Regio Titelstory Laurin Buser838.73 KB

Er sammelt Preise wie andere Bonuspunkte im Supermarkt – und das in
Deutschland und der Schweiz. Der Basler Laurin Buser ist einer der besten
Poetry-Slammer des Landes. Wer mit diesem Begriff nichts anfangen kann:
Der 19-Jährige dichtet live auf der Bühne und begeistert damit.
von Dominique Zahnd (Text und Fotos)
S
prache ist etwas Schönes. Besonders
wenn Wortakrobaten mit ihr spielen.
Emotionen bekommen so Gehör, werden
fassbar und kriegen Namen. Einer von
Basels erfolgreichsten Wortschmieden ist
Laurin Buser: Erst 19 Jahre alt ist er, doch
angefangen zu texten hat das Multitalent
schon mit 11. «Damals waren es noch Rittergeschichten, die ich niedergeschrieben
habe», erinnert er sich und schmunzelt.
Seither ist viel Zeit vergangen. Buser misst
sich heute regelmässig mit der Konkurrenz
bei sogenannten Poetry-Slams. Wettkämpfen, bei denen jeder Dichter fünf
Minuten Zeit hat, das Publikum mit
seiner Story zu fesseln. Schaffen es
er oder sie ins Final, winken nochmal fünf Extraminuten im Scheinwerferlicht. Und als Preis eine Flasche Whiskey. Seltsam? Vielleicht
ein bisschen. Aber die jungen
Sprachgenies verbreiten Hoffnung.
Denn wie sie mit Worten, Adjektiven und Nomen umgehen, ist ein Genuss:
kreativ, intelligent und einfallsreich. Ganz
im Gegensatz zu der verstümmelten Sprache, die einem heute bisweilen auf Basels
Schulhöfen, in Kindergärten oder im Tram
entgegenschallt.
de. 2007 und 2008 entschied er die nationalen U20-Poetry-Slam-Meisterschaften
für sich. Und letztes Jahr gewann er auch
die deutschsprachigen Wettkämpfe in Bochum.
Laurin Buser ist ein ehemaliger RudolfSteiner-Schüler. Seine Eltern sind beide
Schauspieler. Dementsprechend war das
Verständnis für das kreative Schaffen des
Sohnes von Anfang an da. Auf geschliffene Reime aufmerksam wurde er durch
deutschsprachige
Hip-Hop-Künstler:
Leute wie die Fantastischen Vier oder
Curse, die dem Hörer mit ihren Maschinengewehrschnauzen die Worte nur so um
die Ohren ballern. «Mit 13 wollte ich ein
TITELSTORY
«Mit 13 wollte ich
ein Rapstar werden»
oder? Aber der Basler gibt überraschend
zu: «Ich bin überhaupt nicht romantisch.»
Seine Texte sind schlau, bisweilen zynisch und emotionsgeladen. Buser ist ein
guter Beobachter und seine Analysen sind
messerscharf. «Um zu dichten, brauche ich
Ruhe», sagt er. «Und Zeit für mich selber
– zum Nachdenken.» Einfälle hat er an
den seltsamsten Orten: mal im Zug, mal im
Tram und natürlich in seinem Zimmer.
Stimmt die Stimmung, sprudeln die Ideen.
Dann muss er sie nur noch aufschreiben.
«Dieser Prozess ist befreiend», sagt er,
«und hat wohl auch so seine therapeutischen Wirkungen.»
Video gewann Basler Filmpreis
Seine Leidenschaft treibt ihn voran. Denn
er ist neugierig und will sich ständig
weiterentwickeln. Darum ist er mit den
Poetry-Slams allein nicht ausgelastet. So
war Buser bereits mit einem abendfüllenden Programm auf Tournee. Einer seiner
Texte wurde schon verfilmt. Ein offizielles Video
gibt es auch: zum Text «Die
Rose». Es heimste 2010 den
Basler Filmpreis «Zoom» in
der Kategorie «Clips» ein
und wurde an den Filmtagen in Spiez mit der Goldmedaille
ausgezeichnet.
Doch das Multitalent hat
noch mehr drauf: Der Basler spielt auch
regelmässig Theater, aktuell im Stück
«Punk Rock». Sein allerneustes Projekt
aber führt ihn zurück zu seinen Wurzeln:
der Rap-Musik. Der 19-Jährige hat gerade
eine Band zusammengestellt, mit der er
probt und die den Soundteppich webt, auf
dem seine Texte gebettet sind. Und jetzt?
Buser grinst: «Will ich eine CD aufnehmen und mit meiner Band auf Tournee
gehen. Hat jemand Lust, das Ganze zu
n
finanzieren?»
«Texte zu schreiben
hat auch seine therapeutischen
Wirkungen.»
Rapstar werden», erinnert er sich. Doch
mit den Jahren rückte die Musik in den
Hintergrund – und die Worte alleine standen plötzlich im Zentrum. Pur. Ehrlich.
Direkt.
Mit Romantik nichts am Hut
Witzige und ironische Texte
Wenn er in den Lichtkegel tritt, friert die
Zeit ein. Dann schwebt Poesie durch den
Raum. Alle hängen gebannt an seinen Lippen. Geküsst werden diese im Moment
übrigens von keiner Freundin. Denn Buser sagt: «Ich bin Single, und das ist okay
so.» Dass er gut aussieht, scheint dem modernen Dichter selber gar nicht so klar zu
sein. Doch wie er sich auf der Bühne oder
im Fotostudio bewegt – die wuschelige
Frisur, der verwegene Blick, die coolen Posen –, das alles hat Starappeal und schreit
förmlich: Mädchenschwarm! Gibt es auch
Groupies in der Poetry-Slam-Szene? Er
winkt ab und schmunzelt nur. Einer, der
wie Robert Pattinsons jüngerer Bruder
ausschaut und gekonnt mit gefeilten Reimen um sich wirft, wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu den grössten Romantikern auf unserem Planeten gehören,
Persönlich
Laurin Buser ist der Sohn der Schauspieler Daniel
Buser und Dalit Bloch.
Er feierte 2007 in Kreuzlingen sein Debüt als SlamPoet. Buser ist einer von acht Schweizer Slammern,
die mit dem Kulturförderpreis der Alexander Clavel
Stiftung ausgezeichnet wurden. 2008 gewann er den
Jugendschreibwettbewerb «Die Basler Eule». Neben
seinen Slam-Shows gibt der Basler auch Workshops
und tritt an Schulen auf.
www.regioaktuell.com
Die Fahnenträger der Poetry-Slams sind
moderne Gladiatoren, die mit clever zusammengefügten Wortkreationen gegeneinander antreten. Ihnen zuzuhören macht
Spass. Doch warum schneidet Buser bei
diesen Wettbewerben meistens so unverschämt gut ab? Er zuckt mit den Schultern. «Ich bin gut vorbereitet und ein Perfektionist. Ich lese meine Geschichte auch
nicht ab, sondern kann sie auswendig»,
sagt er. Doch da stapelt er tief. Denn wie
er seine humorvollen und selbstironischen
Texte intoniert, das hat schon was: in klarstem Hochdeutsch vorgetragen, mal leise,
mal eindringlich, mal fast geschrien und
meistens unendlich schnell. Das, gepaart
mit seiner entgleisten Mimik, macht den
Basler zu einem echten Reimmeister, der
zu Recht schon mit Preisen überhäuft wur-
7