Gesundheitsund Sozialberufe Fachfrau/-mann Operationstechnik HF Kindererzieherin/ Kindererzieher HF Sozialpädagogin/ Sozialpädagoge HF Teamarbeit, Kommunikation und Risikoabschätzung entscheiden über Leben und Tod. Seite 5 Kinder in ihrer Entwicklung begleiten ist anspruchsvoll. Und von zentraler Bedeutung für die Gesellschaft. Seite 12 Sozialpädagogen fördern und fordern sozial Schwächere und sorgen so dafür, dass sie ein erfülltes Leben haben. Seite 12 3 Gesundheits- und Sozialberufe Editorial Themen im Überblick «Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.» Rettungssanitäter/-in HF Fachfrau/-mann für medizinischtechnische Radiologie HF 4 5 6 7 8 Fachfrau/-mann Operationstechnik HF John F. Kennedy, US-Präsident 1961–1963 Aktivierungsfachfrau/-mann HF FaGe Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ FaGe Fachfrau/-mann Gesundheit Nachholbildung Wenn wir die berufliche Grundbildung aus Sicht der Zahlen betrachten, zeigt sich, dass wir uns im Gesundheits- und Sozialbereich über einen grossen Erfolg freuen dürfen. Im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI erhob das LINK Institut Zahlen zum diesjährigen Lehrstellenmarkt. Ersten Hochrechnungen zufolge standen in diesem Jahr 150 500 junge Frauen und Männer vor der Ausbildungswahl; 85 500 davon haben eine Lehrstelle angetreten. Hochgerechnet konnten dieses Jahr insgesamt 8500 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Die Auswertung zeigt, dass der Anteil an besetzten Lehrstellen in der Branche «Gesundheits- und Sozialwesen» bei 97 Prozent liegt. Das heisst: nur 3 Prozent der Lehrstellen blieben laut Hochrechnung unbesetzt. Für uns als Branchenverband ist das ein Zeichen der Attraktivität unserer Berufe. Trotzdem wollen wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Denn ausgebildetes Fachpersonal fehlt nach wie vor in vielen Institutionen. Sollten auch Sie sich für eine duale Berufsausbildung oder eine Ausbildung auf HF-Stufe im Gesundheits- und Sozialbereich entscheiden, wird Sie das Prinzip der drei Lernorte stets begleiten. Auf Ihrem Weg zu einem Eidgenössischen Berufsattest, einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis oder einem Eidgenössischen Diplom HF sind Ausbildungsbetrieb, Berufsfachschule oder Höhere Fachschule sowie der dritte Lernort ein massgebliches Trio. Ihre Karriere beginnt mit dem ersten Lernort und gleichzeitig dem wichtigsten Standbein: Ihrem Ausbildungsbetrieb. Hier sammeln Sie wertvolle Praxiserfahrung und prägen die Pflegequalität mit. Im Kanton Aargau erwerben Sie das theoretische Wissen am zweiten Lernort, der Berufsfachschule Gesundheit und Soziales in Brugg oder an der Höheren Fachschule Gesundheit und Soziales in Aarau. Damit aus Praxiserfahrung und theoretischem Wissen Kompetenzen entstehen, braucht es uns, den Branchenverband, als dritten Lernort: Wir bauen Brücken zwischen Theorie und Praxis und unterstützen die Lernenden in der Umsetzung von praktischen Fähigkeiten. Im geschützten Rahmen bieten wir Übungs- und Vertiefungsmöglichkeiten. Die drei Lernorte vereinen das Zentrale und Wertvolle an einer Lehre oder HF-Ausbildung, nämlich Berufspraxis sammeln, Hintergründe verstehen und dabei aus Fehlern lernen. Es ist unser Auftrag und unsere Mission, weiterhin in dieses Dreigespann zu investieren, denn schon der amerikanische Präsident John F. Kennedy wusste: «Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.» Dr. Esther Warnett, Geschäftsführerin OdA GS Aargau Kindererzieherin/Kindererzieher HF SozPäd HF Sozialpädagogin/ Sozialpädagoge HF 9 11 12 FaBe K Fachfrau/-mann Betreuung Kinderbetreuung EFZ FaBe K NHB Fachfrau/-mann Betreuung Kinderbetreuung, Nachholbildung 13 FaBe B NHB Fachfrau/-mann Betreuung Behindertenbetreuung Nachholbildung FaBe B Fachfrau/-mann Betreuung Behindertenbetreuung EFZ 14 Pflege HF Pflegefachfrau/-mann HF Auf ei n Das Erfolgskonzept «Theorie und Praxis» BMA Biomedizinische/Biomedizinischer Analytiker/-in HF AGS Assistentin/Assistent Gesundheit und Soziales EBA ick l B en Weitere Informationen zu den vorgestellen Berufen sowie Schnupper- und Praktikumsplätzen: www.oda-gsag.chwww.gesundheitsberufe.ch www.beratungsdienste-aargau.ch www.savoirsocial.chwww.bfgs.ch Impressum Herausgeber OdA GS Aargau, Badenerstrasse 9, 5200 Brugg | Text Andrea Traber | Redaktionelle Bearbeitung Andreas Krebs | Layout Ida Barmettler | Korrektorat Stefan Gass | Bilder OdA GS Aargau | Anzeigenverkauf Alexandra Heiniger (Leitung), [email protected], Telefon 058 200 53 53 | Druck AZ Print AG, Aarau www.hfgs.chwww.agogis.ch www.myoda.ch www.lena.ch 4 Rettungssanitäterin / Rettungssanitäter HF | MTRA Fachfrau / Fachmann für medizinisch-technische Radiologie HF Ein kühler Kopf in jeder Situation 5 Fachfrau / Fachmann Operationstechnik HF «Wichtig ist, das Beste zu geben» Petra Leu, 26, Rettungs sanitäterin HF, in Ausbildung, Spital Muri. «Ob ein Team funktioniert, merkt man daran, wie reibungslos der Eingriff verläuft.» Die Diagnostik (im Bild ein MRI) zählt zu den Aufgaben gebieten von medizinischtechnischen Radiologen. Verkehrs- oder Arbeitsunfall, Herzinfarkt oder Hirnblutung – manchmal geht es um Sekunden. Doch nicht immer ist der Job von Rettungssanitätern so dramatisch. Sie organisieren auch Krankentransporte oder verlegen Patienten von einem Spital ins andere. Die Ausbildungsplätze als Rettungssanitäterin/Rettungssanitäter HF sind begehrt. Petra Leu, 26, hat einen Platz bekommen: im Spital Muri. «Nach ein paar Schnuppertagen war ich begeistert – und ich bin es immer noch», sagt die ehemalige Fachfrau Gesundheit über ihre Ausbildung. Normalerweise fahren zwei Rettungssanitäter im Rettungsfahrzeug mit. Einer davon muss eine Anästhesie-Ausbildung gemacht haben, deshalb muss kein Notarzt mitfahren. «Einsätze mit nicht kritischen Patienten mache ich selber», sagt Leu. «Bei kritischen Patienten hingegen assistiere ich.» Und als Assistentin fährt sie die Ambulanz. Gemäss den Vorgaben des Kantons Aargau muss ein Rettungsfahrzeug innert 15 Minuten vor Ort sein. «Diese Vorgabe halten wir in über 90 Prozent aller Einsätze ein», weiss Leu. Der Rettungsdienst Muri fährt rund 1300 Einätze im Jahr. Das Einzugsgebiet umfasst 20 Gemeinden, in denen 32 000 Menschen wohnen. Heftige Erlebnisse Manche Rettungseinsätze seien schwer zu verarbeiten, so Leu. «Am intensivsten ist mir die Rettung eines verunfallten Autofahrers in Erinnerung geblieben, der eingeklemmt war, als wir bei ihm ankamen. Erst mithilfe der Polizei konnten wir ihn aus dem Auto holen und abtransportieren.» Nach belastenden Erlebnissen sei es wichtig, mit dem Teampartner oder einer anderen Vertrauensperson des Rettungsdienstes darüber zu reden. «Das Spital Muri ist klein und familiär, wir haben ein sehr gutes Verhältnis unter uns Kollegen. Auch mit unseren Vorgesetzten können wir jederzeit das Gespräch suchen. Ausserdem haben wir ein Konzept zur psychologischen Aufarbeitung von belastenden Einsätzen.» Wissen schnell abrufen Die Arbeit sei sehr abwechslungsreich, schwärmt Leu. «Unsere Arbeit ist nicht planbar, jeder Tag ist anders. Das gefällt mir.» Die meisten Einsätze betreffen nicht etwa Verkehrsunfälle, sondern finden im häuslichen Umfeld statt. Es sei wichtig, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren, sagt Leu. «Die grösste Her ausforderung für mich ist, während eines Einsatzes alles Wissen schnell und korrekt anzuwenden, auch vor Publikum.» Neben dem kühlen Kopf brauche es als Rettungssanitäter insbesondere Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität, rasche Auffassungsgabe, Teamfähigkeit und Sozialkompetenz. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch Frau Fritschi, wie sind Sie auf den Beruf Fachfrau Operationstechnik HF gekommen? Die Körperdetektive Die Praktikumsplätze sind rar für Fachfrauen und -männer für medizinisch-technische Radiologie HF (MTRA). In Zürich gibt es pro Jahr gerade mal eine Klasse mit 30 Auszubildenden. Sie lernen viele technische Geräte und ihre Anwendung in verschiedensten Bereichen kennen, etwa in der Mammographie, der Angiographie (Gefässdarstellung) oder der viszeralen Radiologie (Durchleuchtung). In der Radiologie schauen sie in das Innerste des Menschen, stellen zum Beispiel den Magen-Darm-Trakt mit Kontrastmitteln dar. Technisches Verständnis, Flexibilität und physische sowie psychische Belastbarkeit sind Voraussetzungen für angehende MTRA. Nicht zuletzt muss man auch gerne mit Menschen arbeiten, denn MTRA ist nicht nur ein technischer, sondern auch ein sozialer Beruf. Attraktiv ist er auch, weil man viele Weiterbildungsmöglichkeiten hat. Und weil seit Jahren Fachpersonal gesucht wird, haben MTRA in der Regel keine Mühe, eine Stelle zu finden. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch Nina Fritschi, 25 Jahre, Fachfrau Operations technik HF, in Ausbildung, Kantonsspital Aarau. Während der Fachmittel schule (FMS) hat unsere Klasse das Kantonsspital Aarau besucht. Dort wurden uns verschiedene Berufe vorgestellt, auch Operationstechnik HF. Die Ausbildung hat mich sehr angesprochen. Deshalb habe ich zwei Tage im Kantonsspital Aarau geschnuppert und später ein Eignungspraktikum absolviert. Bei Operationen geht es mitunter hektisch zu und her. Haben Sie keine Angst, Fehler zu machen? Nein, Angst habe ich keine. Wir lernen im Unterricht die verschiedenen Instrumente kennen und lernen, wie man auftischen muss. Zudem würde uns der operierende Arzt darauf aufmerksam machen, wenn wir ihm falsche Instrumente aushändigen würden. Bereitet Ihnen das lange Stehen Mühe? Man gewöhnt sich daran. Am Tisch habe ich sowieso kein Problem damit, weil ich mich auf den Eingriff konzentrieren muss. Wenn ich zudiene, habe ich einen Stuhl in der Nähe. So bin ich beim Eingriff dabei, kann aber doch auch mal sitzen. Ich denke, es ist menschlich, dass wir nicht acht Stunden am Stück stehen können. Was motiviert Sie täglich? Ich mache meine Arbeit gerne. Es ist immer interessant, kein Tag ist wie der andere. Es läuft immer etwas und man lernt nie aus. Wir machen immer wieder auch seltene Operationen. In der Schule behandeln wir operative Eingriffe und das Instrumentieren theoretisch, im Praktikum vertiefen wir das Wissen vor Ort. Haben Sie schlimme Situationen erlebt? Nichts, was mich überaus lange beschäftigt hätte. Natürlich gibt es schwierige Situationen. Aber wir sehen immer nur eine Momentaufnahme – wie die Menschen mit den Ergebnissen der Operation leben, wissen wir nicht. Deshalb fällt es mir leichter, das Ganze zu verarbeiten. Wichtig ist immer, dass wir unser Bestes geben. Worauf sind Sie stolz? Wenn man allein ist, ist man am Anfang völlig überfordert. Wir haben aber keine Zeit, um diese Überforderung überhaupt wahrzunehmen, wir müssen handeln. Wenn ich so eine schwierige Situation gemeistert habe, macht mich das stolz. Wie wichtig ist Teamarbeit? Und wie schalten Sie ab? Sehr wichtig. Es sind vier Berufsgruppen, die in immer neuen Besetzungen zusammenarbeiten. Wir von der Operationstechnik, Lagerungsexperten, Anästhesisten und Chirurgen bilden ein Team mit einem gemeinsamen Ziel. Wir wollen zusammen das bestmögliche Ergebnis für die Patienten erreichen. Das gelingt nur, wenn alle zusammen ihr Bestes geben. Ob ein Team funktioniert, merkt man daran, wie reibungslos der Eingriff verläuft. Ich schalte von selbst ab und muss nicht viel dafür tun. Wenn ich mich umziehe, streife ich meine «Arbeitshülle» ab. Die Fahrt nach Hause hilft mir, herunterzufahren und zu entspannen. Ich denke, ein Ausgleich ist sehr wichtig, irgendein Hobby. Bei mir ist es der Sport. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch 6 Aktivierungsfachfrau /Aktivierungsfachmann HF Das Beste im Menschen sehen Barbara Hächler, 54, ist gelernte Zahnarztgehilfin, war viel auf Reisen und flog mehr als zwanzig Jahre bei der Swissair und der Swiss als Flugbegleiterin. «Aus persönlichen Gründen habe ich mich entschlossen, eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen», erzählt sie. Vorgängig habe sie sich sehr gut über verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten informiert. «Dabei wurde mein Wunsch, in die Aktivierung einzusteigen, immer deutlicher.» Intensiver Kontakt Barbara Hächler, 54, Aktivierungsfachfrau in Ausbildung, Pflegezentrum Barmelweid. «Ich wollte schon immer einen therapeutischen Beruf ausüben», erzählt Hächler. «Aber die Fliegerei kam über mich wie eine Lawine. Die 20 Jahre waren total lässig, doch die Zeit verging eben auch wie im Flug.» Der Wunsch, beruflich längere und tiefere Kontakte zu Menschen zu pflegen, wurde immer grösser. «Als 7 FaGe Fachfrau / Fachmann Gesundheit EFZ «Ich habe mich positiv verändert» ktivierungsfachfrau begleite ich unsere BewohnerinA nen und Bewohner in der letzten Phase ihres Lebens. Mein Ziel ist es, ihr Befinden zu verbessern und das Beste aus ihnen herauszuholen.» Sie könne auch viel von den Bewohnern lernen, egal wie alt sie sind, sagt Hächler. «Es geht nicht um ihr Geburtsdatum, sondern darum, wie sie ihr Leben gelebt haben.» Erwartungen anpassen Als Aktivierungsfachfrau ist man nicht in der Pflege tätig, sondern bringt durch verschiedene Aktivitäten Abwechslung in den Alltag der betreuten Menschen. Den Bewohnern steht es frei mitzumachen. «Wir führen auch Einzeltherapien mit den Bewohnerinnen und Bewohnern durch», sagt Hächler. Einfache Tätigkeiten wie zum Beispiel spielerisch mit Bauklötzen werken, könnten für einen motorisch sehr eingeschränkten Bewohner ein Erfolgserlebnis sein. «Mit den Ressourcen, die ihnen noch bleiben, machen wir das Beste. Dadurch fühlen sich die Menschen lebendiger.» www.odasante.ch «Einmal war ich bei einem Patienten zu Hause, der zu viel Alkohol intus hatte.» Frau Cimino, wie kamen Sie zur Spitex? Ilaria Luana Cimino, 18, Fachfrau Gesundheit im Bereich Spitex, in Ausbildung. Ich habe in einem Pflegeheim und bei der Spitex eine Schnupperlehre gemacht. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Spitex besser gefällt. Hier betreue ich meine Patientinnen und Patienten selbstständig. Ich arbeite zwar gerne in einem Team, brauche aber meinen eigenen Verantwortungsbereich. Wie lange wurden Sie begleitet, bevor Sie allein auf Tour gehen konnten? Im August habe ich die Lehre angefangen, im Februar war ich bereits allein unterwegs. Hatten Sie mulmige Gefühle? Angst hatte ich nie, aber es gab auch schon un angenehme Situationen. Einmal war ich bei einem Patienten zu Hause, der zu viel Alkohol intus hatte. Was ist passiert? Ich habe alles erledigt, was in der Pflegemassnahme aufgelistet war. Erst dann habe ich die Wohnung verlassen. Doch er wurde aufdringlich und wollte mich begleiten. Wir haben einen Wohnungsschlüssel und ich habe die Tür von aussen geschlossen. Dann habe ich eine Pflegefachfrau angerufen. Sie kam sofort und hat sich um den Patienten gekümmert. Heute weiss ich, dass ich damals zu lange gewartet habe. Solche Situationen sind aber selten. Was für Patienten haben Sie? Alte und Junge, manche leiden an multipler Sklerose oder Hemiplegie, sind also halbseitig gelähmt. Oft gehen wir auch zu jungen Paaren, die soeben Eltern geworden sind und Hilfe im Haushalt benötigen. Was gefällt Ihnen besonders an der Ausbildung? Wir sind ein sehr gutes Team. Und ich finde es schön, dass ich Menschen helfen kann, sodass sie zu Hause bleiben können. Die Schule ist anspruchsvoll, aber auch megaspannend. Hat Sie je etwas speziell berührt bei der Arbeit? Berührende Erlebnisse gibt es immer wieder. Gestern Abend hatte ich ein solches Erlebnis. Eine Patientin, die im Sterben liegt, hatte Besuch von ihrer Familie und ihren Freunden. Ich fand es schön, wie alle ihrem Mann Kraft spendeten. Seine Haltung fand ich bewundernswert. Er hat akzeptiert, dass seine Frau bald gehen wird. Wie ist es für Sie, wenn Patienten im Sterben liegen? Vor den Angehörigen habe ich mir damals nichts anmerken lassen. Als ich später allein mit der Patientin im Zimmer war, habe ich ihr gesagt, dass sie loslassen soll. Ihre Mimik hat mir gezeigt, dass sie mich verstanden hatte. Gibt es auch schlimme Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben? Wir haben ein Ambulatorium, die Patienten kommen zum Beispiel für einen Verbandswechsel zu uns. Einmal kam ein Mann mit einer Wunde am Bein, die nicht aufhörte zu bluten. Meine Kollegin und ich holten Hilfe vom Team, es war einen Moment lang sehr chaotisch. Endlich hatten wir das Bein mit einem Druckverband eingebunden, aber der Mann hatte ziemlich viel Blut verloren. Deshalb riefen wir den Notfall an. Was macht Sie stolz? Ich bin stolz darauf, in so kurzer Zeit so viel erreicht zu haben. Ich habe mich verändert, bin selbstbewusster und erwachsener geworden. Und ich habe gelernt, mit Verantwortung umzugehen und das Leben zu schätzen. Wie geht es nach der Ausbildung weiter? Ich bleibe bei der Spitex, wenn mein Ausbildungsbetrieb das möchte. Für mich ist es wichtig, die Autoprüfung zu machen, damit ich nicht mehr mit dem Elektrobike zu meinen Patienten fahren muss. Ich möchte aber nicht ein Leben lang Fachfrau Gesundheit bleiben. Ich will mich weiterentwickeln. Pflegefachfrau HF studieren wäre ein Wunsch von mir. Als Pflegefachfrau hat man grössere Verantwortung und interessantere Lohnperspektiven. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch 8 FaGe NHB Fachfrau / Fachmann Gesundheit Nachholbildung «Ich bin gerne für andere da» 9 BMA Biomedizinische / Biomedizinischer Analytiker/-in HF | AGS Assistentin /Assistent Gesundheit und Soziales EBA Blick in den Mikrokosmos Mensch Isabel Frei, 25 Jahre, Biomedizinische Analytikerin HF, in Ausbildung, Gesundheitszentrum Fricktal. «Wir reden mit den Toten. Es heisst, das Gehör gehe zuletzt.» Helfen bei der Gestaltung des Alltags. Foto: Fotolia Frau Eichhorn, Sie haben eine Ausbildung zur Schuhverkäuferin gemacht, dann als Pflegeassistentin gearbeitet. Wieso machen Sie jetzt die Nachholbildung zur Fachfrau Gesundheit? Mir gefällt die Arbeit in der Pflege sehr gut und ich will mich weiterentwickeln. Die Ausbildung ist sehr interessant, ein riesiger Unterschied zum Verkauf. Schuhverkäuferin hat mich nie wirklich interessiert, es war eine Notlösung. Ich wollte schon immer in die Pflege, habe damals aber keine Stelle gefunden. Als sich mir später die Chance bot, habe ich sie, ohne zu zögern, ergriffen. Ich bin gerne für andere da. Wieso haben Sie sich für ein Pflegezentrum entschieden? Mir gefällt die Arbeit mit älteren Menschen. Ich begleite sie auf ihrem letzten Lebensweg. Das ist sehr spannend. Auch Krankheitsverläufe wie beispielsweise bei Demenz finde ich interessant. Ich will wissen, wie ich Betroffene professionell begleiten und wie ich ihnen am besten helfen kann, wie ich ihre Tage gestalte und sie mit gezielten Aktivierungen abhole. Mir gefällt die enge Beziehung in der Pflege. Was gehört zu den täglichen Arbeiten? Wir unterstützen unsere Bewohner beim Duschen, Baden, Essen und in ihren alltäglichen Arbeiten, die sie nicht mehr selber ausführen können. Uns ist es wichtig, ihre Biografien zu kennen, damit wir sie individuell begleiten können. Gibt es Situationen, die Angst machen? Der Umgang mit dementen Menschen ist nicht immer einfach, oder? Einmal hatte ich ein solches Erlebnis mit einem demenzkranken Bewohner. Ich weiss nicht, was der Auslöser war, aber er wurde verbal und körperlich sehr aggressiv. Er drohte mit einer Glasflasche, riss Kabel aus der Wand und ging lassowerfend auf Bewohner und Personal los. Zuerst haben wir die Bewohner in Sicherheit gebracht. Und als ein anderer Stationsleiter hinzukam, hat sich der Mann beruhigt. Ja, manchmal komme ich an meine Grenzen. Wenn ich nicht mehr weiterweiss, gehe ich fünf Minuten raus. Wenn ich zurückkomme, sieht die Welt meist schon ganz anders aus. Interessanterweise spüren demente Menschen, wenn es mir nicht gut geht, wenn ich zum Beispiel eine Erkältung habe oder schlecht gelaunt bin. Erkennen die Dementen Sie? Das ist unterschiedlich. Manchmal kennen sie mich oder merken zumindest, dass ich jemand bin, den sie oft sehen. Es kommt aber immer wieder vor, dass ich nicht erkannt werde. Dann lasse ich sie. Ich zwinge sie auch nicht dazu, sich anzuziehen oder etwas zu essen. Was war Ihr schönstes Erlebnis in der Ausbildung? Ich habe viele schöne Momente erlebt. Als ich hier angefangen habe, gab es einen Mann, der war über hundert Jahre alt. Ich mochte ihn sehr. Ich durfte viel mit ihm unternehmen und reden. Ich habe ihn ins Herz geschlossen. Seine Art und seine Ausstrahlung werde ich nie vergessen. Wie gehen Sie mit dem Tod von Bewohnern um? Ich habe den Tod von Anfang an als Teil meines Berufes verstanden – der Tod gehört zum Leben. Wenn jemand gegangen ist, denke ich, dass sie oder er es nun geschafft hat und keine Schmerzen mehr erleiden muss. Man sagt, das Gehör verlasse den Körper zuletzt. Wenn wir die Toten für die Angehörigen bereit machen, haben wir immer das Gefühl, sie hören uns noch. Deshalb reden wir mit ihnen, wenn wir sie für ihren letzten Weg vorbereiten. www.odasante.ch Pflegen und zuhören Nicole Eichhorn, 25, Fachfrau Gesundheit Nachholbildung, in Ausbildung, Pflegezentrum Süssbach AG in Brugg. Berührungsängste dürfen Assistentinnen und Assistenten Gesundheit und Soziales EBA (AGS) nicht haben. Sie betreuen in ambulanten und stationären Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens Menschen aller Altersstufen mit verschiedensten Leiden. Ausbildungsplätze bietet zum Beispiel die pflegemuri an. Dort erhalten die Auszubildenden während eines Schnittstellenpraktikums Einblick in die verschiedenen Bereiche, in die Küche, die Wäscherei, die Physiotherapie oder ins hauseigene Restaurant Benedikt. Primär zählt aber die Pflege zu den Aufgaben einer AGS. Sie unterstützen Klienten im Alltag, etwa bei der Körperpflege oder im Haushalt. Das Zuhören und Reden mit den pflegebedürftigen Menschen ist besonders wichtig. Gemeinsam singen, spielen, basteln und backen gehört ebenfalls zum Job. Auch mit dem Tod werden AGS konfrontiert. Medizinische Versorgung gehört nicht zu den Aufgaben, das obliegt den Pflegefachpersonen. AGS, die das 22. Altersjahr vollendet haben, können die verkürzte berufliche Grundbildung als Fachfrau/ Fachmann Betreuung oder Fachfrau/Fachmann Gesundheit in zwei Jahren absolvieren. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch Unter dem Mikroskop: Gewebe von Organen und Körperflüssigkeiten. Biomedizinische Analytiker dürfen nicht zimperlich sein. Sie analysieren in medizinischen Labors Blut-, Urin- und andere Proben. Ihre Befunde liefern die Grundlagen für die Behandlung der Patienten. Gefragt sind neben einer sorgfältigen Arbeitsweise ein gutes Auge, Teamfähigkeit und technisches Interesse. Isabel Frei hat sich früh für die Arbeit im Labor inte ressiert. Zuerst wollte sie eine Ausbildung zur Chemielaborantin machen. Doch dann hat sie sich entschieden, vorgängig die Fachmittelschule zu absolvieren. In dieser Zeit ist sie auf den Beruf Biomedizinische Analytikerin gestossen. Im Kantonsspital Aarau konnte sie drei Tage im Labor schnuppern. «Das hat mir gut gefallen», erinnert sie sich. «Ich wollte schon als Kind etwas mit Medizin machen und habe sofort gemerkt, dass die Ausbildung zu mir passt.» Im Gesundheitszentrum Fricktal hat sie dann einen Praktikumsplatz erhalten hat. «Meine Erwartungen haben sich absolut erfüllt. Ich würde mich sofort wieder dafür entscheiden», sagt Frei. Blut, Urin und Stuhl Der Beruf sei extrem interessant, so Frei. Am meisten Spass mache ihr der Bereich der Hämatologie, also das Untersuchen von Blut. «Da kann ich am Mikroskop arbeiten und die Blutbilder beobachten und interpretieren. Wir lernen auch, Blut zu nehmen.» Weniger spannend finde sie es, wenn sie fünf, sechs Urinproben am Tag kontrollieren müsse. Und Stuhlgänge teste sie ungern. «Aber man gewöhnt sich daran.» Als Biomedizinische Analytikerin müsse man teamfähig und technisch begabt sein sowie sauber und genau arbeiten, sagt Frei. «Wir arbeiten an vielen Geräten und müssen geduldig sein, wenn eines mal nicht richtig funktioniert. Da das öfter der Fall ist, müssen wir erkennen, wo das Problem liegt.» Fünf Fachbereiche Dass sie auch in Stresssituationen multitaskingfähig sei und vieles auf einmal machen könne, mache sie stolz, sagt Frei. «Vieles erledige ich selbstständig. Dabei nehme ich auch Verantwortung wahr. Das finde ich super.» Das Berufsbild BMA umfasst fünf Fachbereiche: Hämatologie und Immunhämatologie, Histologie, Mikrobiologie und Klinische Chemie. «Glücklicherweise muss ich mich noch nicht festlegen», sagt Frei. «Nach der Ausbildung kann ich in irgendeines dieser Arbeitsfelder einsteigen.» www.odasante.ch 11 Pflege HF Pflegefachfrau / Pflegefachmann HF Willkommen im Leben «Die frischgebackenen Mütter dürfen erst nach Hause, wenn sie sich bereit fühlen, allein für ihr Kind zu sorgen.» Mehr Zeit für das Hobby – dank einem Job in der Nähe. Sandra Zimmermann, 26, Pflegefachfrau HF im Bereich KJFF (Kinder, Jugendliche, Familie, Frau), in Ausbildung, Hirslanden Klinik Aarau. Frau Zimmermann, wieso haben Sie sich für Pfle gefachfrau HF entschieden? um zu bleiben. Hier auf der Wochenbettstation der Hirslanden Klinik Aarau ist das noch mal eine ganz andere Geschichte. Als ich 17 war, habe ich angefangen, im Altersheim zu arbeiten. Meine Gotte sagte mir, das sei ein super Ferienjob. Und mir gefiel die Arbeit mit Menschen immer besser. So fiel mir die Entscheidung leicht, in den Gesundheitsbereich einzusteigen. Wenn ich Frühdienst habe, bin ich spätestens um 6.40 Uhr auf der Abteilung, wo ich mich in die Pflegedokumentationen der Patientinnen einlese. Dort steht zum Beispiel, ob und welche Medikamente verabreicht werden müssen und wann die Babys zuletzt getrunken haben. Dann bereite ich alles vor und gehe von Patientin zu Patientin, wiege die Babys, zeige den Eltern, wie Neugeborene gewickelt und gebadet werden. Sie sind von der Schule angestellt und machen Praktika an verschiedenen Orten, momentan in der Hirslanden Klinik Aarau. Wo waren Sie vorher? Im ersten Jahr war ich im Kantonsspital Baden auf der Gefässchirurgie. Im zweiten Jahr arbeitete ich im Lindenfeld auf der geschlossenen DemenzAbteilung. Und, wie war es? Arbeiten in der Region. Als ich frisch in den Akutbereich des Kantonsspitals Baden kam, war ich erstaunt, was in der Gefässchirurgie alles läuft. Das war sehr spannend. Der Langzeitbereich war eine völlig andere Erfahrung. Im Altersheim kommen die Patienten, Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus? Was machen Sie sonst noch? Blutdruck, Puls und Temperatur messen und dokumentieren, Verbandswechsel, Hilfe beim Stillen. Manchmal passen wir auf das Baby auf, wenn die Mutter duscht. Wir führen auch viele Ein- und Austrittsgespräche, bei dem wir offene Fragen klären und Infomaterial mitgeben. Unsere Wöchnerinnen – die frischgebackenen Mütter – dürfen erst nach Hause, wenn sie über alles informiert sind und sich bereit fühlen, allein für ihr Kind zu sorgen. Waren Sie schon mal bei einer Geburt dabei? Ich war einmal bei einem Kaiserschnitt dabei. Für die Mutter war es ein unglaublich emotionaler Moment, als sie ihr Baby in die Arme nehmen konnte. Wie lange bleiben die Mütter und ihre Babys im Durchschnitt in der Hirslanden Klinik Aarau? Etwa vier Tage, das ist aber sehr unterschiedlich. Manche gehen schon am zweiten Tag. Das hängt davon ab, wie es den Wöchnerinnen und ihren Babys geht, wie es mit dem Stillen klappt, ob sie Schmerzen haben und, wenn ja, ob sie damit umgehen können. Was ist Ihre tägliche Motivation? Ich mache meine Arbeit sehr gerne und arbeite in einem coolen Team. Ich erledige meine Aufgaben mit Freude. Die Babys sind so süss! Und ich helfe den Müttern und Vätern gerne. Sie haben bereits vor Ihrem Abschluss eine Stelle gefunden. Glück gehabt? Wenn jemand genau weiss, welches Spital und welche Abteilung infrage kommt, ist es von Vorteil, sich früh zu bewerben. Ich habe mich bereits während der Ausbildung bei der Klinik Hirslanden in Zürich beworben – und die Stelle prompt bekommen. Pflegerinnen und Pfleger HF sind sehr gesucht und haben keine Schwierigkeit, eine Stelle zu finden. www.oda-gsag.ch | www.odasante.ch 12 Kindererzieherin / Kindererzieher HF | SozPäd HF Sozialpädagogin / Sozialpädagoge HF Kinder lernen am besten von Kindern Salome Lacher, 24, Kindererzieherin HF, in Ausbildung, ABB-Kinder krippe Camäleon in Baden. «Beim Freispiel bestimmen die Kinder selber, was sie mit wem wie lange spielen.» Tamara Bieri, 30, Sozialpädagogin HF, in Ausbildung, Heilpädagogische Schule in Wettingen. Frau Lacher, Sie sind Damenschneiderin. Jetzt machen Sie die Ausbildung zur Kinder erzieherin HF. Wieso? Mir wurde bald bewusst, dass Damenschneiderin nichts für mich ist. Aber wenn ich etwas anfange, dann ziehe ich es auch durch. Ein Lehrabbruch kam für mich nicht infrage. Ich bin in der Pfadi, schon seit 15 Jahren. Ich arbeite gerne mit Menschen und kann das auch gut. So bin ich auf Kindererzieherin HF gekommen. Hatten Sie vor der Ausbildung Einblick in die Praxis? Ich habe drei Tage in einer Kindertagesstätte geschnuppert. Danach habe ich ein sechsmonatiges Vorpraktikum absolviert, in einer Tagesschule mit integriertem Hort. Dann habe ich mich hier für einen Ausbildungsplatz beworben, eine Schnupperlehre absolviert und die Stelle erhalten. Wo liegt der Unterschied zwischen der HF-Ausbildung und einer Lehre als Fachfrau/ Fachmann Betreuung? Wir gehen auf pädagogischer Ebene viel tiefer, setzen uns sehr intensiv mit pädagogischen Ansätzen auseinander. So können wir unseren eigenen Stil entwickeln. Arbeitet ihr nach einem bestimmten Konzept? Ja, nach RAMAKI – spielend lernen. Grundlagen sind der Orientierungsrahmen und das Kistenmodell nach Regula Kormann. Dabei geht es darum, dass Kinder von Kindern lernen. Und dass Kinder am besten im Spiel lernen. Dabei spielt die intrinsische Motivation des Kindes eine tragende Rolle. Unsere Räume sind reizarm gestaltet und es gibt keine vorgegebenen Spielbereiche. Wir legen sehr grossen Wert auf das Freispiel. Dabei bestimmen die Kinder selber, wo sie was mit wem wie lange spielen. Wie gehen Sie mit dem Lärmpegel in der Krippe um? Ich halte mir die Ohren zu (lacht). Nein, Lärmempfindlichkeit ist bei uns fehl am Platz. Lärm gehört zu unserem Job. Es kommt aber immer darauf an, wieso es laut ist. Manchmal testen die Kinder die Wirkung ihrer Stimme. Dann versuche ich ihnen den dafür nötigen Rahmen zu bieten. Oder ich ziehe mich zurück und schnappe ein bisschen frische Luft. Die Kinder können aber auch laut sein, wenn sie sich gegenseitig ärgern oder anstacheln. Dann gehe ich oft dazwischen und frage, ob ich sie beim Lösen eines Problems unterstützen kann. www.savoirsocial.ch | www.oda-gsag.ch «Ich muss Grenzen setzen» «Es ist nichts vorgespielt, alles sehr natürlich», sagt Tamara Bieri, 30, über ihre Arbeit mit Kindern mit Beeinträchtigung. «Die Kinder sind sehr herzlich und zeigen sich unverstellt so, wie sie sind.» Bei der Arbeit als Sozialpädagogin HF stehe nicht die Pflege, sondern der erzieherische Aspekt im Vordergrund. «Ich muss streng sein und Grenzen setzen», sagt Bieri, die ihre Ausbildung bei der Heilpädagogischen Schule in Wettingen macht. Die Jüngsten hier sind vier. Eine Eingliederung in die Regelschule ist laut Bieri nur bei wenigen Kindern machbar. Wichtig sei es, die Kinder mit Beeinträchtigung individuell zu betreuen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Am liebsten mache sie mit den Kindern alltagsbezogene Sachen wie einkaufen, Zvieri zubereiten oder Guetzli backen. Dabei versuche sie stets, die Kinder in sich selbst zu stärken. «Sie haben zwar gewisse Schwierigkeiten, dafür aber andere, oft erstaunliche Ressourcen.» Mit ihren Schülern kommuniziert Bieri auch in einfacher Gebärdensprache. Diese lernen die Kinder schon in der Basisstufe, auch jene, die teilweise verbal kommunizieren können. «Mit Gebärden reden macht die Kommunikation einfacher», erklärt Bieri. www.oda-gsag.ch FaBe K Fachfrau / Fachmann Betreuung, Kinderbetreuung EFZ | FaBe K NHB Fachfrau / Fachmann Betreuung, Kinderbetreuung, Nachholbildung 13 Abenteuer und Abwechslung Joy Schnyder, 17, Fachfrau Betreuung, Fachrichtung Kinderbetreuung (FaBe K), Kita KSA «Zwärglihuus», Kantonsspital Aarau AG. Jury Astrouki, 29, Betreuung, Fachrichtung Kinderbetreuung in der Nachholbildung (FaBe K NHB), in Ausbildung, Kinderkrippe Riesen Entdecker, Obersiggenthal. «Gute Kommunikation ist entscheidend» Jury Astrouki, 28, ist Vater einer zweijährigen Tochter. In seiner alten Heimat hat der gebürtige Weissrusse Geschichte studiert. Vor drei Jahren ist er in die Schweiz gekommen. Hier hat er zunächst als Hilfsgärtner gearbeitet. Jetzt macht er die Ausbildung FaBe K NHB in der Kinderkrippe Riesen Entdecker, Obersiggenthal. «Die Arbeit mit Kindern entspricht meinem Herzen», sagt er. Er beschäftige sich intensiv mit den Bedürfnissen und der Entwicklung eines Individuums. Spannend finde er auch die Verknüpfung von Theorie und Praxis. «Besonders die Kommunikationstheorie von Watzlawick macht es einfacher, mit Kindern zu arbeiten», sagt Astrouki. Er habe festgestellt, dass er mit guter Kommunikation schneller ans Ziel komme. «Ich bin dann auch in der Lage, die Kinder besser zu beruhigen.» Generell kooperiere er gerne; Bestrafung sei der falsche Weg. «Ich befehle auch niemandem etwas. In der Schweiz existieren sowieso schon sehr viele Strukturen, die uns Menschen begrenzen.» www.savoirsocial.ch Kinderbetreuerinnen spielen ein bisschen mit Kindern? Denkste! Kinderbetreuung bedeutet eine grosse Verantwortung. Fachfrauen und -männer Betreuung, Fachrichtung Kinderbetreuung, begleiten die Kleinen individuell in ihrer ganzheitlichen Entwicklung. Zum Beispiel Joy Schnyder im «Zwärglihuus», der Kita des Kantonsspitals Aarau. «Wenn man drei Tage als Fachfrau Kinderbetreuung schnuppert, könnte man meinen, Kinderbetreuung sei ein einfacher Job, bei dem man ein bisschen spielt. Dem ist aber nicht so. Der Umgang mit Kindern bedeutet viel Verantwortung», sagt Joy Schnyder. Die 17-Jährige macht die Ausbildung FaBe K im «Zwärglihuus», der Kita des Kantonsspitals Aarau. «Unser Job umfasst weit mehr als Spielen», sagt sie. «Wir beobachten und berücksichtigen den Entwicklungsstand der Kinder und versuchen, sie in ihrem Selbstbildungsprozess möglichst gut zu begleiten und zu fördern.» Viele bunte Ateliers Im «Zwärglihuus» gibt es eine Ernährungswerkstatt, wo die Kinder kochen und backen können. Gleich nebenan befindet sich das Bewegungsatelier. Es gibt eine Natur- und Technikwerkstatt, wo die Kinder experimentieren und mit Naturelementen forschen können. Daneben ist das Sinnesatelier für die Babys und Kleinkinder. Ausserdem gibt es eine Musikwerkstatt, ein Bau- und Konstruktionsatelier, ein Mal- und Bastelatelier, eine Theaterwerkstatt und eine Was- serwerkstatt, in der die Kinder erste Erfahrungen mit Wasser sammeln können. Die Kinder dürfen selber bestimmen, in welchem Raum sie sich beschäftigen möchten. Kinder machen lassen «In der Regel verstehen sich die Kinder gut», erzählt Schnyder. «Die meisten sind schon von klein auf in der Kita, sind also miteinander älter geworden. Deshalb verstehen sie sich recht gut.» Aber natürlich gebe es auch Konflikte. «Ich musste mich daran gewöhnen, nicht sofort einzugreifen, sondern zuerst von weitem zu beobachten und zu schauen, ob die Kinder selber eine Lösung finden», sagt Schnyder. Nur wenn es wirklich nicht gehe, schreite sie ein und frage, wo das Problem liege und ob sie helfen könne. «Ich finde es sehr schön, wie viel Wärme und Vertrauen mir die Kinder entgegenbringen», sagt die Auszubildende. «Es macht mich stolz, wenn eine Mutter mir sagt, dass ihre Tochter zu Hause von mir erzählt hat und dass es ihr in der Kita gefällt.» www.savoirsocial.ch 14 FaBe B NHB Fachfrau / Fachmann Betreuung, Behindertenbetreuung Nachholbildung | FaBe B Fachfrau / Fachmann Betreuung, Behindertenbetreuung EFZ «Unseren Bewohnern kann man nichts vormachen» Thomas Giger, 49, Fachmann Betreuung, Behindertenbetreuung, in der Nachholbildung (FaBe B NHB), Orte zum Leben, Stiftung für Behinderte in Oberentfelden. Lara Wey, 17, Fachfrau Betreuung, Fachrichtung Behindertenbetreuung, Borna in Rothrist. «Ich will einen sozialen Beruf ausüben. Etwas, das Substanz hat.» Thomas Giger, Sie sind gelernter Autolackierer und haben als Chauffeur gearbeitet. Wieso machen Sie jetzt die Nachholbildung FaBe B? Ich hatte das Gefühl, dass ich einen sozialen Beruf ausüben sollte. Etwas, das mehr Substanz hat. Da ich eine Schwester mit Downsyndrom habe, kenne ich das Thema Beeinträchtigung von klein an. mit Menschen. Wir haben schon alle möglichen Situationen erlebt, lustige, aber auch traurige. Es braucht meist wenig, dass sich unsere Bewohner freuen können. Das finde ich schön. Viele kleine Dinge können zu etwas Grossem werden. Was gefällt Ihnen sonst noch? Total gut. Mit meinen 50 Jahren bin ich nicht der Älteste in meiner Klasse. Und wir sind etwa gleich viele Frauen wie Männer, eine lässige kleine Klasse mit gutem Zusammenhalt. Es gibt viel, was ich gerne mache. Die Pflege der Bewohner macht mir sehr viel Freude. Mir ist es wichtig, dass sich wohl fühlen. Deshalb lege ich viel Wert darauf, dass sie schön gekleidet sind und die Kleider zusammenpassen. Es sind Menschen wie wir, sie wollen sich auch wohl fühlen und schön sein. Manche Bewohner haben starke Sprach störungen. Verstehen Sie sie immer? Was braucht es, um diesen Beruf ausüben zu können? Eine unserer Bewohnerinnen kann nur einfache Wörter wie «Ja», «Nein» oder «Mutter» sagen. Wir können zum Teil mithilfe von Piktogrammen oder der UK-Tafel (unterstützte Kommunikation) mit ihr kommunizieren. Ich kenne sie schon lange und kann ihre Stimmungen gut einschätzen. Wie sagt man so schön: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Das Wichtigste sind Empathie und gesunder Menschenverstand. Ich denke, es braucht ausserdem eine gewisse Reife. Wie gefällt Ihnen die Ausbildung? Was ist für Sie das Schönste am Beruf? Mein Beruf gibt mir extrem viel. Ich arbeite gerne Was machen Sie, wenn Sie einen schlechten Tag haben? Man darf schlechte Launen nicht überbewerten. Unsere Bewohner merken sofort, wenn man ihnen etwas vorspielt. Sie haben ein sehr feines Gespür für so was. www.oda-gsag.ch | www.savoirsocial.ch Nähe und Distanz Lara Frey wusste früh, dass sie mit Menschen mit Behinderung arbeiten will. Bei der Borna in Rothrist hat sie ein einjähriges Praktikum absolviert. «Ich wollte sicher sein, dass ich den richtigen Beruf wähle», sagt die junge Frau. Ihre Erwartungen an die Ausbildung hätten sich weitgehend erfüllt. «Es ist eine sehr gute, herausfordernde Ausbildung», sagt sie. In diesem Beruf könne sie etwas leisten, was sie gerne mache. Sie arbeite auch sehr gerne, weil sie immer wieder merke, wie dankbar die Bewohnerinnen und Bewohner sind. «Es kommt viel Herzlichkeit zurück.» Gerade weil die Beziehungen eng sind, sei das Thema Nähe und Distanz wichtig bei ihrer Arbeit, erklärt Frey. «Wir müssen darauf achten, dass wir nicht zu enge Beziehungen eingehen. Wir müssen auch auf uns achten. » www.oda-gsag.ch | www.savoirsocial.ch
© Copyright 2024 ExpyDoc