Nachruf zum Tod Blaumann Jeans: von Weg Horst-Sven Berger Der zur Kultmarke Struktur und Klarheit mit Visualisierung: Konsensieren: Energie Voller Service ࡐ*HWWLQJ7KLQJV'RQH´ der Vielfalt nutzen Denken sichtbar machen ab Losgröße eins Strategie Journal - Heft 04-15 Innovation für den Modellgast Seehotel Wiesler: Seit über 20 Jahren konsequente Nutzensteigerung www.strategie.net Fallstudie Eine Lawine losgetreten ... Die Blaumann-Story geht weiter: Eine Jeans findet ihre Zielgruppe Bereits im Strategie Journal 02-2014 berichteten wir über die Blaumann Jeanshosen. Unsere Einschätzung damals: Die Hose hat das Zeug zum Kultobjekt. Gerade mal eineinhalb Jahre später wird die Prognose durch die Entwicklung bestätigt. Ein Update von Thomas Rupp. Eine Jeans „Made in Germany“, wenn so ziemlich alle Textiler ihre Produktion ins Ausland verlagern. Mann, die Jungs müssen verrückt sein. Das war der Tenor als drei Textilingenieure und ein Marketing-Mann aus dem klassischen Textilstandort Künzelsau damit begannen, die BlaumannJeanshose zu entwickeln und zu produzieren. Es war gar nicht einfach, in Deutschland überhaupt eine Näherei mit den benötigten Nähmaschinen zu finden. Wir berichteten über das Unterfangen vor knapp eineinhalb Jahren (SJ 02-14). Die Idee war: ganz wenige Modelle, beste Qualität, Retro-Look – quasi die Ur-Jeans –, ein dafür angemessener Preis von 249 Euro und sonst nichts. rern, die z.B. zur Harley die passende Hose suchten, eine interessierte Teilzielgruppe. „Handgemacht“ liegt voll im Trend und ist inzwischen ein begehrtes Markenzeichen. Damals erklärte der Marketing-Mann des Teams Gerd Walz das Ziel, zunächst bundesweit fünf bis sieben Fachgeschäfte für den Vertrieb der Blaumann Jeans zu begeistern. In der Schweiz hatte man bereits zwei Läden gefunden. Seit die Vermarktung der Blaumann Jeans Anfang 2014 nach fast zweijähriger Entwicklungszeit startete, überschlagen sich die Ereignisse seit Mitte Mai 2015. Was war passiert? Besessen von der Idee, produzierten die Akteure einfach „ihre Hose“. Ob das nun jemand interessierte oder nicht. Das ist riskant, aber die Textilingenieure Christian Hampel, Guido Wetzels und Peter Baettig verfügten über jahrzehntelange Branchenkenntnis. Sie hatten eine Vision von ihrer in Deutschland produzierten Blaumann Jeans und – ganz offensichtlich – „ein Näschen“ für den Markt. Die Zielgruppe wurde zunächst recht allgemein als Jeans-Liebhaber zwischen 35 und 60 Jahren definiert. Nachdem das Produkt serienreif zur Verfügung stand, begann der Abgleich mit der Marktrealität. Konkret ging man mit der Hose „hausieren“ und fand auch in den Motorradfah- Mitte Mai strahlte der SWR eine Sendung mit dem Titel „Handwerk vom Feinsten“ aus. Im rund 90 minütigen Beitrag wurde anhand verschiedener Beispiele der Trend zur Manufaktur beschrieben. Ganz nach dem Motto „Handgemacht“ liegt voll im Trend und ist inzwischen ein begehrtes Markenzeichen. Kleine Mengen, hochwertige Materialien, regional hergestellt. Die Authentizi- Fotos: Blaumann Jeans Handwerk vom Feinsten: Die Blaumann Jeans 16 Strategie Journal [04-15] Stand der Blaumänner beim BMW Selvedge Run in Berlin. Fallstudie tät und Substanz des Produktes sind entscheidend. Der Preis tritt dabei in den Hintergrund. Eines der vorgestellten Produkte waren die Blaumann Jeanshosen. Drei Tage lang hatte die SWR-Crew die Jungs aus Künzelsau begleitet und gefilmt. „Nachdem der Beitrag ausgestrahlt war“, erinnert sich Gerd Walz, „liefen innerhalb von zwölf Stunden 70 bis 80 Bestellungen im Onlineshop ein. Das war unglaublich. Rund 350.000 Zuschauer aus ganz Deutschland hatten die Sendung gesehen.“ Das eine kam zum anderen. Die Resonanz war beeindruckend. Und im nächsten Schritt kamen mehr und mehr Händler auf die Blaumänner zu. Inzwischen kann man die Retro-Jeans außer im Online-Shop in 24 Läden in Deutschland und der Schweiz erwerben. Aber die Story ist natürlich noch nicht zu Ende. Eine doch recht bekannte Band namens „Calexico“ aus Tucson Arizona gab ein Konzert in Münster. Beim Gang durch die Innenstadt wurden sie auf die Blaumann Jeans in einem Schaufenster aufmerksam. Eine Blaumann Jeans repräsentiert eine Menge Werte, die sich zu einem Lebensgefühl aufsummieren. Aber es waren nicht nur die Bestellungen. In einer ganzen Reihe von Zuschriften meldeten sich begeisterte Zuschauer. Ganz offensichtlich spielt der emotionale Faktor hier eine besonders große Rolle. Eine anonyme Jeans aus der Fabrik ist nicht mehr als ein Stück Stoff. Eine Blaumann Jeans repräsentiert ganz andere Werte wie Fairness, Handarbeit, Nachhaltigkeit, Qualität und dies summiert sich auf zu einem Lebensgefühl. Plötzlich meldete sich BMW. Für ihre Messe „Selvedge Run“ in Berlin wollten sie Blaumann Jeans als Kooperationspartner. Hier präsentierten sich hauptsächlich Hersteller qualitativ hochwertiger Herrenbekleidung und handwerklich hergestellter Waren. All das im Kontext der BMW-Motorradwelt. Das gesamte BMW-Personal wurde mit Blaumann Jeanshosen ausgestattet, und natürlich war man auch mit einem Messestand vertreten. (oben v.l.n.r.) Die Blaumänner: Guido Wetzels, Gerd Walz, Peter Baettig, Christian Hampel. (unten) Aufnahmen zum SWR Beitrag über den Trend zu Manufakturen. Strategie Journal [04-15] 17 Fallstudie „Die Jungs fanden die Hose richtig cool, gingen in den Laden und nahmen Kontakt mit uns auf,“ erzählt Walz. „Daraufhin fuhren wir nach Münster und statteten die Band gleich kostenlos aus. Für uns ist das genial. Die haben fast 200.000 Likes auf ihrer Facebook-Seite.“ Ein weiteres Zeichen, dass man langsam auch international bekannt wird, war eine hochwertige Modezeitschrift aus Japan. Durch Zufall erfuhren die Künzelsauer, dass dort ein Model mit der Blaumann Jeans auf Hochglanzseiten abgelichtet wurde. Zusammenfassend kann man sagen: Die ganze Entwicklung nimmt an Fahrt auf. Manchmal ist das für unsere Akteure auch leicht beängstigend, denn Wachstum an sich ist auch eine Herausforderung, die täglich neue Anforderungen stellt. Aufgrund der großen Resonanz wurde das eigene Lager aufgelöst und ein Distributor engagiert, der den gesamten Versand abwickelt. „Im Rahmen dieses Entwicklungsprozesses sind wir gerade dabei, ein vernünftiges Kostenmanagement zu erstellen“, erläutert Walz. „Denn wir wurden ja mehr oder weniger von der Nachfrage überrollt. Dabei haben wir uns von Anfang an fest vorgenommen, alles ohne Bank zu finanzieren. Bisher konnten wir dies umsetzen. Wachstum an sich ist auch eine Herausforderung, die täglich neue Anforderungen stellt. Aber durch die gesteigerte Nachfrage haben unsere Bestellmengen inzwischen eine heftige Dimension angenommen. Auf jeden Fall muss die Lieferfähigkeit für die ganzen Händler sichergestellt werden.“ Auch in der Produktion mussten die Kapazitäten erweitert werden. Mittlerweile gibt es neben dem Nähbetrieb in Nittenau einen weiteren Produktionsbetrieb in Cham. Strategie Journal [04-15] So gibt es nach wie vor nur drei Schnitte zur Auswahl. „Mittlerweile ist als sinnvolle Ergänzung noch ein Jeanshemd hinzugekommen“, sagt Gerd Walz. „Und ab Januar gibt es noch ein T-Shirt, das wir mit lustigen Prints versehen. Das kam bei den Messen immer sehr gut an. Diese kann man aber nur online bestellten. Und die rohen T-Shirts kaufen wir natürlich konsequenterweise – Made in Germany – bei Trigema ein.“ Kontakt: Gerd Walz Tel (0152) 56 61 50 13 [email protected] www.blaumann-jeanshosen.de Ganz sicher haben die Blaumänner den Nerv der Zeit getroffen. Zu den Guido Wetzels und Christian Hampel mit den Musikern von Calexico. 18 Erfolgsgeheimnissen gehört die Beschränkung auf wenige klar kommunizierbare Produkte. Die neue Jeans (li.) und wie sie sich durch den Gebrauch verändert.
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