, aber
wir haben Ihren Herrn nicht
geschändet, und wir haben ihm nicht
geschadet, wir haben Ihrem
Gesundheitssystem nicht geschadet,
wir haben niemandem geschadet und
auch nichts gekriegt, vielleicht haben
wir einen Rasen beschädigt, doch wir
haben Ihrer öffentlichen Hand nicht
geschadet, wir haben nur genommen,
was man uns angeboten hat: Dreck,
Dreck, Dreck, aber wir haben ihn
gern, na ja, halbwegs gern
genommen, er kam ja von Ihnen, wir
haben geklagt, aber wir haben den
Dreck genommen, es wurde uns ja
nichts andres geboten, und wir haben
gefroren, wenn seufzend der Wind
durch die Rohre fuhr, lispelnder Klage
nicht ungleich, nicht aber Wärme.
Fangen wir noch einmal von vorne an,
es hat gar keinen Sinn, wenn Sie
nein! schreien, wir fangen wieder an,
und wir werden ohnedies nirgendwo
dich?
Allots to each, in order due,
Her dower of attendants true.
Herold:
Der größte Schutzherr, Hermes Allerforscher ist's.
Pelasgos:
Du sprichst von Göttern, die du ja selbst nicht
scheuen willst.
Herold:
Die Götter an des Niles Ufern ehren wir.
Pelasgos:
Doch nicht die unsern, eben hört ich's selbst von dir.
Herold:
Ich will sie achten, falls mir niemand diese raubt.
Pelasgos:
Du sollst's beweinen, wenn du sie anrührst, und das
gleich.
Herold:
Das heiß ich kein gastfreundlich Wort, das du mir
sagst.
Pelasgos:
(DANAUS re-enters. A troop of soldiers
accompanies him.)
DANAUS
High thanks, my children, unto Argos con,
And to this folk, as to Olympian gods,
Give offerings meet of sacrifice and wine;
For saviours are they in good sooth to you.
From me they heard, and bitter was their wrath,
How those your kinsmen strove to work you wrong,
And how of us were thwarted: then to me
This company of spearmen did they grant,
That honoured I might walk, nor unaware
Die by some secret thrust and on this land
Bring down the curse of death, that dieth not.
Such boons they gave me: it behoves me pay
A deeper reverence from a soul sincere.
Ye, to the many words of wariness
Spoken by me your father, add this word,
That, tried by time, our unknown company
Be held for honest: over-swift are tongues
To slander strangers, over-light is speech
To bring pollution on a stranger's name.
Therefore I rede you, bring no shame on me
105
hinkommen: Zusammenhalt und
Zusammenarbeit von der Basis bis
zur Staatsspitze soll bestehen, soll
bestehen, hier stehts schon, hier
bestehts schon, darauf bestehen Sie,
von uns aus soll das alles gern
bestehen, das zeichnet dieses Land,
diese Republik aus, ausgezeichnet,
sie ist ein ausgezeichnetes Land. Das
Wasser: auch ausgezeichnet! Doch
so viel davon haben wir wieder nicht,
daß wir Menschen hineinlassen
könnten in großer Zahl, das geht
nicht, da müssen die woanders hin,
wenn sie das unbedingt wollen, wenn
sie unbedingt weg wollen. Wir aber,
wir aber, kaum eingestiegen in die
Vernunft, schon wieder unter Wasser
dahintreibend und selber getrieben
wie Tiere, eins folgt dem anderen,
doch unseren Herren wollen wir nicht
folgen, die kennen wir gar nicht, wer
im Moment unser Herr ist, wissen wir
nicht, egal, wir aber, wir gehören nicht
dazu, denn wir gehören keinem, wir
gehören niemand, wir gehören nicht
zum Gemeinwesen, wir dürfen keinen
Auch bin ich Gastfreund Heiligtumesschändern
nicht.
Herold:
So komm und tu das selbst Aigyptos' Söhnen kund.
Pelasgos:
Dafür zu sorgen wäre meines Amtes nicht.
Herold:
Damit ich dessen kundig besser sagen kann –
Denn freilich Pflicht ist's, daß der Herold alles klar
Berichte –, wie, von wem beraubt denn nenn ich uns
Der verwandten Mädchen, wenn ich an Bord
zurückgekehrt?
Glaub nicht, mit Zeugen oder Spruch wird Ares hier
Entscheiden, nicht pflegt solchen Streit Vertrag und
Gold
In Frieden enden; nein, es muß entschieden sein
Durch manches Tapfern Ende, manches Lebens
Tod.
Pelasgos:
Wozu dir meinen Namen? Wenn du einst ihn hörst,
Wirst du ihn kennen und die mit dir hergeschifft. –
Mit ihres Herzens Wunsch und Willen magst du die
Now when man's eye beholds your maiden prime.
Lovely is beauty's ripening harvest-field,
But ill to guard; and men and beasts, I wot,
And birds and creeping things make prey of it.
And when the fruit is ripe for love, the voice
Of Aphrodite bruiteth it abroad,
The while she guards the yet unripened growth.
On the fair richness of a maiden's bloom
Each passer looks, o'ercome with strong desire,
With eyes that waft the wistful dart of love.
Then be not such our hap, whose livelong toil
Did make our pinnace plough the mighty main:
Nor bring we shame upon ourselves, and joy
Unto my foes. Behold, a twofold homeOne of the king's and one the people's giftUnbought, 'tis yours to hold,-a gracious boon.
Go-but remember ye your sire's behest,
And hold your life less dear than chastity. [p. 129]
LEADER OF THE CHORUS
The gods above grant that all else be well.
But fear not thou, O sire, lest aught befal
Of ill unto our ripened maidenhood.
So long as Heaven have no new ill devised,
From its chaste path my spirit shall not swerve.
(The members of the CHORUS divide into two
106
Beitrag leisten, wir sind für uns selbst
verantwortlich, oje. Nicht einmal für
diesen Feuerlöscher sind wir
verantwortlich, er ist ja auch gar nicht
da, was sollen wir machen, wenn wir
verbrennen, wir könnten nicht
löschen, das ist schon oft ausprobiert
worden, daß man dann nichts mehr
machen kann, wir sind ja auch
unverantwortlich, denn jemand andren
haben wir dafür nicht gefunden, einen
Unverantwortlichen finden Sie nicht,
einen Verantwortlichen, der sich so
verantwortet, daß man es glaubt,
finden Sie auch nicht; wir hätten uns
so gefreut, wir hätten uns gefreut wie
ein Gott über die frisch erfundene
Tonkunst oder den ganz neu
erfundenen Frauenraub, wir hätten
uns wahnsinnig gefreut, wir leisten
jeden Tag einen Beitrag, der in
unserem Fleisch besteht, zum Glück
nicht in dem, das wir bekommen, wir
wissen, Sie wollen uns nichts
rausschneiden, denn wo nichts ist, hat
sogar der Kaiser sein Recht verloren,
ja, Ihr Herr Bundespräsident auch,
Heimführen, falls dein ehrerbietig Wort es kann.
Vom ganzen Volk einstimmig ward auf vollem Markt
Beschlossen, niemals auszuliefern keiner Macht
Die Mädchen; fest und unverrückt an festem Stift
Wahrt dieses Volksbeschlusses Täflein jede Brust,
Der nicht in ehernen Tafeln eingeschrieben steht,
In Pergamentes Falten nicht versiegelt schweigt,
Nein, klar von meines Mundes unverhohlnem Wort
Hast du's gehört. Jetzt schnell aus meinen Augen
fort!
Herold:
Dies eine hör noch: du entflammst dir selbst den
Krieg;
Zu uns, den Männern, wird sich wenden Ruhm und
Sieg!
(Herold ab)
Pelasgos:
Als rechte Männer sollt ihr dieses meines Reichs
Bewohner sehn, nicht ärmlich,
gerstenmostberauscht. –
(Zu den Danaoskindern)
Ihr aber alle nebst den treuen Mägden geht
Getrosten Mutes nach der wallumschirmten Stadt,
Die sicher zuschließt ihrer Türme fester Bau.
groups, to sing the final choral lyric responsively.)
SEMI-CHORUS (strophe 1)
Pass and adore ye the Blessed, the gods of the city
who dwell
Around Erasinus, the gush of the swift immemorial
tide.
SEMI-CHORUS
Chant ye, O maidens; aloud let the praise of
Pelasgia swell;
Hymn we no longer the shores where Nilus to ocean
doth glide.
SEMI-CHORUS (antistrophe 1)
Sing we the bounteous streams that ripple and gush
through the city;
Quickening flow they and fertile, the soft new life of
the plain.
SEMI-CHORUS
Artemis, maiden most pure, look on us with grace
and with pitySave us from forced embraces: such love hath no
crown but a pain.
SEMI-CHORUS (strophe 2)
107
kein Recht mehr, aber dafür haben
alle immer recht, alle außer uns, wir
sind viele, aber wir gelten wenig, wir
zählen wenig und zahlen auch wenig,
das bringt wenig Geltung und wenig
Geld, Sie aber, Sie können zahlen,
das haben Sie bewiesen, an einer, die
floh vor gottloser Schmach [S. 66],
eine Kuh, nein, das kann jetzt nicht
stimmen, wurscht, die floh, halt vor
irgendwas floh, diese Russin, die nicht
Opel und nicht Bank herbeischaffen
konnte, das eine nicht das andre, also
die Bank nicht den Opel, nicht
umgekehrt, klar, der Opel kann nicht
mit Ihnen herumschaffen, der fährt,
wohin Sie wollen, und dorthin will
auch er, doch da war sie schon
Bürgerin, nicht die Bank, nein, die
heilige, die herrliche Kuh durch die
Mitwirkung dieses Herrn wurde sie
Bürgerin, ich schwöre, sie ist jetzt Ihre
Mitbürgerin, sie wäre in jedem Fall
gekommen, sanft mit zaubrischem
Stabe dieser Staat ihre
schmachtenden Augen berührt, und
schon war sie eine der Ihren, die ist
Und manch Gebäude findet ihr des Volkes dort,
So wie ich selbst auch nicht mit karger Hand gebaut.
Es ist so heimlich, eine Wohnung dicht und still
Zu haben mit den andern; doch gefällt's euch mehr,
So stehn zerstreute Häuschen auch für euch bereit.
Von alledem das Beste und Behaglichste
Steht euch zu Diensten. Wählet! Euer Schirm bin ich
Und alle Bürger, welche jenen Schluß gefaßt.
Erwartet nun ihr beßre Freunde noch denn uns? [S.
128]
(Pelasgos ab)
Chorführerin:
Was an uns du getan, dir lohn es sich reich,
Du Pelasgierfürst!
So send huldreich uns unseren treu
Versorgenden Vater zurück, des Rat
Und Gebot uns führt; der muß es zuvor
Noch bedenken, wo uns es zu wohnen sich paßt.
Denn an jeglichem Ort, wie er gastlich auch sei,
Sind Fremdlinge bald
Zum Gespött; doch es ende zum Besten! –
Yet not in scorn we chant, but in honour of
Aphrodite;
She truly and Hera alone have power with Zeus and
control.
Holy the deeds of her rite, her craft is secret and
might,
And high is her honour on earth, and subtle her sway
of the soul.
SEMI-CHORUS
Yea, and her child is Desire: in the train of his
mother he goethYea and Persuasion soft-lipped, whom none can
deny or repel:
Cometh Harmonia too, on whom Aphrodite
bestoweth
The whispering parley, the paths of the rapture that
lovers love well.
SEMI-CHORUS (antistrophe 2)
Ah, but I tremble and quake lest again they should
sail to reclaim!
Alas for the sorrow to come, the blood and the
carnage of war.
Ah, by whose will was it done that o'er the wide
ocean they came,
Guided by favouring winds, and wafted by sail and
108
zum Eingriff bereit, Sie zum
Eingreifen, notfalls auch in diese
Kirche, genau, ganz genau wie die
wunderbare, gut behaarte, gut
gestimmte Sängerin, herrlich gekleidet
immer, kostbar geschmückt, ja, das ist
eine, die es nicht nötig hat,
Stimmgabel zu werden, weil sie die
Gabe der Stimme bereits besitzt. Die
muß nicht die Gabel machen, nicht
die Beine breit für jeden, der ihr ein
Kurzvisum erteilt, eine
Arbeitserlaubnis, der muß man keine
Erlaubnis erteilen, die muß man
bitten, auf Knien bitten, weil sie die
Gabe dieser einmaligen
Sopranstimme besitzt, die Sie schon
so lang gesucht haben, es gab sie ja
nur einmal, nein, wo denken Sie hin!,
in Ihrer Handtasche finden Sie sowas
nicht. Nichts hemmt plötzlich diese
Stimme, die trotzt jeder Betäubung,
das hört man, die wird nur kräftiger
dadurch. Keine hat mehr Stimme,
keine gibt mehr Stimme, es gibt
überhaupt keine Stimme neben ihr,
und auch wir bekommen nicht Sitz,
by oar?
Erste Halbchorführerin:
Mit der Feier des Ruhms, mit dem Gruß des
Gesangs
Für des Volks Heil wollen wir einziehn.
Zweite Halbchorführerin:
Schart, teuere Mägde, zu uns euch so,
Wie Danaos einst euch jeder von uns
Als Dienerin schenkte zur Mitgift.
(Danaos kommt mit Geleit aus der Stadt zurück)
Danaos:
O Kinder, Argos' Bürgern müßt ihr weihn Gebet
Und Dank und Opfer und wie Göttern im Olymp
Gelübde; wahrlich eure Retter nennt ihr sie.
Was uns von unsrer übermütigen Vettern Stolz
Geschehn, sie hörten's mit gerechtem Zorn von mir;
Mein greises Haupt zu ehren, gaben sie sodann
Mir diese Lanzenknechte und Geleiter mit,
Daß unerwartet nicht ein feindlicher Speer den Tod
Mir brächte, Blutschuld nicht ihr Land besudelte.
Wenn's so begann, wird euer Antlitz doppelt gern,
Der schöne Spiegel eurer Seele, dort begrüßt.
Drum schreibet dies euch ins Gedächtnis sorglich
ein
SEMI-CHORUS
Peace! for what Fate hath ordained will surely not
tarry but come;
Wide is the counsel of Zeus, by no man escaped or
withstood:
Only I pray that whate'er, in the end, of this wedlock
he doom, [p. 131]
We, as many a maiden of old, may win from the ill to
the good.
SEMI-CHORUS (strophe 3)
Great Zeus, this wedlock turn from meMe from the kinsman bridegroom guard!
SEMI-CHORUS
Come what come may, 'tis Fate's decree.
SEMI-CHORUS
Soft is thy word-the doom is hard.
SEMI-CHORUS
Thou know'st not what the Fates provide.
SEMI-CHORUS (antistrophe 3)
How should I scan Zeus' mighty will,
109
nicht Stimme hier. Überhaupt keine,
nicht mal eine schwache. Wir hätten
vielleicht eine Stimme gehabt, aber
jetzt ist sie weg, wir hatten sie schon
fast, doch das weiß keiner, und so
bekommen wir auch keine dazu, keine
zweite Stimme zu der, die wir schon
haben. Keinen Sitz, keine Stimme.
Keiner von uns, keiner aus unsrer
Schar besitzt mehr, was immer er
auch besitzt. Keiner hat diese
Stimme, nicht einmal eine. Wir hätten
sie gern, haben sie aber nicht; wir
würden mit unseren Stimmen gern
einen Beitrag zum gemeinen Wohl
des Landes leisten, wir würden
überhaupt gern was leisten für dieses
Land, das sich in sich wohlfühlt wie
eine Sau, die sich wälzt in der Kuhle,
in der Suhle, wohlig wälzt, oder wie
diese Kuh, die gar nicht mehr hier ist,
so können wir auch nicht sehen, was
sie gerade treibt, vielleicht wälzt die
sich auch, doch sicher ist ihr wohl, sie
ruht in irgendeinem Licht, unter das
ihr neuer Paß sie gebracht hat, sie
ruht wohl, sie ruht, sie leuchtet, sie
Zu eures Vaters andern Sprüchen und bedenkt,
Daß neue Freundschaft erst die Zeit bewähren muß.
Denn Schutzbedürftigen wird behend ein jeder Mund
Leumund, Gerücht macht leicht berüchtigt und
verhaßt.
Euch drum ermahn ich, nicht zur Schande werdet
mir,
Erblüht zum Alter, das der Männer Blicke lockt;
Nicht leicht zu hüten ist der reifen Frucht Genuß;
Gar gern verletzt und kostet sie Getier und Mensch,
Und was die Luft durchflieget, was am Boden
schleicht.
Kypris ist Herold, wie die Traube saftig reift,
So hüte du dich fein vor jedem Traubendieb;
Denn nach der Jungfraun liebesüßem Blumenflor
Pflegt jeder Wandrer jenen zaubermächtgen Pfeil
Des Blicks zu senden, von Verlangen süß berauscht.
Drum duldet jetzt nicht, dem zu entgehn soviel
Gefahr,
So weiten Meeres ferne Bahn ihr duldetet;
Laßt uns Beschimpfung, unsrer Feinde Lust und
Spott,
Vermeiden. Wohnung ist ja zwiefach uns bereit,
Die uns Pelasgos, die die Stadt uns geben will,
Von Last und Pflicht frei. Wohl zustatten kommt es
uns.
Was treu der Vater jetzt dir riet, bewahr es treu,
The depth of counsel undescried?
SEMI-CHORUS
Pray thou no word of omen ill.
SEMI-CHORUS
What timely warning wouldst thou teach?
SEMI-CHORUS
Beware, nor slight the gods in speech.
SEMI-CHORUS (strophe 4)
Zeus, hold from my body the wedlock detested, the
bridegroom abhorred!
It was thou, it was thou didst release
Mine ancestress Io from sorrow: thine healing it was
that restored,
The touch of thine hand gave her peace.
SEMI-CHORUS (antistrophe 4)
Be thy will for the cause of the maidens! of two ills,
the lesser
I prayThe exile that leaveth me pure.
May thy justice have heed to my cause, my prayers
to thy mercy find way! [p.131 ]
For the hands of thy saving are sure.
110
strahlt, und sie wird wieder gelöscht,
und in der zugleich die hundert Augen
umhüllenden Nacht hat sie ihren
Spaß, so, so, so ein gemeines Wohl
haben wir ja noch nie gesehen, wir
sehen es auch jetzt nicht, sie ist
bereits abgereist, zumindest kurz
müßte sie eigentlich dagewesen sein,
doch jetzt ist sie weg, weiß mans?,
vielleicht steht sie direkt neben Ihnen,
weiß mans?, sie soll uns Vorbild sein,
und auch wenn sie schreckliche
Sachen erlebt haben mag, wir
glauben es ja nicht, aber bitte, nicht
nur wir erleben Schlimmes, das geben
wir zu, könnten dennoch auch wir
dazugehören, so gern, ach, so gern,
zu Ihnen, na, das haben Sie sich
schon gedacht, was?, da haben Sie
sich schon was ausgedacht, das zu
verhindern, dabei wollen wir das
mindestens so gern wie die
phantastische Sängerin! Genau so
gern, mindestens genau so gern wie
die! Sie besitzt die Naturgabe, uns,
nein, nicht uns, die Tochter, die
Landsmännin, die Tochter der Kuh
Daß Scheu und Scham dir teurer als das Leben sei.
– [S. 129]
Chor:
In allem sonst sei mein der ewgen Götter Schutz,
Um meine Jugend, Vater, sei du unbesorgt.
Denn hat mir andres nicht verhängt der Götter Rat,
Ich lasse niemals meines Sinnes alten Pfad.
Erste Strophe
Nun wohlan! Preiset die hochseligen Schutzgötter,
der Stadt Hüter, der Burg Wächter und alljeden, des
Wohnung
Erasinos' alter Strom netzt.
Mit Gesang folget, Gefährtinnen, und hoch preiset
die Heimat des Pelasgos, doch der Nilschwellen
gedenkt
In des Festgesanges Preis nicht;
111
Europa, dazu muß mir noch was
einfallen, da fällt aber leider nichts, da
fällt der Cent nicht, Zeus, als Römer
Jupiter, und Io sind das mindeste, was
mir dazu einfallen sollte, und eine
Bremse, welche ausgesandt wurde
wie wir nicht, wir kamen freiwillig, ja,
eine Bremse, vielleicht ist das die, die
uns festhält, aufhält, die uns nicht
reinläßt, diese Bremse ist schuld!, oh
nein, da verwechsle ich schon wieder
was, die Tochter, egal welche, beim
stirnumflochtenen, lockigen Schmuck,
beim Kleid, bei ihrer großen, artigen
Stimme, die fortgeschleppt zu sehen
[S. 66] wie uns! Nein, da habe ich
mich jetzt total geirrt, sogar diesen
armen kleinen Satz verloren,
zumindest seinen Anfang, der
ohnedies sein wird wie das End, bitte
um Entschuldigung. Was ich selbst
leisten kann, das sollte ich auch nach
Kräften eigenständig tun, lesen wir
hier, das kann jeder lesen, der kann,
aber ich kann es nicht, was auch
immer, ich kann nichts, ich kann diese
ganzen Griechen und am Schluß die
Erste Gegenstrophe
Nur der Quellströme, die dies Land mit der
kühllabenden Flut tränken, die keimweckend in
allnährender Windung
Durch die Aun hin lachend strömen.
Mag herab Artemis mitleidig, die Allkeusche, zu uns
schaun, Aphrodite in das Brautbett mich nicht
zwingen.
Mir ein Greul ist ihr nächtlich Kampfspiel.
Zweite Strophe
Nicht den herzwilligen Bund Kyprias haß ich,
Denn mit Hera, denn mit Zeus thront sie, die
Höchste,
Und in ehrwürdiger Pflicht waltet die vielsorgliche
Göttin.
Doch zugleich naht mit der holdlächelnden Mutter
Sich die Sehnsucht, sich die allzaubernde Siegrin
Überredung,
112
Ägypter, die ihre eigenen Sorgen
haben, nicht auch noch einbeziehen,
nicht Zeus, nicht Europa, nicht Io,
nicht die Bremse, die uns da grade so
fest festhält und bewirkt, daß wir
schon diese Suhle, nein, diese Kuhle,
nein, dieses Loch, diese Grube in den
Boden gegraben haben, weil die
Bremse doch so auf uns steht, ich
meine, weil wir so auf dieser Bremse
stehen, daß die Räder schon
durchdrehen wie wir und sich bereits
tief in den Boden gebohrt haben, oje,
wo kriegen wir jetzt Reisig her,
Ölzweige, was auch immer, um uns
wieder flottzumachen, unsre Flotte
wieder in Gang zu kriegen, unsere
kleine Stadt, unser kleines Boot,
möglichst aus Holz, damit uns das
Radar nicht sieht, das wird uns aber
nichts nützen, das sehen wir schon,
bevor es noch uns sieht; das wird
nichts helfen, bald erhältlich wird
unser Gestirn, unser Himmel dann
sein in der Ausführung Satellitenradar,
da sieht man das Kleinste, das
Kleinste aus Holz, Eiche Furnier,
Und der Hingebung gepaart, folgt Aphroditen
Des Verlangens flüsternd Zögern.
Zweite Gegenstrophe
Der Begier Jagen nach [S. 130] uns Flüchtgen, der
Schmach Dräun,
Der in Mord triefende Blutkampf, mich entsetzt er;
Ach, warum glückte die Meerfahrt der zu schnell
nahenden Verfolgung?
Es gescheh denn, was verhängt uns vom Geschick
ward;
Unumgehbar ist des Zeus ewiger, nie wankender
Ratschluß;
Doch in alljeglicher Eh zeige sich dies End, [S. 131]
Daß des Weibes sei die Herrschaft!
Dritte Strophe
113
Eiche imitiert in Laminat, ein Boot aus
Papier?, nein, aus Plastikglump, alles
eins, man wird uns sehn, man wird
uns sehn! Man wird uns überall sehn.
Wir verstecken uns, aber es geht
nicht, wir ducken uns, damit uns der
Delphin nicht sieht, der verspielte,
liebe, aufmerksame DOLPHIN, der
uns aufspüren soll, bewachen, damit
wir Armen nicht moniert und
abmontiert werden könnnen by
ground positioning systems, damit
man uns auch gut und deutlich auf
den open seas von Earth Observation
satellite-based systems aus erspäht, o
weh, das kann ins Auge gehn, aber
keine Angst, man paßt auf uns auf,
auf daß wir Armen gerettet werden
können bei dummen Unfällen auf See.
Wir sind ja nur gekommen, damit er
uns orten kann, wer auch immer,
damit er uns erwischt, damit er uns
deutlich sieht, einer muß uns ja ins
Gesicht schauen können, einer dort
oben, der immer optimiert die services
in the area of Border Surveillance
stems von die Kombination von den
Ja, hinweg wende von uns Zeus
Der Aigyptos-Söhne Hochzeit!
Am erfreulichsten geschäh's so;
Doch wer rührt den nie Gerührten?
Dir verhüllt naht sich die Zukunft!
Dritte Gegenstrophe
Wie vermöcht ich es, des Zeus Rat,
Wie den Abgrund zu ergründen?
So erheb mäßig Gebet jetzt! –
So belehr mich, was ich flehn soll! –
Wie es Gott gebe, zu schweigen.
Vierte Strophe
Wende du, Zeus, dieser Eh bräutigamverhaßten
114
Informationen von cooperative
positioning systems (VTS/AIS, VMS,
and LRIT) und remote sensing
observation systems (radar in
particular), immer erfolgreich. Dem
passiert kein Fehler. Gut, daß wir sie
haben, gut, daß wir die alle haben, ja,
auch die summenden Drohnen, daß
sie uns bewachen, beobachten, über
uns wachen, ja, das ist es, über uns
wachen auf unserem Weg alles
Seienden? Das Meer hat keinen
Seiher für unser Sein, kein Sieb hält
uns fest, wenn wir hinunter müssen,
kein Abflußgitter, wir fließen einfach
nur so ab, nur so, anders gehts nicht;
das Meer wird nach uns gleich wieder,
bis die nächsten kommen, gleich und
glatt, oder es wirft Locken, nein, ich
sage jetzt nicht, daß es uns gelockt
hat, damit wir in seinen Wellen
vergehen, das wäre zu billig, es wäre
zu recht und zu billig, es wäre zu
Recht zu billig, aber was andres als
das Billigste gibt es für mich, für uns
schon lange nicht mehr, hat es nie
gegeben, egal!, die Menschen sind
Bund,
Wie du in Io ehemals
Allen Kummer lind gestillt, rührend sie mit der Hand,
die alles heilt,
Herzend sie in süßer Kraft.
Vierte Gegenstrophe
Macht gewähr den Fraun; ergeht's besser dann mir
nur denn schlecht,
Nur erträglich mir, gern lob ich's.
Daß mir Recht um Recht gescheh, das erfüll mein
Gebet um freies Los, [S. 131]
Das der Götter heilger Rat! –
115
immer noch billiger, ich nehme sie
billigend in Kauf, das tun Sie nicht. Sie
kaufen uns nicht, und Sie nehmen uns
nicht in Kauf, weil wir nämlich nicht für
uns zahlen können und keine Namen
haben und weil für uns auch kein
andrer zahlt. Namen haben wir schon,
aber was nützen die uns? Sie wollen
sie nicht wissen, und Sie sind unser
Maß. Und Sie tauschen uns gegen
nichts, unser Sein ist nicht geschickt,
das stimmt. Wir haben uns geschickt,
doch geschickt sind wir nicht. Wir
stehen in der Lichtung des Seins, sagt
der Denker, nein, sage ich: des
Wassers, das Lichtung selbst ist, das
eine riesige Lichtung ist, durch nichts
begrenzt als unseren Tod, also unser
Unsein, ja, kann man so sagen, kann
man so sehen; wir schwimmen dort
unangesprochen herum,
ausgesprochen mutig, wagemutig,
aber unangesprochen, wir haben
keine Wahl, wir sind die
Ungeschickten, die Beschickten, wir
beschicken das wacklige Boot, das
schwindlige, ja, so viele von uns
116
werden nie ankommen, um an der
Lichtung des Seins
herumzuschlägern. Wir sind auf der
unendlichen Lichtung des Unseins die
Beschickten, die in den Zeit-SpielRaum Eingeräumten, ein winziger
Raum im Unendlichen. Wovon reden
wir da? Aber da steht es doch!
Schauen Sie hin!
Kinder helfen der Mutter im Alter?
Noch eine Frau? Nein, danke! Keine
Frau genügt uns auch. Sogar die Kuh
hat uns schon genügt. Und unsere
Mutter haben sie ja auch umgebracht,
schon lang, unsere Geschwister,
unsere ferneren Verwandten, ferner
die ganz fernen Verwandten, alle, alle,
und unseren Cousins haben sie die
Köpfe abgeschnitten und uns die
DVDs davon zugeschickt, das haben
wir schon gesagt? Wir haben alles
schon mindestens fünfzigmal gesagt,
wenns reicht, jaja, ich weiß, es reicht
Ihnen schon, und Sie haben immer
noch nichts gehört. Nochmals bitte um
Entschuldigung. Wir waren vorhin und
sind immer noch bei den Müttern und
117
den Kindern im Alter, nein, bei den
Kindern, die niemals alt werden, und
bei den Müttern, die tot sind, nein, wir
stoßen geistig hier an unsre Grenzen
und müssen professionelle Hilfe in
Anspruch nehmen, und das sind die
Angestellten dieser Kirche und jetzt
die des Klosters, wo Sie uns haben
liegen sehen, ja, nette Menschen,
hilfsbereit, sagen Sie es ruhig weiter!
Aufgabenteilung und Unterstützung
sind wichtig, das gilt nicht nur der
Verantwortung der Familie
gegenüber, die wir nicht mehr haben,
kein Wunder, daß Sie uns
verantwortungslos nennen, Parasiten
an Ihrem Körper, der jederzeit bereit,
Schmarotzer zu melden, die ihren
Rotz über das schöne Land
schmieren, ja, uns zu melden, uns
melden sie noch, wenn wir schon
hingesunken sind, uns zu melden,
bloß weil wir hier sind, anwesend,
obwohl wir Verantwortung gegenüber
der Familie hätten, aber alles, was wir
an Familie haben, ist hier, hier bei
uns, nämlich nichts und niemand, und
118
wir haben auch nichts. Fremde für
Fremde. Maß für Maß. Taschenlampe
für Nacht.
Lockiger Schmuck, das sagten wir
auch schon, oft, wieder zu oft, wie
immer zu oft, ist ja egal, herrliche
Sängerin, die zeigt noch ganz andren
als uns den Herrn, die zeigt dem
Herrn Putin den Herrn, ich meine, die
zeigt auf und spricht, daß der Herr
Putin der Herr sein soll, in ihrem
herrlichen lockenden, lockigen
Schmuck sagt sie das, und die Zähne
blitzen, daß man Angst hat,
erschlagen zu werden oder blind. Also
die beim Kleid fortgeschleppt zu
sehen, das würden wir nie wollen, das
können wir uns nicht einmal
vorstellen, das, was unserer Mutter
und unseren Schwestern passiert ist,
das wollen wir uns für diese
unglaubliche Frau nicht einmal
vorstellen, die Töne gibt, wo dem Hals
angrenzet das Haupt, wir sprachen
schon davon, wir können das nicht oft
genug sagen, und wir können uns das
gar nicht vorstellen. Die Prinzessin
119
und die andre Prinzessin, alles auf
Russisch, alles spricht jetzt auf unser
Kommando total auf Russisch, auf
das fahren wir ab, damit wir die
Automarke kriegen, und kommen hier
an, in einem Auto, das funktioniert,
oder nur die, die es können, sprechen
es, und die können es überall, sogar
in Kitz auf dem Golfplatz, die können
überall Russisch sprechen, wir
können nicht einmal Deutsch, das
macht man uns ja zum Vorwurf, zu
Recht, danke, daß Sie uns das noch
einmal sagen, wir sagen ja auch alles
viel zu oft, und was Neues wissen wir
nicht. Diese Prinzessinnen können es
natürlich von Natur aus, Russisch,
mehr ist nicht nötig, obwohl viele noch
viel mehr können, gut für Sie, da sind
wir froh. Die zwei! Die vom Blitz
Eingebürgerten, die waren von
Anfang an ebenbürtig und wurden
dann eben eingebürtig. Bitte erklären,
aber das brauchen Sie gar nicht, das
haben Sie schon, sogar mehrmals:
Das sind zwei verschiedene Frauen
bitte, und wir haben noch mehr, wir
120
haben noch mehr, in Kitz, in Wien,
überall auf der Welt Vorräte, wenns
auch nicht Hunderttausende sind wie
wir, einfach überall sind die, wo es
schön ist, und das sind viele Orte, und
überall sind sie, vielleicht sogar
mehrere, viele, besonders auffällig
sind ihre Begleitumstände, ich meine
ihre Begleiter, ihre russischen
Begleiter, nicht am Klavier, nein, die
Begleiter der Tochter, im Haus an der
stark befahrenen, staubigen Straße
am See, keine Spur von Leben dort,
sie ist ja gar nicht da, die Frau, nie
käme ihr das in den Sinn, in dieser
Hütte zu wohnen, aber immerhin ist
niemand tot, dafür garantieren wir,
keiner tot, alles lebt, einsam wacht
niemand, alles woanders, woanders
wacht auch keiner, die Spur von
Leben hier, von uns, interessiert
keinen, keine Spur von Lebenden
dort, am See ebenfalls keine Spur, im
verwohnten Haus, das mehr Wohnen
nicht braucht, im Gegenteil, es wäre
schädlich, es würde vielleicht
zusammenfallen, wer wollte da
121
wohnen, na, die doch sicher nicht!,
also tot ist sie nicht, garantiert nicht,
dafür haften wir mit unserem Leben,
wie könnte sie sonst eingebürgert
werden?, wir garantieren also, daß
dort niemand gestorben ist, in dieser
Bruchbude, auch nicht die Tochter,
die europäische Kuh, Pardon, das
wurde sie ja erst jetzt, da ist ein
offizieller Hauptwohnsitz gemeldet,
einer, den wir nicht haben, die aber
schon, doch auch dort wohnt keiner,
dort wohnt sie auch nicht, Sie haben
den Sitz, Sie haben die Stimme, Sie
haben die Bürgerschaft, zumindest
auf Ihrer Seite, Sie haben die
Bürgschaft, aber keine Spur von
denen, ich weiß jetzt selbst nicht, wen
ich meine. Die anderen. Die. Wo sie
sein sollen, dort sind sie nicht, sie sind
einfach weg, die Russen, ja, so nennt
man sie, sie sind abgehauen,
wahrscheinlich als sie das Haus
sahen, nein, das haben sie nie
gesehen, sie sind futsch, war auch
nicht nötig, sie sind weg und Schluß.
Wir sind da, aber auch wieder nicht
122
da, wir haben nichts, doch tot sind
auch wir nicht, noch nicht. Diese
Aufgabenteilung ist wichtig, Tod oder
Leben, jeder muß das Seine leisten,
das sehen wir ein, das heißt, die
einen sind tot, die andren nicht, wir
noch nicht, aber viele von uns, Sie
schaffen vielleicht noch mehr, wenn
Sie sich richtig anstrengen, denn die
Aufgabenverteilung im Staat verlangt,
daß Sie nicht tot sind, wir aber nach
Möglichkeit schon, dann sind wir
endlich weg oder zumindest dezimiert,
aus den Augen, aus dem Sinn,
jedenfalls weniger als wir waren, dann
reicht das Licht, das strahlende, für
mehr Personen, für mehr, das Licht
reicht für mehr, wenn weniger da sind,
ist doch klar. Wir bemühen uns, wir
bemühen uns ja, ein wenig Geduld
bitte, diese Bremse steht leider immer
noch so auf uns, wir kommen nicht
weiter, wir trauen uns nicht, denn da
sticht ein Gott, der hat ja immer das
bessere Blatt, ja, du, Herr, du bist
gemeint!
Dieses Haus leer, auch keine Toten
123
drin, das Haus ist gemietet, steht aber
leer. Diese Wohnung über dem
Supermarkt, in der Schweiz, ist
gemietet, aber auch leer. Voll und leer
zugleich. Das scheint ein Brauch zu
sein, den wir noch nicht kennen.
Jederzeit zu melden bereit, aber kein
Hingesunkener da, dem man in die
Augen blicken könnte. Der Mietling
aber, was sagt Gott dazu?, kann ich
jetzt nicht nachschlagen, hab keine
Zeit, muß ja schreiben. Der Mietling
aber, so, jetzt schau ich doch mal
nach, was der macht. Der Mietling
aber, der nicht Hirte ist, des die
Schafe nicht eigen sind, sieht den
Wolf, ah, super!, das mit dem Wolf
können wir gut brauchen, Johannes
10, 13, der Mietling aber flieht, denn
er ist ein Mietling und achtet der
Schafe nicht, weil er ein Mietling ist
und ihm nichts an den Schafen liegt,
dem Fremden liegt nichts an den
Schafen, er ißt sie vielleicht und
vergräbt ihre Knochen neben dem
Haus, wo sie leider gefunden werden,
später, aber es liegt ihm nichts an
124
ihnen, den Schafen, nein, an ihren
Knochen auch nicht, denn er hat für
Bezahlung den Hirtendienst
übernommen. Uns zahlt keiner was,
obwohl es uns sehr wohl um den
Dienst an den Schafen, äh, nein, an
allen, die einen Dienst wollen, ginge,
aber wen kümmerts? Es geht ja auch
nicht um den Dienst, auch nicht um
den gemieteten, ach, wie wir doch
wünschten, daß uns einer mietet!
Also die im Haus am See, die
Mietlinge, die Eingebürgerten, die
Eingemieteten und dann
Eingebürgerten, ohne daß sie ihre
tiefumschatteten Augen überhaupt
zeigen mußten, die russische Kuh und
die andre, hab den Namen vergessen,
die hat ihre Wohnung jetzt auch
gekauft, gerade noch rechtzeitig,
bevor sie zusammengefallen ist, die
Wohnung meine ich, was wollte ich
sagen?, also zählt sie nicht mehr, sie
residiert, sie wohnt schon, aber lebt
noch nicht, ich meine, echt: Wohnen
Sie schon, oder leben Sie noch
nicht?, was haben diese Leute, diese
125
Frauen, was wir nicht haben? Sie
haben es, daß sie Frauen sind?
Männer sind sie schon auch, also die
Frauen nicht, aber Männer dürfen
schon auch kommen, dann nennt man
sie Geschäftsmänner, und sie
kommen auch, wir dürfen ihre Namen
gar nicht laut aussprechen, sonst
bringt es Unglück. Der Rennfahrer
rennt jetzt auch auf ihre Kosten, ich
meine, er fährt, oje, er fährt schon
wieder nicht mehr, das war aber ein
kurzes Gastspiel!, ich glaube, der saß
gar nie im Cockpit, der ist nie
gesessen, und doch, der
Geschäftsmann hat dafür geblecht, er
hat für nichts gezahlt, aber er ist da,
und jetzt fährt keiner mehr, und keiner
bewohnt mehr das Stadion für die
Füße, für den Ball meine ich, den die
Unsrigen dauernd vor den Füßen
haben, mit dem sie aber nichts
anfangen können, und keiner wohnt
mehr, er lebt schon, was, er lebt nicht
mehr?, oh, wie schade! Wenn einer
leben sollte, hochleben, dann der, und
jetzt auf einmal nicht mehr, jetzt seine
126
gewaltige Hand vom Steuer gefallen,
vom Knüppel? Nicht einmal der
Fahrer rennt mehr? Das ist schade,
doch erhebt sich die Frage: Wieso
dürfen die und wir nicht? Die haben
was und sind nicht da. Wir haben
nichts und sind da. Und es gibt auch
keine Belege, obwohl wir hier doch
liegen, sehen Sie das denn nicht?,
bitte, es gibt trotzdem keine Belege,
für nichts Belege, denn wir sind nicht
gemeint, und einen Beleg werden wir
nicht brauchen, kein Beleg über den
Belag auch in diesem Haus, dem dort
drüben, dem andern Haus, natürlich
nicht das Haus Gottes, einfach nur ein
Haus, kein Beleg darüber, ob sich die
Tochter an diesem Hauptwohnsitz,
den sie braucht, jawohl, das ist so
einer, wie wir ihn nicht haben, ob sie
sich dort überhaupt aufgehalten hat.
Also die hat sich nicht aufhalten
lassen! Keiner hat sie kennengelernt,
nicht einmal der Vermieter, keiner
kennt sie, keiner kennt die Namen,
Pardon, man kennt ihren Namen, bloß
unsere kennt keiner, unsere Namen
127
kennt keiner, bei uns daheim sind alle
jetzt tot, und hier jetzt auch, zu
dumm!, das ist doch wirklich blöd!
Keiner kennt uns mehr, doch das
spricht nun wirklich nicht für uns, das
spricht nicht einmal ein wenig für uns,
denn wir sind die, die zuletzt
sprechen, wir sind nicht die, die
zuletzt lachen. Für die Tochter spricht
eine Stimme, aber die genügt, sie ist
nicht da, aber es spricht eine Stimme
für sie, und eine Stimme bekommt sie
auch; zu der dazu, die sie schon hat,
bekommt sie noch eine. Man sieht sie
nicht, aber sie bekommt eine Stimme
und ist blitzeingebürgert, ist
Staatsbürger, mit allen Rechten und
Pflichten, mitzugestalten,
mißzugestalten, Missen zu gestalten
und umzugestalten, Verzeihung,
falscher Film, aber wenn man als Frau
schön ist, ist alles gleich viel leichter,
das ist ein schönes Gefühl, wenn
auch nicht für uns, und ich weiß jetzt
auch nicht, welches Gefühl ich meine,
doch jeder Beitrag und jeder Betrag,
ich sagte es schon, und gern!, weil es
128
hier steht, ist wertvoll für unsere
Mitmenschen, auch wenn man sie
nicht sieht, für unsere Gemeinschaft
wichtig, auch wenn sie gemein ist wie
diese, auch wenn wir nicht gemeint
sind unter Gemeinschaft, alles
wertvoll, alles wird bereichert, alle
bereichern sich, klar, diese Stimme ist
gekauft und diese dort auch, die ist
jetzt unter uns, eine von vielen, aber
eine, die zählt!, sie wohnet unter uns.
Sie hat unter uns gewohnet, doch
man hat sie nicht gesehen, jetzt wohnt
sie über uns, in einem Loft, und man
sieht sie immer noch nicht. Aber sie
hat eine Stimme, sie hat sowieso eine
Stimme, Stimme stimmt, aber hat
nicht alles Fleisch auch ein
Verfallsdatum wie das Gras vor der
Kirche? Sehen Sie, diese Frau hat
sogar zwei, sie hat eine Stimme und
eine Stimme, aber keinen Verfall, da
stimmt einfach alles. Es stimmt. Was
ich sage, stimmt. Denn Mitmachen ist
besser als Zuschauen.
Wir haben uns eine Kirche erwählt,
und dann hat ein Kloster uns erwählt,
129
so, da wohnen wir jetzt wirklich, Sie
können ruhig schauen kommen, na,
wir könnten schließlich auch
woanders wohnen, wir können es uns
aussuchen. Wir können auch auf dem
Meeresgrund wohnen, im Wasser, in
der Wüste, zur Abwechslung ohne
Wasser, unsere Erfahrungen werden
uns rechtzeitig zugeschickt werden,
damit wir sie schon haben, wenn wir
sie machen, und dann sind sie
überflüssig geworden. Wir brauchen
sie nicht mehr. Im Wasser jede
Erfahrung ohnedies komplett
überflüssig! Heute können Sie
vielleicht nicht mehr kommen, heute
sind wir vielleicht schon wieder nicht
mehr hier. Wir waren es nicht
gewohnt zu wohnen, und hier wohnen
wir jetzt ein wenig, was keinen
kümmert, wir sind die Vergessenen,
uns kennt man schon nicht mehr,
nachdem wir aufgetaucht sind, wir
sind untergebracht und weg, wir sind
aus der Kirche weg, das ist die
Hauptsache, daran haben nun wirklich
alle gearbeitet, daran haben viele
130
gedreht, und sie haben es erreicht!,
wir wohnen auch nicht in einer
Scheinunterkunft in einem Haus, wir
wohnen schon gar nicht in einer
Scheinwohnung in der Schweiz, wo
denken Sie hin, wir haben es zwar
gesagt, aber wir wohnen dort nicht,
dort wohnt Gott, der neue Herr, der
Einbürgerer, der Autokleisterer, der
Autoclusterer, der Schrauber, der am
Hebel sitzt und dreht, egal, was er
macht: schiefes Bild, wir wissen das.
Der wohnt an stark befahrenen
Durchfahrtsstraßen, aber dort wohnt
er natürlich nicht, der wohnt nicht über
Supermärkten mit tausenden
Menschen und Waren drinnen, alle
ohne ihn, die armen!, fühlen sich
vielleicht verwaist ohne ihn, wer weiß,
aber nein, dort wohnt er natürlich
nicht, alles leer, Wohnung leer, Haus
leer, Anschrift voll, hier steht es, hier
die volle Anschrift in der Schweiz,
Wohnsitz in der Schweiz, Kanton Zug,
gesichert, gespeichert und gesichert,
eingebürgert aus dem gesicherten
Wohnsitz ins Sichere, ins Sicherste
131
überhaupt, wo ihm keins aus seinem
noch vollen Haar gekrümmt oder
herausgerissen wird, denn nie hat dort
einer einen Menschen gesehen, aber
eingebürgert ist man, nein,
eingewohnt, man ist dort einwohnig,
einwohnerhaft, wenn man nicht
gesehen wird, wohnt man schon, und
man wohnt noch dazu so schnell, so
schnell ist man eingewohnt dort, wo
man nicht ist, wir glauben, im Grunde
gibt es nur Eingebürgerte dort,
Entschuldigung, wir meinen natürlich
Einwohner, denn dreifach
eingebürgert wird er denn doch nicht;
wer wohnt, ist der einhäusige Gott mal
drei, drei in Einem, also keiner, wer
umarmt schon einen Sumpf?, wir
wissen leider nicht mehr, was wir mit
dem Sumpf gemeint haben, sicher
nicht das, was Sie drunter verstehn;
wer verschwindet schon dort?, wer ist
da und nicht da?, keine Belege für
Überprüfung, bloß eingebürgert die
Frau, ja, die schon, die Russin
ungebührlich eingebürgert, wenn auch
nicht gebührenfrei, sogar zweifach
132
eingebürgert, doppelt hält besser,
vom Konzernchef betrieben, der jetzt
eine eigene Partei betreibt, eine ganz
eigene, macht ja nichts, es muß
Betrieb und Betriebsamkeit herrschen,
es muß ja einer herrschen, sogar über
uns lebende Tote muß noch
geherrscht werden, in der Kirche, im
Kloster, egal, dort muß ebenfalls
geherrscht werden, der Herrscher
hängt an der Wand, aber der hat
schon lang nichts mehr zu sagen. Wir
jedoch fragen uns, von wem die
Beherrschung kommt, nicht die
Selbstbeherrschung, die andre, und
wir bekommen auch schon die
Antwort herein, denn es wird alles
aufgeteilt, wie die Menschen überall
hingeschickt wurden, das Wort Gottes
zu verbreiten, weil sie kein eigenes
hatten, so wie die Menschen in alle
Länder verteilt werden, so wie dies
Land in Bundesländer aufgeteilt ist, so
haben auch seine Menschen
Aufgabenbereiche, in denen sie sich
bereichern können oder auch nicht, es
liegt ganz an ihnen, an uns liegt ihnen
133
nichts, aber es liegt an ihnen, ob sie
reich werden oder nicht. Sie haben
jedes Recht, jede Pflicht und
überhaupt alles, denn es wird auf ihre
besondren Fähigkeiten und
Eigenschaften geachtet. Unsre kennt
man ja nicht, vielleicht haben auch wir
Fähigkeiten, wir wissen es selbst
nicht. Wir sind von Ihnen geblendet
und von uns beunruhigt, weil unsre
Fähigkeiten irgendwo sprießen, wo
wir keinen Zugang zu ihnen haben.
Wir sind nicht still, aber hören will man
uns nicht. Wenn Sie zagen, allein ins
Lager zu gehen, dann legen Sie sich
halt in ein andres! Sie haben die
Wahl. Ihnen hält kein Gott das Zepter
des Himmels vor die Nase, bis hierher
und nicht weiter, daß er dort gar nicht
wohnhaft ist, wo wir ihn aufgesucht
haben. Wir haben ihn gesucht, am
Stadtplan, mit dem GPS, mit dem
Routenplaner, der sogar die Fußwege
zwischen den Trambahnen
ausrechnen kann, je nachdem, wie
Sie gehen, langsam, mittel oder
schnell, und Sie gehen und gehen,
134
oder Sie schwimmen und
schwimmen, Sie fahren und fahren,
Sie sinken hinab und sind schon fast
unten, da werden Sie gerettet, nein,
Sie sind tot! Nicht gerettet. Kommt
darauf an, was Sie sind, ob Ihr
Schicksal ist das Nein, und Sie
müssen nicht mehr behandelt werden,
überflüssig wie das Wasser über
Ihnen wäre jede Behandlung, jede
Handlung, die Antwort ist nein. Sie
suchen Gott, aber dort, wo Sie ihn
gesucht haben, ist er nicht, der
unrichtbare Herr, der die Stadt ist, das
gesamte Volk, überhaupt alles, den
Altar nennt er sein, des Landes Herd,
[S. 63] gut, gut, wir bezweifeln es
nicht, nur dort, wo auf dem Briefkopf
angegeben, dort ist er nicht, nicht
aufhältig, nicht wohnhaft, nicht
wahnhaft, das können wir inzwischen
bezeugen. Wir stehn im Nichts, und
diese blöde Bremse hält uns leider
immer noch fest, sie sticht und sticht,
und Europa kommt heraus, nein, das
muß ich noch nachschlagen, es war
ganz anders, wir würden es Ihnen
135
sagen können, wälzten wir uns nicht
dauernd so faul in der Kuhle. Sagen
doch Sie es uns!, Sie sagen es nicht?,
obwohl Sie das genauso googeln
können wie wir, hätten Sie das Gerät
dafür, das Sie eh haben, ist so, ist so.
Im Meer brauchen Sie kein Navi, dort
kennt sich keiner aus, nicht mal eine
Maschine, doch, nur Maschinen
kennen sich aus!, sonst keiner, das
Meer ist Ihnen zu groß? Sie haben es
probiert, aber es war Ihnen zu groß?
Das hätten wir Ihnen gleich sagen
können. Das wissen wir aus unserer
eigenen Erfahrung. Es ist einfach zu
groß. Unübersichtlich. Ein Meer, daß
Ihnen passen würde, gibts auf der
ganzen Welt nicht. Das wissen wir
jetzt aus eigener Erfahrung, denn wir
haben versucht, es uns zu erfahren.
Es hat sich uns nicht gefügt, das
Meer, es wurde ja selbst auch
fugenlos gebaut. Nein, nicht verfliest,
das wäre unnötig gewesen, es ist für
uns ohnehin bodenlos. Es ist so, wie
alles so ist. Es ist festgelegt, wo
gebaut werden darf, denn das Land
136
weiß am besten, auf wen es zählen
und auf wen es bauen darf und tut es
auch, denn Wohnraum darauf zu
bauen ist notwendig. Essen auch,
aber so weit wollen wir gar nicht
gehen, das zu verlangen. Wir sind
müde, wir sind bis in die Hauptstadt
gegangen, wir haben uns in eine
Kirche gelegt, unsere wenigen
Sachen, unseren geschenkten
Krempel, unseren Dreck, der wir ja
auch selber sind und den wir
wegmachen sollen, zumindest einen
Teil des armseligen Drecks, hat der
Bulldozer in ein paar Sekunden
zusammengeschoben gehabt und
aus. Wir haben gar nichts dazutun
müssen. Wir haben ihm nicht helfen
müssen. Aus ist es.
Kein Aufgabenbereich, der noch erfüllt
werden könnte. Kein Bereich mehr für
uns, den uns der Bereichsleiter
zugesteht. Gestehen sollen ja wir:
Jeder Mensch ist illegal. Das ist wahr.
Jeder von uns. Keine Versicherung,
der wir glauben könnten, keine
regionale Besonderheit, die wir kosten
137
könnten, keine Einflüsse, die zur
Vielfalt führen könnten, na, das
verhindern Sie, ist ja klar, keine
einzigartige Vielfalt und keine kleine
individuelle Einheit. Die wären wir ja
notfalls schon, die könnten wir sein,
ja, genau, wir könnten unsere Pflicht
tun, aber das sehen Sie gar nicht,
keine Aufgabe, die erfüllt werden
könnte, vielleicht von uns, aber das ist
Ihnen wurscht, keine
Aufgabenverteilung, und so können
wir auch nichts übernehmen und
nichts unternehmen. Im Gegensatz zu
Ihnen und Ihrem Verhältnis, ich weiß
jetzt nicht, wie die Dame heißt, ich
glaube, Europa, nein, io, Ich, der
südliche Mensch, der Südländer, ich
also, nur ich, das genügt aber nicht,
mein werter Name genügt nicht. Ich
Ärmste, sagt sie, gebremst und
geschwängert, von der Bremse nicht
festgehalten, sondern gejagt, von
einem Gott geschwängert, nein, das
stimmt hier nicht, der Gott schwängert
alle, mich aber nicht, die Kuh nicht,
was sollte dabei schon
138
herauskommen! Wir wollen eher
herein als hinaus, aber das geht nicht.
Hinaus geht, hinein nicht. Sie hören
Lärm und Streit in der
Nachbarwohnung? Es gibt einen
Konflikt? Wir kommen und machen
das, wir machen Lärm, Streit und
Konflikt, wir machen das mühelos.
Denn Sie dürfen jederzeit um Hilfe
bitten und die Polizei rufen, die ist für
Sie da. Für uns nicht, für uns nicht.
Für uns schon auch, aber anders. Von
der andren Seite her ist sie auch für
uns da, denn sie hat den Durchbruch
zu uns geschafft, sie hat vorhin die
Tür eingetreten, sie hat das Wasser
glatt durchgetreten, also fest ist es
nicht, macht ja nichts. Durch
mancherlei Reden haben wir erfahren,
daß die Polizei für uns da ist, sie ist
extra für uns gekommen. Nur, um uns
fortzuschaffen und Angst zu
vermeiden, selbstverständlich. Um
selbst einzugreifen, fehlt uns die
Erlaubnis, wir sind nie diejenigen,
welche eingreifen, wir sind die, die
abgegriffen werden, aufgegriffen, oder
139
die, in die eingegriffen wird, sehen Sie
hier den Schlitz, greifen Sie nur rein!
Wenn sie was finden, dürfen Sie es
behalten. Wir dürfen das nicht, da
kommt schon der Bagger! Dieser
wacklige Tisch war gespendet! Der
gehört uns nicht! Das ist dem Bagger
egal. Vermeiden Sie diesen Konflikt
nicht aus Angst, welchen denn?, na,
den da!, greifen Sie in den Konflikt
ein, greifen Sie zu! Es wird sich für
Sie lohnen. Wenn Sie einen
Menschen in Not sehen, fassen Sie
sich ein Herz und tun Sie etwas!
Wenn Sie uns sehen, fassen Sie uns!
Ergreifen, fassen Sie uns und
gewähren Sie Sicherheit, eine kleine
Sicherheit Ihrem Staat, Ihren
Mitbürgern, Ihren Nachbarn und
schmeißen Sie uns hinaus. Entfernen
Sie uns wie einen Fettfleck. Entfernen
Sie uns, machen Sie uns weg! Retten
Sie sich vor uns! Ja, so ist es gut. Nur
so wird aus einer Gesellschaft, in der
die Rechte der Menschen gerächt,
zusammengerecht, auf einen Haufen
geschmissen und mit dem Bulldozer
140
zusammengefahren, ich meine: wo
die Rechte geachtet werden, erst
eine! Wie? Erst eine Gesellschaft
natürlich, die muß ja erst eine werden.
Das wollen Sie doch, oder? Eins
werden mit Ihnen und mit sich selbst,
dann müssen Sie auch nicht fliehen,
nicht über Wüsten und nicht übers
Gebirg. Wir sind halt keine
Gesellschaft, oder nur eine kleine, das
heißt noch keine, vielleicht ist das des
gemieteten Hirten Problem? Daß er
nicht zu seiner Herde dazugehört?
Daß er nur gemietet ist? Sogar für
Tiere bloß gemietet wurde? Wir sind
nur viele, nicht so viele wie die Tiere,
aber schon auch viele, zumindest
mehrere, aber keine Gesellschaft, und
nur so können Sie aus sich eine
sichere Gesellschaft machen, indem
Sie uns entfernen. Raus mit uns! Wir
überlegen, wieso wir überhaupt
entdeckt wurden, es waren Hunde,
die uns entdeckt haben, die Freunde
der Hirten, die treuen Helfer! Helfen
auch Sie! Unsre Sachen sind eh
schon weggeschmissen worden, wir
141
folgen ihnen gern, wir folgen auch
Ihnen unverzüglich, wir sind schon
weg. Sie müssen die Sicherheit des
Landes gewährleisten, die Polizei
muß das auch, sehen Sie, da sind Sie
schon zwei, sorgen Sie für die
Sicherheit und bringen Sie uns fort.
Egal, wie Sie dabei verfahren, egal,
ob Verfahren oder keins, egal, ob
irgendwas oder nicht, jagen Sie uns
fort! Schaffen Sie uns weg! Egal, wie
das Verfahren gegen uns ausgeht,
lassen Sie uns wegfahren! Oder
lassen Sie uns einfach ins Wasser
gleiten! Ja, dort, wo wir gerade sind.
Lassen Sie uns los, ist ja nicht
schwer, und ab geht die Post! Oder
vielleicht nicht? Lassen Sie uns doch
einmal gemeinsam wegfahren, das
wäre auch nett, fliehen Sie doch mal
mit uns!, aber nein, das wollen Sie
nicht, Sie wollen wegfahren, aber
nicht so, doch nicht so, daß Sie sich
nicht vorstellen können, von wo.
Unser Geist hat Sie verstört, seltsam,
wir haben gar keinen, unsere
grasschänderischen Füße, das haben
142
wir ja noch vergessen, nein, wir haben
es eh schon öfter, wahrscheinlich zu
oft, es haben sicher an die hundert
Leute angerufen, wir haben es eh
gemeldet, daß auch das Gras vor der
Kirche jetzt hin ist, plattgedrückt,
zerstört, da wächst kein neues Gras
mehr und wurde doch erst im vorigen
Frühjahr frisch und munter gesät!, da
wächst überhaupt kein Gras mehr, da
erntet keiner mehr, unsere
geschenkten Habseligkeiten vom
Bagger entfernt, alles weg, wir grause
Menschenmißgestalten zu schaun
Ihnen nicht zumutbar, unsere Leiber
halb Tier, halb Mensch, wie diese
Europa oder Io, also wer jetzt von
beiden?, halb Mädchen, halb Kuh,
anstaunten die Menschen das
Wunder. Sowas tun die Menschen
heute nicht mehr, aber glotzen tun sie
schon, in aller Ruhe, denn neben
ihnen sitzt der atlantische Gott, nein,
nicht der Atlantik, so ein großes Meer
brauchen wir auch wieder nicht, ein
kleines genügt uns schon! Das reicht
locker für uns alle, verspricht dieser
143
Gott und beschützt sie, durch seine
Reden hält er den Tag fest und das
Leben von uns fern. Sie wollen uns
weg? Bitte, sofort! Raus. Ach Gott,
wer erbarmt sich unserer, wer erbarmt
sich unser, unselige Irregetriebenen,
[S. 74] halb Tier, halb Mensch, gar
nicht Mensch, gar nichts, wer erbarmt
sich? Na, wollen Sie auch ein Los
ziehen und sich vielleicht ein wenig
erbarmen? Sie wollen nicht? Das
verstehen wir gut.
Die Tochter, die nicht beschämte
Jungfrau, nein, das ist sie sicher auch
nicht, im Haus, im verlassenen Haus,
eingebürgert husch husch, husch
Pfusch, die russische Mieterin nie
gesehn, nie gekannt, aber uns können
sie sehen, uns können Sie immer
anschauen kommen, wenn Sie
wollen, aber Sie wollen ja nicht. Wir
sind kein Wert, wir sind außerhalb der
Werte, die andre geschaffen haben,
die der Konzern geschaffen hat, die
der Konzern geschafft hat, die
Einbürgerung der Tochter, die im
Konzert singt, nein, die andre meinen
144
wir, die gar nichts kann, aber das ist
vielleicht ein Vorurteil, wir haben
unser Urteil ja schon, warum also kein
Vorurteil für andre?, das haben wir
jederzeit übrig, macht ja nichts. Die
Autofirma nicht gekauft, aber kaufen
wollte der Mann, das Mutterwerk hat
es verhindert, der Konzern, der endlos
ewgen Zeiten Herrscher über uns alle,
erlöste ihn nicht, erlöst Gott, unseren
Herrn nicht von seinem göttlichen
Atem, den braucht er doch noch, den
braucht er, um eine ganze Partei zu
gründen, wenn er schon keine ganzen
Autos bauen darf, der Zulieferer, doch
geliefert sind immer nur wir; dieses
Werk, ein Pfand des Konzerns, des
Gottes, noch größerer Gott als Gott,
einer ist immer größer, sogar größer
als jeder Gott, und den Wunsch nach
Mehr, diesen besten Wunsch der
Menschen, der erst was aus ihnen
macht, na, aus uns nicht, aber aus
allen anderen, dieses Pfand Gottes,
mehr aus sich zu machen, das man
truglos trug im Schoß [S. 74] wie Io
Europa, wie das Meer uns leider nicht,
145
es wollte einfach nicht, das Boot
wollte auch nicht, was soll man da
machen?, wir machen ja nichts, das
Boot trägt uns nicht, es erträgt uns
nicht, das Meer trägt uns auch nicht,
wir gehen in ihm auf wie Teig, unser
Fett schwillt an, wenn jetzt keiner
kommt, dann bleiben wir auf ewig
verborgen wie Io Europa, es ist
höchste Zeit!, und die beiden gibt es
nicht mal!, hats nie gegeben! — auch
wieder gut!, was es nicht gibt, kann
nicht verlorengehen oder so ähnlich,
nein, sicher nicht mal so ähnlich — da
wird was gezeugt, da wird was
erzeugt, das leider nicht erzeugt
werden darf oder vor der Zeugung
schon verlorenging. Oder nur in Teilen
geteilt wurde, zugeteilt wurde, uns
allerdings nicht. So wird das nichts.
Keine Autos. Und Autos sind das
Höchste, was es überhaupt gibt, das
Boot das Niedrigste, aber immerhin
nötig, auch für uns nötig. Bloß hat es
uns nichts genutzt. Unser Zeug, unser
Graffelwerk ist weg, unser
geschenktes Zeugs
146
zusammengeschoben, zerbrochen
und weggebracht, nur wir sind noch
übrig, und ringsum jauchzen die
Lande [S. 75] und sagen jetzt die
Wahrheit, Ehrenwort! Sie müssen es
aber nicht sagen, wir haben es
ohnedies gewußt, sie sagen es aber
trotzdem.
Des Gottes Söhne können wir nicht
sein, das müssen andre sein, wir
wissen nicht, wer, denn wir sollen ja
weg, vielleicht nicht getötet, aber weg,
fort, so. Dieses Geschlecht hier kann
sich rühmen: Die sind endlich weg,
und ich habe jetzt auch keine Lust
mehr, danken Sie mir nicht, das ist
gar nicht nötig. Vielleicht haben sie ja
auch keine Lust mehr einzutreten, die
Tür einzutreten, ein Loch in die Mauer
zu sprengen, das Meer einzudellen,
wenn auch nur vorübergehend, nein,
nicht gehend, Tränengas zu werfen,
Tränen zu vergießen, den Krempel,
den ganzen Mist wegzuschaffen,
keine Lust mehr, wollen einfach nicht
mehr, denn der gute Wille gilt ja fürs
Werk, und eingebürgert sind schon
147
längst andre; die Tochter des Jelzin
eingebürgert, großartig, wir hätten
nicht geglaubt, daß das geht, nur
leider kommt es uns doch nicht
zugute! Die Firma eingebürgert, die
Bank schon da, die Bank vorhanden,
sonst keine Einbürgerung. Es hat aber
nicht geklappt. Macht ja nichts. Na,
Ihnen macht das nichts, das glauben
wir gern, aber dem Herrn vom
Konzern ist es vielleicht nicht recht.
Diese Einbürgerung ist also bereits
vollzogen, zu früh, aber doch, sie hat
leider nichts gebracht, eine
Fehlinvestition, die Einbürgerung der
Jelzin-Tochter dennoch aufs schönste
vollzogen, da liegt sie schon, auf
ihrem Lager, in das kein Wild sich
traut und kein Jäger, nein, da nicht,
sie liegt woanders, sie muß woanders
liegen, wir wissen nicht, wo, der
Vorhang zugezogen, die Erkenntnis
daraus eng umschrieben, würde nur
wenige Seiten umfassen, wer schreibt
davon, wer singt davon, wer macht
was, wer tut etwas, wer zwingt die
Leute hier und ihre
148
schwindelverwirrten Blicke, [S. 65]
verwirrt von all dem Schwindel, den
sie uns erzählen, wer zwingt sie fort
zu den andren Ermordeten, zu denen
hätten wir auch gut gepaßt, finden wir,
vielleicht nicht gut, aber doch? Macht
ja nichts, macht ja nichts. Wir bilden
den Horizont für etwas, das auch froh
und glücklich enden könnte, [S. 65] tut
es aber nicht. Wir bilden nichts, wir
bilden uns nichts ein, wir sind ja schon
tot, zumindest schauen wir so aus.
Und hier steht es ja auch, nein, hier
steht es nicht, hier steht nicht, daß
Tote eingebürgert werden können,
nein, auch nichts von lebenden Toten
steht hier, nichts, nichts von denen,
deren Tote noch so lebendig und
deren Lebendige tot sind, nichts
davon, wir wollen das nicht hören.
Dem Letzten geht kein Licht auf, er
dreht es ab. Und das Letzte, das sind
wir.
Dabei können wir doch nichts dafür!
Wir bringen Respekt, wir bringen
Respekt entgegen, da kommt
Respekt, und wir bringen ihm gleich
149
auch unsren entgegen, auf halber
Strecke treffen sie sich, aber unsrer
wird nicht genommen, wir bringen
unterschiedliche Talente und Stärken
entgegen, sie werden aber leider nicht
genommen. Nichts wird genommen,
jedenfalls nicht von uns. Nur uns wird
genommen, klar. Der Bagger macht
das schon. Uns nimmt man nicht auf,
da muß das Wort nicht fürs Werk
stehn, da steht das Werk selber, doch
es gehört keinem, auch uns nicht, was
immer wir getan haben, früher, das ist
jetzt im geheimen Dunkel, und keiner
mehr, der in gewaltiger Hand uns
hielte. Wir bringen nämlich keine
russische Bank entgegen, wir bringen
keine Autoindustrie in Gang, wir
bringen nicht mal Autos in Gang, wir
stehn immer nur auf der Bremse, die
können wir nicht loslassen, sonst
würden wir im Nirgendwo stehn, im
Gegenteil, sonst würden wir vielleicht
fahren, doch wir haben uns viel zu tief
eingewühlt in Ihren Mutterboden,
diese blöde Bremse, das einzige, das
funktioniert, sonst würden wir gar
150
nicht stehen, wir würden fahren;
fliehen Sie uns nicht!, wir würden
schon selber fliehen, wenn wir
könnten. Wir haben keine Verdienste
und keinen Verdienst, wir haben auch
Schwächen, wir haben nur
Schwächen, wir sind und werden
keine Bürger, wir haben auch keine
Bürgen, wir haben nichts, für uns
spricht niemand, und selbst sprechen
wir auch nicht, nein, auch unsre Toten
sprechen nicht, und schon gar nicht
für uns, genau wie unsre Taten, die
sprechen vielleicht, aber nicht für uns,
wie sollten sie auch, sie sind weit fort,
unsre Taten und unsre Toten sind
weit fort, weiter gehts nicht, ihnen
wurde der Kopf abgeschnitten, nein,
nicht den Taten, das ist meinen
Cousins neulich passiert, es wurde
nicht ganz zufällig auf Video
festgehalten, ein Video oder Foto ist
heut immer dabei. Die russische
Prinzessin nicht festgehalten,
nirgends, nicht in diesem Haus an der
vielbefahrenen Straße im Burgenland,
nicht festgehalten, keiner hat sie je
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gesehn, es gibt sie vielleicht nicht,
nein, es muß sie geben, denn sie ist
jetzt Bürgerin, der Herr Gott hat das
veranlaßt, denn in Allmacht herrscht
er alles Höchsten und schaut zu
niemand dienend aufwärts über sich,
nur seine Werte schauen auf ihn, und
seine Werke, wo Werke, dort Werte,
doch sie gehören keinem, und auch
der Herr, ja, dieser da, der Werte
schaffen wollte, hat sie nicht gekriegt,
klar, was still im Geist kaum ihm
keimt, schon ist es vollbracht, [S. 75]
nein, diesmal nicht, schade!
Wir sind nicht veranlaßt, von
niemandem, wir sind nur so da, wir
sind einfach nur da, und alle sind tot,
wir auch schon bald, Sie werden
sehen, freuen Sie sich ruhig zu früh,
es ist zwar immer noch Zeit, genug
Zeit, sich später zu freuen, denn wer
zuletzt lacht, der muß wirklich was zu
lachen haben. Und wenn wir weg
sind, können Sie sich noch einmal
freuen und immer wieder freuen, daß
wir weg sind, daß Sie diesen Konflikt
gewaltfrei gelöst haben, denn eine
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andre Gewalt hat ihn in Ihrem Namen
gelöst, das wollen Sie aber nicht
zugeben. Wir würden das gern selber
übernehmen, doch es gibt hier immer,
wirklich immer, einen Stellvertreter,
der die Arbeit macht, die Rechte
anderer einzutreten, diesen
gespendeten Tisch mit den
Plastiktassen zusammenzuhauen, die
Campingstühle, auch gespendet,
zusammenzutreten, unsere
Habseligkeiten, die wenigen, die gar
nicht unsre sind, zu zertrampeln und
wegzuschaffen, das macht der
Bagger, der hilft Ihnen, und auch
wenn der nicht lebt: Das ist gelebte
Zivilcourage, selbst wenn Sie selbst
dadurch Nachteile zu befürchten
hätten. Haben Sie aber nicht, Sie
haben nichts zu befürchten, und
Nachteile schon gar nicht, Sie haben
nichts zu fürchten, bitte treten Sie ein
und zertreten Sie alles, das hat einen
kurzfristigen Effekt, den Sie leicht
verlängern können, wenn Sie gleich
auch uns noch mit zertreten, wir sind
nicht einmal so hart wie dieser
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wacklige Plastiktisch, nicht einmal so
hart wie diese Gartengarnitur, die
irgend jemand nicht mehr gebraucht
hat, weil sie schon zu gebraucht war.
Wenn wir das alle tun, wenn wir alle
alles tun, leben wir in einem sicheren
Land, na ja, jedenfalls sicher vor uns,
das ist doch schon was. Zu den
Seinsmöglichkeiten des
Miteinanderseins, wir sagten es
schon, wir wiederholen es jetzt, falls
Sie es nicht mitgekriegt haben, gehört
unstreitig die Vertretbarkeit des einen
Daseins durch ein anderes. Sie wollen
sich von uns aber natürlich nicht
vertreten lassen, das verstehen wir,
Sie wollen ja nicht einmal, daß wir uns
vor der Kirche die Beine vertreten,
das ruiniert den schönen Rasen ja
noch mehr, jedes Mal mehr, wir
sagten es schon, weil Sie es uns
gesagt haben, den Rasen, der eben
erst (wer hat gesagt: letztes
Frühjahr?) frisch angelegt worden ist
wie das Knäblein der Mutterbrust,
denn, hören Sie, die weite
Mannigfaltigkeit vertretbarer Weisen
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des In-der-Welt-Seins, auch das
sagten wir schon, es macht uns aber
solchen Spaß!, erstreckt sich nicht nur
auf die abgeschliffenen Möglichkeiten
des öffentlichen Miteinanders,
sondern betrifft ebenso die auf
bestimmte Umkreise eingeschränkten,
auf alles Mögliche eingeschränkten,
betrifft auch uns, ja, auch auf uns trifft
es zu, denn auch wir sind ja möglich,
auch wenn Sies nicht glauben, wir
sind ja auch Menschen, wir sind ja
auch andere, wir sind vielleicht die
einen und die anderen, wir haben ja
auch Berufe, nein, jetzt nicht mehr,
Stände, nein, jetzt haben wir keinen
Stand mehr, wo denn?, und
Lebensalter, ja, Lebensalter haben
wir, jawohl, also die auf alldas
zugeschnittenen Möglichkeiten des
Besorgens, was ist damit, ach so, ja,
das betrifft alles, was ich da eben
genannt habe und aus, es erstreckt
sich und es betrifft. Suchen Sie es
sich aus! Dieser Satz endet nie, er ist
nicht von mir, wie auch Ihre
Herrschaft nicht endet, die aber von
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Ihnen kommt und zu Ihnen wieder
zurückgeht, die weiß, wohin sie
gehört, bitte treten Sie zurück, bitte
zurücktreten, hier kommt der Strom,
bitte treten Sie von der Kante zurück!
Wir bringen andren Fairneß und
Respekt entgegen, das wird von uns
verlangt, wir sollen andre so
behandeln, wie wir selbst behandelt
werden wollen. Bitte, das machen wir,
wir bringen, wir bringen Respekt
entgegen, er geht uns sogar voraus,
der Respekt, dann kehrt er um und
kommt uns entgegen, das kommt uns
sehr entgegen, denn auch wir bringen
ihm etwas entgegen, entgegnen wir,
wir bringen ihm ein weiteres Mal
Respekt entgegen, weil wir Respekt ja
auch ein weiteres Mal bekommen
haben, wir erinnern uns nicht, wann
das zuletzt war, aber bekommen
haben wir was, ich glaube, eine
Thermoskanne, weil es in der Kirche
so kalt ist, und genauso, so wollen wir
behandelt werden, so wollen wir
selbst behandelt werden, nicht wie die
russische Präsidententochter, die
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braucht keinen, kriegt aber alles, wir
aber bringen ihn freiwillig und
freigebig, wir bringen Respekt
entgegen, wo sollen wir ihn hinlegen,
wir waren so entgegenkommend,
Respekt entgegenzubringen, weil
Respekt auch uns erwiesen wurde,
wo sollen wir ihn jetzt hinlegen, wo
sollen wir ihn hinlegen, den Respekt?
Und wo sollen wir uns dann selber
hinlegen? Der Respekt hat sich zu
sehr ausgebreitet. Kein Platz mehr
übrig. Wo sollen wir ihn hinlegen und
uns? Sollen wir ihn neben unsere
Talente und Stärken hinlegen, damit
wir ihn gleich haben, wenn wir auf
unsere Talente und Stärken
zurückgreifen wollen? Der liegt dann
gleich daneben, der Respekt, den wir
uns erworben haben, oder nicht? Also
gestohlen haben wir ihn nicht,
Ehrenwort! Doch. Ehrlich erworben.
Ja, das machen wir, das machen wir!
Das machen wir jetzt! Wir bringen
auch Fairneß, wir bringen Respekt
und Fairneß entgegen, ja, dort liegen
auch schon unsere Talente und
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Stärken beieinander, die wir vorhin
bereits abgelegt haben, wir wollten ja
die Hände frei haben, wir brauchen
das hier nicht, wir brauchen diese
Sachen nicht, den Campingtisch, den
hätten wir gebraucht, man will doch
auch einmal beisammensitzen, nicht?,
doch der ist jetzt hin, niemand braucht
sie hier, die Fairneß, nein, den
Respekt auch nicht, uns selbst auch
nicht, doch vielleicht bringt es was, wir
legen zusammen, so, das alles legen
wir jetzt zusammen, dann nimmt es
weniger Raum ein. Wir legen
zusammen, was wir haben, vielleicht
können wir uns dann irgendwas dafür
kaufen? Hoffentlich! Hoffentlich läßt
man uns hinein ins vorbereitete Hinzu,
zu Hinz und Kunz, wo wir angeblich
alle hinsollen, wo wir hinzukommen
sollen. Aber wir können nicht. Können
nicht. Wir legen zusammen, was wir
haben, und dann wird es vom
Bulldozer, noch dösend in der
Eiseskälte vor der Kirche, im
gefrorenen Gras, selber gefroren, wir
alle gefroren, allerdings drinnen, im
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Gotteshaus, dann wird das alles
weggeschafft und aus. Weg und aus.
Wir wollten dieses Reiches Bewohner
sein, aber wir dürfen nicht. Eine
Wohnung, dicht und still, zu haben mit
den andern, das wäre schön, doch
gefällts euch nicht. Es stehen keine
zerstreuten Häuschen für uns
einzugsbereit, nur dieses Kloster, da
dürfen wir bleiben, denn wir können
jederzeit wieder rausgeschmissen
werden, sind es vielleicht schon, denn
rausgeschmissen werden heißt für
uns bleiben, nur woanders, und ja, wir
stehen euch dennoch zu Diensten,
wählt, wählt vielleicht sogar uns!
Wählt jederzeit! Wozu haben Sie denn
Wahlen?! Unser Schirm wollt ihr nicht
sein. Und alle Bürger, welche jenen
Schluß gefaßt, uns zu entfernen, uns
aus ihren Augen zu schaffen, die
gehen jetzt zur Wahl und wählen ihr
Wohl; mit gleichschwebender Waage
[S. 65] schauen die Parteien uns an,
gerecht wollen sie sein, nein, wollen
sie eh nicht, und uns wird ja auch
niemand gerecht. Erwartet ihr nun
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bessre Freunde noch als uns? [S. 95]
Wen erwartet ihr denn? Bessere als
uns? Nicht zur Schande wären wir
euch geworden, wir hätten uns
geschämt, gern geschämt, immer,
wenn ihr es von uns verlangt hättet,
denn Schutzbedürftigen wird behend
ein jeder Mund Leumund, Gerücht
macht leicht berüchtigt und verhaßt.
So ist das. So ist das. Wir haben euch
ermahnt, wir hätten uns bemüht, wir
hätten über unser hartes Los geklagt,
aber dann hätten wir uns sehr
bemüht, wir haben es versprochen,
daß wir uns bemühen werden, wir
wissen bloß nicht, um was, worum,
wozu, wir tun, was wir können, wir
hätten nicht verletzt, nicht einmal
gestreift Getier und Mensch, das nicht
uns gehört, aber zu euch dürfen wir
nicht gehören, ihr hütet euch vor uns.
Ihr duldet alles, nur uns duldet ihr
nicht. Ihr vermeidet nicht
Beschimpfung, unsrer Feinde Lust
und Spott sind wir geworden, das
hätten wir gern vermieden, glauben
Sie uns, es war uns nicht möglich.
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Verzeiht uns. Wohnung hätten wir
gern bereitet gehabt, was immer die
Stadt hätte uns geben wollen. Lasten
und Pflichten hätten wir gern
übernommen. Was immer Vater Staat
uns geraten hätte, wir hätten es
bewahrt, treu und gläubig, denn
Scheu und Scham sind uns teurer als
das Leben, [S. 97] das wir sowieso
nicht führen können. So. Und jetzt
preisen wir gern auch irgendwas, gern
auch euren Gott, wir waren ja in
seinem Haus, hat gut ausgeschaut
und war ordentlich aufgeräumt,
zumindest so lang, bis wir gekommen
sind und unser Lager aufgeschlagen
und uns eine Lungenentzündung und
mehrere Hungerstreiks geholt haben.
Wir preisen die Stadt, die der Strom
hoffentlich nie netzt, das wird auch
nicht passieren, ein Meer hat sie
nicht, aber sie hat diesen Strom, es ist
vorgesorgt, die Stadt hat ein eigenes
Stromnetz und ein
Überschwemmungsgebiet, womöglich
sogar mehrere Netze und mehrere
Gebiete, doch nur einen Gebieter, wir
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kennen ihn leider nicht. Er ist nicht
gekommen, das mußte er auch nicht,
er war ja da. Für alles vorgesorgt, für
alles, nur nicht für uns. Gut, das
verstehen wir, das haben Sie nicht
wissen können, daß wir kommen, wir
haben uns auch nicht angemeldet, wir
sind unangekündigt erschienen. Wir
sind die Unangekündigten. Die
Schutzflehenden. Die Festgenagelten,
nein, die nicht, sowas würden wir mit
uns denn doch nicht machen lassen.
Das kann von uns aus Ihr Gott
machen, wir machen das nicht.
Mitleidig schauen nur wenige auf uns.
Andre thronen über uns und sehen
uns nicht, obwohl sie genau über uns
sind, die müßten uns sehen, sogar
aus einem Flugzeug müßten sie uns
sehen, sogar als Adler. Doch nein. Sie
wenden sich ab! Schauen woanders
hin, das aber scharf wie immer. Die
Begier nach Jagen [S. 99], die ist
stärker, ist immer stärker, doch sie
sehen uns nicht, die Waage
schwankt, sie senkt sich mit uns, wir
wurden aus dem Kühlschrank
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genommen, die Jagd ist ja lang
vorbei, da liegen wir also, ein paar
Stück Fleisch, nicht mehr. Und es
geschieht jetzt, ist vielleicht schon
geschehn, wenn Sie dies sehn, was
verhängt uns vom Geschick war,
nämlich das Ende. [S. 99] Das
Verschwinden. Das Wegwenden von
uns, und zwar beidseitig, nach der
einen Seite wenden und dann nach
der anderen. Das hält uns beweglich.
Gut. Das Ungerührtsein von
Gerührten, von über Katzenvideos
Gerührten, von Hundebabys
Gerührten, uns verhüllt naht schon die
Zukunft, doch, obwohl verhüllt, sehen
wir sie, wir haben auch schon den
Abgrund ergründet, war gar nicht so
schlimm, einen Grund haben wir dafür
nicht gehabt, wo doch sogar das Meer
einen hat, irgendwo, wir wollten
einfach nur schauen, ja, die Zukunft
sehen wir auch bereits, ja, die, dort
drüben, im noch geheimeren Dunkel,
sagen Sie uns, worum wir noch flehen
sollen [S. 100] und vor allem, warum?
Zu wem? Daß uns Recht geschieht,
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darum beten wir, das erfülle mein
Gebet um freies Geleit, um ein Los,
das gewinnt, um ein besseres Los, [S.
101] aber es wird nicht geschehen. Es
wird nicht geschehen. Es ist nicht. Wir
sind gar nicht da. Wir sind gekommen,
doch wir sind gar nicht da.
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