Die Europäische Volkspartei hat trotz Verlusten bei den EU-Wahlen den ersten Platz klar behaupten können. Mit 211 Mandaten verwiesen sie die Sozialdemokraten mit 193 Mandate auf Rang zwei 11. 11. 2015 BERICHT DES EUROPÄISCHEN RECHNUNGSHOFS ENTHÜLLT TEURE SCHLAMPEREIEN So verpulvern die Eurokraten UNSER Geld Milliarden an Steuergeldern werden von der EU offenbar verbrannt! Beim Einsatz von EU-Geldern wird weiter im großen Ausmaß geschlampt oder getrickst: Der Europäische Rechnungshof (EuRH) kommt in seinem Kontrollbericht zu dem Ergebnis, dass im vergangenen Haushaltsjahr geschätzt 6,3 Milliarden Euro ohne Rechtsgrundlage ausgegeben wurden. Das erklärte Rechnungshof-Präsident Vítor Caldeira Morgen bei der Vorstellung seiner Untersuchungen. 1 am Heißt: EU-Gelder wurden beispielsweise für Projekte beantragt, die eigentlich gar nicht gefördert werden dürften. Ausgezahlt wurden diese Gelder trotzdem. In einzelnen Fällen werde man das Geld zurückfordern, hieß es aus der EU. Pikant: Die Schummel-Quote von 4,4 Prozent hat sich im Vergleich zu 2013 (4,5 Prozent) kaum verändert. Im Jahr 2014 beliefen sich die Ausgaben aus dem EU-Haushalt auf insgesamt 142,5 Milliarden Euro oder rund 300 Euro je Bürger. Diese Ausgaben entsprechen etwa einem Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU und machen etwa zwei Prozent der gesamten öffentlichen Ausgaben der EU-Mitgliedstaaten aus. Schlampereien schon 2013 Nach dem Kontrollbericht aus dem vergangenen Jahr flossen 2013 sieben Milliarden Euro in falsche Kanäle. Betroffen waren vor allem die Bereiche Verkehr, Energie und Regionalpolitik. In einigen Fällen ging es sogar um Betrug. Am fehlerträchtigsten waren die Bereiche Regionalpolitik, Verkehr und Energie mit einer geschätzten Fehlerquote von 6,9 Prozent. Die Prüfer fanden in fast allen Bereichen zu Unrecht ausgezahlte EUGelder. Insgesamt untersuchten sie 149 324 Vorgänge. Jedes Jahr prüft der EuRH die Einnahmen und Ausgaben der EU und beurteilt, inwieweit die Jahresrechnung zuverlässig ist und die Einnahmen- und Ausgabenvorgänge mit den maßgebenden Regeln und Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Schwerwiegendste Fälle in Deutschland 2014: ► Bei einer von der EU geförderten Modernisierung eines Autobahnab-schnitts vergab der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Eine Ausschreibung schreibt die EU bei geförderten Projekten aber vor. ► Bei einem Projekt des Europäischen Strukturfonds im Zusammenhang mit der Renovierung und Sanierung eines Universitätsgebäudes wurde das Honorar des Architekten deutlich erhöht. Das sei aber nicht förderfähig gewesen, hieß es. ► Rechnungen über die Sanierung von Straßenbahngleisen aus Zeiten vor der Förderung wurden verzögert eingereicht, so dass die EU-Gelder trotzdem flossen. ► Überhöhte Gehälter: Die EU finanzierte Lehrkräfte zur Qualifikation von Jugendlichen. Laut Rechnungshof arbeiteten die Lehrkräfte aber weniger als angegeben. ► Falsch ausgewiesene Ackerflächen. Offenbar haben Bauern in Rhein-land-Pfalz und Schleswig-Holstein Förderungen für Ackerflächen bekom-men, die eigentlich keine waren. ► Fördergelder wurden von Landwirten in Rheinland-Pfalz kassiert, die nach eigenen Angaben Weideflächen aus ökologischer Sicht nur zeitweise bewirtschafteten. Diese Angaben waren laut Rechnungshof falsch. Kontrolleure fordern mehr Flexibilität Die Kontrolleure fordern nun auch angesichts der Flüchtlingskrise einen „völlig neuen Ansatz” für die Ausgabenpolitik der EU. 2 „Die Entscheidungsträger müssen mehr Flexibilität zulassen und die Regeln vereinfachen”, sagte Vítor Caldeira zur Vorstellung des Berichts in Brüssel. Nur so könne sichergestellt werden, dass EU-Geld dort zum Einsatz komme, wo es am dringendsten gebraucht werde. 58,6 MILLIARDEN EURO = Kosten für EUPensionen steigen in gigantische Höhe Die Kosten der Pensionen für die EU-Beamten steigen in immer gigantischere Höhen. Laut EU-Kommission beliefen sie sich Ende 2014 auf 58,6 Milliarden Euro – rund 12 Milliarden Euro mehr als Ende 2013. Die neue Kostenschätzung geht aus der Jahresrechnung der EU-Kommission für das vergangene Jahr hervor. Sie enthält alle Ruhestandskosten (inklusive Krankheitsfürsorge) der heute noch aktiven und bereits pensionierten Eurokraten. Danach belaufen sich die reinen Ruhestandsbezüge auf 52,2 Milliarden Euro und die Kosten der Krankheitsfürsorge auf 6,3 Milliarden Euro. -Monatlich 24.000 € netto (!) für EU- Parlamentschef 05.12.2014 10,62% Steuersatz für Martin Schulz 3 Wohn-und Repräsentationspauschale, Wahlkreisbüropauschale, dazu 365 Mal pro Jahr 304 Euro Sitzungsgeld und 8.252 Euro Abgeordnetengehalt: Martin Schulz erhält als EU- Parlamentschef monatlich 26.892 Euro. Dank Steuerzuckerl bleiben ihm davon netto 24.034 Euro - das entspräche einem Steuersatz von 10,62 Prozent. Martin Schulz spricht gerne und viel über soziale Gerechtigkeit und über die "falsche Verteilung des Reichtums". Auch bei seinem Auftritt als Stargast des SPÖ- Bundesparteitags vor einer Woche waren das Kernaus-sagen in seiner Rede. Selbst scheint der SPD- Politiker allerdings weniger von Steuersorgen geplagt zu sein. Sein Büro für Öffentlichkeitsarbeit bestätigte jetzt gegen-über der "Krone" sämtliche Recherchen über die Bezüge des Sozialde-mokraten. Sie summieren sich auf ein Monatseinkommen von 26.892 Euro brutto: Das monatliche Abgeordnetengehalt beläuft sich auf 8.252 Euro. Der deutsche Einkommenssteuersatz (35,13 Prozent) macht daraus 5.394 Euro netto. Dazu kommt monatlich eine Repräsentationspauschale von 1.418 Euro. Steuerfrei. Zusätzlich fließen 4.299 Euro als Wahlkreisbüropauschale. Steuerfrei. Und Schulz kann sich auch über eine Wohnkostenpauschale von 3.803 Euro per Monat freuen. Steuerfrei. -------------------- Druck auf «Schengen» Europa ohne Grenzen in Gefahr 27. 11. 2015 Der Schengen-Raum ist ein bedeutender Erfolg der EU. Die träge Reaktion auf Flüchtlingskrise und Terrorismus bringt ihn in Gefahr. 4 Im Schatten Hunderttausender Migranten reisen Terroristen leichter ein – etwa über die griechische Insel Lesbos. Kaum eine Institution verkörpert das Fortschrittliche und Nützliche an der europäischen Integration besser als das 1985 unterzeichnete Abkommen von Schengen, das zusammen mit der fünf Jahre später verabschiedeten SchengenKonvention zum schrittweisen Abbau der Grenzschranken zwischen 26 Ländern mit über 400 Millionen Einwohnern auf dem Kontinent geführt hat. Jeder Bürger kann dank «Schengen» in seinem Alltagsleben hautnah erfahren, wie weit der Frieden in Europa zur Selbstverständlichkeit geworden ist, wenn er von Frankreich oder Belgien nach Deutschland, von Österreich in die Slowakei oder nach Ungarn fährt und sich kaum mehr gewahr wird, dass er dabei soeben eine vor einigen Jahrzehnten noch mit tödlicher Staatsgewalt verteidigte Staatsgrenze überwunden hat. Nicht einmal den Fuss vom Gaspedal muss man nehmen, wenn man mit dem Auto über viele europäische Grenzübergänge braust. --------------------- Europas Flüchtlingskrise Eine stolze Rechnung aus Ankara 27. 11. 2015 In den Verhandlungen über ein Flüchtlingsabkommen mit der EU geht Ankara forsch zur Sache. Nach Jahren der Zurückweisung kostet Staatschef Erdogan seine Position der Stärke aus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Besuch in Brüssel am 5. Oktober. Er zeigte sich an einem Medienauftritt «offen für alle möglichen Arten der Kooperation» mit der EU. Seit 28 Jahren bewirbt sich die Türkei um eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union. Doch erst 1999 erhielt Ankara den Kandidatenstatus zugesprochen, der sechs Jahre später zum Auftakt offizieller Verhandlungen führte. Recep Tayyip Erdogan, damals Ministerpräsident, prophezeite einen Beitritt bis 2012. Dass die Gespräche stattdessen in der Anfangsphase steckenblieben, führt Ankara primär auf Ressen-timents gegenüber dem muslimischen Land zurück. Von 35 Verhandlungskapiteln sind 13 eröffnet und nur eines erfolgreich abgeschlossen worden. 5 Schwarzenberg klagt tschechische Flüchtlingspolitik an 9. November 2015 Zu mehr Hilfsbereitschaft aufgerufen – Ex-Finanzminister Kalousek folgt Schwarzenberg als Parteichef Prag – Der tschechische Oppositionspolitiker Karel Schwarzenberg hat die negative Einstellung zu Flüchtlingen in seinem Land scharf kritisiert. In einer Abschiedsrede vor den Delegierten seiner konservativen Partei TOP09 mahnte der scheidende Vorsitzende: "Wir sollten uns bewusst machen, dass jeder von uns zum Flüchtling werden kann." Zum Nachfolger an der Parteispitze wurde am Sonntag mit 148 der 171 Delegiertenstimmen Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek (54) gewählt. Es gab keinen Gegenkandidaten. Schwarzenberg bemängelte, dass der tschechische Präsident Milos Zeman die Stimmung mit Warnungen vor Terroristen unter den Flüchtlingen aufheize. "Ich finde es beschämend, wenn aus Opfern Mörder gemacht werden", sagte der Ex-Außen-minister. Der 77-Jährige bedankte sich bei allen freiwilligen Flüchtlingshelfern. "Sie retten die Ehre unseres Landes, die durch einige Politikeräußerungen beschmutzt worden ist", sagte er. Der Fürst hatte von der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei im Jahr 1948 bis zur demokratischen Wende von 1989 selbst im Exil in Österreich und Bayern gelebt. Schwarzenberg, unter anderem Marion-Dönhoff-Preisträger, wurde zum Ehrenvorsitzenden der TOP09-Partei ernannt. Er will weiter als Abgeordneter arbeiten. "Solange ich gesund bin, werde ich weiterkämpfen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. --------------------------30. 11. 2015 Warum Frankreich nicht die Nato um Unterstützung ersucht hat Frankreich aktiviert die Beistandspflicht der EU-Mitgliedstaaten und begräbt die österreichische Neutralität Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, verkündete am 17. November, dass alle EU-Mitgliedstaaten in der vorangegangenen Sitzung des Rates für Auswärtige Angelegenheiten Frankreich auf dessen Bitte hin einstimmig Beistand gemäß Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die EU zugesichert haben. Frankreich hatte die Terroranschläge von Paris als Kriegsakt bezeichnet und nicht wie schon 2001 die USA nach den Terrorangriffen in New York die NatoBeistandspflicht angerufen. Das ist wohl der bitteren Erfahrung aus 14 Jahren Afghanistan-Einsatz geschuldet, dass hinter jeder Terrororganisation eine Ideologie 6 steht, welche nicht ausschließlich mit militärischen Mitteln besiegt werden kann. Zu mehr ist die Nato mangels Kompetenz aber nicht in der Lage. EU-Solidaritätsklausel reicht nicht aus Doch auch die für Terroranschläge zugeschnittene Solidaritätsklausel in Artikel 222 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU wurde nicht ins Spiel gebracht. Erst auf den zweiten Blick lässt sich erkennen, warum Frankreich auch diese Karte nicht gezogen hat. Einerseits ist die gegenseitige Verpflichtung auf das jeweilige Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaates begrenzt, andererseits obliegt die Einschätzung über Art und Umfang der geeigneten Mittel und Maßnahmen den jeweiligen Mitgliedstaaten. Nun kann aber die aktuelle Terrorgefahr nicht allein durch Maßnahmen innerhalb der territorialen Grenzen der EU-Mitgliedstaaten beseitigt werden. Deren Urheber, die sich selbst als "Islamischer Staat" bezeichnende Terrororganisation, befindet sich im Irak und in Syrien und breitet sich zunehmend vor allem in der Maghreb-Zone in Afrika aus. Dort ist Frankreich seit 2012 wieder zunehmend als Krisenfeuerwehr in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik tätig. Wiederholte Appelle seitens Frankreichs, sich vermehrt im Rahmen der verschiedenen Uno- und EU-Mission zu beteiligen, sind bei den EU-Partnern nur vereinzelt auf positives Gehör gestoßen. Frankreich war gezwungen, seine militärischen Kapazitäten mittlerweile an drei Fronten – in Afrika, in Syrien und Frankreich selbst – auszuspielen. Es ist vor allem dieser Einsatz im eigenen Land, der die meisten Kräfte und Mittel erfordert. Daher wünscht sich Frankreich eine militärische Entlastung durch die EU-Mitgliedstaaten vor allem in Afrika. Nur EU-Beistandspflicht gibt Hoffnung auf Erfolg -------------------------------30. 11. 2015 Schäuble droht mit Blockade der EU-Einlagensicherung Wolfgang Schäuble will sich gegen die aktuellen Pläne zur Einlagensicherung der EU-Kommission stemmen-Laut "Spiegel" will der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäubel eine Koalition gegen die neuen Pläne der EU-Kommission zur Einlagensicherung aufstellen. Er braucht dafür Hilfe durch ein großes und vier kleine Länder. 7 Hamburg. Die deutsche Regierung hat in ihrem Widerstand gegen die Pläne der EUKommission für eine europäische Einlagensicherung laut "Spiegel" damit gedroht, eine Sperrminorität zu organisieren. Es sei für Deutschland "problemlos machbar", eine qualifizierte Mehrheit für die Kommissionspläne zu verhindern, zitierte der "Spiegel" am Freitag in einem Vorabbericht Unterhändler von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Deutschland müsste dazu ein weiteres großes Land und vier kleine Länder auf seine Seite ziehen. Italien und Frankreich hätten schon zu erkennen gegeben, dass sie keinen Sinn darin sähen, eine Lösung gegen den Willen Berlins durchzusetzen, schrieb der "Spiegel". Auch die Niederlande, Österreich und Finnland sehen die Pläne aus Brüssel demnach skeptisch. Das Finanzministerium berufe sich zudem auf eine ungeschriebene Regel: In der Finanzmarktregulierung gelte bisher die Gepflogenheit, ein großes Land nicht zu überstimmen. "Die EU-Kommission tut gut daran, es sich nicht mit uns zu verscherzen, sonst verliert sie ihren wichtigsten Unterstützer bei anderen Vorhaben", zitierte der "Spiegel" Vertreter aus dem Ministerium. Die EU-Kommission will bis 2024 ein einheitliches System aufbauen, das die Guthaben von Bankkunden in der EU bei Institutspleiten gemeinschaftlich absichern soll. Auch die deutschen Sparkassen, die schon seit Monaten gegen die Pläne Sturm laufen, müssten in das System einzahlen. In der EU umgesetzt ist als Reaktion auf die Finanzkrise bereits eine stärkere Bankenaufsicht; ein Abwicklungsmechanismus für Institute soll Anfang 2016 einsatzbereit sein. Die europäische Einlagensicherung als dritte Säule soll auch verhindern, dass Banken in Krisen noch stärker unter Druck geraten, weil die Kunden ihre Gelder nicht mehr sicher glauben und diese abziehen. Schäuble kritisiert vor allem den Zeitpunkt der Einführung der Einlagensicherung. Er fordert, erst die anderen Elemente der Bankenunion voll umzusetzen. -----------------------------Kampf gegen den IS Die Stunde der Europäer hat längst geschlagen Deutschland sitzt schon jetzt in der Kriegsfalle, in die der Islamische Staat lockte. Ein Schulterschluss zieht nicht nur außenpolitische Konsequenzen nach sich. Wie kommt man da wieder heraus? Kämpfer des „Islamischen Staats“ in Rakka, yrien 8 Schock führt zum Schulterschluss. So ist es heute, wenn auch die Bilder der Pariser Terroranschläge vom 13. November zu verblassen beginnen. Und so war es nach den allerdings ungleich verheerenderen Anschlägen von New York und Washington, vom 11. September. Noch am selben Tag wurden die Weichen für den „Krieg gegen den Terror“ gestellt, auch in Deutschland. Wochen, bevor die Nato erstmals in ihrer Geschichte den Bündnisfall ausrief, versicherte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den amerikanischen Präsidenten der „uneingeschränkten Solidarität“ Deutschlands. Das war einerseits selbstverständlich, andererseits aber sehr riskant. Denn Schröder wusste, dass die Antwort auf die „Kriegserklärung“ an die „zivilisierte Völkergemeinschaft“, von der er anderntags im Bundestag sprach, auch eine massive militärische Intervention nach sich ziehen konnte. Vor allem aber überließ der Kanzler den Amerikanern und namentlich ihrem Präsidenten George W. Bush die Deutungshoheit und damit nicht zuletzt die Definition des Gegners und des Ziels. Und der nutzte die Chance, um auch Ziele zu identifizieren, die mit dem eigentlichen Anlass des Feldzuges gegen den Terror kaum etwas oder gar nichts zu tun hatten, allen voran die Ausschaltung des irakischen Diktators Saddam Hussein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ging der Bundeskanzler auf Distanz zu Bushs Kriegsplänen. Zum einen war die Begründung an den Haaren herbeigezogen, zum anderen war der „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan noch gar nicht beendet. Und dort operierte die Bundeswehr in zwei Missionen, darunter einem Kampfeinsatz, an den Grenzen ihrer Möglichkeiten. Dass Gerhard Schröder den Vereinigten Staaten bei dem Krieg im Irak 2003 zunächst im Alleingang die Gefolgschaft verweigerte, war nicht minder riskant als die Zusicherung uneingeschränkter Solidarität: Wer die Solidarität einseitig aufkündigt, so Washington, darf seinerseits keine erwarten. Der Kanzler hatte gute Gründe, gegen den Feldzug des amerikanischen Präsidenten Position zu beziehen. Vor allem wollte er abwarten, mit welchem Ergebnis die im Auftrag der Vereinten Nationen in den Irak entsandten Inspektoren zurückkehren würden. Sie sollten herausfinden, ob Saddam Hussein tatsächlich noch, wie von Amerika unterstellt, über nennenswerte Bestände an Massenvernichtungswaffen verfügte. Dass Bush das nicht wollte, sondern erklärte, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sei „seiner Verantwortung nicht gerecht geworden“, so dass Amerika nunmehr der seinen gerecht werden müsse, trug entscheidend zur fortschreitenden Schwächung der UN und zum Scheitern dieser Runde im „Krieg gegen den Terror“ bei. Sich nicht gegenseitig ins Visier nehmen Fast alles, was man in solchen Situationen falsch machen kann, ist falsch gemacht worden. Das weiß man nicht erst heute. Wer wie in Afghanistan und im Irak in einen Krieg zieht, ohne zu wissen, wie er wieder aus diesem herauskommt, handelt fahrlässig. Wer wie im Irak oder in Syrien ein Regime bekämpft, ohne dass eine handlungsfähige Alternative hinter den Kulissen bereits in Position gebracht ist, handelt kurzsichtig. Dass man jetzt auch in Deutschland beschließt, den vollständigen Rückzug der Streitkräfte aus Afghanistan nicht nur aufzuhalten, sondern teilweise zu revidieren, ist eine Bankrotterklärung; und dass die Staatengemeinschaft unter anderem wieder im Irak zu Felde ziehen muss, um den IS zu bekämpfen, ist alarmierend. Für diese Fehlentwicklungen mitverantwortlich ist der Zustand der internationalen Gemeinschaften. Alle Organisationen, die jetzt aufgerufen sind oder sich berufen fühlen, den Terror zu bekämpfen, sind Kinder des Kalten Krieges. Keine von ihnen hat es im vergangenen Vierteljahrhundert fertiggebracht, sich den neuen weltpolitischen Realitäten zu stellen, die Vereinten Nationen nicht, die Nato nicht und die EU schon gar nicht. 9 Das desaströse Ergebnis ist im Irak, in Libyen, jetzt in Syrien zu besichtigen. Wer dort zurzeit in wessen Auftrag und mit welcher Legitimation welchen Gegner bekämpft, lässt sich weder für Außenstehende noch für die unmittelbar Betroffenen, ja, offenbar nicht einmal mehr für die intervenierenden Staaten ausmachen, so dass zum Beispiel amerikanische und russische Militärs hinter den Kulissen daran arbeiten, sich über der Levante nicht versehentlich gegenseitig ins Visier zu nehmen. ---------------------------30. 11. 2015 Mit diesem 6-Punkte-Plan will von der Leyen den IS besiegen In einem Gastbeitrag skizziert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen 6-PunktePlan, wie die Terrormiliz Islamischer Staat zerstört werden soll. Dabei geht es nicht nur um Einigkeit und Kampfstärke - auch die Muslime spielen eine wichtige Rolle. In einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung skizziert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen 6-Punkte-Plan, wie die Terrormiliz Islamischer Staat zerstört werden soll. 1. WIR BRAUCHEN EIN POLITISCHES ZWECKBÜNDNIS AUF ZEIT Mit der jüngsten Resolution des Weltsicherheitsrates müsse der Kampf gegen den IS für alle Staaten oberste Priorität haben, schreibt von der Leyen und bringt dabei sogar ein Bündnis mit Assad ins Spiel. Uneinigkeit zwischen Staaten wie Frankreich, den USA oder Russland und auch Deutschland stärke den IS. 2. IS MUSS GESCHWÄCHT UND ZURÜCKGEDRÄNGT WERDEN Durch die militärische Schlagkraft eines breiten Bündnisses soll der IS laut von der Leyen geschwächt, sein Bewegungsradius eingeschränkt sowie Stadt für Stadt zurückerobert werden. Sein Nimbus der Unbesiegbarkeit müsse zerstört werden. 3. IS MUSS AUF ALLEN EBENEN BEKÄMPFT WERDEN 10 Auch die Wirtschaft müsse sich am Kampf gegen den IS beteiligen. Gemeinsam müssten etwa Geldströme ausgetrocknet werden. 4. BÜNDNIS MIT MUSLIMEN VOR ORT Um zu zeigen, dass der IS nichts mit dem Islam zu tun hat, fordert von der Leyen ein Bündnis mit den sunnitischen Stämmen im Irak und in Syrien. 5. INTERNATIONALE PERSPEKTIV-KONFERENZ Auf einer internationalen Perspektivkonferenz Anfang Februar in London sollen Konzepte zur Zukunft der vom IS betroffenen Länder entwickelt werden. Damit sollen auch Fluchtursachen bekämpft werden. 6. TEUFELSKREIS DER ISLAMISTISCHEN GEWALT DURCHBRECHEN Von der Leyen fordert von den geistigen Führern des Islams, dass diese sich deutlich gegen den IS positionieren. Gleichzeitig müsse die Radikalisierung junger Muslime in unserer Gesellschaft präventiv bekämpft werden. ---------------------------- 3.12.2015 Referendum zur Teilnahme an Europol Die Debatte zur EU bringt bemerkenswerte Allianzen hervor: Die regierenden Liberalen (Venstre) von Ministerpräsident Lökke Rasmussen (links) und die oppositionellen Sozialdemokraten stehen hinter der Vorlage. Dänemark hat am Donnerstagvormittag die Stimmlokale für ein Referendum geöffnet, in welchem die Bürger zum sogenannten EU-Rechtsvorbehalt Stellung nehmen können. Die Fragestellung ist rechtstechnisch relativ kompliziert und für die Bevölkerung nicht leicht zu durchschauen. Deshalb erhielt die Volksabstimmung im Vorfeld durch die Kampagne der politischen Parteien auch den Anstrich einer grundsätzlichen Meinungsäusserung zum dänischen Verhältnis gegenüber Brüssel. Diese allgemeine Ebene, obwohl nicht explizit Gegenstand der Abstimmung, hat in der öffentlichen Diskussion immer mehr Gewicht erhalten. 11 4.12.2015 Dänemark stimmt gegen engere Zusammenarbeit mit der EU Kristian Thulesen Dahl von der dänischen Volkspartei feiert das Ergebnis des Referendums Die Dänen haben sich in einem Referendum gegen eine engere Zusammenarbeit mit den europäischen Sicherheits- und Polizeibehörden entschieden. Nach Auszählung fast aller Wahlzettel stimmten rund 53 Prozent der Wähler gegen eine solche Zusammenarbeit, rund 47 Prozent stimmten dafür. Der Ausgang des Referendums ist eine Niederlage für die dänische Regierung. Regierungschef Lars Løkke Rasmussen von der konservativen Partei Venstre sagte, er akzeptiere die Entscheidung der Dänen. Seiner Einschätzung nach ist das Ergebnis auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung gegenüber der EU zurückzuführen. Die Fragestellung des Referendums lautete, ob Dänemark bei den EU-Verträgen auf nationale Ausnahmen im Bereich der Justiz und der inneren Sicherheit verzichten soll. Ein solcher Verzicht ist für die Mitgliedschaft bei der EU-Polizeibehörde Europol erforderlich. Mit dem Ausgang des Referendums könnte Dänemark seine Europol-Mitgliedschaft verlieren. Im kommenden Jahr wird Europol zu einer überstaatlichen Behörde unter der Kontrolle der EU-Justiz- und Innenminister. Dieser Vorgang ist im Vertrag von Lissabon geregelt. Eine Mitgliedschaft in der europäischen Polizeibehörde erfordert damit einen Verzicht auf nationale Ausnahmen. Die konservative Regierungspartei Venstre und die oppositionellen Sozialdemokraten hatten eine engere Zusammenarbeiten mit der EU unterstützt, um der wachsende Gefahr des internationalen Terrorismus zu begegnen. Die Dänische Volkspartei und andere Gegner des Vorhabens argumentierten, durch eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union werde auch die Einwanderung von Flüchtlingen nach Dänemark zunehmen. Die rechtspopulistische Partei feierte das Ergebnis des Referendums als Erfolg. "Das Ergebnis steht im Kontrast zu der Idee, dass wir näher an den Kern der EU rücken und mehr und mehr Souveränität abgeben sollen", sagte Parteivorsitzender Kristian Thulesen Dahl. 04.12.2015 Euroskeptiker im Vormarsch Referendum in Dänemark bestätigt Ausnahmen vom EU-Recht Bei der Volksabstimmung in Dänemark vom Donnerstag zu Fragen des EU-Rechts haben nach den Ergebnissen der Auszählung von rund zwei Dritteln der Stimmen die Euroskeptiker den Sieg davongetragen. Das Referendum galt der Frage, ob Dänemark in den Bereichen, wo 12 für das Land gegenwärtig Ausnahmen aus dem EU-Recht gelten, einen Mechanismus einführen soll, der die Übernahme europäischer Normen ermöglicht. Die Regierung der liberal-konservativen Partei Venstre, die diesen Schritt befürwortete, wollte damit erreichen, dass Dänemark in der supranationalen Polizeibehörde Europol eingebunden bleiben kann. Das Anliegen unterstützten auch grosse Parteien der Opposition wie etwa die Sozialdemokraten. Dagegen war als wichtigste Formation die rechtsnationale Dänische Volkspartei, die sonst generell die Venstre-Minderheitsregierung stützt. Sie argumentierte im Vorfeld der Abstimmung, jede Abtretung von Souveränität an Brüssel sei gefährlich; die Europol-Einbindung lasse sich auch über einen Separatvertrag regeln. Diese Rhetorik scheint bei vielen dänischen Stimmbürgern verfangen zu haben. Eine Rolle dürfte dabei die europäische Flüchtlingskrise gespielt haben. Die Immigrationspolitik ist einer der Bereiche, wo Dänemark das nationale Recht behalten konnte. Die Dänen haben in einem Referendum über EU-Regeln zur Polizeiarbeit mehrheitlich mit Nein votiert. Damit könnte das Land die Mitgliedschaft bei Europol verlieren. --------------------------------4.12.2015 Autoritäre Tendenzen in Polen Kaczynskis Kampf gegen die Feinde Die neue Regierung in Warschau arbeitet zielstrebig an der Verwirklichung ihrer Vision einer neuen staatlichen Ordnung. Dabei schert sie sich wenig um die Gewaltenteilung. Jaroslaw Kaczynski wittert überall Feinde, denen die Nation geschlossen entgegentreten müsse. Mit einer sympathischen Spitzenkandidatin und einem moderaten Stil hat die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Oktober die polnischen Wahlen gewonnen. Wer dies von Anfang an für Augenwischerei hielt, sieht sich bestätigt. In schockierender Weise und in atemberaubendem Tempo demonstrieren die Partei und ihr Führer Jaroslaw Kaczynski ihre Geringschätzung für den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung und die Medienfreiheit. 13 4.12.2015 Die Wutbürgerin auf der Regierungsbank Großer Auftritt für die Organisatorin des Volksbegehrens, das einen EU-Austritt erzwingen will – zuhören wollte sie aber nicht Wien – Dort, wo sonst die Minister sitzen, saß am Donnerstag Inge Rauscher. Aber nur kurz. Die erfahrene Aktivistin, die schon in vielen Bürgerinitiativen tätig war, ist diesmal als Vertreterin des EU-Austritts-Volksbegehrens eingeladen, ihre Positionen vor dem Verfassungsausschuss des Parlaments darzulegen – und wegen des Umfangs des Themas hat man den Plenarsaal des Nationalrats als Ort gewählt. Experten bereit, Anliegen zu zerpflücken Auf den Abgeordnetensitzen: die Mitglieder des Verfassungsausschusses, dahinter einige wenige Zuhörer – man hat den Saal schon voller gesehen. Auf der Regierungsbank: Staatssekretärin Sonja Steßl als Vertreterin der Bundesregierung sowie die von den Parlamentariern bestellten Experten. Und eben Inge Rauscher. Sie lässt das Besucherticket in ihrem weißen Plastiksackerl verschwinden und holt eine vorbereitete Erklärung heraus. Sie darf gleich zu Beginn des Hearings sprechen, zehn Minuten Redezeit sind ihr zugestanden. Vorwürfe gegen Abgeordnete Ihre Wortmeldung nutzt sie, um die Parlamentarier ("die sich als Volksvertreter bezeichnenden Abgeordneten") zu schmähen und gleichzeitig zu verlangen, dass sie, die Wutbürgerin, eigentlich mehr Zeit brauche. Weil die von ihr organisierten EU-Gegner ja das eigentliche Volk seien: "Diese Sitzung soll der gesetzlich vorgeschriebenen Vorberatung der Plenardebatte des gesamten Nationalrats über dieses Volksbegehren dienen, das trotz weitgehenden Medienboykotts von 261.056 ÖsterreicherInnen unterzeichnet wurde. Jedes erfolgreiche Volksbegehren stellt die stärkstmögliche Unterstützung eines Gesetzesantrags in der jeweiligen Sache durch das Volk in direkter Willensbekundung dar, wie ihn kein anderer Gesetzesbeschluss im Nationalrat geltend machen kann." "Praktisch mundtot" Die Erklärung, die sie im Sitzen vom Blatt liest, ist gespickt mit Anklagen gegen "die massive Migrationswelle", die erst nach der Eintragungswoche des Volksbegehrens eingesetzt hat, und gegen die parlamentarische Praxis, durch die "über eine Viertelmillion sehr bewusste Österreicher praktisch mundtot gemacht und entmündigt und deren Vertreter zu Statisten degradiert" würden, weil die Behandlung des Volksbegehrens unnötig verschleppt würde. 14 Vor allem aber geht es – wie schon in der Kampagne vor der Eintragungswoche im Sommer – gegen die EU, die Rauscher eine "immer weniger europäische" Union und eine "Wirtschafts-Nato" nennt. Da will sie raus. Blut- und Boden-Ökonomie Da glaubt sie – unter Berufung auf eine im STANDARD publizierte Imas-Umfrage – 45 Prozent der Bevölkerung hinter sich zu haben. Da bricht es aus ihr heraus: "Bei dieser zutiefst demokratischen Forderung geht es um nichts weniger als um die Wiedergewinnung der Substanz eines freien, selbstständigen und neutralen Österreichs in seiner Gesamtheit. Es geht um die Wiedergewinnung der Identität Österreichs in seinem inneren Zusammenhalt, um die Umkehr von der Rekord-Arbeits-losigkeit und Rekord-Staatsverschuldung durch Wiederaufbau der volkswirtschaftlichen Basis unseres Landes, nämlich der mittelständischen Wirtschaft und der Ernährungssouveränität durch unsere Bauern und damit auch um umwelt- und tiergerechtere Produktionsweisen gegenüber jenen der die EU beherrschenden multinationalen Großkonzerne; um die Abwehr des TTIP-Freihandelsabkommens der EU mit den USA, das bei EU-Austritt eben für Österreich nicht gelten würde." Aufbruch unter Protest Aber darüber wolle man ja nicht ernsthaft mir ihr verhandeln, klagt Wutbürgerin Rauscher – und verlässt unter Protest die Regierungsbank und den Plenarsaal. Das überrascht auch Andreas Schieder – der SPÖ-Klubchef meldet sich zur Tagesordnung zu Wort, man berät kurz, ob man ohne die Proponentin des Volksbegehrens überhaupt sinnvoll weiterverhandeln könne. "Blanker Unsinn", sagt der Professor Man kann, heißt es nach kurzer Debatte – schließlich sind fünf hochkarätige Experten geladen, die nun der Reihe nach zu Wort kommen. Stefan Griller von der WU zum Beispiel. Er fasst die Argumente des EU-Austritts-Volksbegehrens in einem Satz zusammen: „Alle angegebenen Gründe sind blanker Unsinn.“ Aber natürlich könne man aus der EU auch ohne sinnvolle Begründung austreten. Es wäre halt zum Schaden Österreichs. --------------------------------4.12.2015 Rupprechter sieht noch einige Knackpunkte bei Klima-Gipfel Die UNO-Klimakonferenz bei Paris ist "relativ holprig angelaufen". Diese Bilanz zog Umweltminister Andrä Rupprechter am Freitag in Wien. "Nicht Eckpunkt, sondern Startschuss" solle 15 der Gipfel sein, sagte Rupprechter: für den Ausstieg aus der Kohle oder für die weitere Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Die Umweltschutzorganisation Global 2000 sieht in Paris indessen "zaghafte Fortschritte". Was den Klima-Gipfel betrifft, so würde der gestern bekannt gewordene neue Entwurf für ein globales Klimaschutzabkommen noch einige Knackpunkte offen lassen, die "ab Montag dann im Highlevel-Segment verhandelt werden", kündigte der Umweltminister an. Dass der COP21-Gipfel bis zum Ende der kommenden Woche ein Ergebnis bringen muss, ist evident, denn "ohne Abkommen in Paris können die Folgen des Klimawandels bis Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 8,8 Milliarden Euro jährlich ansteigen." Was Österreichs Klimapolitik betrifft, gibt es ein Zwei-Säulen-Modell, das sich aus der Bekämpfung der Ursachen und aus Maßnahmen zur Klimawandelanpassung zusammensetzt. Für Österreich gibt es mit der integrierten Klima- und Energiestrategie auch nach Paris ein klares Ziel. Der ÖVP-Politiker Rupprechter wies auf den Plan hin, bis zum Jahr 2030 auf eine 100 Prozent erneuerbare Stromversorgung zu setzen, wie dies Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in seiner Rede beim Klima-Gipfel am Montag angekündigt hat. Rupprechter betonte aber, dass es neben den politischen Maßnahmen auch auf die Bürger selbst ankommt, denn "jeder Einzelne kann täglich etwas tun", wenn man sich etwa für regionale Lebensmittel und klimaschonende Elektrogeräte entscheiden würde. "Eine CO2arme Gesellschaft ist nicht rein technologisch machbar, sie muss auch in die Köpfe", erklärte hier Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur. Um bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels zu schaffen und insbesondere für die Möglichkeiten, die ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen mit sich bringt, hat Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt ein neues Internet-Tool präsentiert. Der "Klima-Zielpfadrechner" ermöglicht es, unterschiedliche Energie-Angebots- und –verbrauchszenarien zu simulieren und deren Auswirkungen auf die klimaschädlichen Emissionen darzustellen. "Die Ausrede, dass eine Reduktion der Treibhausgase um 80 Prozent bis 2050 nicht möglich ist, kann so einfach widerlegt werden", sagte Schneider. Der wissenschaftliche Umgang mit dem Klimawandel wurde von Kromp-Kolb thematisiert, indem sie mehrere Forschungsprojekte aus dem Programm "StartClim" vorstellte. "StartClim" wurde 2003 vom Umweltministerium gegründet und setzt mit einem knappen Budget von 120.000 Euro jährlich fünf bis sechs Forschungsvorhaben um. Unter anderem wurden die Auswirkungen des Aufgehen des Permafrosts in Österreich samt den Folgen wie vermehrter Steinschlag und Muren untersucht, oder das klimabedingte Auftreten von parasitären Krankheiten, das die Tierwelt in zunehmend höheren Regionen bedroht. Kromp-Kolb betonte, dass "die Forschung in der angestrebten Transformation eine wesentliche Rolle hat." Positive und negative Beispiele zur Lage der österreichischen Umwelt wurden zudem beim Fortschrittsbericht vorgestellt, der die Grundlage für die Maßnahmen zur Klimawandelanpassung ist. Gesteigert wurde etwa die biologische Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen seit dem Jahr 2000, ebenso konnte die Gewässerökologie verbessert werden. Aufholbedarf gebe es jedoch bei der Raum- und der Bauordnung. "In Österreich ist vieles unternommen worden, jedoch gibt es auf manchen Gebieten immer noch institutionelle Barrieren", kommentierte Rupprechter den Status-Quo. "Trotz aller Bemühungen zur CO2Reduktion führt an der Klimawandelanpassung kein Weg vorbei", hielt der Umweltminister fest. 16 Die Umweltorganisationen Global 2000 spricht nach der ersten Woche der Klimakonferenz in Paris von "zaghaften Fortschritten". "In allen wichtigen Fragen liegen die Lager noch weit auseinander", fasste Klimasprecher Johannes Wahlmüller die bisherigen Ergebnisse zusammen. Positiv sei jedoch die Ankündigung von Deutschland und Frankreich, sich für ein 1,5-Grad-Ziel einzusetzen. Frankreich habe ebenso angekündigt, dass es einen Teil der geplanten Einnahmen der Finanztransaktionssteuer für internationale Klimafinanzierung zur Verfügung stellen wird. Die NGO forderte, Österreich solle mindestens 50 Prozent der Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer für die Aufstockung der Klimafinanzierung und der Mittel für die offizielle Entwicklungszusammenarbeit zu verwenden. Die Einführung dieser Steuer steht am 8. Dezember beim EU-Rat der Finanzminister auf der Tagesordnung Mehr Bewegung brauche es beim Klima-Gipfel laut Global 2000 noch bei der Anerkennung von Klimaschäden, langfristigen Finanzierungszielen und insgesamt mehr Ambition bei der Definition der Klimaziele. Wahlmüller forderte zum Erreichen eines vernünftigen Abkommens die Führungsrolle der entwickelten Industrienationen ein. In Paris werden noch den ganzen Freitag lang Themen wie das langfristige Minderungsziel, die rechtliche Verbindlichkeit, der Umgang mit Anpassung an Klimafolgen, finanzielle und technische Unterstützung von Entwicklungsländern und die Frage, wie die nationalen Klimaschutzpläne vor 2020 und danach erhöht werden können, verhandelt. Am morgigen Samstag soll es dann einen fertigen Vertragsentwurf geben Zum Thema: www.leeb-oel.at der zerbrochene Krug in Salzburg XIII - 1 vom Dorfrichter Adam >zum JUSTIZMINISTERIUM Vorstellung an den Herrn Justizminister der zerbrochene Krug in Salzburg XIII - 2 vom Dorfrichter Adam >zum LANDESGERICHT SALZBURG Vorstellung an den Herrn Präsidenten ----------------------------- TTIP: Umstrittenes Freihandelsabkommen Der österreichischer Holzkonzern Schweighofer will vor einem internationalen Schiedsgericht gegen ein Gesetz in Rumänien klagen. Das Fallbeispiel aus dem Osten zeigt, wie sich das EU/USA-Handelsabkommen TTIP ganz konkret auswirken könnte. 17 Wenn es um die abgelegenen Wälder Rumäniens geht, geraten Naturliebhaber gern ins Schwärmen. Zum Beispiel der Wiener Fotograf Matthias Schickhofer, der gerade an einem Buch über die letzten Urwälder Mitteleuropas arbeitet. Dort herrsche ein "anarchisches Chaos von Werden und Vergehen“, sagt er: "Totes Holz stapelt sich. Spechte klopfen. Durch das Kronendach dringt Zwielicht.“ In Rumänien hat sich erhalten, was im größten Teil Europas längst der Vergangenheit angehört: Urwald. Ganze 11.000 Hektar sind bis heute vom Menschen völlig unberührt. Und dabei handelt es sich lediglich um den inneren Kern eines großen, wilden Waldgebiets. Das ist nicht nur schön anzuschauen, sondern bietet auch Schutz für Arten, die anderswo verdrängt wurden, wie etwa Wölfe und Braunbären. Allein von Letzteren schätzt man die Population in Rumänien auf 5000 Exemplare. Der komplette Alpenraum bringt es, zum Vergleich, auf ungefähr 50 Braunbären. Doch die rumänischen Wälder sind massiv gefährdet. Illegale Holzschläger setzen ihnen zu. Seit der Wende ist in Rumänien illegal ungefähr so viel Wald abgeholzt worden, wie das Burgenland Fläche hat, beklagen Umweltschützer. Glaubt man lokalen Aktivisten, sind dafür auch österreichische Holzunternehmen verantwortlich. Sie sind die mächtigsten Player auf dem rumänischen Markt. Vor allem der Marktführer steht in der Kritik. Das Wiener Unternehmen Schweighofer Holzindustrien soll, behaupten Kritiker, seit Jahren kaum darauf achten, wo das Holz für seine vier Säge- und Holzwerke herkommt. Schweighofer weist die Vorwürfe zurück. Die Auswirkungen von TTIP Doch es geht nicht nur um angeblich fragwürdige Praktiken österreichischer Unternehmen in Osteuropa. Es geht auch um die Auswirkungen des geplanten EU/USA-Freihandelsabkommens TTIP ("Transatlantic Trade and Investment Partnership“). Das Abkommen sieht vor, dass Konzerne künftig vor internationalen Schiedsgerichten gegen Staaten klagen können, sollten sich die Unternehmen diskriminiert fühlen. Ein solches Instrument steht österreichischen Unternehmen in Rumänien bereits heute zur Verfügung (und in einer Vielzahl anderer Staaten), denn Rumänien und Österreich schlossen im Jahr 1996 ein zwischenstaatliches Investitionsschutzabkommen ab, welches diese Möglichkeit vorsieht. Schweighofer will sie nun nutzen. Das Unternehmen fühlt sich durch ein neues Forstgesetz in Rumänien benachteiligt. Die sozialdemokratische Regierung des Landes - sie steht selbst unter massivem Korruptionsverdacht - hat das Gesetz Ende Mai beschlossen. Es soll zu mehr Waldschutz und einer verträglicheren Nutzung des Holzes führen, argumentiert die Regierung Der Streit zwischen Schweighofer und dem rumänischen Staat zeigt, exemplarisch und quasi als Vorgriff, wie sich TTIP auswirken könnte - abseits aller Kampagnen der Gegner und Befürworter. Und der Fall Schweighofer führt hinein in einen erbitterten Kampf um eine der letzten naturbelassenen Landschaften, der sieben Autostunden östlich von Wien stattfindet. Die Geschichte beginnt im Jahr 2002, als Schweighofer in den rumänischen Holzmarkt einsteigt, der bis dahin von Kleinbetrieben geprägt ist. Der Konzern ist sogleich überlegener 18 Marktführer. Der geschäftstüchtige Alleineigentümer Gerald Schweighofer hat seine Firma vom einstigen Familienbetrieb im Waldviertel in ein multinationales Unternehmen verwandelt. Zu den Kunden in Österreich zählen heute etwa das Heizunternehmen Genol, der Holzverarbeiter Drauholz und die Handelskette Spar. Im Jahr 2013 erzielt Schweighofer in Rumänien einen Umsatz von ungefähr 700 Millionen Euro. Der Marktanteil bei Nadelhölzern erreicht etwa 27 Prozent. Das sei zu groß für den rumänischen Markt, lautet von Anfang an die Kritik. Schweighofer holze selbst zwar keine Wälder ab, setze aber durch seine Marktmacht andere Firmen unter Druck. Da das Unternehmen noch dazu gutes Geld für Holz bezahle, entstehe ein Anreiz, möglichst viel abzuholzen. Und sei es illegal. Kritik von Umweltaktivisten Einer der schärfsten Kritiker heißt Gabriel Paun, Umweltaktivist der NGO "Agent Green“. Paun filmte im November 2014 einen Lastwagen mit angeblich illegalem Holz. Jeder Holztransport ist in Rumänien registriert, dadurch kann man die Herkunft der Ladung per Telefon-Hotline nachprüfen. Dort hieß es, dieser Transport sei illegal. Der Lastwagen rollt später in Sebeș, Zentralrumänien, in ein Werksgelände von Schweighofer ein. Dazu bringt auch ein Gerichtsurteil, das profil vorliegt, Schweighofer mit illegal geschlägertem Holz in Verbindung. Es richtet sich gegen einen staatlichen Forstmanager in der Stadt Sibiu im Jahr 2011. Am schwersten wiegt schließlich ein weiteres Video vom heurigen April. US-amerikanische Umweltschützer der Organisation "Environmental Investigation Agency“ geben sich darin mit versteckter Kamera als Holzverkäufer aus, die einen Deal mit Schweighofer machen wollen. Es sei "kein Problem“, mehr Holz zu kaufen, als das erlaubte Kontingent vorsieht, erklären die Schweighofer-Mitarbeiter ihren vermeintlichen Geschäftspartnern. Fazit der Umweltschützer: Nicht nur "akzeptiert Schweighofer wissentlich und geplant illegal geschlägertes Holz“. Mehr noch, das Unternehmen "animiert zu zusätzlichen Schlägerungen durch ein Bonus-System“. Aktivisten der US-Umwelt-NGO „Environmental Investigation Agency“ (EIA) geben sich im April als Holzverkäufer aus und sprechen mit versteckter Kamera bei Schweighofer vor. Es sei „kein Problem“, mehr Holz zu kaufen, als das erlaubte Kontigent vorsieht, erklären die Schweighofer-Mitarbeiter ihren vermeintlichen Geschäftspartnern. Schweighofer weist alle Vorwürfe zurück. Das Video sei "stark zusammengeschnitten und inhaltlich im falschen Kontext dargestellt“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber profil. Auch das Bonus-System habe nicht etwa mit illegalen Schlägerungen zu tun, sondern lediglich "mit bestmöglicher Erfüllung von Lieferantenverträgen“. Insgesamt kaufe Schweighofer "nachweislich nur Holz aus einwandfreien Quellen“. Die betroffenen Mitarbeiter sind trotzdem vorübergehend suspendiert, eine Prüfung der Vorwürfe erfolgt. 19 Schweighofer weist alle erhobenen Vorwürfe streng zurück. Das EIA-Video sei „stark zusammengeschnitten“, heißt es beispielsweise. Man kaufe „nur Holz aus einwandfreien Quellen“. Hier nimmt Firmenchef Gerald Schweighofer persönlich Stellung. Doch Schweighofer kämpft nicht nur gegen die Anschuldigungen von Aktivisten, sondern auch an einer zweiten Front. Am 20. Mai brachte die rumänische Regierung nach langer Debatte ein neues Forstgesetz durch das Parlament. Es soll, so der sozialdemokratische Premierminister Victor Ponta, dazu führen, dass sich auch künftige Generationen noch an Rumäniens Wäldern erfreuen Das Gesetz schreibt Waldbesitzern beispielsweise strikte Management-Pläne vor - so weit noch kein Politikum. Doch es gibt auch einen höchst umstrittenen Aspekt, der sich vor allem gegen Schweighofer richtet: In Artikel 63, Paragraf 5, begrenzt Rumänien künftig den Marktanteil großer Unternehmen auf dem rumänischen Holzmarkt. Pro Holzsorte darf eine Firma nur noch 30 Prozent verarbeiten. Schweighofer steht derzeit bei rund 27 Prozent, aber ein neues Sägewerk steht vor seiner Eröffnung. Die vielen Vorwürfe, mit denen sich Schweighofer konfrontiert sieht, haben wohl zusätzlich zur Einführung dieser 30-Prozent-Klausel beigetragen. Doch der Gedanke dahinter ist ein größerer: Rumäniens Regierung will die Macht großer Unternehmen in der Branche beschränken. Dann können sie, so die Hoffnung, ihren kleinen Mitbewerbern nicht mehr Bedingungen diktieren, was illegale Schlägerungen reduzieren helfen könnte. Ob dieser Plan aufgeht, ist in Rumänien umstritten. Die staatliche Wettbewerbsbehörde und der liberale Staatspräsident Klaus Johannis etwa sehen darin einen unrechtmäßigen Eingriff in den freien Markt und halten die aktuelle Gesetzeslage für ausreichend. Umweltschützer hingegen bewerten die Maßnahme eher positiv. Magor Csibi beispielsweise, Direktor des WWF Rumänien, befürwortet, dass "Monopole eingeschränkt“ werden: "Für eine nachhaltige Zukunft des Waldes müssen wir dafür sorgen, dass in erster Linie lokale Marktteilnehmer von seiner Bewirtschaftung profitieren. Dann werden sie auch Interesse daran haben, den Wald langfristig zu schützen.“ Schweighofer jedenfalls mobilisiert mit allen Mitteln gegen die Gesetzesänderung. Und hier kommt TTIP ins Spiel. Oder besser gesagt: die Art, wie sich das Handelsabkommen nach Inkrafttreten auch in Österreich und Resteuropa auswirken könnte. Drohgebärden Im September 2014 und Mai 2015 schickte Gerald Schweighofer zwei Briefe an Premier Victor Ponta. Darin legte er mit durchaus drastischen Worten die Konsequenzen für den Fall dar, dass das Gesetz in Kraft treten sollten. Nicht nur könnte sein Unternehmen abwandern, wodurch 2600 Arbeitsplätze verloren gingen. Schweighofer kündigte auch an, Rumänien vor dem "Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten“ (ICSID) in Washington zu klagen. Denn die 30-Prozent-Klausel, so der Unternehmer, "verletzt definitiv das zwischenstaatliche Investitionsschutzabkommen zwischen Österreich und Rumänien“. Das ICSID ist ein halböffentliches Schiedsgericht, das zur Weltbank gehört, zuständig für Streitigkeiten zwischen Regierungen und Unternehmen. Die Verfahren sind teuer, die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen, nicht einmal die Urteile müssen publiziert werden. Die Befürworter solcher Schiedsgerichte argumentieren, dass sie Unternehmen vor willkürlichen 20 Regierungsmaßnahmen schützen, etwa Enteignungen. Die Gegner warnen vor zu viel Konzernmacht und der Aushebelung nationaler Justizapparate - und davor, dass schon die Drohung mit dem Gang vor ein Schiedsgericht als starke Waffe gegen einen Staat eingesetzt werden könne. Zumindest diese Befürchtung bestätigt der Fall Schweighofer. Mit Verweis auf das ICSID macht nicht nur der Firmenchef Druck beim Premier - auch die österreichische Botschaft in Rumänien interveniert. Im September 2014 schreibt Botschafter Gerhard Reiweger an Rumäniens damaligen Umweltminister Attila Korodi. Das geplante Gesetz beeinträchtige die Investitionen Schweighofers in Rumänien, heißt es in dem Brief. Er hoffe, so der Botschafter, man werde eine für alle Seiten günstige Lösung finden. Die Firma Schweighofer selbst hat die angekündigte Klage beim ICSID bislang nicht eingebracht. Man warte noch ab, "da erst die Ausführungs- und Umsetzungsbestimmungen des Gesetzes von den zuständigen Behörden ausgearbeitet werden“, so das Unternehmen in einer Stellungnahme gegenüber profil. Komplexe Causa Der Fall Schweighofer ist ein Schulbuchbeispiel, was internationale Schiedsgerichte betrifft. Und er zeigt, wie komplex das Thema ist. Es geht in dieser Causa um eine Gesetzesänderung, die in den Augen vieler Umweltschützer durchaus wünschenswert ist. Zugleich jedoch ist das Unternehmen Schweighofer - bei allen schweren Vorwürfen seitens der Umweltaktivisten tatsächlich mit einem unerwarteten Schritt der rumänischen Politik konfrontiert, der seine Zukunft in Rumänien gefährdet. Der Gang vor ein Schiedsgericht, den Schweighofer nun antreten will, ist einer, den Jahr für Jahr mehr Unternehmen beschreiten. Die Zahlen zeigen eine enorme Zunahme einschlägiger Klagen. Beim ICSID zum Beispiel, vor das auch Schweighofer ziehen will, wurden im Jahr 1996 noch 38 Fälle behandelt. Ende 2011 waren es schon 450. Zwar gewinnen vor derartigen Gerichten angeblich Staaten häufiger als Unternehmen - genau lässt sich das jedoch nicht beziffern, weil die Entscheidungen nicht öffentlich sind. Doch mit der Möglichkeit einer Klage verfügen die Unternehmen definitiv über ein mächtiges Instrument. Wenn man aus dem Fall Schweighofer eine Lehre ziehen will, könnte es diese sein: Investor-Staat-Klagen müssen - wenn es sie schon gibt - höchst transparent und ihre Einsatzgebiete strengstens definiert sein. Nur dann können sie sinnvolle Gesetzesvorhaben nicht behindern. Ob eher Schweighofer oder der rumänische Staat gewinnen wird, sollte es tatsächlich zu einem Verfahren kommen, wagen Juristen auf profil-Anfrage nicht einzuschätzen. Aber vielleicht wird man es bald wissen. Denn die rumänische Politik scheint dem Ansinnen des österreichischen Unternehmens nicht nachzukommen. ---------------------------6.12.2015 Russland droht der Ruin und dieses Land ist schuld daran: 21 Lange hat er sich drohend angekündigt - jetzt steht Russland tatsächlich kurz vor dem Bankrott. Schuld daran ist der stetig fallende Ölpreis. Über den können sich Verbraucher zwar freuen, Förderländer aber bringt er in eine äußerst gefährliche wirtschaftliche Lage. Die Bedrohung ist so akut wie noch nie. "Sollte der Ölpreis weiter nachgeben und über längere Zeit auf einem niedrigen Niveau bleiben, so steigt das Risiko fiskalischer und finanzieller Destabilisierung signifikant", sagte Sergej Narkewitsch, Analyst bei der PAO Promsvyazbank in Moskau, der “Welt”. Dazu kommt die hohe Inflation. Die "Zeit" zitierte bereits im Sommer die Wirtschaftsuniversität Moskau, derzufolge jeder vierten der 83 russischen Regionen der Bankrott drohe. Russlands Wirtschaft ist vom Erdöl abhängig. Das Land zählt zu den größten Energieproduzenten der Welt, 5,5 Prozent der weltweiten Reserven an Erdöl entfallen auf Russland. Im Jahr 2013 machte der Export von Rohöl und Ölprodukten gigantische 54 Prozent der gesamten russischen Exporte aus. Die Preise anderer Exportgüter wie die von Industriemetallen hängen ebenfalls am Ölpreis. Russland gehen deswegen nun die finanziellen Reserven aus. Als Reaktion auf die wegbrechenden Einnahmen aus dem Ölgeschäft hat Putin in den vergangenen Jahren schon massiv Kosten im Land eingespart. Schon sehr bald aber wird es nichts mehr geben, das eingespart werden kann. Schuld an dem aktuellen Absturz des Preises für Erdöl ist die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec). Wider Erwarten konnte sich die Organisation am Freitag nicht auf eine Förderquote einigen. Die Entscheidung sei auf kommendes Jahr verschoben worden, sagte Opec-Generalsekretär Abdalla Salem El-Badri in Wien. Die Folge: Wegen der unklaren Lage sank der Preis für Benzin, Diesel und Heizöl erneut. Die am meisten verbreitete Sorte WTI kostete am Freitag noch einmal 2,6 Prozent weniger, nämlich 40,22 Dollar pro Barrel. Die Förderquote gibt an, wie viel Erdöl die zwölf Mitglieder des Ölkartells pro Tag aus dem Erdreich entnehmen sollen. Bei vergangenen Treffen hatte sich die Opec auf 30 Millionen Barrel pro Tag als Förderziel geeinigt. Zuletzt hatte das Ölkartell jedoch um die 32 Millionen Fass pro Tag gefördert und damit maßgeblich zu einem erheblichen Überangebot beigetragen. Solange die Förderquote also nicht niedriger wird, steigt auch der Ölpreis nicht wieder. Dass es zu keiner Einigung innerhalb der Opec kommt, liegt vor allem an einem Land: Saudi-Arabien. Die Saudis haben die stärkste Stimme in dem Kartell. Ohne das Einverständnis der mächtigen Öl-Scheichs des Landes kann es also keine Einigung auf eine Förderquote geben - auf die speziell Russland so dringend angewiesen wäre. Obwohl Saudi-Arabien so viel Macht in der Opec hat, steckt es ebenfalls in einer schwierigen Lage. Denn: Auch die Scheichs können sich ein derart niedriges Preisniveau für ihren Handel eigentlich nicht leisten. Auch sie haben ein Interesse daran, dass dem Absturz ein Ende bereitet wird. Warum sie trotzdem verhindern, dass der Ölpreis steigt, hat mehrere Gründe: 22 1. Saudi-Arabien möchte seinen politischen Einfluss nicht verlieren. Den hat es in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut - dank der großen Ölvorkommen in dem Land. Diese Machtposition verschafft ihnen in diplomatischer Hinsicht in allen diplomatischen Fragen große Vorteile. Schließlich ist gerade der Westen wirtschaftlich von Saudi-Arabien abhängig. Das Land will mit allen Mitteln Marktführer bleiben. Das bedeutet, dass die Position insbesondere gegenüber den USA verteidigt werden muss. Niedrige Ölpreise schaden den USA, denn dadurch sind viele Produktionsstätten nicht mehr rentabel und müssen geschlossen werden. 2. Saudi-Arabien will verhindern, dass der Iran an den internationalen Öl-Markt zurückkehrt. Schließlich ist der ein weiterer potentiell mächtiger Konkurrent auf dem Markt und vor allem traditioneller politischer Gegner in der Region. Lenken die Saudis nicht ein, wird der Iran den wirtschaftlichen Aufschwung unmöglich schaffen. Neben Russland ist kein Land so sehr auf einen steigenden Ölpreis angewiesen. 3. Die Scheichs wollen ihren Kunden weiterhin großzügige Rabatte geben können. Um ihren hohen Marktanteil halten zu können, haben sie Großkunden im vergangenen Jahr mehrmals Rabatte gegeben - einer der Ursachen für den rasanten Abfall des Ölpreises. 4. Die miserable Lage Russlands dürfte den Saudis zupasskommen. Denn das Verhältnis beider Länder ist angespannt. Saudi-Arabien hatte bereits 2011 gefordert, Syriens Diktator Baschar al-Assad müsse abtreten. Russland dagegen hatte entsprechende Resolutionen im UN-Sicherheitsrat verhindert und hat sich in den vergangenen Monaten demonstrativ hinter Assad gestellt. Außerdem wird Assad vom Iran gestützt - also von der Regionalmacht, die die Saudis möglichst klein halten wollen. Die Opec liefert rund ein Drittel des weltweiten Rohöls. Das Kartell besitzt sogar drei Viertel der bekannten Reserven. Es wurde 1960 in Bagdad von Saudi-Arabien, dem Iran, dem Irak, Kuwait und Venezuela gegründet. Ziel war es, die Ölquellen selbst zu kontrollieren, statt es den Ölkonzernen zu überlassen, und mit Förderabsprachen auch den Ölpreis zu beeinflussen, um sich stabile Gewinne zu sichern. Das Ölkartell hatte zuletzt 12 Mitgliedsländer, Indonesien wurde nun als 13. Mitglied aufgenommen. Das Land war bereits von 1962 bis 2009 in der Opec aktiv und liefert etwa 800.000 Barrel pro Tag. -------------------------23 Frankreich:Der angekündigte Aufstieg der Marine Le Pen Die Terroranschläge reichen nicht aus, um Le Pens Erfolg zu erklären. Ihr Sieg bei den Präsidentenwahlen ist nun wahrscheinlicher – der wäre katastrophal für Europa. Es liegt nahe, den Sieg des rechtsextremen Front National (FN) bei den französischen Regionalwahlen mit den Pariser Attentaten zu erklären. Tatsächlich zeigten Wählerbefragungen nach dem Wahlgang, dass viele Franzosen der Partei bei Themen wie Terrorismusbe-kämpfung und innerer Sicherheit besonders viel Vertrauen schenken. Und doch reichen die Pariser Attentate nicht als Erklärung für den Sieg der Rechtsextremen. Das Wahlergebnis hat alle Chancen, in die Geschichte einzugehen als letzter und erneut missverstandener Warnschuss der französischen Wähler vor der eigentlichen, sich seit Jahren immer stärker abzeichnenden Katastrophe. Nämlich einem Wahlsieg Marine Le Pens bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2017. Selbst ein sehr gutes Abschneiden der FNChefin ohne Sieg würde die französische Politik ganz neuen Zwängen unterwerfen. Diese Katastrophe ist heute wahrscheinlicher als je zuvor. Zumal sich die Wahlergebnisse mit etwas Abstand zu den jüngsten Ereignissen nur als Fortsetzung eines mehrjährigen, immer steiler werdenden Trends lesen lassen. Im Jahr 2011 hat Marine Le Pen effektiv die Führung des FN übernommen. Als sie bei den Präsidentschaftswahlen 2012 erstmals als nationale Führungsfigur auftrat, entschied sich im ersten Wahlgang noch knapp jeder fünfte Wähler für sie. Sie landete bei 18 Prozent. Bei den Europawahlen 2014 war es dann jeder vierte Wähler. Sie landete bei 25 Prozent. Heute schenkt ihr jeder dritte französische Wähler seine Stimme. Sie liegt nun fast bei 30 Prozent landesweit. Schafft sie das auch 2017? Ihr Fazit zur Wahl, dass der Front National "unbestreitbar" die stärkste Partei Frankreichs sei, lässt sich deshalb schlecht widerlegen. Auch wird man bereits beim zweiten Wahlgang der Regionalwahlen in einer Woche bemerken können, dass das französische Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen der stärksten Partei auch dann noch einen Bonus verschafft, wenn diese Partei rechtsextrem ist. Will heißen: Nächsten Sonntag wird Le Pen aller Voraussicht nach erstmals bei über 50 Prozent der Stimmen liegen, jedenfalls in ihrer Region. Ab dann aber wird nur noch eine Frage die französische Politik bis zu den Präsidentschaftswahlen dominieren: Schafft sie das auch 2017? 24 Die Voraussetzungen, um ihren Aufstieg zu stoppen, sind nicht gut. Die alten Links- und Rechtsparteien sind sowohl untereinander als auch zwischen den Lagern tief zerstritten. Auf der Rechten bekriegen sich die Republikaner unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy mit den Zentristen. Auf der Linken die regierenden Sozialisten mit Grünen, Linksfront und Kommunisten. Nur vereint könne eines der beiden Lager den FN im ersten Wahlgang noch schlagen. Doch wer eint sie? Und wer eint dann erst Rechte und Linke im zweiten Wahlgang? Sicher nicht Sarkozy, der bereits gestern Abend jegliche Wahlabsprache mit der Linken ausschloss. Und wohl auch nicht Präsident François Hollande, dessen recht gute Reaktion auf die Attentate seiner Partei an der Urne kaum geholfen hat. Tatsächlich gibt es derzeit keinerlei Anzeichen, dass der Wahltrend für den FN seit 2012 abbricht – auch dann nicht, wenn er in Folge der Attentate noch gestärkt wurde. Nimmt man das Wahlergebnis vom 6. Dezember deshalb ernst, müssten nicht nur in den Pariser Parteiund Regierungszentralen die Alarmglocken klingen, sondern in ganz Europa. "Das französische Volk kann stolz auf sich sein!" verkündete die Wahlsie-gerin Le Pen am Sonntagabend, mit ihrer Partei werde Frankreich wieder den Weg zu alter Größe finden. Es war eine eigentlich nicht überhörbare Ankündigung zum Ausstieg aus der Europäischen Union. Und dennoch fragte man sich, wer wirklich zuhörte und das Ausmaß der Bedrohung begriff. -----------------------------10. 12. 2015 Warum den Deutschen der Brexit eher egal ist Froh wären die Deutschen nicht über einen Ausstieg der Briten aus der EU, verkraften könnten sie ihn schon. Das spiegelt das ambivalente Verhältnis wider, das beide Völker zueinander pflegen. Das Erinnerungswürdigste an John Major, vormals britischer Premier, ist wohl, dass er wenig geleistet hat, an das sich die Erinnerung lohnen würde. Als er 2014 nach Deutschland kam, glaubte Major, er habe eine explosive Nachricht im Gepäck. Die Gefahr eines Ausstiegs der Briten aus der EU (Brexit) sei echt, drohte er. Und die Deutschen sollten sie besser ernst nehmen. Doch die Warnungen des Herrn Major verpufften, kaum ein deutsches Medium berichtete. Wenn es nach ihm ginge, hätte Großbritannien die EU lieber gestern als heute verlassen: der britische Ukip-Politiker Nigel Farage Vielleicht war das Timing das Problem, schließlich entscheiden die Briten erst 2017 in einem Referendum über den Austritt. Bis dahin werden noch unzählige Umfragen das eine oder andere Lager vorn sehen, wird David Cameron noch versuchen, der EU allerlei Zugeständnisse abzutrotzen. Der britische Erpressungsversuch, und als solchen nehmen es 25 viele EU-Regierungschefs wahr, kommt zudem zu einer Zeit, in der die Flüchtlingskrise und eine hitzige Debatte über Sicherheitspolitik und Terrorabwehr die Agenda bestimmen. Dabei stellt Großbritannien beileibe kein Leichtgewicht in der Europäischen Union dar, oh nein! Das Vereinigte Königreich ist immerhin die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der EU mit der drittgrößten Bevölkerung. In den vier Jahrzehnten seiner Mitgliedschaft hat London beständig mehr eingezahlt als herausbekommen. Das britische Militär und der britische Geheimdienst sind noch immer Weltklasse, so wie es einer ehemaligen Supermacht gebührt. In vielen Wirtschaftsfragen gar stehen die Deutschen den marktliberalen Briten um einiges näher als den interventionsaffinen Franzosen. Die Aussicht also, einen der wenigen Verbündeten zu verlieren, der die EU gleichermaßen finanziell über Wasser hält und zudem reformieren will, sollte Deutschland in Schrecken versetzen. Warum nur wirken die Deutschen kein bisschen besorgt? Bedeuten die Briten den Deutschen am Ende gar nichts? Das sind Camerons Forderungen an die EU "Deutschland ist durchdrungen von einem schrecklich probritischen Gefühl", sagte Neil MacGregor, Direktor des British Museum und baldiger Chef des Humboldtforums. Und es stimmt ja: Wir mögen Großbritannien. Aber unser Blick auf die Insel ist ein wenig verzerrt und nicht ganz frei von Vorurteilen: Bowler-Hüte, Fünf-Uhr-Tee und ein exzentrischer Sinn für Humor, gepaart mit einem rücksichtsloseren Verständnis von Kapitalismus als dem unseren. Wir lachen sogar über den "Fawlty Towers"-Sketch, in dem der britische Hotelbesitzer seine Angestellten anweist, vor deutschen Gästen den Krieg nicht zu erwähnen. Dass die Briten tatsächlich fast immer den Krieg erwähnen, wenn sie Deutsche treffen, ist in Ordnung für uns. Wir wissen, was wir getan haben – und wir sind den Briten dankbar dafür, dass sie uns geholfen haben, unser Land wieder aufzubauen und in eine blühende Demokratie zu verwandeln. Die Geschichte unserer Länder ist eng verbunden, es interessiert uns immer, wie die Briten über uns denken. Wenn die Queen in Berlin zu Besuch ist und Bundespräsident Joachim Gauck ihr das Bild eines blauen Pferds schenkt, beschämt es ihn, wenn das Geschenk sichtlich missfällt. "Unser Fehler", schien sein Gesicht zu sagen. Es ist wahr, uns liegt an Großbritannien. Aber wenn es um die EU geht, sind wir weniger nachsichtig. Rein oder raus? Die Frage ist nicht gerade neu, von Anfang an war das Verhältnis der Briten zu Europa ein kompliziertes. Als die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in den 50er-Jahren gegründet wurde, wollten die Britten nicht mitmachen. Dann, in den 60er-Jahren, hoben sie die Efta aus der Taufe, eine Freihandelsgemeinschaft außerhalb der EWG. Selbst nachdem sie in den 70er-Jahren beigetreten waren, handelten sie alle möglichen Ausstiegsklauseln und Ausnahmen aus und widersetzten sich der "immer engeren" politischen Union. Das wohl deutlichste Signal: Sie entschieden sich gegen den Euro und behielten das Pfund. London schaute anfangs nur zu Es hätte gar nie so weit kommen müssen, dass die Briten nun über einen Ausstieg nachdenken. Hätte London sich nur früher in die Ausgestaltung des Projekts eingeschaltet! Es war immerhin Winston Churchill, der im Jahr 1946 die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa forderte. Doch in derselben Rede stellte er auch klar, dass dieser Staatenbund auf der Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich gründen müsse, und dass Großbritannien nur als "Freund und Förderer" aufträte. 26 Churchills Zögern, das Vereinigte Königreich im Herzen Europas zu verorten, bestimmte die britische Haltung über Jahrzehnte. Als Siegermacht des Zweiten Weltkriegs glaubte Großbritannien, seine Wirtschaft sei stark genug für einen Alleingang. Die Handelsbeziehungen mit dem Commonwealth und seinen entlegenen Kolonien schienen mehr zu versprechen als das Zusammengehen mit Kontinentaleuropa. Statt dabei zu helfen, Institutionen mehr nach ihren Vorstellungen zu gestalten, standen sie abseits und schauten zu, wie Brüssel wuchs. Als Großbritannien schließlich 1973 der EU beitrat, war es zu spät, sie zu anglisieren. Die Strukturen waren da schon rein französisch-deutsch und, ehrlich gesagt, eher französisch als deutsch. Bis heute ist die politische Kultur Brüssels – all diese seltsamen Generaldirektionen, die mit Hunderten anonymen Beamten besetzt sind – für die meisten Deutschen ebenso fremd wie für die Briten. Kein Wunder, dass die britische und die deutsche Haltung gegenüber der EU nicht so weit auseinanderliegen. Eine wachsende Zahl von Deutschen würde es vorziehen, politische Schlüsselfragen wie zum Beispiel das Arbeitsrecht würden nicht von Brüssel, sondern von ihren nationalen Parlamenten geregelt. Vor allem konservative Deutsche würden lieber die Ausgaben der EU kürzen und die Euro-Zone auf einige nordeuropäische Volkswirtschaften beschränken. Doch im Unterschied zu den Briten liebäugeln die Deutschen keineswegs mit einem Austritt aus der Union. Schließlich ist Europa eine Schlüsselkomponente der deutschen NachkriegsIdentität. Mehr als 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wollen wir lieber wohlig eingebettet sein in einer Union, die größer ist als wir. Wir fänden es nicht gut, da draußen auf uns allein gestellt zu sein. Premier David Cameron: hat den Briten ein Referendum versprochen, damit sie selbst über den Verbleib in der EU ent-scheiden können: Der Begriff "special relationship" beschreibt üblicherweise das enge Band zwischen Großbritannien und den USA. Doch auch die Deutschen haben ein Sonderverhältnis zu den Briten, es reicht zurück bis zu den Angeln und Sachsen, die Britannien nach dem Fall des Römischen Imperiums überfielen. Deutsche und Briten mögen einander, besagt ein deutsches Sprichwort, aber eben nie zur gleichen Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten die Briten neidvoll, wie die deutsche Wirtschaft erblühte und ihre eigene Industrie verkümmerte, gelähmt von Arbeitskämpfen und chronischer Investitionsmüdigkeit. Großbritannien bekam schließlich die Kurve, als Margaret Thatcher Premierministerin wurde. Sie pulverisierte die Gewerkschaften, deregulierte die Finanzmärkte und privatisierte staatliche Institutionen. Vor allem aber traute Thatcher den Deutschen nicht. Als Bundeskanzler Helmut Kohl sie in seine rheinland-pfälzische Heimat einlud, servierte er ihr einen traditionellen Saumagen. Thatcher hasste Saumagen, was sie mit den meisten Deutschen gemein hatte. Was diese der eisernen Britin jedoch wirklich übel nahmen, war der Sonderrabatt für London, den Thatcher Kohl abschwatzte. Schließlich hatten die deutschen Steuerzahler immer brav in die EU-Kasse einbezahlt, ohne sich jemals öffentlich darüber zu beschweren. Dass die Briten sich nun so knausrig zeigten, empfand man in Deutschland als egoistisch. Auf Cool Britannia folgt Cool Germania Darauf folgten die 90er-Jahre, in denen Tony Blair und Blur für frischen Wind auf der Insel sorgten. Blairs Dritter Weg, ein Kompromiss zwischen freien Märkten und sozialer Gerechtigkeit, inspirierte auch Bundeskanzler Gerhard Schröders Sozialdemokraten. Den Ruf Cool 27 Britannias freilich büßte Blair empfindlich ein, als er sich pudelgleich entschloss, George W. Bush in den Irakkrieg zu folgen. Spätestens als die Finanzkrise 2008 zuschlug und sich zeigte, dass Blair daran gescheitert war, die habgierige Londoner City zu zügeln, distanzierten sich die Deutschen wieder von Großbritannien. Interessanterweise sind es nun die Briten, die sich wieder verstärkt für Deutschland interessieren. Angefangen bei der Bundesliga mit ihren im Vergleich zu Großbritannien erschwinglichen Ticketpreisen bis hin zu zeitgenössischen deutschen Künstlern wie Anselm Kiefer, Sigmar Polke und Gerhard Richter, die zuletzt alle in Großbritannien ausstellten. Cool Germania. -------------------------------11.12.2015 SVP nimmt Burkhalter in den Schwitzkasten Die Schweizer Rechts – Partei will sich nur mässigen, wenn die FDP spurt ! Tag eins nach der Bundesratswahl: Kaum hat die SVP mit Guy Parmelin ihren zweiten Bundesratssitz ergattert, nimmt Fraktionschef Adrian Amstutz FDP-Aussenminister Didier Burkhalter ins Visier: «Ich erwarte, dass die vier bürgerlichen Bundesräte jetzt eine bürgerliche Politik machen. Ist dies der Fall, wird die SVP weniger Initiativen und Referenden lancieren müssen.» Ändere sich jedoch nichts an der bundesrätlichen Politik, sei für alle ersichtlich, «dass einer der bürgerlichen Bundesräte mit den Linken stimmt». Dies habe bislang unter dem Deckel gehalten werden können, so Amstutz. «Das ist nun vorbei.» Der SVP-Fraktionschef meint damit: Fällte eine Mitte-links-Mehrheit aus SP, CVP und BDP im Bundesrat umstrittene Entscheide, war es bislang egal, ob auch Burkhalter diese Mehrheit stützte. Seine Stimme war nicht die Entscheidende. Das ändert sich nun: Der Freisinnige wird zum Zünglein an der Wage. Stimmt er künftig bei gewissen Fragen mit Mitte-links, wird er zum Sündenbock der SVP. Amstutz ist aber zuversichtlich, dass es im Bundesrat vermehrt zu Kompromissen rechts der Mitte kommt. Dies glaubt auch der Zürcher Nationalrat Alfred Heer – und kündigt an: «Wir werden weniger ausserparlamentarische Opposition machen.» Auch Ratskollege Jean-François Rime hofft, dass eine Legislatur ähnlich jener von 2003 bis 2007 folgt. Damals gaben FDP und SVP mit Hans-Rudolf Merz und Christoph Blocher den Ton im Bundesrat an. Sind die Ankündigungen aus der SVP ernst gemeint, könnte die Hoffnung von CVP und FDP in Erfüllung gehen. Dass nämlich die Blocher-Partei durch die volle Einbindung in die Regierung kompromissfähiger wird – und in einigen Themen die Totalopposition aufgibt. Ob dies freilich geschieht, ist sehr fraglich. Skeptisch sind die SVP-Ständeräte Hannes Germann und Alex Kuprecht. Letzterer sagt: «Die SVP wird ihren Kurs in den Kernanliegen beibehalten – und keine Rücksicht auf den Bundesrat nehmen.» Die Partei fühle sich in erster Linie ihren Wählern verpflichtet, so Kuprecht. Unklar ist auch, wie gross der Rückhalt Parmelins in der SVP-Rennleitung ist. Wunschkandidat war der Waadtländer nicht. SVP-Nationalräte sagen, Bundesrat Parmelin sei ein Betriebsunfall. Parteichef Toni Brunner habe Aeschi favorisiert. Er habe 28 sich aber verspekuliert, weil er nicht damit gerechnet habe, dass ein dritter Romand in die Regierung gewählt würde. Ein anderer SVPler hat wenig Hoffnung, dass die SVPSpitze ihren neuen Bundesrat stützt: «Ich befürchte, Parmelin wird ein neuer Samuel Schmid.» ------------------------10.12. 2015 Abgasskandal bei VW - Volkswagen braucht Zerstörung Der neue VW-Chef Müller kündigt in Wolfsburg eine Revolution an. Ob er damit durchkommt? Seit vielen Wochen beschäftigt die Aufarbeitung des VW-Skandals nun das Land, alle Argumente sind ausgetauscht. Ja, der gigantische Dieselbetrug des deutschen Traditionskonzerns hat gegen Recht und Gesetz verstoßen und viel Schaden angerichtet, die Schuldigen müssen gefunden und bestraft werden; ein Heer von internen und externen Ermittlern ist dazu am Werk. Selbst wenn der Großbetrug das Werk einer kleinen Ingenieursclique gewesen sein sollte (was man bis heute nicht sicher weiß), so wurde er dennoch begünstigt durch schlechte Unternehmensführung und halbdiktatorische Managementstrukturen. Das alles muss geändert werden, und am besten geschähe das mit frischem, unverbrauchtem Personal. Der Konzern hat sich aber für einen anderen Weg entschieden und Menschen mit der Neuorganisation betraut, die über Jahrzehnte in dem jetzt desavouierten System mitgelaufen sind. Das ist zu Recht kritisiert worden, aber nun muss es auch mal gut sein. Meistens geht eine Erneuerung dieser Art zwar schief, aber es kann ja auch mal anders kommen. Dass es anders, also besser, kommen könnte, dazu hat immerhin der erste große Auftritt des neuen Konzernchefs ein wenig Hoffnung gegeben. Ehre, wem Ehre gebührt: Matthias Müller hat die richtigen Worte gefunden; nicht einmal das war bisher selbstverständlich bei VW. Spannender als das Versprechen bedingungsloser Aufklärung (was auch sonst?) ist etwas anderes: wie der Chef die Krise instrumentalisiert. "Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht", hat er am Donnerstag gesagt, "der Wandel, den wir anstreben, ist umfassend." Neben besseren Testprozessen - hier fand der Betrug statt - will Müller den Konzern dezentral organisieren. Marken und Regionen sollen mehr Spielraum erhalten, die Zentrale in Wolfsburg soll sich auf das konzentrieren, was der Job von Zentralen ist: Strategie, Steuerung, Kostenmanagement. Eigentlich selbstverständlich, aber bei VW seit Jahrzehnten gering geschätzt. Lieber wurde durchregiert bis zur letzten Schraube. Was der neue Chef sagt, wäre anderswo nicht originell 29 Und noch ein Müller-Zitat: "Wir brauchen ein Stück mehr Silicon Valley." Darunter kann man spezifische Aufgaben verstehen, zum Beispiel die Vernetzung des Autos mit dem Datenuniversum (auch wichtig). Aber darüber hinaus einen Kulturwandel in der Organisation. Volkswagen braucht Kreativität, Spontaneität, Zerstörung. Für sich genommen ist es nicht sonderlich originell, was Müller sagt - die Silicon-Valley-Worthülse findet sich mittlerweile in so ziemlich jeder ambitionierten Chefrede. Bei VW aber mit seinen Uralt-Führungsmethoden bedeutet das die Ankündigung einer Revolution. Volkswagen – Müller: "Ich gebe Ihnen mein Wort - VW wird nicht ruhen" Kann nur sein, dass der Revolutionär Müller, schneller als er denkt, von der Konterrevolution erfasst wird. Die Familien Piëch und Porsche dominieren den Konzern, außerdem mischt noch das Land Niedersachsen mit. Diese Eigentümerstruktur ist alles andere als Silicon Valley. Eher deutsches Kaiserreich. --------------------------9. Dezember 2015 Freihandelsabkommen EU gibt bei TTIP offenbar deutlich nach - zulasten der Bauern Auch über den Handel mit rohen Eiern wird bei TTIP verhandelt. • • Das Freihandelsabkommen TTIP, das die EU und die USA verhandeln, könnte die bereits schwierige Lage der europäischen Bauern verschärfen. Gerade bei sensiblen Produkten wie Milch oder Fleisch sollen die Zölle nach einer Übergangsfrist von wenigen Jahren wegfallen, berichtet eine EU-Abgeordnete. Die Europäer haben der amerikanischen Seite bei den Gesprächen zum Freihandelsabkommen TTIP in wichtigen Fragen des Agrarhandels offenbar deutliche Zugeständnisse gemacht. Dies gelte vor allem bei den künftigen Zollsätzen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, sagt die EUAbgeordnete Maria Heubuch von den Grünen. Nach ihren Informationen sollen gerade bei sensiblen Produkten wie Milch oder Fleisch die Zölle nach einer Übergangsfrist von wenigen Jahren wegfallen. Für die Bauern in der EU könnte das zum Problem werden, ihre Situation werde sich weiter verschlechtern, befürchtet sie. "Durch die starke Industrialisierung, auch durch billigeres Futter ist die Produktion von 30 Milch und Fleisch in den USA günstiger", sagt Heubuch, die im Agrarausschuss des EUParlaments sitzt. Schon jetzt kämpfen etwa die Milchbauern in Europa mit großen Problemen. Die EUKommission geht davon aus, dass sich der schwache Milchpreis erst ab 2020 wieder erholen wird. Bis dahin müssten viele Erzeuger ihre Milch teilweise unter den Entstehungskosten verkaufen, sagt Heubuch, "völlig unverständlich ist, warum die Kommission mit ihrem Angebot bei den Zöllen ihre eigene Verhandlungsposition untergräbt." Die TTIP-Unterhändler haben nach der elften Verhandlungsrunde Ende Oktober in Miami bestätigt, dass man sich bei der Abschaffung von Warenzöllen angenähert habe. Vorschläge zur Beseitigung bestehender Abgaben decken demnach 97 Prozent aller Zölle ab. Details wurden von den Offiziellen allerdings nicht genannt. "Offensichtlich sollen auch rohe Eier über den Ozean geschippert werden" Der Handel mit Agrarerzeugnissen wie Milch, Fleisch oder Getreide ist bei den Gesprächen für das umstrittene TTIP-Abkommen ein heikler Punkt. Es wird hart verhandelt, und so gut wie nichts bleibt außen vor. "Offensichtlich sollen auch rohe Eier über den Ozean geschippert werden", kritisiert Klaus Ernst, Abgeordneter der Fraktion Die Linke im Bundestag. In der elften Verhandlungsrunde sei es unter anderem um den Abbau von Handelsbarrieren bei Eiern gegangen. "Dieser Nonsens konterkariert die Klimaziele und ist für Verbraucher mehr als verzichtbar", meint Ernst mit Blick auf den Klimagipfel in Paris. Der globale Warenaustausch belastet das Klima. Experten gehen davon aus, dass ein Drittel aller weltweiten Verkehrsemissionen aus dem internationalen Frachtverkehr stammen. Viele Erzeuger in Deutschland befürchten schon länger, dass sie zu den Verlierern des geplanten TTIP-Vertrags gehören könnten, darunter vor allem Familienbetriebe und Betreiber von kleineren Höfen. Farmen in den USA sind im Schnitt größer und produzieren in vielen Bereichend kostengünstiger. Sie profitieren zum Teil von niedrigeren Umwelt-und Tierschutzstandards und einer Agrarpolitik, die sich von der europäischen grundlegend unterscheidet, angefangen bei Subventionen bis hin zu Standards im Verbraucherschutz. US-Erzeuger könnten Milliarden Dollar zusätzlich exportieren Dass die Sorgen der EU-Bauern nicht unberechtigt sind, macht eine Studie des wissenschaftlichen Dienstes des US-Landwirtschaftsministeriums deutlich (PDF). Darin kommen die Experten zu dem Schluss, dass US-Farmer bei TTIP eindeutig besser abschneiden werden als ihre Kollege in der Europäischen Union, und zwar in allen drei Szenarien, die durchgerechnet wurden. Allein der Wegfall von Zöllen und Mengenbeschränkungen könnte den US-Erzeugern zusätzliche Agrarexporte von 5,5 Milliarden Dollar bringen, gemessen an den Daten von 2011. Die Ausfuhren der EU würde hier im Gegenzug nur um 0,8 Milliarden Dollar steigen. Fallen außerdem nicht tarifäre Handelshemmnisse weg - dazu gehört etwa das Anbauverbot von Gentechnikpflanzen in der EU - könnten US-Produzenten noch weitere Ausfuhren im Wert von 4,1 Milliarden hinzugewinnen, EU-Erzeuger nur im Wert von 1,2 Milliarden Dollar. 31 Beim Bayerischen Bauernverband (BBV) hieß es dazu, die Studie werde geprüft. Der Verband fordert, dass die Zölle für sensible Produkte wie Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch erhalten bleiben. EU-Standards dürften zum Schutz heimischer Erzeuger nicht unterlaufen werden. ------------------------16.12.2015 Anstehende Volksabstimmung Cameron stellt vier zentrale Forderungen an EU sonst droht bald der "Brexit" Spätestens 2017 stimmen die Briten in einer Volksabstimmung über den Verbleib in der EU ab. Premier David Cameron möchte das Verhältnis seines Landes zu Brüssel davor von Grund auf neu verhandeln - und stellt vier zentrale Forderungen. Vier Kernforderungen hat der britische Premier David Cameron gestellt, um bei der anstehenden Volksabstimmung in seinem Land für einen Verbleib in der EU zu werben. Beim EU-Gipfel diskutiert der Brite am Donnerstag erstmals ausführlich mit den europäischen Kollegen über seine Wünsche. Eine abschließende Entscheidung soll laut EU-Ratspräsident Donald Tusk aber erst beim EU-Gipfel im Februar getroffen werden. Die Forderungen im Überblick: 1. Einschränkung der Sozialleistungen für EU-Bürger: Cameron will die "sehr hohe" Zuwanderung nach Großbritannien begrenzen - auch aus der EU. Dazu will er EU-Bürger von Sozialleistungen ausschließen, wenn sie nicht mindestens schon vier Jahre im Land gearbeitet haben. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere EU-Spitzenvertreter würde dies gegen das grundlegende Recht auf Freizügigkeit in der Union verstoßen. Nach britischen Presseberichten könnte Cameron aber bereit sein, von seiner Forderung abzurücken, wenn Wege gefunden würden, die Zuwanderung aus der EU anderweitig zu verringern. EU-Diplomaten verwiesen vergangene Woche auf die Möglichkeit einer 32 "Notbremse" als Alternative. Sie würde es London erlauben, die Einwanderung zu begrenzen, wenn die britischen Sozialsysteme missbraucht werden oder überfordert sind. 2. Keine Benachteiligung der Nicht-Euroländer: Cameron will eine rechtlich bindende Zusicherung, dass die 19 Länder der Währungsunion Großbritannien nicht zu Entscheidungen zwingen, die seine Wirtschaft betreffen. London verweist dabei insbesondere auf Beschlüsse zum Binnenmarkt, zur Bankenregulierung und zur Überwachung der Finanzstabilität. Der Premier will zudem garantiert haben, dass NichtEuro-Länder nicht für eine Stabilisierung des Euro zahlen müssen. 3. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Der Abbau von Bürokratie und EUVorgaben soll das Wachstum stärken. Cameron will dabei ein konkretes "Ziel, um die Gesamtlasten der Wirtschaft zu verringern". 4. Keine "immer engere Union der Völker Europas" für Großbritannien: Das Vereinigte Königreich soll von diesem in den EU-Verträgen genannten Ziel ausgenommen werden. Statt dessen soll die Stellung nationaler Parlamente gestärkt werden. Cameron will auch die schon geltende Ausnahme bei der EU-Innen- und Justizpolitik bekräftigt haben. ------------------------------18.12.2015 Cameron will ganze Nacht für EU-Reform " kämpfen " Der britische Premierminister David Cameron will auf dem EU-Gipfel in Brüssel mit ganzer Kraft für die von ihm verlangten Reformen vor dem geplanten Austritts-Referendum ringen: "Ich werde die Nacht durch hart für Großbritannien kämpfen, und ich denke wir bekommen einen guten Deal", sagte Cameron am Donnerstag bei seinem Eintreffen in Brüssel. Gro§britanniens Premier Cameron droht mit "Brexit". Er wolle in allen vier von ihm genannten Feldern "echte Fortschritte" sehen, erklärte der britische Premier. Das heikle Thema liegt beim Abendessen der Staats- und Regierungschefs auf dem Tisch. Es ist das erste Mal, dass in der Runde offen über Camerons Forderungen verhandelt wird. Eine Entscheidung steht indes noch nicht an, erst auf dem nächsten EU-Gipfel im Februar soll ein Abkommen getroffen werden. "Wir drängen 33 nicht auf einen Deal heute Abend, aber wir drängen auf eine echte Dynamik, um eine Einigung zu erreichen", sagte Cameron. Cameron will seine Landsleute spätestens 2017 über einen Verbleib in oder einen Ausstieg aus der EU ("Brexit") abstimmen lassen. Davor pocht er auf Änderungen der EU-Regeln in vier Feldern. Seine umstrittenste Forderung ist es, nach Großbritannien kommenden EUAusländern vier Jahre jegliche staatliche Unterstützung zu verwehren, um so die Einwanderung zu begrenzen. Nur wenn seine Forderungen erfüllt werden, will Cameron für den Verbleib des Königreichs in der EU kämpfen. Da die Briten in der Frage gespalten sind, scheint ein Ausstieg zur Zeit als mögliches Szenario. Dessen ungeachtet sieht EU-Ratspräsident Donald Tusk einige Reformforderungen Londons als unerfüllbar an. Der gute Wille der Mitgliedsstaaten ändere nichts daran, dass "einige Teile der britischen Vorschläge inakzeptabel erscheinen", sagte er vor den Gipfelauftakt. Wenn es Cameron beim Abendessen aber gelinge, seine Kollegen für eine Suche nach Lösungen zu gewinnen, "haben wir eine echte Chance auf einen Deal im Februar". In der Frage des Austrittsreferendums erwartet sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz eine "lebhafte Debatte". Jedoch müsse der britische Premierminister David Cameron der EU entgegenkommen, forderte Schulz vor dem Treffen der 28 Staats- und Regierungschefs. "Es gibt sicher eine Menge Punkte, wo wir noch viel Kraft und Intelligenz investieren müssen", sagte Schulz. Er habe den Eindruck, dass Großbritannien bei den Vorschlägen "schon begriffen hat, dass das ein Kompromiss sein muss", betonte der EU-Parlamentspräsident. Auch habe Cameron bereits zugesagt, dass er über die Forderungen diskutieren wolle. Dem umstrittenen Verlangen Camerons, nach Großbritannien kommenden EU-Ausländern vier Jahre jegliche staatliche Unterstützung zu verwehren, um so die Einwanderung zu begrenzen, erteilte Schulz eine Absage. "Vier Jahre Wartezeit im Sozialsystem wird nicht gehen", sagte er. Die deutsche Kanzlern Angela Merkel sieht eine Lösung mit Großbritannien "wenn wir alle aufeinander zugehen". Vor Beginn des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel sagte Merkel, Deutschland sei dazu bereit. "Wir wünschen uns auch Großbritannien weiter in der EU". --------------------------------19.12.2015 Flüchtlingskrise: Orban unterstellt EU "selbstmör-derische" Tendenzen Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat Europas Politikern in der Flüchtlingskrise Mangel an gesundem Menschenverstand unterstellt. "Selbst den einfachsten Menschen war klar, dass wir nicht zulassen dürfen, dass solche Menschenmassen ohne Kontrolle in unser Leben einmarschieren", sagte der Rechtskonservative der Zeitung "Lidove noviny" aus Prag am Samstag. Man wisse nicht, was das für Leute seien und woher sie stammten. Nichts zu unternehmen, zeuge von "selbstmörderischen Neigungen". Orban verteidigte die Klage seines Landes gegen die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Er vermutete dahinter eine Verschwörung der politischen Linken: "Wir haben den Verdacht, dass in Europa geheim oder hinter vorgehaltener Hand Wähler importiert werden", sagte er. Nach Ansicht des Rechtspolitikers würden die meisten eingebürgerten Migranten linke Parteien wählen. Der ungarische Regierungschef zweifelte zudem an der Integrationsfähigkeit von Ausländern. "Die Tatsache, dass wir bei uns keine Parallelgesellschaften haben, ist kein Nachteil Mittel-europas, sondern einer unserer größten Vorteile", sagte er. Orban regiert seit 2010 mit einer Zweidrittelmehrheit in Ungarn. Er hat einen Grenzzaun errichten lassen, um Flüchtlinge abzuhalten. ----------------------34 Polens nationalkonservative Regierung dreht durch Die neue Premierministerin Szydlo krempelt gemeinsam mit Parteichef Kaczynski radikal das Land um. Nun gehen große Teile der Polen auf die Straßen, -sie fürchten um die Demokratie. Jetzt regt sich Widerstand " Wir verteidigen die Demokratie!",rufen Tausende Menschen vor dem polnischen Parlament und schwenken die Flaggen Europas und Polens. "Nein zur Diktatur" steht auf ihren Spruchbändern. "Wir haben unsere Freiheiten, und wir werden kämpfen, um sie zu verteidigen", sagt Mateusz Kijowski. Er hat in einer Mischung aus Verzweiflung und Wut das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) gegründet und zum Widerstand gegen ein "rechtloses Polen" aufgerufen. Seinem Appell folgten Zehntausende. In mehr als 20 polnischen Städten, aber auch in Berlin, London und Brüssel forderten die Menschen die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zur Umkehr auf. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns noch mal versammeln müssen, um grundlegende demokratische Werte zu verteidigen", sagt Agnieszka Holland, die berühmte polnische Regisseurin ("Hitlerjunge Salomon", "Klang der Stille", "House of Cards") von der Protestbühne herab. "Die Demokratie ist wie die Luft. Sie nehmen sie uns, und bald beginnen wir, in diesem Smog zu ersticken", sagt sie und meint die nationalkonservative Regierung, die erst seit zwei Monaten im Amt ist. Die Sorge Agnieszka Hollands um die Heimat teilen inzwischen viele ihrer Landsleute, und täglich werden es mehr. Denn die Regierung unter Ministerpräsidentin Beata Szydlo baut das Land um. Manche sagen, sie wolle einen autoritären Staat errichten. Die PiS besetzt Spitzenposten in Verwaltung und Staatsbetrieben neu. Sie erklärte mit ihrer neuen Parlamentsmehrheit fünf gerade erst erfolgte Richterernennungen der Vorgängerregierung für ungültig und wählte Verfassungsrichter nach eigenem Gusto. 35 Die Polen erschrecken über ihre eigene Wahl Im Militär stehen personelle Änderungen an; es ist immer häufiger von "Säuberungen" die Rede. Die Chefs der Geheimdienste, der Polizei und der Antikorruptionsbehörde wurden ausgetauscht. Auch das Bildungswesen soll neu geordnet werden. In einer nächtlichen Aktion wurde der Leiter eines neuen Nato-Kompetenzzentrums für Spionageabwehr in Warschau ausgewechselt. Vorwurf: Spionage für die USA. Das Zentrum wird von Polen und der Slowakei errichtet, auch Deutschland ist an dem Projekt beteiligt. Die vorerst letzte Volte der neuen Regierung. Ich schäme mich für einen solchen Präsidenten! Lech Walesa Ex-Präsident u. ehemaliger Führer der Gewerkschaft Solidarnosc Das ist zu viel für viele Polen, die offenbar erschrocken sind über das, was sie mit ihrer Wahl da angerichtet haben. Der PiS bescheinigen sie inzwischen in den Umfragen eine Schlappe nach der anderen. Die liberale Nowoczesna (Die Moderne) liegt nun beinahe gleichauf mit der Regierungspartei. Erschrocken ist auch die 80 Jahre alte Teresa Rojewska. Die Sorgenfalten über die leidvolle polnische Geschichte haben sich tief in ihr Gesicht gegraben. Und doch ist sie wieder auf der Straße für "ihr" Polen. So wie damals, als sie gegen das kommunistische Regime auf die Straße gegangen ist. "Die Solidarnosc hat nicht für die Freiheit gekämpft, damit sie nun mit Füßen getreten wird." Genauso sieht es auch Lech Walesa, der schon einmal einen opferreichen Kampf um die Freiheit angeführt hatte. Der ehemalige Führer der Gewerkschaft Solidarnosc und polnische Präsident von 1990 bis 1995 hatte sich vorgenommen, ein halbes Jahr lang nichts über die neue Regierung zu sagen. Doch er kann seine Empörung nicht mehr verbergen. "Ich kann nicht anders", sagt er im Gespräch und wird laut: "Sie zwingen mich dazu." Präsident und Regierung werden nicht zurücktreten. Also wird die Straße versuchen, dieses Problem zu lösen Lech Walesa Ehemaliger Führer der Gewerkschaft Solidarnosc Das Wort des 72-jährigen Friedensnobelpreisträgers hat noch immer Gewicht. Der gelernte Elektriker hat als Streikführer auf der Danziger Werft und Solidarnosc-Führer mehrfach sein Leben riskiert für ein neues, demokratisches Polen. Ein Revolutionär im Ruhestand, der wieder gefragt ist, weil die Dinge in Polen im Argen liegen. Er ist entsetzt über das, was die PiS mit seinem Land macht, und warnt davor, dass ein Bürgerkrieg ausbrechen könne. "Präsident und Regierung werden nicht zurücktreten. Also wird die Straße versuchen, dieses Problem zu lösen", sagt er. 36 Stürmische Parlamentsdebatte in Polen wird Justizminister auch Generalstaatsanwalt 29.1.2016 Die national-konservative Regierung schränkt Unabhängigkeit der Justiz weiter ein. Der Justizminister wird in Personalunion Generalstaatsanwalt und kann in alle Verfahren eingreifen. Jaroslaw Kaczynski polarisiert im Volk wie kaum ein Politiker in Polen. Nach stürmischer Debatte hat das polnische Parlament am späten Donnerstagabend die Zusammenlegung von Justizministerium und Generalstaatsanwaltschaft beschlossen. Für die entsprechende Gesetzesänderung stimmten 236 Abgeordnete bei 209 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen. Die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat im Parlament die absolute Mehrheit. Am Freitag soll das Gesetz im Senat, der zweiten Kammer, beraten werden. Nach einer stürmischer Debatte hat das polnische Parlament am späten Donnerstagabend die Zusammenlegung von Justizministerium und Generalstaatsanwaltschaft beschlossen - und damit eine weitere umstrittene Justizreform. Die Abgeordneten der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stimmten für ein Gesetz, mit dem alle Staatsanwaltschaften, auch auf regionaler Ebene, direkt dem Justizministerium unterstellt werden. Die Funktion des Generalstaatsanwalts übernimmt der Justizminister selbst. Er hat das Recht, bei jeder Ermittlung zu intervenieren. Für die Gesetzesänderung stimmten 236 Abgeordnete, 209 votierten dagegen. Damit wurde die 2009 von der Vorgängerregierung eingeführte Reform, die die Staatsanwaltschaft zu einer unabhängigen Einrichtung gemacht hatte, wieder zurückgenommen. 37 Die PiS des ehemaligen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski hat im Parlament die absolute Mehrheit. Am Freitag soll das Gesetz im Senat, der zweiten Kammer, beraten werden. Rund 60 Gegenanträge der Opposition waren zuvor bei der Abstimmung gescheitert. In der Debatte wurde den Nationalkonservativen vorgeworfen, die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft zu zerstören. Statt dessen drohten die Vertreter der Anklagebehörde zu politischen Funktionären zu werden, warnte etwa die liberalkonservative Opposition. Das Gesetz reiht sich ein in eine Serie umstrittener Reformen wie etwa das neue Mediengesetz, das der Regierung die Entscheidung über Leitungspositionen in den öffentlichrechtlichen Medien gibt. Die EU-Kommission hat ein Prüfverfahren zur Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet. "Wir versuchen, eine gut organisierte Armee zu werden"Mateusz Kijowski organisiert die Anti-Regierungsproteste in Polen. Im Interview (Englisch) erklärt er, wofür die Bewegung kämpft. ZEIT ONLINE: Herr Kijowski, sind Sie Polens neuer Oppositionsführer? Mateusz Kijowski: Auf keinen Fall. Es gibt ja drei Oppositionsparteien im Parlament und einige außerhalb. Eigentlich habe ich nur eine Facebook-Gruppe gegründet, um mit ein paar Leuten zu diskutieren, was zu tun ist. Ich habe den Funken geschlagen, dann ist es explodiert. Die Leute haben mir Vertrauen entgegengebracht, ich habe zugehört und dann das gesagt, was mir die Leute gesagt haben. Ich komme eher aus der Bewegung, als dass ich die Bewegung gegründet oder geplant hätte. Mateusz Kijowski Mateusz Kijowski gilt als Kopf der neuen Protestbewegung in Polen. Er ist 47 und ITSpezialist. Zu kommunistischen Zeiten war er bei den Pfadfindern, in den letzten Jahren hat er sich in polnischen Bürgerrechtsgruppen für Väter- und Frauenrechte engagiert. Ende 2015 hat er auf Facebook die Protestbewegung Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) initiiert. ZEIT ONLINE: War das Wahlergebnis der PiS der Auslöser für die Proteste? Kijowski: Nein, man kann ja nicht gegen das Votum des Volkes protestieren. Auslöser waren die ersten Handlungen der Regierung: die Sache mit den Richtern am Verfassungsgericht – das war der erste verfassungsfeindliche Akt; dann die Begnadigung von Mariusz Kamiński durch den Präsidenten, der dann Geheimdienstkoordinator in der neuen Regierung wurde; dann die Sache mit dem Kulturminister, der die Aufführung des Theaterstückes von Elfriede Jelinek in Wrocław verbieten wollte, weil es angeblich pornografische Szenen enthält. All das hat klar gezeigt, in welche Richtung es geht. Außerdem hat Ministerpräsidentin Beata Szydło ihre Wahlkampfversprechen nicht gehalten. Sie hatte gesagt, dass Jarosław Gowin Verteidigungsminister wird, aber am Ende ist es Antoni Macierewicz geworden, den die Leute nicht haben wollten. Schnell war deutlich: Dieser Regierung sind Versprechen egal, Gesetze sind ihr egal und die Leute sind ihr egal. Die PiS will allen zeigen, dass sie die Macht hat. 38 ZEIT ONLINE: War das überraschend? Die PiS war ja schon einmal an der Regierung. Kijowski: Für mich nicht. Aber viele Leute haben den Wahlkampfversprechen der PiS geglaubt und waren dann enttäuscht. Uns haben sich schon Leute angeschlossen, die für das Wahlprogramm der PiS gestimmt hatten und jetzt sagen: Was sie jetzt tun, wollten wir nicht. ZEIT ONLINE: Was haben Sie konkret getan? Kijowski: Ich habe diese Facebook-Gruppe gegründet und KOD genannt, Komitee zur Verteidigung der Demokratie. Ich habe meine Frau, einen Cousin und zwei Freunde eingeladen. Das war am 19. November gegen Mittag, abends waren schon 100 Leute in der Gruppe. Da habe ich einen befreundeten Künstler um ein Logo gebeten, und innerhalb von ein paar Stunden haben andere Leute begonnen, ein Manifest auszuarbeiten. Mit Logo und Manifest hatte die Gruppe drei Tage später 30.000 Mitglieder. ZEIT ONLINE: Mitglied einer Facebook-Gruppe sein, ist das eine. Wie kam es zu den ersten Demonstrationen? Kijowski: Wir haben die Facebook-Regeln umgeworfen. Normalerweise kommen zu einem Facebook-Event zehn Prozent der Leute, die vorher zugesagt haben. Bei uns war es umgekehrt: Es waren zehnmal so viele. Zur ersten großen Demonstration am 12. Dezember kamen 50.000 Menschen. Es war von Anfang an klar, dass es nicht virtuell sein würde. Die Leute sagten: Wir müssen auf die Straße gehen und wir brauchen eine Struktur. Damit haben wir sofort begonnen, und nach wenigen Stunden hatten wir in jeder großen polnischen Stadt Koordinatoren. ZEIT ONLINE: Und jetzt gibt es regelmäßig Demonstrationen? Kijowski: Am Anfang ging es um die Änderungen beim Verfassungsgericht, dann haben wir für freie Medien demonstriert. Mittlerweile hat die Regierung schon wieder lauter neue Ideen. Wir müssen gegen das neue Beamtengesetz protestieren, gegen ein Polizeigesetz, das viel mehr Überwachung ermöglichen soll, gegen das Vorhaben, den Justizminister auch zum Generalstaatsanwalt zu machen, und gegen den Plan, das Wahlgesetz zu ändern. Alles das ist gegen unsere Freiheit, gegen unser demokratisches System. Wir müssen zeigen, dass wir für unsere Freiheit kämpfen und unsere Demokratie verteidigen. ZEIT ONLINE: Wer ist wir? Wer kommt zu den Demonstrationen? Kijowski: Anfangs waren es vor allem die, die den Kommunismus noch erlebt haben, also die etwas ältere Generation. Diesen Menschen war sofort klar, als sie die ersten Symptome des Wandels gesehen haben, in welche Richtung es geht. Dass das gefährlich ist. Die Jungen, die ihr ganzes Leben in einem freien, demokratischen Land gelebt haben, erkannten die Gefahr nicht so schnell. Aber jetzt gibt es auch eine Jugendbewegung innerhalb der KOD. ZEIT ONLINE: Sie selbst sind auch auf der Straße? Kijowski: Ich laufe mit, rufe ein bisschen, spreche, vor allem aber lächle ich. Das ist wichtig bei unseren Demonstrationen: Wir sind positiv, wir mögen uns, wir lächeln uns an. Keine negativen Emotionen! 39 ZEIT ONLINE: Das klingt ein bisschen harmlos. Kijowski: Wir setzen uns so von unseren Gegnern ab. Von PiS-Anhängern auf der Straße, von rechten Publizisten kommt so viel Hass. Und natürlich aus dem Internet. Meine Frau und ich haben Morddrohungen bekommen. ----------------------------25. Dezember 2015 Krise der EU: Ach, Europa Flagge der EU auf bröselndem Asphalt: Scheitert die Union? Im Flüchtlingsdrama ist keine Einigung in Sicht, die Eurokrise schwelt weiter, Rechtspopulisten gewinnen Wahlen, Großbritannien droht auszusteigen. Selbst das Führungspersonal klingt nicht unbedingt optimistisch: "Das Scheitern Europas ist ein realistisches Szenario", sagt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). "Die Europäische Union kann auseinanderbrechen", unkt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Vor der "Desintegration des Projekts Europa" warnt Frans Timmermans, Vizechef der EU-Kommission. Zumindest so viel ist unübersehbar: Die Europäische Union steckt in einer tiefen Krise. Der Flüchtlingsandrang, die Wahlerfolge von Rechtspopulisten, die "Brexit"-Überlegungen der Briten, Streit mit Russland - alles Probleme, die an die Substanz gehen. Doch wie düster ist die Perspektive wirklich? Steht der Zusammenhalt der Union auf dem Spiel? Oder ist die aktuelle Krise nur eine von vielen, und am Ende geht die EU sogar gestärkt daraus hervor? Osteuropa schert in der Flüchtlingskrise aus Rund 1,55 Millionen Flüchtlinge haben die EU-Grenzen zwischen Januar und November illegal überschritten, besagen aktuelle Zahlen der Grenzschutzagentur Frontex. Und es gibt kaum Anzeichen, dass der Andrang abebbt. Inzwischen erwägt die EU-Kommission radikale Maßnahmen, um die Zuwanderung zu dämpfen - etwa den Einsatz europäischer Grenzschutztruppen, notfalls auch gegen den Willen von einzelnen Mitgliedstaaten. Doch schon die Umverteilung eines Bruchteils der Migranten scheiterte. Ungarn und die Slowakei, die bei der Flüchtlings-Umverteilung von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt wurden, klagen gegen den Beschluss. 40 Auch Polen hat inzwischen erklärt, sich nicht mehr an die Vereinbarung gebunden zu fühlen. "Der Umverteilungsplan ist tot", sagt ein erfahrener EU-Diplomat. "Die Osterweiterung der EU ist gescheitert", sagt deshalb der Politikwissenschaftler Andreas Maurer, der an der Uni Innsbruck lehrt. Erst 2007 hätten die EU-Staaten - darunter auch die eben erst beigetretenen zwölf osteuropäischen Mitglieder - vereinbart, dass die EU künftig häufiger per Mehrheit und seltener einstimmig entscheidet. Deutschlands Alleingang Kritik gibt es auch an der deutschen Regierung, weil sie beschloss, dass Dublin-Abkommen vorübergehend außer Kraft zu setzen und die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. Als "Hippie-Staat" bezeichnet der britische Politikwissenschaftler Anthony Glees Deutschland. "Die Bundesregierung betreibt eine Politik der Gefühle anstatt eine Politik von Vernunft und Konsens", sagt Glees zu SPIEGEL ONLINE. "Damit hat die Bundesrepublik die Rolle aufgegeben, die sie seit 1949 gespielt hat: die eines verlässlichen Partners, der sich an Regeln hält." Solange die Flüchtlinge dank des Dublin-Abkommens in Italien und Griechenland blieben, interessierte sich in Deutschland kaum jemand für sie. Erst als sie in Massen über Deutschlands Grenzen drängten, entdeckten die Deutschen ihr Herz für Flüchtlinge - und fordern jetzt Solidarität von den anderen EU-Ländern. Doch da wollen nur wenige mitmachen. "Jetzt spielen die anderen uns die Melodie vor, die sie damals von uns zu hören bekamen", sagte Matthias Ruete, Chef der Generaldirektion Migration und Inneres der EU-Kommission, kürzlich bei einer Podiumsdiskussion in Brüssel. Rechtspopulisten und Eurogegner im Aufwind EU-Gegner vom französischen Front National: 41 Wahlkampf der Europa taumelt Die Flüchtlingskrise gilt auch als eine der wichtigsten Ursachen für das Erstarken von europaskeptischen und rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen - von Pegida und AfD in Deutschland über den Front National in Frankreich bis hin zu Ukip in Großbritannien und PiS in Polen. Sie schüren die Angst vor Fremdem und appellieren ans Nationalbewusstsein. Der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman bezeichnete die EU in der "New York Times" als "Elitenprojekt, das als alternativloser Weg der Weisheit verkauft wurde". Das aber funktioniere nur so lange, wie die Menschen von der Weisheit ihrer Anführer überzeugt seien. Doch die diversen Krisen und vor allem das Flüchtlingsdrama vermitteln eher den Eindruck, dass Europas Regierungen hoffnungslos überfordert sind. In Polen sind die Rechtspopulisten mit der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) bereits an der Macht. In weniger als zwei Monaten hat die PiS-Regierung mit harten Maßnahmen gegen Justiz und Medien Zehntausende Demonstranten auf die Straße getrieben und Drohungen aus Brüssel provoziert. Doch dramatischer wäre Front-National-Chefin Marine Le Pen als Frankreichs Staatsoberhaupt. "Das würde den Fortbestand der EU gefährden, ein Schlüsselland würde wegbrechen", meint Nicolai von Ondarza von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die Erfolge der Rechtspopulisten hätten auch mit der Enttäuschung über die etablierten Parteien zu tun, sagt der Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld: "Die EU muss sich über neue Erfolge definieren. Solange das nicht geschieht, taumelt Europa." Das Dilemma wird bei der Debatte über das britische Referendum über die EU-Mitgliedschaft deutlich: Während die EU-Befürworter dem Volk kompliziert erklären müssen, warum eine Mitgliedschaft vorteilhaft ist, muss das Nein-Lager nicht viel mehr tun, als an den britischen Nationalstolz zu appellieren und die EU als intransparentes, undemokratisches Bürokratiemonster zu geißeln. Laut jüngsten Umfragen haben die Befürworter des "Brexit" inzwischen rund die Hälfte der Briten auf ihrer Seite. Russland führt Europa in der Sicherheitspolitik vor Russische Soldaten bei Manöver in Serbien: Neue Aggressivität 42 Erst Georgien, dann die Annexion der Krim und die Intervention in der Ukraine, jetzt der Einsatz in Syrien: Russlands neue Aggressivität stellt den Westen auf die Probe. Der EU macht sie vor allem eines deutlich: "Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gibt es nicht", sagt Annegret Bendiek von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zwar wurden Sanktionen gegen Moskau verhängt, dennoch herrsche in der EU "strategische Uneinigkeit": Die baltischen Staaten und Polen etwa fordern Nato-Truppen an ihren Ostgrenzen, andere sehen Moskau vor allem als Handelspartner und stehen den Sanktionen skeptisch gegenüber. In Sonntagsreden fordern Europapolitiker zudem zwar seit Langem eine Vereinheitlichung der europäischen Außen-, Sicherheits-, Verteidigungsund Entwicklungshilfepolitik - weil nur so Krisenländer stabilisiert und größere Flüchtlingswellen verhindert werden könnten. "Wir müssen unsere Außen- und Entwicklungspolitik deutlich stärker darauf ausrichten, Konflikte zu lösen und Fluchtursachen zu bekämpfen", sagte Kanzlerin Merkel in einer Rede vor dem Europaparlament. Doch dazu müssten Europas Staaten in großem Umfang Souveränität abgeben. Das aber scheint niemand zu wollen. Eurokrise: Unwucht zwischen Nord und Süd Anti - Europa - Protest in Athen: Sorgenfall Griechenland Das gilt auch für die Finanzpolitik. 2012 erreichte die Eurokrise ihren Höhepunkt, als mehrere Länder der Eurozone heftig ins Schlingern gerieten. Krisenländer wie Portugal, Irland und Spanien haben sich dank teils drakonischer Sparprogramme inzwischen wieder stabilisiert, während Griechenland noch immer das Sorgenkind ist. Doch der Kern des Problems besteht weiter: die gigantischen Ungleichgewichte in der Währungsunion, ohne dass es eine gemeinsame Finanzpolitik 43 gibt. Während Deutschland weiter massive Handelsüberschüsse erzielt, kommt die Wirtschaft in Südeuropa kaum in Schwung - auch wegen der von Deutschland diktierten Sparpolitik, die Investitionen erschwert. Zugleich aber sträuben sich Deutschland und andere nordeuropäische Länder, für die Schulden des Südens aufzukommen. Das, glauben Experten, kann auf Dauer nicht gut gehen. Entweder, so ihr Argument, sind die reichen Länder bereit, den ärmeren zu helfen - oder der Euro wird scheitern. Kann die EU also auseinanderbrechen? Das Fazit - Ein Zerfall der Europäischen Union ist dennoch schon aus praktischen Gründen schwer vorstellbar. Der Rauswurf einzelner Länder ist in den EUVerträgen nicht vorgesehen. Leichter möglich ist ein Austritt von Staaten aus der Gemeinschaft. Dies ist in Artikel 50 des EU-Vertrags sogar ausdrücklich vorgesehen. Eine besonders radikale Idee lautet daher, dass einige Staaten die EU verlassen und eine neue Union gründen. Anfang 2013, auf dem Höhepunkt der EU-Schuldenkrise, soll ein solches Szenario auch im Berliner Kanzleramt besprochen worden sein. Beamte aus dem Wirtschafts- und dem Finanzministerium hätten in vier Themenkreisen mit unabhängigen Experten über die Zukunft der Währungsunion und der EU diskutiert, wie ein Teilnehmer berichtet. Dabei sei es auch um die Gründung einer neuen Gemeinschaft gegangen, bei der es sich um eine deutsch-französisch dominierte Avantgarde gehandelt hätte. Die Bundesregierung bestreitet dagegen, dass im Kanzleramt jemals Planspiele zu einem EU-Austritt Deutschlands stattgefunden hätten. Ein gemeinsamer EU-Austritt der wichtigsten Staaten sei "nicht realistisch, aber als Drohkulisse diskutabel", meint Politikprofessor Maurer. Er könnte sich aber vorstellen, dass die europäische Freihandelsorganisation Efta zu einer "EU light" umgebaut wird - für Staaten, die der EU aus wirtschaftlichen Gründen angehören wollen, ansonsten aber nur wenige ihrer Werte teilen. ----------------------- 3.1,2016 EU-Kommission will über Lage des Rechtsstaats in Polen beraten 44 Ministerpräsidentin Beata Szydlo, PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und sein Vize Ryszard Terlecki Die neue nationalkonservative Regierung Polens: Erster Schritt für Verfahren gegen Regierung Die EU-Kommission will über die Lage des Rechtsstaats unter der neuen nationalkonservativen Regierung Polens beraten. Die Debatte ist eine Vorstufe zu einem Prüfverfahren der Kommission: Polen könnten am Ende Sanktionen drohen ! Vor dem Hintergrund des umstrittenen Mediengesetzes in Polen will die EU-Kommission am 13. Januar ein Verfahren einleiten, um mögliche Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit in dem östlichen Mitgliedstaat zu untersuchen. In einer ersten Phase solle die Lage bewertet werden, sagte eine Behörden-Sprecherin am Sonntag in Brüssel. Nach Angaben des Sprechers wird sich die EU-Kommission am 13. Januar mit der Situation des Rechtsstaats in Polen befassen. Die Debatte ist die Vorstufe zu einem Verfahren, in dem die Kommission die Rechtsstaatlichkeit ihrer Mitglieder prüft. Im Kampf gegen staatliche Willkür in Mitgliedstaaten hatte sich die EU vor gut einem Jahr ein neues Verfahren zugelegt, das aber bisher ungenutzt blieb. Staaten, die systematisch gegen gemeinsame Grundwerte verstoßen, können bei EU-Ministertreffen offiziell in die Mangel genommen und damit politisch unter Druck gesetzt werden. Im schlimmsten Fall könnte Polen der Verlust von Stimmrechten im EU-Ministerrat drohen. Oettinger will Warschau unter Aufsicht stellen 45 Der Druck auf Polens nationalkonservative Regierung wächst. Der für Medienpolitik zuständige Kommissar Oettinger plädiert dafür, den Rechtsstaatsmechanismus zu aktivieren. Dadurch könnte Polen sein Stimmrecht verlieren. Die polnische Regierung gerät nach ihren umstrittenen Gesetzesänderungen zunehmend unter Druck aus Brüssel. Nachdem der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Warschau vor einer Beschränkung der Medienvielfalt gewarnt hat, äußert sich nun erstmals auch der für Medienpolitik zuständige Kommissar Günther Oettinger. „Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen“, sagte Oettinger der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.). Er werde sich dafür bei der nächsten Sitzung der EU-Kommission am 13. Januar einsetzen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Juncker will ein Instrument nutzen, das es erst seit 2014 gibt. Es sieht einen strukturierten Dialog mit einem Mitgliedstaat vor, wenn die Kommission systembedingte Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit erkennt. Wenn der Staat nicht auf Änderungsvorschläge aus Brüssel reagiert, leitet die Kommission ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte ein. Das ist noch nie geschehen, könnte aber bis zum Entzug von Stimmrechten führen. Oettinger äußerte sich gegenüber der F.A.S. besorgt über die jüngsten Änderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Polen. Das Parlament hatte mit Mehrheit der Regierungspartei in beiden Kammern eine Reform beschlossen, die es ihr erlaubt, das Leitungspersonal in den öffentlichen Radio- und Fernsehsendern auszutauschen. Die Direktoren von vier Programmen des Fernsehsenders TVP reichten am Samstag von sich aus ihren Rücktritt ein, darunter der beliebte Journalist Tomasz Lis. „Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür“, sagte Oettinger. „Je größer unsere Sorge ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion einbüßen könnte, nämlich die Bürger unabhängig zu informieren, desto mehr müssen wir die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden stärken“, so Oettinger weiter. Er will spätestens im Juni Vorschläge zur Novellierung der entsprechenden EU-Richtlinie vorlegen. Das steht im Zusammenhang mit einer Überprüfung, die schon länger läuft, nun aber auch durch die Entscheidungen in Polen beeinflusst wird -------------------------------------- Jahresrückblick 2015 Marignano und die Folgen Das Gedenken um die Schlacht von Marignano hat gezeigt, dass die Debatte um die Schweizer Geschichte noch nicht aus dem Schatten der geistigen Landesverteidigung herausgetreten ist. 46 Die Geschichte lebt: Knochen von Kriegern im Beinhaus von Marignano. «The past is a foreign country: they do things differently there.» Den Eröffnungssatz von L. P. Hartleys Roman «The Go-Between» haben manche Historiker schon einmal irgendwo gehört. Nur wenige würden bestreiten, dass er einen wichtigen methodischen Grundsatz historischen Forschens wortgewaltig wiedergibt. Er lautet ungefähr so: Um sie zu verstehen, müssen wir uns von der Vergangenheit, der wir uns mit kühler Leidenschaft annähern, immer wieder entfremden. Denn die Distanz zwischen verschiedenen Epochen ist nicht nur chronologisch, sondern auch phänomenologisch markant. Der Verlockung, das Eigene im Vergangenen zu suchen, um es dann dort auch prompt zu finden, widersteht man, indem man Letzteres wie ein fremdes Land betrachtet. Die Vergangenheit, das fremde Land. Auch die Diskussionen, die sich 2015 an Marignano entzündeten, lassen sich als Kontroverse um diesen Glaubenssatz kritischer Geschichtsbetrachtung begreifen. Jedenfalls gewinnt Marignano an Relevanz, wenn man das Ereignis zum Anlass nimmt, über historische Epochen und ihre Verstrickungen zu reden. Inwieweit lässt sich die moderne Schweiz sinnvoll mit ihrer fünf- bis sechshundert Jahre zurückliegenden Geschichte in Beziehung setzen? Was hat die alte Eidgenossenschaft – im Gegensatz etwa zur Helvetischen Republik, zum Wiener Kongress oder zum 1848 gegründeten Bundesstaat – mit unserer Gegenwart, gar mit der Gestaltung unserer nationalen Zukunft zu tun? Werden wir in dem Moment, wo wir uns diese Frage stellen, zu Gefangenen im Spiegelsaal der Geschichtsmythologien? Rückwärts- und Vorwärtsprojektionen Nun sind Mahnungen zur Vorsicht vor «Gefahren» in der Geschichtswissenschaft nichts Seltenes – besonders dort nicht, wo der Hang zum Konformismus ausgeprägt und 47 institutionell gut abgesichert ist. Klar ist aber auch, dass originelles Forschen weit häufiger mit einer interessanten Projektion als mit dem erhobenen Zeigefinger beginnt. Bisweilen ist diese theoretisch oder historiografisch motiviert, manchmal bezieht sie sich auf ein historisches Ereignis oder eine persönliche Erfahrung. Wo keine Fragen sind, so meinte der stets angriffslustige Lucien Febvre, da ist nur das Nichts. Nimmt man die aufs Jubiläumsjahr hin produzierten Studien als Richtwert, so stehen sich in der Debatte um Marignano zwei gegenläufige Interpretationen gegenüber. Bei beiden dominiert das Bedürfnis, Antworten zu liefern, über die Lust, weiterführende Fragen zu stellen. Beide beziehen ihre Motivation letztlich aus einer nationalen Lagebeurteilung in der Gegenwart. Das ist legitim; und gleichzeitig wirkt es horizontverengend. Laut der ersten Interpretation – nennen wir sie die konservativ-affirmative – steht das Gemetzel um das Fürstentum Mailand am Anfang einer staatlichen Entwicklung. Marignano erscheint hier, trotz den Tausenden von Toten, als heilsame Niederlage. Dank dem Rückzug aus Oberitalien konnte sich die Eidgenossenschaft als Staat ohne eindeutiges Zentrum bewahren und weiterentwickeln. Die Autonomie der Orte blieb hoch, die Steuerlast vergleichsweise tief. Obschon das lukrative Geschäft mit Söldnern noch Jahrhunderte fortdauern sollte: Marignano stärkte, trotz Glaubensspaltung, das eidgenössische Bewusstsein. Im «Stillesitzen» während der europäischen Religionskriege offenbarte sich in Ansätzen bereits jene neutrale Haltung, die ab 1815 völkerrechtlich anerkannt wurde. Die Ereignisse am Beginn des 16. Jahrhunderts begründeten die Schweiz als handlungsfähige Einheit: Der Geist der Neutralität im Dienste eidgenössischer Unabhängigkeit war keine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Konservativ-affirmative Historiker behaupten also nicht, es seien die schönen grünen Augen der Partner gewesen, die die Eidgenossenschaft schufen. Wie manche standhafte Ehe verdankte sich auch dieser Bund eher handfestem Kalkül sowie komplementären Werten, Valoren und Ängsten. Für die Vertreter der zweiten Interpretation – nennen wir sie die progressiv-kritische – unterscheidet sich die moderne Schweiz von der alten Eidgenossenschaft dagegen wie der Tag von der Nacht. Die Vergangenheit erscheint hier als ein anderes Land, das kollektive «Wir» für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert als gänzlich unangebracht. Den Zeitgenossen des 16. und 17. Jahrhunderts lag nichts ferner als die Neutralität; in der gottesfürchtigen frühen Neuzeit mussten sich die Menschen zwischen dem Herrgott und dem Teufel entscheiden, alles andere wäre weder privat noch öffentlich legitimierbar gewesen. Die Assoziierung von Marignano mit der Neutralität entspricht einem Anachronismus. Selbst das von der Tagsatzung 1674 abgegebene Neutralitätsbekenntnis war nur ein halber Vorläufer der modernen Neutralität. Die nationale Unabhängigkeit fiel der Schweiz als Geschenk des Wiener Kongresses zu. Die Eidgenossenschaft der Vormoderne war kein handlungsfähiger Staat, sondern ein Trittbrettfahrer der europäischen Geschichte. Nicht in der staatlichen Souveränität, sondern in der transnationalen Verflechtung im Zentrum Europas liege die Konstante der Schweizer Geschichte. Ein Akt der intellektuellen Selbstbeschränkung Mit der Unterstellung eines nationalen «Wir» für das 16. Jahrhundert wird der historische Bogen zweifellos überspannt. Als keineswegs produktiver erweist sich allerdings die Spaltung der Schweizer Geschichte in eine vormodern-korporatistische und eine modern-staatliche Phase. Im ersten Fall wird (etwas gar viel) mentale Kohäsion unterstellt anstatt erklärt. Im zweiten führt ein eher antiquierter begriffs- und rechtshistorischer Zugang zur Entsorgung wichtiger Fragen, was die möglichen Verbindungslinien von der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft zum modernen Bundesstaat betrifft. Wo diese Verbindungslinien aus dem Blickfeld geraten, bleibt der moderne Nationalstaat wie der Liberalismus oder die Demokratie in ihrer schweizerischen Spielart ein Buch mit sieben 48 Siegeln. Muss man noch erwähnen, dass 1798, 1815 oder 1848 als nationale Gründungsdaten genauso mythologisch sind wie 1291, 1315 oder 1515? Marc Bloch bezeichnete die Suche nach den Ursprüngen als die grösste Versuchung für Historiker. Für ebenso problematisch hielt er jedoch die Abspaltung der Gegenwart von zeitlich weiter entfernten Entwicklungen. In diesem Abkoppeln einer dynamischen Moderne von ihrer stets etwas grauen Vorzeit – Bloch sprach von einer «modernistischen Ideologie» – sah der französische Historiker den anachronistischen Zwilling der Vergötzung der Ursprünge. Gesamthaft verdeutlichte das Jubiläumsjahr, dass die Debatte um die Schweizer Geschichte noch nicht aus dem Schatten der geistigen Landesverteidigung herausgetreten ist. Die nationalistische Idealisierung der Vergangenheit während der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit provozierte eine (bitter nötige) ideologiekritische Reaktion. Ihre zentralen Kampfbegriffe – Mythos und Mythologisierung – gehören heute zum Alltagsvokabular von Herrn und Frau Schweizer. Wichtiger: In den 1970er Jahren entschieden sich viele Experten der modernen Schweizer Geschichte, die mittelalterliche und frühneuzeitliche Vergangenheit des Landes inskünftig ad acta zu legen – ein Akt der intellektuellen Selbstbeschränkung im Namen des wissenschaftlichen und politischen Fortschritts. Freie Sicht auf die Geschichte Fortschritt zeitigt Folgen. Während sich etwa in England selbst führende marxistische Historiker mit der langen Dauer staatlicher Entwicklungen beschäftigten, erachteten es ihre Schweizer Berufskollegen als Zeichen innovativer Veranlagung, moderne und vormoderne Geschichte inskünftig wie Öl und Wasser voneinander zu trennen. Derweil bemühten sich jene Frühneuzeithistoriker, die sich der Geschichtsdebatte im Jubiläumsjahr 2015 nicht verweigerten, um eine neue, europakompatible nationale Meistererzählung. Die Geschichte transnationaler Verflechtung! Das alles war und ist legitim und interessant, manchmal sogar anregend. Und doch ist es bei einem eigenartig selbstreferenziellen Diskurs geblieben, einem Gespräch unter Eidgenossen. War man da – etwa mit den Arbeiten von Andreas Suter und Guy P. Marchal – nicht schon einmal weiter, was die historische und konzeptuelle Phantasie anbelangt? Dabei bietet die Geschichte der Schweiz – gerade, was die möglichen Beziehungen zwischen früher Neuzeit und Moderne betrifft – ein thematisch unglaublich reiches Forschungsfeld. Welche ideologischen Antworten provozierte der zwinglianische Frühnationalismus unter Schweizer Katholiken? Inwiefern unterschied sich das protestantische vom katholischen Nations- und Staatsverständnis in den Jahrhunderten von der Reformation bis zur Zwischenkriegszeit? Was bedeuteten diese Divergenzen für die Integration der französischen und italienischen Landesteile in ein ursprünglich fast rein deutschschweizerisches Projekt? Wie haben sich konfessionell verschiedene Konzeptionen von Zeit und Geschwindigkeit, unterschiedliche Ideale wirtschaftlichen Handelns und politischer Entscheidungsfindung über die Jahrhunderte hinweg beeinflusst? Nationen existieren, solange um solche und viele andere Fragen gestritten wird. Je freier die Sicht, desto lustiger der Streit. ------------------------------ 49 15 1.2016 Streit um Flüchtlingsquote Die Slowaken verklagen die EU Hardliner in der Flüchtlingspolitik: Der slowakische Ministerpräsident Fico am Flüchtlingsgipfel von Malta . Die Slowakei will gerichtlich gegen die verpflichtende EU-Quote für Flüchtlinge vorgehen. Möglicherweise werden andere östliche Mitgliedstaaten nachziehen. Die Slowakei hat eine formelle Klage gegen die EU eingereicht, um sich gegen die Zuteilung von Flüchtlingen zu wehren. Die Regierung fordert darin den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg auf, die Entscheidung des EU-Rats für ungültig zu erklären. Dies gab Regierungschef Robert Fico am Mittwoch in Bratislava bekannt. Widerstand aus dem Osten Am 22. September beschlossen die EU-Innenminister gegen die Stimmen der Slowakei, Ungarns, Tschechiens und Rumäniens eine Verteilung von 120 000 Flüchtlingen aus überfüllten italienischen und griechischen Lagern auf alle EU-Länder. Die Slowakei drohte schon am darauffolgenden Tag mit der nun eingebrachten Klage. Möglicherweise schliesst sich Ungarn noch im Dezember der slowakischen Klage an. Auch die neue nationalkonservative Regierung Polens hat den damals von der Vorgängerregierung unterstützten Vorschlag inzwischen als Fehler kritisiert. Die Slowakei fordert wie auch zum Beispiel Tschechien ein Freiwilligkeitsprinzip bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Sie will demnächst 149 ausgewählte christliche Flüchtlinge aus einem irakischen Flüchtlingslager in die Slowakei einfliegen lassen. Warnungen vor einer «Armee» Die ablehnende Position der mittelosteuropäischen Staaten gegenüber Flüchtlingen ist in der Bevölkerung populär. Diese fürchtet sich vor ausländischen Einflüssen. Die populistischen Regierungen in Ungarn und der Slowakei schüren diese Ängste, indem sie vor der «Islamisierung» warnen, die durch die Flüchtlingsströme drohe. So hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban vor einer «Armee» von jungen Muslimen gewarnt, welche die europäische Kultur bedrohten. 50 115.1.2016 Was aus dem Arabischen Frühling wurde Situation in ausgewählten arabischen Ländern im Januar 2016. Vor fünf Jahren begannen die Volksaufstände in Tunesien, die sich schnell ausweiteten, in 17 Ländern zu Umbruch führten und so ganz Nordafrika und den Nahen Osten veränderten. Als Arabischen Frühling fassen wir die Entwicklungen heute zusammen. Doch wo hat sich die Lage tatsächlich verbessert? Und wo ist die Situation der Menschen schlechter als zuvor? Der Economist zieht mit einem Blogbeitrag Bilanz. In Ägypten ist die Lage unsicher. Es regiert ein autoritäres System, Kritiker kommen so gut wie nicht zu Wort, die wirtschaftliche Lage ist schlecht. Terroranschläge wie zuletzt in Hurghada machen dem wichtigsten Wirtschaftszweig, der Tourismusindustrie, zu schaffen. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für die nördliche Sinai-Halbinsel ausgesprochen. Tunesien hingegen hat sich eine moderne und demokratische Verfassung gegeben, 2015 wird das nationale Dialogquartett mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ganz anders ist die Situation in Libyen, ein "failed state", wie es in der Grafik des Economist bitter heißt. Zwei Blöcke kämpfen um die Macht, das Land lässt sich quasi nicht mehr kontrollieren, die IS-Kämpfer breiten sich aus, immer wieder kommt es zu Terroranschlägen. Wie die Lage in den übrigen Staaten ist, haben die Kollegen des Tagesspiegels hier zusammengefasst. Der Economist-Text enthält auch eine Zeitleiste, in der die politischen Entwicklungen in Tunesien, Libyen, Ägypten, Syrien und dem Jemen aufgeführt sind. 51 Was aus dem “Arabischen Frühling” wurde, füllt die Nachrichtenspalten der gesamten Presse in ganz Europa. Jeden Tag. Auch ich schwelge jetzt mal in Metaphern: Aus dem “Arabischen Frühling” wurde der “Europäische Herbst”. Der von Westeuropa unterstützte arabische Frühling hat Arabien tatsächlich verändert. Es tobt überall Bürgerkrieg, die Lebenssituation aller Moslems in Arabien hat sich verschlechtert, die Christen wurden so gut wie alle vertrieben oder ermordet (Juden gibt es schon lange nicht mehr dort), hundertausende unschuldige Araber starben, die Wirtschaft liegt am Boden, Europa ist von moslemsichen Flüchtlingen überrant. Und manche Biowesteuropäer fragen, warum flüchten so viele? Also kurz gesagt, die Länder denen es gut ging, geht es jetzt sehr schlecht und die anderen, bis auf ganz wenige ausnahmen, so wie zuvor oder schlechter geworden. Stellvertretend für den Westen klopfe ich mir mal auf die Schulter dafür. Wie kommt man auf die Idee, den Irak auf der Karte als autokratische Demokratie zu bezeichnen? Es ist eindeutig ein failed state. ich würde sagen: Ab 21. März haben wir auch einen arabischen Frühling. Wenn man den Nahost-Experten Michael Lüders (“Wer den Wind sät”) und Jürgen Toden-höfer („Inside IS“) glaubt, liegt die Ursache der Bürgerkriege in den Arabischen Ländern fast ausschliesslich im westlichen Kolonialismus, späterer politischer Intervention, wirtschaftpoli-tischer Unterjochung, um die natürlichen Ressourcen der betroffenen Länder auszubeuten und den umfangreichen Waffenexporten in die jeweiligen Regionen begründet. Die Tatsache, dass in den überwiegend islamisch geprägten Krisenherden auf diesem Planeten eine über Jahrhunderte anhaltende Auseinandersetzung zwischen Moslems schii-tischen und sunnitischen Glaubens eskaliert,…. dass tief verwurzelte fundamentalistische Glaubensrichtungen den Nährboden für terroristische Organisationen geschaffen haben,…dass in vielen Ländern die Population explodiert und vor allem die jungen Bevölker-ungschichten nach Freiheit, Demokratie und Wohlstand streben und sich gegen totalitäre, meist höchst korrupte Despoten wenden, die Ihre Bevölkerung über Jahrzehnte unterdrückt und ausgebeutet haben, das alles passt nicht so recht ins ideologische Weltbild. Oder vielleicht auch einen stramm-deutschen, mit den selben verheerenden Folgen wie in den arabischen Ländern. “Wie kommt man auf die Idee, den Irak auf der Karte als autokratische Demokratie zu bezeichenen? Es ist eindeutig ein failed state.” Ich kann ihnen versichern, dass dem nicht so ist! Klar, sie haben aktuell große Probleme mit Aufständischen/IS, aber ein failed state ist es nicht. Die meisten Foristen wären vermutlich positiv überrascht, wenn sie Bilder aus z.B. Bagdad sähen täten. Wo die USA ihre verdeckten und verdreckten Kriege führt, bleibt nur Elend. Das Problem der Welt ist die USA mit ihrem brutalen altkolonialistischen Weltherrschaftsanspruch, die die UN leider völlig instrumentalisiert hat. Solange der Begriff “arabischer Despotismus” existiert, wird sich “aufklärerisch” in diesen Ländern nichts verändern. Aber durch die migrierten Ströme, Europa schon. 52 "Die Kanzlerin wird sich korrigieren müssen" 15.1.2016 Niedersachsens Regierungschef Weil (SPD) ist seit Februar 2013 Niedersachsen Ministerpräsident von Die Welt: Herr Ministerpräsident, sind Sie schon einmal Opfer eines Verbrechens geworden? Stephan Weil: Nein, zum Glück nicht. Ich habe aber Bekannte, bei denen zum Beispiel eingebrochen wurde. Aus meiner Zeit in der Strafjustiz, weiß ich, wie tief es Menschen verunsichert, wenn Fremde zum Beispiel in die eigene Wohnung eindringen. Das rührt ganz tief. Die Welt: Womit hatten wir es in Köln zu tun? Weil: Es war ein Tiefschlag in mehrfacher Hinsicht. Für die betroffenen Frauen, die einen wahren Spießrutenlauf erleiden mussten. Für den Staat, der Vertrauen zurückgewinnen muss, und für die allermeisten Flüchtlinge und die Menschen, die ihnen helfen. Sie laufen Gefahr, unverdient in Misskredit zu geraten. Die Welt: Ist Köln überall? Hannelore unserer Verantwortung und es tut uns leid" ! 53 Kraft "Es lag in Weil: Nein, Köln ist nicht überall. Die Vorgänge dort sind erschreckend. Auch aus Niedersachsen kenne ich Einzelfälle, aber eben nur Einzelfälle. Ich nehme das dennoch sehr ernst. Frauen sind in Deutschland kein Freiwild. Diesen Grundsatz muss der Staat durchsetzen. Die Welt: Polizisten sagen, sie durften Flüchtlinge lange nicht mit Kriminalität in Verbindung bringen. Stimmt das? Weil: Ich finde nicht, dass etwas verschwiegen werden sollte. Ich halte es aber für richtig, dass die Nationalität dann in der Presse genannt wird, wenn es einen Zusammenhang zur Straftat gibt. Eine allgemeine Verschlechterung der Sicherheitslage durch den Zuzug von Flüchtlingen zeigen unsere Zahlen nämlich nicht. Die Welt: Im vergangenen Jahr gab es in Ihrem Land mehrere Terrorwarnungen. Müssen sich die Deutschen nicht nur an die Alltagskriminalität, sondern auch an die Terrorgefahr gewöhnen? Weil: Eine abstrakte Gefahr besteht leider, an derart konkrete Terrorwarnungen müssen wir uns hoffentlich nicht gewöhnen. Niemand soll und muss sich in sein privates Schneckenhaus zurückziehen. Aber wir sollten achtsam sein. Der Abend, an dem wir das Länderspiel Deutschland–Niederlande abgesagt haben, war für mich der schlimmste Abend des vergangenen Jahres. Drei Stunden haben wir trotz der ernst zu nehmenden Hinweise gehofft, dass nichts passiert. Erst danach konnten wir einigermaßen sicher sein, dass der Abend ruhig zu Ende gehen würde. Die Welt: Welche Verbindungen gibt es zwischen Flüchtlingen und Kriminalität? Kölner Polizeistatistik: Aus diesen Ländern stammen straffällige Flüchtlinge Weil: Wenn viele Menschen nach Deutschland kommen, dann kommen nicht nur solche, die es gut meinen. Nach den bisherigen Erfahrungen in Niedersachsen kann ich aber sagen: Nur wenige Flüchtlinge werden straffällig, und sie begehen dann auch in der Regel kleinere Delikte – aber unabhängig davon muss man von Anfang an klarstellen, welche Regeln hier gelten. Wir dulden in Deutschland keine rechtsfreien Räume. Die Welt: Seit einigen Monaten kommen so viele Flüchtlinge, dass die Regierung nicht genau weiß, wer im Land ist. Entgleitet die Kontrolle? Weil: Bezogen auf die Asylverwaltung des Bundes stimmt das leider. Ansonsten stehen wir mindestens vor einer Riesenherausforderung. Die vergangenen vier Monate habe ich als Grenzsituation empfunden. Alle Beteiligten haben bis an den Rand der Belastung arbeiten müssen, um eine Massenobdachlosigkeit zu verhindern. Nun kommt die eigentliche Aufgabe: Wir müssen zum Beispiel sehr viele Wohnungen bauen, damit es nicht zu einem Verdrängungswettkampf mit den Ärmeren in der Gesellschaft kommt. Wie groß diese Aufgabe ist, haben die Unionsmitglieder der Bundesregierung noch immer nicht verstanden. Frau Merkels "Wir schaffen das" hat mit Ach und Krach seine Berechtigung für die Notunterkünfte gehabt. Notunterkünfte alleine aber reichen nicht aus. Die Welt: Auch die Integrationsfrage ist damit noch nicht angesprochen. Weil: Und das ärgert mich. Die Bundeskanzlerin sagt auch insofern: "Wir schaffen das." Das ist etwas wohlfeil, denn es sind die Länder und vor allem die Kommunen, die Hilfsorganisationen und die Ehrenamtlichen, die es schaffen. Die Gesellschaft hat ihre Bewährungsprobe 2015 bestanden. Das kann man von der Politik nicht behaupten. 54 Entweder gelingt es, international die Zugangszahl zu drosseln. Oder wir müssen Dinge tun, die niemand will und die Europa schaden werden. Die Welt: Was muss geschehen, wo die EU-Außengrenze noch immer nicht geschützt ist? Weil: Schon Mitte September habe ich gesagt, dass die Bundesregierung einen Plan B auf den Tisch legen muss. Die Welt: Der Plan B lautet: die Grenzen dichtmachen. Weil: Ist das so? Ich bin mir allerdings sicher: Die Bundeskanzlerin wird sich im Laufe des Jahres korrigieren müssen. Entweder gelingt es, international die Zugangszahl zu drosseln. Oder wir müssen Dinge tun, die niemand will und die Europa schaden werden. Die Welt: Sie meinen das Ende von Schengen? Weil: Entweder man sichert die EU-Außengrenze – was ich für notwendig halte – und errichtet humanitäre Auffangeinrichtungen an den Grenzen. Ansonsten erleben Binnengrenzen in Europa ein Comeback. Ex-Verfassungsrichter "Merkels Alleingang war ein Akt der Selbstermächtigung" Die Welt: War Merkels Einladungspolitik ein Fehler, den es zu korrigieren gilt? Weil: Die Entscheidung, Anfang September die Grenze zu öffnen, war als Zwischenlösung richtig. Das war ein humanitärer Akt. Er hat aber fatalerweise dauerhaft zu einer Sonderrolle Deutschlands in Europa geführt. Die anderen Staaten lehnen sich nicht nur zurück, sondern sprechen mit Häme von der "deutschen Einladung". Diesen Mechanismus muss die Bundesregierung beenden. Die Welt: Hat Frau Merkel die Lage im Griff? Weil: Die letzten Monate haben uns an den Rand unserer Möglichkeiten gebracht. Nehmen Sie den Bundesinnenminister, der stetig neue Gesetze vorschlägt, während in seinem Geschäftsbereich Chaos herrscht. Die Lage beim BAMF ist, freundlich ausgedrückt, sehr schwierig. Solche Zustände verunsichern die Bevölkerung. Die Menschen spüren, dass der Staat die Lage nicht im Griff hat. Ich bin überzeugter Anhänger eines starken Staates, aber ein solcher Staat überzeugt durch Taten, nicht durch Worte. Die Welt: Sie halten nichts von einer Obergrenze. Aber sympathisieren Sie nicht doch heimlich mit der Zahl von 200.000, die Ihr Amtskollege Horst Seehofer (CSU) nennt? Weil: Die Obergrenze ist ein politischer Kampfbegriff, und damit das letzte, was wir derzeit brauchen. Das Grundrecht auf Asyl bei individueller Verfolgung steht nicht zur Disposition. Aktuell aber kommen vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge. Für diese Gruppe empfiehlt sich eine Aufnahme aus Kontingenten und das durchaus großzügig, denn Deutschland ist stark. Die 200.000 halte ich für zu gering, ebenso wie eine Million zu viel sind. Ich tue Ihnen aber nicht den Gefallen, eine eigene Zahl zu nennen. Ich erwarte von der Bundeskanzlerin, die einen eigenen Anteil an der aktu-ellen Lage hat, einen Plan für die Finanzierung Die Welt: Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Weil: Die Bundeskanzlerin muss endlich sagen, wer die enormen Kosten zahlt. Integration ist eine große, sehr teure Investition. Sie kann unsere Sozialsysteme langfristig dauerhaft 55 entlasten und die Wirtschaft beflügeln. Aber erst einmal kostet sie Geld. Deswegen finde ich es gut, dass auch der Kollege Seehofer inzwischen auf die Linie eingeschwenkt ist, den Soli fortzusetzen. Der Bund muss jetzt sagen, was er leisten will. Länder und Kommunen tun schon alles, bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Erlaubten. Die Welt: Haben sich die Länder mit ihrer sehr ehrgeizigen Schuldenbremse und dem Ziel einer Null-Neuverschuldung überfordert? Weil: Ich habe nie verstanden, warum die Länder Ja gesagt haben zu einer Regelung, die für sie selbst strenger ist als für den Bund. Niemand kann mir diesen Mechanismus erklären. Er kommt wohl von Politikern, die kurz vor ihrer Pension die Latte noch einmal höher hängen wollten. Im Nachhinein betrachtet war das fatal. Die Welt: Wollen Sie die Schuldenbremse aufweichen? Weil: Nein, über dieses Stöckchen springe ich nicht. Ich erwarte von der Bundeskanzlerin, die einen eigenen Anteil an der aktuellen Lage hat, einen Plan für die Finanzierung. Die einen machen die große Politik, die anderen machen die Arbeit und zahlen – so geht das nicht. Gabriel zur Flüchtlingskrise "Wenn wir es wollen, dann schaffen wir es auch" Die Welt: Welchen Kurs fährt die SPD in der Flüchtlingspolitik? Sigmar Gabriel ist für "Haft im Heimatland", will Gesetze verschärfen, Ralf Stegner will Aussitzen. Was gilt denn nun? Weil: Die Länder bemühen sich schon jetzt in vielen Fällen, dass Strafen in den Herkunftsländern abgesessen werden. Da Druck zu machen, ist völlig richtig. Ich wünsche mir generell, dass meine Partei ihre Standpunkte noch stärker konturiert und verständlich darstellt. Die Welt: Die Kommunalpolitiker der SPD dringen auf schärfere Gesetze, schnellere Abschiebungen. Muss die Parteiführung mehr auf ihre Bürgermeister und Landräte hören? Weil: Die eigentliche Kärrnerarbeit wird in den Städten und Gemeinden geleistet. Da wird nicht um den heißen Brei herumgeredet. Sigmar Gabriel weiß das in Berlin wie kaum ein anderer. Sehr viele unserer Anhänger wollen eine realistische Politik, die die humanitären Möglichkeiten Deutschlands ausschöpft, uns aber nicht überfordert. Eine Haltung, die der Bundespräsident perfekt pointiert hat: "Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich." Das ist vielen SPD-Wählern näher als die Floskel "Wir schaffen das". Die Welt: Was würde ein Durchmarsch der AfD bei den drei Landtagswahlen im März bedeuten? Weil: Ein Erfolg dieser ausländerfeindlichen Partei wäre ein Rückschlag für unser Land. Die Welt: Müssen und wollen Sie um AfD-Sympathisanten kämpfen? Weil: Na klar. Die etablierten Parteien müssen das Vertrauen derjenigen, die zweifeln und Angst haben, zurückgewinnen. Solche Leute darf man doch nicht in die rechte Ecke stellen. 56 " überhebt sich Deutschland mit seinem Helfersyndrom" ? Die Städte "laufen voll", warnt Buschkowsky und rügt die deutsche Asylpolitik. Historiker Münkler sieht Zuwanderung aber als "Investition": Flüchtlinge könnten Arbeitsmarkt und Sozialsysteme retten. Fünf Leute sitzen auf einem Podium und diskutieren darüber, wie Integration gelin-gen kann. Weder unter den Diskutanten noch im Publikum ist jemand mit Migrations-hintergrund, geschweige denn ein Flüchtling. So jedenfalls gelingt Integration nicht. Am Ende der Veranstaltung fragt der Moderator jede Person auf der Bühne, ob sie im Verlauf der Diskussion irgendetwas von einer anderen Person auf der Bühne gelernt habe. Der Star des Abends, Heinz Buschkowsky (SPD), sagt kurz und bündig: "Diesbezüglich empfinde ich eine große Leere." Die anderen sagen das Gleiche, nur blumiger. So gelingt auch Diskussion nicht. Schade eigentlich. Die Urania in Berlin ist eine altehrwürdige Institution, und ihr Publikum ist auch ziemlich alt. Hier sitzt das, was sich für die Mitte der Gesellschaft hält. Zu den wenigen jungen Besucherinnen gehören die zwei aus München und Münster zugewanderte Studentinnen, die bis zum Veranstaltungsbeginn laut darüber schwätzen, dass ihre gemeinsame hässliche Freundin beim Urlaub neulich "verzweifelt darüber war, dass sie nicht angetanzt wurde". Und dass Frauen an der Uni es ganz gut hätten, weil sie unterschätzt würden. "So kann man die Leute überraschen, ohne sich allzu sehr anzustrengen." Man möchte vor Fremdscham in den Boden versinken. Doch dann beginnt die Veranstaltung. 19.30 Uhr. Erst eine Stunde später wird das Wort "Köln" das erste Mal fallen. Auf dem Podium sitzen Katja Kipping, Vorsitzende der Linkspartei; Herfried Münkler, Geschichtsprofessor; Annette Treibel-Illian, Soziologin; Andreas Germershausen, Integrationsbeauftragter des Berliner Senats; und eben Buschkowsky, Ex-Bürgermeister von BerlinNeukölln und Bestsellerautor. Auf der Eintrittskarte steht nur sein Name. Etwa zwei Drittel der Anwesenden, jedenfalls nach dem Beifall zu urteilen, sind hier, um ihn "Klartext" reden zu hören. Er lässt sein Publikum zappeln. In der ersten Runde sind sich alle Diskutanten erstaunlich einig. Deutschland sei nun einmal ein Einwanderungsland. Wir alle seien gefordert. Besonders aber der Staat. Integration könne gelingen, "wenn alle sie wollen", so Buschkowsky. Man müsse sich an den Erfolgen orientieren, so Treibel, und außerdem müssten sich nicht nur Zuwanderer in die Einwanderungsgesellschaft integrieren, sondern auch Einheimische: "Alte, neue und ganz neue Deutsche." Kipping hält nichts von Gelöbnissen der Zuwanderer, wie sie in der Union diskutiert werden. "Das kenne ich von den Jungen Pionieren früher. Damit ist mein Bedarf gedeckt." Dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Gelöbnis, für die Diktatur des Proletariats zu kämpfen, und dem Versprechen, die Werte der Demokratie zu achten, scheint niemandem auf dem Podium aufzufallen - „Wer sich nicht anpasst, muss den Koffer nicht auspacken“ Heinz Buschkowsky (SPD) 57 Germershausen redet von "erfolgreichem Verwaltungshandeln", was vor Berliner Publikum Kichern hervorruft. Buschkowsky fordert die Verankerung von Einwanderung als Staatsziel im Grundgesetz und die Schaffung eines Ministeriums für Einwanderung. Warum nicht? Schafft jedenfalls Arbeit für Juristen und Beamte. Erst spät kommt ein wenig Leben in die Bude. Münkler weist darauf hin, dass wir noch vor zehn Jahren über die demografische Katastrophe gesprochen hätten und darüber, dass wir eigentlich 500.000 Zuwanderer pro Jahr brauchten. Jetzt hätten wir sie. Wir müssten Zuwanderung als "Investition betrachten, die sich amortisieren kann", die den Arbeitsmarkt, den Immobilienmarkt und die Sozialsysteme retten könne. Buschkowsky spitzt die Ohren. Allein im vergangenen Jahr seien 600.000 alleinstehende junge Männer gekommen, "die wären per se ein Gefährdungspotenzial, egal ob Biodeutsche oder Zuwanderer". Dann müsse man den Familiennachzug erleichtern, wirft Kipping ein. Germers-hausen erzählt etwas von "Integrationslotsinnen und -lotsen, die Zuwanderinnen und Zuwanderer beim Gang durch die Verwaltung begleiten", sodass es "in allen Bezirken mittlerweile eine solide Begleitstruktur" gebe. Er scheint in einer anderen Welt zu leben, jedenfalls eine andere Sprache zu sprechen. Und dann poltert der Stargast los So oder so liefert er Buschkowsky die Provokation, die er braucht, um zu Hochform aufzulaufen. Er wolle nichts von Stadtteilmüttern und Integrationslotsen hören, poltert der Rentner, auch nicht vom Immobilien- und Arbeitsmarkt. Wohnungen und Arbeitsplätze seien "nicht da". Buschkowsky findet: "Deutschland überhebt sich mit seinem "Helfersyndrom." Acht bis zehn Millionen seien auf dem Weg zu uns. In einem "geschichtlich einmaligen Vorgang" habe Deutschland "seine Grenzen für nicht existent" erklärt, die Städte "laufen voll", wir bekämen "Zustände wie im Londoner Bezirk Brixton, da will ich nicht wohnen". Jetzt ist der Beifall da, Buschkowsky hat die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. Niemand scheint zu wissen, dass Brixton, wo es 1981 Rassenaufstände gab, heute zu den hippsten Bezirken Londons gehört, wie übrigens Neukölln zu den angesagtesten Bezirken Berlins – gerade wegen der ethnischen Vielfalt, den damit verbundenen billigen Mieten für Künstlerateliers, Klubs und experimentelle Wohnprojekte. Egal. Übrigens wäre Brixton auch deshalb ein interessanter Untersuchungsgegenstand, weil die Teilnehmer an den Aufständen junge schwarze Männer mit karibischem Migrationshintergrund waren: Christen größtenteils, jedenfalls nominell so christlich, wie die Kölner Gewalttäter muslimisch waren. Die soziologische Untersuchung der Ursachen solcher Gewaltausbrüche und der Möglichkeiten ihrer Eindämmung durch "Verwaltungshandeln", polizeiliches Zugreifen, vor allem aber durch spontane gesellschaftliche Prozesse wie Selbstorganisierung und Gentrifizierung wäre ein großes Thema gewesen, schien aber leider den Horizont der anwesenden Professorin zu übersteigen, die zunehmend – wie der anwesende Fachmann der Verwaltung – den Faden zu verlieren und sich woanders hinzuwünschen schien. Dennoch. Bei aller rhetorischen Überhöhung und Selbstinszenierung, die der Dauertalkshowgast Buschkowsky brillant beherrscht, war das Podium sich im Grundsatz erstaunlich einig, wie die Eingangsrunde bewies. Buschkowsky ist weniger Populist als vielmehr Vertreter der alten Sozialdemokratie der Willy Brandt und Helmut Schmidt, die an die Möglichkeiten des "social engineering" im großen Stil glaubte. 58 Juncker warnt vor Ende des Euro und des Binnenmarktes 15.1.2016 Flüchtlingskrise: Kommissionschef: Enorme Kosten bei Grenzkontrollen Wenn die EU-Staaten im Jahr 2016 nicht gewillt seien, die Flüchtlingskrise gemeinsam zu lösen und sich auf eine faire Verteilung der Lasten zu einigen, drohe der Europäischen Union als Konsequenz ein langsamer Zerfall. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in einzelnen Staaten verursachten enorme Kosten, bisher geschätzte drei Milliarden Euro. Sie verschärften die Wirtschaftskrise und die Arbeitslo-sigkeit. Davor warnte der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, am Freitag in seiner Pressekonferenz zum Jahresauf-takt in drastischen Worten. Insbesondere die Initiativen, die das Schengen-System der offenen Grenzen infrage stellen, anstatt den Schutz der EU-Außengrenze voranzutreiben, sind für ihn offenbar ein Indiz dafür. "Wer Schengen killt, wird am Ende den Binnenmarkt zu Grabe getragen haben, dann wird das Arbeitslosenproblem nicht länger beherrschbar sein", sagte Juncker. Und er fügte an anderer Stelle hinzu, dass dann auch die gemeinsame Währung Euro an ihre Grenzen stoßen werde. "Ein offenes Wort reden" Was die Probleme in Europa anginge, zeigte er sich "ohne Illusionen", sie würden eher zunehmen. Nichtsdestotrotz werde die Kommission nicht davon ablassen, die Vorschläge weiter zu verfolgen, auch zur Aufteilung der Flüchtlinge. Man werde auch mit diesen "ein offenes Wort reden" müssen: Flüchtlinge hätten kein Recht, sich der Zuteilung auf Staaten zu widersetzen, die sie aufnähmen. Bald will die Kommission einen neuen Vorschlag für ein gemeinsames Asylwesen "statt für Dublin III" machen, das nicht funktioniere. Juncker wirkte desillusioniert über die EU-Staaten. "Ich bin es langsam leid, dass immer wieder die Kommission dafür kritisiert wird, sie tue zu wenig", sagte er, aber es müssten die Regierungen endlich umsetzen, was sie gemeinsam beschlossen haben. Optimistisch ist er, dass im Februar eine Lösung für die Reformwünsche Großbritanniens gefunden wird. -------------------------59 Franken-Kredite: Polens Präsident schickt Banken auf Kurstalfahrt 15.1.2016 Präsident Andrzej Duda. Der neue "Gottseibeiuns" der polnischen Banken Der von Polens neuem Präsident Andrzej Duda auf den Weg gebrachte Zwangsumtausch für Frankenkredite versetzt Polens Banken in Aufregung. Auch Notenbank warnt vor Doppelbelastung: würde einige Banken in eine "ernste Krise" stürzen. Warschau. Der polnische Präsident Andrzej Duda will die Bürger des Landes doch von der Last befreien, ihre Hypothekenkredite in Schweizer Franken zurückzahlen zu müssen. Duda stellte am Freitag einen Gesetzentwurf zur Umwandlung der vor Jahren beliebten Franken-Kredite in Zloty vor. Dudas Büro betonte, die Kredite sollten zu einem "fairen Wechselkurs" auf Zloty umgestellt werden können, blieb Einzelheiten des Vorschlags aber schuldig. Finanzminister Pawel Szalamacha nannte den Entwurf "akzeptabel", meldete aber Änderungswünsche an. Polens Banken, darunter die CommerzbankTochter mBank, fürchten deshalb Milliardenbelastungen, ihre Aktienkurse brachen um bis zu sechs Prozent ein. Der Staat werde die Kosten jedenfalls nicht tragen, betonten Vertraute Dudas. Der Umtausch der Franken-Kredite gehörte zu den Wahlkampf-Versprechen Dudas, der im Oktober ins Amt gewählt worden war. Viele Banken hatten aber erwartet, dass die Idee vom Tisch sei, nachdem die Regierung eine Bankenabgabe eingeführt hat, die am Freitag vom Parlament verabschiedet wurde. Die Banken sollen die Abgabe - 0,0366 Prozent der Bilanzsumme pro Monat - nach Dudas Vorstellungen durch den Umtausch um bis zu 20 Prozent mindern können. Die Kosten sollten zudem auf mehrere Jahre verteilt werden. Notenbankpräsident Marek Belka hatte im Dezember vor einer gleichzeitigen Einführung der Bankenabgabe und des Hypotheken-Tauschs gewarnt. Die Doppelbelastung würde einige Banken in eine "ernste Krise" stürzen. Belastung bis zu acht Milliarden Euro Mehr als eine halbe Million Polen haben vor allem in den Jahren 2007 und 2008 Hypothekenkredite in der Schweizer Währung aufgenommen, da dafür deutlich geringere Zinsen fällig wurden. Seither hat sich der Franken aber zum Zloty um rund 80 Prozent verteuert, wodurch die Schuldenlast für die polnischen Kreditnehmer massiv 60 gestiegen ist. In den Büchern polnischer Banken liegen Franken-Kredite im Gegenwert von 144 Milliarden Zloty (32,6 Milliarden Euro). Würden sie zum historischen Kurs umgetauscht, würde das die Banken zusammen 35 Milliarden Zloty (acht Milliarden Euro) kosten - das ist doppelt so viel wie sie 2014 verdient haben. Allein die mBank sitzt auf 4,6 Milliarden Euro an Franken-Krediten, stärker belastet ist nur Marktführer PKO. Wie viel die Umwandlung die Banken tatsächlich kostet, soll die Bankenaufsichtsbehörde KNF ausrechnen. In der Branche stieß Dudas Vorstoß auf harsche Kritik. Der Gesetzentwurf sei "völlig unausgegoren", so lange die Kosten unklar blieben, sagte Urszula Krynska, Volkswirtin bei der Bank Millennium. Die Unsicherheit angesichts der fehlenden Einzelheiten hätten den Markt nervös werden lassen, sagte ein Händler. MBankAktien gaben 3,2 Prozent nach, bei der kleineren Getin Noble waren es sogar 6,3 Prozent. --------------------------- Ratingagentur stuft Kreditwürdigkeit Polens herab Ratingagentur Standard & Poor's hat die Kreditwürdigkeit Polens herabgestuft. Grund sei die Schwächung der "Schlüsselinstitutionen" des Staates durch die neuen Gesetze der Regierung. Polens System der wechselseitigen Kontrolle der Institutionen sei durch die neuen Gestze der Regierung um Jaroslaw Kaczynski (M.) deutlich ausgehöhlt worden – so begründet Standard & Poor's die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Nach umstrittenen politischen Reformen in Polen hat die US-Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Polens herabgestuft. Die Ratingagentur bewertete Polens Kreditwürdigkeit am Freitag mit der Note BBB+ und stufte die weiteren Aussichten als negativ ein. Zur Begründung hieß es, die unter der nationalkonservativen Regierung in Warschau verabschiedeten neuen Gesetze schwächten "Schlüsselinstitutionen" des Staates. "Die Herabstufung spiegelt unsere Sicht wider, dass Polens System der wechselseitigen Kontrolle der Institutionen deutlich ausgehöhlt worden ist", erklärte Standard & Poor's mit Blick auf die umstrittenen Reformen des Verfassungsgerichts und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Unter anderem sei die Fähigkeit des Verfassungsgerichts, "effizient und unabhängig zu arbeiten", durch die jüngsten Reformen geschwächt worden. Das polnische Finanzministerium bezeichnete die Entscheidung der Ratingagentur am Freitagabend als "unverständlich". Die Ratingagentur Fitch stufte die polnische Bonität dagegen unverändert mit der Note A+ ein. Zur Begründung führte sie die starke Wirtschaftsleistung und ein stabiles Bankensystem an. Einschränkend hieß es allerdings, nach dem Amtsantritt der nationalkonservativen Regierung im Oktober werde "das politische Leben Polens weiter polarisiert werden". "Größere Spannungen" seien zu erwarten. Die nationalkonservative Regierung der Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski hat seit ihrem Amtsantritt im Oktober mehrere kontroverse Gesetze erlassen, um das Verfassungsgericht und den Rundfunk unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Reformen stießen bei der Opposition und den EU-Partnern auf teils 61 scharfe Kritik, die EU-Kommission leitete inzwischen ein Verfahren zur Lage des Rechtsstaats in Polen ein. 16.1.2016 Von den Briten lernen, heißt in der EU siegen lernen: Es gibt nicht zu wenig Europa, sondern zu viel und zu schnell. Nur Demokratie und Marktwirtschaft wird die Krise behe-ben. Alles andere ist Selbstbetrug. Deshalb: - Großbritanniens Kurs ist richtig. Großbritanniens Premier David Cameron beim EU-Gipfel in Brüssel Skepsis gegenüber der immer engeren Union Europas gilt immer noch als rechte Position. Die Sozialdemokraten Andrea Nahles und Olaf Scholz haben nun diese Positionen wieder okkupiert, die von der europäischen Linken vor Jahrzehnten geräumt wurden. Ein Dammbruch. In einem Beitrag für die "Welt" befürwortete Scholz einerseits die Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der EU, erteilte jedoch dem Sozialtourismus eine Absage. Niemand habe das Recht, sich das Land auszusuchen, in dem er Sozialhilfe empfängt. Richtig. Sozialministerin Nahles will denn auch den Empfang deutscher Sozialleitungen daran knüpfen, dass der nicht deutsche EU-Bürger mindestens ein Jahr im Land gelebt – und gearbeitet – hat. Gut. Der britische Premierminister David Cameron stellt im Kern die gleiche Forderung als Bedingung für einen Verbleib Britanniens in der Europäischen Union. Gewiss, Cameron will ein längeres Moratorium: Vier Jahre. Das sind aber technische Differenzen, die sich klären lassen, ist einmal das Prinzip einer Wartezeit für Sozialleistungen akzeptiert. Bisher aber galt gerade dieses Prinzip als Häresie, weil sie die Ungleichbehandlung von EU-Bürgern festschreibt. Genau diese Ungleichbehandlung fordern nun Nahles und Scholz. Zu Recht. Zuwanderung in die Sozialsysteme zu fördern, ist keine linke 62 Politik, der es um die Herstellung von Chancen geht, nicht um die Alimentierung des Abhängens oder der Abgehängten. Sie dient weder der Integration Europas noch der Völkerverständigung. Nationale Souveränitäten sind wichtig Vier Jahre Wartezeit mögen hart erscheinen, aber darum geht es nicht. Ist einmal das Prinzip des Moratoriums etabliert, könnten sich EU-Kommission, Parlament und Rat auf einen Korridor – sagen wir, zwischen einem Jahr und vier Jahren – einigen und die Ausgestaltung den nationalen Gesetzgebern überlassen. Ein solcher Erfolg würde es Cameron erlauben, entschieden für einen Verbleib Großbritanniens in der EU zu kämpfen. Er sollte aber mehr tun als bloß bleiben. Er muss führen. ------------------------ Atomabkommen mit dem Iran : Eine neue Ära bricht an 17. Januar 2016 Iranische Hardliner, die Saudis, Israel sowieso: Das Atomabkommen hat viele Gegner. Und doch standen die Chancen auf eine demokratische Öffnung im Iran nie besser. Viele Iraner erhoffen sich nicht nur wirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch neue Demokratiebestrebungen vom Atomdeal. So spartanisch gibt sich das Wiener Protokoll selten. Fast konnte man am Wochenende den Eindruck haben, die angereisten Chefdiplomaten wollten ihre Großtat möglichst klein spielen. Erst spät in der Nacht verlasen die Außenminister von EU, USA und Iran im IAEOHauptquartier ihre Kommuniqués, verzichteten auf einen pompösen Festakt und gingen anschließend wieder rasch ihrer Wege. Und das, obwohl der Atomvertrag ohne Zweifel einen historischen Wendepunkt markiert. Er wird die Dynamik der Weltdiplomatie verändern, genauso wie das regionale Machtgefüge und nicht zuletzt auch die Islamische Republik. Doch die Beteiligten in Wien wissen auch, dass ihre Umwälzungen mächtige Gegner haben, in den Vereinigten Staaten, im Nahen Osten und nicht zuletzt im Iran selbst. Israel sieht sich von der persischen Atomkompetenz bedroht. Saudi-Arabien rebelliert gegen die wirtschaftliche Kraft und das Hegemoniestreben des alten Rivalen. Die Saudis sind nicht mehr länger Exklusiv-Verbündeter von Europa und den USA, was auf der Arabischen Halbinsel Verunsicherung, Angst und Paranoia auslöst. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Riad und Teheran liegt gerade zwei Wochen zurück. Die provokante Exekution des schiitischen Predigers Nimr al-Nimr verärgert Brüssel und Washington gleichermaßen. Und so kam es am Sonntag an den Börsen am Golf zu ähnlichen Panikverkäufen wie während des Arabischen Frühlings 2011. Auch die innenpolitischen Spannungen nehmen zu 63 Aber auch die Hardliner und Sanktionsgewinner daheim in Teheran treiben Sorgen um. Sie fürchten finanzielle Einbußen und eine Liberalisierung der Gesellschaft, die ihrem Machtanspruch auf Dauer gefährlich werden könnte. Außenpolitik ist Innenpolitik, diese Formel hatte Hassan Rohani bei seiner Wahl 2013 auf Anhieb mit absoluter Mehrheit ins Präsidentenamt katapultiert. Er werde den Iran wieder zu einem respektierten Partner auf dem internationalen Parkett machen und die heimische Willkürmacht der Theokratie durch eine Grundrechtecharta für alle Bürger begrenzen. Seit Monaten nun laufen seine Gegner in Teheran Sturm, um diese brisante Verknüpfung zu durchtrennen. Mit immer neuen Aktionen versuchen sie, das Ansehen der gemäßigten Führung im Ausland zu diskreditieren. Seit Monaten läuft eine massive Einschüchterungskampagne gegen kritische Intellektuelle, Filmemacher, Künstler und Musiker. Die Zahl der Hinrichtungen kletterte auf Rekordniveau und liegt mindestens fünfmal so hoch wie beim viel kritisierten Rivalen Saudi-Arabien. Politische Aktivisten, Journalisten, ja zuletzt sogar zwei Lyrikerinnen wurden zu hohen Haftstrafen und Peitschenhieben verurteilt. Das neue Selbstbewusstsein der iranischen Jugend Die Konservativen ahnen, dass sie bald unter Druck geraten könnten. Am 26. Februar steht ihre nächste Machtbastion zur Disposition, sollten sie bei den Parlamentswahlen ihre Mehrheit verlieren. Ihr Schutzpatron, Revolutionsführer Ali Chāmeneʾi , ist 75 Jahre alt und krebskrank. Erstmals seit 1979 wird nun auch die Frage seiner Nachfolge offen diskutiert und nicht mehr tabuisiert. 70 Prozent der 78 Millionen Iraner sind jünger als 30 Jahre und kennen Staatsgründer Ajatollah Chomeini nur noch vom Hörensagen oder von Propagandaplakaten. Trotzdem sind in dem ausgeblichenen Gottesstaat die Aussichten für eine demokratische Öffnung besser als im Rest der nahöstlichen Welt. Irans Zivilgesellschaft ist entwickelter als alle arabischen Konkurrenten. Das Land ist reich an Bodenschätzen und hat eine jahrzehntealte Industriekultur, der in den nächsten Jahren der größte Innovationsschub aller Zeiten bevorsteht. Die Bevölkerung ist gebildet, belesen und diszipliniert. Die jungen Leute aus dem Iran gehören zu den talentiertesten der Region. Sie wissen, was sie wollen. Und sie sind sicher, dass ihre Zeit bald kommen wird. --------------------------------- 20. 01. 2016.Flüchtlingskrise: Österreich führt Obergrenze für Asylbewerber ein 64 Österreichs Kanzler Faymann: Die österreichische Regierung hat eine Obergrenze für Flüchtlinge verkündet. Dieses Jahr will das Land nur noch 37.500 Hilfesuchende aufnehmen. Österreich will im Jahr 2016 nur noch 37.500 Asylbewerber aufnehmen, bis 2019 sollen es insgesamt maximal 127.500 sein. Die Entscheidung fiel am Mittwoch auf dem Asylgipfel von Bundeskabinett und Landesregierungen im Wiener Kanzleramt Der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann sprach von einem "Richtwert". Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von der konservativen ÖVP verwendete den Begriff "Obergrenze". Laut Faymann sei die nun beschlossene Zahl eine "Notlösung" und "Plan B", mit der Österreich die EU aufrütteln wolle. Im vergangenen Jahr waren in Österreich 90.000 Asylanträge gestellt worden. Man sei in Zukunft nur noch bereit, "weitere 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung aufzunehmen", so Faymann. Vizekanzler Mitterlehner kündigte auch ein neues "Grenzmanagement" an, nannte jedoch keine Details. "Die große Anzahl an Flüchtlingen überfordert unser System", so der Vizekanzler. Möglicherweise würde man auch Flüchtlinge zurückweisen müssen. Wie das gehen soll, blieb unklar. Was konkret passiert, wenn die Obergrenze überschritten wird, ist ebenfalls weiter offen. Dazu sollten zwei Rechtsgutachten in Auftrag gegeben werden, kündigte die Regierung in Wien an. Die österreichische Nachrichtenagentur APD meldete, die Gutachten sollten vom Europarechtler Walter Obwexer und Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk erarbeitet werden. Österreich baut Grenzzaun zu Slowenien Nach 37.500 Menschen in diesem Jahr will Österreich die Flüchtlingszahl weiter zurückfahren: 2017 sollen nur noch 35.000, 2018 dann 30.000 Asylsuchende ins Land gelassen werden. Im ersten Halbjahr 2019 sollen dann noch maximal 25.000 durchgelassen werden. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte nach dem Treffen, dass bei 37.500 Anträgen "gestoppt" werde. Das könnte schon bald sein. Die "Obergrenze" würde wahrscheinlich noch vor dem Sommer erreicht werden, so die ÖVP-Politikerin. Mikl-Leitner erklärte: "Es wurde alles beschlossen, was mir für die Zukunft unseres Landes wichtig war." Sicherheit, Ordnung und Lebensqualität der Bürger könnten geschützt werden. 65 Österreichische Soldaten unterstützen seit Mittwoch die Polizei am wichtigsten Grenzübergang nach Slowenien, um einreisende Flüchtlinge strenger zu kontrollieren. Am Übergang Spielfeld wird derzeit auch an einem etwa 3,7 Kilometer langen Grenzzaun gebaut. Eigentlich gehören beide Staaten zum grenzfreien Schengenraum. Langfristig soll Spielfeld der einzige Grenzübergang werden, über den aus Slowenien kommende Flüchtlinge einreisen dürfen. Zudem hat die Große Koalition in Österreich bereits seit Wochen eine Reihe von weiteren Maßnahmen diskutiert, mit dem die Migration gedrosselt werden soll. So soll nun das "Asyl auf Zeit" und ein eingeschränkter Familiennachzug gesetzlich geregelt werden. Der Ministerrat - das oberste beschlussfassende Gremium der Regierung - soll darüber bereits kommende Woche eine Entscheidung herbeiführen. Auch wird überlegt, die Liste sicherer Herkunftsstaaten auszuweiten. Ebenso ist geplant, Einschnitte bei Sozialleistungen für Asylwerber vorzunehmen. -----------------20. Januar 2016 Österreichs Obergrenze für Flüchtlinge: Paukenschlag in Wien Das bezweckt Österreich mit der Obergrenze für Flüchtlinge Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Kanzler Werner Faymann auf der Pressekonferenz zur Flüchtlingspolitik Jetzt ist es also offiziell: Österreich beendet die Zeit der Willkommenskultur. Nur noch 127 500 Asylbewerber dürfen bis 2019 ins Land - ein politisches Signal, dass auch Folgen für Deutschland hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten. "Wir schaffen das nicht" - so lautet ab sofort in Österreich das Motto in der Flüchtlingspolitik. Als erstes Land in der EU setzt die Alpenrepublik mit einer Obergrenze für Asylbewerber ein politisches Signal zur Drossel-ung der Asylzahlen. Bis Mitte 2019 dürfen nur noch insgesamt 127.500 Asylbewerber ins Land kommen, im laufenden Jahr nur 37.500 Flüchtlinge. Das wären rund 50.000 weniger als 2015. Doch das recht-liche Fundament ist noch wackelig. Wie kommt die österreichische Regierung auf die Zahl 127.500? Die Zahl orientiert sich an der Wohnbevölkerung (rund 8,5 Millionen). 1,5 Prozent davon das sind die vereinbarten 127.500. Das Aufkommen der erlaubten Asylanträge würde dann mit etwa 30.000 bis 40.000 pro Jahr wieder auf dem Niveau von 2014 liegen. Überträgt man diese Rechnung auf Deutschland, würde das bis 2019 auf insgesamt 1,2 Millionen Asylbewer-ber hinauslaufen. 66 Was passiert, wenn die Obergrenze erreicht ist? Den Spielraum sollen zwei Rechtsgutachten ausloten. Insofern ist ein zentraler Punkt des Vorhabens noch nicht rechtlich abgesegnet. Von der Regierung angedacht sind grenznahe "Wartezonen" für all diejenigen, die nach Erreichen der Obergrenze eintreffen. Manche befürchten, dass hier "Elendsquartiere" entstehen könnten. Die Obergrenze soll nicht zuletzt als politisches Signal nach innen und außen wirken. Sie markiert das Ende der Willkommens-kultur. Was passiert an der österreichisch-slowenischen Grenze? Künftig soll die um- und ausgebaute Grenzstation in Spielfeld das einzige Tor für Flüchtlinge von Slowenien nach Österreich sein. Dort soll nun jeder einzelne kontrolliert, sein Pass oder Visum überprüft werden. Mit Zurückweisungen müssen etwa jene rechnen, die nicht kooperativ sind. Die Grenze wird künftig von mehr Soldaten gesichert. Wie war die Lage in Österreich bisher? 2015 hatte Österreich zusammen mit Deutschland und Schweden in der EU die Hauptlast der Flüchtlingskrise zu tragen. 90.000 Asylanträge bedeuteten einen Rekord. 2013 hatte diese Zahl noch bei 17.000 gelegen. Die Verteilung der Flüchtlinge im Land stieß teils auf erheblichen Widerstand in den mächtigen Bundesländern. Wie ist das generelle politische Kalkül? Der Schritt ist aus Regierungssicht eine Not- und Übergangslösung. Weiter setzt Wien darauf, dass in absehbarer Zeit die Sicherung der EU-Außengrenzen funktioniert und die EU-Hot-spots einsatzbereit sind. Wien will den Druck erhöhen, dass auf der Balkanroute etwas passiert. Gibt es eine innenpolitische Komponente? Ja, ganz deutlich. Im Gegensatz zu Deutschland, wo lange Zeit der Kurs von Kanzlerin Angela Merkel ("Wir schaffen das") populär war, stand die rot-schwarze Koalition in Wien schon seit dem vergangenen Sommer unter Beschuss. Politik wie Behörden schienen überfordert. Die ausländerkritische rechte FPÖ liegt in Umfragen weit vorn. Im April wählen die Österreicher einen neuen Bundespräsidenten. Da wollen SPÖ und ÖVP rechtzeitig aus dem Stimmungstief kommen. Aber geht das überhaupt: eine Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme? Zahlreiche Rechtsexperten sagen Nein und erklären, Obergrenzen seien mit EU-Recht und internationalen Abkommen nicht vereinbar. Die CSU, die auch eine Obergrenze will und sich durch Wien bestätigt fühlt, argumentiert dagegen, in den Abkommen sei nicht vorgeschrieben, dass ein Staat unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen müsse. So oder so bleiben praktische Probleme: Ohne Sperranlagen und ein großes Polizeiaufgebot wäre eine Obergrenze gar nicht durchzusetzen, meinen Kritiker. Welche Folgen hat die Entscheidung der Österreicher? Nach Expertenmeinung könnte schon die Ankündigung dazu führen, dass sich besonders viele Flüchtlinge eilig auf den Weg nach Österreich und Deutschland machen - aus Angst, dass es sonst zu spät ist. Eine abschreckende Wirkung halten Fachleute eher für unwahrscheinlich. Alles weitere hängt davon ab, ob Wien das Vorhaben durchsetzen kann rechtlich und prak-tisch - und wie die Nachbarn dann mit Flüchtlingen umgehen, 67 die kommen, obwohl die Obergrenze schon erreicht ist. Welche möglichen Szenarien gibt es da? Sollte Österreich in diesem Fall gar keine Flüchtlinge mehr ins Land lassen, dürfte das kaum die Asylzahlen in Deutschland reduzieren. Fachleute gehen eher davon aus, dass sich die Fluchtrouten dann verschieben würden und Schutzsuchende zum Beispiel über Polen und Tschechien kämen. Denkbar wäre auch, dass Österreich Flüchtlinge nicht per se abweisen würde, sondern, sofern sie in Deutschland um Asyl bitten wollen, den Transport an die deutsche Grenze organisieren könnte. Die Organisation Pro Asyl warnt, es könne auch zu einer humanitären Krise kommen, wenn die Transitländer auf der Balkanroute Flüchtlinge schon vorher aufhalten - aus Angst, dass sie sonst bei ihnen hängen bleiben -, und nicht für deren Unterbringung sorgen. Und welche politischen Folgen hat der Schritt für Deutschland? Merkel gerät noch mehr unter Druck. Mit ihrem offenen Kurs in der Flüchtlingspolitik steht die Kanzlerin in der EU allmählich ziemlich alleine da, während sich andere Länder zunehmend abschotten. Auch der Koalitionspartner CSU drängelt nun noch mehr als bislang. ------------------------- Kettenreaktion in der Flüchtlingskrise - Der Preis einfacher Lösungen Nachdem Österreich eine Obergrenze für Flüchtlinge eingeführt hat, droht auf dem Balkan eine Kettenreaktion. Unkoordinierte Grenzschliessungen kämenganz Europa teuer zu stehen. Spielfeld, Österreich, 20. Januar Im Verhalten der EU manifestiert sich eine explosive Mischung aus Überforderung, fehlendem politischen Willen und mangelnder Bereitschaft Trotz Winterkälte gelangen immer noch jeden Tag Tausende von Flüchtlingen nach Europa. Die Hoffnung auf eine Entspannung hat sich zerschlagen, die politische Stimmung kippt. Nun hat auch Österreichs Bundeskanzler Faymann, einer von Merkels engsten Verbündeten in der Flüchtlingsfrage, einer drastisch reduzierten Obergrenze für Flüchtlinge zugestimmt. Auch wenn der Regierungsplan offenlässt, was passiert, wenn die Maximalzahl erreicht ist, hat sie eine grosse Symbolkraft. Angesichts des drohenden Scheiterns einer europäischen Lösung setzt Österreich – offenbar teilweise in Absprache mit anderen Ländern der «Koalition der Willigen» – auf eine Begrenzung in Eigenregie. 68 20.1.2016 Wiener Grenzregime rettet Merkels Kanzlerschaft Das war knapp: Merkels Grenzöffnung hat unsere Nachbarn zu verstärkten Grenzkontrollen genötigt, jetzt auch Österreich. Nun sind Deutschlands Grenzen wieder gesichert–nicht von innen, aber von außen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann, im Bundeskanzleramt in Berlin Ein Schelm, wer da an Absprachen denkt. Just am Tag, als Angela Merkel den Gang nach Kreuth wie nach Canossa antritt, da sich der Bundespräsident von ihrer Politik der offenen Tür distanziert, tun ihr die österreichischen Großkoalitionäre den Gefallen, die Grenze zum Balkan dichtzumachen und den Flüchtlingsstrom zu kappen. Nun müssen die Slowenen, Kroaten, Serben, Mazedonier und letztlich die Griechen zusehen, wie sie mit dem Rückstau fertigwerden. Das ist gelebte europäische Solidarität. Merkels Grenzöffnung sollte ja Solidarität gegenüber den bedrängten Südosteuropäern zeigen. Die Szenen im Budapester Hauptbahnhof waren Symbol des drohenden Staatsversagens in dieser immer noch volatilen Region und wirkten in der deutschen Psyche nach, bis sie zu Silvester verdrängt wurden von den Szenen in einem anderen Bahnhof. Da allerdings war schon klar geworden, dass Merkels Wette nicht aufgehen würde, mit deutscher Willkommenskultur und Effizienz die EU-Partner so zu beschämen und zu beeindrucken, dass sie sich zu einer europäischen Lösung des Problems aufrafften. Die deutsche Maßlosigkeit - Maßlosigkeit galt schon immer als deutsches Laster. Der unbegrenzte Asylartikel des Grundgesetzes wurde unter Helmut Kohl zu einem Nichtasylartikel umgestaltet und das Problem den anderen Europäern aufgebürdet. Deutschland darf ja jeden Asylbewerber, der auf dem Landweg zu uns kommt, zurückweisen. Merkel stellte diese Verhältnisse auf den Kopf. Noch einmal: nicht aus einer Laune, sondern aus einer europäischen Notsituation heraus. Nun könnte ihr Österreich Luft verschaffen und den Weg weisen in eine Diskussion über Grenzen und Obergrenzen. Unsere Nachbarn sind ja nicht engherzig. Knapp 40.000 Asylbewerber im Jahr entsprechen, auf die Bevölkerung hochgerechnet, bei uns 400.000 oder doppelt so viel, wie die CSU vorschlägt. Merkels Plan einer großeuropäischen Lösung ist gescheitert. Nun kommt Plan B. Mit nordafrikanischen Staaten verhandelt man über die Rücknahme abgewiesener 69 Bewerber und ausgewiesener Krimineller. Mit der Türkei und Jordanien über Arbeitserlaubnisse für Flüchtlinge. Die EU-Grenzbehörde und die "Hotspots" auf dem Balkan nehmen Gestalt an – und Österreich tut, was inzwischen auch Merkels Partner SPD fordert. Trotz Köln könnte Merkel so mit einer positiven Bilanz ins Superwahljahr 2016 gehen. Woran auch die von Populisten bedrängten politischen Freunde in Wien ihr Interesse haben. ---------------------- Merkel erteilt CSU und Österreich die Absage "Dieser Tag war enttäuschend" Dicke Luft in Wildbad Kreuth": Bayerns Ministerpräsident und CSU-Partei- vorsitzender Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel Nach dem Treffen mit Kanzlerin Merkel beklagt sich CSU-Chef Seehofer, dass von dieser "keine Spur des Entgegenkommens" zu bemerken gewesen sei. Fast neidisch blickt er nach Österreich. Merkels Besuch in Kreuth zeigt: Der Graben zwischen CDU und CSU ist tiefer geworden. Beeindrucken lässt sich die Kanzlerin davon nicht - genauso wenig wie von der österreichischen Grenzpolitik.Merkel, die die gleiche Situation hier, am legendären Versammlungsort der CSU in den Alpen, schon vor zwei Wochen erlebt hat – nur mit den CSU-Bundestagsabgeordneten – wusste, was auf sie zukommt. Dennoch gibt sie sich gelassen. Und sie bleibt wie vor zwei Wochen bei ihrer Linie. Mit einem kurzen "Nein", antwortet ein Teilnehmer der Aussprache auf die Frage, ob sich die CDU-Vorsitzende irgendwie bewegt habe. "Sind uns einig, dass wir die Zahl der Flüchtlinge reduzieren sollten" Merkel ist mit demselben Konzept angereist wie vor zwei Wochen: Das MiteinanderReden sei in so herausfordernden Zeiten von allergrößer Bedeutung, sagt sie und stimmt der CSU im Prinzip zu: "Wir sind uns einig, dass wir die Zahl der Flüchtlinge spürbar und nachhaltig reduzieren sollten. Ich glaube, dass das gelingen kann." Aber bei der Realisierung zieht sie andere Schlussfolgerungen als die Schwesterpartei: "Ich glaube, dass wir eine europäische Lösung finden sollten." Und sie warnt davor, dass "am Ende ein geschädigtes oder zerstörtes Europa" stehe, wenn nationale Alleingänge unternommen würden. "Nationale Maßnahmen und europäische Verhandlungen gehen gleichzeitig nicht", hat sich ein Teilnehmer aus Merkels Rede notiert. 70 "Dann kommen vielleicht noch 300" Die Grenzschließung soll in Absprache mit europäischen Nachbarn, den Balkanstaaten und sogar Griechenland stattfinden. Die CSU hält nationale Maßnahmen für unerlässlich in Abstimmung mit nationalen Maßnahmen anderer europäischer Staaten. Der Entschluss der Österreicher bekräftigt die CSU in ihrer Strategie. Jetzt könnte der erhoffte Kaskaden-Effekt eintreten: Wenn europäische Partner Grenzen schließen, machen sie auch schnell ihre Grenzen dicht. Land für Land wird so das Problem an die EU-Außengrenze zurück verschoben. Die CSU hofft, dass allein schon die Ankündigung der Obergrenze und einer Grenzschließung den Flüchtlingsstrom schnell abschwellen lasse: "Dann kommen nicht mehr jeden Tag 3000, 4000, sondern vielleicht noch 300", sagt Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer. Währenddessen wird in der CSU munter spekuliert, wann und wie es zur ultimativen Eskalation mit Merkel kommen könnte, falls die Kanzlerin nicht in der Flüchtlingspolitik umsteuere. Vor oder nach den drei Landtagswahlen im März oder erst im Frühsommer, wenn die Obergrenze von 200.000 der CSU schon längst überschritten sein wird? Auf Fristen will sich niemand festlegen. "Wir machen das Schritt für Schritt", sagt Seehofer und betont, dass immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel beachtet werden müsse – auch von der CSU. Konsens ist aber, dass es der Partei nicht schnell genug gehen kann mit der Korrektur. Ein Kabinettsmitglied breitet schon detailliert aus, wie Merkel ansonsten gezwungen sein wird, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, womit der Weg für einen Neuanfang frei wäre. "Sechs bis sieben Minuten": So schnell will Österreich künftig Asylbewerber abweisen Als erstes europäisches Land hat Österreich die Einführung einer Obergrenze für Asylbewerber beschlossen. Höchstens 37.500 Asylbewerber will das Land dieses Jahr aufnehmen. Wie diese Obergrenze umgesetzt werden soll, ist unklar. Die Genfer Flüchtlingskonvention verbietet es, Asylsuchende an der Grenze ohne Prüfung abzuweisen. Wie das Alpenland in Zukunft die Abfertigung von Asylbewerbern durchführen will, zeigt sich am neu umgebauten Grenzübergang Spielfeld. Dort sortieren Beamte die aus Slowenien kommenden Flüchtlinge zunächst nach Sprache ein. Geschulte Dolmetscher sollen dann herausfinden, ob die Angaben stimmen – wer lügt, wird zurückgeschickt. 71 "Jetzt wird der Druck in Europa steigen": Österreichs Außenminister erklärt den wahren Grund für 21.1.2016 die Asyl - Obergrenzen Es war wie eine Kettenreaktion. Nachdem Österreich angekündigt hatte, eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen, gab ein Land nach dem anderen entlang der Flüchtlingsroute bekannt, dass es die Bedingungen für die Ein- und Weiterreise für Asylbewerber verschärfen wird. Genau das hatte Österreich beabsichtigt. In zwei Interviews erklärte Österreichs Außenminister Sebastian kurz, dass er mit einem "Domino-Effekt" auf dem Balkan rechnet, der vollkommen beabsichtigt sei. Kurz sagte der "Bild"-Zeitung: "Wenn ein Land eine Obergrenze setzt, dann reduziert sich selbstverständlich die Zahl der Flüchtlinge. Aber die österreichische Obergrenze wird per se noch keine Auswirkungen auf die Flüchtlingszahlen in Deutschland haben. Es kann aber einen Dominoeffekt geben, bereits gestern haben Serbien und Mazedonien angekündigt, ihre Grenzen strenger zu kontrollieren. Das kann natürlich mittelfristig auch zu einer Entlastung Deutschlands führen." Der ÖVP-Politiker verteidigt die geplante Maßnahme. Sie solle eine drohende Überforderung Österreichs abwenden. "Wir hatten letztes Jahr 90.000 Asylanträge, das sind pro Kopf deutlich mehr, als Deutschland hatte, das darf sich dieses Jahr keinesfalls wiederholen. Wir wollen eine spürbare Reduktion der Asylbewerberzahl." Erstmals gab er auch Hinweise, wie Österreich die Maßnahme umsetzen will. Es gebe einen "klaren Plan, wie es möglich ist, eine Obergrenze durchzusetzen", sagte Kurz der "FAZ". "Das bedeutet, ab einer gewissen Zahl Asylanträge aufzuschieben. Oder Menschen, die aus Slowenien zu uns kommen, werden zurückgewiesen, da sie dort nach den DublinRegeln ihren Antrag schon hätten stellen können." Vieles ist aber noch offen. Der konservative ÖVP-Politiker gestand aber ein, dass es dazu in Österreich noch Diskussionen gebe. Tatsächlich hatte sich der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann diesen Plänen des kleineren Koalitionspartners ÖVP ausdrücklich nicht angeschlossen. 72 Die Obergrenze soll auch ein diplomatisches Signal sein. Der nun beschlossene Richtwert so die offizielle Bezeichnung der Obergrenze - könnte nach den Worten des Außenministers "einen positiven Effekt in Richtung einer europäischen Lösung bedeuten". Kurz sagte der "FAZ": "Jetzt wird der Druck in Europa steigen, eine gemeinsame Lösung zustande zu bringen." Besonders ein Land hat Kurz im Blick. Er nannte besonders Griechenland, das sich zu lange in der "komfortablen" Lage eines Transitlandes befunden sei. "Solange Griechenland die Flüchtlinge innerhalb von Stunden an die mazedonische Grenze weitertransportiert und das sogar noch europäisch gefördert wird, dürfen wir uns nicht wundern, dass es wenig Interesse daran hat, sich um den Schutz der Außengrenzen der EU zu bemühen." Er hoffe, die national beschlossenen Maßnahmen von Schweden und Österreich "sind auch ein Weckruf an Brüssel," sagte Kurz der "FAZ". ----------------------------25.1.2016 Kontinent der Krisen: Was passiert, wenn Europa scheitert Zerfetzte EU-Flagge (in Griechenland): Das Scheitern in der Flüchtlingskrise könnte einen Dominoeffekt haben vor Kurzem noch undenkbar: Ernst zu nehmende Politiker warnen vor einem Auseinanderbrechen der EU. Tatsächlich steckt der Kontinent in einer selbstzerstörerischen Spirale - die Folgen wären dramatisch. Es sind düstere Warnungen, die sonst um Mäßigung bemühte europäische Politiker dieser Tage aussprechen. Endzeitstimmung macht sich breit - das baldige Scheitern der EU erscheint plötzlich möglich. Europa habe sechs bis acht Wochen, um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen, mahnt der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Und falls das misslingt? Müssten wieder Grenzkontrollen eingeführt werden; das Schengen-Abkommen für grenzenlose Bewegungsfreiheit in Europa sei dann hinfällig. Jean-Claude Juncker, der Präsident der EU-Kommission, formulierte kürzlich eine Art europäische Dominotheorie: Scheitert Schengen, gibt es keine Freizügigkeit mehr für Arbeitnehmer, der Binnemarkt wäre in Gefahr. Ohne offen Grenzen aber macht der Euro keinen Sinn. So ähnlich sieht das auch Frankreichs Premier Manuel Valls: Er sieht das gesamte europäische Projekt in ernster Gefahr. Die lange Eurokrise, in der Risse zwischen den Mitgliedstaaten sichtbar wurden, war offenkundig nur das Präludium. Nun werden aus Rissen tiefe Gräben. Im Zuge der Flüchtlingskrise geht es nicht nur um technische Fragen wie die Sicherung der Außengrenzen oder die zentrale Aufnahme in Hotspots. Die wären bei etwas gutem Willen leicht lösbar. Inzwischen geht es um das Selbstverständnis der Nationen. Weil es den Europäern an einer gemeinsamen Vision für eine gute Zukunft mangelt, spielen sich wieder Fragen von nationaler Souveränität und kultureller Selbstbehauptung in den Vordergrund. Es droht ein Zerfall der Europäischen Union 73 Vor diesem Hintergrund steigt das Risiko, dass Großbritannien dieses Jahr per Referendum aus der EU aussteigt - und dann womöglich andere Mitgliedstaaten folgen. Binnen weniger Monate würden wir uns in einer ganz anderen Welt befinden. Die EU würde schrumpfen und verfallen, innerlich wie äußerlich. Unmittelbare Folge: Die Bürger wären von massiven Wohlstandseinbußen getroffen. Insbesondere drei Effekte würden sichtbar: • • • Zerrissene Wertschöpfungsketten: Die Industrie hat Europa in den vergangenen Jahrzehnten mit einem Netz von Zulieferverbindungen durchzogen, mit dem Ziel, jeweilige Standortvorteile auszunutzen. Der VW-Konzern beispielsweise baut viele Motoren in Ungarn, die dann an Werke in Deutschland, Tschechien, der Slowakei oder Spanien geliefert werden. Geländewagen der Marke VW wiederum werden in der Slowakei gefertigt, ebenso wie Karosserieteile für die Marke Porsche, die dann in Leipzig montiert werden, wiederum ausgestattet mit Motoren aus Deutschland und Ungarn. Bei einer Implosion Europas würde ein Teil solcher Wertschöpfungsketten durchbrochen. Lieferzeiten würden länger, Transportkosten steigen, die Wettbewerbsfähigkeit leiden. Sparprogramme, Werkschließungen und Jobverluste wären die fast zwangsläufige Folge. Inflationsschock: Dass die Verbraucherpreise bislang stabil sind, liegt insbesondere am intensiven internationalen Wettbewerb. Sollten die Schlagbäume wieder fallen, geschähe das Gegenteil: Weniger Wettbewerb bringt Preissteigerungen mit sich. Die Inflationsraten dürften deshalb empfindlich anziehen. Sofern auch die Währungsunion zerfällt, werden die Währungen kleinerer, schwächerer Volkswirtschaften abschmieren, was den Infla-tionsschub zusätzlich verstärkt. Die Notenbanken werden darauf mit Zinserhöhungen reagieren. In Ländern mit hochbewerteten Immobilienmärkten, darunter Deutschland, würden Preisblasen platzen - was weitere wirtschaftliche Probleme mit sich brächte. Schuldenkrisen: Am härtesten getroffen wären Volkswirtschaften, die ohnehin auf wackligem Fundament stehen. Länder, die unter chronischer Wettbewerbsschwäche leiden und hartnäckige außenwirtschaftliche Defizite verzeichnen - wie Großbritannien, Frankreich, Rumänien oder Tschechien - müssten sich darauf einstellen, dass der Kapitalzustrom abreißt. Hoch verschuldete Volkswirtschaften wie Portugal, Italien oder Griechenland würden durch massiv steigende Zinsen an den Rand der Pleite geraten. Ökonomische und politische Schäden als Folge eines Scheiterns Je kleiner ein Land ist und je schwächer es wirtschaftlich dasteht, desto härter würde es die negativen Folgen einer EU-Implosion zu spüren bekommen. Aber auch Deutschland würde leiden. Die Bundesrepublik ist eine hochgradig offene Volkswirtschaft, die bislang eng mit dem übrigen Europa verwoben ist: 58 Prozent der Im- und Exporte werden mit EU-Partnern abgewickelt. Das gigantische Auslandsvermögen Deutschlands von mehr als einer Billion Euro ist zur Hälfte im übrigen Europa angelegt. Entsprechend viel hätte Deutschland zu verlieren, falls Jean-Claude Junckers Dominoszenario Wirklichkeit würde. Zu den ökonomischen Schäden kommen die politischen. Konflikte zwischen den europäischen Nachbarn lassen sich noch schwerer lösen, wenn die EU-Institutionen scheitern. Zumal die absehbare Wirtschaftskrise und die damit einhergehende soziale Krise das politische Klima in den Mitgliedstaaten weiter vergiften würde. Eine zunehmende Polarisierung durch den Aufstieg populistischer Politiker wäre die mutmaßliche Folge. Schuldzuweisungen, verbale Attacken bis hin zu Sanktionen zwischen Nachbarstaaten wären an der Tagesordnung. 74 So gesehen befindet sich Europa in einer destruktiven Spirale. Sie zu stoppen sollte oberstes Ziel vernünftig handelnder Staatslenker sein. Es steht zu viel auf dem Spiel. Zusammengefasst: Viele Politiker fordern angesichts der anhaltenden Flüchtlingsströme Grenzschließungen. Doch die Abkehr vom SchengenAbkommen und die Rückkehr zur Nationalstaaterei könnten einen Zusammenbruch Europas bedeuten. Und das hätte verheerende Folgen für alle Mitgliedstaaten - auch Deutschlands Wohlstand wäre dann gefährdet. Deswegen muss ein Zerfall Europas mit allen Mitteln verhindert werden. ----------------------------------- EU"Umweltschutzprojekt": 12,7 Mrd. 26.01.2016 Euro versenkt! Mit dieser Summe hätte Brüssel auch zwölf Millionen IkeaFertighäuser für Flüchtlinge in der Türkei finanzieren können: Mit 12,7 Milliarden Euro der EU sollten Rumänien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei die Wasserqualität der Donau verbessern. Jetzt stellt der EU- Rechnungshof fest: Die Milliarden sind sinnlos versickert. Und tatsächlich zeigt auch der neueste Bericht des EU- Rechnungshofs, dass Brüssels Subventionspolitik manchmal katastrophal scheitert: So hat die EU von 2007 bis 2013 nicht weniger als 12,74 Milliarden Euro an Rumänien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei überwiesen, damit die dortigen Regierungen "die Wasserqualität im Einzugsgebiet der Donau verbessern" - Das Geld ist aber sinnlos versickert, stellten die EU- Prüfer in ihrem Bericht (nur auf Englisch) nun fest: "Die Wasserqualität entlang der Donau hat sich kaum verbessert. Die Mitgliedsstaaten legten nur wenig Ehrgeiz an den Tag." Denn mit den Summen aus dem Europäischen Fonds für Entwicklung (6,35 Milliarden Euro) und aus dem Landwirtschaftsfonds (6,39 Milliarden) versorgten Ländern wird jetzt geraten, "ihre Bemühungen zu intensivieren". EU als versickert Entwicklungshelfer: 75 15 Mrd. Euro Jetzt 664 Millionen Euro für Marokko, 654 Millionen Euro für Nigeria, 427 Millionen Euro für Ghana: Die Liste der Empfänger von EU- Entwicklungshilfe ist lang - 2014 dürften 15 Milliarden Euro aus Brüssel wirkungslos verschwunden sein. EU- Parlamentarier kritisieren: 98,3 Prozent der Projekte werden nicht kontrolliert, die Rücknahme von Wirtschaftsflüchtlingen ist nicht mit den Zahlungen verknüpft. Marokkaner, die von Österreich ohne Chance auf Asylstatus zurückgeflogen werden sollen, dürfen in ihre Heimat nicht mehr einreisen - das Königreich verweigert trotz massiver Interventionen aus Wien jedes Rücknahmeabkommen. Und trotzdem ist die EU großzügig: Laut Bericht des EU- Rechnungshofes überwies Brüssel 664.182.992,81 Euro im Jahr 2014 an Marokko. Die Bedingung, auch in Österreich aufgegriffene marokkanische Wirtschaftsflüchtlinge zurückzu-nehmen, wurde dazu aber nie ausverhandelt. Auch andere afrikanische Länder erhalten von der EU hohe Summen für ihre Entwicklungshilfeprojekte: Nigeria 654 Millionen, Burkina Faso 537 Millionen, Ägypten 459 Millionen, Mali 386 Millionen Euro etc. Ein Teil der EU-Geldflüsse in afrikanische Länder 76 Aus dem EU-Entwicklungshilfe-Report: Gelder, Verwendung nicht ausreichend kontrolliert wurde deren "Und von diesen 915 Hilfsprojekten werden nur zehn von Experten kontrolliert, also nur 1,7 Prozent - obwohl die EU dafür 15 Milliarden Euro überweist", hält die österreichische EU- Parlamentarierin Barbara Kappel (FPÖ) die Vorgangsweise der EU für "grob fahrlässig". EU-Abgeordnete Barbara Kappel Auch 612 Millionen an die Ukraine überwiesen Ebenso problematisch sei die Zahlung von Entwicklungshilfe an die Ukraine, warnen Kappel und auch britische Parlamentarier im EU- Haushaltskontrollausschuss: "Die Ukraine hat 612 Millionen Euro erhalten." Das Bürgerkriegsland lag im Korruptionsindex von Transparency International 2014 auf dem schlechten Platz 142 (von 174). Auf dem vorletzten Platz (173) ist der Sudan gereiht - dieses Land erhielt von der EU übrigens 268 Millionen Euro. ----------------------------------- 77 26.01.2016 Fico: Premier Fico befürchtet, "EU begeht mit Flüchtlingspolitik rituellen Selbstmord" dass die EU einen " rituellen Selbstmord " begeht. Die EU begeht nach Auffassung des slowakischen Regierungschefs Robert Fico mit ihrer aktuellen Flüchtlingspolitik "rituellen Selbstmord". "Und wir alle schauen nur zu", sagte der sozialdemo-kratische Premier in einem Interview mit der tschechischen Tageszeitung "Pravo" am Dienstag. Fico kritisierte die bisherige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei , die nicht so funktioniere, wie sie sollte. "Falls man denkt, dass dies das beste Mittel ist gegen die Gefahr von weiteren Millionen von Migranten, die laut der UNO nach Europa kommen sollen, dann irren wir uns alle sehr", so Fico, der eine gemeinsame EU- Grenz- und Küstenwache forderte. "Ich fürchte jedoch, dass, wenn erst Ende 2016 oder 2017 darüber europäische Einigkeit entsteht, dann wird Europa seinen Selbstmord wirklich vollen-den." "Diskutieren über Quoten, unterdessen kommen Tausende" Fico bezeichnete die vereinbarte Quotenregelung zur Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU als "totales Fiasko". Zunächst müsse der Flüchtlingsstrom gestoppt werden, und erst dann soll man sich damit befassen, was innerhalb Europas geschehe, forderte er. "Wir befassen uns mit den Quoten, die sich als unsinnig und nicht funktionsfähig erwiesen haben. Unterdessen kommen täglich Die Slowakei lehnt die EU- Quotenregelung ab und klagt dagegen beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. weitere Tausende Migranten." Die jüngste Wende der österreichischen Flüchtlingspolitik kommentierte Fico mit Genugtuung. Auch jene Länder, die am großzügigsten zu den Migranten gewesen seien, würden jetzt beginnen, Maßnahmen zu treffen: "Zunächst breit geöffnete Arme und Herz, dann unter Druck der Realität eine Ernüchterung", so der slowakische Regierungschef. -------------------------------- 78 30.01.2016 POLITIK UND GESELLSCHAFT François Hollande (l.), David Cameron und Angela Merkel bei einem EUGipfel Statt der noch engeren die noch kränkere Union angesichts der Flüchtlingskrise regiert in der EU der Eigennutz: Mehr Gehalt für die EU - Spitze 79 Die EU-Politiker gönnen sich eine Gagenerhöhung um 2,4 Prozent – rückwirkend (!) ab Juli 2015. So cashen Kommissionspräsident Juncker und Ratspräsident Tusk nun 31.272 Euro im Monat. Das ist ein Plus von 699 Euro. Die sieben Vizepräsidenten erhalten 633 Euro im Monat mehr, kommen auf 27.953 Euro. Für Österreichs Kommissar Hahn und seine Kollegen bedeuten 24.945 Euro ein zusätzliches Körberlgeld von immerhin 570 Euro. Renten enthüllt: Vernünftige Relationen sehen anders aus: EU zahlt Beamten bis zu 13.507 Euro Pension Laut deutscher "Bild" gab die EU 2014 bereits 1,37 Milliarden Euro für pensionierte Mitarbeiter aus. Die höchste Rente betrug demnach 13.507 Euro im Monat.Die Europäische Union muss aus dem Budget immer mehr Geld für Beamte im Ruhestand abzweigen. Allein von 2013 auf 2014 stieg der Bedarf für die mittlerweile 21.341 Pensionäre um 6,4 Prozent auf 1,365 Milliarden. Das zeigen der "Bild" vor-liegende interne Erhebungen im Auftrag des parlamentarischen So düster startete Brüssel selten ins neue Jahr, auch nicht auf dem Höhepunkt der Euro-Krise. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte 2015 als „schlimmstes Jahr in meiner politischen Arbeit“ noch gar nicht verkraftet, da musste er in seiner Auftakt-Pressekonferenz für 2016 wegen der Flüchtlingswelle schon wieder „eine Solidaritätskrise der Länder der EU untereinander“ konstatieren. 80 Sein Freund und enger Vertrauter, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, warnte unheilvoll: „Wir sind noch nicht am Anfang unseres Endes. Ich werde alles dafür tun, dass es nicht dazu kommt.“ "Du machst Europa kaputt", warf Edmund Stoiber der Kanzlerin vor Das Problem ist nur: Weder Schulz noch Juncker können wirklich etwas tun. Gemeinsame europäische Einwanderungspolitik? „Es ist bei dem Versuch geblieben“, musste Juncker das Scheitern all seiner Bemühungen eingestehen. Eine Schuldige hat Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber schon gefunden: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Einwanderungspolitik. „Du machst Europa kaputt“, hielt er ihr vor. Die so drastisch wie beispiellos Gescholtene versucht erst gar nicht schönzureden, was Beteiligten wie Beobachtern ins Auge sticht. „Das Bild, das Europa gerade in der Flüchtlingskrise abgibt, ist nun auch keine Werbemaßnahme für die EU“, bedauerte sie im CDU-Präsidium. Und gab zu bedenken: Die Streitigkeiten in der Flüchtlingsdebatte könnten dazu beitragen, dass die Briten sich bei ihrer geplanten Volksabstimmung über einen Verbleib in der EU eher „für das Modell Schweiz oder Norwegen“ entscheiden könnten. Also für einen Austritt mit nach wie vor engen Wirtschaftsbeziehungen, aber ohne jedes politische Bekenntnis. Und ohne Brüsseler Direktiven. "Ein Auseinanderdriften, eine Renationalisierung in der Europäischen Union" Es ist das alte Übel Europas: Wenn es was zu verteilen gibt, heben alle den Finger - solange es sich nicht um Flüchtlinge handelt, sondern um Gaben aus den Brüsseler Wohlfühltöpfen. Es regiert der reine Eigennutz. Die viel beschworene europäische Schicksalsgemeinschaft ist nicht zu erkennen. „Wir erleben seit geraumer Zeit ein Auseinanderdriften, eine Renationalisierung in der Europäischen Union, die Besorgnis erregend ist“, gruselt sich der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Gunther Krichbaum (CDU). „Europa fällt auseinander“, stellte der Vorsitzende der Fraktion der Sozialisten und Sozialdemokraten im Europaparlament, Gianni Pittella, fassungslos fest. Deutsche Spitzenpolitiker werden hinter verschlossenen Türen noch deutlicher. Da fallen Worte wie: „Das wird Europas Schicksalsjahr.“ Oder: „Ich mache mir allergrößte Sorgen.“ Briten-Premier Cameron will das "sanfte Monster Brüssel" zähmen Der britische Premierminister David Cameron wird genüsslich auf diese Tendenzen hinweisen können, wenn beim nächsten EU-Gipfel Mitte Februar seine Pläne für eine Union auf dem Tisch liegen, die sich auf nüchterne Zusammenarbeit ohne weitere Visionen beschränken. David gegen Goliath: Cameron will das „sanfte Monster Brüssel“ zähmen, vor dem der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger in einer zornigen Streitschrift warnte. Was der Brite vorhat , mag für die Visionäre eines vereinigten Europas nicht verheißungsvoll klingen - realistisch erscheint es vor dem Hintergrund eines Kontinents, der die Grenzen der Solidarität dieser Tage mit Kontrollposten und Maschendrahtzäunen zieht: Reduzierung auf das – 81 vielleicht nur wirtschaftlich - Notwendige und Machbare weniger Europa wagen. Unter dem Ansturm der Flüchtlinge haben die Nationalstaaten wieder die Macht übernom-men, sie schließen nach Belieben Grenzen, schieben Nachbarn Probleme zu, zeigen mit dem Finger aufeinander. Mittendrin Deutschland, das sich mit der einsamen Entscheidung Merkels, die Tore zu öffnen, unter Druck setzte, den es nun nicht weitergeben kann. Nichts spricht dafür, dass jemand in der EU Merkel zur Seite springen will Stattdessen wächst der Druck auf die Kanzlerin. Angesichts der Dimension der neuen Völkerwanderung müssten die EU-Gipfel im Februar und März nun endlich zu einer gemeinsamen Linie führen, mahnt der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger. „Wenn das bis Ostern kommt, dann ist die Strategie der Kanzlerin völlig richtig.“ Aber Oettinger trägt ihr ebenso auf: „Wenn sich Mitgliedstaaten verweigern sollten, dann ist ein Umdenken naheliegend.“ In diesem Fall dürfte endgültig jeder sich selbst der Nächste sein und auch Deutschland seine Grenzen undurchlässiger machen. Auch Krichbaum fordert: „Wenn ein europäischer Konsens über das Flüchtlingsproblem nicht gelingt, dann können wir als Bundesrepublik Deutschland nicht weiter große Zahlen von Flüchtlingen aufnehmen.“ Nichts spricht bisher dafür, dass irgendjemand in Europa Merkel zur Seite springen will. Alle Solidaritätsappelle verhallen. Die „immer engere Union“ der 28 Völker der EU, von früheren Generationen erträumt, ist auf dem Boden der Tatsachen angelangt, die Juncker im September vorigen Jahres schon erbittert festhielt: „Es fehlt an Europa in dieser Europäischen Union, und es fehlt an Union.“ Bislang fehlt es auch am Mut einzugestehen, dass sich daran nicht viel ändern dürfte. Die Flüchtlingskrise bringt zum Vorschein, was vorher notdürftig kaschiert wurde Durch die Flüchtlingskrise sind Gegensätze aufgebrochen, die vorher immer nur notdürftig kaschiert wurden. Die jahrelange Wirtschafts- und Schuldenkrise hat soziale Spannungen verschärft und Verlustängste gestärkt. „Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Menschen verunsichert worden. Das hält an, denn wir sind im Krisenmodus geblieben: Griechenland, Ukraine, Flüchtlinge“, stellt Krichbaum fest. Schon der Euro führte die Völker Europas letztlich eben nicht zusammen, sondern teilte sie in Bittsteller und Besitzstandswahrer. Portugiesen, Zyprioten und Griechen mussten in der EuroKrise Souveränitätsverluste hinnehmen, die ihren Nationalstolz tief kränkten. Die Losung „Mehr Europa“ war für sie ein Diktat. Vor allem die Griechen ballten in leeren Taschen die Fäuste und machten dann auf dem Wahlschein ein Kreuz, das sie noch lange tragen werden: für eine linkspopulistische Regierung, deren wirres Taktieren die Euro-Zone wieder einmal an den Rand des Abgrunds führte. Jenseits der Euro-Zone sieht es nicht viel anders aus. Seit Jahr und Tag stimmen die Dänen alles nieder, was nach mehr Europa klingt. Trotz der Terrorgefahr traf es zuletzt sogar die Pläne zu mehr Polizeizusammenarbeit in der EU. So sollen im europäischen Strafregister82 system Ecris zwar Urteile von EU-Bürgern grenzüberschreitend gesammelt werden, nicht aber die Fingerabdrücke von flüchtigen Tatverdächtigen aus Drittstaaten. Polen und Ungarn, erst ein Vierteljahrhundert vom Joch der sowjetischen Fremdherrschaft befreit, haben nicht vor, den neu gewonnenen Nationalstaat auf dem Altar der europäischen Einheit zu opfern, und gaben nationalistisch ausgerichteten Regierungen ein starkes Wählermandat. Europa reagierte aufgeregt. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sah in Polen eine „Putinisierung europäischer Politik“, die Kommission überprüft nun, ob es sich bei Polen überhaupt noch um einen Rechtsstaat handelt. EU-Forscher: "Bin zum ersten Mal in meinem Leben wirklich beunruhigt" Noch immer, so beruhigen sich EU-Veteranen, habe Europa sich in Krisen erneuert. Doch hält die alte Überzeugung selbst für überzeugte Anhänger der europäischen Integration keinen Trost mehr bereit. „Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben wirklich beunruhigt“, sagt Ludger Kühnhardt, Direktor des Zentrums für Europäische Integrationsforschung an der Uni Bonn. „Das Problem sind nicht die Ausländer, sondern wie wir alle miteinander umgehen.“ Die EU sei „auf einer ganz schlimmen abschüssigen Bahn“, denn: „Wir denken wieder in Freund-Feind-Bildern.“ So sei es zwar richtig, die neue nationalistische Regierung in Polen auf demokratische Normen hinzuweisen, findet der Professor. „Aber die Reaktionen auf beiden Seiten sind überlagert von Wut im Bauch wegen des Managements der Flüchtlingsfrage.“ Polen habe in der EU keine Feinde, musste der Präsident des Europäischen Rats, Donald Tusk, den eigenen Landsleuten versichern. Doch ist das Pochen auf eigene nationale Belange in Brüsseler Kreisen durchaus suspekt. Rund um den Sitz der Kommissionsbürokraten, das 14-stöckige Berlaymont-Gebäude in Brüssel, gibt es einen abschätzigen Begriff für den gegenüber im ebenso hässlichen Lipsius-Gebäude residierenden Europäischen Rat, die Vertretung der Nationalregierungen. Das ist „die andere Seite der Straße“, sozusagen das andere Ufer, wo europäische Visionen nicht geteilt werden, sondern engstirnige nationale Belange obwalten. Hans-Peter Friedrich geißelt die "kompetenzgierige EU-Technokratie" Juncker versprach Selbstbeschränkung und setzte einen Niederländer, den früheren Außen-minister Frans Timmermans, als Anti-Bürokratie-Aufpasser ein, der krude Gleichmachereien aus dem Eurokraten-Apparat stoppen soll. Das Ergebnis kann sich nach einer Analyse des Freiburger Centrums für Europäische Politik (CEP) (s. Kasten) sehen lassen - an der Oberfläche. Die Zahl der direkten Verordnungen und Richtlinien hat abgenommen. Dafür wuchs, was „nachgelagerte Regulierung“ genannt wird - Ausführungsvorschriften, die die Eurokratie nunmehr besonders emsig auswirft. Hans-Peter Friedrich, für die EU zuständiger Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, hält fest: „Die stärkere Orientierung auf den Nationalstaat ist provoziert durch 83 eine kompetenzgierige EU-Technokratie. Die Frage ist, ob sich die Kommissare gegen die Technokraten in ihren eigenen Reihen durchsetzen können.“ Auf nationaler wie EU-Ebene „vernetzen sich Fachbrüderschaften unter Ausschaltung der gewählten Volksvertreter“. Selbst in gediegenen Gründungsstaaten der „immer engeren“ Union, die nächstes Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feiern will, wird diese Bevormundung als Korsett erfahren. Anfang des Jahres übernahmen die Niederländer die Ratspräsidentschaft in der EU. Ihr rechtsliberaler Ministerpräsident Mark Rutte ist ein Altersgenosse und Vertrauter des britischen Premiers David Cameron. Beide Regierungschefs kämpfen mit starken populistischen Kräften, die aus der EU herausdrängen. Camerons Ziel: Europa, wo nötig - national, wo möglich Gern nahm Cameron in seinen Waschzettel für eine Reform der Union, die einen Austritt Großbritanniens noch verhindern könnte, den von den Niederländern geprägten Wahlspruch auf: Europa, wo nötig, national, wo möglich. Den Haag will „eine bescheidenere, nüchternere, aber effektivere EU“. Zusammen mit den Polen bahnt sich da eine Achse an, der sich auch Ungarn und Dänen freudig anschließen dürften. Faktisch werden die Mitgliedstaaten Cameron nachgeben müssen: Das bedeutet dann weniger Europa. In Berliner Regierungskreisen wird erwartet, dass schon vom Februar-Gipfel in Brüssel ein großes Signal an die Briten ausgehen könnte. Denn die Alternative, ihr Austritt aus der Union, wäre für das ganze Projekt noch schädlicher: „Die EU würde sich damit als starr und reformunfähig erweisen und den EU-Gegnern europaweit in die Hände spielen“, sagt Nicolai von Ondarza voraus, stellvertretender Leiter der EU-Forschungsgruppe der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Kritiker nennen es "Europa à la carte" Damit öffnet Cameron die Tür zu dem, was seine Kritiker als „Europa à la carte“ bezeichnen: Jeder Staat sucht sich die Vorteile heraus, die ihm die EU bietet, mutet seiner europamüden Bevölkerung aber keine weiteren Einheitsvisionen zu. „Dann wären wir auf dem Weg, wo die politische Integration allenfalls in der Euro-Zone stattfindet“, urteilt von Ondarza. Er würde das zwar als „reine Rosinenpickerei“ bedauern, muss aber zugestehen: „Cameron sitzt nicht mehr allein am Tisch mit seiner Haltung: Wir wollen nicht mehr Europa, sondern wir wollen zurück zu den Nationalstaaten.“ Die Empfehlung des Europa-Experten lautet: „Das Ziel der immer engeren Union an eine EU anpassen, die schrittweise auf ein Kerneuropa zusteuert.“ Was heute schon punktuell als „differenzierte Integration“ möglich ist, würde so zum Normalfall: Es muss nicht jeder mitmachen - aber jeder darf. Viele Freiwillige für ein gemeinsames Projekt sind 84 derzeit - nicht zu erkennen. Was die Berechnungen noch enthüllen: Der Spitzenreiter unter den Eurokraten-Ruheständlern darf sich über 13.507 Euro brutto freuen – pro Monat natürlich. Unterm Strich bleiben dem Glücklichen 9.755 Euro netto. Auch abseits davon sind Brutto- Renten von knapp 10.000 Euro monatlich keine Seltenheit. Was die Kosten noch in die Höhe treibt: EU-Beamte gehen im Schnitt bereits mit 61,6 Jahren in den Ruhestand. Zusätzlich sind Frührenten ab 55 ohne Abschläge möglich. 01.02.2016 Wie Länder die EU an der Nase herumführen Salzburgs EU-Abgeordnete Claudia Schmidt sitzt im Haushaltsausschuss und macht Zahlen öffentlich. Fast 30 Milliarden Euro pumpt die EU über ihre Auslandsdelegationen in die Entwicklungshilfe - und davon gehen rund 15 Milliarden verloren oder erreichen nicht das vorgegebene Ziel. Diese Zahlen meldet Salzburgs EU- Abgeordnete Claudia Schmidt, die im Haushaltsausschuss sitzt und der Geldverschwendung nach geht. 85 Und ausgerechnet jene Länder, die mithelfen könnten, den Flüchtlingsstrom etwas einzudämmen, sind die Einserkandidaten: An der Spitze steht Marokko, wo Programme im Wert von 664 Millionen Euro zum Scheitern verurteilt sind. Dahinter kommen Jordanien und Libanon mit jeweils rund 300 Millionen, in den Krisenländern wie Jemen, Syrien und der Zentralafrikanischen Republik versickert fast das ganze Geld. Auch interessant: Die Türkei, die ständig der EU neue Milliarden für das Flüchtlingsproblem abpresst, erhält für die Förderperiode 2014 bis 2020 rund 4,45 Milliarden Euro unter dem Titel "EU- Heranführungshilfe". Obwohl es mehr als realistisch ist, dass die Türkei in den nächsten sechs Jahren kein EU- Mitglied werden wird. Gleichzeitig weigern sich Länder wie Marokko und Algerien ihre Landsleute zurück zu nehmen, die im Sog der Flüchtlingsbewegung nach Österreich und Deutschland gereist sind. Ihr Asylantrag wird zwar zu 99 Prozent abgelehnt, zurück geschickt werden können sie aber nicht, weil die Herkunftsländer sich quer legen. Das Bundesasylamt muss um jedes Heimreisezertifikat hoffnungslos mit den marokkanischen Behörden kämpfen. So bleibt also nur die "Duldung", oder die Flüchtlinge tauchen ab und versuchen es über die "grüne" Grenze. EU steckt in der Falle Trotz halbherziger Verhandlungen um ein Rücknahmeabkommen ist der Hintergrund dieser Sperrhaltung kein Geheimnis: Menschen, die ständig aus Europa Geld nach Hause überweisen, sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der Staat schneidet indirekt mit. Die EU steckt so in der Falle: Sie kann die Entwicklungshilfe noch erhöhen oder sie streichen: Aber das würde noch mehr Flüchtlinge in Bewegung setzen. ---------------------30.1.2016 - Erdölexporteure im postsowjetischen Raum Die Erdölexporteure in der Ex-Sowjetunion haben sich zu wenig vom «schwarzen Gold» gelöst. Ihre hohen Rücklagen sind ein Schutz, aber keine Strategie. Jetzt steht sogar interna- tionale Hilfe im Raum. 86 Das Öl stürzt den Osten in Probleme Der Zerfall des Erdölpreises bringt die Produzen-ten im Osten in die Bredouil Es ist weit gekommen, wenn ein erdölreiches Land klarstellen muss, dass es keine internationale Finanzhilfe benötigt. Doch so geschah es am Freitag im zentralasia-tischen Kasachstan, wo sich laut BP immerhin 2% der globalen Erdölreserven befin-den. Der Wirtschaftsminister wies jede Vermutung zurück, sein Land könne um Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IMF) bitten. Die Frage drängte sich auf, denn ein anderer Anrainer des Kaspischen Meers hat jetzt genau das getan. Das ebenfalls rohstoffreiche Aserbaidschan lud diese Woche eine Delegation von IMF und Weltbank ein, um über mögliche Hilfen zu verhandeln. Eine rasche Einigung gilt als unwahrscheinlich, aber der stossende Punkt ist: Baku verfügt noch über einen mit Öleinnahmen gefüllten Staatsfonds mit Reserven von knapp 34 Mrd. $, was etwa der Höhe der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Ölpreis stürzt ab - und wird für Russland zum Problem Wachstumsprognose beruht auf einem Ölpreis von 50 Dollar kalkuliert. Doch der Preis liegt weit darunter. Der Rubel hat deutlich an Wert verloren. Viele Bürger können sich nur noch Lebensmittel und die nötigsten Dinge des täglichen Bedarfs leisten. - Kunden stürmen russischeRaiffeisen-Filiale laut, aber friedlich: Kunden und Polizisten - In Moskau haben Dutzende Kreditkunden, darunter Familien mit kleinen Kindern, eine Raiffeisen-Filiale gestürmt und besetzt gehaltenIn Flugblättern wurde die RBI unter anderem als "Gaskammer für russische Kreditnehmer" bezeichnet. Hintergrund ist der dramatische Wertverlust des Rubels, der die Rückzahlung von Euro- und Dollar-Fremdwährungskrediten für die Betroffenen so gut wie unmöglich macht. Weitere Aktionen sollen folgen Die Szene hatte eine gewisse Komik, auch wenn der Anlass für die Beteiligten tragisch war: Einige Dutzend Kunden stürmten am Dienstag die Kreditabteilung der Raiffeisenbank in Moskau, trommelten auf Töpfe und verlangten, zum Filialleiter vorgelassen zu werden. Irgendwann nahm der Protest eine politische Wendung. Mit brechender Stimme und Tränen in den Augen rief eine Frau im Nerzmantel: "Lasst uns die Krim endlich zurückgeben, uns bleibt sonst nichts mehr zum Leben!" Menschen, die Devisen-Hypotheken aufgenommen haben, trifft die Schwäche der russischen Währung besonders hart; mit jedem Kursverlust wachsen ihre Schulden. Seit Jahresbeginn hat 87 der Rubel gegenüber Dollar und Euro fast sechs Prozent, in den letzten anderthalb Jahren sogar mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Am Freitag brachte die russische Zentralbank eine Zinserhöhung ins Spiel, um gegen den Kursverfall des Rubels zu kämpfen. "Sollten sich die Inflationsrisiken verstärken, wird die Bank von Russland eine Straffung ihrer Geldpolitik nicht ausschließen", ließ sie mitteilen. Langsam beginnt sich die wirtschaftliche Lage auf die Stimmung auszuwirkenoch gehen in Russland nur wenige Menschen so weit wie die Dame im Pelzmantel und machen die Politik des Kremls für die Krise verantwortlich. Wladimir Putins Zustimmungswerte liegen weiterhin über 80 Prozent. Doch langsam beginnt sich die wirtschaftliche Lage auf die Stimmung auszuwirken: Die Zuversicht sinkt. Auf die Frage, ob das Land auf dem richtigen Weg sei, antworteten dem unabhängigen Levada-Zentrum nur 45 Prozent der Befragten mit Ja. Ein jäher Absturz: Im Dezember waren noch 56 Prozent dieser Ansicht. Der Wert ist außerdem der niedrigste seit Januar 2014. Die Euphorie über die Krim-Annexion hatte ihn zwischenzeitlich auf 64 Prozent getragen. Doch nun folgt offenbar die Ernüchterung. Um 3,8 Prozent ist die russische Wirtschaft 2015 geschrumpft. Für 2016 hatte die Regierung eigentlich ein Wachstum von 0,7 Prozent vorhergesagt, doch die Prognose beruhte auf einem Ölpreis von 50 Dollar pro Barrel. Am Freitag lag er bei rund 34 Dollar. Weil sich der Staatshaushalt zu mehr als der Hälfte aus dem Verkauf von Öl und Gas speist, ordnete Regierungschef Dmitrij Medwedjew zu Jahresbeginn Kürzungen von zehn Prozent über alle Ressorts an. Es zeichnet sich ab, dass auch das nicht reichen wird. Am Donnerstag leitete Putin eine Sitzung des Sicherheitsrates, bei der es ausnahmsweise nur am Rande um den Einsatz in Syrien ging. Im Zentrum stand die Wirtschaftslage Russlands. 18. Januar 2016 Ölpreis auf 12-Jahres-Tief Wo der niedrige Ölpreis gefährliche Spuren hinterlässt Öl-Preis auf Rekordtief: Nach dem Ende der Iran-Sanktionen fällt der Preis weiter. 88 Nach dem Ende der Sanktionen gegen den Iran ist der Ölpreis wie erwartet unter die Marke von 30 Dollar gesunken. Langsam kommen die Verlierer an die Grenze der Belastbarkeit. Welche Länder und Konzerne am meisten leiden. Es wird mehr und mehr und mehr. Die Rede ist vom Öl. Bereits in den vergangenen Monaten war das Angebot deutlich höher als die Nachfrage, unter anderem aufgrund des Frackings in den USA. Nun dürfte das Angebot noch mal deutlich zulegen. Grund sind die aufgehobenen Sanktionen gegen den Iran, das Land darf nun erstmals seit 2012 wieder Öl am Weltmarkt verkaufen. Der Ölpreis reagierte prompt. Beide Sorten, die Nordsee-Sorte Brent sowie US-Öl, kosteten mit 27,70 Dollar beziehungsweise 28,36 Dollar je Fass so wenig wie seit mehr als zwölf Jahren nicht mehr. Wissenswertes zum Iran • Bedeutung in der Golf-Region Der Iran ist schon alleine wegen der Bevölkerungszahl von fast 80 Millionen eine Macht in der Golf-Region. Der Gottesstaat war jedoch wegen seiner kompromisslosen Atompolitik in den vergangenen zehn Jahren international isoliert. Die im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten Sanktionen führten in dem öl- und gasreiche Land auch zu einer Wirtschaftskrise. Viele Beobachter rechneten daher mit einem zweiten Nordkorea am Persischen Golf. • Wandel durch Hassan Ruhani Mit dem Sieg von Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl 2013 im Iran änderte sich jedoch das Bild. Sein Wahlslogan „Versöhnung mit der Welt“ führte im Juli 2015 zu einem Atomabkommen mit dem Westen. Der Iran wurde plötzlich zu einem potenziellen politischen und wirtschaftlichen Partner des Westens in einer von Krisen geschüttelten Region. Besonders im Syrien-Konflikt hofft der Westen auf eine positive Rolle Teherans. • Rolle im Kampf gegen den IS Mit seinen beiden gut ausgerüsteten Streitkräften - der klassischen Armee und den Revolutionsgarden - kann der Iran besonders im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine entscheidende Rolle spielen. Diese Rolle aber ist innerhalb der Region höchst umstritten, unter anderem bei der anderen Regionalmacht Saudi-Arabien. Ideologische und besonders religiöse Differenzen zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitisch-wahhabistischen Saudis sorgen daher immer wieder für Spannungen in der Region. Auf dem Ölmarkt gehen Beobachter davon aus, dass das Ende der Sanktionen gegen den Iran zu weitreichenden Veränderungen führt. Der Iran hatte bereits angekündigt, seine Ölexporte auf rund 500.000 Barrel hochzufahren. Zwar dürfte der Iran auf einen preislich besseren Zeitpunkt für die Rückkehr an den Ölmarkt gehofft haben, die geringeren Einnahmen dürften das Land aber kaum von Verkäufen abhalten. 89 Der Markt hat die Welle des iranischen Öls über die vergangenen Monate vorhergesehen und eingepreist. Dennoch werden Prognosen, wonach der Ölpreis schon bald bei nur noch 20 Dollar liegen könnte, immer wahrscheinlicher. Kein Wunder, dass einige Analysten immer pessimistischer werden. Am negativsten wird der Markt zurzeit von der Bank Standard Chartered beurteilt. Analyst Paul Horsnell senkte seine Preisprognose auf nur noch zehn Dollar und hat damit andere Pessimisten wie Goldman Sachs und Morgan Stanley nochmals unterboten. Der Ölpreis, so Horsnell, werde aktuell nicht von fundamentalen Werten getrieben. Ein Marktgleichgewicht sei nicht in Sicht. Ein Preis von zehn Dollar sei dennoch ein "Extremfall", erklärt Horsnell. Trotzdem gebe es im Markt einen Konsens darüber, dass der Preis noch weiter fallen muss, um Angebot und Nachfrage wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Rohstoffe Ölpreis unter 31 Dollar - OPEC-Sondertreffen gefordert Der fallende Ölpreis verunsichert zunehmend die Weltwirtschaft. Bald könnte die Opec eingreifen, der derzeitige Vorsitzende fordert ein Sondertreffen der Organisation. Noch ist der Markt davon weit weg, innerhalb der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) droht ein Preiskrieg. Denn während die reichen Golfstaaten die sinkenden Einnahmen aus den Ölexporten irgendwie verkraften können und alles daran setzen, durch einen Preiskrieg Wettbewerber aus dem Markt zu drängen, kommen andere Ölstaaten wie Venezuela oder Nigeria bald an die Grenze des Verkraftbaren. Unsere Übersicht zeigt, bei welchen Konzernen und Förderländern der niedrige Ölpreis überall schon seine Spuren hinterlassen hat. Venezuela Die Geschichte des billigen Öls lässt sich gut anhand der Benzinpreise erzählen. Venezuela ist für die niedrigsten Benzinpreise der Welt bekannt. Eine Tankfüllung ist für einen CentBetrag erhältlich. Das Land mit den größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt subventioniert Benzin so stark, dass es quasi an die Autofahrer verschenkt wird. Während Benzin unvorstellbar günstig ist, sind andere Güter in dem südamerikanischen Land dafür aber unfassbar teuer. Die Teuerung liegt geschätzt bei etwa 200 Prozent pro Jahr. Insbesondere Nahrungsmittel sind fast unerschwinglich. Am Freitag musste Präsident Nicolás Maduro den Wirtschaftsnotstand ausrufen. Venezuela kämpft nicht nur mit den Folgen des niedrigen Ölpreises, sondern auch mit den Folgen seiner bisherigen Wirtschaftspolitik. Denn das Land hat sich wie viele andere auf seine Ölvorkommen verlassen. Fast die Hälfte des venezolanischen Öls wurde bisher in die USA exportiert. Entsprechend ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen, da die USA durch das umstrittene Fracking größere Teile ihrer Nachfrage selber decken können. 90 9.2.2016 Die Brexit-Falle Britischer Premier Cameron: Hofft auf Zugeständnisse Nicht nur in Großbritannien, überall in Europa wächst die Europa-Skepsis. Sollte das Vereinigte Königreich tatsächlich aus der EU aussteigen, könnten andere folgen. Die Stimmung jedenfalls ist danach, in vielen Ländern. Bei ganz großen politischen Fragen geht es selten um reine Vernunft. Nicht das rationale Kalkül fällt dann Entscheidungen, sondern Gefühle. Und die sind manchmal schwer zu steuern. Streng rational betrachtet sollten die Briten EU-Mitglied bleiben. Tatsächlich aber ist das Risiko groß, dass sie sich bei der Volksabstimmung im Sommer für den Brexit entscheiden. Sollte es tatsächlich soweit kommen, dürfte ihr Beispiel viele in Europa inspirieren - der Zerfall der Europäischen Union könnte in nicht allzu ferner Zukunft Realität werden. Bislang wird dieses Szenario heruntergespielt, nicht zuletzt von David Cameron selbst. Der britische Premier hofft seinen EU-Kollegen beim bevorstehenden EU-Gipfel übernächste Woche so viele Zugeständnisse abzutrotzen, dass er zu Hause eine Mehrheit zur Zustimmung bewegen kann. Sicher ist das keineswegs: Noch im November sagte eine knappe Mehrheit der Briten (47 gegenüber 42 Prozent), ihr Land habe "außerhalb der EU eine bessere Zukunft" vor sich. Zuletzt fielen die Umfragen zwar wieder proeuropäischer aus. Klar ist aber auch, dass das Votum zur Zitterpartie wird. Die Argumente der EU-Befürworter liegen auf der Hand: Der Wohlstand wäre in Gefahr. Denn ob die Inselökonomie weiterhin Teil des Binnenmarktes sein kann, ist offen. Internationale Investoren wären nicht amüsiert. Auf deren Wohlwollen aber ist das Land angewiesen. Schließlich fährt das Königreich ein großes außenwirtschaftliches Defizit. Unmittelbare Folge einer Brexit-Entscheidung, warnte kürzlich der britische Notenbankchef Mark Carney, wäre deshalb wohl eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise. Dazu kommen politische Erwägungen: Selbst wenn Großbritannien den Zugang zum EUBinnenmarkt behielte, säßen seine Gesandten in Brüssel nicht mehr im Ministerrat und im Parlament. Die einstige Weltmacht dürfte in Europa nicht mal mehr mitreden, müsste sich aber EU-Entscheidungen beugen. Im globalen politischen Spiel der Riesenmächte, in dem sich schon die EU als Ganze schwertut, würde die Insel auf sich gestellt überhaupt keine Rolle mehr spielen. Auch immer Innern droht Ungemach: Wer weiß, ob sich nicht doch noch die europaaffinen Schotten für die Abspaltung vom Vereinigten Königreich und für den Verbleib in der EU entschieden. Gigantische Risiken, hohe Kosten - aus reiner Vernunft sollte der Brexit keine Option sein. Aber die Gefühlslage ist eben eine andere. Wer sich etwas näher mit der Stimmung in der EU insgesamt befasst, stellt fest, dass die Briten keineswegs allein stehen mit ihrer Skepsis, dass es eine Menge europäische Nationen gibt, die durchaus ähnliche Vorbehalte hegen - dass die Befürchtung keineswegs abwegig ist, andere Länder könnten einem britischen Ausstiegsbeschluss folgen. Die Ergebnisse der zum Jahresende vorgestellten Eurobarometer-Umfrage sind alarmierend: 91 Weltwirtschaft Die große Öl-Flut und ihre Folgen Der Ölpreissturz versetzt die Finanzmärkte in Unruhe. Doch Ängste vor einer Rezession sind übertrieben: Die Risiken sind eher politischer als ökono-mischer Natur. In Eagle Ford, einem Landstrich etwa 100 Meilen südlich der texanischen Millionenstadt San Antonio, musste man für eine Übernachtung vor ein paar Monaten noch mindestens 100 Dollar auf den Tisch legen. Jetzt sind die Zimmer in den Hotels und in den Bed-and-Breakfast-Häusern schon ab 40 Dollar die Nacht zu haben. Seitdem der Ölmarkt, von dem die ganze Gegend lebt, kriselt, möchte auch niemand mehr nach Eagle Ford. Was soll man auch dort in einer Zeit, in der der Treibstoff der Weltwirtschaft nichts mehr wert ist? Die weitgestreckte Region ist eines der größten Fördergebiete für Schieferöl und gas in Amerika. Der jahrelange Boom, mit Preisen für ein Fass Öl von weit mehr als 100 Dollar, hat die Gegend zu einem Dorado für Energieunternehmen und Jobsucher gemacht. Geschäftstüchtige Unternehmer bauten Hotels und Trailerparks, innerhalb von fünf Jahren verdreifachte sich die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten. Doch mit der Goldgräberstimmung ist es vorerst vorbei. Der Absturz des Ölpreises hat die Bilanzen der Förderunternehmen in die roten Zahlen getrieben, viele haben Konkurs angemeldet, Zehntausende Arbeitsplätze sind verschwunden, Hotelzimmer stehen leer. Die Baisse am Ölmarkt zerrt nicht nur an den Nerven der Hoteliers in Eagle Ford. Sie versetzt auch die internationalen Finanzmärkte in Schrecken. ---------------------19.2.2016 Varoufakis startet europäische Bewegung für mehr Demokratie Der ehemalige griechische Finanzminister will die EU transparenter gestalten und kommt er im Sakko in die Berliner Volksbühne. Das Interesse der Medien ist groß. Zwar scheiterte Varoufakis als griechischer Finanzminister, aber jetzt hat er eine neue Mission. Er gründet mit Gleichgesinnten aus zwölf europäischen Ländern an diesem Dienstag in der deutschen Hauptstadt eine neue paneuropäische Bewegung: "Democracy in Europe Movement 2025" (DiEM25) heißt sie, und der Gründungsort ist mit Absicht gewählt. Denn ohne die Deutschen gehe in der EU bekanntermaßen ja gar nichts, dieser Dominanz setze man etwas entgegen. "Es ist eine große Ehre und ein Privileg, in Berlin zu sein", sagt Varoufakis. Sein Befund über die EU in ihrem gegenwärtigen Zustand ist düster. Es gebe ein "Phänomen der Renationalisierung", eine "Not-in-my-backyard"-Mentalität, das zeige 92 gerade die Flüchtlingskrise. Außerdem sei die Politik in Brüssel wie in Frankfurt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) absolut intransparent. Das will DiEM25 ändern. Grundlage für die Bewegung ist ein Manifest, das Varoufakis mit einigen Mitstreitern bereits veröffentlicht hat. "Hoffnung" statt "Renationalisierung" Darin bekennen sie sich ausdrücklich zur "außerordentlichen Errungenschaft" der europäischen Integration, die "Europas Völker in Frieden zusammengeführt" habe. Doch nun drohe durch "kurzsichtige Politiker, ökonomisch naive Beamte und unfähige Finanzexperten" ein "gefährlicher antieuropäischer Rückschlag". "Wir müssen das stoppen! Wir müssen den Bürgern wieder Hoffnung auf einen demokratischen Prozess geben", sagt Varoufakis, und er klingt genauso überzeugt wie früher, als er noch Finanzminister von Griechenland war und gegen das Spardiktat der Deutschen kämpfte. "Renationalisierung und Austerität", so Varoufakis, seien jedoch nicht die Lösung. Er will eine Reform der EU-Institutionen, Liveübertragung von deren Sitzungen im Internet und einen Demokratisierungsprozess von unten. Die Bürger sollen sich ihre EU zurückerobern. Und sie sollen begreifen, dass Flüchtlinge keine Bedrohung seien, sondern eine Bereicherung in einem "offenen Europa". Varoufakis ist nicht der Erste, der solche Überlegungen hat. "Was macht Sie sicher, dass Sie Erfolg haben werden?", wird er gefragt. "Gar nichts", antwortet er, "aber ich wache in der Früh auf und denke, dass es richtig ist." Sein Anspruch ist kein geringer: "Die EU wird demokratisiert werden oder sie wird zerfallen." Grenzen der Basisdemokratie Grundsätzlich nicht abgeneigt ist der deutsche EU-Abgeordnete Sven Giegold. Doch der Grüne beklagt in einem Brief an den Star der europäischen Linken, dass DiEM25 zwar für Demokratie eintrete, aber nicht klar sei, wer eigentlich "die vielen Änderungen in den verschiedenen Versionen des Manifests verlangt und wer entschieden hat, welche Änderungen und weshalb akzeptiert wurden." Varoufakis' Antwort: "Das Manifest kann nicht von jedem gleichzeitig geschrieben werden, genauso wenig wie ein Gedicht." Doch grundsätzlich soll es in der Bewegung schon basisdemokratisch zugehen. Zu den Mitstreitern zählen der italienische Linksintellektuelle Toni Negri, der USÖkonom James Galbraith, der britische Labour-Abgeordnete John McDonnell und der kroatische Philosoph Srećko Horvat. Debatten werden vor allem über das Internet geführt, es soll aber auch in den einzelnen Ländern Town-Hall-Meetings geben. Ex-KPÖ-Chef an Bord 93 Aus Österreich hat Ex-KPÖ-Chef Walter Baier, der nun das europäische Forschungsund Bildungsnetzwerk "transform!" koordiniert, das Projekt von Anfang an begleitet, er ist heute in Berlin ebenfalls dabei. "DiEM25 ist ein Beitrag gegen den Vormarsch der radikalen Rechten in Europa", sagt er zum STANDARD. Diese seien so erfolgreich, weil "Regierungen und Institutionen in der EU nicht liefern, was sie versprochen haben – nämlich Beschäftigung und soziale Sicherheit". Abgesehen von der Demokratisierung der EU erhofft er sich ein Programm gegen die Massenarbeitslosigkeit, vor allem im Süden Europas. Baier ist überzeugt, dass Varoufakis der richtige Mann an der Spitze der Bewegung ist: "Sein europäisches Prestige kann sehr nützlich sein." die EU vor dem Untergang bewahren Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis: Der selbsternannte Retter Eu, trägt er wie immer dieses breite Lächeln. "Guten Abend Volksbühne", sagt er auf Deutsch. "Guten Abend Berlin, guten Abend Europa." Varoufakis ist da, um die EU zu retten. Nach Berlin ist er gekommen, um die Gründung einer linksintellektuellen Bewegung bekannt zu geben. Sie heißt "Democracy in Europe Movement 2025", kurz DiEM 25. Das Ziel, wie gesagt: die Rettung Europas. So soll die Rettung funktionieren "Die EU wird gerade zerstört", sagt Varoufakis auf der Bühne, jetzt wieder auf Englisch. Viele Mitgliedstaaten seien dabei, ihre Grenzen zu schließen oder hätten sie schon geschlossen. Die Rückkehr der Nationalstaaten stehe bevor. Überall in Europa befänden sich rechte Bewegungen auf dem Vormarsch. Hinzu komme, dass die EU sehr bürokratisch und kompliziert aufgebaut sei. Es fehle an Transparenz und damit an Akzeptanz in der Bevölkerung. "Wenn wir jetzt nichts tun, fällt die EU auseinander", sagt Varoufakis. Sein Rettungsplan sieht vor, die EU von unten her zu demokratisieren. Als ersten Schritt sollen die Beratungen von Europäischem Rat, Ministergrup-pen sowie der 94 Eurogruppe öffentlich stattfinden. Geheimverhandlungen wie über das Freihandelsabkommen TTIP wären damit passé, politische Entscheidungen besser nachvollziehbar. "Das könnte sofort umgesetzt werden." In der Rede macht Varoufakis seine Vision klar. Viele Details fehlen, sie müssen erst noch erarbeitet werden. Mittelfristig will er Pläne vorlegen, wie sich Banken, Zinsen, Armut und Migration europaweit besser regeln lassen. Sind diese umgesetzt, soll eine konstituierende Versammlung bis 2025 das Konzept für ein neues, "wirklich souveränes" EU-Parlament ausarbeiten. Dieses soll dann gemeinsam mit nationalen Parlamenten und örtlichen Gemeinden über die EU-Politik bestimmen. Der Einfluss von nationalen Regierungen wäre damit deutlich eingeschränkt. Status? Es ist kompliziert In jedem Fall werde die Europarettung kompliziert, wie Varoufakis zugibt, "aber so ist das Leben". Er hat sich prominente Unterstützer gesucht, Politiker, Aktivisten, Künstler. Katja Kipping von der Linkspartei darf nach ihm reden, später die Sprecherin von Blockupy und der Musiker Brian Eno. WikiLeaks-Gründer Julian Assange wird aus London zugeschaltet, er murmelt: "Das Ende von Europa kommt." Es werden viele Reden gehalten an diesem Abend. Manche sind pointiert, manche stecken voller Allgemeinplätze, manche machen einfach nur Werbung für die eigene Organisation. DiEM 25 soll als gemeinsame Aufgabe der europäischen Linken wahrgenommen werden - und nicht als reines Solo-Projekt von Varoufakis. Das funktioniert an diesem Abend nur bedingt, weil die meisten Redner inhaltlich wenig Neues zu Varoufakis Gründungsrede beisteuern können: Die Bewegung weiß noch zu wenig über sich selbst. "Wenn du recht hast, kannst du nicht radikal genug sein", sagt Varoufakis und spielt auf seinen Lieblingsfeind an, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. "Wenn du falsch liegst, kannst du nicht konservativ genug sein." Das Publikum lacht. Varoufakis lächelt. -------------------------------- 95 Der Föderalismus in der EU ist tot. Gut so. Der Brite Cameron will keine Sonderrechte, sondern gleich die gesamte EU revolutionieren. Das "immer engere Europa" ist dahin. Gottseidank. Es entsteht ein Verbund souveräner Staaten. Donald Tusk hat mit David Cameron etwas Sensationelles ausgehandelt – und keiner scheint es zu bemerken: nämlich den Umbau der Europäischen Union gemäß britischen – und osteuropäischen – Wünschen. Das Ziel der "immer engeren Union" wird aufgegeben und damit alle Vorstellungen eines "Europas der zwei Geschwindigkeiten". Die nationalen Parlamente erhalten – so sie es wollen – das letzte Wort über die EU-Gesetzgebung. Die freie Bewegung von EU-Bürgern in die Sozialsysteme anderer Länder wird aufgehoben. Der gemeinsame Markt soll besser funktionieren. Großbritanniens Platz als Bankenzentrum auch der Euro-Zone wird gesichert. Vor allem aber: Am ganzen Verfahren wurde und wird das Europäische Parlament nicht beteiligt. Der Föderalismus ist tot. Gut so. David Cameron hat immer gesagt, dass er, anders als Maggie Thatcher, keine britischen Sonderwünsche aushandeln will. Er will, soll Großbritannien in der EU bleiben, eine Reform der gesamten Union. Sollten die mit Ratspräsident Donald Tusk ausgehandelten Maßnahmen von den 28 Mitgliedsländern gebilligt werden, hätten wir es mit einer anderen, besseren Europäischen Union zu tun. Da nicht anzunehmen ist, dass dieses Papier ohne Rücksprache mit Berlin und Paris verfasst wurde, und da es osteuropäischen Wünschen entgegenkommt, und da selbst Politiker, die den Vorschlägen skeptisch gegenüberstehen, mit Hinweis auf die Notwendigkeit, einen Brexit zu verhindern, zustimmen können, muss man davon ausgehen, dass diese Vertreter zweier Länder am Rand des Kontinents tatsächlich das Gesicht der EU verändern werden. Der deutsch-französische Motor ist kalt Vergessen wir also den deutsch-französischen "Motor"; der funktionierte, solange die EU eine Art Neufassung des karolingischen Reichs war, also bis zur Osterweiterung. Jetzt werden die neuen Kräfteverhältnisse in der EU sichtbar. Beginnen wir mit dem Wichtigsten: der "Finalität" der Union, wie es Joschka Fischer in seiner berühmten Rede an der Humboldt-Universität formulierte und wie sie – leicht modifiziert – auch von Angela Merkel noch vor einigen Jahren propagiert wurde. Sie sieht nun ganz anders aus, als sich das Fischer und Merkel vorgestellt haben. Das Tusk-Papier sagt explizit, dass "immer engere Union" eben nicht die – von Fischer und Merkel vorgestellte – politische Union des Kontinents meint. Ja, es sagt explizit, dass es überhaupt kein gemeinsames Ziel gebe, und dass verschiedene Länder beim Verfolgen der weiteren Integration, sofern sie sie wollen, verschiedene Wege einschlagen können. 96 Damit ist die unselige Formulierung Wolfgang Schäubles vom "Europa der zwei (oder mehrerer) Geschwindigkeiten" vom Tisch, die ja unterstellt, es gebe ein Ziel, die politische Union, auf das sich alle, nur eben mal schneller, mal langsamer, zubewegen (müssen). Mit der Aufgabe dieser Vorstellungen – einer Revolution, deren Auswirkungen unabsehbar sind und bis hin zur Abschaffung des Euro und des Europäischen Parlaments reichen könnten – akzeptiert die EU, dass sie keine Vorform der den USA vergleichbaren "Vereinigten Staaten von Europa" ist, sondern eher dem näher kommt, was schon früher ein "Imperium" genannt wurde, was man aber auch ein "Commonwealth", einen Staatenbund oder – mit dem guten alten Wort der Zeit vor Maastricht – eine Gemeinschaft nennen könnte. Keine Finalität, keine Entmachtung der Nation Aus dem Verzicht auf eine "Finalität", in deren Logik die Entmachtung der nationalen Parlamente lag, zugunsten einer ergebnisoffenen Evolution, folgt die Wiederermächtigung dieser Parlamente. Parlamente, die zusammen 55 Prozent des europäischen Wahlvolks vertreten, können dem Tusk-Vorschlag zufolge dem Rat die "Rote Karte" zeigen. Damit ist eines der größten demokratischen Defizite der EU tendenziell aufgehoben. Ein großer Sieg für die Demokratie, auch wenn Anhänger des Föderalismus den Beschluss als Sieg des Nationalismus und der Kleinstaaterei hinzustellen versuchen werden. Cameron bekommt in Warschau frostige Reaktion auf EU-Reformplan Das Europäische Parlament wird durch diesen Beschluss in seiner Funktion als Kontrolleur der Kommission nicht entmachtet; aber dessen Abgeordnete dürften jetzt viel öfter auch als sachkundige "Whistleblower" funktionieren, die die nationalen Parlamente zum Handeln auffordern, wenn fragwürdige Vorhaben der Kommission im Rat zu passieren drohen. Explizit heißt es ja in der Passage über die "immer engere Union", sie bedeute nicht die Übertragung immer mehr Funktionen und Rechte auf die Unionsorgane in Brüssel. Mit der "Roten Karte" für die nationalen Parlamente ist – da kein einzelnes Parlament den Rat blockieren kann, sondern Verbündete in anderen Parlamenten suchen muss – ein Weg der europäischen parlamentarischen Kooperation jenseits gemeinsamer Ausflüge und Erklärungen vorgezeichnet, der dafür sorgen könnte, Europa den Bürgern näher zu bringen. Gut. Arbeitsmigration ja, Sozialtouristen nein Dass Tusk jeder Nation die Ausgestaltung des Zugangs zu den Sozialsystemen überlassen will (die Einzelheiten sind kompliziert und dürften noch modifiziert werden), ist ein Durchbruch, weil ihn ja auch die deutschen Sozialdemokraten inzwischen fordern; von Seiten der CDU/CSU finden die britischen Forderungen seit jeher Unterstützung, und auch die Franzosen dürften hiergegen keine Einwände erheben. 97 Mag sein, dass die südosteuropäischen Länder, deren Bürger hauptsächlich von dieser Einschränkung der Niederlassungsfreiheit betroffen sind, dagegen protestieren, aber deren Stimmen sind, um es unverblümt auszudrücken, käuflich.Immer mehr Briten befürworten den Brexit Ein paar Milliarden für Projekte in diesen Ländern, die angeblich oder wirklich der Arbeitsbeschaffung dienen, dürften reichen, um deren Bedenken zu zerstreuen. Deren politische Klassen wissen ja längst, dass sie nicht auf Dauer ihre Probleme in Gestalt von Bettlern und Arbeitslosen exportieren können, ohne das Gefüge der EU zu erschüttern. Infolge dieser Reform, die dafür sorgen wird, dass sich Arbeitsmigranten weiterhin innerhalb der EU frei bewegen können, Sozialtouristen aber nicht, dürfte die Akzeptanz der EU nicht nur in Großbritannien steigen, sondern auch in Frankreich, den Benelux- und skandinavischen Ländern, wo sie zuletzt kaum populärer war als bei den Briten. Wir reiben uns die Augen und sehen ein neues Europa vor uns. Und das Irrste ist: Niemand hat es gemerkt. Sage keiner, die Flüchtlingskrise habe nicht ihr Gutes. ------------------------------- Milliarden für europäisches Politikversagen Ohne kontrollierte Außengrenze ist Europa wohl bald Geschichte. Mindestens 1,2 Mrd. Euro im Jahr würde Österreich ein Zusammenbruch des Schengen-Raums kosten, hat WKO-Chef Christoph Leitl neulich vorgerechnet. Man müsse deshalb dringend vor Grenzzäunen innerhalb Europas warnen. Da hat der Wirtschaftskammer-Chef natürlich recht: Das Europa ohne Grenzen war eine der großen politischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Man darf es deshalb nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Wenn wir aber schon beim Aufsummieren sind, machen wir seriöserweise auch die Gegenrechnung auf: Die Nichtsicherung der Schengen-Außengrenze hat zu einer Migrationswelle geführt, die Deutschland nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft im günstigsten Fall (Flüchtlingszahl sinkt bis 2018 auf ein Drittel) 25 und im ungünstigsten Fall (alles bleibt, wie es 2015 war) 55 Mrd. Euro pro Jahr kosten wird. Nach der groben Eins-zu-zehn-Regel auf Österreich heruntergebrochen wären das hierzulande dann zwischen 2,5 und 5,5 Mrd. Euro an Migrationskosten. Selbst wenn man das um die Kosten der „echten“ Kriegsflüchtlinge (das sind je nach Szenario 20 bis 40 Prozent der Ankommenden) reduziert, sind die, die die ungeregelte Einreise von Wirtschaftsmigranten verursacht, noch immer deutlich höher als die, die durch die in Notwehr errichteten innereuropäischen Grenzzäune entstehen. In Wahrheit muss man die beiden Schadenspositionen ohnehin addieren. Die ungeregelte Einreise von Wirtschaftsmigranten und die Wiedererrichtung von innereuropäischen Grenzbarrieren haben ja eine gemeinsame Ursache: das 98 Versagen der Schengen-Länder bei der Sicherung der gemeinsamen Außengrenze, die eine Grundbedingung für offene Binnengrenzen ist. Dieses Versagen liegt zwar durchaus auf einer Linie mit dem Zustand anderer Europa-Vereinbarungen – von Dublin bis Maastricht. Aber wenn hier nicht sehr schnell eine Umkehr gelingt, dann kann man das gemeinsame Europa gleich begraben. Traurig, dass man nicht den Eindruck hat, dass das schon tief genug ins Bewusstsein der wichtigeren westeuropäischen Staatskanzleien vorgedrungen ist. ---------------------------18.2.2016 Erdogan, sein Sohn und das große Geld Bilal (links) neben Vater Recep Tayyip Erdogan und Mama Emine Bilal Erdogan gerät ins Visier italienischer Fahnder: Er soll Geld in Italien waschen. Bilal Erdogan, der Sohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, lebt zurzeit in Bologna. Dort wird jetzt gegen ihn wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt. Der 35-jährige Bilal ist der jüngere von zwei Erdogan-Söhnen, studierte in den USA und arbeitete unter anderem bei der Weltbank. In Istanbul betätigte er sich als Geschäftsmann und als Vizepräsident der Stiftung Türgev, die sich um die Bildung islamisch-frommer Schülerinnen und Studentinnen kümmert. Im vergangenen Jahr zog er nach Italien, um an der JohnsHopkins-Universität in Bologna seinen Doktor im Fach Internationale Beziehungen zu machen. Türkische Regierungsgegner mutmaßten damals, Bilal sei vor einer möglichen Strafverfolgung geflohen. Hakan Uzan, ein türkischer Unternehmer, dessen Bruder Cem einst mit einer rechtspopulistischen Partei zum Konkurrenten Erdogans wurde und anschließend ins Ausland floh, alarmierte nach Bilals Umzug die italienische Staatsanwaltschaft: Der Präsidentensohn habe große Summen Geld undeklariert nach Italien gebracht. Da die Uzans dem türkischen Präsidenten eine politisch motivierte Hexenjagd auf ihre Familie vorwerfen, steht hinter ihrer Anzeige möglicherweise nicht nur der brennende Wunsch nach Gerechtigkeit. Dennoch ermittelt die italienische Justiz. 30 Millionen Euro Es ist nicht das erste Mal, dass Bilals Name im Zusammenhang mit illegalen finanziellen Machenschaften genannt wird. Vor gut zwei Jahren tauchten Telefonmitschnitte im Internet auf, die von der Opposition als Beweis gewertet wurden, dass Bilal seinem Vater half, angehäufte Millionensummen vor der Staatsanwaltschaft zu verstecken. "Da sind noch 30 99 Millionen Euro", soll Bilal gesagt haben, nachdem er einen ganzen Tag damit zugebracht hatte, Bargeld aus dem Haus zu schaffen. Erdogan wies die Mitschnitte als Manipulationen und Teil einer Verschwörung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zurück. Doch das blieb nicht der einzige Vorwurf gegen Bilal. Die türkische Regierung bestätigte vor zwei Jahren den Eingang einer Spende von fast 100 Millionen Dollar bei Bilals Stiftung Türgev. Woher das Geld stammte, konnte nicht aufgeklärt werden, die Opposition sprach von Korruption. Bilal Erdogan wurde auch im Zusammenhang mit dem saudischen Unternehmer Yasin alKadi genannt, der in den USA wegen angeblicher Nähe zu Al Kaida als "Terrorist" gilt. Istanbuler Ermittler luden Bilal Erdogan wegen seiner Kontakte zu Al-Kadi zum Verhör – doch dann wurden die Staatsanwälte auf Druck der Regierung Erdogan abgelöst. Auch über eine Verwicklung Bilals in den illegalen Ölhandel des Islamischen Staates (IS) wurde spekuliert. Die russische Regierung beschuldigte Erdogan und dessen Familie, am Export von IS-Öl mitzuverdienen. Handfeste Beweise wurden jedoch nie vorgelegt. ---------------------------------18.2.2016 Wie sich Araber in Bosnien einkaufen Investoren aus den Golfstaaten und Saudiarabien lassen Häuser und Ferienanlagen in Zentralbosnien bauen. Die Einwohner fürchten den radikalen wahhabitischen Einfluss. Eine Reportage. Sarajewo. Weitläufige Parks durchziehen das Gelände. Im Sommer fahren Fiaker entlang einer von alten Bäumen gesäumten Allee hin zur Quelle des Bosnaflusses, wo am Rande des Igman-Bergmassivs das Wasser aus dem Gestein sprudelt und einen Fluss bildet. Mehmed Alicehajic liebt diesen Ort: Ilidža vor den Toren Sarajewos. Bei Wanderungen durch die fast unberührten Wälder „kannst du jetzt aber Überraschungen erleben“, sagt der 82-jährige ehemalige Germanistikprofessor. Kamen im 19. Jahrhundert die Damen und Herren aus Wien und Budapest in die Hotels und Kuranlagen, sind es nun vornehmlich arabische Familien. Die nach dem letzten Krieg renovierten Kurhotels, wie das Hotel Hungaria oder Bosna sind seit Jahren mit Touristen aus den Golfstaaten und aus Saudiarabien ausgebucht, zumal die traditionellen Sommerfrischen in Syrien und dem Libanon seit dem Krieg unsicher geworden sind. Mit Zuwachsraten von bis zu 30 Prozent ist Bosnien und Herzegowina zum Touristenland geworden. 100 Jannah lautet das arabische Wort für Paradies. „Jannah“, rief auch der Großinvestor Ismail Ahmed von der Firma Buroj Property Development aus Dubai aus, als er im Hochplateau von Dejčići die Aussicht auf das von Schnee bedeckte Massiv des Treskavica genoss. Seine Firma hat das Hochplateau gekauft und will 2,2 Milliarden Euro in das Projekt stecken. Eine für Bosnien nahezu unvorstellbare Dimension. Hier sollen 2000 Villen, 60 Hotels, 186 Mehrfamilienhäuser, ein Krankenhaus, Einkaufszentren und Restaurants entstehen. Die Investition wird sich nach dem Kalkül der Firma rechnen, denn die Baupreise in Bosnien sind niedrig. Zement und Baumaterialien werden im Land produziert. Die Firma rechnet mit einem Drittel der Baukosten im Vergleich zu Projekten in der Heimat. Schon im April soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Auch andere arabische Firmen sind in Zentralbosnien aktiv. Während die Superreichen aus den Golfstaaten in London investieren und den Sommer in Chalets in Kitzbühel oder der Schweiz verbringen, ist es hier eher die Mittelschicht, die nach preiswerteren Alternativen sucht. Typisch gemischte Dörfer Die von Schnee und Eis bedeckte Straße schlängelt sich den Berghang zum Dorf Osjenik hinauf. Unten im Tal ist noch der Ort Pazarić zu erkennen. Bereits von den ersten Häusern des Dorfes aus bietet sich ein einmaliger Blick auf die umliegende Bergwelt. Auf dem Bjelašnica-Massiv locken die 1984 angelegten olympischen Pisten noch täglich Tausende Skifahrer an. Der ehemalige Professor Alicehajic deutet auf den muslimischen Friedhof, anschließend auf den christlichen Friedhof mit den eingravierten Bildern der Verstorbenen auf den Grabsteinen. Die Moschee und die Kirche verraten, dass dieses Dorf zu den für Zentralbosnien typischen gemischten Dörfern gehört, in denen seit Jahrhunderten Menschen verschiedener Religionen zusammenleben. Nach wenigen Hundert Metern ist die Hochebene erreicht. Zweistöckige Mehrfamilienhäuser umschließen ein Terrain, wo ein künstlicher See angelegt werden soll. Darauf weist das am Eingang zum Gelände angebrachte Schild hin, auf dem die geplante Anlage der aus Kuwait stammenden Firma Gulf.doo grafisch dargestellt ist. Manche der Häuser sind erst halb fertig, daneben werden von Baggern Gruben ausgehoben. Überall wird gearbeitet. Es wird ein Einkaufszentrum geben, eine Moschee, Restaurants und Cafés. Betreten darf man das Gelände noch nicht. Immerhin lässt der bosnische Wachmann durchblicken, dass schon im Sommer die ersten Touristen kommen sollen. In den 160 Häusern werden mehr als 1000 Touristen aus den Golfstaaten und Saudiarabien ihren Urlaub verbringen können. Viele Männer aus der Region hätten jetzt Arbeit, ungelernte Hilfsarbeiter bekämen zwar nur umgerechnet 15 Euro am Tag, aber „besser, als arbeitslos herumzuhängen“, sagt Alicehajic. Der frühere Professor ist ein Teil der Raja, der traditionsbe101 wussten Bildungsschicht aus dem multinationalen Sarajewo. Religiös sei er nicht, sagt der Bosniake. Er fürchte aber um den Bestand des traditionellen, toleranten bosnischen Islam. „Wahhabismus und Salafismus gehören nicht hierher“, grummelt er. „Was bedeutet dieser radikale arabische Islam für die muslimische Dorfbevölkerung? Nicht zu sprechen von den Christen“, kritisiert er. Die Investoren hätten das Land von der Gemeinde gekauft, denn nach dem Krieg und der Unabhängigkeit fiel das im sozialistischen Jugoslawien staatliche Land in den Besitz der Gemeinden in Bosnien und Herzegowina, erzählt Alicehajic. „Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Korruption das bei Bürgermeistern und politischen Parteien nach sich zieht. Und die Wahhabiten werden versuchen, die muslimischen Politiker auf ihre Seite zu ziehen.“ Nach dem Ausflug auf das Plateau kehrt er in ein Restaurant in Pazarić ein, auf dem Tisch vor ihm stehen Bohnensuppe, Kräutertee und der Birnenschnaps Kruska. Der rundliche Besitzer des Lokals hat Alicehajic' Thesen zugehört. „Moment, so einfach ist das nicht. Die Araber haben im letzten Sommer viel Geld ausgegeben“, sagt er. Er baue das Restaurant jetzt aus, im Sommer sollen Dutzende Gäste draußen am Bach sitzen können. Geld komme nun in die Region, allen werde es besser gehen. Aber darf er dann noch Alkohol ausschenken? „Ach was, die arabischen Gäste haben letzten Sommer schon viel Wein, Bier und Schnaps getrunken, bei uns ist das erlaubt. Die freuen sich über unsere bosnisch-muslimische Lebensweise.“ Plakate auf Arabisch Im Zentrum Ilidžas ist eine neue Welt entstanden. Die arabischen Immobilienfirmen, die sich um das nach dem Jugoslawien-Krieg gebaute Hotel Hollywood herum angesiedelt haben, preisen ihre Objekte auf Arabisch an. In der Cafeteria des Hotels sitzen bei Tee und Softdrinks mehrere Gruppen von Männern, Araber und Bosnier, eng zusammen und wälzen Papiere. Auch Emir möchte mit den Arabern verhandeln. Der junge Bosnier aus Mostar hat sich einen Bart wachsen lassen. Er will mit den großen arabischen Investoren über die Lieferung von Fleisch verhandeln. „Die Lebensmittel für die Araber müssen halal sein, argentinisches Fleisch können wir denen nicht liefern.“ Hat sich Emir nur aus Geschäftsinteresse einen Bart wachsen lassen? Oder geht er wirklich in Richtung des „Neuen Islam“? Alicehajic ist sich unschlüssig. Emir zeigt sich bereit, über Glaubensfragen zu diskutieren, kritisiert die oberflächliche Konsumwelt des Westens: „Nur Partymachen ist langweilig.“ Emirs Auftreten gefällt einer Begleiterin, einer bosnischen Muslima, jedoch gar nicht. „Er wollte mir als Frau nicht die Hand geben, wir sind doch nicht in Arabien“, zeigt sie sich brüskiert. „Fehlt noch, dass sie von uns bosnischen Frauen fordern, uns zu verschleiern.“ 102 18.2.2016 Die EU ist tot 80 Jahre beklagten Tiroler dies- und jenseits der Staatsgrenzen diese unselige Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg – jetzt könnte die Forderung nach Wieder-Aufnahme der Grenzkontrollen sogar Wählerstimmen bringen Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Die Idee, die Zersplitterung Europas durch ein Vehikel wie die Europäische Union zu überwinden, steht vor dem Scheitern. Nein: Sie ist bereits gescheitert. Nachdem Schengen de facto zu Grabe getragen ist, kommt jetzt die PersonenFreizügigkeit dran. Sie wird den Briten geopfert, um sie doch noch zum Bleiben in der EU zu bewegen (auch wenn dieses Opfer nichts mehr nützen wird – David Cameron wird den Zug, den er da in Bewegung gesetzt hat, nicht mehr aufhalten können und so als Totengräber nicht nur der EU sondern auch der britischen Wirtschaft in die Geschichte eingehen). Und Populisten aller Ländern werden die Gelegenheit begeistert nutzen, auch den Zuwanderern im eigenen Land das Leben zu vergällen – die entsprechende Diskussion in Österreich läuft ja bereits (und dass sie ausgerechnet von einem Arbeiterkammer-Funktionär angestoßen wurde, verringert die Hoffnung, es könnte doch noch anders laufen, weiter). Nun ist Schengen nicht die Substanz der Union, es ist ein Zusatz-Abkommen, das nie von allen EU-Mitgliedern getragen wurde. Aber Schengen ist ein Symbol. Ein Symbol dafür, dass Europa die Aufhebung der nationalen Grenzen ernst meint. Ein Symbol, das in die Richtung endgültiger Reduktion von Staatsgrenzen auf bloße Verwaltungsgrenzen gewiesen hat. Letztlich eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sich der Staatenbund namens EU einmal doch in Richtung Bundesstaat nach Vorbild der USA entwickeln könnte. Mehr als ein Symbol Mit der Personenfreizügigkeit ist es etwas anderes: Sie ist nicht bloß ein Symbol, sondern eine der Säulen der europäischen Einigung, gleichwertig mit der Freizügigkeit von Waren und Kapital. Wenn diese Säule gekappt wird, ist es nur eine Frage relativ kurzer Zeit, bis auch die anderen Säulen kippen. Daher werden auch die, die eigentlich immer schon ein lockeres Handelsbündnis anstelle der EU wollten (also z.B. die Briten oder die aktuellen Regierungsparteien in Ungarn oder Polen) am Ende durch die Finger schauen. Ein Binnenmarkt zwischen 28 Staaten kann auf Dauer nur funktionieren, wenn man sich auf eine Gerichtsinstanz einigt, die im Streitfall das letzte Wort hat. Da hat sich der Europäische Gerichtshof in den letzten 60 Jahren bestens bewährt, aber an seiner Demontage wird von allen Seiten gearbeitet. Jeder österreichische Versuch, den Transitverkehr einseitig zu begrenzen, jedes zweite Gesetz in Ungarn – und zuletzt die Mautpläne des Integrations-Musterschülers Deutschland – ist ein klarer Verstoß gegen den Geist (und zumeist auch gegen den Buchstaben) europäischen Rechts. 103 Europa hat sich als Gemeinschaft des Rechts definiert. Aber eine solche Gemeinschaft kann nur funktionieren, solange der Konsens besteht, dieses Recht auch zu achten – schon vorweg, nicht erst, wenn man durch ein Urteil dazu gezwungen wird. Was von der EU, die wohl noch einige Zeit weiter bestehen wird, übrigbleiben wird, ist also zunächst ein multilateraler Freihandelsvertrag und dann – wenn dieser über eine Serie von Fouls und Revanchefouls zerfallen ist – eine Art multilateraler Nichtangriffspakt. Und wie lange Nichtangriffspakete in Europa halten, lässt sich in den Geschichtsbüchern des 20. Jahrhunderts nachlesen. Gegen die Geschichtslüge Europa ist also tot. Was uns noch bleibt ist, die Geschichtslüge zu bekämpfen, die sich bereits klammheimlich auf den Weg in die Schulbücher gemacht hat: Europa ist nicht am Ansturm einiger Millionen Flüchtlinge gescheitert – mit gutem Willen und Zusammenhalt wäre die Aufnahme und auch Integration von Fremden, die nicht einmal einem Prozent der europäischen Bevölkerung entsprechen, kein Problem gewesen. Gescheitert ist Europa am Rechtspopulismus, der die latente Fremdenfeindlichkeit, die es in allen Staaten immer schon gegeben hat, ausnützt, um mehr Einfluss zu gewinnen, an der Dummheit seiner Regierungen, die noch immer glauben, der Siegeszug rechtspopulistischer Parteien ließe sich aufhalten, indem man ihre Forderungen in vorauseilendem Gehorsam erfüllt (das Gegenteil ist der Fall), und an der Indifferenz derer, die es eigentlich besser wüssten. Ein gepflegter Außenfeind war immer schon ein beliebtes Muster, um von eigenen Fehlern abzulenken, und wir haben es zugelassen, dass die EU mehr und mehr in die Rolle eines solchen Außenfeindes gedrängt wurde, weil sich die nationalen Regierungen mehr und mehr als unfähig erwiesen, die steigenden sozialen und verteilungspolitischen Probleme im eigenen Land zu lösen. Und dieselben Politiker, die in Brüssel mit aller Macht verhindern, dass die europäischen Institutionen mehr Kompetenzen bekommen, beklagen dann daheim wortreich, dass die EU an der Lösung europäischer Probleme scheitert. Konkret in Sachen Flüchtlingspolitik: Den ersten Anlauf der EU zu einer gemeinsamen Asylpolitik hat – unter Schwarz-Blau – auch Österreich verhindert. Und jetzt, wo auch der Dümmste einsehen muss, dass eine gemeinsame Asylpolitik Europas auch im nationalen Interesse Österreichs wäre, beklagen die an dieser Verhinderung beteiligten Parteien, dass die EU nicht in der Lage ist, das Problem zu lösen – und nehmen das als Rechtfertigung für weitere nationale Alleingänge. Sie ignorieren die leicht fassliche Tatsache, dass es in einem wirtschaftlich und gesellschaftlich so eng verflochtenen Europa kaum noch nationale Interessen gibt. Und sei es bloß über die simple Anwendung des alten Grundsatzes: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Konkret z.B. auf die Flüchtlingsfrage angewandt: Was der eigenen Bevölkerung nicht zuzumuten ist, das sollte man auch dem Nachbarn nicht zumuten. Grenzkontrollen an Schengen-Grenzen sind daher nicht nur in sich widersinnig, sie verlagern das Problem bestenfalls in den Nachbarstaat, statt es zu lösen. Es lebe die Brennergrenze 80 Jahre beklagten Tiroler dies- und jenseits der Staatsgrenzen diese unselige Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg – bis sich diese Grenze durch Schengen praktisch in Luft auflöste. Und jetzt hoffen pseudo-patriotische Lokalpolitiker in Tirol auf Wählerstimmen, wenn sie genau an dieser Grenze wieder neue Kontrollen fordern. Hinter all diesen Problemen steht natürlich, dass wir es verabsäumt haben, die EU mit den für ihr Einigungswerk nötigen Kompetenzen auszustatten. Wir haben eine 104 europäische „Regierung“, die nicht nach Kompetenz sondern nach dem Prinzip „Jedem Land sein Kommissar“ zusammengesetzt ist, wir haben eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik (dafür aber mit Bailout-Verbot), und das viel beklagte Demokratiedefizit der EU ist vor allem darauf zurückzuführen, dass letztlich nicht das direkt gewählte Europäische Parlament das Sagen hat, sondern eine sich als Versammlung von Staatsmännern (gut, ein paar Frauen sind auch meist dabei) gebärdende Landeshauptleutekonferenz, die bei jedem europäischen Beschluss vor allem die Wählerstimmen im eigenen Dorf vor Augen hat. Dass das nicht funktionieren kann, hätten wir wissen müssen. Nein: Wir haben es gewusst. Aber wir haben es hingenommen, weil mehr halt auf die Schnelle nicht erreichbar war, und weil wir in den 60 Jahren europäischer Einigung gelernt haben, dass es trotz mangelnder Voraussetzungen halt immer doch irgendwie geht. Über weite Strecken hat dort, wo nationale Eifersüchteleien echte europäische Lösungen verhinderten, der EuGH in Eigenregie die europäische Sache vorangebracht, indem er dort, wo nationale Eifersüchteleien gemeinsame Regelungen verhinderten, im Zweifelsfall für die europäische Idee und gegen nationale Einzelinteressen entschied. Hätte der EuGH nicht in Sachen „Cassis de Dijon“ entschieden, dass ein Johannisbeerlikör aus Frankreich in Deutschland auch dann verkauft werden darf, wenn er nach dortigem Recht zu wenig Alkohol enthält, dann hätte es in Europa nie einen Binnenmarkt gegeben. Diesmal ist es anders: Bisher haben die unzähligen Stolpersteine auf dem Weg das Einigungswerk zwar verzögert, aber nie gab es echte Rückschritte, nie wurde eine bereits erreichte und implementierte Errungenschaft wieder zurückgenommen oder auch nur aufgeweicht. Mit der Außerkraftsetzung von Schengen und der Aushöhlung der Personenfreizügigkeit kommt es jetzt zu einer Schubumkehr. Und die führt, wie wir wissen, zum Absturz. Von den Bienenzüchtern lernen Falls es je zu einem weiteren Anlauf für die europäische Einigung kommen sollte, wissen wir jedenfalls: Sie kann nur funktionieren, wenn der Einfluss der einzelnen Staaten auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt wird. Und sie scheitert jedenfalls, wenn – in welcher Frage auch immer – Einstimmigkeit gefordert wird. Jeder Bienenzüchterverein weiß, dass man für eine Änderung der Statuten eine qualifizierte Mehrheit, aber keinesfalls Einstimmigkeit vorschreiben darf. Denn das führt nicht zu Einigkeit, sondern zu Erpressung der Mehrheit durch eine Minderheit. Die USA – der einzige Fall, in dem die friedliche Zusammenführung mehrerer Staaten zu einem Ganzen tatsächlich funktioniert hat – haben das von Anfang an berücksichtigt: Die US-Verfassung zu ändern ist unendlich mühsam (das verhindert, dass z.B. Taxikonzessionen dort festgeschrieben werden können), aber es ist auch gegen die Stimmen einzelner Bundesstaaten möglich. Es wird nicht leichter Die EU war sicher nicht der letzte Versuch, zu einer europäischen Einigung zu kommen. Dafür steht zu viel auf dem Spiel, und der alte Kontinent ist im Vergleich zum Rest der Welt bereits viel zu klein und unbedeutend geworden, um seine Zersplitterung in 30, 40 oder 50 Staaten länger aufrecht erhalten zu können. Aber der nächste Versuch wird zweifellos noch schwieriger als der, den wir fast schon hinter uns haben. Auch die deutsche Einigung ist im 19. Jahrhundert nicht im ersten Anlauf geglückt, als ab 1848 in der Frankfurter Paulskirche eine Versammlung von Delegierten aller deutscher 105 Staaten in mühevollen Verhandlungen, aber friedlich, ein gemeinsames Regelwerk für ein größeres Deutschland aushandelte. Gelungen ist sie erst 1871 – und erst nachdem einander die beiden deutschen Großmächte Österreich und Preußen die Schädel eingeschlagen hatten und Österreich bei dieser Einigung außen vor bleiben musste. Wollen wir hoffen, dass uns wenigstens das erspart bleibt ----------------------------------- Europa droht Talfahrt ins Chaos Tatsächlich ist die Gefahr groß, dass sich das Leben in Europa grundlegend zum Schlechteren verändert. Die EU, die Frieden und Wohlstand sichern sollte, bröckelt: Die EU-Spitzenpolitiker erwarten offenbar immer noch, dass die Migrationskrise einfach von selbst vorübergeht. Und in Großbritannien versucht ein weitgehend hilfloser Premier David Cameron die katastrophale Lage um sein EU-Referendum, die er selbst verursacht hat, unter Kontrolle zu bringen. In völliger Verkennung der Tatsachen bauen die Regierungen vieler EU-Staaten Grenzzäune. Sie führen Grenzkontrollen innerhalb der EU wieder ein oder planen dies, wie die österreichische Regierung am Brenner und einigen weiteren Grenzübergängen im Süden und Osten. Dass damit Schengen, der Binnenmarkt und das Rückgrat der Wirtschaft in Form der KMU den Bach hinuntergehen, wird ganz offenbar billigend hingenommen. Die EU ist tot Schon heute beträgt der Schaden für die Transportwirtschaft laut WKÖ rund 2,5 Millionen € am Tag. Sollten die Grenzkontrollen ausgeweitet werden, wären die Kosten nur für den Warenverkehr zwischen 1,2 und 2,5 Milliarden € pro Jahr anzusiedeln. Österreichische KMU, die „just in time“ etwa nach Deutschland zuliefern, wären die Aufträge über kurz oder lang los. Die in Westösterreich wichtigen Tagestouristen meiden Österreich längst. Die Auswirkungen wären völlig unabsehbar, die wirtschaftliche Talfahrt wäre nicht aufzuhalten. Und auch die Debatte um die Zugeständnisse an Großbritannien, um dessen Verbleib in der EU zu sichern, geht an der Realität vorbei. Der für den EU-Gipfel geplante Deal hat keine Auswirkung auf das Abstimmungsverhalten am 23. Juni. Je nach Umfrage ist eine knappe Mehrheit der Briten für oder gegen die EU. Längst schaudert es sie vor den Flüchtlingsströmen aus Nahost, die sie bisher gar nicht gröber treffen. Und dennoch: Der EU-Gipfel soll nur der Bestandsaufnahme der bisherigen – erfolglosen – Flüchtlingspolitik dienen. Wann wachen die EU-Spitzenpolitiker endlich auf? Da sind die Osteuropäer, die massiv von EU-Hilfen profitieren, ebenso gefragt wie die störrischen Franzosen und die Regierung in Wien. Wenn sie nicht beginnen, konstruktiv zusammenzuarbeiten, die Zuwanderer nach fairen Quoten aufzuteilen und die Außengrenzen – auch mithilfe der Türkei – effektiv zu schützen, dann droht das Chaos. Die EU-Feinde vom französischen Front National und seine Verbündeten wie die FPÖ sind schon voll fiebriger Vorfreude. ---------------------------106 Brexit heikles Thema bei EU-GipfelLösung unmöglich? Warum es so schwer ist, Großbritannien in der EU zu halten 18.2.2016 Es geht um nicht weniger als die Zukunft der Europäischen Union beim Gipfel in Brüssel. Neben der Flüchtlingskrise ist das Hauptthema des EU-Gipfels, ob man auf Großbritannien zugeht und das Land so in der EU bleibt – oder nicht. Die Mitgliedsländer, aber auch Premier David Cameron, stehen vor einer Aufgabe, die kaum lösbar scheint. David Cameron beteuert gerne, keine romantische Beziehung zur EU zu unterhalten. Das würde auf dem Kontinent auch niemand von ihm verlangen. Dass aber die britische EUPolitik nach seiner fast sechsjährigen Amtszeit in Scherben liegt, ist etwas Anderes. Mit dem Countdown zu einem Referendum, das Cameron selber nicht wollte, zu dem ihn vielmehr die Euroskeptiker inner- und außerhalb seiner Partei gezwungen haben, bricht vielleicht das letzte Kapitel einer komplizierten Zweckehe an. Europa in seiner größten Krise - und Großbritannien raubt die Energie mit Befindlichkeiten Zum EU-Gipfel in dieser Woche liegen Londoner Reformforderungen vor, gentlemanlike als Vorschläge bezeichnet. Das Timing könnte kaum schlechter sein. Wirtschafts- und Finanzkrise, Gefechte in der Ost-Ukraine, Syrien in Flammen und seit letztem Jahr die größte Flüchtlingsbewegung seit Ende des Zweiten Weltkrieges: Die Gemeinschaft hat nach innen wie außen die schwerste Bewährungsprobe ihrer Geschichte zu bewältigen. Welchen Beitrag leistet dabei jetzt das Vereinigte Königreich? Es zwingt dem Rest der EU eine Diskussion über britische Befindlichkeiten auf, die Zeit und Energie von der Bewältigung echter Krisen abzieht. Manche britischen Forderungen sind durchaus sinnvoll Geradezu tragisch dabei ist, dass viele britische Forderungen auf tatsächlich notwendige Reformen abzielen. Die Vollendung des Binnenmarktes ist längst überfällig, scheitert aber allzu oft an nationalen Egoismen. Nur durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wird es gelingen, das Versprechen auf beste Lebenschancen auch in Zukunft einlösen. Die Vorschläge zum Verhältnis zwischen Euro- und Nicht-Euro-Ländern sind ebenfalls sinnvoll: Aus liberaler Sicht ist es selbstverständlich, dass die Eurozone ihre Regeln den anderen nicht aufzwingen oder sie zur Haftung heranziehen darf. Umgekehrt muss ausgeschlossen sein, dass Nicht-Euro-Länder ein faktisches Veto-Recht über Entscheidungen im gemeinsamen Währungsraum erhalten. Geschichte zu bewältigen.Welchen Beitrag leistet dabei jetzt das Vereinigte Königreich? Es zwingt dem Rest der EU eine Diskussion über britische Befindlichkeiten auf, die Zeit und Energie von der Bewältigung echter Krisen abzieht. 107 Ein Veto-Recht für nationale Parlamente ist unsinnig Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten ermöglicht politischen Fortschritt, zeitliche Flexibilität und Rücksichtnahme auf nationale Gegebenheiten. Ein Veto-Recht für nationale Parlamente aber ist unsinnig, da die Zahl der Veto-Akteure im EU-Gesetzgebungsverfahren schon heute viel zu hoch ist. Nationale Parlamente müssen entscheiden, wie eng sie ihre jeweilige Regierung an die Kandare nehmen wollen, für eine direkte Beeinflussung von Prozessen auf EU-Ebene fehlt es ihnen an Kenntnissen und Kompetenz - und den einzelnen Abgeordneten oft auch einfach an Zeit. Ein Vorschlag enthält echten Sprengstoff Echten Sprengstoff enthält der Vorschlag, Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern erst nach vierjähriger Beschäftigung die Vergünstigungen zu gewähren, die ihren britischen Kollegen zustehen. Die "Migrations-Notbremse" richtet sich nämlich nicht zuerst gegen arbeitslose Einwanderer, die ohne Vorleistungen das britische Sozialsystem in Anspruch nehmen wollen. Sie wendet sich vielmehr gegen Menschen in Lohn und Brot, die dieselben Steuern und Abgaben zahlen wie Briten im gleichen Arbeitsverhältnis. Das ist Diskriminierung und daher mit EU-Recht unvereinbar. Ein solcher Beschluss wäre ein fatales Signal Politisch wäre ein solcher Beschluss des Rates ein ebenso widersprüchliches wie fatales Signal. Widersprüchlich, denn die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine der vier Säulen des europäischen Binnenmarktes, den Cameron ja gerade vollenden will. Fatal, weil Zugeständnisse in diesem Bereich die Büchse der Pandora öffnen würden. Polen könnte vielleicht eine Notbremse gegen deutsche Handelsunternehmen verlangen, die von der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt profitieren. Frankreich sieht den freien Kapitalverkehr ohnehin skeptisch, und Italien könnte den freien Warenverkehr einschränken wollen mit einer Notbremse gegen Autoimporte. Der Binnenmarkt, eine der wichtigsten Quellen des Wohlstands in Deutschland und Europa, wäre am Ende. Cameron und die EU stehen vor der Quadratur des Kreises Cameron und die EU stehen somit vor der Quadratur des Kreises. Als Liberale wollen wir das Mutterland des Liberalismus in der EU halten – aber nicht um den Preis der Zerstörung des Binnenmarktes. Die Abkehr von der Arbeitnehmerfreizügigkeit wäre so folgenschwer, dass der Rest der EU, Deutschland zumal, ihr nicht zustimmen kann. Zugleich geht selbst diese Idee den anti-europäischen Hardlinern auf der Insel nicht weit genug. Die britische Presse verhöhnt den Forderungskatalog bereits als "Farce" und "Witz". Dennoch sollten die anderen Europäer alles daran setzen, die Briten vom Verbleib zu überzeugen. Mit Großbritannien in der EU schlägt der Kompass marktwirtschaftlicher aus, die europäische Stimme in den internationalen Beziehungen hat mehr Gewicht, der Freihandel einen starken Anwalt. 108 Es braucht eine flexiblere Union mehrerer Geschwindigkeiten Wie auch immer sich die Briten am Ende entscheiden, die Arbeit an einer flexibleren Union mehrerer Geschwindigkeiten wird immer dringender. Eine solche EU, in der Franzosen, Deutsche und Belgier sich genau so wiederfinden wie Briten, Tschechen und Dänen, strahlt kaum Romantik aus, aber viel Pragmatismus – das sollte auch nach dem Gusto von David Cameron sein. --------------------------19.2.2016 "Großbritannien wird niemals Teil eines EU-Superstaates" Nach dem Marathon-Gipfel in Brüssel präsentiert sich David Cameron als Sieger. David Cameron auf der Abschluss-PK nach dem EU-Gipfel: Der britische Premier fühlt sich als Sieger. Doch seine eigentliche Arbeit fängt jetzt erst an Die Regierungschefs mussten ihre Hotelbuchungen verlängern, aus einem eigentlich geplanten englischen Frühstück wurde ein englisches Dinner. Die polnische Regierung grätschte in die Gipfelplanung, dann setzte Griechenlands Premier Alexis Tsipras seinen Amtskollegen vorübergehend die Pistole auf die Brust. Und der britische Premier David Cameron selbst drohte mehrfach damit, das Treffen zu verlassen, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden. Der sogenannte Brexit-Rat, bei dem Großbritannien mit den anderen EU-Staaten einen Deal für das bevorstehende Referendum aushandeln wollte, war an Dramen nicht arm. Doch wie hoch ist der Preis, den die Europäer dafür zahlen mussten? "Ich glaube, dass wir Großbritannien nicht zu viel gegeben haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Abschluss der Marathonverhandlungen. Die "Welt" beantwortet die wichtigsten Fragen: Kommt die europäische Integration jetzt zum Stillstand? Cameron sagt, sein Land habe die politische Union noch nie gemocht noch gewollt. "Großbritannien wird niemals Teil eines europäischen Superstaats werden", erklärte er nach der Einigung in der Nacht zum Samstag. EU - Experte warnt "Wir werden einen Zerfall der Europäischen Union haben" 109 Die britische Sonderrolle wird in dem Abkommen zementiert. Es wird darin festgehalten, dass sich Großbritannien nicht zu einer weiteren politischen Integration bekennt. Darüber hinaus steht in dem Vertragswerk, dass das Ziel einer "immer engeren Union" keine "Rechtsbasis" für weitere EU-Integrationsschritte darstellen solle. Die Möglichkeit anderer Mitgliedstaaten, künftig enger zusammenzuarbeiten, wird damit allerdings nicht begrenzt. So wird ausdrücklich festgehalten, dass sich etwa die Staaten in der Euro-Zone das Recht beibehalten, künftig noch enger zu kooperieren. "Ich gehöre zu denen, die dafür sind, dass die Integration voranschreitet in der Europäischen Union", sagte Merkel. Großbritannien wird künftig mehr Mitspracherechte in Angelegenheiten der Euro-Zone haben. So soll ein Land etwa beantragen dürfen, dass Entscheidungen auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat besprochen werden. Welche Auswirkungen hat der Deal auf die Euro-Zone? Eine Schwächung der Euro-Zone sieht sie darin allerdings nicht, sagte Merkel. Sofern sich die Euro-Zone in einem Punkt einig sei, werde man das Anliegen auch durchsetzen können. "Es ist mehr eine Frage der Euro-Zone selber, als dass uns Großbritannien im Wege stehen würde." Welche Vorteile hat London nun als Finanzstandort? Cameron jubelt. Er habe sichergestellt, dass die Bank of England die Aufsicht über die Banken und Versicherungen des Landes behalte. Er stelle damit sicher, dass die Ersparnisse der Briten gesichert seien. Allerdings stellten die EU-Partner vor allem auf französischen Druck hin klar: Das dürfe nicht dazu führen, dass London als Finanzstandort einen Wettbewerbsvorteil erhalte. Zwar darf Großbritannien die Bankenaufsicht übernehmen, doch das müsse im Rahmen der geltenden, europäischen Regeln erfolgen. Die Formulierung erlaubt es zudem der Europäischen Union, sich noch mehr Kompetenzen anzueignen. Darauf hatte insbesondere Frankreich in den Verhandlungen hingewirkt. Auf Betreiben von Paris wurde etwa eine Formulierung gestrichen, wonach nur die bereits "existierenden" europäischen Regeln anzuwenden seien. Darf Großbritannien jetzt die Sozialleistungen kürzen? Camerons zentrales Anliegen war es, der Zuwanderung aus anderen EULändern Grenzen setzen zu können. Und er beansprucht dabei einen vollen Erfolg für sich. Das Abkommen bereite der Idee ein Ende, wonach "Menschen in unser Land kommen und Geld ohne Gegenleistung" erhalten", erklärte er. Ich glaube, dass wir Großbritannien nicht zu viel gegeben haben Angela Merkel Bundeskanzlerin Cameron wird das Recht erhalten, eine Notbremse zu ziehen, und das sofort. In einem Zeitraum von sieben Jahren – Cameron hatte 13 gefordert – kann er Sozialleistungen für EU-Arbeitnehmer, die neu ins Land kommen, kappen. Vier Jahre sollen diese Arbeitnehmer geringeren Anspruch auf Sozialleistungen haben. 110 Darüber hinaus wird Großbritannien das Recht erhalten, beim Kindergeld zu kürzen. So soll die Höhe des Kindergelds, das die britische Regierung ausbezahlt, an den Lebensstandard des Landes angepasst werden, in dem die Kinder leben. Für ein Kind in Rumänien etwa müsste die Regierung weniger überweisen als für ein Kind, das in Großbritannien lebt. Ab 2020 können auch die anderen EU-Staaten diese Regelung anwenden. Führt das zu generellen Kürzungen in Europa? Die Notbremse ist ganz speziell auf die Situation in Großbritannien maßgeschneidert. Weil die Briten 2004 nach der EU-Osterweiterung ihren Arbeitsmarkt öffneten – im Gegensatz etwa zu Deutschland – betrachtet die EU-Kommission das Königreich in einer "exzeptionellen Situation". Daher darf London die Notbremse sofort umsetzen. Für die meisten anderen Länder, Deutschland eingeschlossen, gilt das aber nicht. Ich liebe Brüssel nicht, ich liebe Großbritannien David Cameron Britischer Premier Die Neuregelung für das Kindergeld allerdings können alle Staaten anwenden. Und sie werden damit auch liebäugeln. So kündigte bereits die dänische Regierung an, dass sie durchaus Interesse daran hätte. Und auch Merkel möchte das Thema in Berlin auf den Tisch bringen. "Auch Deutschland kann davon Gebrauch machen, das kann ich mir vorstellen", sagte sie. Es warte allerdings noch viel Arbeit auf alle Beteiligten. Die Vorschläge werden noch vom Europäischen Parlament in Rechtsakte gegossen werden müssen. Der EUAbgeordnete Elmar Brok (CDU) ruft die Regierung in London daher zu einer guten Zusammenarbeit auf. "Wir erwarten, dass die britische Regierung konstruktiv mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeitet", sagte er. Was bedeutet der Deal eigentlich für Cameron? Für den Briten fängt die wahre Schlacht jetzt erst an. Die Umfragen stehen fünfzigfünfzig, aber mindestens 25 Prozent der Wähler sind noch nicht entschieden. Die muss der Tory in den nächsten Monaten überzeugen. Zurück in London wird er am Samstag zuerst sein Kabinett versammeln. Während Cameron danach den Referendumstermin – voraussichtlich der 23. Juni – ausruft, werden einige seiner Minister sofort mit dem Wahlkampf für einen EU-Ausstieg beginnen. Deal hin, Deal her. 111 Camerons enger Freund, der Justizminister Michael Gove, beispielsweise hat sich bereits gegen den eigenen Boss gestellt und der "Leave"-Kampagne angeschlossen. Jetzt warten alle darauf, was Boris Johnson macht. Londons Bürgermeister, der auch im Kabinett sitzt, ist extrem populär und gilt deshalb als Schlüsselfigur. Und: Er schielt auf die Nachfolge Camerons. Daher ist seine Entscheidung für "In" oder "Out" weichenstellend. Bekennt er sich zu "Leave" und es gibt ein Nein zur EUMitgliedschaft, muss Cameron gehen – und Johnson kommt. --------------------------------------- Das Öl - Reich Norwegen befindet sich in der Mega-Krise _____________________________________________ 24. 2. 2016 Alarmierende Zahlen im TraumlandAbsturz eines Superstars: Norwegen profitiert vom Öl und gilt deswegen auch als sicherer Hafen für Investoren. Doch jetzt zeigen sich alarmierende Zahlen: Das Wachstum ist faktisch zum Erliegen gekommen, die Zahl der arbeitslosen Norweger so hoch wie lange nicht mehr. Die Regierung muss den Pensionsfonds des Landes anzapfen. Norwegen ist ein Land, in dem unablässig Öl fließt - und damit jede Menge Geld in die Kassen des Staates. Die Rohstoff-Industrie macht hier ein Fünftel der Wirtschaftsleistung aus. Mehr als 200.000 Arbeitsplätze hängen an der Branche. Doch seit dem Absturz der Ölpreise ist nichts mehr wie vorher. Während sich etwa deutsche Autofahrer über billiges Benzin freuen, ist die Krise der Branche für Zehntausende norwegische Arbeiter existenzbedrohend. Wird ihnen die Öl-Abhängigkeit zum Verhängnis? Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet auch für das kommende Jahr mit einem Überangebot an Rohöl auf dem Weltmarkt - dies ist eine der Botschaften einer Fachkonferenz in der US-Ölmetropole Houston. Gleichzeitig sieht sie einen drastischen Anstieg der Preise bis 2021. "Selbst wenn sich der Ölpreis bis zu einem gewissen Grad erholt, wird er nicht mehr auf das hohe Niveau von vor zwei Jahren zurückkehren", glaubt aber der Wirtschaftsprofessor Steinar Holden von der Universität Oslo. Geplante Projekte seien längst auf den Prüfstand gekommen, die Investitionen in Öl und Gas dramatisch gesunken. 30.000 Jobs weg, Arbeitslosenquote deutlich gestiegen, Wirtschaftswachstum erlahmt Der Ölmulti Statoil - zu 67 Prozent im Staatsbesitz - reagierte mit Kostenschnitten und Entlassungen. Über den Berg ist der Förderriese jedoch nicht. Vor Sonderposten verdiente er 2015 nur 19,5 Milliarden Kronen (2,05 Mrd Euro) - halb so viel wie im Vorjahr. Inklusive Sonderbelastungen machte der Konzern ein Minus von 37,3 Milliarden Kronen. Bis Ende 2016 sollen weitere Mitarbeiter und Berater gehen. Aber nicht nur die Ölindustrie ist betroffen - auch ihre Zulieferer kämpfen. Von den Bohrinseln über die Maschinenhersteller bis hin zu Hotels und Restaurants bekommen alle die Krise zu spüren - vor allem im Südwesten des Landes, um Stavanger, wo Statoil seinen Sitz hat. 112 Alarmierende Zahlen • • • Rund 30.000 Jobs sind nach Berechnungen des Finanzdienstleisters DNB Markets in dem Fünf-Millionen-Einwohner-Land schon weggefallen, seit der Ölpreis den Sinkflug angetreten hat. Es wird nicht damit gerechnet, dass sie nach der Krise wieder entstehen. Die Arbeitslosenquote in Norwegen ist seit Anfang 2015 von 3,8 auf 4,6 Prozent gestiegen. "Sie ist jetzt deutlich höher als während der globalen Finanzkrise", sagt Knut Anton Mork von der norwegischen Handelsbanken. "Das Wirtschaftswachstum ist zum Stehen gekommen." Regierung bedient sich an milliardenschwerem Pensionsfonds Die Regierung in Oslo versucht gegenzuhalten - auch mit niedrigeren Steuern. Sowohl Einkommen- als auch Unternehmensteuern sollen sinken, um die Wirtschaft auf Kurs zu bringen. Dafür bedient sich Norwegen auch aus dem umgerechnet 800 Milliarden Euro schweren Pensionsfonds, der sich aus den Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung speist. Auf Dauer muss aber eine andere Lösung her, mahnen Experten. "Es gibt schon eine Umstellung, und die wird durch die Tatsache begünstigt, dass die norwegische Krone sehr an Wert verloren hat", meint Forscher Holden. Davon profitiert etwa die Lachs-Industrie. Für viele Branchen ist es plötzlich einfacher, Arbeiter und Ingenieure zu finden, weil die einst so attraktive Ölindustrie nicht mehr lockt. Hoffnungsträger: Fischexport und Tourismus Hoffnungen ruhen neben dem Fischexport vor allem auf dem Tourismus. "Aber auch hier sind die Effekte zu gering, um die Schwäche in der Industrie rund um das Öl auszugleichen", erklärt Mork. Auf den Lachsfarmen sei die Anzahl der möglichen neuen Jobs begrenzt. Deshalb muss sich das Land langfristig nach anderen Wegen umsehen, attraktive Produkte zu schaffen, für die Menschen auf der ganzen Welt zahlen wollten. "Es ist schwierig vorauszusehen, welche Industrie in Zukunft in Norwegen erfolgreich sein wird. Was aber klar scheint, ist, dass die Zukunft eher auf menschlichen Einfallsreichtum als auf natürliche Ressourcen gegründet sein muss." "Norwegen ist immer noch teuer" Bis dahin stehen die Skandinavier auch vor Herausforderungen, die dem Öl-Reichtum geschuldet sind: Durch den Boom wurde Norwegen zu einem extrem teuren Land, jetzt ist das Kostenniveau ein Problem. "Selbst mit dem geringeren Wechselkurs ist Norwegen immer noch teuer. Es ist teuer, Arbeiter anzustellen - das muss sich ändern", sagt Mork. Immer mehr Ökonomen fordern die Zentralbank auf, die Zinsen weiter zu senken. "Sie sind in Norwegen immer noch höher als im Rest Europas. Dazu gibt es angesichts der Wirtschaftslage keinen Grund." "Wir haben immer noch einen ziemlich großen Pensionsfonds" Zu übertriebener Panikmache sehen die besonnenen Norweger trotz Krise aber keinen Grund. "Wir können nicht erwarten, in Zukunft weiter so hohe Einnahmen aus der Ölindustrie 113 zu haben", räumt Holden ein. "Aber wir haben immer noch einen ziemlich großen Pensionsfonds." ----------------------------- Migranten auf der Balkanroute Österreich übernimmt die Führung 25.1.2016 Eine Konferenz der Balkanstaaten hat zu zwei Schlussfolgerungen geführt. Der Zustrom aus Griechenland soll massiv gesenkt werden, und Mazedonien fällt dabei eine Schlüsselposition zu. Wien hat gerufen, und fast der ganze Balkan ist gekommen. Auf Einladung von Aussenminister Sebastian Kurz und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner konferierten am Mittwoch die Amtskollegen aus Mazedonien, Bulgarien, Serbien, Kosovo, Bosnien, Montenegro, Kroatien und Slowenien. Das Ministertreffen zum Thema «Managing Migration Together» machte klar, dass Österreich eine Führungsrolle bei der Reduktion der Flüchtlingswanderung über den Balkan beansprucht. Zu diesem Zweck will Wien die Koordination zwischen den Transitstaaten verbessern. Nicht eingeladen war Griechenland – Wien scheint den südlichsten Balkanstaat als Teil des Problems und nicht der Lösung zu betrachten. Um diesen Eindruck abzuschwächen, wurde in einer schriftlichen Erklärung festgehalten, die Kooperation mit Griechenland «bleibe wesentlich». 114 Stau in Griechenland Nachdem Österreich eine Obergrenze von 80 Asylsuchenden täglich und eine Transitquote von 3200 Durchreisenden beschlossen hatte, schloss Mazedonien am Wochenende die Grenze für Afghanen. Nur Syrer und Iraker mit gültigen Papieren werden durchgelassen. Zurzeit sind das etwa 700 Personen pro Tag. Allerdings gibt es eine wachsende Zahl von Flüchtlingen in den Balkanländern, die an den Grenzen zurückgeschickt werden, weil sie qua Herkunft als Wirtschaftsmigranten betrachtet werden. In Griechenland haben die mazedonischen Restriktionen bereits zu einem vieltausendköpfigen Stau geführt. Die Versorgung dieser Flüchtlinge wird sehr schnell zum Problem. Tsipras droht der EU mit Blockade . Griechenland will in der Europäischen Union solange politische Beschlüsse blockieren, bis die vereinbarte gleichmässigere Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten in die Tat umgesetzt wird. Dies sagte Regierungschef Alexis Tsipras am Mittwoch im Parlament in Athen. Griechenland fordere die sofortige Einhaltung der Vereinbarungen zur Flüchtlingspolitik, sagte er weiter. Athen werde nicht akzeptieren, dass es Staaten gebe, die einerseits keinen einzigen Migranten aufnehmen, aber andererseits Zäune bauten. Tsipras nannte es zudem eine «Schande», dass Österreich und weitere Länder der Westbalkan-Konferenz am Dienstag in Wien eine Konferenz zur Asylpolitik abgehalten haben - ausserhalb des EU-Rahmens und ohne griechische Beteiligung. azedonien wird zum «Schleusenwart» Aussenminister Kurz machte klar, dass die verbesserte Koordination zwischen den Balkanländern und Österreich zur massiven Reduktion der Flüchtlinge führen solle. Im österreichischen Dispositiv kommt Mazedonien eine Schlüsselstellung zu. Dessen Südgrenze zu Griechenland soll so befestigt werden, dass die Einreise von Flüchtlingen kontrolliert und reduziert werden kann. Dies erfordert eine massive personelle und bauliche Verstärkung des Grenzschutzes. Mazedonien wäre damit zweifellos überfordert. Aber die Konferenzteilnehmer versprachen dem Land Unterstützung. Auch der von Wien schon früher erwogene Einsatz des Bundesheers wurde mit dem österreichischen Verteidigungsminister unter dem Titel «zivile-militärische Kooperation» diskutiert. Mazedonien wird damit zum «Schleusen-wart», der gemäss westeuropäischen Vorgaben den Zustrom an Flüchtlingen reguliert. Allerdings befindet sich die vormals jugoslawische Republik in der schwersten institutionellen Krise seit der Unabhängigkeit. Ein Abhörskandal hat die Verhältnisse zwischen Regierung und Opposition so zerrüttet, das nur dank massivem Druck seitens der EU und der USA Reformen in Gang gesetzt wurden. Sie sollen im Juni zu Neuwahlen führen. Wie sich die regionale Aufwertung des Landes zum Schleusenwart auf den Machtkampf im Innern auswirkt, bleibt abzuwarten. Wien scheint davon auszugehen, dass für die Abschreckung der Flüchtlinge vor allem Polizei und Armee funktionieren müssen. Nicht untätig zuwarten Mehrfach wurde an der Pressekonferenz in Wien betont, dass eine gesamteuropäische Lösung notwendig sei. Eine solche, so die Innenministerin, brauche Zeit. Bis dahin könne man die Hände nicht in den Schoss legen, sondern müsse regional und in Eigenverantwortung handeln. Ausser Griechenland war auch Ungarn nicht an der Konferenz vertreten. Aber es bleibt der Eindruck, dass es für die Flüchtlingskrise jetzt so etwas wie einen österreichisch-ungarischen Ansatz auf dem Balkan gibt. 115 Tsipras droht mit Blockade der EU Griechenland ruft Botschafterin aus Wien zurück Im Streit um die EU-Strategie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verschärft der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras den Ton. Nach Drohungen in Richtung Brüssel ruft Athen am Donnerstag seine Botschafterin aus Wien zurück. Im Herbst war der Empfang für den österreichischen Kanzler Faymann (links) auf Lesbos noch ganz herzlich; nun hat die Regierung von Alexis Tsipras den Ton verschärft. Als Folge der umstrittenen Konferenz zur Flüchtlingspolitik in Wien hat Griechenland am Donnerstag seine Botschafterin aus Österreich zurückgerufen. Dies sei geschehen, um sich mit der Diplomatin zu beraten, teilte das Aussenministerium am Donnerstag in Athen mit. Ziel sei, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Völkern und den beiden Staaten zu bewahren. Reaktion auf die Balkankonferenz Zahlreiche Länder hatten sich auf Initiative Österreichs am Mittwoch zu einer Westbalkankonferenz getroffen. Griechenland war nicht eingeladen, was für viel Kritik sorgte. Dabei verständigte man sich darauf, in der Flüchtlingskrise stärker zusammenzuarbeiten und die Zahl der Neuankömmlinge zu verringern. Die Regierung in Athen fürchtet, dass viele Migranten festsitzen bleiben, wenn immer mehr Balkanstaaten ihre Grenzen stärker sichern. Vor Abgeordneten des Parlaments in Athen sagte der griechische Ministerpräsident Tsipras am Mittwochabend, Griechenland werde Entscheidungen in Brüssel blockieren, wenn andere Länder der Europäischen Union (EU) ihrer Verantwortung nicht gerecht würden. Die griechische Regierung hatte bereits zuvor die Balkanstaaten für ihre Verschärfung von Einreisebestimmungen kritisiert. Sie befürchtet eine humanitäre Krise, wenn Tausende Einwanderer festsitzen. Man werde nicht zulassen, dass Griechenland zu einer Lagerhalle für Menschen werde, sagte Tsipras. Konferenz in Wien als «Schande » Griechenland werde nicht akzeptieren, dass es Staaten gebe, die einerseits keinen einzigen Migranten aufnehmen, aber andererseits Zäune bauten. Tsipras nannte es zudem eine «Schande», dass Österreich und weitere Länder der WestbalkanKonferenz am Mittwoch in Wien eine Konferenz zur Asylpolitik abgehalten haben ausserhalb des EU-Rahmens und ohne griechische Beteiligung. 116 Bei Merkel beschwert Tsipras hatte sich zuvor bei Bundeskanzlerin Angela Merkel über das Verhalten einiger EU-Länder in der Flüchtlingskrise beschwert. Österreich hat eine tägliche Obergrenze zur Aufnahme von Asylbewerbern beschlossen. Dies wurde von der EUKommission als illegal bezeichnet und löste weitere Massnahmen von Staaten an der Balkanroute aus. So lässt Mazedonien nur noch Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak ins Land, Afghanen werden an der Grenze zu Griechenland zurückgewiesen. Der Athener Regierung wird vorgeworfen, die EU-Aussengrenze nicht effektiv zu schützen. Zu einer Konferenz Österreichs mit den Ländern an der Balkan-Route war Griechenland nicht geladen. Kein Weiterwinken mehr Der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz sagte in einem im Internet veröffentlichten Interview, sein Land sei mit dem Flüchtlingszustrom überfordert. «Deshalb besteht aus unserer Sicht die dringende Notwendigkeit, nicht mehr das Weiterwinken nach Mitteleuropa zu perfektionieren, sondern den Zustrom zu reduzieren.» Kurz warf unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, 2015 mit ihrem Eintreten für offene Grenzen die Flüchtlingskrise verschärft zu haben. -------------------------- 28. 2. 2016 Mit diesem Schachzug riskiert Putin alles Russland spielt auf der Weltbühne die Supermacht. Wirtschaftlichsteht der Staat vor dem Kollaps. Präsident Wladimir Putin die Sanktion Sanktionen zu umgehen – und riskiert dabei alles Mit Staatsanleihen im Wert von 3 Milliarden US-Dollar will Russlands Präsident Wladimir Putin frisches Geld ins Land holen. Kritiker warnen: Von der Finanzspritze können auch Unternehmen profitieren, die eigentlich auf der Sanktionsliste stehen. Quelle: Die Welt Es ist ein Wagnis. Eine Alles-oder-nichts-Strategie. Geht der Plan auf, schafft Wladimir Putin nichts weniger, als die Sanktionen des Westens zu umgehen. Scheitert er, ist das ein Eingeständnis der eigenen Ohnmacht. Russlands Präsident stünde blamiert da, vor seinem eigenen Volk, vor der Welt. Putin versucht nicht nur, mit Bombardements in Syrien offenbar die Stabilität Europas zu gefährden, indem er Menschen in die Flucht schlägt, die dann auf den Kontinent drängen. Er führt noch einen zweiten Kampf gegen den Westen, ohne Flugzeuge und Soldaten: Moskau plant, den Kapitalmarkt anzuzapfen und sich frische DollarDevisen zu beschaffen – ein Versuch, das Embargo zu brechen, das Europa und die Vereinigten Staaten vor etwa zwei Jahren verhängt hatten. 117 Konkret will der Kreml Anleihen im Wert von drei Milliarden Dollar ausgeben. Es soll sich um Schuldtitel mit zehn Jahren Laufzeit handeln. Russland hat nicht nur chinesische Banken eingeladen, bei der Emission mitzubieten – sondern auch europäische und amerikanische. Die Bank of America, die Citigroup, Goldman Sachs, J.P. Morgan und Morgan Stanley. Putin umgarnt die Wallstreet-Giganten. Sollte die Emission gelingen, wäre das ein Schlag gegen den Westen. Die Sanktionen verbieten es den Banken zwar nicht, bei Auktionen von Anleihen mitzubieten. Dem russischen Staat darf durchaus Geld geliehen werden. Nicht Russland selbst steht auf der Sanktionsliste, nur Geschäfte mit einzelnen Geldhäusern und Unternehmen sind untersagt. Putin könnte also über die Emission Dollar ins Land holen – und dann an jene Firmen weiterleiten, die auf der Sanktionsliste stehen. Die Investmentbanker prüfen die russische Offerte dennoch, allen Warnungen aus Washington zum Trotz. Für die EU und die USA wäre es ein politisches Fiasko. Westliche Banken, die bei der Finanzierung des russischen Staates mithelfen – ein fatales Signal. Gelingt es den Russen tatsächlich, über diesen Umweg Geld ins Land zu holen, wären die Sanktionen de facto wertlos. Es gäbe kein wirtschaftliches Druckmittel mehr. Putin hätte den Westen genarrt. Fatales Signal "Offenbar will Moskau den Westen vorführen und zeigen, dass Amerikas Einfluss nicht weit reicht", sagt Tim Ash, Leiter der Abteilung Schwellenländer des Finanzunternehmens Nomura in London. Eine geglückte Emission wäre auch ein Signal, dass die Banken für ihre langfristigen Geschäfte mit Russland auch Ärger mit der USRegierung riskieren. Tatsächlich nimmt Washington den Vorstoß der Russen offenbar sehr ernst. Die US-Regierung hat die großen US-Banken umgehend davor gewarnt, auf die Pläne einzugehen und Moskau Geld zu leihen oder anderweitig Geld zu beschaffen. Doch viele Banken sind angesichts der geschäftlichen Aussichten dem Ansinnen Moskaus zugeneigt. "Nicht jedes Geldhaus hat Nein gesagt", erklärte Russlands stellvertretender Finanzminister Sergej Storchak zufrieden: "Einige Banken haben uns nicht geantwortet, andere hingegen schon. Wir haben genug Reaktionen, um auswählen zu können." Der Verkauf der Anleihen werde unabhängig von den amerikanischen Warnungen 118 über die Bühne gehen, hieß es auch aus dem Moskauer Finanzministerium. Man warte lediglich noch eine günstige Marktphase ab. Zuletzt hatten sich die Märkte Schwellenländern gegenüber äußerst reserviert gezeigt. Insbesondere aus rohstoffreichen Nationen hatten Investoren sogar Geld abgezogen. Doch sollte sich die Lage am Ölmarkt stabilisieren, könnten viele gewillt sein, Liquidität wieder einzusetzen. Das gilt umso mehr, als Russland den Investoren wohl eine anständige Rendite bieten würde. Experten rechnen mit einer Verzinsung zwischen vier und fünf Prozent. Auf diesem Niveau rentieren vergleichbare Staatsanleihen der Türkei oder Brasiliens. Es wäre die erste große internationale Emission Russlands seit 2013. Vor drei Jahren hatte der Kreml Papiere im Volumen von rund 14 Milliarden Dollar platziert, 2012 war es ein ähnlich hohes Volumen, 2010 waren es rund sieben Milliarden. Spiel mit dem Feuer Russland ist auf Dollar dringend angewiesen. Viele russische Unternehmen haben sich in harten Devisen verschuldet. Solange die Ölpreise hoch notierten, war das kein Problem. Die Zinsen ließen sich aus den Einnahmen der Energieverkäufe begleichen. Doch mit den niedrigen Ölpreisen kommen viele Firmen in die Bredouille. Wegen der Sanktionen können sie die tiefen Notierungen nicht durch neue Anleihen ausgleichen. Bedrohlich wird die Lage spätestens 2017. Dann werden zahlreiche Kredite fällig – Geld, das viele Firmen nicht haben. Ölpreisverfall und Rubelkrise/Russland steht kurz vor dem Bankrott Putins aggressiver Anleihen-Plan ist deshalb nicht ohne Risiko. Jetzt, wo er so offensiv nach neuem Geld greift, muss er es auch bekommen. Findet die Anleihe nicht genügend Käufer, wird der finanzielle Engpass des flächenmäßig größten Landes der Welt noch offensichtlicher und die Kreditwürdigkeit sinkt ins Bodenlose. Schon jetzt haben die beiden Ratingagenturen Standard & Poor's sowie Moody's das Land mit Schrottstatus belegt. Lediglich Konkurrent Fitch stuft die Bonität Moskaus auf der niedrigsten InvestmentStufe ein. "Wegen des Drucks im Inland muss Putin riskante Manöver wagen", erklärte der Milliardeninvestor George Soros bereits vor einige Wochen den Wagemut des russischen Präsidenten. Es dränge sich zudem der Verdacht auf, dass Putin mit den westlichen Protagonisten spiele. Dieses Spiel allerdings ist ein Spiel mit dem Feuer. Und Putin spielt es mit dem Rücken zur Wand. Nicht einmal mehr eineinhalb Jahre Zeit gibt etwa Bill Browder dem Kreml noch. "Sollte es Moskau bis dahin nicht schaffen, die westlichen Sanktionen aus dem Weg zu bekommen, ist das Land am Boden", sagte der Gründer der Anlagegesellschaft Hermitage Capital Management jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Russland befände sich in einer prekären Situation. Durch den historischen Verfall des Ölpreises nehme es mit seinem wichtigsten Wirtschaftsgut immer weniger ein, zugleich gingen die Reserven zur Neige. 119 27. Februar 2016 Der Bau der Transadria-Gasleitung TAP soll jetzt im März beginnen. Dies erklärte Aserbaidschans Energieminister Natig Alijew dem amerikanischen Botschafter Robert Cekuta laut aserbaidschanischen Medien am 26. Februar 2016. Die TAP ist als Anschlussleitung der transanatolischen Gaspipeline Tanap quer durch die Türkei zum Transport von jährlich 10 Milliarden Kubikmeter Gas aus Aserbaidschan über Griechenland, Albanien durch die Adria nach Italien ab 2020 vorgesehen. 20 Prozent der Bauarbeiten im Rahmen der Tanap seien ausgeführt, erklärte Alijew. Der Minister schätzt die Position der USA zu diesem Projekt. Südkaukasusgasleitung, Tanap und TAP bilden den südlichen Gaskorridor. Der Botschafter empfahl auf einer Sitzung des Konsultativrates das Projekt zu diskutieren, um die Durchführung zu beschleunigen. Für die Europäische Union ist der Südliche Gaskorridor ein Vorzugsprojekt. 25. Februar Gazprom-Chef Alexej Miller, Marc Benayoun, CEO von Italiens Edison, und Theodoros Kitsakos, CEO von Griechenlands DEPA unterzeichneten in Rom ein Abkommen, um eine südliche Transportroute für russischen Gas nach Europa zu etablieren. Das Gas soll über das Schwarze Meer via Drittstaaten nach Griechenland und von dort nach Italien transportiert werden, informierte Gazprom am 24. Februar 2016 zum Abkommen. Die beteiligten Unternehmen hätten sich geeinigt, dafür das Projekt zum PipelineInterconnector Türkei-Griechenland-Italien ITGI zu nutzen. Das Vorhaben von Gazprom, Edison und DEPA müsse einen Beitrag zu Europas Strategie zur Diversifizierung und Energieversorgungssicherheit leisten und dazu den Vorschriften des Dritten Energiepaketes entsprechen, ließ ein Sprecher der Europäischen Kommission Medien zufolge wissen. 21. Februar 120 „Wir unterstützen dieses Projekt absolut“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer Michael Harms russischen Agenturen zufolge auf einer Wirtschaftskonferenz in Berlin am 19. Februar 2016 zur geplanten Pipeline Nord Stream 2 und verwies dabei auf die Projektteilnehmer aus Deutschland, Holland, Frankreich und Österreich, die sich darum bemühten, die formalen Anforderungen zu erfüllen. Zwischenstaatliche Abkommen hält er nicht für nötig. Die Politisierung sieht Harms kritisch, handle es sich doch um ein rein wirtschaftliches Projekt, das die Versorgungssicherheit Deutschlands und ganz Europas stärke. Im Interview mit Der Welt betonte der russische Energieminister Alexander Nowak, „dass dieses Projekt vor allem ein wirtschaftliches ist. Die größten Energiekonzerne Europas sind daran interessiert. Denn es ist ein langfristiges Projekt. Und als solches kann es mit anderen Gas- und Flüssiggaslieferanten, auf die jetzt gesetzt wird, konkurrieren.“ Dazu schloss er nicht aus, „dass ein Teil der Lieferungen auch weiterhin über die Ukraine läuft“, wenn dies wirtschaftlich zweckmäßig sei. Alternativpipelines schaffen Nowaks Worten nach Konkurrenz und verbilligen so den Transport auch für die europäischen Kunden. Ein Transitmonopol wirke auf den Transportpreis und schaffe Risiken. Die Ukraine habe gerade eine mehrfache Erhöhung des Transitpreises angekündigt. 18. Februar Das türkische Bauunternehmen Tekfen Insaat ve Tesisat habe die Ausschreibung zum Bau von Kompressor- und Messstationen an der 1850 Kilometer langen Trasse der transanatolischen Pipeline Tanap gewonnen, teilte das Tanap-Konsortium mit. Hierzu unterzeichneten Tekfen und das Konsortium Tanap Natural Gas Transmission einen dementsprechenden Vertrag. 11 lokale und ausländische Unternehmen nahmen an der Ausschreibung zum Bau von zwei Kompressor- und vier Messstationen teil. 15. Februar Albanien sei bereit, den Balkan mit dem europäischen Energiemarkt mittels Transadriagasleitung TAP zu verbinden, erklärte der albanische Premier Edi Rama auf einem Besuch des amerikanischen Außenministers John Kerry in Tirana. Dies teilte Kerrys Ministerium am 14. Februar 2016 mit. 13. Februar Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko warnte laut Medien auf der jährlichen Sicherheitskonferenz in München davor, dass die geplante Gaspipeline Nord Stream 2 die Europäische Union von Russland noch abhängiger macht. Dies sei ihr politisches Ziel. Die Ukraine, Polen, die Slowakei, Kroatien und andere europäische Länder würden dadurch geschwächt. Zu Nord Stream 2 werde die Europäische Kommission in den 121 nächsten Tagen eine Entscheidung treffen, erklärte der Kommissionsvizepräsident, verantwortlich für die Energieunion, Maros Sefcovic in München. Er erwartet vom Konsortium Nord Stream 2 ergänzende Informationen, da noch nicht alle hierzu vorlägen. Außerdem sei ein dreiseitiges Gespräch zwischen Russland, der Ukraine und der Europäischen Kommission im Gespräch. Der Bau von Nord Stream 2 kann nach Worten von Gazprom-Chef Alexej Miller Anfang 2018 beginnen, hieß es bei russischen Agenturen. Derzeit bereite sich das Konsortium auf den Kauf der Leitungsrohre vor. Alles liefe nach Plan, bekräftigte Miller. Die Ausschreibung zum Legen der Leitung soll im September erfolgen. Mit der Fertigstellung der zweiten Ostseegasleitung rechnet Miller Ende 2019. Dann können 110 Milliarden Kubikmeter von russischen Gasfeldern zum Anleger bei Lubmin an der deutschen Ostseeküste transportiert werden. Bei Nord Stream 1 beträgt die Transpotkazaität 55 Milliarden Kubikmeter Gas. Die Leitungsrohre von Nord Stream 2 sollen entlang der Route von Nord Stream 1 in schnellerer Geschwindigkeit gelegt werden. 12. Februar Der serbische Slavenko Terzic Botschafter in Russland bedauerte auf einer Pressekonferenz in Moskau, dass das Gasleitungsprojekt South Stream eingestellt wurde. Es liefen verschiedene Gespräche über den Versorgungsweg. Dennoch erwartet er eine Erhöhung der Menge im Gasspeicher. 11. Februar Das Gasleitungsprojekt Nord Stream 2 unterscheide sich vom einstigen Schwarzmeerprojekt South Stream darin, dass es hier keine Leitungsabschnitte auf dem Festland von europäischen Mitgliedsstaaten gebe, erklärte laut russischer Nachrichtenagentur Ria Novosti Wladimir Tschischow, Russlands ständiger Vertreter bei der Europäischen Union. Tschischow rechnet damit, dass Nord Stream 2 gebaut wird. Europäische Energieunternehmen hätten daran Interesse. Schlüssel dafür sei die wirtschaftliche Attraktivität dieses Projektes. Die europäischen Verbraucher benötigten ohnehin russisches Gas. Dagegen äußerte deutschen Medien zufolge Maros Sefocovic, Vizepräsident der Europäischen Kommission und für die Energieunion Europas zuständig, gegen das Projekt Bedenken: „Der Bau der Pipeline würde die Gasversorgung Europas grundlegend verändern. 80 Prozent des aus Russland importierten Gases würde über eine einzige Route fließen“. Das kann seiner Ansicht nach nicht im Sinne der Versorgungssicherheit der EU sein. Das Projekt Nord Stream 2 müsse daher noch einmal neu diskutiert werden, um eine „möglichst vernünftige und günstige Lösung“ zu finden. 10. Februar Die Europäische Union habe den Stopp des Pipelineprojektes South Stream im Schwarzen Meer nicht veranlasst, erklärte Vygaudas 122 Ušackas, EU-Botschafter in Russland, in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti. Sollte das Projekt doch noch realisiert werden, müssten das europäische Energiepaket 3 und weitere Rechtsnormen der EU eingehalten werden. Diese Forderung hatte Russland seinerzeit dazu veranlasst, vom Bau von vier Leitungssträngen von der russischen an die bulgarische Schwarzmeerküste abzusehen und diese dafür zum türkischen Bosporus zu legen. Doch sind die Gespräche aktuell eingestellt. Russland will sie wieder aufnehmen, wenn sich die Beziehungen zur Türkei nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe im letzten November wieder normalisiert haben. 9. Februar Noch habe Russland das Gasleitungsprojekt Turkish Stream im Schwarzen Meer nicht aufgegeben, erklärte Agenturen zufolge der russische Botschafter Andrej Karpow in der türkischen Hauptstadt Ankara. Der Ball liege hier im Spielfeld der Türkei. Doch wie es mit dem Projekt weiter geht, sei nach der Krise der Beziehungen zwischen den Ländern schwer zu prognostizieren. In einem Fernsehinterview erklärte Wladimir Tschischow, Russlands ständiger Vertreter bei der Europäischen Union, dass er eine Rückkehr zum Vorgängerprojekt South Stream im Schwarzen Meer für möglich hält. Russlands Präsident Wladimir Putin erwägt derweil, welche Route im Schwarzen Meer sich für Gasexporte nach Europa eignet. Nord Stream 2 scheint gesetzt zu sein, angesichts dessen, dass europäische Energiegesellschaften sich mit dem russischen Gasmarktführer Gazprom darüber verständigt haben. Österreichs OMV, die britisch-holländische Shell, Frankreichs ENGIE und die beiden deutschen Energieversorger E.on und Wintershall unterstützen Gazprom. Gegenwind kommt aus Italien und einer osteuropäischen Allianz mit dem Baltikum, Polen und der Slowakei an der Spitze. Eine Zerreißprobe für Europas Energieunion? 2. Februar Auf seinem Arbeitsbesuch in Moskau erklärte der österreichische Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, langfristig an guten Beziehungen mit Russland interessiert zu sein. „Zusätzlich unterstützen wir eine Diversifizierung der Transportrouten, um die Versorgungssicherheit Europas und damit Österreichs zu stärken. Das wird für beide Länder Kontinuität bringen“, betonte Mitterlehner unter Verweis auf das Pipelineprojekt Nord Stream 2. Immerhin beziehe Österreich derzeit mehr als 50 Prozent seines Gasverbrauchs aus Russland, teilte sein Ministerium zum Treffen des Vizekanzlers mit Russlands Vizepremier Dmitri Kosak auf der 15. Tagung der Gemischten Kommission für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit. Mitterlehner betrachtet Gas als wichtigen Brückenenergieträger zur Ökoenergie, da der Umbau des Energiesystems seinen Worten nach nicht von heute auf morgen stattfinden kann. 123 Über den aktuellen Stand der laufenden Pipelineprojekte beim russischen Gaskonzern Gazprom informierte in New York auf einem Treffen mit Investoren Vorstandsmitglied Oleg Aksjutin. Verlaufe bei Nord Stream 2 und Kraft Sibiriens alles nach Plan, soll die Umsetzung des Gasleitungsprojektes Turkish Stream im Schwarzen Meer soll starten, wenn sich die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei normalisiert hätten und das das zwischenstaatliche Abkommen hierzu unterzeichnet sei, erklärte Aksjutin laut russischer Nachrichtenagentur Ria Novosti. Der Bau der 870 Kilometer langen Transadria-Gasleitung TAP von der türkischen Westgrenze über Griechenland und Albanien durch die Adria nach Italien liegt im Ranking der wichtigsten Projekte für die Weltwirtschaft in Jahr 2016 auf Platz 7. Das Ranking durchgeführt hat das italienische Wirtschaftsmedium Il Sole 24 Ore. Die TAP ist als Anschlussleitung der Südkaukasus- und transanatolischen Gasleitung Tanap vorgesehen, über die ab 2020 aus Aserbaidschan 10 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa transportiert werden soll. An ihr sind BP, Socar und Snam S.p.A zu je 20 Prozent beteiligt. Fluxys hat 19 Prozent inne, Enagás 16 Prozent and Axpo 5 Prozent. Die Tanap erstreckt sich auf 1850 Kilometer von der türkisch-georgischen Grenze bis zur Westgrenze. Bis zur Stadt Eskişehir in Anatolien sind es 1350 Kilometer. Aserbaidschans Nationaler Ölgesellschaft Socar, im Interview des asbaidschanischen Fernsehsenders ANS. Der größte Teil der Rohre werde in der Türkei und der Rest in China hergestellt. 124 6. Januar Der ukrainische Gasversorger Naftogaz legte bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen Nord Stream 2 ein. Das Ostsee-PipelineProjekt von Russlands Gaskonzern Gazprom mit seinen Partnern entspreche nicht dem gesetzlichen Rahmen der europäischen Energiegemeinschaft und stehe dem Wettbewerb entgegen, teilte Naftogaz mit. Derweil sprach sich Polens Außenminister Witold Waszczykowski in einem Interview mit der deutschen Bildzeitung am 4. Januar 2016 dafür aus, dass die künftige Gasleitung russisches Gas über das polnische Territorium nach Westeuropa transportieren soll. Darin sieht er ein Zeichen der Solidarität und Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Ländern Ostund Zentraleuropas. Im letzten Jahr kritisierte sein Land das Projekt Nord Stream 2. -------------------1. März 2016 Wer hat die EU-Flüchtlingspolitik getötet? Wir nicht Federica Mogherini, Frans Timmermans, Johannes Hahn, Miro Cerar, Jean-Claude Juncker, Angela Merkel + Donald Tusk in Brüssel. Österreich und die Balkanstaaten kappen die Fluchtroute auf ihrem Territorium; Griechenland gerät in Panik, Deutschland sieht hilflos zu. Europa zerbricht an der Flüchtlingsfrage. Wer ist schuld? Wer hat die EU-Flüchtlingspolitik getötet? Die französische Tageszeitung „Le Monde“ prognostiziert bereits, dass die Jahre 2015/2016 von Historikern dereinst als Beginn der Auflösung Europas gesehen würden, sollte nicht auf dem Gipfel im April ein Wunder geschehen. Aber wer trägt die Schuld daran? Wer hat dafür gesorgt, dass die Europäische Union in der Frage der Flüchtlingsströme nicht mehr existent ist, abgelöst von Egoismen der Nationalstaaten oder kleineren Allianzen, die ihre Eigeninteressen bündeln? profil sucht eine Antwort und leiht sich dafür eine Idee von Bob Dylan. Der Songwriter fragte 1963 in seinem Lied „Who Killed Davey Moore“, wer für den Tod des US-Boxers David S. „Davey“ Moore verantwortlich gewesen sei, der an den Folgen eines Kampfes gestorben war. Sein Gegner, der zu hart zugeschlagen hatte? Sein Manager, der ihn in den Ring geschickt hatte? Das Publikum, das bezahlt hatte, um einen Kampf zu sehen? Im Lied entgegnen alle: „Wir nicht.“ Letztlich kommt heraus, dass es keiner und zugleich jeder war. Weil alle gute Gründe für ihr Handeln hatten und erst die Summe all dieser Handlungen Moore das Leben kostete. 125 Die Antworten auf die Frage „Wer hat die EU-Flüchtlingspolitik getötet?“ sind dieselben: „Wir nicht.“ Klar steckt dahinter ein Mangel an europäischer Solidarität, aber die meisten Beteiligten handeln aus teils egoistischen, aber nicht zwangsläufig illegitimen Motiven. Hinzu kommt, dass sich Interessenlagen zum Teil erst mit der fortschreitenden Eskalation bildeten, also auch eine Reaktion auf das Scheitern einer gemeinsamen Lösung waren. Irgendwo in den folgenden Rechtfertigungen versteckt sich die wahre Antwort, wer die Schuldigen sind. Türkei Wir nicht, sagen die Türken. „Wir tragen kein Schild mit der Aufschrift ,Idiot‘ auf unserer Stirn“, so der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. An die drei Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak hat sein Land in den vergangenen fünf Jahren aufgenommen, ohne dafür nennenswerte Unterstützung der internationalen Gemeinschaft zu bekommen. Lange Zeit haben sich die Einheimischen in höchstem Maße hilfsbereit gegenüber den Kriegsvertriebenen gezeigt. Inzwischen regt sich aber auch unter ihnen Unmut. Und die Situation, in der sich das Land befindet, ist ohnehin kompliziert genug – Stichwort Kurdenkonflikt. Die EU drängt die Türkei, ihre Grenzen zu Syrien für Flüchtlinge offen zu halten und noch mehr Syrer ins Land zu lassen. Gleichzeitig macht Europa der Regierung in Ankara kein Angebot, ihr einen Teil der Asylwerber abzunehmen. Welches Interesse hätte die Regierung in Ankara also, Flüchtlinge daran zu hindern, in andere Staaten weiterzureisen? „Wir können sie nicht dazu zwingen, bei uns zu bleiben. Wer in der Türkei Zuflucht sucht, ist weiterhin willkommen. Aber denjenigen, die weiterziehen wollen, um in westlichen Ländern eine Zukunft zu suchen, denen werden wir nichts sagen“, so Erdogan. Wenn das dazu führt, dass der Druck auf die EU steigt und die Verhandlungsposition der Türkei bei anderen Themen gestärkt wird – umso besser. Die drei Milliarden Euro, die Brüssel für Maßnahmen gegen die Flüchtlingskrise versprochen hat, sind nach Angaben der Regierung auch noch nicht eingetroffen. Die Türkei bleibt das Land mit den meisten Flüchtlingen. Ankara ist sich keiner Schuld bewusst. Griechenland Wir nicht, sagen die Griechen. „Ich schäme mich“, so Alexis Tsipras. Dem griechischen Premier liegt das Schicksal der Flüchtlinge am Herzen. In einer emotionalen Rede im Oktober des vergangenen Jahres drückte er seine Scham darüber aus, Mitglied einer europäischen Führung zu sein, die unfähig sei, „mit dem menschlichen Drama fertig zu werden“, und in der jeder den Schwarzen Peter an den nächsten weiterreiche. Hunderttausende Flüchtlinge haben von der Türkei aus die gefährliche Bootsfahrt auf eine der griechischen Inseln unternommen. Hunderte sind dabei ertrunken. Griechenland selbst verzeichnet eine sehr geringe Anzahl an Asylanträgen. Doch seit die österreichische Regierung vergangene Woche gemeinsam mit den Staaten des Westbalkan beschlossen hat, nur noch syrische und irakische Flüchtlinge weiterziehen zu lassen, fürchtet Tsipras, sein Land werde zu einer „Lagerhalle“ für gestrandete Migranten. Griechenland wird von Österreich und anderen vorgeworfen, seine Grenze nicht zu sichern und die Flüchtlinge nicht zu registrieren. Athen wehrt sich: Wie solle es verhindern, dass kleine Boote an den küstennahen Inseln landen? Vier von fünf der vereinbarten „Hotspots“ zur Registrierung der Flüchtlinge sind nach mehrmonatiger Verzögerung in Betrieb, wenn auch zum Teil unter schaurigen Bedingungen. Athen klagt, es sei überfordert, Massen von Flüchtlingen in Empfang zu nehmen, zu 126 versorgen und zu überprüfen – zumal die EU-Staaten kläglich daran scheitern, die Flüchtlinge gerecht zu verteilen. Der griechische Staat ist hoffnungslos überfordert, nicht zuletzt deshalb, weil er notorisch pleite ist. Die aktuelle Administration hat, so wie die Vorgängerregierung, kein Geld, um zehntausende Bedürftige unterzubringen. Griechenland ist sich keiner Schuld bewusst. Italien Wir nicht, sagen die Italiener. „Mit Blick auf die Flüchtlingsströme hat sich Italien als Vorbild für die Welt erwiesen“, so Italiens Senatspräsident Pietro Grasso. Das Mittelmeerland habe 2015 an die 170.000 Flüchtlinge aufgenommen. Ob diese allerdings tatsächlich in Italien Asylanträge gestellt haben, darüber schweigt die italienische Statistik. Italien spricht sich jedenfalls für eine europäische Lösung aus, von der das Land nur profitieren kann. Die Schließung von Grenzen, besonders der italienisch-österreichischen durch Österreich, hält Premier Matteo Renzi für „absolut falsch“. Dass nur ganz wenige Flüchtlinge in Italien bleiben wollen und stattdessen nach Norden weiterziehen, ist nicht der Fehler der römischen Regierung. Renzi sagt, ihm sei klar, dass Österreich in einer schwierigen Situation sei. Italien ist sich keiner Schuld bewusst. Frankreich Wir nicht, sagen die Franzosen. „Mehr Flüchtlinge können wir nicht aufnehmen“, so Frank-reichs Premierminister Manuel Valls Mitte Februar bei der Münchner Sicherheitskonferenz. 30.000 Asylwerber, verteilt über zwei Jahre, das ist Frankreichs Beitrag zu einer gerechten Flüchtlingsverteilung. Allein im Januar dieses Jahres kamen fast doppelt so viele über das Meer nach Griechenland. Ideell unterstützt die französische Regierung eine Willkommens-kultur und spricht sich auch für eine gemeinsame europäische Lösung aus. Schließlich handelt es sich um eine sozialistische Alleinregierung. Folglich gehört sie auch dem sogenannten „Klub der Willigen“ an, wenn es um die Bereitschaft geht, Flüchtlinge aufzunehmen. Aller-dings kennt diese Bereitschaft Grenzen. Gleichzeitig fordert Premier Valls, Europa müsse „die Kontrolle über seine Grenzen und seine Migrations- und Asylpolitik wiedererlangen“. Die Vorgangsweise der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die seit vergangenem Sommer die Grenzen für Flüchtlinge weitgehend offen gehalten hat, kritisiert Valls als „auf Dauer nicht durchzuhalten“. Woher kommt der forsche Ton gegenüber Berlin? Paris hat mehrere Gründe für seine restriktive Haltung: Die wirtschaftliche Lage ist dauerhaft miserabel, dazu kommen eklatante Probleme bei der Integration bereits im Land lebender Immigranten. Flüchtlinge hausen in elenden Verhältnissen. Zudem haben die islamistischen Terrorattentate vom 13. November 2015 in Paris Angst vor massenhafter Einwanderung geschürt. Und über all diesen Fragen schwebt drohend ein Ereignis: die Präsidentschaftswahl 2017, bei denen Marine Le Pen, die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Front National, antreten wird. Laut aktuellen Umfragen würden sie und der Kandidat der konservativen Republikaner in die Stichwahl kommen – nicht aber der derzeitige Amtsinhaber, der Sozialist François Hollande. Soll Hollande durch eine Öffnung der Grenzen Le Pen den Weg in den Präsidentenpalast ebnen? Da Freundlichkeit gegenüber Asylwerbern beim Volk offenbar nicht en vogue ist, setzen er und die Regierung auf law and order: Die Grenzen bleiben wegen der Terrorgefahr dicht, die Flüchtlinge draußen. Frankreich ist sich keiner Schuld bewusst. Ungarn 127 Wir nicht, sagen die Ungarn. „Schengen ist ein Gesetz, das gilt!“, so Ungarns Ministerpräsi-dent Viktor Orbán. Er ließ bereits im Oktober des vergangenen Jahres die Schengen-Außengrenzen zu Serbien und Kroatien schließen. Dafür wurde er heftig kritisiert. Gleichzeitig wird nun Griechenland dafür kritisiert, weil es entgegen seinen Verpflichtungen die Schengen-Außengrenze eben nicht „schützt“. Aus der Perspektive von Premier Orbán hat die Strategie, das Land durch brachiale Ab-schottung aus der Flüchtlingskrise herauszuhalten, funktioniert. Die Wanderungsrouten ver-laufen um Ungarn herum, die Bevölkerung steht hinter dem Regierungschef. Und die Tatsache, dass inzwischen eine Reihe anderer Länder zu einer Politik der geschlossenen Grenzen zurückgekehrt ist – allen voran Österreich, dessen Bundeskanzler Werner Faymann Ungarn noch im vergangenen Sommer mit NaziDeutschland verglich – gibt Orbán zusätzlich recht. Gegen eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen in Europa setzt sich die mit breiter Mehrheit regierende Fidesz-Partei auch deshalb zur Wehr, weil sie ihrem Konzept von einem ethnisch und konfessionell homogenen Land widerspricht. „Wir können nicht über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen treffen, die ihr Leben und jenes künftiger Genera-tionen schwerwiegend ändern. Und die Aufnahmequote würde das Profil Ungarns und Europas verändern – ethnisch, kulturell und religiös“, sagt Orbán, der darin auch eine Gefahr für den gesamten Kontinent sieht. Für ihn gibt es daher keinen Grund, auf eine solidarisch-europäische Linie einzuschwenken. In ähnlicher Art und Weise gilt das auch für Polen und andere osteuropäische Staaten. Im Übrigen funktioniert das europäische Verteilungssystem ohnehin nicht – und das liegt wahr-lich nicht nur an Orbán. Ungarn ist sich keiner Schuld bewusst. Europäische Union Wir nicht, sagt die EU-Kommission. „Die Mitgliedsstaaten bewegen sich sehr langsam, obwohl sie eigentlich laufen sollten“, so EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schon zu Beginn der Flüchtlingskrise. Vergeblich. Alle Rügen an die Adressen der nationa-listischen Rechtsausleger wie Viktor Orbán oder Jaroslaw Kazcynski verhallten wirkungslos, alle Vorschläge für eine europäische Gemeinschaftsbewältigung wurden von den Mitglieds-staaten verschleppt, boykottiert, ignoriert. Je stärker der „Klub der Willigen“ schrumpfte, umso schwieriger wurde es für die EU, öffentlich große Pläne zu schmieden. Die Gefahr, sich damit lächerlich zu machen, war größer als die Hoffnung auf Realisierung. Falls die Staats- und Regierungschefs irgendwann doch der Meinung sind, die EU sei die geeignete Institution, um ein Flüchtlingskonzept zu erstellen, stünde die Kommission bereit. Die EU ist sich keiner Schuld bewusst. Balkanländer Wir nicht, sagen die Balkanländer. „Es geht nicht, dass wir zum Opfer einer nicht abgestimmten Politik der Länder im Norden und der Länder im Süden werden“, so die slowenische Innenministerin Vesna Györkös-Znidar vergangene Woche. Sie brachte damit die Ängste aller Anrainer der BalkanRoute auf den Punkt: Wenn im Norden die Grenzen zugehen, im Süden aber de facto offen bleiben, würden binnen kurzer Zeit Zehn-, wenn nicht gar Hunderttausende Flüchtlinge in Slowenien, Serbien, Kroatien und anderen Staaten stauen – mit unmittelbaren humanitären, logistischen, finanziellen und politischen Folgen. Bislang haben sich die Balkanländer immer für eine gesamteuropäische Lösung ausgespro-chen. Da diese nicht in Sicht ist, folgen sie inzwischen dem Beispiel Österreichs. Was Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als „Kettenreaktion der Vernunft“ bezeichnet, führt vorerst dazu, dass Serbien 128 sein Militär in Alarmbereitschaft versetzt hat und an der mazedonisch-griechischen Grenze chaotische Zustände herrschen. Wenn die reichen Aufnahmeländer wie Schweden, Deutschland und Österreich aus Überfor-derung die Flüchtlingszahlen begrenzen, können die weit ärmeren Balkanländer dies nicht ausgleichen. Sie sind sich keiner Schuld bewusst. Deutschland Wir nicht, sagen die Deutschen. „Wir schaffen das“, so Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel im September vergangenen Jahres. Inzwischen steht sie mit dieser Überzeugung allein da. Schweden kann nicht mehr, Österreich verfolgt einen anderen Plan, alle anderen – kleine Staaten wie die Benelux-Länder ausgenommen – haben sich nie als Aufnahmeländer gesehen. Auch in ihrem eigenen Land ist Merkel zusehends isoliert. Die Schwesterpartei CSU oppo-niert offen gegen ihren Kurs, rechts erstarkt die Alternative für Deutschland (AfD). Deutschland hat Grenzkontrollen eingeführt und weist Migranten aus Staaten wie etwa Marokko ab. Die Regierung in Berlin hat sich für eine gemeinsame europäische Politik eingesetzt und die Grenzen so lange offen gehalten wie es ihr Regierung möglich schien. Langsam geht der Balken runter. Deutschland ist sich keiner Schuld bewusst. Österreich Wir nicht, sagen die Österreicher. „Die Flüchtlingskrise ist nur menschlich zu bewältigen“, so Bundeskanzler Werner Faymann. Also hielt Österreich seine Grenzen lange Zeit offen, schleuste die Mehrzahl der Flüchtlinge Richtung Deutschland und Schweden weiter und nahm selbst die stattliche Zahl von rund 90.000 Asylanträgen entgegen. Dann jedoch stoppte Schwedens linke Regierung schweren Herzens die flüchtlingsfreundliche Politik und führte Grenzkontrollen ein. Österreich folgte und setzte eine Obergrenze: 37.500 Asylanträge für das Jahr 2016. Die Zahl übertrifft – gerechnet auf die Einwohnerzahl Österreichs – die Aufnahmebereitschaft fast aller EU-Staaten. Dennoch hagelte es Proteste. Diese wurden noch stärker, als die Regierung in Wien auch noch die Zahl 80 als Obergrenze für Asylwerber pro Tag einführte. Doch Österreich vereint die Probleme mehrerer Staaten auf kleinem Raum: Es ist Zielland wie Schweden und Deutschland, Transitland wie Griechenland und die Balkanstaaten, und es lebt mit der Gefahr, dass eine rechtspopulistische Partei auf Platz eins vorrückt, wie in Frankreich. Gleichzeitig nützten die flehend vorgetragenen Bitten der Bundesregierung, eine europäische Verteilungslösung zu etablieren, nichts. Österreich und Deutschland könnten die Flüchtlingskrise nicht allein bewältigen, sagt Faymann. Österreich ist sich keiner Schuld bewusst. Wer also hat die europäische Flüchtlingspolitik getötet? -------------------------------------- 129 3. 3. 2016 Juncker kritisiert Österreich: „Mag diese Entscheidung nicht“ EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die jüngsten Entscheidungen Österreichs in der Flüchtlingspolitik deutlich kritisiert. seht, seht, Er hat es tatsächlich schon bemerkt - es gibt Flüchtlingströme ! Er mag das nicht, wenn Österreich sich nicht überschwemmen lässt, der Jean-Claude Juncker. Wahrscheinlich haben die Österreicher die Leistungen des Jean-Claude nicht wahrnehmen können, weil es solche nicht gibt? Oder weil diese das Tageslicht scheuen und gemeinsam mit den Amerikanern, hinter verschlossenen Türen (TTIP) vereinbart werden? Auch der fürsorgliche Schutz der Europäer vor Steuerzahlungen amerikanischer Großkonzerne sind bei JeanClaude als luxemburgischer Finanzminister zu bedanken! Nicht zu übersehen, wie er für Bankenrettung durch Europa flitzt und sich auf Kosten der Mitgliedsstaaten den Arsch aufreißt, den Profit er Geldgeber zu sichern, jedes Wachs130 tum in Griechenland wirksam zu unterdrücken und das Volk zu verelenden. Aber der Jean-Caude kann auch anders – ein lieber Chef, verteilt das Geld der Mitgliedsstaaten gekonnt 11. 11. 2015 BERICHT DES EUROPÄISCHEN RECHNUNGSHOFS ENTHÜLLT TEURE SCHLAMPEREIEN So verpulvern die Eurokraten UNSER Geld Milliarden an Steuergeldern werden von der EU offenbar verbrannt! Beim Einsatz von EU-Geldern wird weiter im großen Ausmaß geschlampt oder getrickst: Der Europäische Rechnungshof (EuRH) kommt in seinem Kontrollbericht zu dem Ergebnis, dass im vergangenen Haushaltsjahr geschätzt 6,3 Milliarden Euro ohne Rechtsgrundlage ausgegeben wurden. - Das erklärte Rechnungshof-Präsident Vítor Caldeira Morgen bei der Vorstellung seiner Untersuchungen. am Heißt: EU-Gelder wurden beispielsweise für Projekte beantragt, die eigentlich gar nicht gefördert werden dürften. Ausgezahlt wurden diese Gelder trotzdem. In einzelnen Fällen werde man das Geld zurückfordern, hieß es aus der EU. Pikant: Die Schummel-Quote von 4,4 Prozent hat sich im Vergleich zu 2013 (4,5 Prozent) kaum verändert. Im Jahr 2014 beliefen sich die Ausgaben aus dem EU-Haushalt auf insgesamt 142,5 Milliarden Euro oder rund 300 Euro je Bürger. Diese Ausgaben entsprechen etwa einem Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU und machen etwa zwei Prozent der gesamten öffentlichen Ausgaben der EU-Mitgliedstaaten aus. 131 Schlampereien schon 2013 Nach dem Kontrollbericht aus dem vergangenen Jahr flossen 2013 sieben Milliarden Euro in falsche Kanäle. Betroffen waren vor allem die Bereiche Verkehr, Energie und Regionalpolitik. In einigen Fällen ging es sogar um Betrug. Am fehlerträchtigsten waren die Bereiche Regionalpolitik, Verkehr und Energie mit einer geschätzten Fehlerquote von 6,9 Prozent. Die Prüfer fanden in fast allen Bereichen zu Unrecht ausgezahlte EUGelder. Insgesamt untersuchten sie 149 324 Vorgänge. Jedes Jahr prüft der EuRH die Einnahmen und Ausgaben der EU und beurteilt, inwieweit die Jahresrechnung zuverlässig ist und die Einnahmen- und Ausgabenvorgänge mit den maßgebenden Regeln und Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Schwerwiegendste Fälle in Deutschland 2014: ► Bei einer von der EU geförderten Modernisierung eines Autobahnab-schnitts vergab der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Eine Ausschreibung schreibt die EU bei geförderten Projekten aber vor. ► Bei einem Projekt des Europäischen Strukturfonds im Zusammenhang mit der Renovierung und Sanierung eines Universitätsgebäudes wurde das Honorar des Architekten deutlich erhöht. Das sei aber nicht förderfähig gewesen, hieß es. ► Rechnungen über die Sanierung von Straßenbahngleisen aus Zeiten vor der Förderung wurden verzögert eingereicht, so dass die EU-Gelder trotzdem flossen. ► Überhöhte Gehälter: Die EU finanzierte Lehrkräfte zur Qualifikation von Jugendlichen. Laut Rechnungshof arbeiteten die Lehrkräfte aber wenige ► Falsch ausgewiesene Ackerflächen. Offenbar haben Bauern in Rhein-land-Pfalz und Schleswig-Holstein Förderungen für Ackerflächen bekom-men, die eigentlich keine waren. ► Fördergelder wurden von Landwirten in Rheinland-Pfalz kassiert, die nach eigenen Angaben Weideflächen aus ökologischer Sicht nur zeitweise bewirtschafteten. Diese Angaben waren laut Rechnungshof falsch. Kontrolleure fordern mehr Flexibilität Die Kontrolleure fordern nun auch angesichts der Flüchtlingskrise einen „völlig neuen Ansatz” für die Ausgabenpolitik der EU. „Die Entscheidungsträger müssen mehr Flexibilität zulassen und die Regeln vereinfachen”, sagte Vítor Caldeira zur Vorstellung des Berichts in Brüssel. Nur so könne sichergestellt werden, dass EU-Geld dort zum Einsatz komme, wo es am dringendsten gebraucht werde. 132 58,6 MILLIARDEN EURO = Kosten für EU- Pensionen steigen in gigantische Höhe Die Kosten der Pensionen für die EU-Beamten steigen in immer gigantischere Höhen. Laut EU-Kommission beliefen sie sich Ende 2014 auf 58,6 Milliarden Euro – rund 12 Milliarden Euro mehr als Ende 2013. Die neue Kostenschätzung geht aus der Jahresrechnung der EU-Kommission für das vergangene Jahr hervor. Sie enthält alle Ruhestandskosten (inklusive Krankheitsfürsorge) der heute noch aktiven und bereits pensionierten Eurokraten. Danach belaufen sich die reinen Ruhestandsbezüge auf 52,2 Milliarden Euro und die Kosten der Krankheitsfürsorge auf 6,3 Milliarden Euro. -Monatlich 24.000 € netto (!) für EU- Parlamentschef 05.12.2014 10,62% Steuersatz für Martin Schulz Wohn- und Repräsentationspauschale, Wahlkreisbüropauschale, dazu 365 Mal pro Jahr 304 Euro Sitzungsgeld und 8.252 Euro Abgeord-netengehalt: Martin Schulz erhält als EUParlamentschef monatlich 26.892 Euro. Dank Steuerzuckerl bleiben ihm davon netto 24.034 Euro - das entspräche einem Steuersatz von 10,62 Prozent. Martin Schulz spricht gerne und viel über soziale Gerechtigkeit und über die "falsche Verteilung des Reichtums". Auch bei seinem Auftritt als Stargast des 133 SPÖ- Bundesparteitags vor einer Woche waren das Kernaus-sagen in seiner Rede. Selbst scheint der SPD- Politiker allerdings weniger von Steuersorgen geplagt zu sein. Sein Büro für Öffentlichkeitsarbeit bestätigte jetzt gegen-über der "Krone" sämtliche Recherchen über die Bezüge des Sozialde-mokraten. Sie summieren sich auf ein Monatseinkommen von 26.892 Euro brutto: Das monatliche Abgeordnetengehalt beläuft sich auf 8.252 Euro. Der deutsche Einkommenssteuersatz (35,13 Prozent) macht daraus 5.394 Euro netto. Dazu kommt monatlich eine Repräsentationspauschale von 1.418 Euro. Steuerfrei. Zusätzlich fließen 4.299 Euro als Wahlkreisbüropauschale. Steuerfrei. Und Schulz kann sich auch über eine Wohnkostenpauschale von 3.803 Euro per Monat freuen. Steuerfrei. -------------------9.3.2016 "Mehr Sicherheit" EU- Bonzen gönnen sich neue Luxus-Limousinen Darüber kann man wohl nur den Kopf schütteln: Mindestens 10,5 Millionen Euro pro Jahr soll ein neues Limousinenservice für die EU- Parlamentarier kosten, wie die Website "Politico" berichtet . Dies entspricht satten 3,7 Millionen Euro bzw. 54 Prozent mehr als bisher für den Transport der Abgeordneten ausgegeben wurde. Als offizieller Grund werden Sicherheitsvorkehrungen angegeben - so soll etwa auch ein "Panikknopf" in die Autos eingebaut werden. Politische Beobachter halten dies aber für höchst fragwürdig. Bisher wurden für Dienstfahrten der EU- Parlamentarier in Brüssel und Straßburg immer wieder extern Chauffeure angeheuert. Dies kostete jährlich 6,8 Millionen Euro. Nun sollen allerdings aufgrund der angespannten Sicherheitssituation ein eigener Fuhrpark angeschafft und Chauffeure fix angestellt werden. Die Limousinen könnten dann auch etwa mit "Panikknopf" und anderen Sicherheitsvorrichtungen ausgestattet werden, erklärte Klaus Welle, der Generalsekretär des Europäischen Parlaments, die Notwendigkeit der Änderung. Klaus Welle (links) und Martin Schulz, Technologische "Extras" könnten noch teurer kommen. In den nun anvisierten Kosten von 10,5 Millionen Euro pro Jahr wären aber solche technologischen "Extras", ebenso wie etwa auch die Ausrüstung mit Mobiltelefonen und 134 Tablets, noch keineswegs eingepreist. Immerhin sind aber bereits die Kosten für die eigenen Uniformen der Chauffeure im Kostenvoranschlag enthalten: 116.000 Euro, 1000 Euro pro Mann, sind dafür im Jahr vorgesehen. Auch die durchgängig gestylten Fahrer sollen übrigens die Sicherheit der Abgeordneten erhöhen. "Parlamentarier sind oft mit dem Chauffeur alleine im Auto. Außerdem haben sie auch immer wieder vertrauliche Papiere mit", argumentierte Welle. Direkt bei der EU angestellte Fahrer würden dabei weit vertrauenswürdiger sein. "Schlicht eine faule Ausrede" "Das ist schlicht eine faule Ausrede", polterte hingegen ein EU- Insider gegenüber "Politico". "Sowohl aus Kosten- als auch aus Sicherheitsgründen ist das nicht verantwortbar. Für mich ist die ganze Sache verrückt. Warum brauchen wir ein eigenes Limousinenservice? Warum sollen die Parlamentarier nicht mit dem Taxi fahren wie jeder andere auch?" Die Sprecherin des Europäischen Parlaments, Marjory van den Broeke, widersprach dem allerdings heftig: "Es gab schon einige Vorfälle, die mehr Sicherheitsvorkehrungen begründen. Aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen kann ich aber nicht genauer darauf eingehen." Infobox Die Politbonzen in Brüssel lassen massenweise eine unkontrollierte Zuwanderung aus allen möglichen Ländern zu. Vor Analphabeten und Terroristen schützen sich diese Politiker mit mehr Sicherheit. Die Bürger hingegen dürfen die Grapscher und den Terrorismus auskosten. Die Hauptsache ist sich selber zu schützen. Es ist ihnen die Sicherheit ihrer eigenen Bürger Für Österreich gilt wie für England nur raus aus diesem Verein. gleichgültig. antworten Donnerstag, 10. März 2016, 07:32 von Mastermind Diese unnötigen Steuerfresser sollen sich einen Schleudersitz einbauen lassen. Vielleicht befördert der sie auf den Mond damit wir sie los sind! Es gibt nur mehr einen EU AUSTRITT!!!! -------------------4.3.2016 VW-Anleger nicht gewarnt Winterkorn wusste von den Schummeleien und sagte es Vorstand Angeblich erörterte der damalige Vorstand das Thema schon im Frühjahr 2014 VW hat weltweit Messdaten bei elf Millionen Fahrzeugen manipuliert, alleine in Deutschland rief der Konzern 2,4 Millionen Diesel-Autos zurück. Die Führungsriege des Konzerns wusste wohl früher als bekannt ist von den Manipulationen in den USA. 135 Hätte VW-Anleger warnen müssen: AufsichtsratBoss Pötsch wusste von Schummelei 09.47 Uhr: In der VW-Abgasaffäre gerät nun auch der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch in Erklärungsnöte. Wie die „Bild am Sonntag“ berichtet, wurde Pötsch bereits am 8. September 2015 über die Betrugssoftware informiert. Bei der Sitzung des Konzernvor-standes habe der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn seine Kollegen unterrichtet, dass der Autobauer gegenüber den US-Umweltbehörden einen sogenannten Defeat Device eingeräumt hatte. Als Finanzvorstand war Pötsch dafür verantwortlich, ob und wann der Konzern seine Aktionäre über Risiken informieren muss. Das Gesetz schreibt vor, dass bei kursrelevanten Ereignissen eine sogenannte Ad-hoc-Meldung veröffentlicht werden muss. Doch Pötsch schwieg dazu am 8. September und warnte laut "BamS" nicht vor etwaigen Folgen. An der Sitzung habe auch der damalige Porsche-Chef und heutige VW-Vorstandsvorsitzender Matthias Müller teilgenommen. Erst zwei Wochen später veröffentlichte VW eine Ad-hocMeldung. „Zu den Inhalten von Vorstandssitzungen äußert sich Volkswagen grundsätzlich nicht“, sagte ein VW-Sprecher. Winterkorn gesteht: Hatte Hinweis auf Schummelsoftware gelesen Sonntag, 6. März, 08.55 Uhr: Der damalige VW-Chef Martin Winterkorn hat im Mai 2014 den Hinweis auf Schummelsoftware wohl gelesen. Das räumte Winterkorn einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge in seiner Vernehmung bei der US-Kanzlei Jones Day ein, die von VW mit der Aufklärung der Affäre beauftragt wurde. Winterkorn betonte, er habe seine Techniker gefragt, ob das Problem lösbar sei. Ihm sei versichert worden, das sei kein Problem. Im Dezember 2014 gab es einen Rückruf der betroffenen US-Autos. Daraufhin sei die Sache für Winterkorn erledigt gewesen, erklärte er gegenüber Jones Day. Weiter sagte er laut "BamS" aus, er hätte seine Sorgfaltspflichten nicht verletzt. Diverse Gerichte in den USA und Europa werden in den nächsten Monaten entscheiden, ob Winterkorn richtig liegt. VW hatte am Mittwoch eine ausführliche Pressemitteilung veröffentlicht. Darin war auch die Information, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 einen Hinweis auf einen Defeat Device erhalten hat. „Ob und inwieweit Herr Winterkorn von dieser Notiz damals Kenntnis genommen hat, ist nicht dokumentiert“, heißt es in der Mitteilung. VW wehrt sich gegen Vorwurf der Aktionärstäuschung 08.39 Uhr: Volkswagen setzt sich gegen den Vorwurf zur Wehr, die Öffentlichkeit im vergangenen September zu spät über den Abgasskandal informiert und dadurch Anleger geschädigt zu haben. Beim Landgericht Braunschweig sei eine Klageerwiderung eingereicht worden, teilte der Autokonzern am Mittwoch in Wolfsburg mit. Nach sorgfältiger Prüfung sehe sich Volkswagen "in der Auffassung bestätigt, dass der Vorstand seine kapitalmarktrechtliche Publizitätspflicht ordnungsgemäß erfüllt hat". Der Sachverhalt ist kompliziert. So räumt VW in der Pressemitteilung ein, der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn sei "durch eine Notiz vom 4. September" über den Einsatz 136 der Schummelsoftware informiert worden, die die Abgaswerte auf dem Prüfstand senkte. Der Öffentlichkeit wurde aber erst 18 Tage später - am 22. September - in einer ad-hoc-Meldung verraten, welche enormen Finanzrisiken dem Konzern drohen, was dann sofort den Kurs abstürzen ließ. Das Wertpapierhandelsgesetz schreibt vor, dass kursrelevante Firmennachrichten sofort veröffentlicht werden müssen. VW schiebt den Schwarzen Peter seinen juristischen Beratern zu: Wegen deren "Empfehlung" sei der Konzern auch nach dem internen Bekanntwerden der massiven Manipulationen davon ausgegangen, dass "die Thematik" mit den US-Behörden "im üblichen Rahmen gelöst werden könne" - durch das Einräumen der Schummelei und deren technische Behebung und etwaige Bußzahlungen, "die für ein Unternehmen mit der Größe Volkswagens nicht besonders hoch seien". Der VW-Erklärung zufolge wurde der Konzernspitze erst "nach der unerwarteten Bekanntmachung" der US-Behörden am 18. September bewusst, dass der Skandal den Kurs belasten würde. Für eine "halbwegs belastbare" Abschätzung der weltweiten Risiken habe es noch einige Tage Zeit bedurft - eben bis zum 22. September. Trotz Abgas-Skandals: VW gewährt Tarif-Belegschaft Bonus Donnerstag, 03. März, 05.57 Uhr: VW zahlt seinen 120.000 Mitarbeitern im Haustarif trotz der milliardenschweren Belastungen aus der Abgas-Affäre auch für das Jahr 2015 einen Bonus. Der Konzern-Vorstandschef Matthias Müller und der Betriebsratsboss Bernd Osterloh einigten sich auf eine "Anerkennungsprämie", deren genaue Summe jedoch noch nicht feststeht. Das geht aus der zur Frühschicht an diesem Donnerstag verteilten Mitarbeiterzeitschrift "Mitbestimmen" hervor, von deren Inhalt die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Der Haustarifvertrag sichert eine Gewinnbeteiligung bei der Kernmarke VW-Pkw. Doch die steckt wegen Rückstellungen für die Abgas-Affäre derzeit tief in den roten Zahlen. Osterloh und Müller begründen die alternative Anerkennungsprämie mit einer herausragenden Leistung voll Mehrarbeit und Sonderschichten an den Standorten, aber auch mit dem Einstehen der Belegschaft für ihren Arbeitgeber in den schwierigen Zeiten des weltweiten Abgas-Skandals. Zur Summe der Prämie sagte Osterloh: "Über die konkrete Höhe müssen wir uns in weiteren Gesprächen verständigen." Der Bonus soll mit dem Mai-Entgelt 2016 fließen. Zuletzt vor rund einem Jahr hatte es mit der regulären Erfolgsbeteiligung für 2014 pro Kopf 5900 Euro gegeben. Der Haustarif gilt für die sechs westdeutschen Werke Emden, Hannover, Salzgitter, Braunschweig, Wolfsburg und Kassel sowie für die VW-Bank. ---------------------------------- Union der Unaufrichtigkeit EU in der Krise Warum die Überwindung des Nationalstaats - Europa destabilisiert 7.3.2016 137 Gurke gefunden? Eine geschichtsträchtige Aufnahme des Europäischen Parlaments in Strassburg (2011). Hätte ihn das Lampenfieber nicht zur Aufgabe seines ursprünglichen Berufswunsches gezwungen, Wynne Godley wäre wahrscheinlich Oboist geworden. Nach einem Abschluss in Philosophy, Politics and Economics studierte der gebürtige Londoner drei Jahre am Conservatoire de Paris. Später, als Professor in Cambridge und als langjähriger Mitarbeiter im britischen Finanzministerium, erwarb er sich den Ruf eines unbestechlichen Analytikers. Als flexibler Keynesianer kritisierte Godley sowohl die harte Geldpolitik Margaret Thatchers als auch die auf Kredit finanzierte Prosperität der Ära Greenspan-Clinton. Auch der Maastrichter Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union(EU) mochte diesem Ökonomen mit dem skulpturhaften Gesicht nicht ganz behagen. Er hegte Vorbehalte, deren Berechtigung sich seit der Einführung des Euro allesamt bestätigt haben. Volkswirtschaftlich sinnvoll und damit politisch verantwortbar waren für Godley nur zwei Positionen: Die erste sah die Errichtung einer europä-ischen Währungsunion mittels vorgängiger Schaffung einer politischen Union vor; die zweite bestand in der Abkehr vom Ziel einer Einheitswährung im Interesse der nationalen Selbstbestimmung. Godley selbst sympathisierte mit der ersten Position, während Margaret Thatcher bekanntlich die zweite favorisierte. Dagegen entsprach der Vertrag von Maastricht einem währungspolitischen Eintopfgericht. Der Verdacht auf Unverträglichkeit bestand bei profilierten Liberalen von Anbeginn. Ralf Dahrendorf warnte 1995 vor dem Versuch, unterschiedliche Wirtschaftskulturen ins Korsett einer Währung zu pressen. Die Währungsunion bezeichnete er – damals weitsichtig – als «ein wag-halsiges und verfehltes Ziel, das Europa nicht eint, sondern spaltet» (NZZ 8. 10. 15). Was Godley an Maastricht besonders missfiel, war die Unaufrichtigkeit der EU-Chefbeamten im Umgang mit der europäischen Öffentlichkeit. Als der Inhalt des Vertrags weitherum Bedenken auslöste, reagierte EU-Kommissions-Präsident Jac-ques Delors mit der ihm eigenen nervösen Gereiztheit. Die Bürger, so verkündete er nun allenthalben, müssten künftig stärker in die Pläne der Gemeinschaft mit einbezogen werden. Die Geschicke des Kontinents, so versicherte der Sozialist und bekennende Christ Delors, würden auch künftig keineswegs von Brüssel aus bestimmt; Europa funktioniere nach dem Prinzip der Subsidiarität. Strategie des Verwedelns Für Wynne Godley war indes klar: Anstatt den Menschen zu erklären, dass der Maastrichter Vertrag auf eine Revolution der Machtstrukturen in Europa abziele, versprach man ihnen ein Mitspracherecht bei der Gestaltung von Gemüse. «Vielleicht erlaubt uns Jacques Delors doch noch, ringförmige Gurken zu züchten. Grossartig!» In Wirklichkeit begann mit Maastricht das Projekt der Überwindung des europä-ischen Nationalstaats. Auch hier gab sich der EU-Befürworter Godley unverblümt: Ein Land, das mit seiner Währung auch seine eigenständige Konjunkturpolitik aufgibt, begebe sich auf die Stufe einer «Kommunalbehörde oder Kolonie». Wenige Jahre nach der Vertragsunterzeichnung bekräftigte der heutige Präsident der Kommission, Jean-Claude Juncker, den Weg der diskret-verklausulierten Kommu-nikation. Es sei für das Gelingen des europäischen Projekts entscheidend, irreversible Schritte als unbedeutsame zu deklarieren. Laut einem Bericht des «Spiegels» aus dem Jahr 1997 umschrieb Juncker diese Strategie folgendermassen: «Man muss eine Idee haben und ein Datum. Und das muss möglichst harmlos wirken.» 138 Die europäische Währungsunion war so eine Idee mit einem Datum; eine Idee, die harmlos wirken sollte. Sie war die grosse Wette, die man schon deshalb einging, weil man wusste, dass die Mehrheit der Europäer die Vision der «immer engeren Union» nicht teilte. Unaufrichtigkeit im Namen des Fortschritts schien indessen vertretbar. Wie hatte doch der grosse Jean Monnet verkündet? «Europa wird in Krisen geformt werden und wird die Summe der zur Überwindung der Krisen gewählten Lösungen sein.» Dass Monnets «self-fulfilling prophecy» in den letzten Jahren nur noch selten rezi-tiert wurde, dürfte auch daran liegen, dass die Krisen sich häuften und der Fortschritt ausblieb. In Südeuropa pendelten sich die Jugendarbeitslosenquoten auf bisher nicht für möglich gehaltenen Höhen ein. Dann kamen die Migrations- und Flüchtlings-krise, die multiplen Selfies der deutschen Kanzlerin mit Asylbewerbern; heute ist Schengen in Europa faktisch ausser Kraft gesetzt. In keinem europäischen Land (mit Ausnahme Deutschlands und der Niederlande) wurde der manifeste Verlust an politischer Selbstbestimmung mit Wohlstandsgewinnen kompensiert. Damit scheint die Lust des Publikums auf Durchhalteparolen à la Monnet, Delors oder Juncker bis auf weiteres gestillt. Und doch macht seit einigen Jahren eine alt-neue Meistererzählung die Runde. Ihre Anhänger postulieren zweierlei. Erstens handle es sich beim Nationalstaat angeblich um ein historisches Auslaufmodell, das den Herausforderungen der Globalisierung in keiner Weise gerecht werde; zweitens verlange unser globales Zeitalter nicht nach mehr Mitbestimmung, sondern nach mehr supranationaler Machtkonzentration. Irgendwann begann dieses Axiom der globalen Notwendigkeiten Jean Monnets Integrationstheorie den Rang abzulaufen: Eine neue geschichtsphilosophische Deutungsformel war geboren. Die ihr zugrunde liegende Logik war den politischen Milieus, die den Ausbau der EU am entschiedensten vorantrieben – Christlichdemo-kraten, Sozialdemokraten, karrierebewusste Marxisten –, gleichermassen vertraut. Dabei gibt es keinen stichhaltigen Grund, weshalb eine Organisation wie die EU mit globalen Herausforderungen besser fertigwerden sollte als stabile, demokratisch verfasste Nationalstaaten, die aufgrund gemeinsamer Interessen – auch im Sinne eines «give and take» – miteinander kooperieren. Natürlich können supranationale Institutionen helfen, Opportunitätskosten zu reduzieren und Kontrollmöglichkeiten zu erweitern. Nur heisst das nicht, dass diesem Ziel mit einer engen politischen Union am besten gedient wäre. Auch wenn führende EU-Politiker das immer noch nicht wahrhaben wollen: Zur europäischen Union à la Monnet und Delors gab und gibt es Alternativen. Das setzte allerdings voraus, dass man jene, die mit Brüssels Dekreten schon lange Mühe bekunden, nicht gewohnheitsmässig als Rosinenpicker oder Bremser diffamiert. Reale Lebenswelten Der Nationalstaat gründet auf einer affektiven Bindung seiner Bürger. Diese ist nicht das Produkt von nationalen Mythen und Erzählungen. Letztere bilden lediglich die symbolische Dramaturgie einer elementareren menschlichen Befindlichkeit. Die Nation ist, mit Benedict Anderson gesprochen, eine «imagined community», eine imaginierte Solidargemeinschaft. Wie war es historisch möglich, dass Menschen sich als Teil eines nationalen Kollektivs empfanden, von dem sie die meisten Angehörigen nie zu Gesicht bekommen würden? Andersons Erklärung dieser Revolutionen modernen Denkens und Fühlens – stark verdichtet: Reformation plus Gutenberg plus Print-Kapitalismus plus Sprachstandardisierung. Worauf Anderson hingegen kaum einging: dass sich Menschen «ihre» Nation als ein ortsähnliches Gebilde vorzustellen pflegen. Der Punkt ist bedeutungsvoll. Denn ob wir uns nun als Kosmopoliten verstehen, obschon wir unser Land nie für länger als ein Jahr verlassen haben; ob wir schon lange nicht mehr dort leben, wo wir geboren sind; ob wir einer exklusiven politischen oder akademischen Elite angehören; ob wir als Handwerker in einer kleinen oder als Journalisten in einer leidlich grossen Stadt leben – von unserer anthropologischen Ausstattung her sind wir ortszentrierte Wesen und verhalten uns entsprechend. Die Metaphorik des Ortes dominiert selbst das Internet. Denn dort draussen im Cyberspace spricht man nicht nur von Networks, sondern auch von Chatrooms, Platforms und Acquaintances; sogar von Friends spricht man. Wo ihm die starken Orte ausgehen, versucht 139 der Mensch verzweifelt, neue zu erfinden. Das ist kein Kinderspiel – war es noch nie. Auch fällt es leichter, solche starken Orte – sie sind die Grundlage der vielbeschworenen Zivilgesellschaft – zu destabilisieren, als neue zu schaffen. Vielleicht hätte Benedict Anderson die Nation deshalb besser als «imagined place» bezeichnet. Denn dieses erstaunliche Kunststück menschlicher Projektion – sich als Teil einer Nation mit im Regelfall mehreren Millionen Angehörigen zu sehen – funktioniert nur dank realer Ortsbezogenheit. Dagegen ist und bleibt die Europäische Union für die meisten ein kultureller Raum. Der affektive Unterschied, der aus dieser Differenz resultiert, ist gewaltig. Dies sollte man erstens zur Kenntnis nehmen und zweitens danach handeln. Politisch. Auf gesamteuropäischer Ebene. Dabei täte man gut daran, den Ratschlag Wynne Godleys zu beherzigen: Die nötige Reform der Europäischen Union bedarf keiner weiteren terminologischen Zauber-formeln. Sie bedarf der Erkenntnis, dass praktische Verantwortung an jenen Orten gedeiht, wo Menschen sich zu Hause fühlen. Oliver Zimmer lehrt als Professor für moderne europäische Geschichte an der University of Oxford. 12. 3. 2016 Wohlstand in Gefahr Die internationale Schuldenkrise ist nach wie vor ungelöst. Sie gefährdet zunehmend die Marktwirtschaft, Freiheitsrechte und letztlich die Demokratie. Die Schuldenkrise droht enorme Volumen an Vermögen zu vernichten. Es gilt, endlich ihre Ursachen anzugehen. Wirklich weg war sie nie – und dass die internationale Schuldenkrise nach wie vor ungelöst ist, haben die Turbulenzen an den Börsen zum Jahresbeginn gezeigt. Ausgehend von Sorgen über die Konjunktur in China, schwappten die Ängste über auf Bankaktien, und plötzlich war von der Gefahr einer weltweiten Rezession die Rede. Nicht wenige Investoren und Ökonomen fürchten, dass nach der US-Immobilienkrise 2007, dem Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems 2008 und der 2010 ausgebrochenen Euro-Krise nun die nächste Eskalation anstehen könnte. All diese Krisen sind miteinander verwoben, ihren Kern bilden die über Jahrzehnte hinweg gewachsenen, immer weniger tragbaren Schulden privater und staatlicher Akteure. Diese Schuldenkrise umfasst die meisten westlichen Industrie-staaten, Japan, einzelne Schwellenländer sowie das internationale Finanzsystem. Wie die Geschichte zeigt, haben Schulden- und Finanzkrisen das Potenzial, enorme Volumen an Vermögen und Wohlstand zu vernichten. Auch dieses Mal wird dies kaum zu verhindern sein. Damit die Krise nicht zu einer immer grösseren Gefahr für Marktwirtschaft, bürgerliche Freiheitsrechte und Demokratie wird, gilt es, das Übel an der Wurzel zu packen. Vielfältige Krisen-Symptome Die unterschwellige Zuspitzung der Krise in den vergangenen Jahren zeigt sich bereits an der Entwicklung der Staatsschulden. Diese sind laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) seit dem Jahr 2007 übermässig stark gestiegen und dürften Ende 2015 in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften bei rund 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts gelegen haben. 2007 hatte dieser Wert noch 75 Prozent betragen. In Ländern wie Japan (234 Prozent), Griechenland (180 Prozent) oder Italien (149 Prozent) lag die Staatsverschuldung Ende des vergangenen Jahres derweil noch viel höher. Dieser Schuldenturm hemmt – zusammen mit der demografischen Alterung der Bevölkerung in vielen Ländern – das Wirtschaftswachstum immer stärker. Als Sorgenkinder gelten Europa und Japan. Hinzu 140 kommen nun Ängste über die Konjunktur in China und in anderen Schwellenländern. Bedenklich ist, dass die Schulden in diesen Ländern in den vergangenen Jahren ebenfalls stark gestiegen sind. Derweil bröckelt der Glaube der Investoren an die Allmacht der Zentralbanken. Diese haben in den vergangenen Jahrzehnten zwar Krise um Krise mit billigem Geld bekämpft. Nun zeigt sich aber immer deutlicher, dass sich mit dieser ultraexpansiven Geldpolitik zwar Zeit gewinnen lässt, dass sie aber kein Wachstum schafft und das Überschuldungsproblem nicht löst. Zunehmend scheinen sich die Zentralbanken einer Art «keynesianischem Endpunkt» zu nähern, ab dem ihre Massnahmen nicht mehr wirken. Die mittlerweile von einigen Notenbanken eingesetzten Instrumente wie Negativzinsen bergen derweil erhebliche Risiken. So beeinträchtigen die Negativzinsen beispielsweise das Zinsgeschäft der Geschäftsbanken. Dies könnte den vor allem bei Europas Finanzhäusern dringend nötigen Aufbau von Kapital beeinträchtigen, denn viele Banken operieren weiterhin mit zu wenig Eigenmitteln. Auch das «Too big to fail»-Problem, das darin besteht, dass Banken zu gross sind, um fallengelassen zu werden, besteht weiterhin. Im Ernstfall müsste bei einigen Instituten in Europa wohl erneut der Steuerzahler einspringen, um sie vor dem Kollaps zu retten. In Zukunft könnten hier die Bankkunden noch stärker zur Kasse gebeten werden. Wie das aussehen könnte, hat sich bereits gezeigt, als sich 2013 die Krise in Zypern zuspitzte. Um kollabierende Banken zu retten, wurden damals private Sparguthaben auf Bankkonten oberhalb der Grenze der Einlagensicherung von 100 000 Euro eingezogen. An den Finanzmärkten äussert sich die Schuldenkrise derweil in einem regelrechten Anlagenotstand der Investoren. Im September 2015 hatten in Europa rund 65 Prozent aller emittierten Staatsobligationen eine Rendite von weniger als einem Prozent, wie der Rückversicherer Swiss Re festhielt. Die ultraexpansive Geldpolitik der Zentralbanken hat auch die Immobilienpreise und die Aktienkurse in die Höhe getrieben. Diese Entwicklung birgt die Gefahr von Fehlallokationen und der Bildung von Blasen, deren Platzen dann sogar zur nächsten Eskalationsstufe der Schuldenkrise führen könnte. Eine weitere Ausprägung der ungelösten Schuldenkrise ist die immer stärkere finanzielle Repression. Mittels dieser bringen staatliche Akteure Bürger um Teile ihres Vermögens und schränken deren Handlungsmöglichkeiten ein. Neben den künstlich tief gehaltenen Zinsen, die auf Sparer wie eine zusätzliche Steuer wirken, sind hier etwa die Einschränkungen beim Bargeldverkehr in Ländern wie Frankreich oder Italien zu nennen. Drastische Massnahmen der finanziellen Repression waren derweil in Griechenland zu beobachten, als sich 2015 die Krise zuspitzte. Bürger konnten nur noch 60 Euro pro Tag von ihren Konten abheben, und weiter wurde ihnen der Zugang zu ihren Bankschliessfächern verweigert. Hoffen auf die Amerikaner Es ist zu befürchten, dass die finanzielle Repression im weiteren Verlauf der Schuldenkrise noch deutlich zunehmen wird. Manche Zentralbanken könnten die Zinsen noch tiefer in den negativen Bereich drücken, was den Anlagenotstand verschärfen würde. Ausserdem drohen beim Bargeldverkehr weitere Einschränkungen. So plant auch die deutsche Bundesregierung, eine Obergrenze beim Bargeldverkehr einzuführen, und EZB-Präsident Mario Draghi hat gemäss Medienberichten Offenheit für eine mögliche Abschaffung des 500-Euro-Scheins erkennen lassen. Mit den künstlich niedrig gehaltenen Zinsen werden nicht nur die Signale freier Märkte manipuliert, sie dürften auch den Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen in Zukunft immer grössere Schwierigkeiten bereiten. Die OECD geht davon aus, dass die ultraniedrigen Zinsen die Zahlungsfähigkeit von Pensionsfonds und Versicherungen bedrohen und erhebliche längerfristige Risiken schaffen könnten. International würde diese Entwicklung 141 die Altersvorsorge von Millionen von Menschen schmälern. Dies birgt die Gefahr sozialer Unruhen. Angesichts der in vielen Ländern hohen Arbeitslosenzahlen ist der Unmut in der Bevölkerung gross, was sich im Aufstieg von links- und rechtspopulistischen Parteien zeigt. Angesichts der Prognosen für das Wirtschaftswachstum sind die Hoffnungen auf schnelle Besserung eher gering. Die BIZ sieht auf lange Sicht die Gefahr, dass die Weltwirtschaft instabil und chronisch schwach bleibt, wie sie in ihrem Jahresbericht für 2015 schreibt. Von einer «Weltwirtschaftskrise in Zeitlupe», die wir derzeit erleben, spricht derweil der Ökonom Daniel Stelter. Dass solche tiefgehenden Schulden- und Wirtschaftskrisen verheerende Folgen für Demokratie und Marktwirtschaft haben und den Zwist zwischen Nationen befördern können, hat die Weltwirtschaftskrise von 1929 hinlänglich bewiesen. Es gilt also, endlich die Ursachen der Schuldenkrise anzugehen. Die Zentralbanken haben mit ihrem vielen billigen Geld die Lösung der Krise in die Zukunft verschoben. Zudem hat dieses sogar Druck von den Regierungen genommen, so dass dringend notwendige strukturelle Reformen weiter verschleppt wurden. Nun wäre es höchste Zeit, den Stimulus Schritt für Schritt zurückzunehmen. Der kleine Zinsschritt der US-Notenbank Federal Reserve im Dezember 2015 war immerhin ein Anfang. Auch wenn Zinserhöhungen für erhebliche Marktschwankungen sorgen, ist es besser, den Einstieg in den «Exit» zu wagen, als mit immer neuen Stimuli weiterzumachen. Der nötige Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik dürfte umso schmerzhafter werden, je später er erfolgt. Auch beim «Retten» von kollabierenden Banken und Staaten ist ein Umdenken nötig. In der Vergangenheit hat diese «Rettungskultur» dazu geführt, dass die öffentlichen Haushalte überlastet wurden und die Schuldenberge immer weiter wuchsen. Es ist zu befürchten, dass der Schuldenturm mittlerweile so hoch ist, dass sich die Krise nur noch mit drastischen Mitteln lösen lässt. Die Entwicklung geht wohl immer stärker in Richtung einer Monetarisierung von Schulden. So könnten die Zentralbanken immer mehr Schulden aufkaufen und versuchen, diese zu neutralisieren. Die Folgen dieses «grossen Experiments» sind aber völlig ungewiss. So wachsen die Zweifel am System mit ungedecktem Papiergeld, in dem Banken durch Kreditvergabe Geld «aus dem Nichts» schaffen können. Eine neuerliche Verschärfung der Krise könnte Debatten über eine Reform des Geldsystems auslösen. Gefährlich dürfte es werden, wenn die Schuldenkrise sich immer stärker zur Vertrauenskrise auswächst. Wirtschaftsund Finanzsysteme können nur bis zu einem gewissen Grad «gedehnt» werden. Werden sie überfordert und geht das Vertrauen der Bevölkerung in das System verloren, können Krisen eine unkontrollierbare Dynamik entwickeln. ---------------------------------142 12.3.2016 Österreich will auch Italien-Mittelmeer-Route schließen Nach der Balkanroute müsste dringend auch die Italien- Mittelmeer-Route geschlossen werden, Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz fordert die Schließung weiterer Grenzen in Europa für Flüchtlinge. "Schlepperei lässt sich nicht ganz verhindern. Wir werden daher alles, was wir jetzt an der Westbalkanroute tun, auch entlang der Italien-Mittelmeer-Route tun müssen, damit klar ist, die Zeit des Durchwinkens der Flüchtlinge nach Mitteleuropa ist vorbei – egal auf welcher Route", sagte Kurz der "Bild am Sonntag". Der Außenminister kritisierte die bisherige Politik scharf. "Wir mussten aufhören, jeden Flüchtling, der in Griechenland ankommt, staatlich organisiert nach Mitteleuropa zu transportieren. Damit haben wir zwar den Wünschen der Flüchtlinge entsprochen, was menschlich nachvollziehbar war. Wir haben aber auch dafür gesorgt, dass sich immer mehr Flüchtlinge auf den Weg gemacht haben." Kurz verlangte: "Die Grenzen müssen geschlossen bleiben." Sie könnten erst wieder aufgehen, "wenn der Flüchtlingszustrom nach Europa abgeebbt ist". Beim EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise am Donnerstag und Freitag erwartet Kurz eine Einigung mit der Türkei. Er warnte aber davor, sich ganz auf die Regierung in Ankara zu verlassen. "Wir müssen dafür sorgen, dass wir der Türkei nicht ausgeliefert sind. Das tun wir, indem die europäischen Regierungen wieder eigenständig Kontrolle darüber erlangen, wer zu uns kommt. Also die Flüchtlinge in Griechenland versorgen und nicht weiter nach Deutschland oder Österreich reisen lassen", erklärte Kurz. Österreichs Kanzler fordert Obergrenze von Deutschland Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat Deutschland derweil erneut aufgefordert, eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen einzuführen. "Erst wenn Deutschland einen Richtwert nennt und Flüchtlinge nur noch direkt aus den Krisenregionen holt, durchbricht man die Logik der ungeordneten Migration", sagte Faymann der Tageszeitung "Österreich". Gemessen am Wiener Richtwert sollte die Bundesrepublik jährlich 400.000 Flüchtlinge aufnehmen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll nach Meinung Faymanns klare Regeln für die Verteilung der Menschen einführen. "Sie muss das Modell durchbrechen, dass in einem Wettlauf jener der Sieger ist, der Deutschland erreicht. Man kann sich das Aufnahmeland nicht aussuchen", sagte Faymann der "Kronen Zeitung". Alle Flüchtlinge würden Schutz in Europa finden, aber das Aufnahmeland dürften sie sich nicht selbst aussuchen. "Die Franzosen würden 30.000 Asyl-Suchende nehmen, haben aber nicht einmal 1000 bekommen, weil alle nach Deutschland und Österreich wollen", so Faymann. 143 Fifa-Ethikkommission Verfahren gegen Beckenbauer eröffnet 22.3.2016 Die Fifa-Ethikkommission eröffnet ein Verfahren wegen der Vergabe der WM-Endrunde 2006. Von den Untersuchungen betroffen sind Franz Beckenbauer und zwei frühere DFB- Präsident Franz Beckenbauer. Die Fifa-Ethikkommission eröffnet ein Verfahren wegen der Vergabe der WM-Endrunde 2006 an Deutschland. Die Untersuchungen richten sich unter anderem gegen den früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und den damaligen OK-Chef Franz Beckenbauer. Neben Niersbach und Beckenbauer wird auch gegen den damaligen DFB-Chef Theo Zwanziger, die früheren Generalsekretäre Helmut Sandrock und Horst R. Schmidt sowie den ehemaligen Direktor Stefan Hans ermittelt. Alle sechs waren Mitglieder des Organisationskomitees für die WM. Sie werden jeweils verdächtigt, den Fifa-Ethikcode verletzt zu haben. Die Fifa-Ethikhüter erklärten, dass sie vor Einleitung des Verfahrens den Untersuchungsbericht der vom DFB beauftragten Kanzlei Freshfields geprüft hätten. Im Zentrum der Affäre stehen zwei Zahlungen von 6,7 Millionen Euro. Mit Hilfe von Robert Louis-Dreyfus überwiesen Beckenbauer und sein Manager Robert Schwan diese Summe 2002 zunächst über ein Konto in der Schweiz an eine Firma des damaligen Fifa-Funktionärs Mohamed bin Hammam in Katar. 2005 zahlte das WM-OK die 6,7 Millionen an den früheren Adidas-Chef Louis-Dreyfus zurück – allerdings bewusst falsch deklariert als Beitrag zu einer WM-Gala, die am Ende nie stattfand Fifa-Korruptionsskandal Es regnet kein Geld mehr 3,6 Millionen Franken hat Joseph Blatter im Krisenjahr 2015 verdient. In guten Zeiten soll es wesentlich mehr gewesen sein. Der neue Präsident Infantino wird wohl bescheidener sein. • 144 • • • • • • • • Die fatalen Folgen einer verfehlten Schweizer Landwirtschaftspolitik Um die Wettbewerbskraft der Schweiz zu stärken, wären Massnahmen zur Öffnung der Landwirtschaft dringend erforderlich. Unter der Marktabschottung leiden nicht nur Konsumenten und Steuerzahler. Nur eine produktivere Agrarwirtschaft und mehr Importe können die Versorgungssicherheit garantieren. Die Landwirtschaftspolitik bildet nicht nur einen Tolggen im Reinheft, sondern sie ist schlicht der Sündenfall der liberalen Schweiz. Keine andere Branche wird derart stark staatlich umsorgt und von der ausländischen Konkurrenz abgeschirmt wie die Landwirtschaft. Rund 50% der Bruttoeinnahmen der Schweizer Landwirte entstammen öffentlichen Transfers, die vom Konsumenten und vom Steuerzahler finanziert werden. Weltweit verzeichnen lediglich die Bauern in Japan, Korea, Norwegen und Island ein ähnlich hohes Stützungsniveau. Die Transferleistungen sind insgesamt mehr als doppelt so hoch wie in der EU. Bremsklotz gegen Freihandel Obwohl seit Mitte der 1990er Jahre staatliche Eingriffe teilweise abgebaut, Preis- und Absatzgarantien abgeschafft und der Zollschutz etwas reduziert wurde, liegen die landwirtschaftliche Produzentenpreise in der Schweiz immer noch 40% über dem Weltmarktniveau. Es sind aber nicht nur die Kosten, die sich für Steuerzahler und Konsumenten laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) derzeit auf 5,5 Mrd. Fr. pro Jahr belaufen, die Anlass zur Sorge bieten. Verheerend sind vielmehr die indirekten volkswirtschaftlichen Schäden des praktizierten Agrarschutzes. Zum einen belastet eine solche Politik nämlich Branchen wie das Gastgewerbe und den Tourismus, für die landwirtschaftliche Produkte einen wichtigen Kostenblock darstellen, oder auch die Nahrungsmittelindustrie, weil die hiesigen Rohstoffe überteuert sind. Zum anderen erweist sich der Agrarprotektionismus immer wieder als Bremsklotz, wenn es darum geht, für die Exportwirtschaft zentrale Freihandelsabkommen abzuschliessen. Von der Frankenstärke hart getroffene, aber insgesamt hochprofitable Exportzweige sind die Leidtragenden einer solchen Abschottung. 145 • • • Zwar sind im Bereich der Landwirtschaftspolitik in den vergangenen Jahren durchaus Fortschritte erzielt worden. Dazu zählt der stufenweise Abbau von produktionsgebundenen Unterstützungsleistungen zugunsten von Direktzahlungen. In die richtige Richtung zielt auch die Agrarpolitik 2014–2017, die unter anderem vorsieht, dass Direktzahlungen nicht mehr massgeblich von der Zahl der gehaltenen Tiere abhängen, sondern von der Grösse der bewirtschafteten Fläche. Aber gleichzeitig versuchen Landwirtschafts-Lobbyisten – angeführt von der SVP sowie oftmals mit tatkräftiger Unterstützung von FDP und anderen Parteien – das Reformrad zurückzudrehen. Die jüngsten Vorstösse zielten dabei auf die Aushebelung des Cassis-de-Dijon-Prinzips, eine privilegierte Besteuerung von Baulandreserven, die Ernährungs-Sicherheits-Initiative oder Steuerprivilegien für Schnapsbrenner. Erfolgreich gelingt es dieser unheiligen Allianz in der Regel auch, drohende Budgetkürzungen im Agrarbereich zu verhindern. Preissignale sind zweitrangig • • • • • • Gleichzeitig haben die Direktzahlungen der Bauern im Vergleich mit dem, was sie mit dem Verkauf ihrer Produkte verdienen, mittlerweile ein so hohes Niveau erreicht, dass Preis- und Marktsignale für ihre Entscheidungen nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Erst mit einer deutlichen Senkung dieser Transferleistungen würden vermehrt Anreize geschaffen, qualitativ hochwertige Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren. Hinzu kommt ein wahrer Dschungel an Transferzahlungen, die von landwirtschaftlichen Investitionskrediten über Beiträge für die Sömmerung und für Hänge in Steillagen bis zu Vernetzungszahlungen für wertvolle Biodiversitätsförderflächen reichen. Notwendig wären eine erhebliche Entflechtung sowie eine klare Unterscheidung von privaten und öffentlichen Gütern. So handelt es sich bei Nahrungsmitteln um rein private Güter – sie sind verkäuflich und werden individuell konsumiert. Es besteht somit keine staatliche Veranlassung, in das marktwirtschaftliche Spiel von Nachfrage und Angebot eingreifen. Im Gegenzug sollten Stützungsbeiträge nur noch für öffentliche Güter wie Landschaftspflege, Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen oder Tier- und Naturschutz ausgerichtet werden. Die Schweizer Landwirtschaft steuert weniger als 1% zur Wertschöpfung bei und umfasst rund 3,5% der Erwerbsbevölkerung: Punkto Produktivität gehört sie damit im OECD-Vergleich zu den Schlusslichtern. Dass eine aus volkswirtschaftlicher Perspektive unbedeutende Branche die übrige Wirtschaft derart im Würgegriff hat, ist erklärungsbedürftig. Ein wichtiger Faktor ist dabei nicht nur die mächtige, gut organisierte Bauernlobby, die auch kleinste Marktöffnungen im Keime erstickt. Ebenso bedeutsam ist die sozialromantische Verklärung der Landwirtschaft in der Bevölkerung, die «dem vom Aussterben bedrohten Bauernstand» grosse Sympathien entgegenbringt. Wie Avenir Suisse bereits vor Jahren in einer Analyse festgehalten hat, sind es nicht zuletzt Mythen, die es erlauben, den teuren Agrarschutz aufrechtzuerhalten. 146 147 • • • • • • • Dazu zählt das Argument der Ernährungssicherheit, das automatisch mit einer intakten Landwirtschaft gleichgesetzt wird. Eine möglichst hohe Selbstversorgung ist für die Schweiz mit ihrer beschränkten Agrarfläche jedoch eine Illusion. Da die rohstoffarme Volkswirtschaft auf Importe angewiesen ist, lässt sich die Ernährungssouveränität am wirksamsten mit Freihandel und einer wettbewerbsfähigen Landwirtschaft sicherstellen. Auch die Behauptung, «in der Schweiz finde ein ungebremstes Bauernsterben statt», muss relativiert werden. So haben in der Industrie seit dem Jahr 2000 mit einem Minus von 54 000 (Vollzeit)Erwerbstätigen absolut betrachtet deutlich mehr Personen ihre Arbeitsstelle verloren als in der Landwirtschaft (–13 000). Auch mit Blick auf die schwindende Zahl der Landwirtschaftsbetriebe handelt es sich um einen sanften beziehungsweise zurückgestauten Strukturwandel – mit der Folge einer kleinbetrieblich strukturierten und wenig produktiven Branche. Landwirtschaftspolitische Agenda nrü. ⋅ Eine liberale Landwirtschaftspolitik, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft stärken würde, müsste folgende Reformmassnahmen umfassen: Abschaffung von Ausfuhrsubventionen für verarbeitende Erzeugnisse («Schoggigesetz»). Erfüllung des Verfassungsauftrages der Nahrungsmittelsicherheit durch möglichst freie Importe. Ein erster Schritt wäre die Streichung der Ausnahmeregelung für Nahrungsmittel im Rahmen des Cassis-de-Dijon-Prinzips. Vollständige Liberalisierung des Agrar- und Nahrungsmittelmarktes mit der EU – eventuell in Kombination mit vorübergehenden Ausgleichszahlungen. Sukzessiver Abbau von Agrarzöllen und weiteren Schutzmassnahmen auch gegenüber anderen Handelspartnern. Direktzahlungen nur noch für Dienstleistungen, bei denen es sich um öffentliche Güter handelt (Landschaftspflege, Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, Tier- und Naturschutz) in Verbindung mit konkreten Auflagen. Abgeltung des Verfassungsauftrages der dezentralen Besiedlung des Landes über Finanzausgleich und nicht über landwirtschaftliche Stützungsbeiträge. Ebenso falsch ist die Behauptung, dass die Schweizer Bauern ohne staatlichen Schutz dem Untergang geweiht wären. Die Wettbewerbschancen für landwirtschaftliche Qualitätsprodukte sind durchaus intakt. Darauf lässt nicht nur die rege Nachfrage der Konsumenten nach Bio- und Premium-Produkten schliessen, für die sie einen Zuschlag zu bezahlen bereit sind, sondern auch die erfolgreiche Liberalisierung des Käsehandels mit der EU. Diese förderte die Qualität und die Innovation der schweizerischen Käsewirtschaft, führte zu wieder steigenden Exporten und vergrösserte gleichzeitig das Sortenangebot in der Schweiz. Ähnliches trifft auch auf den seit 2001 weitgehend liberalisierten Weinmarkt zu. So räumen selbst Weinproduzenten ein, dass sich die Qualität von Schweizer Wein seither deutlich verbessert habe. Insofern müssten die Vorzüge einer Marktöffnung auch dem neuen Bundesrat und Winzer Guy Parmelin bekannt sein. Liberalisierung als Chance Dass eine landwirtschaftliche Liberalisierung sich volkswirtschaftlich auszahlen würde, zeigt eine Simulations-Analyse der OECD. Laut Berechnungen der Ökonomen würden die Kosten zur Stützung der Landwirtschaft (inklusive Rückgang der stattlichen Transferzahlungen, Anstieg der Konsumentenrente und Verlust der Zolleinnahmen) bei einer vollständigen Marktöffnung gegenüber der EU um 1,49 Mrd. Fr. sinken. Der gleichzeitig resultierende Verlust der landwirtschaftlichen Produzenten läge mit 1,01 Mrd. Fr. deutlich darunter. Selbst wenn nun zur Kompensation Übergangszahlungen an die Bauern geleistet würden, wäre ein solcher Schritt durchaus sinnvoll. Dank günstigeren Beschaffungspreisen und dem gestiegenen Konkurrenzdruck liesse sich damit nämlich gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft steigern – wie auch diejenige nachgelagerter Industrien, die Zugang zu günstigeren landwirtschaftlichen Rohstoffen hätten 148 • Schweizer Landwirtschaft • Warum die Agrarlobby so mächtig ist • Ein Geflecht von politisch-administrativen Entscheidungsmechanismen schafft eine asymmetrische Interessendurchsetzung zugunsten der Bauern und zulasten der Konsumenten und Steuerzahler. • • Hauptprofiteure der Schweizer Agrarpolitik sind grosse Landwirtschaftsbetriebe, kaum Kleinbauern wie dieser. • • • • Man ist immer wieder verblüfft, wie die Agrarlobby ihre Interessen durchsetzt. Jüngstes Beispiel ist der Beschluss des Nationalrats vom 6. Mai 2015, für Lebensmittel das Cassis-de-Dijon-Prinzip nicht anzuwenden. Begründung: Es gelte, die schweizerische Bevölkerung vor minderwertigen ausländischen Erzeugnissen zu schützen – als ob die Konsumenten dazu nicht selber in der Lage wären. Wie ist es überhaupt möglich, dass die Bauern, die lediglich etwa 2% der Beschäftigten ausmachen und weniger als 1% zum Bruttoinlandprodukt beitragen, dem übrigen Teil unserer Volkswirtschaft enorme Lasten aufbürden können? Teure Protektion Die Steuerzahler und Konsumenten werden Jahr für Jahr mit über 6 Mrd. Fr. belastet. Die Nahrungsmittelindustrie wird in ihren Exportchancen gehemmt, weil inländische Rohstoffe zu teuer sind. Der künstlich verteuerte Kostenblock Nahrungsmittel beeinträchtigt die Konkurrenzfähigkeit von Gastgewerbe und Tourismus. Der Detailhandel leidet unter dem Kaufkraftabfluss ins grenznahe Ausland. Die Agrarlobby erweist sich immer wieder als Bremsklotz, wenn es darum geht, mit Drittstaaten Freihandelsabkommen zugunsten unserer Exportindustrie abzuschliessen. Dabei könnte eine umfassende Reform der nach wie vor protektionistischen Agrarpolitik einen Beitrag zur Bewältigung der Frankenstärke leisten (vgl. NZZ 7. 5. 15). Realistisch betrachtet, wird die ausgezeichnet organisierte und schlagkräftige Agrarlobby dies zu verhindern wissen. Reformen werden wohl erst möglich, wenn einmal für jedermann sichtbar Arbeitsplätze in grossem Ausmass ins Ausland verlagert worden, die Arbeitslosenzahlen stark gestiegen, die Unternehmensgewinne und die 149 • • • • • • • • Steuereinnahmen drastisch geschrumpft sind. Wer nicht so lange warten möchte, muss der Frage nachgehen, wie die Macht der Agrarlobby zu erklären ist – und geschwächt werden könnte. Dafür eignet sich die Neue Politische Ökonomie (engl. «public choice»). Dieser ab den 1950er Jahren entwickelte Zweig der Volkswirtschaftslehre unterscheidet mehrere Möglichkeiten, wie wirtschaftliche und gesellschaftliche Entscheidungen über die Herstellung und Verteilung von Waren und Diensten erfolgen können. Im Vordergrund stehen der Marktmechanismus, die demokratischen und bürokratischen Prozesse sowie das Aushandeln zwischen Interessenorganisationen («collective bargaining»). Das Zusammenspiel dieser Entscheidungssysteme wird im Folgenden anhand der heutigen schweizerischen Agrarpolitik skizziert. Verzerrte Marktsteuerung Bei der Herstellung von Nahrungsmitteln greift der Staat in das Spiel von Angebot und Nachfrage ein. Er fördert die inländische Produktion durch offene und versteckte Subventionen und hemmt den Import ausländischer Produkte durch Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse. Als vorgeschobene Begründung dient die süffige Vokabel «Versorgungssicherheit». Faktisch geht es um Einkommenssicherung für die Bauern. Daraus resultieren gesamtwirtschaftliche Effizienzverluste: Knappe Ressourcen werden nicht optimal eingesetzt. Auch die Verteilungswirkungen entsprechen nicht den gängigen Gerechtigkeitsvorstellungen. Hauptprofiteure sind grosse Landwirtschaftsbetriebe im Tal- und Hügelgebiet, kaum Kleinbauern im Alpenraum, schon gar nicht die zum Teil viel ärmeren Bauern im Ausland. Kostenträger sind die unteren Einkommensklassen. Für sie machen die Lebensmittelausgaben im Haushaltsbudget einen grösseren Anteil aus als für die oberen. Hauptargumente für staatliche Eingriffe in den Agrarbereich sind die in der Bundesverfassung formulierten Ziele «dezentrale Besiedlung» und «Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen». Dies sind durchaus legitime Anliegen, nur sind finanzielle und regulatorische Massnahmen zugunsten der Bauern nicht die zweckmässigsten Instrumente, um die Ziele zu erreichen. Über den Finanzausgleich kann die dezentrale Besiedlung besser realisiert werden als über die Subventionierung von Agrarprodukten und Importzölle. Die Landschafts-, Umwelt- und Naturschutzziele lassen sich gezielter durch Ausschreibungen verwirklichen. Bauern, aber auch Nichtbauern sollten Offerten einreichen können. Die besten Angebote kämen zum Zuge – gleich, wie dies im Rahmen des öffentlichen Submissionswesens beim Bau von Strassen, Schulhäusern und sonstigen Infrastrukturanlagen gang und gäbe ist. Warum geschieht dies nicht? Weil im Landwirtschaftsbereich die Marktsteuerung durch politisch-administrative Prozesse überlagert wird, und zwar in einem Ausmass wie in keiner anderen privatwirtschaftlich organisierten Branche. Nostalgische Verklärung Den Bauernverbänden ist es durch Verweis auf den Zweiten Weltkrieg gelungen, der Bevölkerung einzureden, die staatliche Förderung der Landwirtschaft sei unerlässlich für unsere Versorgungssicherheit. Schön wär's. Doch in den letzten siebzig Jahren haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert. Aus der globalen Verflechtung kann und will die Schweiz nicht ausscheren. Die schweizerische Landwirtschaft ist auf importierte Rohstoffe (vor allem Futtermittel) und wie alle anderen Sektoren 150 • • • • • • • auf importierte Energieträger angewiesen. Welcher Bauernhof würde heute noch funktionieren, wenn es an Treibstoffen für den Traktor oder Strom für die Melkmaschine fehlen würde? Solche Fragen müssen sich die Stimmbürger und die Politiker nicht stellen, solange es unserer Volkswirtschaft gut geht. Aus sentimentaler Erinnerung an ihre bäuerlichen Vorfahren vertrauen sie den Agrarverbänden und ihren Werbeagenturen, wenn diese versichern: «Wir wollen euer Bestes und schützen euch. Schweizer Lebensmittel sind besser als ausländische und rechtfertigen höhere Preise.» So erreichen die relativ wenigen Bauern in der demokratischen Arena sagenhafte Mehrheiten. Das jüngste Beispiel: 109 der 200 Nationalräte unterstützten das Cassis-de-Dijon-Begräbnis und legten damit wider jegliche gesamtwirtschaftliche Vernunft einen Zacken zu in Sachen Agrarprotektionismus. Hoffentlich korrigiert der Ständerat diesen Entscheid. Möglich werden solche Abstimmungsergebnisse nur, wenn zwei weitere Faktoren in die gleiche Richtung wirken: das Verhalten der Agrarbürokratie und die Unterstützung durch nichtbäuerliche Interessenorganisationen. Wie jede Bürokratie neigen auch die für die Vorbereitung und den Vollzug landwirtschaftlicher Gesetze, Verordnungen und Verfügungen zuständigen Abteilungen des Bundes, der Kantone und öffentlichen Anstalten zur Expansion. Wie Verhaltensstudien zur Bürokratie belegen, lautet deren Devise: Je mehr Mitarbeitende, desto besser; je höhere Ausgaben, desto besser. Ihr Bestreben ist darauf ausgerichtet, eine Klientel zu schaffen, diese wenn möglich zu vergrössern, bei Laune zu halten und im Gegenzug von ihr unterstützt zu werden. Nur in seltenen Fällen, wenn der Spardruck gewaltig zunimmt, gelingt es, den mitarbeiter- und ausgabenmaximierenden Expansionsdrang zu blockieren oder sogar den Rückwärtsgang einzuschalten. Auch private Unternehmungen leiden unter diesem Phänomen, doch sind für sie die Signale, die die Umsatz- und Gewinnzahlen aussenden, über kurz oder lang wirksam genug, um Korrekturen durchzusetzen. Im steuerfinanzierten Bereich fehlen derartige Kontrollmechanismen. Ungleiche Machtverteilung Die Bauern sind aus zwei Gründen in der Lage, ihre Anliegen erfolgreich durchzusetzen. Erstens sind ihre Interessen im Vergleich zu jenen der Konsumenten und Steuerzahler recht homogen, was die Verbandsbildung erleichtert. Zweitens wissen die Landwirte, dass es sich lohnt, in Bauernverbänden mitzumachen. Für sie bringt ein Franken an Mitgliedschaftsbeitrag einen viel grösseren Ertrag in Form von höheren Preisen und Subventionen als ein Franken, den die Konsumenten für Preissenkungen und die Abgabenzahler für Gebühren- und Steuersenkungen einsetzen. Dadurch entsteht eine asymmetrische Machtkonstellation, die es den Bauern erlaubt, die Konsumentinnen und Steuerzahler «auszubeuten». Eigentlich wäre zu erwarten, dass die wichtigsten Abnehmer von Produkten der Landwirtschaft ein Gegengewicht zur Agrarphalanx schaffen. Die Grossverteiler Migros und Coop beklagen zwar – eher kleinlaut – den Einkaufstourismus, sind jedoch kaum bereit, ihre Marktmacht gegenüber der Bauernlobby im Interesse ihrer Kunden und Genossenschafter einzusetzen. Im Gegenteil, sie stützen den schweizerischen Agrarprotektionismus, weil sie sich davon höhere Margen versprechen. Migros und Coop haben mit ihren Produktlinien «Heidi» beziehungsweise «Montagna» durchaus Löbliches für die Schweizer Bergbauern aufgebaut. Leider haben sie es unterlassen, diese 151 • • • • • • • • Programme an die Bedingung zu knüpfen, dass die Bauernlobby dem Abbau des Agrarprotektionismus zustimmt. Die Zeit wäre reif, dies nachzuholen. Druck zur Öffnung Es ist naiv, zu glauben, die Hauptakteure der schweizerischen Landwirtschaftspolitik liessen sich durch die hier vorgestellten Analysen in ihrem Tun beeinflussen. Transparenz allein reicht nicht. Der Druck in Richtung Liberalisierung wird von aussen kommen. Im Falle einer starken Wirtschaftskrise werden sich andere Wirtschaftsbereiche (vor allem die Exportindustrie, der Handel, das Gastgewerbe, der Tourismus) und andere Interessengruppen (vor allem die Konsumenten und Steuerzahler) aufrappeln und gegen die offenen und versteckten Lasten ankämpfen. Internationale Organisationen (OECD und WTO) und Staaten, mit denen die Schweiz Freihandelsabkommen abschliessen möchte, werden ausserdem immer weniger bereit sein, unsere tarifären und nichttarifären Handelshemmnisse für Agrarprodukte hinzunehmen. Gute Beispiele zeigen, dass freie Lebensmittelmärkte der Schweiz Vorteile bringen. Belege hierfür sind der Käsemarkt. Seit der Liberalisierung sind die schweizerischen Exporte stark gestiegen; sie übersteigen sogar die Importe. Kaffee (z. B. Nespresso) und Schokolade (z. B. Lindt & Sprüngli) zählen unter anderem darum zu den Exportschlagern der Schweiz, weil die Rohstoffbeschaffung weniger staatlichen Beschränkungen unterliegt. René L. Frey ist emeritierter Professor für Nationalökonomie an der Universität Basel und heute Mitglied des Center for Research in Economics, Management and the Arts (Crema). Vorstösse zur landwirtschaftlichen Abschottung haben Hochkonjunktur nrü. Wie gut die Bauernlobby funktioniert, lässt sich derzeit eindrücklich anhand der diskutierten Initiativen und Vorstösse im Parlament aufzeigen. So wird der Ständerat am Mittwoch darüber beraten, ob Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip ausgenommen werden sollen. Die von FDPNationalrat Jacques Bourgeois, Direktor des Bauernverbandes, eingereichte parlamentarische Initiative bezweckt die vollständige Aufweichung des Prinzips, das die Einfuhr von Produkten aus der EU erleichtert. Es wurde zwar bereits bei seiner Einführung mit zahlreichen Ausnahmen durchlöchert. Mit der Ausklammerung von Lebensmitteln würde man die wettbewerbsfördernde Regelung, die zum Abbau bürokratischer Handelshemmnisse und zur Bekämpfung des hohen Preisniveaus beitragen sollte, aber definitiv begraben. Der Nationalrat hatte im vergangenen Monat der Initiative Bourgeois zugestimmt. Offenbar verfingen die Argumente der Initianten, die die befürchtete «Verwässerung der Schweizer Qualitätsstrategie» ins Feld führten. Im Gegenzug hat die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats sich dafür ausgesprochen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Ähnliche Blüten des Protektionismus zeigen sich auch bei der Swissness-Vorlage. Der Bauernlobby ist es dabei nicht nur gelungen, für Lebensmittel, die unter dem Qualitätssiegel «Swiss made» verkauft werden, einen minimalen inländischen Rohstoffanteil von 80% durchzusetzen. Für Milchprodukte beträgt der vorgeschriebene Inländeranteil gar 100%, wobei bereits die Ausklammerung von Schokolade und Biskuits von dieser 100%-Regel von der Politik als «Umsetzung mit Augenmass» gefeiert wird (NZZ 11. 6. 15). Ein weiterer Vorstoss, der auf die Ausweitung der Agrarabschottung zielt, ist die eingereichte parlamentarische Initiative «zur Sicherung der 152 Ernährungssicherheit». Damit soll der Bundesrat dazu verpflichtet werden, bei der Aushandlung und Änderung von Staatsverträgen die Einfuhr von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Gütern zu beschränken. Unschwer erkennbar ist, dass es sich dabei um einen rein strukturerhaltenden Vorstoss zugunsten der Agrarwirtschaft handelt. Begründet wird das Anliegen nämlich vonseiten der SVP-Initianten mit den zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben und Arbeitsplätzen, die in der Schweiz in den vergangenen Jahren «verschwunden» sind. Um dieser unaufhaltsamen Entwicklung entgegenzutreten, wird offenbar auch eine weitere Abschottung der Schweizer Wirtschaft in Kauf genommen, denn der Abschluss neuer Freihandelsverträge wäre mit der Annahme der Initiative kaum mehr möglich. ------------------------------6.42016 Von der Idee einer EU-Steuer: Mögliche Szenarien Ein möglicher Brexit, also ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union könnte bald die Debatte wieder anfachen, wie die Finanzierung der EU erfolgreich umgestaltet werden sollte. In regelmäßigen Abständen lodert die Debatte wieder auf, in welchem Maße europäische Gemeinschaftsorgane Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen der jeweiligen Mitgliedsländer haben dürften. Ob indirekter (oder eher direkter) Art − er ist schon lange Gegenstand von ausgiebiger Behandlung, soll hier aber nicht hinterfragt werden. Es geht hingegen mittlerweile auf das Jahr 2010 zurück, als der Plan einer EU-Steuer zur reformierten Finanzierung der Europäischen Union besonders intensiv zur Debatte gestanden hat. Dieses Thema (wie alle gemeinschaftlichen Fragen) ist in wirtschaftlicher und juristischer Hinsicht von schwieriger Analyse – und man könnte wohl umso froher sein, dass entsprechende Rufe (im mancherorts immer noch kriselnden Europa) nicht mehr so stark widerhallen. Da die Existenz der Europäischen Union schon aufgrund ihres besonderen Wesens – die Beteiligung von 24 Mitgliedsnationen wäre andernfalls noch beschwerlicher – auf Kompromissen basiert, lässt sich aber umso weniger ausschließen, dass die Diskussion bei Gelegenheit einmal mehr entbrennen könnte. Ein möglicher Austritt des Vereinigten Königreichs infolge des Volksentscheids vom 23. Juni 2016 könnte sich schon rasch als Anstoß entpuppen, weil dem EU-Etat trotz sinkender Ausgaben bei nunmehr 28 Mitgliedern auch ein beitragsstarker Teilhaber abhandenkommen würde: selbst bei Verbleib des britischen Mitglieds könnte aber bald die Frage aufgeworfen werden, ob die EU-Finanzierung nicht anderweitig gestaltet werden sollte. Neben diesem ersten Damoklesschwert, das schon über der unmittelbaren Zukunft des europäischen Projekts schweben könnte, gibt es eine (noch greifbarere) Unbekannte, nämlich die Endfassung des Transatlantischen Abkommens (TTIP) zwischen EU und USA. Falls sich aus ihr massive Streichungen von Einfuhrabgaben ergeben sollten, könnten dem EU-Budget Teile seiner Erträge abhandenkommen kommen. Diesen einleitenden Bemerkungen ist zugleich hinzuzufügen, dass die Europäische Kommission auf ihrer Internetsektion mit dem Namen 153 Myths and facts immer noch erwähnt, wie mit einer EU-Steuer nur eine Umgestaltung des europäischen Finanzierungssystems (und keine Steuererhöhungen) anvisiert werde : das Thema ist jedenfalls nicht vom Tisch. Der Proaktivität zuliebe, die in manch einer Frage immer noch zu kurz kommt, werden zeitige Überlegungen zum Thema umso unerlässlicher. Es besteht kein Zweifel, dass Steuererhebung ein gebräuchliches Mittel für öffentliche Organe − egal ob supranationaler, nationaler oder lokaler Art − ist, um Finanzressourcen einzutreiben. Von ganz besonderem Interesse ist dabei das europäische Fallbeispiel, das sich immer durch mindestens zwei Regierungsebenen, nämlich die europäische und jeweils nationalen, auszeichnet, obwohl mehrere Mitgliedsländer in föderalistischer Hinsicht sogar noch artikulierter sind. Entsprechend fällt die Steuerbelastung auf dem europäischen Territorium inhomogen aus und keine Pauschallösung nach dem one-size-fits-all-Prinzip scheint adäquat, um die Komplexität an wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen realitätstreu widerzuspiegeln. Europäische Institutionen werden jedenfalls über die Beiträge teilnehmender Länder finanziert. Wie von der Europäischen Union zusammengefasst tragen zum heutigen Finanzierungsbedarf vor allem folgende Geldquellen bei : 1. 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (Gross National Income (GNI)), das zur bedeutendsten Finanzierungsform des europäischen Etats gehört; 2. 0,3 Prozent aller Mehrwertsteuererträge (MwSt.); 3. Importabgaben (import duties) auf Nicht-EU-Produkten in einem hohen Prozentanteil. Die graphische Zusammensetzung der sich im Jahre 2013 bei 149,50 Mrd. € belaufenden EUEinnahmen sieht also folgendermaßen aus: Wenn man nun die obigen Ausführungen in mathematischen Jargon übersetzen wollte, würde die entsprechende Formel vermutlich ähnliche Konturen haben: (1) Haushalt (EU)= w/100 BNE+ x/100 MwSt.+ y/100 Traditionelle Eigenmittel+ z/100 Andere Erträge 154 wo w, x, y und z Beträge zwischen 1 und 100 sind, die den Prozentanteil jedes Posten am Budget wiedergeben sollen. Unter „traditionellen Eigenmitteln“ und „anderen Beiträgen“ verstehen europäische Institutionen zudem jeweils Zollabgaben und Steuern auf EUGehältern oder Geldstrafen zulasten von (gegen Gesetze verstoßende) Unternehmen . Wenn solche Einzelbeiträge im extremen Szenario von der neuen EU-Steuer ganzheitlich ersetzt werden sollten, ließe sich der Komplexitätsgrad der Formel (1) scheinbar in Luft auflösen, da sie nunmehr zu folgender mutieren würde: (2a) Haushalt (EU)=Erträge aus neuer Steuer Wenn die neue EU-Steuer hingegen nur einen Teil aller Jahreseinnahmen ausmachen sollte, würde die resultierende Gleichung noch artikulierter aussehen: (2b) Haushalt (EU)=Erträge aus neuer Steuer+ [a/100 BNE+ b/100 MwSt.+ c/100 Einfuhrabgaben+ d/100 Andere Erträge] wo a, b, c und d die (nun reduzierten) Anteile jedes Posten darstellen, von 0 bis 100 reichen würden und die Summe aller drei wie immer 100 nicht überschreiten dürfte. „Null“ würde hingegen bedeuten, dass die entsprechende Finanzierungsquelle komplett ersetzt worden wäre. Sicher: man könnte sich bei Betrachtung von Gleichung (2a) leicht für die vereinfachende Lösung aussprechen. Was würde sie aber nicht offenbaren? Es wäre das potenzielle Risiko, das aus mehr Rigidität, nämlich weniger Ertragsposten zur EUFinanzierung, ergehen würde. Da europäische Verträge ohnehin an Straffheit leiden, bleibt es fraglich, ob Gleichung (2a), nämlich die neue EU-Steuer als All-in-one-Finanzierungsmöglichkeit, überhaupt zur Debatte stehen sollte. Im Falle von Gleichung (2b), nämlich bei Einführung der neuen EU-Steuer als Ergänzung heutiger Finanzierungsquellen, könnte das Komplexitätsniveau (zumindest bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der weiteren vier Posten) hingegen zunehmen. Land Standard-MwSt. (in %) BNE nach der Atlas-Methode (in Mrd $, 2014) Belgien 21 530,55 Bulgarien 20 55,04 Dänemark 25 345,78 Deutschland 19 3.853,62 Estland 20 24,99 Finnland 24 264,55 Frankreich 20 2.844,28 Griechenland 23 250,10 (2013) Irland 23 214,71 Italien 22 2.102,25 Kroatien 25 55,02 Lettland 21 30,41 Litauen 21 45,19 Luxemburg 17 42,26 155 Land Standard-MwSt. (in %) BNE nach der Atlas-Methode (in Mrd $, 2014) Malta 18 8,89 (2013) Niederlande 21 874,59 Österreich 20 423,91 Polen 23 520,15 Portugal 23 222,13 Rumänien 20 189,51 Schweden 25 596,94 Slowakei 20 96,20 Slowenien 22 48,63 Spanien 21 1.366,03 Tschechische Republik 21 193,12 Ungarn 27 131,60 Vereinigtes Königreich 20 2.801,50 Zypern 19 22,519 Quellen: ec.europa.eu / data.worldbank.org Im europäischen Musterbeispiel ist jedenfalls viel Feingefühl erforderlich, weil strukturelle Ungleichgewichte schon jetzt bei Verteilung und Wirkung wirtschaftspolitischer Maßnahmen mitmischen. Zu den erschwerenden Faktoren gehört natürlich auch, dass: 1. Geldpolitik zur ausschließlichen Domäne der Europäischen Zentralbank geworden ist, was monetäre Spielräume für Mitgliedsnationen zunichtemacht; 2. Haushaltspolitik durch den Vertrag über die Europäische Union alias Vertrag von Maastricht (1992) und später noch den Europäischen Fiskalpakt alias European Fiscal Compact (2012) stark eingeschränkt worden ist; 3. Fiskalpolitik, die majoritär aus Steuereintreibung und Umverteilungsmaßnahmen besteht, nunmehr der einzig verbliebene Weg ist, um den nationalen Finanzierungsbedarf zu decken. Dass selbst dieser wirtschaftspolitische Hebel einem besonders strukturellen Gebrauchslimit, nämlich der Akzeptanz des durchschnittlichen Steuerzahlers, unterliegt, ist dennoch Fakt. Je nach Entscheidung könnte der Beliebtheitsgrad der Brüsseler also Eurokratie noch gefährdeter sein. Da Mehrwertsteuersätze – das Gleiche gilt aber auch für die Besteuerung von Privat- sowie Unternehmenseinkommen oder Vermögen – und Bruttonationaleinkommen in Europa eher weit auseinanderklaffen, sollte der Effekt einer potenziellen „neuen“ EUSteuer besonders gut abgewogen werden, um nichtproportionale Auswirkungen je nach Mitgliedsland zu vermeiden. Etwas spitzzüngig ließe sich natürlich behaupten, dass die EU einen Vorteil aus dem Erhöhungstrend bei nationalen Mehrwertsteuersätzen hätte, die seit dem 1. Januar 1993 in der Tat nicht den Mindestbetrag von 15% unterschreiten dürfen: genauso gut gilt aber auch, dass europäische Institutionen einen Nutzen aus mehr Wachstum ziehen, weil von ihm schließlich die Entwicklung des Bruttonationaleinkommens (und der 156 EU-Finanzen selbst) abhängt. Egal aber wie die Umsetzung einer potenziellen EU-Steuer im Detail aussehen würde, sollte sie sich nach einigen Prinzipien richten: 1. Formen der Besteuerung – im Falle additiver Art sowieso, aber auch substitutiven Typs – sollten immer weniger in Frage kommen. Europäische Gemeinschaftsorgane sollten nämlich ihre Finanzierungsquellen zunehmend von fiskalischen Konnotationen loslösen, um nicht mit dem Begriff „Steuern“ in Zusammenhang gebracht zu werden und ihre positive Wahrnehmung bei den EU-Bürgern zu konsolidieren; 2. Es ist hingegen empfehlenswert, verschiedene Lösungsansätze zu verfolgen. Erträge aus Renditen auf Finanzaktiva europäischer Organismen oder Seigniorage der Europäischen Zentralbank könnten sich besser eignen, wobei selbst heutige Anteile am Bruttonationaleinkommen passender erscheinen, weil ihr Einfluss Variablen wie Investitionen, Produktion oder Konsumausgaben eher verschonen würde. Der Polarstern sollte jedenfalls der gleiche bleiben: das europäische Projekt (wenn es schon als Dogma gilt) sollte als zu groß behandelt werden, um zu scheitern (too big to fail) oder gar an chronisch sinkender Reputation zu leiden. Falls die bevorstehenden Entwicklungen den EU-Steuer-Gedanken wieder aufflammen ließen, wäre er a priori weder gut noch schlecht: nur seine praktische Umsetzung könnte es sein. ------------------------------------- Referendum in den Niederlanden Wilders: „ Das ist der Anfang vom Ende der EU“ 07.04.2016 Die Niederländer haben das EU-Ukraine-Abkommen abgelehnt. Die Rechtspopulisten um Geert Wilders wollen nun über ein „anderes Europa“ diskutieren. Die Ukraine will trotz des gescheiterten Abkommens an der EU-Annäherung festhalten. 157 Der Ministerpräsident der Niederlande Mark Rutte hat nach der Ablehnung des Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine eingestanden, dass die Gegner überzeugend gewonnen hätten. Nach dem deutlichen Nein der niederländischen Wähler ist die Ratifizierung des Vertrages unsicher. Das Referendum ist zwar rechtlich nicht bindend, doch will die Regierung die Ratifizierung aussetzen. Die Spitzen der Koalitionsregierung kündigten in der Nacht zum Donnerstag an, dass das Votum der Wähler nicht ignoriert werde. Ministerpräsident Rutte sagte, er wolle die Ratifizierung überdenken. „Wenn das Referendum gültig ist, dann können wir den Vertrag nicht einfach so ratifizieren", sagte Rutte im niederländischen Fernsehen. Eine Entscheidung soll erst in mehreren Wochen fallen. Das amtliche Endergebnis soll erst am 12. April veröffentlicht werden. Über die Auswirkungen des Votums müsse nun „Schritt für Schritt“ in Abstimmung mit der Regierung und Brüssel entschieden werden, sagte Rutte. 61 Prozent der Wähler stimmten dagegen Jubel hingegen gab es im Lager der Rechtspopulisten. Der niederländische Abgeordnete Geert Wilders begrüßte das Ergebnis. Die Niederländer hätten sich gegen die „europäische Elite“ gewandt. „Das ist der Anfang vom Ende der EU.“ Der Rechtspopulist twitterte: „Große Mehrheit der Wähler ist dagegen, das ist fantastisch.“ Die Initiatoren äußerten sich zufrieden. Der Jurist Thierry Baudet vom „Forum für Demokratie“ erklärte: „Das Ergebnis kann man nicht ignorieren.“ Nun beginne eine Diskussion „über eine andere EU“. Die Gegner des Abkommens hatten zu einem deutlichen Votum gegen die „undemokratische EU“ und ihren „Expansionsdrang“ aufgerufen. Baudet forderte neue Verhandlungen mit der Ukraine. Er kündigte auch weitere Abstimmungen „zum Euro und zu den offenen Grenzen“ an. In seiner Kampagne verwies das Nein-Lager zudem auf Korruption in der Ukraine sowie auf den bewaffneten Konflikt im Osten des Landes. Ukraine will an Annäherung an die EU festhalten Nach vorläufigen Angaben hat die Mehrheit der Niederländer bei dem Referendum über das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine mit Nein gestimmt. Rund 61 Prozent der Teilnehmer lehnten das Abkommen ab, wie die Nachrichtenagentur ANP am Mittwochabend berichtete. Nach dem vorläufigen Endergebnis, zu diesem Zeitpunkt waren 99,8 Prozent der Stimmen ausgezählt, hatten 32,2 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben. Damit war die gesetzlich vorgeschriebene 30-Prozent-Marke erreicht worden und das Referendum gültig. Rund 38 Prozent hatten dem Vertrag zugestimmt. Die Ukraine will auch nach dem Votum der Niederländer an ihrem Annäherungskurs an die Europäische Union festhalten. Sein Land werde sich weiter in Richtung EU bewegen, sagte Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag in Tokio. Er verwies zudem darauf, dass das Referendum für die niederländische Regierung nicht rechtlich bindend sei. Offiziell ging es bei dem Referendum um die Billigung oder Ablehnung des 2014 unterzeichneten Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Kiew. Es wurde bereits von allen übrigen 27 EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert. Auch die niederländische Regierung hatte den Vertrag bereits unterzeichnet. Auch beide Kammern des Parlaments hatten zugestimmt. Rutte: Hilfe für Rechtsstaat und Demokratie Regierungschef Rutte hatte bei seiner Stimmabgabe in einer Grundschule in Den Haag hervorgehoben, dass das Assoziierungsabkommen der Ukraine dabei helfen solle, „einen 158 Rechtsstaat und ihre Demokratie aufzubauen“. Einerseits sollten dadurch in der Ukraine Minderheiten wie Juden und Homosexuelle geschützt, andererseits die „Ränder“ Europas stabilisiert werden. Die Niederlande, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne haben, haben das neue Abkommen mit der Ukraine als einziger der 28 EU-Mitgliedstaaten noch nicht ratifiziert. Das Parlament hat bereits seine Zustimmung gegeben. Der politische Teil des Assoziierungsabkommens wird seit Ende 2014 bereits vorläufig angewandt, seit dem 1. Januar auch das darin enthaltene Freihandelsabkommen. Russland hatte das Assoziierungsabkommen scharf kritisiert. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte vor dem Referendum um die Zustimmung der Niederländer geworben und schickte dazu sogar Minister in die Niederlande. Die Ukraine dürfe nicht zum Opfer einer „internen niederländischen Debatte über die Zukunft der Europäischen Union werden“. Aber das Auftauchen von Poroschenkos Namen in den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen könnte Unentschlossene zuletzt abgeschreckt haben. --------------------------------08.04.2016, EU- Grüne wollen Verbot von Volksabstimmungen! Nach der herben Niederlage für die EU- Politik bei der aktuellen Volksabstimmung in den Niederlanden soll die direkte Demokratie begrenzt werden: Die Fraktionschefin der Grünen im EU- Parlament, Rebecca Harms, will nationale Abstimmungen über EU- Themen verbieten. Die ÖVP sieht das ähnlich. "Volksabstimmungen, die so angelegt sind wie jene in den Niederlanden, können die EU in ihrem Bestand gefährden", sprach sich die EU- Fraktionschefin der Grünen deutlich gegen die direkte Demokratie auf EU- Ebene aus. Europäische Themen würden sich für Volksabstimmungen in den einzelnen Mitgliedsländern "nicht eignen", sagte Harms. Die Deutsche Rebecca Harms ist EUFraktionschefin der Grünen. Und sie argumentierte: Das Plebiszit in den Niederlanden, bei dem nun ein Freihandelsabkommen der EU mit der Ukraine abgeschmettert wurde, habe "weitere Schwächen von Referenden aufgezeigt, sie können die EU in ihrem Bestand gefährden". 159 Othmar Karas, EU- Abgeordneter der ÖVP, bringt seine Partei auf die Linie der Grünen: "Nationale Referenden über EU- Beschlüsse sind eine Flucht aus der Verantwortung, ein Zeichen von Schwäche." Diese Position könnte einige Fragen an Andreas Khol beim nächsten TV- Duell zur Bundespräsidentenwahl provozieren. ----------------------------------------------------------- 18. 10. 2014 - Salzburg legt für 2015 ausgeglichenen Haushalt vor Die Salzburger Landesregierung präsentierte am Freitag den Budgetausblick für 2015. Im nächsten Jahr wird es ein Plus geben, aber auch mehr Ausgaben. auch Rückerstattung gestohlenen Eigentums ? Die behördliche Befehls- und Zwangsgewalt, wie sie durch die Landeshauptleutleute von Salzburg in rechtsstaatlicher Willkür ausgeübt wird: EINSCHREIBEN e-mail: [email protected] 15. 10. 2014 An die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption Dampfschiffstr. 4 1030 W i e n Strafanzeige nach § 28a StPO Rechtsverweigerung Richard LEEB Sehr geehrte Damen und Herren, 160 Aus den erstattetten Strafanzeigen vom 25. 06., 28. 06., 31. 07., 20. 09. 30. 09. 07. 10. 2013, 10. 04. 15. 04. 25. 08.. 22., 24., 29. 09. 12. 10., und 15. 10. 2014 hinsichtlch der Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung zur Anregung der Beigabe eines Sachwalters für Richard Leeb, vom 20. 09. 2012 durch Herrn Staatsanwalt Mag. Marcus Neher, sind Ihnen die ursächlichen Straftatbestände aus dem Wasserrechtsverfahren Zl. 6/20344/2001 BH Zell am See iVm der seitens der Staatsanwaltschaft Salzburg und Richter am Landesgericht Salzburg geübten Rechtsverweigerung zur Kenntnis gebracht. Aus gegebenem Anlass ergänze ich meine Strafanzeigen gegen 1. 2. 3. 4. 5. Frau Herr Herr Frau Frau Dr. Eva Danninger, als erste Staatsanwältin StA Salzburg; Mag. Marcus Neher, als Staatsanwalt der StA Salzburg; Dr. Helmut Krallinger, als Richter des LG Salzburg; Mag. Lisa Bauer, als federführende Richterin am LG Salzburg; Mag. Herlinde Oberauer, als Pflegschaftsrichterin am BG Zell; 6. 7. Herr Dr. Friedrich Gruber, Frau Mag. Christine Außerhofer, 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. Herr RR Kurt Reiter, Bezirkshauptmannschaft Zell am See; Herr Mag. Phillipp A. Nill als Richter am LG Salzburg; Frau Dr. Edeltraud Stadlhofer Richterin am Verwaltungsgericht Salzburg; Herr Ing. Mag. Dr. Adalbert Lindner, Richter Verwaltungsgericht Salzburg Herr LGVPräs. Dr. Imre Juhasz, als Vorsitzender des Senates Abt.21; Frau Dr. Dagmar Bramböck, als Senatsmitglied am Landesgericht Salzburg; Herr Mag. Lorenz Kirschner, als Senatsmitglied am Landesgericht Salzburg; Frau Mag. Michaela Slama, als Richterin? Landesverwaltungsgericht Salzburg; Kurt Reiter, Bezirkshauptmannschaft Zell am See; Herr Mag. Dr. Bernhard Gratz, MBA, Bezirkshauptmannschaft Zell am See; Frau HR Mag. Claudia Jindra-Feichtiger, Präsidentin LVwG Salzburg; Herr Ing. Mag. Dr. Adalbert Lindner, Vizepräsident und Richter LVwG; Frau Dr. Edeltraud Stadlhofer Richterin am Verwaltungsgericht Salzburg; Frau Mag. Michaela Slama, als Richterin? am LVwG Salzburg; Herr Mag. Johann Fenninger, Referat Abfallwirtschaft u, Umwelt Landesreg. als Richter am LG Salzburg; als Richterin am LG Salzburg; und erstatte die Strafanzeige gegen: 1. Herrn Dr. Franz Schausberger, vorm. Landeshauptmann 2. Frau Mag. Gabriele Burgstaller, vorm. Landeshauptfrau 3. Herrn Dr. Wilfried Haslauer, Landeshauptmann von Salzburg wegen: Straftatbestand nach § 33 Abs 1 Z 1, 3, 4, 7 StGB als Urheber und Anstifter zur Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 2,3 StGB iVm § 278a Z 2 und 3 StGB in Zusammenhang mit Verbrechen im Wasserrechtsverfahren Zl. 6/20344/2001 BH Zell am See, gegen Rersonen- und Eigentumsrechten von Mitglieder der Familie LEEB und zugehöriger Firmen Leeb Betriebs GmbH, Glocknertrade GmbH und Voltaik Handels GmbH wie diese einfachgesetzlich und verfassungsgesetzlich gewährleistet sind. Zitat zum Sachverhalt hunsichtlich Herrn Dr. Wilfried Haslauer EINSCHREIBEN e-mail: [email protected] am 15. 10. 2014 der zerbrochene Krug in Salzburg XVI - B - 2 - 2 vom Dorfrichter Adam 161 >zur STRAFANZEIGE an WKStA gegen 1. Dr. Franz Schausberger; 2. Mag. Gabriele Burgstaller; 3. Dr. Wilfried Haslauer zur KENNTNIS BUNDESKANZLERAMT WIEN Bundesminister Dr. Josef Ostermayer Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer. der Familie Leeb und zugehörigen Firmen verursachte Eigentumsschäden: 1.) aus der Vorbereitung zur Einleitung des Wasserrechtverfahren a) die SALZBURGER SPARKASSE hat die Liegenschaft um ATS 4,85 Mio ersteigert und um ATS 6,3 Mio an PECILE weiterverkauft. Dies bei einem Schätzwert von ATS 10,5 Mio, also weit unter dem Verkehrswert, der sich nach der Ortsüblichkeit bestimmt und allgemein offenbar ATS 2.000,- je m² beträgt. Der Verkehrswert der Liegenschaft mit 7.796 m² beträgt sohin ATS 15,592.000,--. Herr Dr. Werner Kreiseder hat als Prokurist der Salzburger Sparkasse Bank AG die Liegenschaft EZ 8, Kaprunerstraße 3 mit einem Verkehrswert von ATS 14,500.000,00 als Besitzer des Exklusivpfandrechtes für die Zahlung von ATS 4,0 Mio der Oberbank Immobilien Service GmbH überlassen der zerbrochene Krug in Salzburg VIII/ F 1- vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E gegen 1.) Ernst P E C I L E 2.) Stefan PECILE der zerbrochene Krug in Salzburg VIII/ G - vom Dorfrichter Adam > SCHADENERSATZKLAGE gegen Salzburger Sparkasse Bank AG wegen Vorbereitung zur Einleitung des Wasserrechtsverfahren BH Zell am See und Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung in der Verwertung von Pfandliegenschaften zum Nachteil von LEEB der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ J - vom Dorfrichter Adam > zur WIEDERAUFNAHME der Schadenersatzklage zu 9 Cg 71/01v LG Salzburg gegen Ernst Pecile wegen Verleumdung und Einleitung des Wasserrechtsverfahren Zl. 6/203-44/2001 BH Zell am See b) Wolfgang Schaal, Prokurist BP Austria Marketing GmbH FN 128195 y übermittelt am 2.2.2001 um 8:oo Uhr einen verfälschten Bericht vom 18. 12.1996 über die 162 Bodenuntersuchung durch die Firma Intergeo vom 3. Dezember 1996 bei Leeb in der Bahnhofstr. der zerbrochene Krug in Salzburg VI/ D 1 - vom Dorfrichter Adam > zur SCHADENERSATZKLAGE gegen 1.) BP Austria Marketing GmbH FN 128195 y; 2.) Intergeo Umwelttechnologie u Abfallwirtschaft GmbH, 3.) Dr. Werner Fürlinger, Sachverständige c) Ebenfalls am 2.2.2001 wurde Herr Dr. Werner Fürlinger als nichtamtlicher Sachverständiger von Kurt Reiter telefonisch beauftragt, Bodenverunreinigungen bei LEEB un Bruck festzustellen: der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ I - vom Dorfrichter Adam > zur WIEDERAUFNAHME der Schadenersatzklagen zu 9 Cg 124/03m + 5Cg 137/03y LG Salzburg gegen Herrn Dr. Werner Fürlinger, Geologe und Sachverständiger im Wasserrechtsverfahren Zl. 6/203-44/2001 BH Zell am See d) Betrugstatbestand: wie die Oberbank AG gemeinsam mit der Salzburger Sparkasse Bank AG mit Hilfe des Masseverwalters Dr. Erhard Hackl und des Konkursrichter Dr. Gregor Sieber die Verwertung der Pfandliegenschaften in Betrugs- und Bereicherungsvorsatz zu Gunsten des Dr. Anton Waltl und seiner Frau Erna Waltl zum Nachteil des Beschwerdeführers das Tatbild nach § 278 Abs.b StGB der Bildung einer Kriminellen Vereinigung verwirklicht haben: der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ I - vom Dorfrichter Adam > PRIVATANKLAGE gegen 1.) Mag. Dr. Josef Weißl MBA 2.) Dr. Anton Waltl 3.) Erna Waltl 4.) Dr. Erhard HACKL 5.) Dr. Gregor Sieber wegen Bildung einer kriminelle Vereinigung der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ G1 - vom Dorfrichter Adam > zur FESTSTELUNGSKLAGE gegen Dr. Gregor SIEBER, vormaliger Konkursrichter am Landesgericht Salzburg 2.) Einleitung des Wasserrechtverfahren u Österreichweiter Verleumdung a) Leeb Betriebs GmbH GESELLSCHAFTSKAPITAL 100 % ATS 500.000,- KONKURSERÖFFNUNG zu 23 S 185/01b wegen Betriebseinstellung am 25.02.2001 auf Grund Wasserrechtsverfahren ZI. 6/203-44/2001 Masseverwalter Dr. Hans Wabnig 5600 St. Johann/Pg Feuerversicherung vom Masseverwalter für Gebäude bezahlt € 19.610,30 Der ortsübliche Grundpreis beträgt € 145,35 je m² (wie dieser auch im Schätzgutachten zu 2 E 35/98 y angesetzt ist) und sich daraus für 1.376 m" ein tatsächlicher Verkehrswert von € 200.001,60 errechnet. Dr.. Wabnig beantragt am 13.10.2004 bei Gericht, die geringsten Gebote für beide Einlagezahlen auf zusammen € 108.360,- herabzusetzen. Vorsätzlich verursachter Verlust € 91.641,60 EIGENTÜMERIN des abgebrochenen Objektes Bahnhofstraße 6 EZ 24 und 97 Grundbuch 57303 Bruck Wertfeststellung BG Zell ATS 4,270.000,-€ 310.222,82 STATUS letzte Bilanz 1999 ausgewiesen Reingewinn 998.000,-ATS für Firmenverkäufe wird der Wert auf Basis des 10-fachen 163 Jahres-Ertrages festgelegt ATS 9, 980.000,€ 725.064,12 FORDERUNG aus Verwaltungstätigkeit (auf Grundlage des verbücherten Fruchtgenussrechtes ) gegenüber der Voltaik GmbH ist bevorrechtet - mit entsprechender Fassung allfälliger Versteierungsbedingungen - vor dem vorrangigen Pfandrecht der Sparkasse beim Bezirksgericht Zell am See angemeldet mit ATS 5,073.408,80 € 368.591,85 RECHTE mit 30. 06. 1994 wurde die Einräumung des Fruchtgenussrechtes gemäß §§ 509 ff ABGB ob den im Eigentum der Voltaik Handels GmbH stehenden Liegenschaften EZ 501 und 601 Grundbuch 57303 Bruck einverleibt. Rechtswidrige Löschung im Grundbuch EZ 601> Pecilc der zerbrochene Krug in Salzburg II D - vom Dorfrichter Adam > PRIVAT ANKLAGE gegen 1.) Ernst PECILE; 2.) Dr. Werner Kreiseder; 3.) Dr. Hans Reitstätter; 4,) Dr. Gerald Simmer wegen Löschung Grundbuchseintrag am BG Zell am See ohne einverleibungsfähiger Urkunde 7.796 m² je € 145,€ 1,130420,00 KUNDENSTOCK bewertet zu 9 Cg 71101LG Salzburg mitSchadenersatzklage gegen Ernst Pecile mit 13.4. 2001 unterbrochen / Höhe des Schadersatzanspruches aus Kaufvertrag vom 8.11.1996 mit BP Wien. € 417.747,36 gerichtliche Einigung LG Salzburg mit ATS 5,750.000,-FORDERUNG der GESCHÄFTSFÜHRER Ingrid Leeb wurde durch die BH Zell zu Unrecht bestraft wurde durch Finanzamt zu Unrecht exekutiert und hat darüber hinaus € 14.000,- für € 27.440,57 die Einstellung bezahlt ATS 185,000,-- € 13.440,57 Richard Leeb sen hat die 14-jährige Rechtsvertretung geführt und Schadens- und Feststellungsklagen Gerichtsanhängig gemacht, so dass der Eintritt der Verjährung gehindert ist; zu € 3.000,-/mtl. € 504.000,00 Konkursverfahren Firma Leeb Betriebs GmbH GZ 23 S 185/01b FORDERUNGSSALDO per 31. 05. 2014 Sehr geehrter Herr Konkursrichter, da Sie unverändert 2.400 Liter Lösungsmittel Zyklosolvan aus dem Massevermögen der Firma Leeb Betriebs GmbH illegal im Garagentrakt der Firma Voltaik Handels GmbH lagern und so die Realisierung des abgeschlossenen Reparatur- und Bestandvertrag verhin-dern setze ich meine Schreiben vom 21. 11. 08, 31. 12. 08, 31. 01.2009 fort, in welchem ich Ihnen die Ersatzforderung über entgangenen Mieterlös bekannt gegeben habe für 325 m² LAGERFLÄCHE zu € 4,50 je m²/mtl € 1.462,50 bis 30. 09. 2014 € 133.803,64 zuzüglich Bestandzins vom 1. 10. – 31. 10. 2014 € 1.462,50 zuzüglich Verzugszins 4 % p.a. > 0,333 p.m. von € 133.803,64 € 445,57 FORDERUNGSSALDO PER 30. 11. 2014 b) GLOCKNERTRADE GMBH FN 53395y GESELLSCHAFTSKAPITAL ATS 1.800.000,00 KONKURSERÖFFNUNG zu 23 S 345/03k Glocknertrade GmbH wegen Betriebseinstell-ung am 25.02.2001 auf Grund Wasserrechtsverfahren Zl. 6/203-4412001 BH Zell am See Betriebsaufgabe STATUS Bilanz per 31. 12. 1998 samt Anlageverzeichnis derFirma Glocknertrade GmbH durch Finanzamt an Dr. Huber vorgelegt; 164 € 137.295, 03 € 130.773,09 € 217.955,14 Wegen unterbliebener Veranlagung zur Körperschaftssteuer Geldwerter Nacheil im Gesamtwert von ATS 2,773.452,00 € 201.496,04 monatlich € 335,83 gegenüber Ihrer Behörde geltend machen. FORDERUNGSSALDO PER 30. 09. 2014 € 28.955,80 Zinsverlust für die Zeit vom 01.10. 2014 bis 31.10. 2014 € 490,95 € 30.429,65 der Firma Glocknertrade GmbH Ersatzleistung für Schäden – verursacht aus dem, ohne Rechtsgrund durchgeführten Wasserrechtsverfahren – beziffert mit EUR 4,054.559,19 zu 5 Nc 1/09y LG Salzburg FORDERUNGSSALDO PER 30. 11. 2014 Als Geschäftsführer der Klägerin mache ich den durch Ihr rechtswidriges Verhalten eingetretenen Vermögensnachteil durch Zinsverlust wie folgt geltend: FORDERUNGSSALDO PER 30. 09. 2014 € 20.645,22 Zinsverlust für die Zeit vom 01. 10. 2014 bis 31. 10. 2014 € 335,83 FORDERUNGSSALDO PER 30. 11. 2014 € 21.672,71 Investitionen Glocknertrade GmbH in Objekt Kaprunerstr.3 zur Klage der Oberbank Immobilien Service GmbH zu GZ 3Cg 94/01 g LG Salzburg in compensando eingewendet mit ATS 1,063.182,60 € 77.242,04 € 72.651,71 GRUNDEIGENTUM - BILANZWERT ATS 1,000.000,GRUNDBUCH 75306 Frießnitz EINLAGEZAHL 212 BEZIRKSGERICHT Villach GST-ADRESSE 109 GSTFläche 5501 Landw. genutzt 3135 m2 Wald 2366 m2 ANTEIL: 1/1 Glocknertrade Gesellschaft m.b.H ADR:Kaprunerstraße 3 Bruck 5671 f7862/1997 IM RANG 12984/ 1996 Kaufvertrag 1996-07-23 Eigentumsrecht Baurecht für 200 mZ GERICHTSANHÄNGIG GEMACHTE FORDERUNGEN € BESTANDBERECHTIGTE am abgebrochenen Objektes Bahnhofstraße 6 EZ 24 und 97 Grundbuch 57303 Bruck Wertfeststellung BG Zell € Schätzgutachten Ing. Ebner ATS 4,270.000,-- I an den Liegenschaften EZ 501 und 601 Grundbuch Bruck durch Einräumung 30.6.1994 des Fruchtgenussrechtes gemäß §§ 509 ff ABGB ob den im Eigentum der Voltaik Handels GmbH stehenden Liegenschaften und Kauf-, Miet-, Übernahmeund Bestandvertrag vom 12.8.1998 zwischen der Leeb Betriebs und Gloclmertrade GmbH berechtigen die Glocknertrade GmbH zur uneingeschränkten Nutzung der EZ 501 und 601 Betriebsliegenschaft Hochtanklager.- Rechtswidrige Löschung im Grundbuch EZ 601> Pecile 483.762,65 310.222,82 7.796 m² GEWERBEGRUND mit Brückenwage und Überdachung vorenthalten seit 18.1.01 156 Monate zu € 0,50/mtl € 608.088,00 c) Voltaik Handels GmbH Schäden am Betriebsgelände Hochtanklager ( am 14. 07. 03 am Gendarmerieposten Bruck zu Protokoll gegeben und aufgenommen von den Firmen Strauss Metall, Bruck; Tichy Glasbau, Zell am See und Zwicknagl, Bruck Die vorgenannten Firmen haben in ihren damaligen Angeboten die Reparaturskosten mit zusammen € 184,489,20 beziffert. Weitere Beschädigungen seit dem 18. 01. 2001 festgestellter Vermögensverlust 165 a) Radlader, Caterpillar 920 im Werkstättengebäude; b) Gabelstapler, 2,5 to Desta im Werkstattgebäude; c) Schneefräse, Totalschaden im Werkstättengebäude; d) Absackautomat, selbstfahrend im Werkstättengebäude; e) Öl – Warmwasser Heizanlage im Werkstattgebäude; f) Segelboot, Mader Korsar Doppelschale im Garagentrakt g) West in treuhändige Verwahrung genommen; h) dtto Mercedes SL + Porsche lt 5 Cg 97/03s LG Salzburg i) Buchhaltungsunterlagen am 01. 08. 2001 aus dem Bürohaus in der Bahnhofst.6 durch die BH Zell am See ausgelagert und unbrauchbar im Garagentrakt West eingelagert. Meldung an das Finanzamt Zell am 07. 08. 2001. Überprüfung per Ortsaugenschein am 24. 02. 2003. € € 9,000,00 € 5.000,00 € 2.200,00 € 2.800,00 € 48.000,00 € 6.907,00 € 11.075,34 7.000,00 € 276.471,54 Erfordernisse zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft vermag der Antragsteller nur abschätzen: Stromversorgung im gesamten Betriebsgelände inkl. vorgeschriebener € technischer Überprüfung ( Entfernt durch die BH Zell am See) ; Mauerarbeit in den Garagen Nr. 7 u 8 ( verursacht durch BH Zell am See ); € Bodenuntersuchung Heizöl-Leicht-Verunreinigung an der östlichen Grundgrenze zum ÖBB- Umspannwerk ( verursacht BH Zell am See April bis Juni 2003 ); € Reparatur der Asphaltschäden ( verursacht seit 18. 01. 2001 ); € Reparatur Brückenwaage samt abgebrochenes Wiegehaus € 14.470,46 20.100,00 200.000,00 109.000,00 129.000,00 Grundwasseruntersuchung im Bereich der ehemaligen Pegel LKB 19, 20 und 32 ( unbehobene AOX- Belastung ); € 240.000,00 Vorschuss an VOEST Röngtenprüfung + ReparaturHocht € 140.000,00 durch Sachverständige zu prüfen und festzustellen € 1,042.000,00 der zerbrochene Krug in Salzburg V/ B4 - vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E wegen VERMÖGENSVERLUST gegen 1.) Mag. Franz Mühlböck, Wasserreferent der Bezirkshauptmannschaft Zell am See 2.) HR Dr. Rosemarie Drexler, Bezirkshauptfrau vom Pinzgau der zerbrochene Krug in Salzburg VI/ B 1 - vom Dorfrichter Adam > zur SCHADENERSATZKLAGE gegen 1.) Hans TONIS als Chefinspektor der Kriminalabteilung Salzburg 2.) OAR Kurt REITER, als Obereinsatzleiter im Wasserrechtsverfahren BH der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ G - vom Dorfrichter Adam > SCHADENSERSATZKLAGE gegen 1.) Dr. Werner Fürlinger 2.) Dr. Ger-hard Forstinger 3.) Ernst Fürstauer 4.) Hannes Fürstauer wegen rechtswid-riger Vornahmen im Wasserrechtsverfahren Zl. 6/203-44/2001BH Zell am See der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ H - vom Dorfrichter Adam > SCHADENSERSATZKLAGE gegen 1.) Dr. Werner Fürlinger 2.) Dr. Gerhard Forstinger 3.) Forstinger + Stadlmann ZT GmbH 4.) Ingenieurbüro Laabmayr & Partner ZT GmbH wegen Erstattung vorsätzlich unrichtiger Befunde u Gutachten im Wasserrechtsverfahren BH Zell/See 1.) Geldwerte Nachteile aus Österreichweiter Verleumdung der zerbrochene Krug in Salzburg V/ B2 - vom Dorfrichter Adam 166 > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E wegen VERLEUMDUNG gegen 1.) Dr. Rosemarie DREXLER, als Bezirkshauptfrau vom Pinzgau 2.) Kurt REITER, als Amtssekretär der Bezirkshauptmannschaft Zell am See 3.) Mag. Franz Mühlböck, Wasserrechtsreferent Bezirkshauptmannschaft Zell/See der zerbrochene Krug in Salzburg V/ B3 - vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E wegen VERLEUMDUNG gegen 1.) Dr. Franz Schausberger, Landeshauptmann und oberste Wasserrechtsbehörde d2.) Dr. Riner Braunstingl, Amtssachverständiger des Landes Salzburg 3.) DI Dr. Angelika Brunner, Amtssachverständige des Landes Salzburg der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ J - vom Dorfrichter Adam > zur WIEDERAUFNAHME der Schadenersatzklage zu 9 Cg 71/01v LG Salzburg gegen Ernst Pecile wegen Verleumdung und Einleitung des Wasserrechtsverfahren Zl. 6/203-44/2001 BH Zell am See 4.) Nachprüfung des Wasserrechtverfahren u fortsetzen der Verleumdung a) Dr. Robert MARSCHALLINGER hat im Auftrag von Dr. Rainer BRAUNSTINGL die von Dr. Werner FÜRLINGER erstellten pysischen Messergebniss zu virtuell veränderbaren 3D-Modelle - als zentrale Beweismittel im Wasserrechtsverfahren – verarbeitet: der zerbrochene Krug in Salzburg VI/ F 1 - vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E gegen 1.) Dr. Robert MARSCHALLINGER 2.) Dr. Rainer BRAUNSTINGL 3.) Dr. Werner FÜRLINGER b) Dr. Siegfried W. Hermann hat als gerichtlich bestellter Sachverständiger falsche Befunde und Gutachten erstattet (31 Hv 140/09g + 40 Hv 14o/10g LGS) der zerbrochene Krug in Salzburg IX/ D - vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K LA G E gegen Dr. Siegfried W. Hermann, allgemein gerichtl beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Frauentalerstr. 51 8530 Deutschlandsberg 5.) Betrugshandlung am Konkursgericht Salzburg und BG Zell am See bei Verwertung von betrieblichen und privaten Pfandliegenschaften a) Herr Dr. Gregor Sieber, hat als vormaliger Konkursrichter am Landesgericht Salzburg mit seinen Masseverwaltern Dr. Hans Wabnig, Dr. Reinhard HUBER und Dr. Erhard Hackl für die Bereicherung von Oberbank AG, Oberbank Immobilien Service GmbH, Salzburger Sparkasse Bank AG, Land Lalzburg, Dr. Anton Waltl, Frauau erna Waltl und Ernst Pecile durch Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung gesorgt: der zerbrochene Krug in Salzburg IV / A - vom Dorfrichter Adam > zur SCHADENERSATZKLAGE gegen Herrn Dr. Gregor Sieber, vormaliger Konkursrichter am Landesgericht Salzburg der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ K - vom Dorfrichter Adam >SCHADENERSATZKLAGE gegen Dr. Hans Wabnig, Masseverwalter wegen Straftatbestände am Konkursgericht Salzburg der zerbrochene Krug in Salzburg IV / A 1 - vom Dorfrichter Adam > zur SCHADENERSATZKLAGE gegen Herrn Dr. Reinhard HUBER , Rechtsanwalt, als Masseverwalter Glocknertrade GmbH der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ L - vom Dorfrichter Adam >SCHADENERSATZKLAGE gegen OBERBANK AG, wegen Konkurstreiberei und Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung in der Verwertung von 167 Pfandliegenschaften zum Nachteil von LEEB der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ M - vom Dorfrichter Adam >SCHADENERSATZKLAGE gegen 1.) OBERBANK Immobilien Service GmbH 2.) Dr. Isabella Eberl 3.) Martin Rexeisen 4.) Ingrid Mayr wegen Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung in der Eigentumsübernahme des Objektes Kaprunerstraße 3 5671 Bruck zum Nachteil von LEEB der zerbrochene Krug in Salzburg VII/ M - vom Dorfrichter Adam >zur WIEDERAUFNAHME des Verlassenschaftsverfahren AZ 45 A 366/2005 wegen Vorliegen von Straftatbeständen am Bezirksgericht Zell am See der zerbrochene Krug in Salzburg II E 1 - vom Dorfrichter Adam > zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E gegen 1.) Dr. Isabella Eberl - 2.) Dr. Johann Poulakos der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ J 1 - vom Dorfrichter Adam >zur S C H A D E N E R S A T Z K L A G E gegen 1.) DDr. Manfred König * 2.) Mag. Erich Frenner * 3.) Dr. Johann Poulakos der zerbrochene Krug in Salzburg IV/ N - vom Dorfrichter Adam >zu S C H A D E N E R S A T Z K L A G E N abgerichtet an das Landesgericht Salzburg VERWEIGERUNG DES ZUGANGS ZU GERICHT LG SALZBURG der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-C vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG I an den Obersten Gerichtshof wegen 12.- jähriger RECHTSVERWEIGERUNG SACHVERHALT DR. GREGOR SIEBER der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-D vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG I I an den Obersten Gerichtshof wegen Einleitung eines SACHWALTERSCHAFTSVERFAHREN ANREGUNG ZUM SACHWALTERSCHAFTSVERFAHREN der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-E vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG I I I an den Obersten Gerichtshof wegen Straftatbeständen des Konkursrichters – Dr. Gregor Sieber am Landesgericht Salzburg Die Schadensersatzklagen gegen den Rekursrichter Dr. Gregor Sieber: INGRID L E E B co KONKURSGERICHT SALZBURG Schadenersatzforderung € 349.807,50 >12 Cg 19/10h OLG Innsbruck AZ 1 Nc 16/10h 90.10J der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-F vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG I V an den Obersten Gerichtshof zur Prüfung der Rechtsmittelentscheidungen an den Oberlandesgerichten in Innsbruck und Linz ILSE LEEB sen. co KONKURSGERICHT SALZBURG Schadenersatzforderung € 200.000,00 90.10Q der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-G vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG V an den Obersten Gerichtshofbzur Prüfung der Rechtsmittelentscheidungen an den Oberlandesgerichten in Innsbruck und Linz DI RICHARD LEEB jun. co KONKURSGERICHT SALZBURG Schadenersatzforderung € 1,350.000,00 AZ12 Cg 24/10 t > OLG Ibk AZ 1 Nc 11/10y 168 90.10P der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-H vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG VI an den Obersten Gerichtshof zur Prüfung der Rechtsmittelentscheidungen an den Oberlandesgerichten in Innsbruck und Linz RICHARD LEEB sen. co KONKURSGERICHT SALZBURG Schadenersatzforderung € 2,941.405,02 AZ12 Cg 27/10 h > OLG Innsbruck AZ 1 Nc 14/10i 90.10O der zerbrochene Krug in Salzburg XIII-I vom Dorfrichter Adam >zur VORSTELLUNG VII an den Obersten Gerichtshof zur Prüfung der Rechtsmittelentscheidungen an den Oberlandesgerichten in Innsbruck und Linz GLOCKNERTRADE GMBH co KONKURSGERICHT SALZBURG Schadenersatzforderung € 4,054.559,19 AZ12 Cg 25/10 i > OLG Ibk AZ 1 Nc 13/10t 90.10N Jedenfalls ist Ersatz für eingetretene Schäden zu leisten: a) den Gesellschaftern der Leeb Betriebs GmbH FN 56254b den Abbruch des Objektes Bahnhofstraße 6 mit EUR 310.222,82; Rückübereignung der Grundflächen EZ 24+97 GB 57303 Bruck Bahnhofstraße 6 sowie geldwerte Nachteile aus der Eröffnung des Konkursverfahren AZ 23 S 185/ 01b LG Salzburg über das Vermögen der Leeb Betriebs GmbH; und geldwerte Nachteile aus der unterbundenen Fruchtnießung der Betriebsliegen-schaft Hochtanklager GN 91/6, EZ 501 KG 57303 Bruck; Wiederherstellungskosten der vollen Gebrauchsfähigkeit, wie diese vor dem 18. 01. 2001 Bestand hatte EUR 1,042.000,-- b) Richard Leeb, geb. 01. 02. 1938 Verlust des unentgeltlichen Wohnrechts seit 01. 08. 2001 und weiter, über 100 m² Wohnfläche inklusive Betriebskosten im abgebrochenen Objekt Bahnhofstraße 6 in 5671 Bruck / Glocknerstraße; c)der Voltaik Handels GmbH FN 120968w den Mietentgang auf Grund illegaler Lösungsmittellagerung per 31. 03. 2016 € 168.222,37; d) ser Glocknertrade GmbH FN 53395y geldwerte Nachteile aus der rechtswidri-gen Unterbrechung der Bestandrechte an den Liegenschaften EZ 501, 601, 24, 97 je KG 57303 Bruck; sowie geldwerte Nachteile aus der Eröffnung des Konkursverfahren AZ 23 S 345 03k LG Salzburg über das Vermögen der Glocknertrade GmbH; sowie den Verlust des gersamten Anlagevermögen durch strafrechtlich relevante Vornahmen außerhalb der Rechtsordnung im Betrage von ATS 2,773.452,00 / € 201.496,04 ausgewiesen per 31. Dezmber 2013, weiterhin vorenthalten bleibt. 169 Als Geschäftsführer der Firma Glocknertrade GmbH muss ich daher den durch Zinsverlust eingetretenen Vermögensschaden mit 2 % p.a. monatlich FORDERUNGSSALDO PER 31. 03. 2016 € 27.046,99 sowie für Schäden – verursacht aus dem, ohne Rechtsgrund durchgeführten Was-serrechtsverfahren – beziffert mit EUR 4,054.559,19 zu 5 Nc 1/09y LG Salzburg Als Geschäftsführer der Klägerin mache ich den durch Ihr rechtswidriges Verhalten eingetretenen Vermögensnachteil durch Zinsverlust wie folgt geltend: FORDERUNGSSALDO PER 31. 03. 2016 € 37.805,10 e) Richard und Ingrid Leeb aus 14- jähriger Österreichweiter Verleumdung und unabdingbarer Rechtsverteidigung entstandenen geldwerten Nachteil, wie dieser durch Sachverständigengutachten zu beziffern ist; Die mir und meinen Familienmitgliedern vorsätzlich, vierzehn Jahre lang zugefügten Beschädigungen in Ansehen und Fortkommen gehen weit über Geldwerte Maßstäbe hinaus und sind ebenso durch ein Sachverständigengutachten zu beziffern. Zum Thema: www.leeb-oel.at der zerbrochene Krug in Salzburg XIII - 1 vom Dorfrichter Adam >zum JUSTIZMINISTERIUM Vorstellung an den Herrn Justizminister der zerbrochene Krug in Salzburg XIII - 2 vom Dorfrichter Adam >zum LANDESGERICHT SALZBURG Vorstellung an den Herrn Präsidenten Allfällige schuldbefreiende Zahlungen sind ausschließlich an die Firma Anton Seber, Erdbauunternehmen, Achleitweg 35 in 5730 Mittersill, auf Konto IBAN: AT73 3503 9000 0002 0628 BIC: RVSAAT2S039 BLZ 3503 Raika Mittersill zu leisten. ----------------------------------- 170
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