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Landtechnik
Nicht nur rund und schwarz
Reifen ist nicht gleich Reifen. Typ, Profil und Dimension müssen auf den Einsatz
abgestimmt sein. Wir geben einen Überblick.
Radialreifen tragen hohe Lasten auch bei niedrigem Luftdruck. Das schont den Boden und spart Kraftstoff.
A
lte Reifen runter, neue drauf –
aber welche? Die günstigen Diagonalen oder doch die teureren
Radialen? Welche Dimension und
welches Profil sollen es sein? Grundsätzlich ist das Problem das gleiche
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top agrar 2/2014
wie bei Schlepperreifen. Auf dem Acker
soll die Aufstandsfläche möglichst groß
sein, der Reifen soll gut in den Boden greifen und gering verdichten. Auf
der Straße darf er nur wenig Rollwiderstand bieten und kaum verschleißen.
Da kein Reifen alles kann, bleibt der
Kauf ein Kompromiss.
Radial oder Diagonal?Wie nutzen Sie
das Fahrzeug? Einen Anhänger, den Sie
zum Beispiel nur zur Getreideernte ein
Profile mit hohem Stollenanteil
verschleißen weniger schnell, reinigen
sich aber auch schlechter selbst.
Die groben Stollen sind auf der Straße
schnell wieder sauber, die Standzeit ist
geringer, die Lautstärke höher.
Acker auf die Straße müssen Sie bei der
Reifenwahl verschiedene Faktoren abwägen, die sich teils entgegenstehen. Je
mehr Positivanteil, also je mehr Stollenfläche, desto besser ist ein Profil für die
Straße. Es bietet weniger Rollwiderstand, der Kraftstoffverbrauch auf der
Straße ist geringer. Da viel Material
direkten Kontakt zur Fahrbahn hat,
verschleißen die Stollen weniger stark.
Die Selbstreinigungseigenschaften sind
durch die schmalen Stollenzwischenräume allerdings schlechter. Boden
bleibt länger in den Pneus hängen. Beim
Wechsel vom Feld auf die Straße wird
ein längerer Straßenabschnitt verschmutzt.
Reifen mit geringerem Stollenanteil
greifen auf der Fläche besser und werden den Boden auch schneller wieder
los. Verschleiß und Kraftstoffverbrauch
auf der Straße sind höher.
Gerade bei Häckseltransportwagen
kommt es auch auf die Lautstärke an.
Bei häufigen Ortsdurchfahrten wird das
wummernde Abrollgeräusch der Reifen
von Anwohnern als sehr störend wahrgenommen. Hier gilt: Mehr Positivanteil macht den Reifen leise – auf Kosten
der Selbstreinigung.
Auf dem Grünland gibt es diese Zielkonflikte nicht. Ein hoher Positivanteil
ist vorteilhaft. Die Profile sind weniger
aggressiv und die Narbe wird weniger
verletzt. Der Effekt zeigt sich besonders
bei Tandem- oder Tridemachsen in
Kurven. Grobe Stollen würden hier zu
deutlich mehr Narbenschäden führen.
Da sich im Grünland seltener Material
in die Stollenzwischenräume setzt,
kommt es nicht so sehr auf die Selbst­
reinigungsfähigkeiten an. Einige Hersteller haben spezielle Grünland­
Beim Radialreifen ist die Flanke
flexibler. Sie erkennen ihn am R in der
Typenbezeichnung.
Diagonalreifen kennzeichnet ein
Querstrich zwischen Breite/Flankenhöhe
und dem Felgendurchmesser.
Kennzahlen für Tragkraft und Geschwindigkeit: Oben auf einer gezogenen Achse, unten angetrieben.
Profil: Beim häufigen Wechsel vom
HEFT +
Mehr zum Thema als pdf zum
Download auf www.topagrar.com
• Luft raus bei hohen Radlasten!
(top agrar 9/2000, ab Seite 87)
• Anhänger-Reifen im Dauertest
(top agrar 2/2005 ab Seite 86)
• Mit Radialreifen bis zu 15 %
Diesel gespart (top agrar 8/2005
ab Seite 84)
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Fotos: Berning
paar Stunden im Jahr bewegen, können
Sie problemlos mit den etwa um 25 %
günstigeren Diagonal-Reifen ausrüsten.
Auch auf Forstanhängern ist dieser Reifentyp dank seiner stabileren Flanke die
richtige Wahl.
Für ständige Acker-Einsätze und Straßenfahrten eignet er sich nicht so gut.
Durch die steife Flanke macht er sich
auch bei geringerem Luftdruck kaum
lang, die Aufstandsfläche ist kleiner als
bei vergleichbaren Radial-Dimensionen.
Der Kraftstoffverbrauch liegt auf Acker
und Straße höher, als der von Radial-Reifen (top agrar 8/2005 ab Seite 84,
auch als pdf-Download).
Für den professionellen Einsatz haben
sich Radial-Reifen mit NiederdruckTechnologie (Flotation) durchgesetzt.
Mit angepasstem Luftdruck bringen sie
die maximale Aufstandsfläche und schonen so Boden und den Geldbeutel.
Denn mehr Aufstandsfläche bedeutet
weniger tiefe Spuren und geringeren
Rollwiderstand auf dem Feld. Zudem
sparen Sie bei der nachfolgenden Bodenbearbeitung durch geringere Bearbeitungstiefe. Die Mehrkosten bei der
Anschaffung holen Sie also durch geringere Betriebskosten wieder rein.
Landtechnik
Schlecht für den Boden – gut auf der Straße
Mit Lkw-Reifen sollten Fahrten auf
dem Acker die absolute Ausnahme
bleiben. Bei Luftdrücken um 9 bar
ziehen sie tiefe Spuren und die Bodenverdichtungen reichen deutlich bis
unter die Pflugsohle. Das Beseitigen
der tieferen Spuren kostet bei der Bearbeitung mehr Kraftstoff. Sie müssen
mit dem Grubber tiefer runter.
Für reinen Straßentransport sind
Lkw-Reifen dagegen genau richtig:
Günstig in der Anschaffung und
durch ihre schmale Lauffläche mit hohem Luftdruck auch günstig im Ver-
brauch. Bei Anhängern, die Sie zum
Beispiel im Sommer zum Getreide auf
dem Feld und im Herbst zum Rübentransport auf der Straße einsetzen,
kann sich eine Doppelbereifung lohnen. Eine gängige Lkw-Größe wäre
zum Beispiel 385/65 R 22,5. Rund­
erneuert gibt es diese Reifen ab ungefähr 250 € pro Stück.
Grafik: M. Höner
Übersicht 1: Bereifung, Fahrspurtiefe
und Bodendruck
LKW-Reifen sind nur beim Straßentransport sinnvoll.
profile mit hohem Positivanteil und abgerundeten Laufflächen im Programm.
Dimensionen: Die Reifenprofis unter-
scheiden zwei Montage­situationen: Unter oder neben der Ladung. Bei Ladewagen, Häckseltransportwagen und Kippern müssen die Räder unter die Ladefläche passen. Entsprechend sind sie in der
Reifenhöhe eingeschränkt (Durchmesser bis ca. 1,4 m). Diese „kleinen“ Reifen
erreichen eine große Aufstandsfläche
hauptsächlich über die Breite. Hier setzen die Achsmaße und die maximal zulässige Fahrzeugbreite die Grenzen für
die Bereifung.
Gängige Radial-Dimensionen für eine
22,5-Zoll-Felge starten in der Breite
etwa bei 500 und enden bei 710 mm.
Auf 26,5-Zoll Felgen reicht das Angebot
von 600 bis 800 mm, bei 30,5 Zoll geht’s
von 600 bis 850 mm. Pro Felgengröße
gibt es übrigens mehr Dimensionen als
Felgenbreiten. Es kann also sein, dass
auf Ihre alte Felge ein breiterer Reifen
passt. Ein Beispiel: Auf eine 22,5-ZollFelge mit der Breite 16 Zoll passen Reifenbreiten von 500 mm bis 580 mm. Bei
der größeren Felgenbreite 20 Zoll geht
es von 600 bis 650 mm.
Bei Gülletransportern oder Überlade-
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560/45
R22.5
385/65
R22.5
Aufstandsfläche: 2700 cm2
Aufstandsfläche: 1200 cm2
Spurtiefe 4 - 5 cm
Spurtiefe 11 - 12 cm
wagen ist oft nach oben mehr Platz für
die Räder. Größere Dimensionen sind
möglich. Durch das höhere Volumen
können sich die Radial-Reifen mit dem
richtigen Luftdruck lang machen, um
die Aufstandsfläche zu vergrößern.
Die Außendurchmesser der verschiedenen Breiten unterscheiden sich übrigens durch unterschiedliche Flankenhöhen kaum. Teils bieten die Hersteller
auch niedrigere Flanken an, um den
Durchmesser zu reduzieren und die
breiten Räder unter das Fahrzeug zu
bringen. Wenn es passt, sollten Sie allerdings die höhere Flanke wählen, sie bietet mehr Tragfähigkeit und sie können
mit dem Druck weiter runter. Ein Tipp:
In der Tabelle haben wir die ungefähren
Durchmesser für Sie zusammengestellt.
So können Sie durch das Messen von
Achsmitte zu Ladefläche oder Kotflügel
schon abschätzen, welche Reifen passen
könnten. Beachten Sie den Federweg!
Ein Beispiel zur Tragfähigkeit: Bei
einem 18 t-Tandemkipper beträgt die
Radlast bei ausgereiztem zulässigem
Gesamtgewicht etwa 4 t (2 t Stützlast,
16 t auf vier Räder verteilt). Einen Reifen in der Dimension 500/60 R 22,5
müssen Sie mit etwa 2,8 bar fahren, um
bei 40 km/h auf der Straße 4 t Tragfä-
Lkw-Reifen
drücken
deutlich
tiefer in den
Boden. Die
Verdichtungen reichen
bis unter die
Pflugsohle.
higkeit zu gewährleisten. In der Dimension 600/50 R 22,5 reichen dafür bereits
2 bar aus. Bei 710/45 R 22,5 genügen
etwa 1,8 bar.
Tipps für den Einsatz: W
enn Sie teure
Reifen kaufen, nutzen Sie das Potenzial
Schnell gelesen
• Radial-Reifen fahren bei hoher
Auslastung den höheren Anschaffungspreis wieder ein.
• Kleine Reifen bringen über die
Breite viel Austandsfläche,
große Durchmesser können
sich auch lang machen.
• Je breiter ein Reifen und je
höher die Flanke, desto höher
die Tragfähigkeit.
• Mehr Stollenfläche im Profil
macht den Reifen leise, die
Selbstreinigungs-Eigenschaften leiden allerdings.
• Der richtige Luftdruck senkt
den Verschleiß und spart
Kraftstoff: Hoch auf der Straße, niedrig auf dem Acker.
und passen Sie den Luftdruck an die Bedingungen an! Bei häufigem Wechsel
von Acker und Straße ist eine Reifendruck-Regelanlage das Mittel der Wahl,
um das Potenzial moderner Radial-Reifen voll auszunutzen. Allerdings ist die
Technik teuer und viele Praktiker schrecken vor der Anschaffung zurück. Über
Kostenersparnis bei Verschleiß und
Kraftstoffverbrauch kann sich die Technik aber rechnen. Wenig Druck spart
Sprit auf dem Acker, viel Reifendruck
mindert Verschleiß und Verbrauch auf
der Straße.
Jeder Hersteller liefert zu den Reifen
Tragkrafttabellen. Hier können Sie die
Tragfähigkeit der Reifen bei unterschiedlichen Drücken und Geschwin-
digkeiten ablesen. Die Anpassung ist
einfach. Fahren Sie den voll beladenen
Anhänger auf eine Waage. Teilen Sie
das Gewicht durch die Anzahl der Räder, Sie erhalten die Radlast. In der Tabelle des Herstellers suchen Sie jetzt
den Wert, der zu Ihrer Transportgeschwindigkeit passt und stellen den
Luftdruck entsprechend ein.
Fahren Sie voll beladen nur auf dem
Acker, zum Beispiel beim Gülleausbringen mit Zubringern, können Sie aus den
Tabellen eine geringere Geschwindigkeit
wählen. Entsprechend ist ein geringerer
Luftdruck möglich. Mit dem leeren Fass
auf der Straße ist die Radlast geringer,
die Tragfähigkeit passt trotz der höheren
Geschwindigkeit. Frank Berning
Übersicht 2: Gängige Reifengrößen
und Maße für Implement-Radialreifen
Breite Flanke
Felge Felgen- Durch(Zoll)
breite messer
(Zoll)
(ca.)1)
Tragfähigkeit bei 4
bar (ca.)
385
65 R
22,5
12
1,07 m
4 6252)
445
65 R
22,5
14
1,15 m
3 440
500
60 R
22,5
16
1,18 m
3 850
560
45 R
22,5
16
1,08 m
3 550
560
60 R
22,5
16
1,25 m
4 600
580
65 R
22,5
16
1,30 m
5 300
600
50 R
22,5
20
1,18 m
4 350
620
40 R
22,5
20
1,08 m
3 750
620
50 R
22,5
20
1,18 m
4 600
650
50 R
22,5
20
1,25 m
4 800
710
40 R
22,5
24
1,18 m
4 700
710
45 R
22,5
24
1,22 m
5 150
600
50 R
26,5
20
1,17 m
4 350
600
55 R
26,5
20
1,34 m
5 150
620
60 R
26,5
20
1,40 m
5 800
620
55 R
26,5
20
1,37 m
5 300
650
65 R
26,5
20
1,52 m
6 700
650
55 R
26,5
20
1,40 m
5 800
680
55 R
26,5
20
1,40 m
5 1503)
700
50 R
26,5
24
1,37 m
4 6254)
710
50 R
26,5
24
1,38 m
6 000
750
45 R
26,5
24
1,36 m
5 140
750
55 R
26,5
24
1,50 m
5 0005)
800
45 R
26,5
28
1,39 m
6 700
600
60 R
30,5
20
1,50 m
5 800
650
65 R
30,5
20
1,62 m
7 100
710
50 R
30,5
24
1,50 m
6 500
750
60 R
30,5
24
1,68 m
8 250
800
45 R
30,5
28
1,50 m
7 100
850
50 R
30,5
28
1,63 m
8 500
Preisspanne
ca.
700 bis
1 800 €
1 100 bis
2 500 €
Die Tabelle gibt
einen Überblick
über die verfügbaren Reifendimen­
sionen in den drei
gängigen Felgendurchmessern
22,5 Zoll, 26,5 Zoll
und 30,5 Zoll.
1 650 bis
3 300 €
1) Werte können je nach Hersteller geringfügig abweichen
2) bei 9 bar; 3) bei 3,2 bar; 4) bei 2,8 bar; 5) bei 2,4 bar
ohne Anspruch auf Vollständigkeit
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