Infotafeln Siegfriedsbrunnen

Das Nibelungenlied
D
ie Geschichte des Nibelungenlieds
reicht weit in die Welt germanischer und nordischer Heldensagen zurück. Die »alten maeren«, die in der Eingangsstrophe des Epos erwähnt werden,
erzählen von Namen und Geschichten,
die über Jahrhunderte mündlich weitergegeben worden waren.
Um das Jahr 1200 wurden diese verschiedenen Überlieferungen von anonymen
Verfassern zu dem schriftlichen Werk
verbunden, das wir als Nibelungen­lied
kennen und dessen bekannteste Version
die Fassung C ist.
Einer der historischen Kerne der Sage
wird in der Zerschlagung des Burgunderreiches im Raum Worms um das Jahr
436 vermutet.
Die erste Strophe des Nibelungenlieds:
Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren,
von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten,
von küener recken strîten
von weinen und von klagen,
muget ir nu wunder hœren sagen.
Das Nibelungenlied handelt von Königen und Helden, von Liebe und Leidenschaft, von Treue, Verrat und Rache und gilt als die größte Dichtung des deutschen
Mittelalters.
Teil des Nibelungenlieds ist der Aufstieg des Königssohnes Siegfried von Xanten. Dieser besiegte einen Drachen und gewann in der Folge den Nibelungenschatz. Durch
ein Bad im Blut des Drachen wurde er unverwundbar – bis auf eine Stelle auf seinem
Rücken, die während des Bades durch ein herabfallendes Lindenblatt bedeckt war.
Der Held Siegfried verhalf dem Burgunderkönig Gunther auf Island zu seiner Frau
Brunhilde und erhielt im Gegenzug die Schwester von König Gunther, Kriemhilde, zur
Gemahlin.
Streit, Missgunst und Eifersucht am Hofe zu Worms führten schließlich zum Mordkomplott zwischen Brunhilde und deren treuen Gefolgsmann Hagen von Tronje. Auf
einem Jagdausflug »vor dem Odenwalde« kam es schließlich zum Meuchelmord: Als
sich Siegfried nach einem siegreich beendeten Wettlauf niederbeugte, um aus einer
Quelle zu trinken, wurde er hinterrücks durch den Speer Hagens getötet. Möglich
wurde die Ermordung nur, weil Krimhilde Siegfrieds verwundbare Stelle durch ein
aufgesticktes Kreuz kenntlich gemacht hatte. Dies sollte zu dessen Schutz dienen, wie
ihr Hagen vorher in hinterhältiger Weise versichert hatte.
Krimhilde schwor Rache. Der Untergang der Burgunder wurde besiegelt.
Wie kam »Otenhaim« (Odenheim) in
die C-Fassung des Nibelungenlieds?
U
nabhängig vom Streit der Historiker, ob der Ort Odenheim als Stätte der
Ermordung des Nibelungen-Helden Siegfried in Frage kommt oder nicht, bleibt
die Tatsache bestehen, dass »Otenhaim« (so die frühere Schreibweise von Odenheim)
in der C-Fassung des Nibelungenliedes in Strophe 1013 als Tatort Erwähnung findet.
Von dem @elben brunnen da Sivrit wart er@lagen
e
@ult ir div rehten mære von mir horn @agn
vor dem Otenwalde ein dorf lit Otenhaim
da vliuzet noch der brunne des i@t zwifel deheim
Die Übertragung dieses mittelhochdeutschen Verses ist in die Steinplatte
des Brunnens eingemeißelt:
Wenn ihr den Brunnen suchet, wo Siegfried man
erschlagen, sollt ihr die rechte Kunde mich auch
noch hören sagen. Dort vor dem Odenwalde ein
Dorf liegt Odenhaim. Dort fliesset noch der
Brunnen. Darüber kann kein Zweifel sein.
Wie nun kam die geografische Bezeichnung »Otenhaim« in das Nibelungenlied?
Am plausibelsten ist die Vermutung, dass der Schreiber der C-Fassung, vermutlich ein
Kleriker oder Benediktiner-Mönch, vorübergehend im Kloster Odenheim weilte oder
aber die Strophe aus Verbundenheit mit der Abtei in seine Version des Nibelungen­
liedes aufgenommen hat.
Das Benediktinerkloster Odenheim stand um das Jahr 1200, als das Nibelungenlied
aufgeschrieben wurde, in großer Blüte und der Abt des Klosters hieß zu jener Zeit
Siegfried.
Das Siegfriedsbrunnen-Denkmal in Odenheim
M
it dem Bau des Denkmals im Jahr 1932 wurde
der Siegfriedsbrunnen zu einer gern besuchten Erinnerungsstätte – an einem der mutmaßlichen Schauplätze der Nibelungensage.
Sigmund Odenheimer
Der Bau des Denkmals wurde durch eine großzügige Spende des nach Amerika ausgewanderten Juden
Sigmund Odenheimer ermöglicht, der sich in seiner
neuen Heimat als Erfinder einen Namen gemacht
hat. Er wurde 1860 in Odenheim geboren und soll
die Stiftung auch in nostalgischer Erinnerung an
seine Jugendliebe getätigt haben.
Die vom Karlsruher Kunstprofessor Wilhelm Nagel entworfene und aus heimischem Schilfsandstein erbaute Brunnenanlage in Spitzbogenform ist
etwa 3,85 Meter hoch. Das Relief, das die Ermordung Siegfrieds durch Hagen zeigt, wurde vom
Karlsruher Steinbildhauer C. Dietrich umgesetzt.
Die Steinmetzarbeiten besorgten die Odenheimer Prof. Wilhelm Nagel
Steinhauer Adam Zirkel und Friedrich Lemle. Der
Vorplatz wurde in den 1960er-Jahren nach der Fertigstellung der Straße neu gestaltet.
Aber: Hat sich die Geschichte um den Helden Siegfried wirklich so zugetragen? Gab
es ihn tatsächlich? Vergessen wir nicht: Das Nibelungenlied ist eine Dichtung voller
Symbolik und gleichnishafter historischer Handlungen.