Auslandseinsatz - Eggers Landmaschinen

Fotos: Masur (1), privat
Auslandseinsatz
Als Land- und Baumaschinenmechatroniker ins Ausland | Landmaschinenmechatroniker
müssen oft arbeiten, wenn andere Urlaub machen. Warum nicht einmal arbeiten, wo
andere Urlaub machen?! Wir haben junge Mechaniker gefunden, die für einige Zeit ihren
Arbeitsplatz wechselten, um im Ausland Erfahrungen zu sammeln und ihr Wissen weiterzugeben.
TitelThema
D
eutschland ist für seine gute Ausbildung bekannt und unseren
Land- und Baumaschinenmechatronikern macht so schnell keiner etwas
vor. Das wissen mittlerweile auch viele
ausländische Landmaschinenhändler
und Landwirte. Deshalb sind sie froh,
wenn sie – vor allem während der Erntezeit – fachkundige Unterstützung bekommen. Für die jungen Mechaniker
bietet sich hingegen mit einem Ausland-
saufenhalt eine perfekte Gelegenheit andere Sprachen, Leute, Landschaften und
Erntebedingungen kennen zu lernen.
Dabei gehört natürlich auch etwas Abenteuerlust dazu und der Mut Probleme zu
lösen, wenn man ganz auf sich alleine
gestellt ist.
12 000 Kilometer bis zum Einsatzort
E
iner, der diesen Mut hatte, ist Gero
Hartke. Mittlerweile leitet er die Werkstatt bei W. Doormann+Kopplin (DoKo)
in Schönberg an der Ostsee. Bereits während seiner Lehre war er viel unterwegs,
um Maschinen vorzuführen. So war er
auch der perfekte Mann, als es darum
ging, gebrauchte Maschinen einzusetzen, die DoKo verkaufte. Das Problem
war nur, dass diese Einsätze nicht in
Schleswig-Holstein stattfanden, sondern
mehr als 12 000 Kilometer entfernt in
Chile. „Auslandserfahrung hatte ich bereits, da ich schon 2007 für unsere Firma
im russischen Kaliningrad (früher Königsberg in Ostpreußen) unterwegs war
und dort Maschinen betreute“, sagt Gero
Hartke. Auch in Lettland war er bereits
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als Landmaschinenmechaniker im Einsatz. „Für die zwei Wochen in Russland
hatte ich einen Übersetzer dabei. In Lettland kommt man auch mit englisch klar.
Schon einige Wochen vor meiner ersten
Reise nach Chile lernte ich spanisch mit
Sprach-CDs, die ich im Auto hörte. Man
muss aber wirklich motiviert sein und
Lust haben die Sprache zu erlernen, sonst
macht es keinen Sinn.“
Seinen ersten Einsatz in Südamerika
hatte Gero Hartke im Jahr 2010 für eine
Dauer von fünf Wochen. Die Erntezeit
dort fällt in den Winter, so dass er in
Deutschland nicht so dringend gebraucht wurde. „Das Personal in Chile
ist weniger geschult, es fehlen vor allem
die Grundlagen. Besonders was die Elek-
tronik betrifft, kann es jeder deutsche
Land- und Baumaschinenmechatroniker
nach seiner Ausbildung mit den Monteuren dort aufnehmen, so dass er diesbezüglich keine Angst vor einem Auslandsaufenthalt haben muss“, ist der
Werkstattleiter überzeugt.
Die Händler in Chile waren dem deutschen Monteur gegenüber eher zurückhaltend, da er in gewisser Weise eine
Konkurrenz darstellte, vor allem was die
Reparatur und Wartung der Mähdrescher anging. Die Landwirte hingegen
waren begeistert. „Dort ist es niemand
gewohnt, dass so schnell und effektiv gearbeitet wird. Der Arbeitsdruck ist weniger groß. Es beschwert sich auch niemand darüber, wenn ein Ersatzteil vier
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Unternehmen & Märkte
In Chile wird zum Teil intensiv Landwirtschaft
betrieben. Gero Hartke war in der 9. Region
Araucania nahe Victoria im Einsatz.
Wochen Lieferzeit hat. In Deutschland
undenkbar!“ Einem Maschinenausfall
beugen die Landwirte vor, indem sie
mehr Technik als eigentlich nötig ist, bereithalten. Man könne auch mehr Leis­
tung aus den Maschinen herausholen,
meint der Mechaniker, aber dafür hätten
die Fahrer dort zu wenig Ahnung von
Elektronik.
Improvisationstalent ist wichtig
Die Landmaschinenwerkstätten sind in
Chile ähnlich aufgebaut wie in Deutschland, aber nicht so modern, mit einem
kleineren Ersatzteillager und weniger
Werkzeug. „Häufig kommt der Mechaniker auch direkt auf die Höfe, um dort die
Reparaturen auszuführen“, sagt Gero
Hartke. „Allerdings fehlt es dabei an
einem gut ausgestatteten Werkstattwagen. Statt dessen wird einfach eine spär-
Agrartechnik juli 2015
lich ausgestattete Werkzeugkiste auf den
Pickup gestellt.“ Die Bauern würden
selbst wenig reparieren.
Bei seiner zweiten Reise nach Chile, die
2011 für sechs Wochen stattfand, nahm
Gero Hartke Diagnosewerkzeug für Elektronik und Hydraulik aus Deutschland
mit. „Das Problem dabei war nur, diese
Sachen durch die Zollkontrolle in Chile
zu bringen. Das sind solche Situationen,
in denen man ganz auf sich alleine gestellt ist. Dabei muss man dem Zöllner
mit ein paar Brocken spanisch, englisch
– das dieser kaum versteht – und Händen und Füßen klarmachen, was man
ist, was man will und für was die Instrumente sind.“
Um Unterkunft und Verpflegung haben
sich die Betriebe gekümmert, auf denen
er die Mähdrescher reparierte und Geräte zur Bodenbearbeitung einsetzte.
Vor allem der Einsatz der Grubber bereitete ihm Schwierigkeiten, da auf den
leichten Vulkanascheböden keine richtige Durchmischung möglich war.
„Wichtig ist, dass man improvisieren
kann und kreativ ist. So funktionierten
die Grubber erst, als wir Flügelschare –
auch für größere Arbeitsbtiefen – anschraubten.
Große Bereicherung
Obwohl die lange Reisezeit anstrengend
war, möchte Gero Hartke die Erfahrungen
nicht missen. „Auf jeden Fall ist solch ein
Auslandsaufenthalt eine große Bereicherung des Wissens und man lernt viel über
den Umgang mit Menschen. A
­ llerdings
darf man keine Berühr­ungsängs­te haben.“
Angst darf man auch nicht haben, wenn
man, wie der junge Mechaniker, das
schwerste Erdbeben in der Region miterleben muss. „Ich kann einen solchen Auslandseinsatz nur empfehlen“, sagt Gero
Die Landwirte in Chile halten mehr Maschinen
bereit als eigentlich nötig. So beugen sie Ausfällen vor.
Die Werkstätten in Chile sind weniger gut ausgestattet als in Deutschland. Auf Ersatzteile
muss zum Teil lange gewartet werden.
Gero Hartke (3. v. re.) war zur Einweisung der
Gebrauchtmaschinen in Chile. Auch Reparaturen gehörten zu seinen Aufgaben.
Hartke. „Vor allem weiß man dann wieder
zu schätzen, wie gut man es in Deutschland eigentlich hat.“
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Unternehmen & Märkte
Henrik Zinke (2. v. li.) und Benedikt Socha (2. v. re.) flogen für zehn Wochen in den Süden
Australiens, um dort die Firma Landpower im Ernteeinsatz für Claas zu unterstützen.
Erfahrungen fürs Leben gesammelt
A
ustralien hat nicht nur Kängurus
und Schafe zu bieten, sondern auch
riesige Ackerflächen. Pro Jahr werden
dort zwischen 500 und 1 000 neue Mähdrescher verkauft. Natürlich ist auch
Claas mit Händlern vertreten. Die Ausbildung ist in Australien nicht so geregelt wie in Deutschland und gute Mechaniker sind knapp. Deshalb initiierte
vor über zehn Jahren Franz Hensen,
Kundendienstleiter bei Claas, ein Projekt
zum Austausch von Fachkräften. So sollen die australischen Händler während
der Ernte unterstützt werden. „Mittlerweile ist das Ganze zum Selbstläufer geworden und wir haben jedes Jahr fünf
bis acht Mechaniker, die wir für zehn bis
zwölf Wochen dorthin schicken“, sagt
Franz Hensen.
In der letzten Erntesaison stellten sich
auch zwei Land- und Baumaschinenmechatroniker der Firma Eggers mit Hauptsitz in Suhlendorf (Niedersachsen) dieser
Herausforderung. „Die erste Herausforderung war aber schon das Schreiben einer Bewerbung auf Englisch“, erklären
Henrik Zinke (26) und Benedikt Socha
(24). Doch auch bürokratische Hürden
rund um Einreisebedingungen, Visa und
anderes waren vorher zu bewältigen.
Die Reise begann am zehnten Oktober
2014 und führte die beiden Mechaniker
in den Süden des Kontinents nach Lake
Bolac, etwa 200 Kilometer westlich von
Melbourne. Dort waren sie für den
Claas­importeur Landpower im Einsatz,
der ein Gebiet von der Größe Deutschlands mit 164 Mähdreschern und 33 Ballenpressen betreut.
Freundliche Aufnahme
„Nach dem anstrengenden Flug hatten
wir einen herzlichen Empfang“, sagt Benedikt Socha. „Überhaupt sind die Leute
in Australien sehr offen und freundlich.
So kannten uns auch schnell die knapp
500 Einwohner in Lake Bolac.“
Ihre Unterkunft hatten die jungen Mechaniker im alten Wohnhaus ihres
Chefs. „Um Verpflegung, putzen und
Wäsche waschen mussten wir uns selbst
kümmern“, sagt Landmaschinenmechanikermeister Henrik Zinke. „Aber auch
das war eine wichtige Erfahrung fürs Leben.“ Lebensmittel gab es im Ort zu kaufen. Für größere Einkäufe mussten die
beiden 80 Kilometer fahren. „Die Preise
für Lebensmittel sind in Australien recht
hoch. Eine Kiste Bier kostet umgerechnet
fast 40 Euro. Aber auch Dinge des täglichen Bedarfs wie Duschgel (13 Euro)
sind verhältnismäßig teuer“, weiß Henrik Zinke jetzt. Der Stundenlohn der beiden Mechaniker lag bei 27 australischen
Dollar, umgerechnet etwa 18,50 Euro.
Kreativität gefragt
Erntebeginn war um Nikolaus (6. Dezember), davor mussten noch zahlreiche
Mähdrescher gewartet und für den Einsatz fertig gemacht werden. Oft sind es
dabei auch größere Reparaturen, da zum
Teil die nötige Wartung fehlt. Außerdem
gibt es wenig Landmaschinenmechaniker. Ein Grund dafür ist, dass die Bezahlung in den Bergwerken besser ist und
die Arbeiter oft dahin abwandern. Bei
Landpower arbeiten außer dem Chef
noch ein Verkäufer, eine Bürokraft und
ein angelernter Mechaniker, der auch
erst kurz vor der Ernte zur Firma kam.
„Viele der Reparaturen übernehmen die
Landwirte selbst“, sagt Benedikt Socha.
„Oft unterstützte unser Chef sie dabei
über das Telefon, denn bei Entfernungen
bis rund 750 Kilometer macht es durchaus Sinn einmal genauer nachzufragen
und zu versuchen, das Problem in Griff
zu bekommen, ohne dass man die Maschine vor sich hat.“
Für die Reparaturen mussten die Mechaniker häufig zu den Landwirten fahren.
Ein vollständig ausgestatteter Werkstattwagen war aber Fehlanzeige. Oft musste
eine Werkzeugkiste auf dem Pickup ausreichen. „In Australien müssen die Arbeiter ihr Werkzeug selbst mitbringen“,
erklärt Henrik Zinke. Aufgrund der
manchmal nicht vollständigen Ausstattung sei oft Improvisationstalent gefragt.
„So lernen unsere Mechaniker sich selbst
zu helfen und Probleme zu lösen, die
man so in Deutschland vielleicht gar
nicht kennt“, sagt Kundendienstleiter
Franz Hensen. Als technische Unterlagen hatten die Monteure ihren Laptop
mit den Werkstattdaten aus Deutschland
mitgebracht. Schließlich galt es nicht
nur neue Maschinen zusammenzubauen, sondern auch über 20 Jahre alte
Mähdrescher zu reparieren.
Andere Erntesituation
Insgesamt empfanden die beiden Mechaniker das Arbeiten in Australien als sehr
entspannt. Es gäbe weniger Zeitdruck von
den Landwirten und das Erntefens­ter sei
länger. Auch die Wochenenden hatten sie
immer frei, so dass noch genügend Zeit
blieb die Gegend zu erkunden. „Dafür
stellte uns unser Chef einen Pickup zur
Verfügung, so dass wir zum Beispiel in
einem Nationalpark, einer Goldmiene
oder der Stadt Melbourne waren.“
Beeindruckt hat sie vor allem die Größe
der Felder. „Ein Schlag hatte 780 Hektar
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Nach dem Arbeitseinsatz nahmen sich Henrik Zinke und Benedikt Socha noch zehn Tage Zeit,
um Australien als Urlauber zu erkunden.
und war zum Schutz vor Känguruhs vollständig eingezäunt“, sagt Benedikt Socha. Allerdings sind die Erträge in Australien sehr gering und liegen zum Teil
bei Weizen nur bei 1,5 Tonnen pro Hektar. „Trotz der Arbeitsgeschwindigkeit
von bis zu 20 Kilometern pro Stunde
kann es schon mal drei Stunden dauern,
bis der Korntank voll ist. Diese hohen
Geschwindigkeiten führen natürlich
auch zu Problemen – durch Vibrationen
hervorgerufen – die wir in Deutschland
gar nicht kennen.“ Weitere Schwierigkeiten seien die große Hitze, die vor
Franz Hensen (re.), Leiter des Claas-Kundendienst und Initiator des Australienaustausches,
bei der Nachbesprechung mit den Mechanikern.
allem der Kühlung und den Keilriemen
zu schaffen mache, sowie die große
Staub­entwicklung. Weit verbreitet ist in
Australien noch der Schwaddrusch –
auch bei Getreide. Beim Einsatz eines der
bisher dort kaum bekannten Varioschneidwerke, bleiben auch vorbeifahrende Landwirte interessiert stehen. Dagegen sind in Australien Schneidwerke
mit 13,5 Meter Arbeitsbreite und Mähdrescher mit vier Meter Spurweite für
das Fahren auf festen Spuren (Controlled
Traffic) ganz normal.
Große Bereicherung
Die Zeit in Australien verging den beiden Mechanikern viel zu schnell und
auch mit der englischen Sprache kamen
sie nach etwa zwei Wochen gut klar. Den
Kontakt nach Hause konnten sie über
das Internet halten, denn der Handyempfang ist in dem dünn besiedelten
Gebiet schlecht. Bevor sie am 22. Dezember ihren Rückweg antraten,
gönnten sie sich noch zehn Tage Urlaub,
um das Land zu erkunden. „Es war auf
jeden Fall eine große Bereicherung für
unser Leben und wir können jedem nur
empfehlen, eine solche Chance zu nutzen“, sind sich die beiden einig. Ältere Mähdrescher sind in Australien noch in
Cat-Farben anzutreffen. Benedikt Socha kennt
sich auch mit diesen aus.
Da oft Werkzeuge und Ersatzteile fehlen, ist im
Ausland viel Improvisationstalent gefragt. So
auch beim Ausbau der schweren Variatorscheibe.
Die Erträge in Australien sind so gering, dass
kaum ein Unterschied zwischen gedroschen­em
und stehendem Weizen zu erkennen ist.
Unternehmen & Märkte
München
Ausbildung zum Ausbilder
O
ft wird derzeit vom Fachkräftemangel in Deutschland gesprochen. Was
aber Fachkräftemangel wirklich bedeutet, erkennt man erst, wenn man die Geschichte von Hillary Bwambale aus
Uganda kennt. Denn Landmaschinen
­
gibt es in Ugand kaum und wenn dann
sind sie sehr alt. Die wenigen neueren
Maschinen können oft nicht zum Einsatz kommen, da es fast keine Mechaniker gibt, die sich damit auskennen und
sie reparieren können. Schon kleine
technische Probleme, die in Deutschland
jeder Landwirt selbst beheben kann, führen in dem afrikanischen Land zum
Totalausfall der Traktoren. Diese Erkenntnis musste auch Pfarrer Gottfried Doll
aus der bayerischen Gemeinde Rohrdorf
machen, als er einen Mitbruder in Uganda besuchte. Aus diesem Grund schaute
er sich in seiner Heimat nach einem Betrieb um, der bereit ist einen jungen
Mann aus Afrika als Land- und Baumaschinenmechatroniker auszubilden.
Auch wenn es im Voraus Bedenken gab,
Hillary Bwambale aus Uganda befindet sich derzeit bei der BayWa in Bad Feilnbach/Au in der
Ausbildung zum Landmaschinenmechatroniker.
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Rosenheim / Bad Feilnbach
zum
B e i spiel wie
die Verständigung ablaufen soll, wie
eine gute Integration
gelingt, was dies
für das Betriebsklima bedeutet
und vor allem wie
die Kunden reagieren, stellte sich die
BayWa in Bad Feilnbach/Au dieser Aufgabe.
Sprachliche Herausforderung
Viel größer sind die Herausforderungen allerdings für den 32-jährigen
Hillary Bwambale aus Kasese (Uganda),
der sich für diese Ausbildung bereit erklärte. Denn nicht nur, dass er eine neue
Sprache erlernen muss und weit von der
Heimat weg ist, auch beruflich ist es eine
große Veränderung für ihn, da er nach
Abitur und Ausbildung zunächst als Pädagoge und Sozialarbeiter in seiner Heimat tätig war. Zusammen mit einem anderen jungen Mann, der jetzt Elektriker
lernt, kam er nach Deutschland und begann seine Ausbildung bei der BayWa.
„Am Anfang war es sehr schwierig, wir
konnten kein Wort Deutsch lesen, sprechen oder schreiben, als wir im April
2013 nach Deutschland kamen“, sagt
Hillary Bwambale. Auch dank der besuchten Sprachkurse werde es aber in
der Zwischenzeit immer besser. „Mit den
Kollegen klappt die Verständigung sehr
gut, es ist aber manchmal schwierig mit
den technischen Begriffen oder wenn
Dialekt gesprochen wird. Mit Kunden
habe ich nicht so viel zu tun, kann mich
aber schon verständigen.“
Auch Werkstattleiter Anton Zehetmaier
sieht die Sprachbarriere noch als eines
der größten Probleme. Ansonsten ist er
schon recht zufrieden mit der Situation:
„Die Integration muss man täglich leben
und das gelingt uns ganz gut und somit
ist auch das Betriebsklima sehr gut. Die
größten Sorgen bereiteten uns im Vorfeld, wie die Reaktionen der Kunden
sein werden. Es gab einige Kommentare,
die aber mit einem Augenzwinkern kamen und nach dem Hinweis auf ein
kirchliches Förderprojekt, das von der
BayWa unterstützt wird, war der Wind
wieder raus.“ Um die Ausbildungsinhalte zu vertiefen, nimmt sich ein Mitar-
beiter täglich eine halbe bis eine Stunde
Zeit für eine gesonderte Betreuung des
Auszubildenden. Dann wird ein bestimmtes Thema vertieft.
Besonders beeindruckt ist Hillary Bwambale von der enormen Technikvielfalt
und der Größe der Maschinen. „Die
meisten Maschinen, zum Beispiel Feldspritzen oder Düngerstreuer, kenne ich
von zu Hause nicht. Außerdem gibt es
bei uns in Uganda praktisch keine Futterbergung, da die Tiere ganzjährig auf
der Weide gehalten werden.“ Auf den
Feldern in seiner Heimat wachsen überwiegend Baumwolle, Mais, Bohnen, Soja
und Reis. Außerdem gibt es Plantagen
mit Bananen, Kaffee und Tee.
Integration ist wichtig
Nicht nur im Betrieb ist Hillary Bwambale bereits voll integriert, sondern auch
in der Gemeinde Rohrdorf, wo er zusammen mit seinem Kollegen aus Uganda
im Pfarrhaus wohnt. „Mir gefällt es sehr
gut hier und ich fühle mich sehr wohl.
Ich habe sehr guten Kontakt zu den
Menschen im Ort, singe im Kirchenchor
und spiele hier Fußball“, sagt der Afrikaner. Heimweh hat er zwar nicht, vermisst aber doch seine Familie, besonders
die Eltern. Umgewöhnen musste er sich
auch, was das Klima angeht. „Zu Hause
ist es sehr mild und tagsüber kaum einmal kälter als zehn Grad Celsius. Wenn
es warm ist, ist es auch nicht so schwül
wie in Deutschland. Außerdem ist das
Klima über das ganze Jahr gleich, es gibt
keine Jahreszeiten wie in Deutschland.“
Auch vermisst er in Deutschland etwas
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die Lebensfreude und die Lebendigkeit
der Menschen insgesamt und in der Kirche.
Beeindruckt ist Hillary Bwambale von
den guten Ausbildungsmöglichkeiten in
Deutschland: „Hier sind die Rahmenbedingungen von der Politik so gestaltet,
dass man Arbeit findet und eine sehr
gute Ausbildungsarbeit gemacht wird.
Ebenso ist die soziale Absicherung sehr
gut. Dies gibt es so bei uns auch nicht.“
Einen wichtigen Punkt spricht er noch
an, über den man sich in Deutschland
kaum Gedanken macht: „Es ist immer
reichlich und gutes Essen da, man kann
essen was man will, es braucht keiner zu
hungern!“
Über die Berufsschule sagt der Auszubildende aus Uganda: „Es ist sehr viel und
schwierig, das alles zu lernen. Zum Glück
unterstützen und fördern mich die Lehrer
der Berufschule Traunreut. So kann ich
zum Beispiel nach dem Unterricht nochmals nachfragen oder es gibt eine Stunde
extra Unterricht. Auch unter den Mitschülern ist der Kontakt gut.“ In Uganda
gäbe es keinen Land- und Baumaschinenmechatroniker, dafür aber Mechaniker
mit oder ohne Ausbildung. Mechaniker
mit Ausbildung seien dann meist in leitender oder Chefposition tätig.
Ausbildung genau planen
Im Vergleich zu Auszubildenden aus
Deutschland bemerkt Werkstattleiter
Anton Zehetmaier, dass nur sehr wenige
Grundkenntnisse der Landtechnik vorhanden sind. „In Deutschland wächst
man mit der Technik schon auf – in
­ ganda nicht.“ Seinen neuen AuszubilU
denden beschreibt er als ruhigen, besonnenen Mann. Er sei sehr wissbegierig
und frage immer wieder nach, wenn er
etwas nicht verstanden habe oder etwas
wissen wolle. „Er ist auch sehr bemüht
um ein gutes Verhältnis unter den Kollegen, erzählt uns von seiner Heimat, den
Lebensumständen und den Sitten in seinem Land und natürlich von der Landwirtschaft in der Region Kasese, einer
fruchtbaren Gegend vor dem RwenzoriGebirge. Dies fördert wiederum den Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft
untereinander“, sagt der Werkstattleiter.
Berufskollegen, die auch darüber nachdenken einen Auszubildenden aus
einem anderen Kulturkreis einzustellen,
rät Anton Zehetmaier: „Von Vorteil wäre
es, wenn Berührungspunkte mit Technik, speziell Landtechnik, bereits vorhanden sind. Auf das Betriebsklima
sollte man ebenfalls achten und die Kollegen auf einen neuen Auszubildenden
vorbereiten und täglich das Miteinander
leben.“ Außerdem seien die Sprachkenntnisse eine der wichtigsten Grundlagen und man müsse darauf achten,
dass ein gutes Lebensumfeld mit Anschluss in der Gemeinde vorhanden sei.
„Insgesamt ist es eine sehr große Herausforderung, so eine Ausbildung durchzuführen. Es müssen alle mithelfen, vom
Auszubildenden im ersten Lehrjahr bis
zur Ausbildungsabteilung. Dafür lernen
wir aber auch alle wieder sehr viel dazu
und haben mit Hillary sehr viel Spaß
und viel zu lachen“, erklärt der Ausbilder.
Nach seiner Lehrzeit, die im Februar
2017 endet, möchte Hillary Bwambale
in seine Heimat zurückkehren und dort
arbeiten. Er kann sich auch gut vorstellen, eine eigene Werkstatt aufzubauen
und dort sein Wissen weiterzugeben. (fm)
Werkstattleiter Anton Zehetmaier (li.) ist mit
seinem Auszubildenden aus Uganda zufrieden.
Dieser ist bereits gut im Betrieb integriert.