Duales Studium und Internationalisierung

Internationalisierung
dualer Studiengänge in
Deutschland
Nadine Bernhard, Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Lukas Graf, Universität St. Gallen
Prof. Dr. Justin Powell, University of Luxembourg
Dr. Johann Fortwengel, Freie Universität Berlin
Vortrag auf der Konferenz „Bologna macht
mobil – Auslandsmobilität im Fokus“, am 1.
12.2015 in Berlin
Vortrag basiert auf der Publikation:
Graf, Lukas, Powell, Justin J. W.,
Fortwengel, Johann, Bernhard, Nadine
(2014) Duale Studiengänge im
Globalen Kontext:
Internationalisierung in Deutschland
und Transfer nach Brasilien,
Frankreich, Katar, Mexiko und in die
USA. Dok&Mat Band 77. Bonn: DAAD
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Überblick
I.
Einleitung
II.
Forschungsdesign
III. Charakteristika studienbezogener Mobilität
IV. Studienbezogene Mobilität (Outgoing)
V.
Studienbezogene Mobilität (Incoming)
VI. Typen internationaler Mobilität im dualen Studium
VII. Fazit
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Internationalisierung dualer Studiengänge
Rapide Expansion dualer Studiengänge:
2004
2014
Zahl der Studiengänge
512
1505
Zahl der Studierenden
40982
94723
BIBB 2015, S. 12
• Duales Studium fester Bestandteil deutscher
Hochschullandschaft
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Internationalisierung dualer Studiengänge
Gründe für Internationalisierung:
• Bildungspolitische Anforderungen
• Wünsche dual Studierender nach Auslandserfahrung
• Relevanz des Erwerbs interkultureller Kompetenzen und
internationaler Netzwerke für Firmen
• Gewinnung ausländischer Studierender als Fachkräfte für
deutschen Arbeitsmarkt
• Internationalisierungsmaßnahmen zur Erhöhung der
Sichtbarkeit und Attraktivität dualer Studiengänge in globalen
Bildungsmärkten
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Internationalisierung dualer Studiengänge
• Internationalisierung als „process of integrating an
international, intercultural, and global dimension into the
goals, functions, and delivery of higher education” (Knight
2004, S. 9)
• Beteiligung einer Vielzahl von Akteuren
• Mehrere Aspekte:
Mobilität von Studierenden
Mobilität der Lehrenden
Rekrutierung von internationalen Wissenschaftler_innen
Internationale Publikationen und Kongresse
Internationale Kooperation mit Hochschulpartnern im Ausland, z.B.
internationale Studiengänge
• Internationale Forschungskooperationen
• Internationalisierung der Curricula, ……
•
•
•
•
•
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Forschungsfragen
1.Was ist der Stand der Internationalisierung dualer
Studiengänge in Deutschland (in Bezug auf
Studierendenmobilität)? Welche Formen der
Studierendenmobilität existieren?
2. Was sind bestehende Barrieren für die Mobilität
Studierender in dualen Studiengängen (Outgoing und
Incoming)?
3.Welche Maßnahmen können die Studierendenmobilität
unterstützen (Outgoing und Incoming)?
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Forschungsdesign
Explorative qualitative Studie:
• 10 leitfadengestützte Experteninterviews
• Qualitative Inhaltsanalyse nach Gläser/Laudel 2009
• Dokumentenanalyse
Experten:
• DAAD, BIBB, national und international agierendes deutsches
Unternehmen, das an mehreren Standorten an dualen
Studiengängen beteiligt ist, Hochschulen, Industrie- und
Handelskammer (Sicht der KMUs)
Untersuchte Standorte dualer Studiengänge in Deutschland:
• Duale Hochschule Baden-Württemberg (duale Hochschule mit
mehreren Standorten)
• Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (dualer Fachbereich an
Hochschule)
• Kampagnenbüro „Duales Studium Hessen“ (duale Dachmarke für 80
duale Studienmöglichkeiten in Hessen).
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Charakteristika der Auslandsmobilität
Datenproblem:
• Daten meist auf Hochschulebene und nicht für Studiengänge
• Mobilität in der Praxisphase ohne Kenntnis der Hochschulen
Insgesamt aber vergleichsweise geringe Auslandsmobilität
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Charakteristika der Auslandsmobilität
Hochschultypen:
• geringer Fokus in staatlichen forschungsorientierten
Hochschulen
• stärkerer Fokus in privaten Hochschulen
Studienfächer
• v.a. in den Wirtschaftswissenschaften, auch in den
Technikwissenschaften, weniger im Bereich Sozialwesen
Unternehmenstypen:
• Konzerne oder KMUs, entscheidend ist internationale
Ausrichtung
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Erklärungen geringer Auslandsmobilität
1. Interesse der Betriebe
• Nutzen nicht immer ersichtlich
• Ressourcenfrage (Stichworte: Entlohnung, Überziehung der
Regelstudienzeit, Ersatzkraft)
• Nicht unbedingt firmenspezifische Ausbildung gewährleistet
2. Zeitliche und curriculare Ausgestaltung
• Straffe zeitliche Organisation des dualen Studiums
• Enge Abstimmung von Praxis- und Theoriephasen
• Andere zeitliche Lernphasen als klassische Semester
3. Dokumentation und Anrechnung
• Fehlende Anrechnung durch zu spezifische Anforderungen
• Fehlende äquivalente Studienangebote im Ausland
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Erklärungen geringer Auslandsmobilität
4. Arbeitsrechtliche Regelungen im Ausland
• z. B. zum Mindestlohn und Befristung von Arbeitsverträgen,
Visaregelungen
5. Finanzierung
• Stipendien-, Förderprogramme nicht auf Zielgruppe
zugeschnitten
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Studierenden-Mobilität: Outgoing
Barrieren
Lösungsansätze
Interesse der
Betriebe
Systematische Einbindung der Unternehmen
(Information), Ermöglichung von
Auslandsaufenthalten als Voraussetzung der
Zulassung als dualer Partner
(Arbeits)rechtliche Ratgeber zu wichtigsten Zielländern produzieren;
enge Kooperation mit Partnerhochschulen vor Ort
Bedingungen
Zeitliche &
curriculare
Abstimmung
Flexibilisierung/Verlängerung der
Regelstudienzeiten, enge Kooperationen mit
Partnerhochschulen, internationale
Studienprogramme
Dokumentation;
Instrumente zur Anrechnung von im Ausland
erbrachten Praxisleistungen entwickeln, großzügige
Praxis der Anerkennung
Anrechnung
Finanzierung
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Stipendienprogramme an die spezifischen Typen der
Mobilität im dualen Studium anpassen
Erklärungen geringer Incoming-Mobilität
1. Interesse ausländischer Studierender
• Geringe kulturelle Wertigkeit praxisnaher Ausbildungsformen
• Unkenntnis des dualen Studienmodells
2. Interesse der Firmen
• Mgl. Mehraufwand bei der kurzfristigen Integration in die
Unternehmenspraxis
3. Rechtliche Bedingungen
• z. B. Mindestlohn, Arbeitserlaubnis
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Erklärungen geringer Incoming-Mobilität
4. Zeitliche und curriculare Abstimmung
• Unterschiedliche Semesterzeiten
• Fehlende äquivalente Studienangebote im Ausland
• Intensive, teilweise „überfordernde“ Theoriephase
5. Sprachbarrieren
• Geringe englischsprachige Angebote
• Deutschkenntnisse notwendig bei Praxis in Betrieben
6. Finanzierung
• Nicht unbedingt mit Arbeitsverträgen ausgestattet
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Studierenden-Mobilität: Incoming
Barrieren
Lösungsansätze
Interesse der
Studierenden
Information über Alleinstellungsmerkmal des Dualen
Studiums
Interesse der
Betriebe
Information der Unternehmen über Vorteile
(möglicher Fachkräftegewinn a) für Firma im
Ausland oder b) für Sitz in Deutschland)
(Arbeits)rechtliche Information und Beratung für Studierende,
Bedingungen
Hochschulen und Firmen
Zeitliche &
curriculare
Abstimmung
Sprache
Integration von Theorie & Praxis, Propädeutikum (ELearning), Internationale Studiengänge
Finanzierung
Stipendienprogramme an die spezifischen Typen der
Mobilität im dualen Studium anpassen
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Sprachkurse, englischsprachige Theorie- und
Praxisangebote
Typen internationaler Mobilität
Outgoing
Incoming
Theoriephase
Relativ unkompliziert, aber
keine Praxiserfahrung
Relativ unkompliziert, aber z.T.
inhaltl. zu geballt
Praxisphase
Anspruchsvoll, z.B. wegen
komplexer Anrechnung
Anspruchsvoll, z.B. wegen
Sprachbarrieren
Kombination von
Theorie- &
Praxisphase
Sehr anspruchsvoll, z.B. bzgl.
curricularer Integration
Anspruchsvoll, aber gut
machbar bei Einverständnis der
Heimathochschule
Tandemmodell
Königsweg 1: Anspruchsvoll mit hohem Koordinationsaufwand,
kann durch gegenseitige Unterstützung der Peers
organisatorische Barrieren verringern
Bi-/Trinationaler
Studiengang
Königsweg 2: Anspruchsvoll mit hohem Koordinationsaufwand,
aber strukturierte Integration des Auslandsaufenthaltes
Ganzes Studium
Organisatorisch relativ
unkompliziert, wenn
funktionales Äquivalent
gefunden
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Unkompliziert, wenn Matching
zw. Studierenden, Hochschule
und Firma; Strategie gegen
demogr. Wandel;
Propädeutikum
Fazit: Förderung von Internationalisierung
(Trans-)nationale Ebene:
• Vernetzung aller relevanten Akteure des Organisationsfeldes duales
Studium
a) Gegenseitige Information, Kooperation
b) Aufmerksamkeit für spezifische Problemlagen der
Internationalisierung dualer Studiengänge
c) nationale Strukturen wie angepasste Stipendiensysteme oder
Förderprogramme von Internationalisierung
Organisationsebene duales Studium
• verstärkte Koordination/Kooperation und gegenseitige Information
der Akteure Hochschule und Firma
a) Hochschule: Anrechnung, Didaktik, Sprachangebote,
Hochschulkooperationen, Flexibilisierung,…
b) Firma : Firmenspezifizität, Flexibilisierung, …
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Vielen Dank
für die Aufmerksamkeit!
Zitierte Literatur
BIBB (2015). AusbildungPlus. Duales Studium in Zahlen. Trends und
Analysen 2014
Gläser, Jochen; Laudel, Grit (2009). Experteninterviews und qualitative
Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen.
Wiesbaden
Graf, Lukas u. a. (2014). Duale Studiengänge im globalen Kontext:
Internationalisierung in Deutschland und Transfer nach Brasilien,
Frankreich, Katar, Mexiko und in die USA. Dok&Mat Band 77. Bonn.
GWK (2013). Strategie der Wissenschaftsminister/ -innen von Bund und
Ländern für die Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland.
Beschluss der 18. Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz
(GWK) am 12.04.2013. Berlin
Knight, Jane (2004). Internationalization Remodeled: Rationales,
Strategies and Approaches. In: Journal for Studies in International
Education (2004) 8(1), S. 5–31