-1- Neujahrsrede 2016 - Oberbürgermeister Martin Staab Neujahrsempfang der Stadt Radolfzell am 10.01.2016 - Es gilt das gesprochene Wort! - Liebe Radolfzellerinnen und Radolfzeller, geschätzte Ehrengäste, allen voran unserem Ehrenbürger Werner Messmer ein herzliches Willkommen, aber natürlich vor allem und zuerst unseren Abgeordneten Andreas Jung und Siegfried Lehmann, ebenso ein Willkommen an Herrn Minister Peter Friedrich und Herrn Neu-Regierungspräsidenten und Alt-OB Dr. Jörg Schmidt, und im Wahljahr auch den Kandidaten für die anstehende Landtagswahl Frau Nese Erekli, Herrn Peter Friedrich, Herrn Fabio Crivellari und last but not least natürlich auch Herrn Jürgen Keck, meine sehr verehrten Damen und Herren, nutzen Sie nachher die Chance im Foyer und suchen Sie das Gespräch mit den 4 Kandidaten, im Lande stehen wichtige Aufgaben an! Ein besonderes Willkommen gilt auch unserem Festredner Herrn Prof. Dr. Mezger, der ja in Radolfzell kein Unbekannter ist, hat er hier doch auch eine „Vergangenheit“. Heimat und Identität heißt sein Vortrag. Heimat und Identität waren - im übertragenen Sinne - auch die beherrschenden Themen im Jahr 2015. Sie konnten es im Vorspann der Bilder schon sehen, wir haben an unserer Heimat weiter gebaut und verändert, um sie zu bewahren, unsere Identität zu erhalten und weiter zu entwickeln. Zwei Themen haben 2015 die Diskussion dominiert. Zum einen die Seetorquerung, zum anderen die Flüchtlingssituation. Ich spüre, was in vielen Köpfen für Gedanken sind…“nicht schon wieder“… Ja, viele sprechen es im persönlichen Gespräch aus, nach einem halben Jahr Diskussion zum neuen Seetor von März bis Oktober, man kann es einfach nicht mehr hören … -2- … aber wir müssen. Das Thema ist politisch entschieden. Und in demokratischen Systemen muss man das auch irgendwann akzeptieren. Ich kann es gut nachvollziehen – und verstehen – dass der Gemeinderat an dieser langfristigen zentralen Zielsetzung festgehalten hat. Vertrauen Sie bitte darauf, dass der Gemeinderat weiterhin sehr verantwortlich mit dem Thema umgehen wird. Die nächsten Entscheidungen stehen – wenn alles „glatt“ läuft – nach der Genehmigung durch das RP im Herbst diesen Jahres an. Zu diesem Zeitpunkt wird man wissen, ob das Projekt endgültig umgesetzt werden kann. Dann bauen wir an unserer Heimat weiter und geben ihr in Teilen damit wieder eine neue Identität. Näher am See, besser am See, eben in … Radolfzell am See. Das andere dominierende Thema ist die europäische Flüchtlingskrise. Der Südkurier titelte bei der Ankündigung von Herrn Mezger: „Europa fängt in Radolfzell an“. Unsere Heimat, hier in Radolfzell, ist – und wird noch mehr – Zufluchtsort für Menschen, die ihre Heimat verloren haben. Menschen, die ihre Heimat und damit auch einen Teil ihrer Identität verloren haben. Sie kommen aber nicht nur politisch motiviert als Asylsuchende aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Sie kommen auch vom Balkan oder aus Afrika aus blanker wirtschaftlicher Not. Beide Ursachen zeichnen kein gutes Bild deutscher, europäischer und internationaler Politik. Die wirtschaftliche Not auf der Welt ist Aufgabe der internationalen Entwicklungspolitik und dort scheint man nicht die gewünschten Erfolge zu erzielen. Bei der Vielzahl der armen und ärmsten Länder sicher auch nicht einfach. Aber das wir es nicht schaffen, europäische Entwicklungspolitik vor unseren Toren auf dem Balkan voran zu bringen, ist beschämend. In den 90er Jahren hat man auf dem Westbalkan sogar Krieg geführt im Namen der Freiheit, aber dann zu wenig getan, um auch für eine wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich die Menschen zu uns auf den Weg machen und an unserer Entwicklung teilhaben wollen. Die Not der Bürgerkriegsflüchtlinge ist ein Thema der Außenpolitik. Seit 4 Jahren herrscht Bürgerkrieg in Syrien und im Irak. Millionen von Flüchtlingen harrten geduldig in den Lagern hinter den Grenzen in Jordanien, im Libanon und in der Türkei aus. Immer in der Hoffnung, bald wieder in ihre Heimat zurück zu können und diesen Teil ihrer Identität wieder zu bekommen. Nach vier demotivierenden Jahren ohne Anzeichen auf Ende des Krieges kommt dann, dass die UN wegen Geldmangels die Rationen auf ein Drittel kürzen musste. Wer kann es unter diesem Versagen aller Außenpolitik den Menschen verdenken, dass sie sich auf den Weg machen? Ich -3- jedenfalls nicht. Wenn die Heimat so fern wird, macht man sich auf die Suche nach einer neuen Heimat. So schwer einem das auch fällt, denn niemand gibt seine Heimat freiwillig oder leichtfertig auf! Was bedeutet das aber für uns in Europa, in Deutschland, in Radolfzell? Kurzfristig werden wir die Menschen aufnehmen und mit dem Nötigsten versorgen müssen. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit! Mittelfristig wird eine große Zahl der Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren müssen. Das ist ein Gebot unseres bewährten Grundgesetzes, das eben nur wirklich politisch Verfolgten Schutz gewährt! Langfristig wird eine große Anzahl junger Menschen in unserem Land bleiben, hier eine neue Heimat suchen und hoffentlich finden. Wir werden uns stark für die Integration dieser Menschen einsetzen müssen. Das ist ein Gebot der menschlichen und der wirtschaftlichen Vernunft! Denn die Integration dieser Menschen hat, bei allen Risiken, auch Chancen für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Fehlen uns doch heute bei – z.B. hier in Radolfzell – verschwindend geringer Arbeitslosigkeit von 3% sowohl viele Fachkräfte, als auch Menschen, die als Ungelernte in gewerblicher Arbeit zum Bruttosozialprodukt beitragen können. Verschweigen darf man aber auch nicht, dass dieser Zuzug – so schwer es uns zunächst fallen mag – auch unsere Heimat und unsere Identität verändert wird. Und es wird nicht so einfach sein wie in den 70er Jahren, als italienische Lokale in Deutschland eine andere „Kultur“ zu uns brachten. Oder in den 80er und 90er Jahren jugoslawische und türkische Kulinarik neu und interessant war. Es wird damit nicht nur einhergehen, dass syrische Lokale die Esskultur bereichern (übrigens gilt die syrische Küche als die französische Küche des Nahen Ostens!). Es wird mehr notwendig sein. Waren doch die Menschen aus Südeuropa, Jugoslawien oder der Türkei in einer christlich europäischen Kultur, oder einem stark westlich orientierten muslimischen Staat, verwurzelt. Dieses Mal haben wir es mit einer tief arabisch nahöstlichen Kulturerweiterung zu tun, die eine ganz andere darstellt. Aber ist es deswegen gleich eine Gefahr für uns und unsere Gesellschaft? Das scheint so zu sein, wenn man die jüngsten Vorfälle z.B. in Köln ansieht. So abscheulich diese Dinge im Einzelfall sind – und diese müssen auch -4- für die Täter schnelle und umfassende Konsequenzen haben, denn Asylrecht ist kein Gastrecht das missbraucht werden darf – so abscheulich diese Vorfälle also sind, muss es nicht unbedingt eine Gefahr sein, sondern bedarf nur intensiverer Integrationsbemühungen. Und Integration ist keine Einbahnstraße, auch wir werden versuchen müssen, zu verstehen, wie die bisherige Kultur dieser Menschen funktioniert. Der österreichische Philosoph Ernst Freiherr von Feuchtersleben hat reflektiert (Zitat): „Man fürchtet, was man nicht versteht“. Wenn wir uns also nicht fürchten wollen, ist es ein Gebot der Stunde, dass wir uns aufmachen „zu verstehen“. In diesem kommenden Integrationsjahrzehnt wird so Manches „knirschen“ und „knarzen“. Das ist unvermeidbar und gehört zu einem solchen Prozess. Ein kleines bisschen kann man es vielleicht doch mit der Flüchtlingswelle der 90er Jahre vom Balkan vergleichen. Dies war am Anfang auch schwer und wie gut haben sich viele von ihnen dann doch in unsere Gesellschaft und das Arbeitsleben integriert. Das mag uns Hoffnung geben, dass wir auch diese neue – zugegebenermaßen – schwierigere Situation meistern werden. Wir dürfen nur nicht die gleichen Fehler machen wie in früheren Situationen, dass wir Integrationsverweigerung und Ghettoisierung zulassen. Aber da habe ich große Hoffnung wenn ich sehe – und hier sei außer der Reihe ein ganz besonderer Dank gestattet – wie sich Menschen in unserer Stadt engagieren für die Integration der Flüchtlinge. Jedem der sich Tag für Tag aufmacht und mit diesen Menschen vor Ort deutsch lernt, Sport treibt, Ausflüge organisiert, bei Behördengängen hilft u.v.a.m., gilt heute unser aller großer Dank! Ich hätte Ihnen gerne die Geschichte der Ebba Akermann aus Stockholm erzählt und was diese Frau und Unternehmerin in Schweden auf die Beine gestellt hat bei der Integration von Geflüchteten. Schweden, übrigens ein Land, das pro Kopf doppelt so viele Flüchtlinge aufgenommen hat, wie unser Land! Aber das würde hier den Rahmen sprengen und das Internet eröffnet Ihnen auch diese Geschichte … wenn Sie es möchten. Heimat und Identität ist eben ein europäisches Thema. Aber was wird noch alles Thema in 2016 sein? Beginnen wir mit dem städtischen Haushalt. Mein erster Arbeitstag war der 1. Dezember 2013. Am 17. Dezember waren wir zu Gesprächen über den Haushalt im Regierungspräsidium. Dort bekam man relativ unverblümt gesagt, dass der Haushalt -5- ab ca. 2018 nicht mehr genehmigungs-fähig sein wird. Sie können sich vorstellen, welche Freude da aufkommt. Will man dies nach den ersten beiden Arbeitswochen hören? Mitnichten! Was würde es bedeuten, wenn dieser Fall so eintreten würde? Das ist keinesfalls der Untergang der Stadt, aber es würde erhebliche Einschränkungen zur Folge haben. Ein nicht genehmigter Haushalt bedeutet, dass nur noch gesetzliche und vertragliche Leistungen ausbezahlt werden dürfen. Es dürfen keine neuen Maßnahmen und Bauwerke begonnen werden, sondern nur noch Begonnenes beendet werden. Was das für die Arbeit in den Vereinen und sozialen Institutionen ohne städtische Zuschüsse bedeuten würde, können Sie sich vorstellen. Was das für unsere städtische Kultur- und Sozialarbeit bedeuten würde, mag ich mir nicht vorstellen. Aber das war die Situation in meiner dritten Arbeitswoche. Die Aussage des Regierungspräsidiums war, dass man uns noch eine Neuverschuldung für Investitionen von bis zu 10 Mio. € bis 2018 genehmigen könne, um wichtige Projekte voranzubringen. Andererseits wir anderen Teil des Haushalt, also im Betrieb jährliche Einsparungen von ca. 3,4 Mio. € erreichen müssen. Dies um die dauerhafte Genehmigungsfähigkeit des Haushalts sicher zu stellen. Das waren die vorgegebenen Eckpunkte für alles Handeln der Stadt. Keine neuen Maßnahmen wären möglich… Damit also auch keine Schulbauten für Gemeinschaftsschule und Realschule, keine weiteren Bauten für Kindergärten und andere wichtige Aufgaben. Auch keine neuen Kindergartengruppen einrichten und Personal dafür einstellen, keine Ausweitung der Ganztagesbetreuung an Schulen u.v.a.m., das nicht mehr hätte umgesetzt werden können. Faktisch ein Stillstand! Heute können wir dank einer konsequenten Umsteuerung des Gemeinderates wieder durchatmen. Der beschlossene Haushalt 2016 kommt ebenso wie die Finanzplanung bis 2019 ohne eine Netto-Neuverschuldung aus! Im Ergebnis also schon mal eine Verbesserung von 10 Mio. €. Jetzt sind auch die Neubaumaßnahmen für die Gemeinschaftsschule und die Realschule im Haushalt veranschlagt. Im Ergebnis ein Mehr von über 12 Mio. € an Projekten. Auch unseren Spitalfonds unterstützen wir durch die Übernahme von Immobilien und Grundstücken mit fast 2 Mio. €. Und einige weitere Korrekturen wären zu nennen. Wer sich in die Niederungen des städtischen Haushalts begeben möchte, kann meine Rede zum Haushalt im Internet nachlesen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, wenn ich nur die wenigen Zahlen oben zusammenrechne, komme ich auf eine Verbesserung des Investitionshaushalts von etwa -6- 25 Mio. €. Um diese Ziele auch umsetzen zu können, müssen wir aber auch zahlreiche Grundstücke für den Wohnungsbau veräußern. Aber das unterstützt ja nur unser Ziel, mehr Wohnraum für die Menschen in unserer Stadt zu schaffen. Das wird eine der Hauptaufgaben der nächsten Jahre sein, die aber auch unserer wirtschaftlichen Entwicklung gut tun wird! Im Ergebnishaushalt, also bei den laufenden Betriebskosten, haben wir in 2016 erstmals im Plan die schwarze „Null“, sprich einen ausgeglichenen Haushalt, erreicht. Dies ist der konsequenten Haushaltskonsolidierungspolitik des Gemeinde-rats geschuldet, der 2014 bereit war, die Steuern für die Bürger und Unternehmen leicht anzuheben und 2015 die ersten Einsparbeschlüsse getroffen hat. Dies wird sich auch dieses Jahr noch fortsetzen müssen. Nur dann können wir es schaffen auch für die nächsten Jahre von 2017-2019 das Ziel der schwarzen Null zu erreichen. Ab 2020 ist dieses Ziel nicht mehr „Kür“ sondern „Pflicht“ für die Genehmigung des Haushalts. Ein Teilziel ist erreicht, wir brauchen keine neuen Schulden machen und die Verschuldung der Stadt sinkt. In 2016 ist ein ausgeglichener Ergebnishaushalt erreicht und für die Zukunft wollen wir das auch noch schaffen. Dies ist realistisch, sofern in Deutschland keine Veränderung der wirtschaftlichen Lage eintritt. Wenn Sie ehrlich sind, werden Sie mir zustimmen, dass die Erhöhungs- und Kürzungsbeschlüsse bisher nicht dramatisch waren und man sie kaum oder gar nicht wirklich gespürt hat!? Notwendig aber waren sie, um der drohenden Situation, die mir in meiner 3. Arbeitswoche mitgeteilt wurde, zu entgehen. Fazit: wir sind auf gutem Wege, aber das Ziel ist noch nicht erreicht. Wir werden weiter hart daran arbeiten müssen. Im Haushalt sind noch sehr viele andere Projekte geplant und finanziert, die alle Erwähnung verdient hätten, ich verweise da auch wieder auf meine Haushaltsrede. Aber schlaglichtartig müssen hier einige Dinge noch erwähnt werden. Bei allen Einsparvorgaben für den laufenden Betrieb müssen wir doch im Bildungsbereich mit weiteren Ausgaben rechnen. Aber auch die öffentliche Sicherheit ist uns wichtig! Zum einen werden wir jetzt im Frühjahr einen Runden Tisch „Öffentliche Sicherheit“ ins Leben rufen, der aufarbeiten soll, wo und wie wir das subjektive Sicherheitsgefühl für die Menschen in unserer Stadt verbessern, aber auch wie wir objektiv mehr -7- Sicherheit schaffen können. Die Ergebnisse des Runden Tisches könnten dann auch in den Stadtentwicklungsplan einfließen. Durch die gute Arbeit des Präventionsrates ist aufgezeigt worden, dass wir an dem Thema intensiver arbeiten müssen. Ganz praktisch wollen wir deshalb noch in diesem Frühjahr einen Beschluss herbeiführen für einen Kommunalen Ordnungsdienst, kurz KOD. Jeder von Ihnen kennt noch den klassischen Knöllchendienst, kurz GVD, lang: Gemeindevollzugsdienst. Bei vielen von uns nicht beliebt, wenn wir mal wieder beim Falschparken erwischt werden, aber notwendig, damit wir beim Thema Verkehr nicht in chaotische Zustände verfallen. Der KOD ist etwas Anderes. Zahlreiche Kommunen haben gute Erfahrungen mit dem neuen kommunalen „Polizeidienst“ gemacht. Dies nachdem sich die Landes-Polizei durch Einsparungen und Rückzüge aus dem öffentlichen Raum in die Stäbe, Einsatzleitstellen, Großlagen etc. zurückgezogen haben. Bedauerlich diese Landespolitik, aber eben Realität. Der Kommunale Ordnungsdienst tritt in diese Lücke der öffentlichen Sicherheit, die ein GVD gar nicht ausfüllen kann und eine LandesPolizei nicht mehr ausfüllen will. Manche Städte haben in dieser Situation angefangen, private Sicherheitsdienste zu beauftragen. Dies ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Öffentliche Sicherheit muss öffentliche Aufgabe bleiben. Und wenn es das Land nicht mehr kann oder will, dann müssen eben die Kommunen selbst ran. Wie so häufig in den letzten Jahren. Und es ist nicht neu. Manch einer wird vielleicht noch wissen, dass bis Anfang der 1960er Jahre die Polizei kommunale Aufgabe war, bevor das Land dies an sich gezogen hat. Die privaten Sicherheitsdienste erfüllen sicher auch gute Aufgaben, wenn man nur an viele Großveranstaltungen denkt. Dort ist deren Platz. Aber nicht beim alltäglichen Sicherheitsempfinden der Menschen in unserer Stadt. Und – mit Verlaub – wenn ich mir zahlreiche Rückmeldungen der Bürgerinnen anhöre über die Einsätze Privater, bekommt man unverblümt auch Aussagen, das man sich da nicht immer sicher fühle, wenn man die Streifengänger sieht. Deshalb sollten wir baldmöglichst mit dem stufenweisen Umbau zum KOD beginnen, um den Menschen auch ein positives Sicherheitsgefühl in Radolfzell zu geben. Nächstes Ziel: Wir wollen in den nächsten Jahren auch Schritt für Schritt in der Entwicklung unserer Ortsteile vorankommen. Dies ist auch eng verbunden mit unseren Zielen für unsere „Energieschleudern“, unseren 10 großen energiefressenden -8- Gebäuden. Allein bei 4 dieser Objekte werden wir in 2016 beginnen diese Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten. Die anderen 6 werden in den nächsten Jahren folgen müssen. 5 dieser 10 großen Objekte, vornehmlich sind dies Hallen und Schulen, stehen in den Ortsteilen. Dort sind sie zentrale Elemente unserer Infrastruktur für das örtliche Leben. Wir tun also etwas für die Ortsteile und das Klima gleichzeitig! Beim Umwelt- und Klimaschutz wollen wir auch weiter vorankommen. Was wir bei der Windkraft auf der Homburg nicht geschafft haben, da das Verständnis für die Notwendigkeit der Energiewende bei einzelnen Kritikern noch fehlt, werden wir an anderer Stelle schaffen müssen. Wir brauchen Alternativen bei der Eigenproduktion von Energie auf unserer Gemarkung. Zukünftige Energiepolitik wird auch stark dezentral und regional ausgerichtet sein um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein Schwerpunkt wird aber – wie gesagt – auch die Energieeinsparung in unseren eigenen Gebäuden sein. Hier stecken Potenziale für Klimaschutz und Kostensenkung! Aber den Titel als Umwelthauptstadt verdienen wir nur, wenn wir auch in anderen Feldern aktiv sind. So gilt es den Vorrang des ÖPNV zu stärken vor dem Individualverkehr. Da wir alle aber viele Dinge in monetären Werten, sprich Geld, messen, brauchen wir auch da eine andere Politik der Förderung des Klimaschutzes. Zu Deutsch: Warum sollte ich – egal ob aus Liggeringen oder der Nordstadt – den Stadtbus zum Einkaufen nutzen und mit der Familie über 10 Euro ausgeben, wenn mich 3 Stunden parken in der Innenstadt bestenfalls 1,50 € kostet? Das ist kein Anreiz! Wenn wir es aber schaffen würden, das Busticket für einen Euro und das Parken für einen Euro pro angefangener Stunde anzubieten, dann sind die Relationen stimmig und jeder, der Rechnen kann und etwas für unsere Umwelt übrig hat, wird manches Mal bereit sein, umzusteigen! Und wenn der Einzelhandel mitmacht und noch einen Teil des Bustickets erstattet, wird das ein richtig gutes Miteinander für die Umwelt und unsere Stadt. So funktioniert praktische Umweltpolitik am besten. Mit gewissen positiven Nebeneffekten auch für unseren Einzelhandel. Und für unsere Parkplatzsituation! Sind doch dann die 20-Centpro-Stunde-Plätze nicht mehr so häufig belegt von Einkäufern in Konstanz oder -9- Singen, die die überlastete Parkplatzsituation in beiden Städten umgehen, indem Sie bei uns billigst parken und mit dem Seehas zum Einkaufen weiterfahren. Das war nicht so ganz der Sinn unserer zahlreichen Parkplätze um die Altstadt herum. Die sollten unseren Handel beleben helfen. Sie sehen, viele Dinge greifen gut und verständlich ineinander, wenn man die richtigen Dinge miteinander kombiniert. Aber man muss Sie verstehen, damit man dabei sein und mitmachen kann. Und dies ist auch die wichtigste Prämisse unserer Umweltpolitik. Wir müssen den Menschen erläutern, warum man etwas tun muss, es geht um Verständnis der Notwendigkeiten der heutigen Zeit. Pragmatische und verständliche Umweltpolitik beginnt bei verständlichen Zielen und Maßnahmen. Ideologie ist da fehl am Platze, damit gewinnt man die Köpfe und Herzen der Menschen nicht. Nächstes Thema: Wir wollen dieses Jahr einen großen Schritt vorankommen in der Weiterentwicklung unseres Spitalfonds für die älteren Mitbürger. Veränderungen stehen in der Angebotsstruktur an und Neu- und Umbaumaßnahmen werden aufgrund der geänderten Gesetze in den nächsten Jahren notwendig werden. Dies müssen wir tun, um dem Spitalfonds eine gute Zukunft und den Bewohnern ein zeitgemäßes Umfeld zu geben. Ähnlich wie bei der Kur sind dies die notwendigen Veränderungen, um mit der Zeit zu gehen und sich auf die Anforderungen der Zukunft rechtzeitig einzustellen. So lapidar das alte Sprichwort klingt, so viel Wahrheit steckt doch drin: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ Zur Zukunft und den Veränderungen muss man bei aller Unsicherheit darüber einfach auch „JA“ sagen. NEIN sagen ist zwar einfacher (bloß nichts ändern), JA sagen erfordert immer, sich mit einer Sache wirklich auseinander zu setzen. Das ist sicher anstrengender, aber zielführender. Nein sagen, heißt nichts tun. Nichts tun heißt in unserer globalisierten Welt Rückschritt und Verlust auch von Heimat und Identität, denn auch Heimat und Identität müssen sich ständig erneuern. Und Rückschritt heißt auch Verlust für unsere Stadt. Verlust an Attraktivität, Verlust an Kaufkraft, Verlust an Kunden, Verlust an Angeboten, Verlust an Lebensqualität, Verlust an Steuereinnahmen, Verlust an Infrastruktur. Eine Abwärtsspirale, der wir durch Aufgeschlossenheit für und Mitwirkung an Veränderung begegnen werden. Und diese Veränderung soll unter Mitwirkung von Ihnen, der Bürgerschaft von Radolfzell, geschehen. Für 2016 sind im Rahmen des neu aufzustellenden -10- Stadtentwicklungsplans die großen Bürgerworkshops im Milchwerk vorgesehen. Alle, die Interesse haben, daran mitzuwirken, sollten sich schon mal die Samstage im April frei halten. Nachdem der Gemeinderat in Klausur war, sind jetzt die Bürger gefragt. Zunächst in einer Bürgerbefragung, die im Februar startet. Dazu erhalten Sie alle noch Post. Und dann im persönlichen Mitwirken in der Diskussion über die Ziele und Maßnahmen, die unsere Stadt in den nächsten 15 Jahren voranbringen sollen. Ich denke, es wird ein spannender Prozess werden und hoffe auf eine rege Mitwirkung bei beiden Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerschaft. Oder wie hat Konfuzius einmal so prägnant formuliert: „Was Du mir sagst, das vergesse ich. Was Du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was Du mich tun lässt, das verstehe ich!“ Es geht also ums „Mittun“ der Bürger an der Entwicklung der Stadt. Ich persönliche freue mich darauf und auf die spannenden Diskussionen, wie es mit Radolfzell weiter gehen soll. Sie sehen, zahlreiche und arbeitsreiche Projekte stehen in 2016 an. Manche Mitarbeiter ächzen schon unter der Anzahl. Aber auch da werden wir noch versuchen, alten „Ballast“ abzuwerfen, um schneller und effizienter arbeiten zu können und die wichtigen Dinge zügig voranzubringen. Ein Ausblick auf 2017 sei noch kurz erlaubt. 2017 jährt sich zum 750sten Mal die Verleihung unseres Stadtrechtes. Sie konnten das Logo und den Slogan schon in der laufenden Präsentation zu Beginn sehen. So viel diskutiert das Logo auch sein mag (und das ist gut so, dass man drüber spricht!), so einmalig finde ich den Slogan: „Jeden Moment wert“. Wer von uns möchte da widersprechen und sagen unsere Stadt, unsere Heimat sei nicht „JEDEN MOMENT WERT“. Vermutlich keiner. So lassen Sie uns im Jahr 2016 mit Freude und mit Engagement auch schon auf dieses Stadtjubiläum im nächsten Jahr blicken. Ich bin mir sicher, es wird ein besonderes Jahr für uns alle werden! Zunächst aber steht ganz aktuell erst das diesjährige 175. Jubiläum der Narrizella an, unschwer auch an der überregionalen Repräsentanz der Narren zu erkennen. Einen -11- herzlichen Glückwunsch der Stadt und eine besonders närrische Fasnet allen Narren in Radolfzell. Unser geschätzter Pfarrer Hauser hat in seinem Weihnachtsbrief an mich u.a. geschrieben, dass er 2016 von mir erhofft, in allen kommunalen Notwendigkeiten das viele Engagement aufzubringen, das erforderlich ist! Er hängt mir die Latte hoch! Aber ich will mich bemühen mich seinen Wünschen und seinem Rat anschließen. Er hofft auch, dass nach den Differenzen in 2015 die v.a. die Diskussion zum neuen Seetor ausgelöst hat, Friedenslichter über 2016 stehen. Darum sollten wir uns alle bemühen! Damit es nicht bei der lapidaren Erkenntnis von Goethe bleibt (Zitat): „Es hört doch jeder nur was er versteht“. Es geht also immer auch um gegenseitiges Verstehen und Verständnis. Bei allen Differenzen. Vielleicht sollten wir dazu auch eine Friedenskerze in die Mitte des Bürgersaales stellen wenn Gemeinderatssitzung ist! Ich für meinen Teil werbe für Vertrauen und Verstehen. Denn Vertrauen ist eine Tugend und ein Wert, für den man arbeiten muss. Ich werde alles daran setzen, Ihr Vertrauen in mich auch weiterhin zu rechtfertigen. Wir haben gemeinsam in den vergangenen 2 Jahren Einiges bewegt und verändert, wiewohl noch nicht überall so weit vorangekommen, wie erhofft. Deshalb sei auch noch eine andere Weihnachtspost zitiert, die mich erreicht hat mit dem Zitat von J.F. Kennedy: „Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo Andere erst einmal reden.“ Dann war das Zitat noch ergänzt um einen handschriftlichen Zusatz: „Bitte wieder anpacken“! Das will ich gerne tun! Für Sie alle … und für unser Radolfzell! Vielen Dank!
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