http://www.tagesschau.de/ausland/nepal-menschenhandel-101.html Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: http://www.tagesschau.de/ausland/nepalmenschenhandel-101.html Mädchenhandel in Nepal Stand: 27.07.2015 01:30 Uhr Die Not von vielen Mädchen und jungen Frauen in Nepal ist groß, auch schon vor dem Erdbeben. Jedes Jahr werden zwischen 15.000 und 20.000 verschleppt und verkauft. Viele landen in indischen Bordellen, einige geraten in die Fänge von Organhändlern. Von Sandra Petersmann, ARD-Hörfunkstudio Südasien Radikha ist tief in ihrer Arbeit versunken. Sie trimmt die Rasenkanten akribisch mit einer Grasschere. Die Arbeit gefällt ihr. Sie möge den Garten und sei gerne in der Natur, sagt sie. Radikha ist Ende 20. Sie lebt im Hauptquartier der Hilfsorganisation "Maiti Nepal" in Kathmandu, die gegen den Handel mit Frauen und Kindern kämpft. Unterdrückung, Armut und fehlende Bildung machen Nepals Frauen zur leichten Beute. Radikhas Geschichte ist so unglaublich, brutal und menschenverachtend, dass es schwer fällt, ihrer sanften Erzählung zuzuhören. Sie selbst versucht, zu vergessen. Aber, berichtet sie, "es kommt oft zurück." Mit 14 beginnt das Martyrium Radikha war etwa 14 Jahre alt, als ihre Qual begann. Sie hatte ihr kleines Bergdorf verlassen, um in der Hauptstadt Kathmandu zu arbeiten. Ihre Familie brauchte dringend Geld. Organhändler verschleppten das gutgläubige Mädchen nach Indien und raubten Radikha eine Niere. Zurück in Nepal heiratete sie wenig später unter Druck einen Mann, der sie als Sexsklavin verkaufte. Nach Radikhas Erinnerung war ihr kleiner Sohn Rohan gerade ein halbes Jahr alt, als die Menschenhändler zuschlugen. Zwei Freunde ihres gewalttätigen Mannes fungierten als Mittelsmänner, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Die Männer verschleppten die junge Frau und das Baby in die indische Hauptstadt Neu-Delhi und verkauften sie. Jahre nach ihre Flucht kann die junge Nepalesin Radikha (links) inzwischen wieder lächeln. 28.07.2015 15:42 http://www.tagesschau.de/ausland/nepal-menschenhandel-101.html Drohungen gegen Radikhas Sohn Von Delhi aus ging es direkt weiter in ein heruntergekommenes Bordell im indischen Bundesstaat Assam. Gefügig musste sie sein: "Wenn ich mich weigerte, schlugen sie mich und verbrannten mich mit Zigaretten." Und sie hatten ihren Sohn. "Ich habe das alles für ihn über mich ergehen lassen. Wir waren getrennt und ich wollte nicht, dass sie ihm etwas antun." Nach sechs Monaten brachten sie Radikha und ihren Sohn nach Kalkutta. Dort wurde sie wieder von ihrem Kind getrennt. Kalkutta, sagt Radikha, sei noch schlimmer als Assam gewesen. "Ich musste ich rund um die Uhr arbeiten, auch in der Nacht. Ich musste bis zu 25 Männer pro Tag bedienen." Neu-Delhi, Assam, Kalkutta, Neu-Delhi, Puna, Mumbai: Radikha wurde mehrfach weiterverkauft im Netzwerk der Menschenhändler. Mit etwa 20, nach über drei Jahren als Sex-Zwangsarbeiterin, gelang ihr die Flucht. Endlich gelang die Flucht Sie entkam aus einem schäbigen Bordell in Mumbai, in dem sie ihren Sohn regelmäßig sehen konnte. Sie sprang mit dem Kleinen im Arm von einem Balkon. Heute ist ihr Sohn zwölf Jahre alt und geht in die zweite Klasse. Aber: "Er kann immer noch nicht richtig sprechen. Sie haben ihn misshandelt. Sie haben ihm auch die Zunge verbrannt, wenn er geschrien hat." Radikha und ihr Sohn Rohan sind kein Einzelschicksal. Bei Mati Nepal in Kathmandu leben zurzeit knapp 500 Frauen und Kinder. Radikha arbeitet hier als Gärtnerin. Für die vielen minderjährigen Mädchen ist sie wie eine große Schwester. Was sie in Zukunft machen will, weiß sie noch nicht. Zunächst soll ihr Sohn die Schule abschließen, danach will sie sich entscheiden. Radikha hat den Weg zurück nach Nepal gefunden. Den meisten anderen Frauen gelingt das nicht. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Doch Experten schätzen, dass die Menschenhändler jedes Jahr rund 15.000 junge Frauen aus Nepal schleusen. Audio: Niere gestohlen, für Sex verkauft - Radikha aus Nepal Sandra Petersmann, ARD Neu-Delhi 27.07.2015 04:56 Uhr Dieser Beitrag lief am 27. Juli 2015 um 8:20 Uhr im Deutschlandradio Kultur. Menschenhandel in Nepal: Voller Wut und Schmerz, 24.07.2015 Weltatlas | Nepal 28.07.2015 15:42
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