Viel Material gespart - Migros

MIGROS-WELT | MM44, 26.10.2015 | 75
Verpackungen
Viel Material gespart
Die Migros will ihre Produkte möglichst umweltschonend verpacken.
Dafür sind immer wieder Anpassungen bei den Verpackungen nötig. Was solche
kleinen Optimierungen bewirken, zeigen vier Beispiele aus der Praxis.
Text: Thomas Tobler
M-Budget Magerquark
von ELSA
Der M­Industriebetrieb ELSA
hat das Verpackungsformat des
M­Budget­Magerquarks um gut
30 Millimeter abgeändert: von tief
und breit auf hoch und schmal.
Damit sind jährlich rund
2080 Transportpaletten weniger
nötig, und bei der Herstellung
lassen sich gegenüber dem
Vorgängermodell 21 Tonnen
Kunststoff pro Jahr einsparen.
Suprême Schokoladentafeln von Chocolat Frey
Um 20 Prozent dünner ist
die Aluminiumfolie gewor­
den, die die Schokoladen­
tafeln der Suprême­Linie
umhüllt. Das Unternehmen
spart damit jährlich 6500 Kilo
Aluminium. Auch an der
Dicke der umschliessenden
Kartonhülle wurde gefeilt –
mit dem Resultat, dass dank
der dünneren Verpackung
16 Tonnen Karton
weniger anfallen.
Ein Teil von
Generation M steht
für das nachhaltige
Engagement der
Migros.
Jasmin Buchs ist
Projektleiterin Umwelt
beim Migros-Genossenschafts-Bund.
Nachgefragt
Nicht mehr
Verpackung als
unbedingt nötig
Jasmin Buchs, bis Ende
2020 will die Migros
6000 Tonnen Verpackungs­
material ökologisch opti­
mieren. Was bedeutet das?
Ökologisch optimieren heisst,
die durch Verpackungen verursachte Umweltbelastung
zu senken. Mögliche Optimierungen beurteilt die Migros
anhand der Ökobilanz einer
Verpackung. Je nach Produkt
kann eine solche Optimierung auf verschiedene Arten
erfolgen.
Bio-Forellenfilets von Micarna
Bisher waren die Bioforellen in eine
mit Karton umhüllte Kunststoff­
schale verpackt . Ab sofort besteht
diese Schale zum grössten Teil aus
FSC­zertifiziertem Karton.
Pro Verpackung reduziert sich
der Anteil damit von 11 auf
4,2 Gramm respektive um
rund 60 Prozent Kunststoff.
Sirupflasche von Aproz
Bei verschiedenen Sirup­
flaschen hat Aproz den
Flaschenhals um vier
Millimeter gekürzt. Folglich
wurde auch der Deckel
neu entwickelt – er ist nun
ebenfalls kürzer und leichter.
Eine kleine Änderung
mit grosser Wirkung, die
jährlich Einsparungen von
11,6 Tonnen Kunststoff
mit sich bringt.
Welche denn?
Oberste Priorität hat immer
ein möglichst geringer Materialeinsatz. Weiter sollten die
Verpackungen aus bereits
rezyklierten oder nachhaltig
produzierten Materialien
hergestellt werden. Zudem ist
die Wiederverwertung einer
Verpackung wichtig, bei den
Joghurts zum Beispiel durch
Trennbarkeit des Bechers:
Den Kartonumschlag kann
man in der Kartonsammlung,
den Aluminiumdeckel in der
Alusammlung recyceln.
Wie nahe ist die Migros
ihrem Ziel, 6000 Tonnen
Verpackungsmaterial öko­
logisch zu optimieren?
Die Migros ist dabei, eine
Datenbank einzuführen, um
die Verpackungsdaten der
gesamten M-Industrie zu
erfassen. Per Ende 2015 sollen mit dem neuen System
erstmals Verpackungszahlen
erhoben werden.
76 | MM44, 26.10.2015 | MIGROS-WELT
Interview
«Keine Angst vor
zeitgenössischer
Musik»
Der Waadtländer Komponist Richard Dubugnon möchte
mit seiner Musik Wohlklang verbreiten und Geschichten erzählen.
Sein neuestes Werk wird am 27. Oktober in der Konzertreihe
Migros-Kulturprozent-Classics uraufgeführt.
Text: Pierre Wuthrich Bild: Beat Schweizer
Richard Dubugnon, wie wird
man Komponist?
Seit meiner Kindheit spüre ich
ein kreatives Bedürfnis in mir –
Bilder, Musik, Spiele. Es gibt so
viele Dinge, die man teilen kann
und die Spass machen. Dieser
spielerische Ansatz ist übrigens
sehr wichtig, denn man darf
nicht vergessen, dass man
Instrumente spielt.
Trotzdem haben Sie mit dem
Studium am Konservatorium
erst mit 20 Jahren begonnen.
Warum so spät?
Ich hatte Angst vor prekären
finanziellen Verhältnissen. Ich
komme aus einer Künstlerfa­
milie und war mir bewusst, dass
das Leben eines Musikers oder
Schriftstellers oft schwierig ist.
studiert. Warum gerade dieses
Instrument?
Dafür gibt es viele Gründe.
Zunächst einmal ist es ein
Allround­Instrument, das
sowohl in der Klassik als auch in
der Jazzmusik verwendet wird.
Ausserdem ist der Kontrabass
die Basis jeder Komposition.
Und nicht zuletzt wollte ich
auch ein Orchesterinstrument
spielen. Im Laufe der elf Jahre
im Orchester der Pariser Oper
habe ich am Kontrabass viel
über das Funktionieren der
Finger gelernt. Um zu kom­
ponieren, setze ich mich aber
natürlich ans Klavier.
Was war der Auslöser, es dann
doch zu tun?
Mein Wunsch nach einer krea­
tiven Karriere war zu stark. Ich
spürte in meinem Herzen, dass
ich sonst zugrunde gehen würde.
Letztendlich haben mich
freiwillige Harmoniekurse an
der Universität von Montpellier
überzeugt, wo ich anfänglich
Geschichte studierte.
Ein gutes Stichwort:
Wie komponieren Sie?
Zunächst erarbeite ich einen
allgemeinen Plan des Stücks.
Wie ein Schriftsteller definiere
ich die Charaktere, meine musi­
kalischen Themen, indem ich sie
auf grosse Zettel schreibe.
Danach analysiere ich mehrere
Entwicklungsmöglichkeiten des
Stücks. Ich bin der Meinung,
dass Musik eine Geschichte
erzählen muss. Erst ganz am
Ende gebe ich alles in den
Computer ein.
Am Konservatorium haben
Sie unter anderem Kontrabass
Kennen Sie die Angst vor
dem weissen Blatt?
Das kann ich mir zeitlich nicht
erlauben. Zusammen mit dem
Urheberrecht ist die Komposi­
tion meine einzige Einnahme­
quelle, und ich habe eine Familie
zu ernähren. Mit der Zeit habe
ich gelernt, an allen möglichen
Orten kreativ zu sein. Früher
musste ich mich immer ab­
kapseln, heute entstehen meine
Ideen im Zug oder Flugzeug,
oder auch wenn meine Töchter
neben mir spielen.
Kann man als Komponist von
seiner Musik leben?
Ja, ich lebe immer besser davon,
auch wenn ich mir mein Traum­
haus am Genfersee nicht kaufen
kann (lacht). Heute komponiere
ich im Auftrag von sehr bekann­
ten Solisten und Dirigenten.
Ich kann die Aufträge wählen,
die mich interessieren. Diese
Freiheit ist das grösste Privileg.
Die Migros-KulturprozentClassics haben bei Ihnen ein
Werk bestellt. Was dürfen die
Musikliebhaber erwarten?
Es handelt sich um ein Capriccio
für Orchester, ein kurzes, extra­
vertiertes, lustiges und virtuo­
ses Stück. Dieses Capriccio soll
das erste einer langen Serie sein.
Das zweite Capriccio wird
gerade geschrieben und im
Richard Dubugnon will den Menschen die
Frühling in der Schweiz vom
Orchestre de Paris präsentiert.
Das dritte ist 2017 für die Acca­
demia Santa Cecilia in Rom
bestimmt.
Wenn man an zeitgenössische klassische Musik denkt,
macht man sich häufig aufs
Schlimmste gefasst …
Ja, denn seit dem Ende des
Zweiten Weltkriegs wollte eine
gewisse elitäre Avantgarde allen
Werken einen einheitlichen Stil
auferlegen. Dabei gibt es andere
Wege, wie sie etwa Debussy,
Skrjabin und Bartók beschritten
haben. Ich verstehe weder diesen
Willen zum Bruch mit dem
Publikum noch die fanatischen
Recherchen, die sich sehr weit
vom Schönen in der Musik ent­
fernen. Heute vertreten nur sehr
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Zur Person
Der 1968 in Lausanne
geborene Richard
Dubugnon studierte
Kontrabass und
Kontrapunkt am natio­
nalen Konservatorium
von Paris. Danach ab­
solvierte er 1997 einen
Masterabschluss in
Komposition an der
Königlichen Musik­
akademie von London.
Die Schweiz entdeckte
ihn 2011 und dann 2013
in Verbier mit dem
Streichquintett «Pen­
talog» –unter anderem
interpretiert von den
Gebrüdern Capuçon –
und der von Kent
Nagano dirigierten
Symphonie «Helvetia».
Heute kann Richard
Dubugnon auf mehr
als 80 Kompositionen
zurückblicken, die in
der ganzen Welt,
von Leipzig bis Tokio,
gespielt werden.
Konzertdaten
Lust am Hören zurückgeben und schon Kinder für Klassik begeistern.
wenige grosse Dirigenten oder
internationale Solisten diesen
Stil. Zum Glück existieren viele
andere Genres nebeneinander.
Das Publikum braucht keine
Angst mehr vor der zeit­
genössischen Musik zu haben.
Wie würden Sie Ihre Musik
definieren?
Musik muss gut klingen. Sie
muss zugänglich sein und die
Instrumente zur Geltung bringen. Ich bewundere Bach, denn
er komponierte eine universelle
und gleichzeitig komplizierte
Musik. Sie gefällt der Masse und
ist doch sehr tiefgründig – ein
wahres Meisterwerk.
Manche Zuhörer fühlen
sich von Ihren Werken an
die Komponisten Ravel,
Debussy und Prokofiev
erinnert …
Das schmeichelt mir, aber ich
ahme nicht nach. Wer das behauptet, hat ein schlechtes
Gehör. Es handelt sich vielmehr
um eine Hommage an die Komponisten, die zu meiner musikalischen Ästhetik beigetragen haben. Im Übrigen hat sich Mozart
von Bach und Wagner von Mendelssohn inspirieren lassen.
Sie komponieren auch für
Kinder.
Kinder sind die Musiker und
Musikliebhaber von morgen.
Daher muss man ihnen den Unterschied zwischen bereichernder Kunst und blosser Unterhaltung erklären. Ein Opernbesuch
und eine Casting-Show sind
sehr unterschiedliche Dinge.
Was möchten Sie dem
Publikum vermitteln?
Ich möchte, dass man wieder
lernt, Musik zu hören. Es gibt
kulinarische Programme im
Fernsehen, die den Zuschauern
helfen, ihren Geschmackssinn
zu entwickeln. Warum macht
man nicht etwas Ähnliches für
das Gehör? Dieser Sinn ist durch
die Flut von Bildern vom Aussterben bedroht. Darum liegt
mir das Ritual des Konzerts so
am Herzen, wo man sein Handy
ausschaltet und bereit ist, zwei
Stunden seiner Zeit zu geben.
Musik erzählt so viele Dinge,
es ist die hohe Kunst par excellence. Wenn ich also den
Menschen die Lust am Hören
vermitteln kann, dann habe ich
gewonnen. Dann hat mein
Leben einen Sinn. MM
Das Philharmonia
Orchestra London
spielt die Welturauf­
führung von Dubug­
nons Werk «Caprice
pour orchestre n° 1»
im Rahmen der
Migros­Kultur­
prozent­Classics am
27. Oktober in der
Tonhalle Zürich.
Weitere Konzerte:
28. Oktober, Kultur
Casino, Bern; 29. Okto­
ber, Victoria Hall, Genf;
30. Oktober, KKL,
Luzern.
Mehr Infos:
Migros­kulturprozent­
classics.ch