Im Zentrum der Geothermie

Im Zentrum der Geothermie
Im Süden Bayerns stehen Politik und Bevölkerung der Tiefengeothermie offener gegenüber als im Oberrheingraben
Von C h r istoph A. F isch er
hatte die Stärke 3,5 auf der Richter-Skala), Die Münchner Rückversicherung, der wichnachdem man Wasser in mehrere Kilome- tigste Vertreter in diesem Segment, sei aus
ie Fernwärme ist ein Volltreffer für ter unter der Oberfläche gelegenes Gestein dem Geschäft ausgestiegen, und das Risiko
Kirchweidach – wie ein Sechser im gepresst hatte, um dieses zu zerklüften sei kaum abdeckbar.
Lotto!« Kirchweidach, das ist eine (petrothermales System, auch »Enhanced
Tatsächlich hatten der Münchner Konkleine Gemeinde mit 2300 Einwohnern in Geothermal System« [EGS] genannt; siehe zern und andere jahrelang FündigkeitsriSüdostbayern, 20 Kilometer vom Chiem- »Hintergrund II«). Vor fünf Jahren wurde siken versichert. Nach Informationen der
see entfernt – und der Mann, der so eu- das Basler Geothermie-Projekt eingestellt. M ittelbadischen P resse gibt es auch jetzt
phorisch über das Fernwärmenetz im Ort
In Landau gab es 2009, zwei Jahre nach noch Anbieter, die Projekte versichern –
spricht, ist Marcus Hansen, Geschäftsfüh- Inbetriebnahme des Heizkraftwerks, zwei zumindest in Gegenden wie Bayern, wo
rer der Kirchweidacher Energie GmbH sogenannte extrem leichte Erdbeben (Stär- Tiefengeothermie erprobt ist. Knapek
(Kiwe). Seit Mai versorgt die hundertpro- ke 2,7 bzw. 2,4), und 2013 wurden Erdhe- sagt, eine Gesellschaft aus Hannover biezentige Tochter der oberbayerischen Ge- bungen aufgrund einer unterirdischen Le- te Investoren jetzt an, das Risiko zu versimeinde 400 Kunden mit Fernwärme. Diese ckage festgestellt. Seit eineinhalb Jahren chern, wenn sie ihnen einen von der Versistammt zu einem geringen Teil aus einer ist die Anlage stillgelegt. Geothermie-Geg- cherung ausgewählten Ingenieur zur Seite
Biogasanlage, zum weitaus größten Teil ner Werner Müller glaubt, dass Risse in stellen darf.
Auch wenn der Projektentwickler
aber aus dem örtlichen Tiefengeothermie- seinem und anderen Wohnhäusern durch
Heizwerk.
die Landauer Erdbeben hervorgerufen »For­ever Green« von Widerständen und
Die meisten Kiwe-Kunden sind Privat- wurden. Er hat Gutachten, die zu einem an- Ängsten in Bayern spricht: Es ist auffälhaushalte, doch der Hauptabnehmer ist deren Ergebnis kommen, bislang nicht ak- lig, dass es in der bayerischen Bevölkedas Energiewende-Prestigeobjekt der Re- zeptiert. Das St. Galler Projekt war eben- rung weniger Proteste gegen Tiefengeothermie-Projekte
gibt
gion schlechthin: das neue Gewächshaus falls ein Flop: Es gab ein
als in Baden-Württemvon Gemüsebau Steiner. Auf einer Fläche Erdbeben der Stärke 3,6,
berg, namentlich in der
von zwölf Hektar (etwa 17 Fußballfelder) außerdem hat man weni»Akzeptanz in der BevölkeOrtenau, und in Rheinwerden im Norden Kirchweidachs Toma- ger heißes Wasser gefunrung ist ebenso wichtig wie
land-Pfalz – oder zuminten und Paprika angebaut, und bald wird den, als erwartet worden
vorhandene Abnehmer für
dest weniger organisierauf 20 Hektar erweitert. Viele Verbraucher war und als für den BeFernwärme.«
ten Widerstand. Weil im
in der Region fragten im Supermarkt ge- trieb nötig wäre.
Südwesten durch die geozielt nach den Kirchweidacher Tomaten,
Südbayern hingegen
grafische Nähe zu Basel
weil sie besser als holländische Tomaten ist das Tiefengeothermieschmeckten und aus der Region kämen, Land schlechthin. Zwei Drittel der gut 30 und Landau die Wellen höher schlugen?
heißt es bei Gemüsebau Steiner. Dies kom- deutschen Anlagen stehen dort. Von den Knapek sagt: »In Landau und Basel gab es
me den Rewe-Märkten zugute, denn die etwa 40 in der Planung oder im Bau befind- neben den Erschütterungen auch Knalle –
führten die Tomaten aus Kirchweidach in lichen Anlagen betrifft knapp die Hälfte die waren in ihrer Wirkung auf die Bevölihrem Regionalprogramm. Ohne Geother- Bayern. Im sogenannten Molassebecken, kerung schlimmer als die Beben.« Der Vermie-Anlage wäre das Gewächshaus nicht das den Südteil des Freistaats umfasst, fin- bandschef nennt weitere Gründe, warum
gebaut worden und umgekehrt, und al- den die »Geothermiker« allem Anschein die Tiefengeothermie gerade im südlichen
le scheinen zufrieden. Kirchweidach – die nach vernünftige Voraussetzungen vor, Bayern angewandt wird: »Es gibt um MünGeothermie-Mustergemeinde.
um heiße wasserführende Schichten in chen herum viele reiche Kommunen – die
Dennoch: Die Tiefengeothermie polari- der Tiefe anzuzapfen. »Hier gibt es in der konnten leicht einsteigen. Hier ist das Geld,
siert und bleibt höchst umstritten. Befür- Tat weniger Schwierigkeiten bei Bohrung und hier gibt es auch den Wärmebedarf.«
Knapek war selbst von 1996 bis 2008 Bürworter Marcus Hansen fallen zahlreiche und Erschließung«, sagt denn auch Erwin
Vorteile der durch Geothermie ermöglich- Knapek, der Chef des Wirtschaftsforums germeister des Münchner Vororts Unterhaten Fernwärmeversorgung ein: »Abkopp- Geothermie und des Bundesverbands Geo- ching. Dort setzten er und seine Mitstreiter
lung von der Preisentwicklung der fossilen thermie, die sich am 1. Januar zu einem vor rund zehn Jahren den Bau einer GeoEnergieträger, Umweltförderung durch Verband zusammenschließen. Der Ober- thermie-Anlage zur Wärme- und StromCO2-Ersparnis, fehlendes
rheingraben sei zwar we- produktion durch. »Bei uns gab es eine inAusfallrisiko von Kesgen des heißeren Wassers tensive Diskussion um den Klimaschutz,
sel- und Brenneranlagen,
»energetisch noch besser, und wir haben – anders als Basel – stets alZwei Drittel der gut 30 deutkeine Rauchgas-Emissioaber von der Geologie her les offen kommuniziert.« Das habe für Akschen Tiefengeothermienen, Wegfall von Heizölschwieriger«. Zum Bei- zeptanz in der Bevölkerung gesorgt. Dies
Anlagen stehen im bayeritankprüfungen«, um nur
spiel befinde sich relativ sei ebenso wichtig wie vorhandene Abnehschen Molassebecken.
einige zu nennen. Zu den
viel Kalk im Wasser (dies mer für Fernwärme (oder Kühlung). Im FalVorteilen des Stroms aus
sorgt für schädliche Ab- le des umstrittenen Ortenauer GeothermieTiefengeothermie gehört
lagerungen und beein- Projekts hatte der Neurieder Bürgermeister
wiederum, dass er grundlastfähig, da kon- trächtigt die Wärmeleitfähigkeit), und im Jochen Fischer zugegeben, dass man die Bestant vorhanden ist – anders als Windkraft südöstlichen Rheinland-Pfalz sei man bei völkerung mehr hätte informieren müssen.
und Photovoltaik. Gleichzeitig spricht aber Bohrungen öfters auf zu wenig oder gar
Diplomphysiker Knapek erzählt gerne
der »Bundesverband Bürgerinitiativen kein Wasser gestoßen. Kleinere Probleme die Geschichte vom Feinkost- und SenfTiefe Geothermie« in Person des Vorsit- in Bayern verschweigt Knapek nicht.
hersteller Develey aus Unterhaching, der
zenden Werner Müller gegenüber der M itEin Aspekt, der häufig für Streit sorgt: auch McDonald’s beliefert: Der Develeytelbadischen P resse von einer »sinnlosen,
Investoren können laut Geothermiegeg- Chef kämpfte jahrelang im Gemeinderat
unwirtschaftlichen, umweltbelastenden nern das sogenannte Fündigkeitsrisiko ver- gegen Geothermie. Doch plötzlich wollte
und gefährlichen Technik«.
sichern lassen. Wenn also bei oder nach der er so schnell wie möglich Strom vom GeoMüller wohnt im pfälzischen Landau, Bohrung zu wenig Wasser gefunden werde thermiekraftwerk beziehen. Der Grund:
und dieser Ort gilt wie Basel und St. Gallen oder das Wasser zu kalt sei, ein Kraftwerk »McDonald’s machte seinen Lieferanten
in der Schweiz den Gegnern der Tiefengeo- sich somit nicht lohne, seien die Investoren die Vorgabe, CO2-neutralen Strom zu nutthermie als mahnendes Beispiel. In Basel trotzdem fein raus – die Versicherung sprin- zen«, erzählt Knapek. Firmen kann nakam es Ende 2006 und Anfang 2007 zu meh- ge ja ein, und die hohen Bohrkosten seien he Tiefengeothermie also einen Standortreren spürbaren Erdbeben (das stärkste gedeckt. Stimmt nicht, sagt Erwin Knapek: Vorteil bieten.
D
Hintergrund I
Tiefe und
oberflächennahe
Geothermie
Bei Bohrungen bis 400
Meter Tiefe spricht man
von oberflächennaher
Geothermie, bei tieferen
Bohrungen von Tiefen­
geothermie. Zur ersten
Kategorie, mit Tausen­
den vorhandenen An­
lagen in Deutschland,
zählen Grundwasser-Wär­
mepumpen, »normale«
Erdwärmesonden und
Erdwärmekollektoren.
Tiefe Erdwärmesonden
(bis 2800 Meter) und An­
lagen mit petro- und hyd­
rothermaler Technik (bis
6000 Meter) gehören zur
zweiten Kategorie.
Die weithin bekannten
Schäden in Staufen und
Böblingen entstanden
übrigens durch fehlerhaf­
te oberflächennahe Boh­
rungen.
caf
Ko m m e n ta r
Verbaselt
V
iele Gegner der Tiefengeo­
thermie wollen nicht mehr
diskutieren. Sie akzeptieren
schlicht keine andere Meinung
und keinerlei positive Bericht­
erstattung. So muss man die Wei­
gerung des Bundesverbands der
Bürgerinitiativen gegen Tiefen­
geothermie, an der Umfrage der
Mittelbadischen Presse zum The­
ma teilzunehmen, deuten. Dies
Von C hristoph A.
ist vielleicht verständlich (zumal
F ischer
im Fall direkt Betroffener), vor al­
lem aber schade. Nicht alle Bohrunternehmer sind skru­
pellos und geldgeil. Auch nicht alle Politiker, die für die
Geothermie eintreten. Viele sind einfach überzeugt.
Es gibt ja auch vieles, was für die Tiefengeothermie
spricht. Doch es wurden Fehler gemacht. Man könn­
te sagen: Die in Landau und Basel haben es verbaselt.
Jetzt fürchten viele Bürger um ihre geliebte Heimat, ob­
wohl die Technik Fortschritte gemacht hat. Das kann
man verstehen. Darum gilt: Baut dort Geothermie-Anla­
gen, wo es die nötige Akzeptanz gibt! Wo sie fehlt, nutzt
andere Energieträger!
ie ist Ihre Meinung? Schreiben Sie an
@ [email protected]
Lohnt sich
Tiefengeothermie
nur, wenn die Anlage Strom UND Wärme produziert und
es dafür Abnehmer
gibt?
Ist die heutige
Bohr- und Kraftwerkstechnik den in
Landau und Basel
angewandten Techniken deutlich überlegen?
Sind die Techniken petrothermal
und hydrothermal
gleich gut?
Ist Tiefengeothermie überhaupt
nötig, oder gibt es
genügend Alternativen in der Energieversorgung?
H i n t e r g r u n d II
Gibt es in Mitteleuropa Gebiete,
die für Tiefengeothermie besonders
geeignet sind? Welche sind nicht geeignet?
Hydrothermal und
petrothermal
Fast alle Tiefengeother­
mie-Anlagen in Deutsch­
land nutzen Hydrogeo­
thermie: Dabei werden
heißes Wasser führen­
de Schichten (Aquifere)
in Südbayern, am Ober­
rhein oder in Nordost­
deutschland angezapft.
Das petrothermale Sys­
tem hingegen kann einge­
setzt werden, wo es kei­
ne Aquifere gibt. Dabei
muss zunächst der Unter­
grund zerklüftet werden,
damit man Wasser von
der Oberfläche nach un­
ten pumpen kann. Dort
erhitzt es sich und kann
dann genutzt werden. Die
petrothermale Technik
befindet sich in Deutsch­
land im Forschungsstadi­
um. Geothermie-Verbän­
de betonen, die Zukunft
liege in der petrotherma­
len Nutzung.
caf
Das Foto zeigt den damaligen Bohrturm der Geothermie-Anlage in Traunreut, das wie Kirchweidach in der
Nähe des Chiemsees liegt. Die Traunreuter Anlage liefert seit 2014 Fernwärme; im Januar 2016 beginnt
Foto: Geothermische Kraftwerksgesellschaft Traunreut mbH
zusätzlich die Stromproduktion.
Befürworten
Sie die geplante Beweislastumkehr,
nach der ein Bohrunternehmen oder
Kraftwerksbetreiber ggf. nachweisen
müsste, dass Gebäudeschäden
NICHT durch ihn
verursacht wurden?
Frank Schilling
Horst Kreuter
K e m a l E r bas
Richard Schüler
Leiter Landesforschungszentrum
Geothermie Karlsruhe
GeoThermal Engineering GmbH
Karlsruhe
Geoforschungszentrum
Potsdam
Ortsvorsteher Goldscheuer, Vorsitzender
Ortenauer BI gegen Tiefengeothermie
Es gibt eine Reihe von Bei­
spielen, bei denen Tiefengeo­
thermie im In- und Ausland
ohne Subventionen wirt­
schaftlich betrieben wird. Da­
bei wird vor allem die Wärme
genutzt. Bei der Stromer­
zeugung kann die Tiefengeo­
thermie an vielen Orten in
Deutschland, wie z. B. auch
die Windkraft und Photovol­
taik, durch entsprechende
Marktanreizprogramme (z. B.
EEG) auch ohne Wärmeaus­
kopplung lohnend sein.
Es ist ökologisch und ökono­
misch sinnvoll, neben Wär­
me oder Kälte auch Strom
zu gewinnen. Die Frage, wel­
che der Varianten sich lohnt,
hängt neben der Temperatur
und Fördermenge auch von
der Wärmenachfrage ab. Die
aktuell verfügbare und die
langfristig absehbare Wär­
menachfrage werden des­
halb für jedes Erdwärme-Pro­
jekt individuell betrachtet. Im
Oberrheingraben lohnen sich
im Prinzip alle Varianten.
Die Frage, ob und wann Tie­
fengeothermie sich lohnt
(volks-/betriebswirtschaft­
lich), ist jeweils von den regio­
nalen/lokalen Rahmenbedin­
gungen abhängig. Produktion
von Strom bei gleichzeitigem
Absatz von Wärme kann die
Wettbewerbssituation dieser
emissionsarmen Energiever­
sorgung positiv beeinflussen.
Grundsätzlich ja. Es ist ab­
hängig von der förderfähi­
gen Wassertemperatur und
-menge. Der Verkauf der
ganzjährigen Wärme im Ver­
bund macht das System wirt­
schaftlich. Erforderlich ist
aber auch ein Redundanz­
kraftwerk, das die Ersatz­
versorgung sichert. Die ho­
he Einspeisevergütung macht
diese Investitionen erst inte­
ressant.
In Basel und Landau wurden
bei hydraulischen Stimulati­
onen bzw. im Betrieb seismi­
sche Ereignisse registriert.
Darüber hinaus wurde in
Landau eine Undichtigkeit bei
einer Verrohrung beobachtet.
Diese Ereignisse fanden wohl
nach Beendigung des Boh­
rens statt. Aus beiden Vorha­
ben wurde gelernt, und man
wird in Zukunft sicher noch
stärker auf die Qualitätskon­
trolle, z. B. bei der Verroh­
rung, achten.
Die Technologien haben sich
deutlich weiterentwickelt. Die
Planungen für Landau sind
über elf Jahre her, und die
Schweiz setzt für ihre Geo­
thermie-Anlagen auf sanfte
Techniken. Noch wichtiger ist
die Erfahrung, die man seit
der ersten Bohrung in Offen­
bach an der Queich 2004 ge­
sammelt hat: Seit damals
waren alle Bohrungen fündig,
und man hat gelernt, mit Risi­
ken umzugehen oder sie ganz
zu vermeiden.
Fortschritte in Bohr- und
Kraftwerkstechnik werden ge­
macht und auch umgesetzt.
Falls im Hintergrund der Fra­
ge die Erdbebenaktivitäten
von Basel und Landau ste­
hen: Diese können eher mit
dem Stimulationskonzept
bzw. dem Produktionsregime
in Verbindung gebracht wer­
den. Es gibt vielfältige For­
schungsaktivitäten, um indu­
zierte Seismizität so weit wie
möglich zu vermeiden (siehe
z. B. www.geiser-fp7.fr).
Das kann man nicht grund­
sätzlich sagen. Neben der
Bohrtechnik muss die Geo­
logie des Untergrundes stim­
men. In Brühl hat man das
z. B. unterschätzt und zwei
Bohrer abgerissen. Folge:
Blockade des Bohrlochs. In
Landau wurden vom Bohr­
team dilettantische Fehler
gemacht. In Basel hat man
entgegen der gängigen Er­
fahrung mit zu viel Druck ge­
arbeitet und Erdbeben aus­
gelöst.
In manchen Regionen können
aufgrund der geologischen
Gegebenheiten nur petrother­
male, in anderen auch hydro­
thermale Systeme erschlos­
sen werden. In beiden Fällen
ist es wichtig, dass nach
dem Stand der Technik vorge­
gangen wird und die geologi­
schen Bedingungen berück­
sichtigt werden. Dies wird in
Deutschland durch qualifi­
zierte Bergbehörden sicher­
gestellt.
Hydrothermale Geothermie
ist eingeführt und Stand der
Technik mit jahrzehntelanger
Erfahrung in allen geeigne­
ten Regionen Deutschlands.
32 Anlagen sind in Betrieb.
Petrothermale Technologien
werden aktuell international
weiterentwickelt und sollen
künftig das große Wärmepo­
tenzial, das in den Gesteinen
gespeichert ist, für den Men­
schen zugänglich machen.
Petrothermale Geothermie ist
die Zukunft.
Bei hydrothermaler Geo­
thermie wird vorhande­
nes warmes Wasser an die
Oberfläche gefördert. Bei pe­
trothermaler Geothermie ist
im Allgemeinen kein Was­
ser in den tiefen, warmen
Gesteinsschichten vorhan­
den, sondern Wasser wird
in den Untergrund gepumpt
und nach der Erwärmung an
die Oberfläche gefördert und
genutzt. Die anzuwendende
Technologie hängt wesent­
lich von den örtlichen geologi­
schen Bedingungen ab.
Findet man in der Tiefe kein
Wasser, geht man petrother­
mal vor und leitet Wasser von
der Oberfläche in die Boh­
rung ein. Dieses Wasser wird
dann durch heißes Gestein
geleitet und wieder gefördert.
Beim hydrothermalen Verfah­
ren wird heißes Wasser di­
rekt gefördert. Bei beiden
Verfahren sind seismische
Risiken durch Einspeisege­
schwindigkeit, -druck, -men­
ge und die Dauer nicht auszu­
schließen.
Als grundlastfähige Ener­
gieversorgung hat Geother­
mie eine Reihe von Vorzügen.
Geothermie steht rund um
die Uhr zur Verfügung. Durch
den geringen Landschafts­
verbrauch ist die Tiefengeo­
thermie eine interessante Al­
ternative, die z. B. weitaus
umweltfreundlicher ist als die
Verstromung unserer heimi­
schen Braunkohle. Geother­
mie alleine wird jedoch nicht
für die Energiewende ausrei­
chen.
Um ganz Deutschland, Eu­
ropa und die Welt regenera­
tiv zu versorgen, ist ein Mix
aller Erneuerbaren Energien
notwendig. In Deutschland
hat Geothermie in der Wär­
me- und Kälteversorgung und
in der Stromerzeugung eine
unverzichtbare Rolle: Von al­
len Erneuerbaren kann nur
Geothermie große Mengen
an Energie schwankungsfrei
rund um die Uhr zur Verfü­
gung stellen und so das Sys­
tem stabil halten.
2013 wurde für die Erzeu­
gung von Wärme mehr als die
Hälfte des Energieverbrauchs
in Deutschland aufgewendet.
Für eine jederzeit und prinzi­
piell an jedem Ort verfügba­
re Wärmebereitstellung gibt
es keine Alternative zur Geo­
thermie. Ob diese dann auch
wirtschaftlich sinnvoll darge­
stellt werden kann, ist, wie
bei allen anderen Energieträ­
gern, eine Frage von vielen
weiteren Faktoren. Stichwort:
Energiemix!
Solange mögliche Gefah­
ren, z. B. Erdbeben, Explosi­
ons- und Vergiftungsgefahr,
Radioaktivität und gesund­
heitsschädlicher Lärm, nicht
beherrschbar sind, sollte auf
Tiefengeothermie verzich­
tet werden. Wir verschenken
Strom ins Ausland. Schalten
Windräder ab. Photovoltaik
mit Speichern und mehr ener­
getische Gebäudesanierun­
gen sind Alternativen.
Besonders geeignet sind Ge­
biete, bei denen die Tempe­
ratur mit der Tiefe besonders
rasch ansteigt. Dazu gehören
unter anderem die Molasse
(z. B. Münchner Raum), der
Rheingraben und Regionen in
der Norddeutschen Tiefebe­
ne. Mit der heutigen Techno­
logie sind sicher nicht alle
Gebiete für den Einsatz von
Geothermie wirtschaftlich.
Bei allen Planungen müssen
die örtlichen Gegebenheiten
detailliert untersucht werden.
Die geothermisch heißeste
Region ist der Oberrheingra­
ben, er ist hervorragend ge­
eignet. In Deutschland hat
auch die bayerische Molas­
se in und um München eine
erfolgreiche und lange Tradi­
tion. Mittels petrothermaler
Verfahren sind andere Regio­
nen für die Stromerzeugung
zu erschließen. Geothermi­
sche Wärmeversorgung mit
Thermalwasser oder Erdson­
den funktioniert bereits jetzt
fast überall.
Tiefe Sedimentbecken mit
warmwasserführenden
Schichten (Pariser Becken,
Nordostdeutsches Becken,
Molassebecken, Pannoni­
sches Becken etc.) sowie der
Rheingraben o. ä. sind grund­
sätzlich geeignet. Ältere
Grundgebirgsstrukturen (z. B.
Mittelgebirge) sind beim der­
zeitigen Stand der Technolo­
gien schwieriger zu erschlie­
ßen.
Im Großraum München (Mo­
lasse) wird eine hohe Eig­
nung behauptet. Dem stehen
erste Folgewirkungen ent­
gegen. Grundwasser mischt
sich mit belastetem Tiefen­
wasser. Ob der Oberrheingra­
ben allein wegen der hohen
Wassertemperatur geeig­
net ist, ist mehr als fragwür­
dig. Hier gehören die geologi­
schen Rahmenbedingungen
und die damit verbundenen
technischen und ökologi­
schen Gefahren auch dazu.
Eine Beweislast­umkehr
kann helfen, dass schnell
und unbürokratisch Schä­
den beglichen werden; einen
ähnlichen Weg hat BadenWürttemberg bei einem Tie­
fengeothermieprojekt (Brühl)
bereits erfolgreich beschrit­
ten: mit einer Versicherungs­
lösung, begleitet durch Om­
budsleute, um eine rasche
Schadensregulierung zu ge­
währleisten.
Die Bevölkerung wird durch
verschiedenste Maßnahmen
geschützt, zuallererst durch
die Vermeidung von Schä­
den durch exzellente Planung
und Konstruktion. Auch die
Beweislastumkehr, wenn wi­
der Erwarten Schäden auf­
treten, gehört dazu, ebenso
deren schnelle und einfache
Abwicklung. Wenn überhaupt,
sind nur Kleinstschäden zu
erwarten. Wäre es anders,
würden Behörden keine Geo­
thermie-Anlagen zulassen.
Hierzu kann ich keine Anga­
ben machen, da mir die juris­
tischen Hintergrundinformati­
onen fehlen.
Wir befürworten nicht nur die
Beweislastumkehr, sondern
fordern auch Nachweise aus­
reichender Versicherungen
der Bohrfirmen. Neben Sach­
schäden sind auch mögliche
Umweltschäden abzusichern.
Die Risiken können nicht bei
der öffentlichen Hand und
den Bürgern verbleiben. Wie
wird bei naheliegenden Kraft­
werken (Graffenstaden –
Neuried) die Haftung verteilt?