Manual

Ambulante Suchtkrankenhilfe
Fachstelle für Suchtprävention
Dresdner Str. 38 B ● 09130 Chemnitz ● Tel.: (0371) 666 - 1917
Mail: [email protected]
Rauschbrillen
Suchtprävention mit Rauschbrillen ist ganzheitlich ausgerichtet, orientiert sich an den
Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen und spricht sie emotional als auch rational an. Durch
diese Ausrichtung ist die Rauschbrillenmethode für alle Zielgruppen attraktiv und im besten
Sinne „niedrigschwellig“.
Durch die Rauschbrillen können viele mögliche Beeinträchtigungen thematisiert werden:
-
Einschränkung durch den Rausch bei verschiedenen Alkoholkonzentrationen im Blut
oder auch bei Konsum illegaler Drogen
-
Verringerung der Wachsamkeit und des Reaktionsvermögens
-
schlechter werdende Körperkoordination und Verwirrung mit einhergehender
Reaktionsverzögerung
-
Wechselwirkung von Medikamenten in Verbindung mit Alkohol oder Drogen und die
dadurch entstehende Reaktion
Hinweis:
Einige Übungsteilnehmer bezweifeln beim ersten Blick durch die Brille, dass überhaupt ein
realistischer Rauscheindruck erzeugt wird, denn was sie sehen entspricht nicht der eigenen
Erfahrung vom Rauscherleben.
Diese Zweifel sind durchaus berechtigt, da Alkohol- und/oder Drogenkonsum eine
verminderte Leistungsfähigkeit aller Gehirnareale bewirken, mit Folgen auf die psychische
und physische Leistungsfähigkeit. Die Rauschbrillen können durch starke, rein optische
Irritierung nur einige Aspekte des komplexen Rauscherlebens durch Alkohol oder Drogen
simulieren.
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Brillentypen
Alle Brillen simulieren eindrucksvoll den Zustand der Beeinträchtigung durch Alkohol oder
andere psychotrope Substanzen.
Erlebbar werden dadurch: eingeschränkte Rundumsicht, Doppeltsehen, Fehleinschätzung
von Nähe und Entfernung, Verwirrung, verzögerte Reaktionszeit, Gefühl von Verunsicherung
1. Alkoholbrille
Die
Alkoholbrille
simuliert
einen
starken
Rauschzustand
von
ca.
1,3‰
Blutkonzentration.
-
Gegenstände erscheinen weiter entfernt
-
Doppeltsehen
-
Geschwindigkeiten werden falsch eingeschätzt
-
Sehvermögen wird erheblich schwächer, es besteht ein andauernder Tunnelblick
-
Reaktionszeit wird länger
-
Gefühl von Verwirrung/Orientierungslosigkeit
-
starke Gleichgewichtsstörungen
(Quelle:http://www.drogisto.de/typo3temp/pics/drogisto-AlkoholbrilleRauschbrille_6ce7015b76.jpg)
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2. Alkopopbrille
Die Alcopop-Rauschbrille simuliert einen mittleren Rauschzustand von ca. 0,8‰
-
Gegenstände erscheinen weiter entfernt, als sie es tatsächlich sind
-
Sehvermögen wird erheblich schwächer
-
Es kommt zum Tunnelblick (ohne Doppeltsehen)
-
Gleichgewichtsstörungen treten auf
-
Reaktionszeit wird länger
(Quelle:http://www.suchtpraevention-sachsen.de/uploads/pics/alcopop_07.png)
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3. Restalkoholbrille:
Die Restalkoholbrille simuliert eine geringe Beeinträchtigung durch Alkohol von ca.
0,3-0,5‰.
Besonderheit: Träger glaubt anfänglich, dass er keine oder nur eine geringe
Beeinträchtigung spürt. Bei Handlungen wird jedoch deutlich, dass auch geringe
Beeinträchtigungen durchaus mit ernstzunehmenden Gefahren verbunden sind.
Diese scheinbare Sicherheit führt somit schnell zur Selbstüberschätzung.
-
Gegenstände erscheinen weiter entfernt, als sie es tatsächlich sind
-
Entfernungen und Geschwindigkeiten werden nicht realistisch eingeschätzt
-
Sehvermögen wird schwächer und leicht verschwommen
-
Gefühl von leichter Unsicherheit und Beeinträchtigung
(Quelle:http://www.drogisto.de/typo3temp/pics/drogisto-RestalkoholbrilleRauschbrille_b2a25da138.jpg)
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4. Drogenbrille:
Die Drogenbrille simuliert unterschiedlichste Auswirkungen, die durch den Konsum
von illegalen Drogen ausgelöst werden können. Dazu gehören:
-
Desorientierung
-
starke Wahrnehmungsveränderung
-
verändertes Raumgefühl
-
optische Beeinträchtigung
-
Farbveränderung
-
starke Verunsicherung
-
Gefühl von Kontrollverlust
(Quelle:http://www.drogisto.de/typo3temp/pics/drogisto-DrogenbrilleRauschbrille_92ad437c76.jpg)
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Methoden
Mit den Rauschbrillen können viele verschiedene Methoden durchgeführt werden. Im
Folgenden sind einige Beispiele aufgelistet:
1. „Hände schütteln“
Ziel:
-
Demonstration von Nähe und Distanz
Vorgehensweise:
-
2 Teilnehmer, die weit voneinander entfernt sitzen, sollen jeweils mit
aufgesetzter Rauschbrille aufeinander zugehen und sich mit Handschlag
begrüßen
Diese Übung ist deshalb für Zuschauer und Akteure so eindrucksvoll, weil es
sich beim Händeschütteln um eine häufig verrichtete Alltagsübung handelt, die
nun Schwierigkeiten bereitet.
Der Zeitbedarf beträgt ca. 5 Minuten. Im Anschluss kann noch ein kurzes
Feedback gegeben werden.
2. „Auf einem Bein stehen“
Ziel:
-
Demonstration der Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes durch einen
Rausch
Vorgehensweise:
-
Ausgangsposition ist eine einfache Standposition
-
Ein Bein wird mir ca. 30cm Abstand von Boden davon gestreckt
-
Der Blick richtet sich auf den ausgestreckten Fuß, von jetzt an wird
gezählt, bis 25 Sekunden vergangen sind
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Für einen nüchternen Menschen sollte diese Übung kein Problem darstellen.
Mit Rauschbrille ist dies allerdings kaum zu schaffen.
Benötigt wir eine Markierung auf dem Fußboden für den fixen Standpunkt und
evtl. eine Uhr. Der Zeitumfang beträgt wenige Minuten pro Person.
3. „Auf der Linie laufen“
Ziel:
-
Demonstrieren der Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes durch
einen Rausch
Vorgehensweise:
-
Teilnehmer sollen 10-12 Schritte auf einer Linie laufen, eine Drehung
machen und zurücklaufen.
-
Wichtig dabei ist, dass versucht wird, die Hände seitlich am Körper zu
halten und die Line möglichst genau zu treffen
Der Zeitbedarf bei dieser Übung beträgt nur wenige Minuten. Benötigt wird
entsprechendes Material um eine Linie auf dem Boden anzubringen (Maler-KreppBand)
4. „Gegenstände aufheben“
Ziel:
-
Verdeutlichung der Handlungsverzögerung, verlängerten Reaktionszeit
und Einschränkung der Feinmotorik durch Rauscheinwirkung.
Vorgehensweise:
-
Ein quadratisches Feld (ca. 50x50 cm) wird mit Maler-Krepp-Band auf dem
Boden abgeklebt
-
12 - 14 kleine Gegenstände werden in diesem Feld verteilt
-
Diese Gegenstände sollen von einem Teilnehmer, hockend ohne auf die
Knie zu gehen, in eine Schüssel eingesammelt werden
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-
Übung wird zunächst ohne Brille durchgeführt, später Vergleich der Zeiten
miteinander (mit Brille benötigen die Teilnehmer ungefähr doppelt so viel
Zeit)
Es empfiehlt sich, die Übung nur mit einzelnen Teilnehmern durchzuführen
und nicht mit jedem Mitglied, da dies zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde.
Benötigt werden Maler-Krepp-Band, eine Stoppuhr, 12-14 kleine Gegenstände
(möglichst unterschiedliche Farben und Größen) und eine Plastikschüssel.
Der Zeitumfang beträgt ca. 5 Minuten.
5. „SMS schreiben“
Ziel:
-
Demonstration: einer gestörten visuellen Wahrnehmung, einer gestörten
Feinmotorik und der Schwierigkeit, alltägliche Aufgaben im berauschenden
Zustand zu erledigen
Vorgehensweise:
-
Zwei Teilnehmer erhalten eine Moderationskarte mit einem vorgegebenen
Text.
-
Dieser Text wird per SMS versendet. Dabei wird die Zeit gestoppt, die für
das Verfassen und Versenden der SMS benötigt wird
-
Danach wird die Aufgabe mit Rauschbrillen wiederholt, diese Zeit wird
ebenfalls gestoppt und mit der ersten verglichen.
Benötigt werden Handys, Moderationskarten (Papier und Stifte) und eine Uhr. Der
Zeitbedarf beträgt ca. 8 - 10 Minuten.
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Auswertungsfragen
-
Was hat noch recht gut mit den Rauschbrillen geklappt?
-
Was fiel besonders schwer mit den Rauschbrillen?
-
Welche Schwierigkeiten hast du mit der Rauschbrille erlebt?
-
Gab es schon mal Situationen, in denen du dich gefühlt hast
-
Für die Übungen braucht man mit Rauschbrille deutlich länger als ohne.
Hattest du erwartet, dass du mit Brille so viel länger brauchst?
-
Was fehlt beim Rauschbrillenrausch im Gegensatz zum Alkoholrausch?
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Kann man ablehnen, wenn jemand Alkohol anbietet?
-
Welche Folgen kann Alkoholtrinken haben?
-
Muss man Alkohol trinken um dabei zu sein?
-
Wann trinken Jugendliche Alkohol?
-
Was ist bei Alkohol besser als mit den Rauschbrillen?
-
Fällt es mit Alkohol im Blut leichter, Jungen/Mädchen anzusprechen?
Quelle:
Suchtprävention
mit
Rauschbrillen.
Methodenhandbuch
–
Praxishilfe
und
Anwendungsbeispiele
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