Grußwort von Prof. Dr. Fritz Führ

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sungen können nur und müssen in einem Ergebnis offenen Dialog gesucht werden, eine wichtige Aufgabe, die alle Teile der Gesellschaft betrifft.
Gerade die in der Öffentlichkeit immer wiederkehrende Debatte über die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmitteln macht
deutlich: Wir müssen uns alle aktiv in die gesellschaftspolitische
Diskussion einbringen, Wissenschaft, Industrie, aber auch die
Behörde und andere Einrichtungen der Landwirtschaft. Unnötigen Verunsicherungen und Ängsten muss entgegengetreten und
Vertrauen zurückgewonnen werden. Wir haben es immer sehr begrüßt, dass Ihre Mitarbeiter und ganz besonders Sie sich dieser
Aufgabe gestellt haben.
Ihrem tatkräftigen Eintreten, sehr geehrter Herr Professor
KLINGAUF, für den integrierten Pflanzenschutz und Pflanzenbau
gilt unser Dank. Pflanzenschutzmittel werden auch in Zukunft
für die Sicherung der Ernährung und für eine wettbewerbsfähige
Landwirtschaft unverzichtbar sein. Neue Wirkstoffe und Anwendungsverfahren werden etablierte Produkte vom Markt verdrängen. Die Pflanzenbiotechnologie wird die Möglichkeiten
des integrierten Pflanzenschutzes erweitern und verbessern.
Neue Erkenntnisse über Wirkungsmechanismen, aber auch Nebenwirkungen, werden den Pflanzenschutz als Teil eines dynamischen Systems, das nach wie vor eine technologische Herausforderung darstellt und voller Chancen für Innovation steckt,
noch besser und noch sicherer machen.
Eine nachhaltige und gleichzeitig hochproduktive Landwirtschaft ist nach unserer Auffassung im übertragenen Sinne auch
aktiver Umweltschutz, denn sie hat das Potential, die Zerstörung
von schutzwürdigen Naturräumen in vielen Teilen der Welt zu
verhindern.
Die Entwicklungen im Pflanzenschutz weiterhin aktiv zu begleiten ist deshalb eine große Aufgabe und Herausforderung
auch für die Zulassungsbehörde und die Forschungsanstalt BBA.
Wir sind uns bewusst, dass Sie das Steuer in einer Zeit aus der
Hand legen, in der sich Überlegungen für weitreichende Veränderungen in der Organisation des Verbraucherschutzes in
Deutschland abzeichnen, die auch die BBA betreffen können.
Grundsätzlich darf man sich Veränderungen gegenüber nicht
verwehren, denn es gibt immer Möglichkeiten, Ziele noch besser
und wirkungsvoller zu erreichen. Die Erfahrung hat uns allerdings gelehrt, dass es von Vorteil ist, dass sich bei der BBA Forschung, Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
unter einem Dach zusammenfinden. Diesem Umstand hat die
BBA nicht zuletzt ihre herausragende Stellung innerhalb der EU
als Zulassungsbehörde zu verdanken. Unsere Erwartung ist deshalb, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Bereits in der Vergangenheit war die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf mehrere Bundesoberbehörden unter Führung
der Biologischen BunClesanstalt verteilt. Wir hoffen, dass anstehende Veränderungen nicht zu einem Mehr an beteiligten Behörden und damit verbundenen Reibungsverlusten oder gar Blockaden führen. Besonders wichtig ist uns im Sinne der Transparenz
und als Garantie des rechtsstaatlichen Verfahrens die Unabhängigkeit der Entscheidungsbehörde, für die wir uns in der Vergangenheit immer sehr nachdrücklich eingesetzt haben - ich war
1971 bei der ersten Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes
von 1968 daran im besonderen Maße beteiligt -, erhalten bleibt.
Zum Schluss möchte ich Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident
KLINGAUF, im Namen unseres IVA, seiner Gremien und Mitgliedsfirmen sowie der Mitarbeiter der Geschäftsstelle, aber auch
ganz persönlich Dank sagen für Ihre Amtsführung, für die guten
Gespräche und manchen persönlichen Rat, den Sie uns und mir
zukommen ließen. Wir wünschen Ihnen, und diesem Wunsch
schließe ich mich ganz persönlich besonders gerne an, dass Sie
mit dem Abschied aus dem Amt nicht der Langeweile verfallen,
sondern bei bestem persönlichem Wohlergehen sich all den Dingen, Aufgaben und Wünschen widmen können, die aufgrund Ihrer beruflichen Tätigkeit bislang zurückstehen mussten.
Grußwort von Prof. Dr. Fritz Führ
Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Biologischen Bundesanstalt für
Land- und Forstwirtschaft, Jülich
Lieber Herr KLINGAUF, liebe Festgemeinde!
Uns beide, Herr KLINGAUF, verbindet vieles im Lebenslauf, ich
bin mit 16 Jahren der DDR entkommen, ich danke meinen Eltern
heute noch auf den Knien, dass Sie mich gehen ließen; sie blieben dort, sie haben das einige Jahre später gemacht. Sie haben in
Ost-Berlin studiert, ich in West-Berlin, dann haben wir uns in
Bonn getroffen. Ich bin sicher, wir hätten uns 59 vielleicht schon
im „Heiligen Löffel" in Bonn kennen lernen können . Ihren Doktorvater MöRICKE habe ich verehrt, er war ein Original der Fakultät. Uns beide hat die Pflanze interessiert, Sie hat die Pflanze
mehr im biologischen Sinne interessiert, mich mehr im chemischen, und Sie haben dann in Bonn und in Darmstadt, und ich in
Bonn und in Jülich, sozusagen „jeder auf seiner Schiene", wie
das im Neudeutsch heißt, geforscht.
Begegnet sind wir uns dann aber intensiver, obwohl wir uns
von der landwirtschaftlichen Fakultät im Lehrkörper her gut
kannten, hier in der Biologischen Bundesanstalt. Diese begleite
ich nun schon allerdings wesentlich länger, vor Ihrem Eintritt,
damals noch in meiner Eigenschaft als Leiter der Projektträgerschaft des Bundesministeriums für Forschung und Technologie
(BMFT). Es ging darum, Methoden zu entwickeln, um die Vor-
hersage des Metabolismus im Pflanzenschutz besser zu erkennen. Die ersten großen Praxisversuche wurden mit Mitteln des
BMFT gemacht. Oft war ich auch eingeschaltet im Senat der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), wenn es darum
ging, bestimmte Arbeiten, die eigentlich mehr auf die Forschung
der BBA zugeschnitten waren und nicht eigentlich Forschung im
Sinne der DFG darstellten, interpretieren zu helfen, usw.
Dann bin ich ab 1980 in den Sachverständigenausschuss gekommen, inzwischen 21 Jahre, und mit Ihrem Amtsantritt auch
in den Beirat. In dieser Eigenschaft habe ich natürlich Ihre Arbeit
ganz besonders begleitet. Das waren spannende Jahre, diese letzten 13/14 Jahre, in denen es wesentliche Veränderungen gab, und
manche der Vorredner haben das ja auch schon angesprochen.
Mit dem Pflanzenschutzgesetz 1986 kam eine neue Qualität
der Betrachtung hinein, denn bis dahin war der chemische Pflanzenschutz mehr von Rückstand und Wirkung bestimmt, und jetzt
kamen die Stichworte, Umwelt und Naturhaushalt, der allerdings
nicht definiert war in dem Gesetz, das musste erst noch geschehen . Es ging um Nachbau, Grundwasser, Luftverfrachtung und
dergleichen. Das alles war ja nur einzuordnen, wenn die Biologische Bundesanstalt komplementär zur Industrieforschung mit
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den modernsten Methoden nachwies, ob der Stoff, den man anklagte, am Ort des Geschehens, zum Zeitpunkt der Beobachtung
und in der Konzentration biologisch verfügbar war, die wirken
konnte, alles andere war nichts als Spekulation. In dieser Zeit ist
hier enorm viel geschehen. Dann gab es natürlich in dieser Zeitspanne die großen wirtschaftlichen und politischen Verändernngen, das kann man zum Beispiel an zwei Zahlen festmachen. Die
Zahl der Betriebe ging von 700 000 im Jahre 1986 auf heute weniger als 400 000 zurück. Gleichzeitig stiegen die Importe im
Wert von 40 Mrd. auf 80 Mrd. DM. Die Bundesrepublik ist
Agrarimporteur Nummer 1 mit ca. 10 % dessen, was auf dem
Agrarmarkt landet.
Die größten Veränderungen gab es allerdings durch die Wiedervereinigung, und hier trafen wir uns dann wiederum in den so
genannten Evaluierungskommissionen. Aber Sie haben, bevor
sich die Dinge überhaupt manifestierten, durch Ihr persönliches
Engagement mit Ihren Mitarbeitern in Kleinmachnow das Vertrauen geschaffen, dass diese Zusammenführung Berlin-Dahlem,
Braunschweig und die Außenstandorte und Kleinmachnow gelungen ist. Das hat natürlich auch Chancen gegeben, neue Themen und speziell auch Themen im Nachgang zu den Fragen um
den Naturhaushalt, spezielle Aufgaben der Ökotoxikologie, im
neueren Bereich auch der Gentechnik, zu besetzen. Sie sehen
daran, die Biologische Bundesanstalt hat eigentlich unter Beibehaltung des Personalbestandes - denn mit dem neuen Konzept
2005 wird ja schon wieder dicke abgebaut - gezeigt, dass sie für
die anstehenden nationalen und internationalen Aufgaben erstens
gerüstet ist und zweitens auch den Sachverstand besitzt, dieses in
die Zukunft hineinzuführen.
Der Beirat hat sich gefreut, dass Sie mit dem Anstaltskollegium sehr schnell sozusagen auch Ihr Haus bestellten, dass die
Ausschreibung für die Nachfolge erfolgte, und ich durfte - unter
Leitung von Herrn Professor BuRTH - mit in dem Ausschuss sitzen, den Nachfolger auszusuchen, und ich bin enttäuscht, dass
wir zunächst nur einen mehr oder weniger lapidaren Satz erhalten haben, dass zunächst der Nachfolger nicht eingesetzt wird.
Nun liegen die Gründe hierfür darin, das weiß jeder, dass im
letzten Jahr BSE auf den Markt kam. Der Beirat sieht aber mit
großer Sorge diese Diskussion zum Stichwort Verbraucherorientierung. Und ich kann nur sagen, BSE hat gezeigt, dass die Landwirtschaft nicht isoliert gesehen werden kann, denn ähnliche Probleme gab und gibt es im Pflanzenbau mit weltweiter Verbreitung von Pflanzenkrankheiten, Schädlingen und Unkräutern.
BSE hat aber auch gravierende Mängel der Rechtsordnungen,
der staatlich organisierten Kontrollsysteme aufgezeigt. Es beste-
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hen erhebliche Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten
und unzureichende WTO-Regelungen. Die Landwirtschaft ist
vielen Einflussfaktoren von außen ausgesetzt, Verbraucherverhalten, Lebensmittelindustrie, Konzentrierung der Vermarkter,
Internationalisierung von Handels- und Geschäftsbeziehungen,
Urbanisierung der Gesellschaft, weltweiter Bevölkerungsanstieg
und - last but not least - schwankender politischer Wille. Wenn
Sie nur vergleichen, was in den letzten Jahren hier passiert ist.
Der „Von-Wedel-Bericht" hat, das muss man deutlich sagen, die
Schwachstellen aufgedeckt. Lösungsansätze sind in einem Abschlussbericht des Ministeriums zum Thema Bundesamt für den
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vorgeschlagen.
Ich habe sie gerade erst in dieser Woche bekommen. Der Beirat
hat nachd1ücklich empfohlen, dass sich die BBA konstruktiv an
der Beratung und Umsetzun'g dieser Vorschläge beteiligt, das
heißt, dass über Mitarbeiter dieser Einrichtung auch der ganze
Sachverstand hineinkommt, der Sachverstand in Sachen Verbraucherschutz, in Sachen Lebensmittelsicherheit usw.
Ich begrüße, dass weiterhin die Wissenschaft mit der Aufgabe
Risikobewertung und Risikokommunikation betraut ist, denn
eine Ergebnisbewertung kann man nur kompetent vornehmen,
wenn man das experimentelle Prozessverständnis aus eigener
Forschung weiß. Ich kann Ihnen garantieren, dass man die Daten
manipulieren kann - aus meiner langzeiligen Forschung weiß ich
dies - das kann mit dem Versuchseinsatz geschehen usw„ da hilft
auch nicht die gute Laborpraxis. Deshalb bedauere ich außerordentlich, Herr KLINGAUF, dass Sie nicht mit eingeschaltet sind,
aber Herr Staatssekretär, Sie haben ja gerade noch eine Woche
Dienst gefordert, also die eine Woche sollten Sie nutzen, um seinen Sachverstand noch abzufragen.
Lieber Herr KLINGAUF, herzlichen Dank sage ich für die Arbeit
für die Biologische Bundesanstalt, aber auch für die Außenwirksamkeit in die Forschungslandschaft der Bundesrepublik. Nehmen Sie mir ab, ich musste als Mitglied des Wissenschaftsrates
auch die so genannte Umweltforschung der Bundesrepublik begutachten, und ich war überrascht, wie viel Umweltforschung im
positiven Sinne konstruktiv hier in der Biologischen Bundesanstalt unter der Leitung von Ihnen initiiert und umgesetzt wurde.
Ich wünsche Ihnen für den Ruhestand in erster Linie Gesundheit,
ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, das ist die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Sie das, was Sie vielleicht noch selber an persönlichen Dingen machen wollen, mit Freude machen
können und deshalb alles Gute und als Rückblick ein Buch, das
die Politik, die wir mit großem Interesse verfolgt haben, in den
50er, 60er, 70er Jahren beschreibt.