Advisory Breitband für Österreich Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT 26. Juni 2015 Inhalt 1 2 3 4 5 6 7 8 Kernaussagen Auftrag und Vorgehensweise PwC Ziele & Breitband-Technologien Aktueller Breitbandausbau Antizipation der Nachfrage Zwischenfazit: Technologiemix! Fördermix Mittelherkunft 8.1 Förderinstrumente 8.2 Fördermaßnahmen 8.3 Fazit 9 Föderalismus und Strategien der Bundesländer 10 Exkurs Daseinsvorsorge 11 Organisation und Umsetzung 12 Internationale Beispiele Seite 1 3 5 11 20 24 27 37 39 43 48 52 62 68 75 Inhalt Appendices 1 Rechtliche Grundlagen Seite 91 Kapitel 1 Kernaussagen Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 1 Kapitel 1 – Kernaussagen Bedarfsentwicklung und Nachfrage Entwicklung Bedarf Eine qualitativ hochwertige Breitbandverbindung für Unternehmen wird in Zukunft noch wichtiger, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Ausgangssituation Status quo Zielsetzung Die Kupferdoppelader ist weit verbreitet. Aufgrund der geringeren Bandbreite führt dies zu keinem Spitzenplatz im internationalen Vergleich. Der Glasfaserausbau bis hin zum Kunden ist im internationalen Vergleich auf einem niedrigen Niveau. Das Breitbandziel des BMVIT inkludiert das Ziel der digitalen Agenda der EU und geht darüber hinaus. Die progressive Nachfrageentwicklung nach höheren Breitbandgeschwindigkeiten wird sich weiter fortsetzen. Problemfeld Die österreichischen Unternehmen nutzen eine Vielzahl von Onlineanwendungen, welche auf dem Land nur eingeschränkt genutzt werden können. Strategie und Umsetzung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Umsetzung Die optimale Förderstrategie setzt öffentliche Mittel effizient ein und stellt schnelle Erfolge nicht vor das langfristige Ausbauziel. Eine Kombination verschiedener Instrumente scheint zu diesem Zeitpunkt am besten geeignet. Strategie Gefördertes, evolutionäres Wachstum durch Glasfaserausbau führt über Brückentechnologien hin zu einer bedarfsorientierten, flächendeckenden Glasfaserverbreitung 26. Juni 2015 2 Kapitel 2 Auftrag und Vorgehensweise PwC Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 3 Kapitel 2 – Auftrag und Vorgehensweise PwC Auftrag und Vorgehensweise PwC Advisory Services GmbH (in weiterer Folge PwC) wurde beauftragt aus internationalen Modellen BestPractice-Aspekte zu exzerpieren und in Form einer Evaluierung für das BMVIT aufzubereiten. Basis für diese Evaluierung ist die durch das BMVIT vorgegebene Breitbandstrategie 2020 mit der Zielsetzung der nahezu flächendeckenden Verfügbarkeit von Anschlüssen mit 100 Mbit/s bis 2020 und der durch das BMVIT entwickelte Masterplan für die Förderung des Breitbandausbaus in Österreich, mit den drei Phasen und drei aufeinander abgestimmten Instrumenten. Die Ergebnisse der Evaluierung sollen daher einen Beitrag leisten, diesen Masterplan und die darauf aufbauenden Instrumente im Anschluss weiter zu konkretisieren. Folgende Leistungen sind nicht Bestandteil des Auftrags: • Quantitative Vergleichsführung, beispielsweise in Form von Finanzmodellen • Rechtsberatende Tätigkeiten • Kritische Würdigung der bisherigen Breitbandinitiative „BBA 2013“ Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 4 Kapitel 3 Ziele & Breitband-Technologien Kapitel-Aussage: Es gibt zur Zeit mehrere Brückentechnologien, die innerstädtisch NGA-Kapazitäten aufweisen, jedoch ist Glasfaser eindeutig das Ausbauziel. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 5 Kapitel 3 – Ziele & Breitband-Technologien Das Breitbandziel des BMVIT inkludiert das Ziel der digitalen Agenda der EU und geht darüber hinaus. Um die österreichische Förderstrategie (Ziele des BMVIT) beim Breitbandausbau durchführen zu können, müssen objektive und messbare Zielsetzungen für Förderprogramme definiert werden. Diese sollten sich selbstverständlich nach den nationalen Gegebenheiten, also vor allem nach der derzeitigen Versorgungssituation, richten. Da bei der Breitbandförderung jedoch neben Bundesmitteln auch Fördermittel aus den europäischen Strukturfonds eingesetzt werden können, müssen auch die europäischen Zielsetzungen der digitalen Agenda eingehalten werden, die jedoch ohnehin unter den Zielen des BMVIT angesiedelt sind. Die Ziele und Vorgangsweisen der einzelnen Bundesländer unterscheiden sich teilweise von denen des Bundes. Über 85% der österreichischen Bevölkerung verfügen derzeit über einen Breitbandzugang, jedoch mit niedrigen Geschwindigkeiten. Breitband beginnt bereits ab >2 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit. Geplant ist, bis 2020 alle Haushalte nach Möglichkeit mit einem Zugang von zumindest 30 Mbit/s (superschnelles Breitband) zu versorgen. Gemäß Zielsetzung des BMVIT sollen dann nahezu alle Haushalte mindestens 100 Mbit/s (ultraschnelles Breitband) nutzen können. EU-Ziele für 2020 BMVIT-Vision für 2020 100 Mbit/s für 50% der Bevölkerung Ab 30 Mbit/s Downloadleistung spricht man von NGATechnologie (Next Generation Access) 100 Mbit/s für 100% der Bevölkerung 30 Mbit/s für 100% der Bevölkerung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 6 Kapitel 3 – Ziele & Breitband-Technologien Aktuell ist eine Vielzahl von Technologien in der Lage die EU-Ziele zu erreichen. Satellit Funkbasierte Lösungen* Kann entlegene Gebiete versorgen, ist jedoch langsamer im Vergleich zu anderen Breitbandtechnologien. Satellit WLAN (IEEE 802.11X) Telefonnetz (VDSL 2-Vectoring) Flächendeckende Verfügbarkeit mit relativ hoher Bandbreite. Jedoch stark von der Entfernung abhängig. Kostengünstige Brückenlösung, jedoch kommt es leicht zu Empfangsstörungen. Alle Teilnehmer teilen sich die Bandbreite. Das langfristige Ziel von 100 Mbit/s wäre durch WiMAX erreichbar. WLAN Telefonnetz (Kupferdoppelader) Technologie Mobilfunk (LTE) Kabelnetz (DOCSIS 3.0) Umstellung auf digitale Modulationsverfahren vergrößert Kapazitäten der Datenübertragung. Bietet für die Zukunft noch Verbesserungsmöglichkeiten. Diese Kabelmodemtechnologie gibt es nur in Städten und nicht im ländlichen Raum. Mobilfunk Kabelnetz (Koaxialkabel) Glasfaser (FTTH) Modernste Mobilfunktechnologie, jedoch mit niedriger tatsächlicher Kapazität. Für ländliche Bevölkerung besonders interessant. Bandbreite ist unter anderem von eingebuchten Nutzern sowie der Entfernung abhängig. Glasfasernetz Trägermedium der Zukunft, da hohe Geschwindigkeit, praktisch kein Leistungsabfall auf Distanz sowie mit symmetrischer Bandbreite (gleiche Up-/Downloadgeschwindigkeit). Kabelgebundene Lösungen* *Aktuell schnellste Variante bzw. Methode jeweils in Klammer Quelle: PwC-Analyse Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 7 Kapitel 3 – Ziele & Breitband-Technologien Kabelgebundene Breitbandtechnologien bieten eine vergleichsweise hohe Übertragungsgeschwindigkeit. Als Technologie mit nahezu unbegrenzter Übertragungskapazität gilt die Glasfasertechnologie. Bereits heute sind Übertragungsgeschwindigkeiten von rund 1 Gbit/s realisierbar. Abhängig von der lückenlosen Verbreitung der Infrastruktur sind in Zukunft noch höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich. Stärkster Wettbewerber von Glasfaser in punkto Geschwindigkeit ist DOCSIS 3.0. Dies wird von Kabel-TV-Anbietern über Koaxialkabel angeboten. Dadurch können Bandbreiten von bis zu 320 Mbit/s erreicht werden. Nach Angaben des Mobilfunkdienstleisters UPC wurde bereits ein Großteil ihrer Netze mit DOCSIS 3.0 erweitert. Zukünftig wird DOCSIS noch weiter aufgerüstet werden. DOCSIS 3.1 weist dabei theoretische Bandbreiten bis zu 10Gbit/s auf. Da diese Technologie derzeit aber noch nicht angeboten wird, berücksichtigt diese Evaluierung nur DOCSIS 3.0. Als Brückentechnologien sind VDSL2(-Vectoring) sowie DOCSIS 3.0 die Wegbereiter hin zu Glasfaser, die (neben dieser) die derzeit schnellsten sowie am weitesten verbreiteten Technologien sind. VDSL2(-Vectoring) sowie DOCSIS 3.0 können von der EU gefördert werden und nutzen kurz- bis mittelfristig die Glasfasernetze, um ihre Geschwindigkeiten durch Upgrades zu erhöhen. Maximale Download- und Uploadgeschwindigkeiten einzelner Übertragungstechnologien >1.400 Brückentechnologien sind als Zwischenlösungen hin zum vollen Glasfaserausbau gedacht 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 in MBit/s 12 1 ADSL 2 Download speed 25 1 ADSL 2+ 52 11 100 35 >300 >200 VDSL VDSL2 Vectoring DOCSIS 3.0 Glasfaser Upload speed Quelle: PwC-Analyse Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 8 Kapitel 3 – Ziele & Breitband-Technologien Glasfaser ist die Basis für den Ausbau von Brückentechnologie und bietet mit Abstand die höchstmögliche Verbindungsgeschwindigkeit. Downloadrate in Mbit/s Die auf Kupfertechnologie basierenden Übertragungstechnologien (DSL) sind die am weitesten verbreiteten Breitbandtechnologien in Österreich. Jedoch stoßen diese hinsichtlich der realisierbaren Bandbreiten an ihre Grenzen. Lediglich VDSL2-Vectoring ist in der Lage Übertragungsraten von bis zu 100 Mbit/s zu erreichen. Diese Geschwindigkeit ist jedoch von der Entfernung des empfangenden Haushalts vom Hauptverteiler bzw. Kabelverzweiger abhängig. Für den NGA brauchbare Geschwindigkeiten können nur bis zu einem maximalen Abstand von ca. 300 m erreicht werden. Um VDSL2-Vectoring anbieten zu können, muss das Verteilernetz des Anbieters mit Glasfaserkabel aufgerüstet sowie der Abstand zwischen Haushalt und Hauptverteiler durch zusätzliche Kabelverzweiger reduziert werden. DOCSIS 3.0 Downloadgeschwindigkeiten und Leitungsentfernung erfordert für den Backhaul bzw. Backbone ebenso Glasfaser vs. Kupferdoppelkabel Glasfaser. Glasfaser/FTTH Durch gleichzeitige Beanspruchung der Bandbreite 1.000 durch mehrere Anwendungen kommt es zu >300 160 Verbindungsvolatilitäten und demzufolge zu DOCSIS 3.0* möglichen Verbindungsabbrüchen/-störungen. 100 VDSL2Glasfaser und DOCSIS 3.0 zeigen jedoch praktisch Vectoring 50 keine Leistungsverluste in Abhängigkeit zur Leitungslänge und bieten deshalb eine stabile VDSL 20 Verbindung. Glasfaser hat mit Abstand die höchste ADSL2 Bandbreite aller Technologien/Trägermedien + 0 0.3 1.0 1.5 3.0 5.0 (außerhalb der Skala). Abstand in km Quelle: PwC-Analyse *Info: Geschwindigkeit stark abhängig von Useranzahl auf einem Verteiler Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 9 Kapitel 3 – Ziele & Breitband-Technologien Der Glasfaserausbau wird durch die steigende Nachfrage getrieben und muss durch Fördermaßnahmen unterstützt werden. Nachfragetreibend Ausschlaggebende Faktoren SchlüsselBemerkungen Einfluss auf Glasfaserausbau Unterstützend Ausschlaggebend Politisch Politisch Ökonomisch Sozio-ökonomisch Technologisch • Steigende Nachfrage der Haushalte und Unternehmen • Steigende Anforderungen an Übertragungsvolumina • Fördermaßnahmen des Staates • Attraktive Renditen locken Betreiber • Durch die hohe Breitbandpenetration* in der Gesamtbevölkerung (>85%) ist eine geringe Anzahl zusätzlicher Haushalte zu erwarten. • Wachstum findet jetzt im Bereich 30-100 Mbit/s statt, wird sich mittel- bis langfristig jedoch in den Bereich >100 Mbit/s verschieben. Dieser wird durch Glasfaser gestützt. • Derzeit ist nicht antizipierbar, wann genau jene Kapazitäten nachgefragt werden, die nur mehr Glasfaser liefern kann. • Brückentechnologien entsprechen zur Zeit der Nachfrage und benötigen Glasfaser im Backhaul bzw. Backbone. • Gezielte, klare und ausreichend hohe Fördermaßnahmen sind nötig, um strukturschwache und kommerziell nicht darstellbare Gebiete auszubauen. • Investitionen der Betreiber finden zurzeit hauptsächlich im Bereich der Brückentechnologien statt. • Aufgrund der notwendigen Aufrüstung der Verteilernetze werden weiterhin hohe Fördermaßnahmen für Glasfaser notwendig sein, um den ländlichen Ausbau attraktiv zu machen. Niedrig Neutral Hoch Niedrig Neutral Hoch Niedrig Neutral Hoch Niedrig Neutral Hoch Quelle: PwC-Analyse *Info: Breitband beginnt ab 2 Mbit/s Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 10 Kapitel 4 Aktueller Breitbandausbau Kapitel-Aussage: Laut internationalem Vergleich besteht noch Nachholbedarf beim Glasfaserausbau, vor allem in der Breite aber auch in der Tiefe. & Die reale durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit führt schon heute zu Engpässen beim durchschnittlichen Verbraucher. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 11 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Die Kupferdoppelader ist weit verbreitet; aufgrund der geringeren Bandbreite führt dies zu keinem Spitzenplatz im internationalen Vergleich. Hinsichtlich xDSL/Kupferdoppeladernetz und Mobilfunk ist Österreich de facto vollversorgt. Somit ist ein niedrigvolumiger Breitbandanschluss in Österreich so gut wie flächendeckend verfügbar (siehe Tabelle links unten). Österreich nimmt in der mobilen Breitbandverbreitung eine führende Position in Europa ein. Auch die Nutzung des mobilen Internets auf dem Land sowie innerhalb des Wohnraumes sticht heraus. Aufgrund der hohen Marktpenetration findet jedoch kaum mehr Wachstum statt, sondern hauptsächlich eine Verbesserung der Breitbandgeschwindigkeit. Österreich hat sich im Vergleich zum Vorjahr um einige Plätze im globalen Ranking der durchschnittlichen InternetVerbindungsgeschwindigkeiten verbessert. Österreich hat aber nur ein geringes prozentuales Wachstum beim NGA und muss deshalb achtgeben, nicht den technologischen Anschluss zu verlieren. Übersicht der Zugangstechnologien Ranking: Internet Durchschnittsgeschwindigkeit Globales Ranking Land Q1-2014 Durchschn. Mbit/s Vierteljährliche Änderung Jährliche Änderung 1 Schweiz 12,7 5,8% 26% 2 Niederlande 12,4 0,3% 28% 3 Schweden 11,6 6,6% 30% BreitbandZugangstechnologie Verfügbarkeit (in % der Bevölkerung) … … … … … 11 Österreich 9,4 <0,1% 22% Kupferdoppelader (xDSL) >99% … … … … … Koaxialkabel (DOCSIS) ~50% 24 VAE 4,3 3,0% -27% 25 Südafrika 2,6 11% Mobilfunk (UMTS/HSPA/LTE) ~95% Quelle: Akamai Speed Report, 2014 Quelle: RTR GmbH, 2012 Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 12 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Der Glasfaserausbau bis hin zum Kunden ist im internationalen Vergleich auf einem niedrigen Niveau. Anteil der Glaskabelverbindungen* am Breitband-Internetverkehr je Land Länder Japan Südkorea Schweden Estland Slowakei Norwegen Island Slowenien Tschechische Republik Portugal Dänemark Ungarn Türkei Luxemburg Schweiz Vereinigte Staaten Niederlande Spanien Polen Kanada Chile Neuseeland Australien Finnland Italien Frankreich Österreich Mexiko Deutschland Irland 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 0% Quelle: OECD, 2014 *Info: FTTH & FTTB 71,5% 66,3% 40,7% 34,1% 32,6% 28,0% 22,8% 21,5% 21,0% 20,5% 19,8% 15,7% 15,6% 11,4% 9,0% 8,8% 8,5% 7,7% 4,0% 3,9% 3,8% 3,5% 3,3% 3,2% 3,0% 2,9% 1,3% 1,2% 1,1% 0,4% 10% 20% 30% 40% Im internationalen Vergleich liegt Österreich beim Anteil der direkt auf Glasfaser basierten Anschlüsse weit zurück. Die Nachfrage nach mehr Übertragungskapazitäten wird mit der Entwicklung von Diensten steigen, welche eine hohe Bandbreite benötigen. 50% 60% 70% 80% Anteil in % Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 13 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Hohe Wachstumsraten bei der Anzahl an Breitbandanschlüssen zwischen 30 bis 100 Mbit/s, niedriges Wachstum im Bereich>100 Mbit/s. Die Nachfrage nach ultraschnellem Breitband ist in den letzten Jahren nur langsam gestiegen. Solange Applikationen nicht gleichzeitig genutzt werden, ist der Bandbreitenbedarf nur auf einzelne Applikationen begrenzt. Es ist ersichtlich, dass der Großteil der Breitbandanschlüsse über Geschwindigkeiten unter 30 Mbit/s verfügt. Die höchste durchschnittliche Steigerung der Anschlusszahlen fand mit 99% im Bereich 30 bis 100 Mbit/s zwischen 1.Q 2012 und 3.Q 2014 statt. Quartal Endkundenbreitbandanschlüsse nach Bandbreite (Festnetz) 3.Q 2014 1000 714 334 2.Q 2014 999 703 315 41 1.Q 2014 1003 696 294 41 4.Q 2013 1003 677 3.Q 2013 991 -3,3% 2.Q 2013 1025 654 +26% 273 253 40 40 622 +99% 225 38+27% 207 36 1.Q 2013 1034 609 4.Q 2012 1031 589 3.Q 2012 1027 583 2.Q 2012 1018 577 154 32 1.Q 2012 1034 567 168 34 0 43 190 35 170 34 Die Nachfrage nach Anschlüssen bis zu 10 Mbit/s stagniert. Sie bildet zurzeit jedoch die verbreitetste Anschlussart. Die Anschlussarten im Bereich 10 bis 100 Mbit/s wachsen stabil. Die Zahl an Anschlüssen mit >100 Mbit/s wächst nur langsam und befindet sich auf einem niedrigen Niveau. Der jetzige Trend im Bereich der Anschlüsse mit 30 bis 100 Mbit/s wird mittel- bis langfristig in eine erhöhte Nachfrage nach >100 Mbit/s übergehen, gestützt durch das Angebot neuer Dienste. 1000 2000 Anzahl in Tausend ≥ 10 Mbit/s bis < 30 Mbit/s ≥ 30 Mbit/s bis < 100 Mbit/s ≥ 100 Mbit/s > 2 Mbit/s bis < 10 Mbit/s Quelle: RTR GmbH, 2014 Info: Das Wachstum im Bereich 30 - 100 Mbit/s wird durch die Kabelverlegung in Neubauten unterstützt Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 14 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Der typische Breitbandbedarf von Privatpersonen ist heute mit 50 Mbit/s Geschwindigkeit abgedeckt. Eine Analyse der durchschnittlich benötigten Bandbreite österreichischer Haushalte hat ergeben, dass einerseits die benötigte Bandbreite weiterhin stark ansteigen wird, andererseits jedoch eine Nachfrage nach Bandbreite von mehr als 50 Mbit/s heute nicht darstellbar ist. Der unten markierte Bereich von 1 Mbit/s bis 50 Mbit/s zeigt, dass im Moment 90% der Funktionen für Privatanwender damit abgedeckt sind. Dies gilt auch für Internetzugänge über das öffentliche Mobilfunk-netzwerk wenngleich die aktuell angepriesenen Spitzen von 150 Mbit/s im Download eher einem Ideal denn der Realität gleichkommen. Die weitere Verbreitung von LTE-fähigen Endgeräten wird darüber hinaus zeigen, wie LTE als „shared medium“ den Bedürfnissen der Anwender gerecht werden kann (was grundsätzlich auch für DOCSIS und VDSL gilt). Übersicht der Nutzungsmöglichkeiten Privatanwender-Bereich 100 Mbit/s 50 Mbit/s -IPTV (HD) -Multiples VideoStreaming -IPTV (SD) -E-Health -Web-Video (HD) -Telearbeit mit -Videokonferenzen -Cloud-Anwendungen Cloud-Nutzung -Anlagen (Fernwartung) -Software as-a-Service 16 Mbit/s 1 Mbit/s -Virtual Reality Gaming -E-Health (Serverdienste) -Symmetrisches Cloud Computing -Dateitransfer (GB-Bereich) 1 Gbit/s -UHD-Streaming (4K-Definition) -Telemedizin (Gerätefernsteuerung) -Forschungsanwendung -Dateitransfer (TB-Bereich) -Komfortables Surfen im Web -VoIP -Musik-Streaming -Web-Video (SD) -Einfache Telearbeit Quelle: PwC-Analyse, DE Breitband-Monitoring-Bericht 2013 Es ist evident, dass Brückentechnologien aktuell noch von Providern ausgebaut werden und dies nachfragegerecht geschieht. So rüsten einige Betreiber vergleichsweise kostengünstig ihre DOCSIS 3.0- und VDSL2Vectoring-Technologien auf, um höhere Geschwindigkeiten anbieten zu können. Dies geschieht aus Rentabilitätsgründen hauptsächlich im urbanen Raum. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Jede Anwendung jenseits 100 Mbit/s braucht Glasfaser, um stabil zu funktionieren. 26. Juni 2015 15 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Die realen Zugangsgeschwindigkeiten bewegen sich in Österreich im Schnitt deutlich unter 15 Mbit/s und sind geringer als der jetzige Bedarf. Reale Downloadrate im Länder-Vergleich 32,7 Korea 13,3 Japan Niederlande 32,5 12,0 11,0 Schweiz 31,0 11,0 11,0 Tschechien Land 29,5 19,0 12,0 18,1 6,9 Österreich 5,8 Neuseeland 4,6 Australien 1,7 Türkei 15,2 8,1 9,3 2,4 - 12,6 2,9 8,0 2,7 2,4 Mexiko 15,2 8,1 6,1 5,8 Chile 9,8 Neben Österreich sind die 5 ersten und 5 letzten Länder im globalen Ranking der Downloadgeschwindigkeiten aufgeführt. Österreich ist im Mittelfeld der Zugangsgeschwindigkeiten. Das Ergebnis wurde durch private Dienstleister ermittelt. Brückentechnologien mit relativ hohen Breitbandgeschwindigkeiten verzögern die Verbreitung der Glasfaser. Jedoch ist die große Volatilität hinsichtlich der real verfügbaren Geschwindigkeiten bezeichnend für das derzeitige Niveau der Brückentechnologien. 9,2 3,6 5 10 15 Mbit/s 20 25 30 35 Es besteht somit eine Lücke zwischen der theoretischen und praktischen Anschlussgeschwindigkeit. Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit Ookla Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit M-Lab Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit Akamai Quelle: Akamai, M-Lab und Ookla, 2013 Info: Speed-Test-Ergebnisse sind gerundet. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 16 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Die reale Breitbandverfügbarkeit ist zu Stoßzeiten und bei Mehrfachnutzung schon heute nicht ausreichend für einen durchschnittlichen Internet-Haushalt. Die reale, durchschnittliche Übertragungsgeschwindigkeit österreichischer Haushalte beträgt rund 10 Mbit/s. Der unten dargestellte Breitbandbedarf eines durchschnittlichen Haushaltes mit 3 Personen basiert auf Telefon (Mobil/Festnetz), TV sowie Computer. Je Gerät ist in der Grafik die breitbandintensivste Nutzungsmöglichkeit hervorgehoben. Bei gleichzeitiger Nutzung des Breitbandanschlusses durch einen 3-köpfigen Haushalt (je Person ein Endgerät) beträgt der Breitbandverbrauch kumuliert 17,5 Mbit/s im Download sowie 8,5 Mbit/s im Upload. Hinzu kommt, dass zu Stoßzeiten (abends, am Wochenende) die für den einzelnen Haushalt verfügbare Bandbreite der so genannten „shared medien“ Mobilfunk und Koaxialkabel durch gleichzeitige Nutzung weiter abnimmt und somit der typische Verbrauch einer Familie schon heute bei Weitem nicht gedeckt ist. 1,5 Mbit/s 3 Mbit/s 5 Mbit/s 6 Mbit/s P2P Filesharing Browsing Videokonferenz Face-Time/Skype (HD) 5 Mbit/s 5 Mbit/s 1,5 Mbit/s 3 Mbit/s 1 Mbit/s 6 Mbit/s Text Upload Speed Download Speed Quelle: PwC-Analyse 3-Personen-Haushalt (Konstellation entspricht rund 50% der österreichischen Familien) Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Online-Videospiele IP-TV (HD) 2 Mbit/s 10 Mbit/s Kumulierter Bandbreitenbedarf Bei simultaner Nutzung (Laptop, Telefon, Fernseher) Up: 8,5 Mbit/s Down: 17,5 Mbit/s 26. Juni 2015 17 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Eine qualitativ hochwertige Breitbandverbindung für Unternehmen wird in Zukunft noch wichtiger, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Laut Wirtschaftskammer Österreich ist die Wirtschaftsstruktur in Österreich traditionell kleinbetrieblich aufgestellt. Von den rund 300.000 Unternehmen haben fast 90% 1 bis 9 Angestellte. Viele dieser Unternehmen liegen in ländlichen Gegenden und sind auf eine Breitbandanbindung angewiesen, um im regionalen sowie internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Laut Datenverkehrsprognose (2013) von Cisco Systems, beträgt die kumulierte durchschnittliche Wachstumsrate der betrieblichen Breitbandnachfrage in Westeuropa zwischen 2013 und 2018 16%. Für Unternehmen ist mehr noch als für private Endnutzer die Qualität der Netzanbindung ausschlaggebend. Mobilfunk ist daher für Unternehmen 2. Wahl. Die Unternehmenslandschaft kleiner Betriebe in Österreich ist heterogen. So benötigt zum Beispiel die Hotellerie eine hohe Bandbreite und Stabilität für vielfach gleichzeitige Kundennutzung – unter anderem zur Pflege der Onlinepräsenz sowie dem Funktionieren des Buchungssystems. Bei einem Handwerksbetrieb sind die Systeme vom Umfang sowie Anspruch her weniger auf bandbreitenintensive Onlineaktivitäten ausgelegt. Ein schlecht ausgebautes Breitbandnetzwerk kann zu Störungen führen und somit existenziell bedrohlich sein. Generell kann gesagt werden, dass auch österreichische Kleinstunternehmen eine stabile Breitbandanbindung zumindest in der Leistungsfähigkeit der NGA-Technologien benötigen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 18 Kapitel 4 – Aktueller Breitbandausbau Die österreichischen Unternehmen nutzen eine Vielzahl von Onlineanwendungen, welche auf dem Land nur eingeschränkt genutzt werden können. Der Breitbandbedarf ermittelt sich aus einer Kombination der benötigten Bandbreite je Anwendung sowie der Menge der gleichzeitig genutzten sowie onlineverbundenen Anwendungen innerhalb des Unternehmens. So sind Onlinesicherungen (Cloudlösung), E-Mail/Dateiversand, Online- (Video-)Telefonie, Web-Anwendungen, Websitenutzung, CRM sowie andere Managementsysteme weit verbreitet. Für die Datensicherung eines kleinen Unternehmens werden über eine Cloudanwendung mindestens 5 Mbit/s an realer Uploadbandbreite benötigt. Die benötigten Downloadraten liegen bei einem vielfachen Wert davon. Diese Geschwindigkeit wird heutzutage auf dem Land oftmals nicht angeboten. Die größten Datenmengen werden für Medien (Videos, Bilder, Prospekte etc.) benötigt. Unternehmerische Anwendungsmöglichkeiten E-Commerce • • VOIP • • • Kundenbetreuung Homepagepflege Home Office Datenaustausch mit Kunden, Lieferanten Zugriff auf externen Speicher Quelle: PwC-Analyse • • • (Video-)Konferenzen Hotline-Betrieb Normaler Telefonanschluss VPN • • • • Cloud/Back-ups Datenauslagerung Auslagerung von Systemen Pflege externer Daten Webanwendungen • Text • • Managementsysteme (CRM etc.) Online-Banking Fernwartung/-steuerung 5 Personenbetrieb ist Durchschnitt Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 19 Kapitel 5 Antizipation der Nachfrage Kapitel-Aussage: NGA-Netze mit ultrahoher Kapazität (>100 Mbit/s) sind schon mittelfristig notwendig Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 20 Kapitel 5 – Antizipation der Nachfrage Die progressive Nachfrageentwicklung nach höheren Breitbandgeschwindigkeiten wird sich weiter fortsetzen. Die nachfolgende Grafik zeigt eine Extrapolation der Breitbandnachfrage bis zum Jahre 2025 mit drei unterschiedlichen Zuwachsraten (30%, 40% und 50%). Die heute schnellsten kabelgebunden Brückentechnologien, VDSL2-Vectoring und DOCSIS 3.0, sind samt maximaler Downloadgeschwindigkeit aufgeführt. Gegen Ende 2015 wird laut A1 Telekom G.fast als Nachfolgetechnologie für VDSL2 eingeführt. Das durchschnittliche Wachstum des jährlichen Breitbandangebots von 50% nach Nielsen’s Law* hat sich die letzten 3 Jahrzehnte bewahrheitet. Die technologischen Grenzen für VDSL2 und DOCSIS 3.0 werden von privaten High-End Usern heute bereits erreicht. Diese Grenzen liegen realistisch bei rund 100 Mbit/s. Es ist zu beachten, dass die eingezeichneten Leistungsgrenzen einem technischen Optimalwert entsprechen. Steigerungsrate: Verfügbare Breitbandgeschwindigkeit 1000 50% 40% Leistungsgrenze für G.fast* bei 450 Mbit/s Mbit/s 750 Leistungsgrenze für VDSL2-Vectoring & DOCSIS 100-160 Mbit/s 30% 500 250 0 2010 2015 Jahr 2020 2025 *Nielsen’s Law … besagt, dass die höchsten von Providern angebotenen Datenraten im Privatanwenderbereich jährlich um 50% wachsen. Ermittelt wird dies durch Geschwindigkeitstests des Breitbandnetzes durch einen Modem-Speed-Test. Somit ergibt sich ein progressiver Geschwindigkeitszuwachs der Bandbreite. Nachgefragt wird diese Bandbreitensteigerung von High-End Usern. Die Masse der Nutzer hängt den aktuellen Geschwindigkeitsmöglichkeiten mit seiner Nachfrage jedoch 2-3 Jahre hinterher. *Info: G.fast noch nicht eingeführt Quelle: PwC-Analyse, BB-Masterplan Tirol Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 21 Kapitel 5 – Antizipation der Nachfrage Das Nachfragewachstum beruht primär auf der gesteigerten Nutzung von Internet-Videodiensten. PB*/Monat Datendienste via Mobiltelefon (z.B. Videoclips via Smartphone) haben dazu geführt, dass die benötigten Bandbreiten besonders in den Mobilfunknetzen überproportional gewachsen sind. Next Generation Streaming (4k/Ultra HD) benötigt um die 20-30 Mbit/s. Diese müssen stabil vorhanden sein, um Unterbrechungen zu verhindern. Somit mussten Festnetzund Mobilfunkanbieter ihre Verteilnetze zunehmend mit Glasfaserinfrastruktur aufrüsten, um diese hohen Bandbreiten bewältigen zu können. Diese hochqualitativen Streaming-Anwendungen werden aber nicht mehr im Mobilfunkbereich nachgefragt, sondern treten eher als Konkurrenz zum konventionellen Fernsehen auf. Anbei ist ersichtlich, dass bei Privatanwendern der Anteil Video Streaming als Wachstumstreiber für Internetkonsum von Internet-Videoübertragungen (orange) im Vergleich 14 12.625 CAGR: zum Gesamtverbrauch (gelb) überproportional wächst. 12 Der Internet-Videoverbrauch in Westeuropa steigert sich 10.259 +19,8% 10 zwischen 2013 bis 2018 jährlich um 27,9% (CAGR). Der 8.372 (79%) 8 6.936 Gesamtinternetverbrauch der Privatanwender steigt im 5.948 (75%) +27,9% 6 5.117 besagten Zeitraum in Westeuropa hingegen nur mit (71%) 4 19,8% (CAGR) jährlich. Somit ist der Internetvideobedarf (66%) (61%) 2 ein Wachstumstreiber für den steigenden (57%) 0 Datenverbrauch. Der Bedarf an Bandbreite wächst 2013 2014 2015 2016 2017 2018 zunächst vor allem bei größeren Haushalten, in welchen Jahr mehrere Personen gleichzeitig Applikationen nutzen, die Privater Internet Verbrauch (PB/Monat) eine feste Bandbreite benötigen (z.B. TV, Webradio, Musik-Clips, Multiplayer-Spiele, E-Health, Smart Privater Online Video Verbrauch (% vom Internet Verbrauch) Home). Bandbreitenintensive Anwendungen, wie Quelle: PwC-Analyse, CISCO VNI, 2014 beispielsweise Video-to-PC, Video-to-TV oder Video Info: PB* = Petabyte (1PB = 1.000.000 GB) Communication, verzeichneten besonders starke/ progressive Wachstumsraten. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 22 Kapitel 5 – Antizipation der Nachfrage IT-Megatrends erfordern ultraschnelle Breitbandanbindungen, ansonsten sind Wettbewerbsnachteile absehbar • Big Data beschreibt die Verarbeitung sehr großer Datenmengen. • Zwischen 2013 und 2018 wird der dadurch verursachte Datenverkehr in Westeuropa um den Faktor 2,5 wachsen. • Große Datenmengen, besonders im kommerziellen Bereich, benötigen hohe Geschwindigkeiten für EchtzeitDatentransfers. NachfrageTreiber • • • Das „Internet der Dinge“ besteht aus einer Vielzahl miteinander vernetzter Gegenstände des alltäglichen Lebens, welche autonom und automatisiert miteinander kommunizieren. Die Anzahl an Geräten mit Internetverbindung wird von 4,9 Mrd. im Jahr 2015 bis auf 80 Mrd. im Jahr 2020 anwachsen. • Cloud Computing bedeutet die Nutzung von ITDienstleistungen über das Internet. • Die kumulierte Wachstumsrate der Nachfrage nach Cloudlösungen für 2016 beträgt zwischen 30-40%. • Durch gestiegene Cloudnutzung vor allem im professionellen Bereich wird ein zukunftsfähiges (stabil, breit ausgelegt, ultraschnell) Netzwerk notwendig sein. • Industrie 4.0 führt zur Digitalisierung der Fertigungstechnik, dies vor allem in der produzierenden Industrie. • Die deutschen Industrieunternehmen investieren bis 2020 jährlich € 40 Mrd. in den digitalen Ausbau. • Industrie 4.0 wird dazu beitragen, den Bedarf an verfügbarer Bandbreite wesentlich zu steigern. Das Internet der Dinge wird die Anzahl mit dem Internet vernetzter Geräte ansteigen lassen. Somit wird auch die benötigte Bandbreite erheblich beeinflusst. Quelle: PwC-Analyse Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 23 Kapitel 6 Zwischenfazit: Technologiemix! Kapitel-Aussage: Gefördertes, evolutionäres Wachstum durch Glasfaserausbau führt über Brückentechnologien hin zu einer bedarfsorientierten, flächendeckenden Glasfaserverbreitung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 24 Kapitel 6 – Zwischenfazit: Technologiemix! Im Hinblick auf Zeit und Mittel können die Breitbandziele nur über einen Technologiemix erreicht werden. Übersicht der bisherigen Kapitel-Aussagen • Es gibt zur Zeit mehrere Brückentechnologien die im urbanen Raum NGA-Kapazitäten aufweisen, jedoch deckt nur Glasfaser den langfristigen Bedarf an Bandbreite. • Im internationalen Vergleich besteht für Österreich Nachholbedarf beim Glasfaserausbau, vor allem in der Fläche, aber auch in der Qualität. • Die realen durchschnittlichen Verbindungsgeschwindigkeit führen schon heute zu Engpässen. • NGA-Netze mit ultrahoher Kapazität (>100 Mbit/s) sind mittelfristig notwendig. Die Nachfrage nach internetbasierten Kommunikationsanwendungen wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Insbesondere „Streaming“-Technologien wie TV, Radio und Multiplayer-Spiele werden immer größere Datenvolumen erzeugen. Allen voran sind Videos Wachstumstreiber. Im Hinblick auf eine effiziente Nutzung der bestehenden Ressourcen und in Anbetracht der knappen zeitlichen und budgetären Mittel zum Erreichen der Breitbandziele der digitalen Agenda ist ein an den langfristigen Zielen orientierter Ausbau bestehender Brückentechnologien unabdingbar. Langfristig bleibt die Glasfasertechnologie aufgrund der hohen Bandbreite ohne Leistungsabfall auf Entfernung konkurrenzlos. Der Ausbau von Brückentechnologien läuft dabei dem Glasfaserausbau nicht entgegen, da diese im Backbone und Backhaul ohnehin auf Glasfaserverbindungen angewiesen sind. Dies gilt ebenfalls für den Mobilfunk. In Ballungsgebieten bieten Brückentechnologien theoretisch genug Leistung. Jedoch auch dort ist die real verfügbare Bandbreite im Schnitt bei nur ~70% der Angaben des Netzbetreibers und außerdem technisch basierten Schwankungen unterworfen. Die Verbesserungsmöglichkeiten von DOCSIS sowie VDSL werden wahrscheinlich nur einen eingeschränkten, innerstädtischen Nutzen haben. Somit ist der derzeitige Brückentechnologieausbau durch die Betreiber nachfrageorientiert und führt hin zum nachfrageorientierten Glasfaserausbau. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 25 Kapitel 6 – Zwischenfazit: Technologiemix! Der Breitbandausbau erfolgt zuerst in der Fläche, um die Versorgungslücke zwischen Stadt und Land sowie den einzelnen Bundesländern zu schließen. Flächendeckende Verfügbarkeit von Breitbandanbindungen mit >100 Mbit/s (Glasfaser) in Österreich muss aufgrund eingeschränkter Ressourcen priorisiert über Zwischenschritte erreicht werden. Primär muss durch die nahezu flächendeckende Verfügbarkeit mit zumindest 30 Mbit/s bis 2018 eine stabile und reale(!) Grundversorgung erzielt werden (Ziel 1). Danach sollte die 50%-Nutzung von zumindest 100 Mbit/s im Fokus stehen (Ziel 2). Der Ausbau sollte an die jeweilige örtliche Nachfragesituation und unter Einbindung von Brückentechnologien vollzogen werden. Somit wird im ersten Schritt die sich weitende Breitbandschere geschlossen und vor allem auf dem Land die digitale Kluft reduziert. Die Nachfrage der Bevölkerung sowie Förderungsmaßnahmen des Bundes stützen das evolutionäre Wachstum durch die Provider. Dies führt schließlich durch stetige Anpassungen der Breitbandnetze an breitbandintensivere Online-Inhalte/-Nutzungsmöglichkeiten hin zum marktgetriebenen Glasfaserausbau. Strategie: >100 Mbit/s Geschwindigkeit – 100% Ausbau 2018 Bevölkerung: Nachfrage Provider: Ausbautätigkeit (tech. Mix) Regierung: Förderung 100% Ausbau >30 Mbit/s 70% Ausbau >100 Mbit/s 2020 100% Ausbau >100 Mbit/s Quelle: PwC-Analyse Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 26 Kapitel 7 Fördermix Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 27 Kapitel 7 – Fördermix Konkret lassen sich die folgenden Förderinstrumente aus internationalen Projekten und der bisherigen Breitbandstrategie ableiten. Diese werden hier aufgezählt und später detailliert beschrieben: Instrument Empfänger Vorteil Nachteil Zuschuss (nicht rückzahlbar) Betreiber / Errichter Schneller Ausbau Weniger Kontrolle / ev. nicht nachhaltige Investition Zuschuss (rückzahlbar) Betreiber / Errichter Schneller Ausbau Markt muss Rückzahlung ermöglichen Garantie Betreiber / Errichter Gemeinde Keine Mittel der öffentlichen Hand Finanzierbarkeit muss für private Partner gegeben sein Leerrohrförderung Gemeinde Passive Infrastruktur im öffentlichen Eigentum Keine schnellen Erfolge im Sinne „Homes Connected“, weniger Kontrolle Dienste/Innovation Betreiber / Errichter Erhöht Nachfrage Keine schnellen Erfolge im Sinne „Homes Connected“ Übernahme der Anschlusskosten Betreiber / Errichter Kontinuierliche Investitionen Möglicherweise nicht ausreichend für flächendeckenden Ausbau, weniger Kontrolle Direkter Ausbau Gemeinde Passive Infrastruktur im öffentlichen Eigentum, volle Kontrolle Höchster Mitteleinsatz pro angeschlossenem Nutzer Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 28 Kapitel 7 – Fördermix Die Förderinstrumente unterstützen durch ihre strategische Ausrichtung entweder das kurz- oder das langfristige Ziel des Breitbandausbaus ~ 100 Mbit/s Fördermittel / Home Connected Kontrolle Tendenziell langfristige Strategie Sehr hoch Hoch Direkter Ausbau Ausreichend Zuschuss (nicht rückzahlbar) Gering Leerrohrförderung ~ 30 Mbit/s Förderung der Anschlusskosten Tendenziell mittelfristige Strategie Dienste / Innovation Garantie Zuschuss (rückzahlbar) Ausbaugeschwindigkeit Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 29 Kapitel 7 – Fördermix Mögliche Förderprogramme sind anhand objektiver Bewertungskriterien zu vergleichen. Bewertungskriterien Die einzelnen Fördermaßnahmen müssen anhand objektiver Kriterien bewertet und ausgewählt bzw. kombiniert werden. Als mögliche Zielwerte dienen dabei: • Neu erreichbare Nutzer (mit entsprechender Qualität) im Ausbaugebiet („Homes Passed“) * • Neu angeschlossene Nutzer (mit entsprechender Qualität) im Ausbaugebiet („Homes Connected“) * • Die durchschnittliche Zugangsbandbreite (>30 Mbit/s oder >100 Mbit/s), sowie die Qualität • Barwertbelastung der öffentlichen Hand unter Berücksichtigung von Synergieeffekten • Liquiditätsbelastung der öffentlichen Hand • Die Kontrollmöglichkeiten sowie das daraus resultierende Risiko der öffentlichen Hand bezüglich: Ausbaugebiet Ausbaugeschwindigkeit Technologiemix Eigentum um einen effizienten Ausbau zu sichern. Diese Kriterien sollten auch bei Ausschreibungen berücksichtigt werden. * Diese Kriterien hängen fast ausschließlich von der Förderhöhe, nicht vom gewählten Instrument ab und werden daher nicht in die Beurteilung aufgenommen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 30 Kapitel 7 – Fördermix Einige Kriterien können durch die Ausgestaltung des Förderinstruments beeinflusst werden. Kontrolle der Technologie Homes Passed Neben Ausbaugebiet/-geschwindigkeit sollte die öffentliche Hand auch die Technologie beachten. Der Ausbau erfolgt grundsätzlich technologieneutral, die Qualität der Verbindung sollte jedoch ein Entscheidungskriterium sein. Kontrolle der Technologie Ein wesentliches Kriterium ist die Entwicklung der Homes Passed - das sind die Haushalte die grundsätzlich angeschlossen werden können. Homes Passed Homes Connected Kontrolle des Roll-outs Dieses Kriterium umfasst die Ausbaugeschwindigkeit. In geförderten Regionen ist sicherzustellen, dass nach Versorgung der umsatzstärksten Gebiete der Ausbau kontinuierlich weitergeführt wird. Kontrolle des Rollouts Homes Connected Bewertungskriterien Kontrolle des Ausbaugebiets Dieses Kriterium beschreibt die Kontrolle der öffentlichen Hand im Hinblick auf das Ausbaugebiet. Konkret geht es darum, inwieweit die öffentliche Hand ein „Rosinenpicken“ verhindern kann. Kontrolle des Ausbaugebietes Liquiditätsbelastung Jenes Instrument mit dem geringsten Barwert ist nicht zwingend zu bevorzugen. Es ist die Liquiditätsbelastung zu berücksichtigen, da jährlich nur ein begrenztes Budget zur Verfügung steht. Homes Connected sind im Gegensatz zu Homes Passed bereits angeschlossen, zählen also zu den aktiven Nutzern. Das Verhältnis aus Homes Connected zu Homes Passed bildet die Take-up Rate. Eine hohe Take-up Rate ist das ausschlaggebende Kriterium für eine Finanzierung. Zugangsbandbreite Zugangsbandbreite Liquiditätsbelastung Barwertbelastung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Ein weiteres Unterscheidungskriterium besteht in der Zugangsbandbreite. Hier ist wieder der Trade-off zwischen dem kurz- und langfristigen Ziel zu berücksichtigen. Barwertbelastung Die unterschiedlichen Förderinstrumente führen zu verschiedenen finanziellen Belastungen. Diese sind entsprechend auf einen Vergleichszeitpunkt zu diskontieren und im Barwert zu vergleichen. 26. Juni 2015 31 Kapitel 7 – Fördermix Empfehlung Risiko Kontrolle Zugangsbandbreite Liquiditätsbelastung Instrument Barwertbelastung Mehrere Instrumente fallen in die engere Auswahl und können kombiniert eingesetzt werden. Zuschuss (nicht rückzahlbar) Zuschuss (rückzahlbar) Garantien Leerrohrförderung Dienste / Innovation Übernahme der Anschlusskosten Direkter Ausbau Quelle: PwC Analyse Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 32 Kapitel 7 – Fördermix Mehrere Instrumente fallen in die engere Auswahl und können kombiniert eingesetzt werden. Instrument Fazit Zuschuss (nicht rückzahlbar) Dieser Zuschuss ermöglicht einen Ausbau von NGA, da keine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Zuschuss (rückzahlbar) Diese Variante wäre wirtschaftlich günstiger, zwingt jedoch die Errichter zu Investitionen in rentable Technologie. Garantien Da das Risiko bei Garantien sehr schwer einschätzbar ist, ist eine Empfehlung hier nicht möglich. Leerrohrförderung Ein Zuschuss auf Leerverrohrungen kann enorme Kosteneinsparungen realisieren, wenn auch erst langfristig. Dienste / Innovation Im Hinblick auf die eingesetzten Mittel stellt dieses Instrument eine günstige Lösung dar, die Nachfrage zu steigern. Übernahme der Anschlusskosten Dieses Instrument kann für einzelne Anschlüsse (bspw. schwer erreichbar) ergänzend zum Einsatz kommen. Direkter Ausbau Ein direkter Ausbau wäre unter enormem Mitteleinsatz möglich, würde jedoch private Investitionen verdrängen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Empfehlung 26. Juni 2015 33 Kapitel 7 – Fördermix Eine Kombination verschiedener Instrumente scheint zu diesem Zeitpunkt am besten geeignet. Die bisherige Analyse zeigt, dass langfristig kein Weg an ultraschnellen Breitbandverbindungen vorbeiführt. Derzeit scheint die Nachfrage nach derartigen Verbindungen jedoch mit wenigen Ausnahmen gering. Es ist daher durchaus sinnvoll, das bestehende Netz durch Investitionen in passive Infrastruktur weiter zu verbessern. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass derartige Investitionen auch dem späteren Ausbau in Richtung NGA dienlich sind. Als vielversprechende Instrumente erweisen sich dabei: Zuschuss (nicht rückzahlbar) Der nicht rückzahlbare Zuschuss entspricht der bisherigen Betreiberförderung. Er stimuliert in der Regel keine hohen Zugangsgeschwindigkeiten, bietet aber schnelle Fortschritte in der Flächendeckung für wenig erschlossene Gebiete. Leerrohrförderung Diese Methode wird sich nur langfristig auswirken, kann hier jedoch mit geringem Aufwand erhebliche Kosteneinsparungspotentiale heben. Notwendig sind aber klare Spielregeln (Planung, Verlegerichtlinien). Übernahme der Anschlusskosten Diese Methode empfiehlt sich bei einzelnen Anschlüssen, die schwieriger zu erschließen sind und gleichzeitig keine hohen Umsätze erwarten lassen. Damit könnten in einem späteren Förderstadium die letzten Anschlüsse unterstützt werden. Dienste / Innovationen Durch dieses Instrument lässt sich die Nachfrage mit relativ geringen Mitteln merklich steigern. Nicht empfehlenswert sehen wir die Garantie, da das Risiko in der Regel schwer zu bewerten ist. Genau zu prüfen ist der direkte Ausbau durch die öffentliche Hand. Sollte dies wirtschaftlich sein, stellt sich automatisch die Frage, warum noch kein privater Investor den Ausbau vorgenommen hat. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 34 Kapitel 7 – Fördermix Die optimale Förderstrategie setzt öffentliche Mittel effizient ein und stellt schnelle Erfolge nicht vor das langfristige Ausbauziel. Die unterschiedlichen Fördermodelle unterscheiden sich im Wesentlichen in der Höhe der notwendigen Fördermittel, der resultierenden Ausbaugeschwindigkeit sowie der Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Hand. Diese Variablen sind in einem vernünftigen Gleichgewicht zu halten. Es zeigt sich, dass einzelne Instrumente eher die mittelfristige Zielsetzung unterstützen, andere tendenziell eher die langfristige. Eine scharfe Trennung lässt sich allerdings nicht vornehmen, da durch die konkrete Ausgestaltung von Ausschreibungsbedingungen oder technischer Leistungsbeschreibungen korrigiert werden kann. Der Breitbandausbau muss sich dabei natürlich nicht auf ein einzelnes Instrument stützen. Gerade eine Kombination kann durch die unterschiedlichen Anreize für einen ausgewogenen Ausbau sorgen. Grundsätzlich sollte aus Sicht der Infrastrukturbereitstellung das langfristige Ziel stets im Vordergrund stehen. Andererseits ist politisch und wirtschaftlich schwer argumentierbar, warum man für den Anschluss einiger weniger Nutzer hohe Kosten in Kauf nimmt. Die Herausforderung des Breitbandausbaus und der dahinterliegenden Breitbandstrategie wird daher vor allem in der Gewichtung dieser Instrumente liegen. Auch zahlreiche internationale Projekte weisen einen Mix diverser Förderinstrumente auf. Dabei kommt es häufig zu einem simultanen Einsatz von Leerrohrförderung und Betreiberförderung. Dies wird beispielsweise in Deutschland häufig umgesetzt. Ein Zusammenspiel von Leerrohrförderung und direktem Ausbau ist ebenfalls in Umsetzung. Grundsätzlich ist die Leerrohrförderung ein sehr häufig eingesetztes Instrument, da überschaubaren Fördermitteln relativ hohe Kosteneinsparungen gegenüberstehen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Eine Kombination mehrerer Instrumente kann einen ausgewogenen Ausbau ermöglichen. 26. Juni 2015 35 Kapitel 7 – Fördermix Eine Trennung von Access und Backhaul kann strategisch genutzt werden und Insellösungen reduzieren. Neben der Trennung der aktiven und passiven Netzkomponenten bringt auch eine Trennung von Access und Backhaul strategische Vorteile mit sich. Dabei handelt es sich einerseits um den Zubringer (Backhaul) vom Backbone des Netzes. Das Accessnetz spiegelt dagegen den Zugangsbereich für die Endkunden wieder und umfasst in der Regel die „letzte Meile“ des Netzes. Die einzelnen Netzbereiche werden zum besseren Verständnis unten grafisch dargestellt. Eine gesonderte Förderung in diesen beiden Netzbereichen ermöglicht eine strategische Ausrichtung der Förderinstrumente. Einerseits können auf geförderte Backhaulinfrastruktur mehrere Anbieter mit verschiedenen Technologien zurückgreifen. Dies unterstützt die Technologieneutralität der Fördermaßnahmen. Gleichzeitig können durch die gezielte Förderung von Backhaulnetzen bestehende Netze an einen größeren Verbund angeschlossen werden. Damit werden bestehende Netze optimal eingebunden und Insellösungen vermieden. Durch Förderung des meist konstenintensiven Backhaulnetzes kann der Ausbau des Accessnetzes dann unter Umständen sogar vollständig durch einen privaten Anbieter realisiert werden. Backbone Backhaul Access Quelle: PwC Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 36 Kapitel 8 Mittelherkunft Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 37 Kapitel 8 – Mittelherkunft Neben den Erlösen aus der Frequenzauktion stehen auch Mittel der Europäischen Strukturfonds zur Verfügung. Für die Förderung des Breitbandausbaus stehen primär die Erlöse aus der Frequenzversteigerung („LTE-Auktion“) zur Verfügung. Diese Erlöse von insgesamt rund 2 Mrd. Euro sollen zur Hälfte in die Breitbandförderung fließen. Der erste Teil soll dabei bereits 2015 in Höhe von 300 Mio. Euro für den Ausbau zur Verfügung stehen. Damit wird die bundesweite Förderung (umgesetzt durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) den größten Anteil an öffentlichen Mitteln für den Breitbandausbau stellen. Zusätzlich werden auch die Bundesländer Mittel für den Ausbau aufbringen. Diese haben zum Teil bereits eigene Modelle entwickelt, die im Idealfall zukünftig von der bundesweiten Förderung unterstützt werden. Daneben stehen grundsätzlich auch Fördermittel der Europäischen Union für den Ausbau von Kommunikationsnetzen zur Verfügung. Darunter fallen beispielsweise die Strukturfonds des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Da im österreichischen Umsetzungsplan keine Mittel aus dem EFRE für den Breitbandausbau vorgesehen sind, wird in dieser Evaluierung lediglich auf den ELER eingegangen. Förderung auf EU-Ebene Bundesförderung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Landesförderungen 26. Juni 2015 38 Kapitel 8.1 Förderinstrumente Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 39 Kapitel 8.1 – Förderinstrumente Zuschuss (nicht rückzahlbar) Dies entspricht im Prinzip der bisherigen Betreiberförderung. Dabei wird üblicherweise nicht der gesamte Investitionsaufwand durch die Förderung abgedeckt. Vorteilhaft ist, dass die eingesetzten öffentlichen Mittel private Investitionen auslösen. Auch international hat sich dies durchgesetzt. Häufig wird dieses Instrument eingesetzt, um die sogenannte „Wirtschaftlichkeitslücke“ vor allem im ländlichen Raum zu decken. Dabei wird mittels Ausschreibungsverfahren jener private Partner ermittelt, der den geplanten Ausbau mit dem geringsten Einsatz öffentlicher Mittel vornehmen kann. Damit wird sichergestellt, dass der Ausbau zu günstigen Konditionen erfolgt und eingesetzte Fördermittel zur maximalen Zielerreichung beitragen. Damit führt dieses Instrument in der Regel zu einem zügigen Ausbau mit mittelfristigen Erfolgen, was die Anzahl angeschlossener Nutzer angeht. Die Anbindung erfolgt aber oft über bestehende Kupfernetze. Damit kann das mittelfristige Ziel von 30 Mbit/s schnell erreicht werden, die nachhaltige Anbindung mit mindestens 100 Mbit/s ist in derartigen Zugangsnetzen aber nicht garantiert – es kommt daher zu einem Konflikt zwischen mittel- und langfristiger Strategie, da in naher Zukunft wieder Investitionen im gleichen Ausbaugebiet notwendig werden. Mit dem Zuschuss an private Partner riskiert man, wenig Kontrolle über das Ausbauvorhaben zu haben. Festgesetzt wird in der Regel das anzuschließende Gebiet sowie die minimale Zugangsgeschwindigkeit. Die Konsequenzen bei der Verfehlung der angestrebten Take-up Rate müssen in der Förderrichtlinie klar definiert sein. Ein nicht rückzahlbarer Zuschuss sorgt für schnellen Ausbaufortschritt. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 40 Kapitel 8.1 – Förderinstrumente Zuschuss (rückzahlbar) Der rückzahlbare Zuschuss birgt im Wesentlichen die gleichen Vor- und Nachteile wie der nicht rückzahlbare, eröffnet aber weitere Möglichkeiten bzw. auch Risiken. Der rückzahlbare Zuschuss kann einerseits zu marktähnlichen Konditionen, also verzinst und nicht unbesichert vergeben werden. In diesem Fall übernimmt der Fördergeber die Rolle des Fremdkapitalgebers, wenn diese beispielsweise aufgrund des Marktrisikos von einer Finanzierung absehen. Alternativ kann der rückzahlbare Zuschuss jedoch auch zinsbegünstigt oder gar zinsfrei begeben werden, wodurch ein Finanzierungsvorteil an den privaten Partner weitergegeben werden kann. Dieser Finanzierungsvorteil kann in manchen Gebieten schon den entscheidenden Unterschied ausmachen, wenn es um die Wirtschaftlichkeit des Breitbandausbaus geht. In jedem Fall ist der private Partner jedoch zur Rückzahlung der Fördermittel verpflichtet. Diese Rückzahlung wird in der Regel nur möglich sein, wenn genügend Nutzer an das Netz angeschlossen werden können und Umsatz erwirtschaftet wird. Die Strukturierung der Rückzahlung sollte dabei auch berücksichtigen, dass die Nutzer schrittweise an das Netz angeschlossen werden und der Umsatz damit kontinuierlich steigt. Die Finanzierbarkeit könnte dabei beispielsweise durch längere Rückzahlungsperioden als auf dem privaten Markt üblich verbessert werden. Da der Fördergeber zumindest im Fall der ausbleibenden Rückzahlung Konsequenzen setzen kann, ist die Kontrolle in dieser Variante unter Umständen höher. Das hängt jedoch von der konkreten Ausgestaltung des Förderinstruments ab. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Finanzierungsvorteil kann an privaten Partner weiter gegeben werden – dieser ist aber zur Rückzahlung verpflichtet. 26. Juni 2015 41 Kapitel 8.1 – Förderinstrumente Garantie Bei der Garantie als Förderinstrument fließen grundsätzlich keine öffentlichen Mittel. In dieser Variante erfolgt der Ausbau ausschließlich durch private Partner, die auch die Finanzierung auf dem privaten Markt einwerben müssen. Die Finanzierbarkeit setzt natürlich gewisse Vorgaben, vor allem an die Risikoverteilung, voraus. Gerade im ländlichen Raum ist die Finanzierbarkeit derzeit nicht gegeben, weil das Marktrisiko zu hoch ist. Abhilfe kann hier eine Garantie der öffentlichen Hand stellen. Diese Garantie wird schlagend, sobald der private Partner aufgrund ausbleibender Umsätze nicht mehr zahlungsfähig ist. Damit übernimmt die öffentliche Hand letztlich das Marktrisiko und fördert die Finanzierbarkeit (auch „Bankability“). In dieser Variante ist zusätzlich zu prüfen, ob die gewährten Garantien den Haushalt im Sinne des ESVG 2010 belasten. Die Kontrollmöglichkeit der öffentlichen Hand ist hierbei als gering einzuschätzen. Ähnlich wie bei der Gewährung von Zuschüssen kann der Fördergeber auch die Bereitstellung von Garantien an Vorgaben knüpfen. Das Risiko bei der Gewährung einer Garantie ist für die öffentliche Hand schwer einzuschätzen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 42 Kapitel 8.2 Fördermaßnahmen Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 43 Kapitel 8.2 – Fördermaßnahmen Leerrohrförderung Ein besonderes Förderinstrument ist die Leerrohrförderung. Dabei wird auch in Gebieten, für die derzeit kein ausgearbeiteter Ausbauplan besteht, die Verlegung von Leerrohren oder Glasfaserleitungen unterstützt. Voraussetzung ist lediglich, dass das jeweilige Gebiet noch nicht erschlossen ist und bei der Umsetzung die technischen Vorgaben eingehalten werden. Die Leerrohre sind dabei so zu wählen, dass ausreichende Mengen an Glasfasersträngen nachträglich eingeblasen werden können. Die Förderung besteht üblicherweise in einem Zuschuss pro verlegtem Laufmeter, sowie gestaffelt nach Leerrohr oder Glasfaserpaaren. Letztlich können durch diese Maßnahme die Investitionskosten langfristig deutlich reduziert werden, da die Verlegung bei anstehenden Arbeiten, beispielsweise im Verkehrswegebau, vorgenommen wird. Im Bedarfsfall kann auf die vorhandene Infrastruktur zurückgegriffen werden, was die Grabungsarbeiten reduziert. In begrenztem Ausmaß kann auch die direkte Verlegung in das Programm aufgenommen werden, um letztlich eine breite Versorgung zu erreichen. Das Ausmaß der Kontrolle hängt wesentlich von der Ausgestaltung der Förderung ab. Für eine effiziente Leerrohrförderung sollten zumindest eine überregionale Planung und auch entsprechende „Verlegerichtlinien“ vorliegen. Leerrohre in grundsätzlich jede Baugrube zu verlegen ist nicht sinnvoll. Die Kontrolle kann weiters über eine zentrale Planung erhöht werden. In der Praxis wird häufig ein „Grabungsatlas“ erstellt, in dem auch bereits geplante Erdarbeiten erfasst werden können. Hier wird schnell ersichtlich, wo im Zuge von notwendigen Arbeiten, beispielsweise der Straßensanierung, ohnehin gegraben werden muss. Diese Maßnahmen können anschließend „abgewartet“ werden. In jedem Fall sollte die Gemeinde zumindest eingebunden sein. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Dieses Instrument braucht einheitliche Verlegerichtlinien, damit die Infrastruktur später auch nutzbar ist. 26. Juni 2015 44 Kapitel 8.2 – Fördermaßnahmen Dienste / Innovation Dienste fördern Nachfrage nach höheren Bandbreiten Dienste werden erst bei hoher Bandbreite entwickelt Neben der Förderung der Infrastruktur stellt die Unterstützung zukünftiger Dienste eine weitere wichtige Säule in der Breitbandförderung dar. Diese Maßnahmen unterstützen die Entwicklung und Verbreitung von Diensten, die eine breitere Versorgung von Breitbandnetzen voraussetzen. Dazu zählen bereits heute zahlreiche Zusatzanwendungen neben der eigentlichen Internetverbindung, darunter z.B. Online-Videotheken („VoD“) oder Überwachungsdienste. Auch der öffentliche Bereich ist durch Themen wie E-Government, E-Health oder E-Learning betroffen. Die Förderung zielt dabei auf eine Erhöhung der Nachfrage durch Dienste, die Mehrwert für die Bevölkerung darstellen, ab. Erst diese Dienste werden letztlich die Nachfrage nach höheren Bandbreiten verstärken. Im Rahmen der Breitbandinitiative 2013 („BBA 2013“) wurden diese Dienste unter dem Stichwort „austrian electronic network“, oder kurz „AT:net“ gefördert. Ein „Henne-Ei-Problem“, das durch Förderung aufgelöst werden kann. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Es empfiehlt sich daher eine Fortsetzung dieser Fördersäule. 26. Juni 2015 45 Kapitel 8.2 – Fördermaßnahmen Übernahme der Anschlusskosten Ein weiteres Förderinstrument ist die Übernahme der Anschlusskosten durch die öffentliche Hand. Dabei wird pro angeschlossenem Kunden ein vorher definierter Förderbetrag an den privaten Ausbaupartner ausbezahlt. Dadurch fällt nicht der gesamte Förderbetrag zu Beginn des Ausbauvorhabens an. Außerdem erhalten private Partner auch nur dann Fördergelder, wenn tatsächlich Nutzer zu vereinbarten Bedingungen an das Netz angeschlossen werden. Auch wenn in Summe die gleichen Fördermittel notwendig sind, um den Breitbandausbau voranzutreiben, so birgt dieses Instrument auf jeden Fall einen Barwertvorteil. Gleichzeitig hat die öffentliche Hand in diesem Fall stets den Überblick, welche Gebiete bereits erschlossen sind bzw. wie der Ausbau geplant ist. Der Ausbau durch den privaten Partner wird jedoch in diesem Fall so erfolgen, dass möglichst viele Nutzer in möglichst kurzer Zeit an das Netz angeschlossen werden. Das ist durch bestehende Zugangsnetze oder beispielsweise Mobilfunk deutlich schneller zu realisieren als mit Glasfaseranschlüssen. Auch hier zeigt sich also wieder der Zielkonflikt zwischen schnellem und nachhaltigem Ausbau des Breitbandnetzes. Dieser Zielkonflikt muss bei diesem Instrument dadurch berücksichtigt werden, dass der Technologiemix vorgegeben wird. Beispielsweise erfolgt eine Förderung für maximal X % Mobilfunkanbindungen. Alternativ könnte der Ausbau für das jeweilige Gebiet im Detail vorab geplant werden, was aber den Verwaltungsaufwand erhöhen würde. 70% Die genaue Ausgestaltung hat auch hier wieder einen erheblichen Einfluss auf die Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Hand. Mit genau definierten technischen Vorgaben ist die Kontrolle jedoch ausreichend, da Fördergelder schrittweise fließen und im Zweifel einbehalten werden könnten. …der Gesamtkosten bestehen aus Grabungsarbeiten, besonders im Zugangsnetz Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 46 Kapitel 8.2 – Fördermaßnahmen Direkter Ausbau Neben der Förderung eines privaten Telekomanbieters kommt natürlich auch ein direkter Ausbau durch die Gemeinde in Frage. Letztlich vergibt die öffentliche Hand dabei den Ausbau auch an private Partner im Sinne der Beschaffung. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass das Eigentum an der Infrastruktur bei der öffentlichen Hand verbleibt. Private Anbieter können die öffentliche Infrastruktur dann zu einheitlichen Konditionen nutzen und ihre Dienste somit an zahlreiche Endnutzer anbieten. Die Nutzungsüberlassung erfolgt dabei entgeltlich, wodurch sich die öffentliche Hand langfristig die Refinanzierung der Investitionen erhofft. Der Grundgedanke dabei ist, dass es eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand ist, Infrastruktur bereitzustellen und zu verwalten. In diesem Sinne muss der Anspruch der öffentlichen Hand nicht zwingend auf der vollständigen Refinanzierung beruhen. Gerade passive Bestandteile haben hier sehr viele Ähnlichkeiten mit traditionellen Infrastrukturaufgaben. Außerdem lässt sich mit diesem Instrument der „lange Atem“ der öffentlichen Hand nutzen, die eine Refinanzierung auch über 30 oder 40 Jahre abbilden kann. Zusätzlich ist bei diesem Instrument die Kontrolle der öffentlichen Hand größtmöglich. Da die Gemeinde den Breitbandausbau selbst vorantreibt, können alle Entscheidungen bezüglich Technologiemix, Ausbaugebiet und -geschwindigkeit selbst gewählt werden. Damit verbunden sind jedoch auch die höchsten Kosten pro angeschlossenem Nutzer. Dadurch können in den ersten Jahren des Ausbaus keine schnellen Zuwächse in der Versorgung erzielt werden, wodurch dieses Instrument eher die langfristige Zielsetzung unterstützen wird. Größtmögliche Kontrolle bei höchsten Kosten – ein Instrument der langfristigen Zielerreichung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 47 Kapitel 8.3 Fazit Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 48 Kapitel 8.3 – Fazit Um den richtigen Fördermix für einen effizienten Breitbandausbau zu definieren, sind vorerst die wesentlichen Grundsatzfragen der Förderung zu klären. Dazu müssen folgende Fragen beantwortet werden: • Was soll gefördert werden? • Wer soll Förderempfänger sein? • Welches Instrument soll zum Einsatz kommen? Ziel eines optimalen Fördermix sollte dabei der möglichst effiziente Einsatz öffentlicher Mittel sein. Daher sollte jeder Euro, der als Fördergeld seitens der öffentlichen Hand in den Breitbandausbau fließt, zur Zielerreichung beitragen. Messbar wird das Ergebnis des Breitbandausbaus am ehesten an der Zielerreichungsquote der definierten EU-Ziele gemäß digitaler Agenda. Vor diesem Hintergrund sollten sämtliche geförderten Ausbauvorhaben eine Versorgung von zumindest 30 Mbit/s ermöglichen oder das längerfristige Ziel von 100 Mbit/s unterstützen. Daraus ergibt sich jedoch schon ein Zielkonflikt. Es wird zu entscheiden sein, ob die Breitbandstrategie eher das kurzfristige oder das langfristige Ziel unterstützen soll. Nachdem beide Ziele in der digitalen Agenda festgeschrieben sind, lässt sich keine Priorisierung ausmachen. Demnach ist die Förderung zumindest so zu gestalten, dass auf Basis des mittelfristigen Ausbaus die langfristige Strategie nicht zusätzlich erschwert oder gebremst wird. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 49 Kapitel 8.3 – Fazit Förderwürdige Investitionen müssen auch die langfristige Zielsetzung unterstützen. Förderwürdige Investitionen Um den Zielkonflikt zwischen mittel- und langfristiger Strategie zu lösen, sollte grundsätzlich nur in Bereiche investiert werden, die langfristig in der Lage sind, auch Zugangsgeschwindigkeiten von 100 Mbit/s oder mehr zu ermöglichen. Aus diesem Grund ist eine Förderung von VDSL-Netzen in jedem Fall zu überdenken. Es wäre möglich, dass nach der mittelfristigen Verbesserung erst ein Umstieg auf Glasfaser im Zugangsnetz notwendig wird. Damit wären sämtliche Investitionen in das bestehende Kupfernetz bzw. der notwendigen aktiven Netzkomponenten verloren. Gleichzeitig sind bei der Förderung auch gesetzliche und hier vor allem gemeinschaftsrechtliche Vorgaben einzuhalten. Hier ist vor allem die Technologieneutralität zu nennen. Vor dem Hintergrund dieser Regulierung soll durch die Förderung keine bestimmte Technologie beim Breitbandausbau bevorzugt oder gar vorweggenommen werden. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, welche Komponenten des Breitbandausbaus überhaupt eine entsprechende Nutzungsdauer aufweisen, um das jeweilige Förderinstrument einsetzen zu können. Auch eine Trennung der einzelnen Instrumente nach Netzebene kann einen strategischen Vorteil bringen. So können Instrumente in Backbone und Accessnetz gesondert gefördert werden. Durch einen Anreiz Insellösungen anzuschließen kann diese Maßnahme den Ausbau in der Fläche zielgenauer unterstützen. Aktive Netzkomponenten mit Nutzungsdauern von wenigen Jahren eignen sich daher weniger für langfristige Förderinstrumente. Gleichzeitig lässt sich aus internationalen Projekten ableiten, dass eine Förderung innovativer Dienste und Applikationen die Nachfrage entscheidend beeinflussen kann. Die Nachfrage nach höheren Bandbreiten wird im Wesentlichen von der Entwicklung und Durchdringung dieser Dienste abhängen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Passive Infrastruktur ist langfristig und im Fall von Glasfaser auch für ultraschnelle Netze nutzbar. 26. Juni 2015 50 Kapitel 8.3 – Fazit Die Leerrohrförderung könnte auch direkt den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Förderempfänger Im nächsten Schritt muss geklärt werden, wer der Empfänger der Fördermaßnahmen sein soll. Dies kann einerseits die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband des jeweiligen Ausbaugebiets sein oder aber der private Partner, der den Ausbau vornimmt. Der Förderempfänger ergibt sich dabei oft aus dem gewählten Förderprogramm. Beispielsweise wird im Rahmen einer Betreiberförderung der Ausbau direkt durch einen privaten Telekommunikationsanbieter vorgenommen. Dieser fungiert dann als Förderempfänger. Förderungen für das Mitverlegen von Leerrohren oder Glasfaserleitungen könnten jedoch auch direkt an die Gemeinde fließen. Nur so können Einsparungspotentiale in Gebieten genutzt werden, wo derzeit keine Ausbaupläne vorliegen. Spätere Programme können auf die vorhandene Infrastruktur zurückgreifen, was die Grabungskosten erheblich reduziert. Aus bisherigen Projekten lässt sich ableiten, dass allein die Erdbauarbeiten über 70% der Investitionskosten ausmachen können. Die Wahl des Förderempfängers sollte daher praktikabel an das gewählte Förderinstrument angepasst werden. Im Fall einer direkten Förderung der Gemeinden sollte diese allerdings im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich beurteilt werden, um diesen nicht zu umgehen. Diese Förderung könnte beispielsweise durch eine Einarbeitung im TKG auf eine gesetzliche Basis gestellt werden. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 51 Kapitel 9 Föderalismus und Strategien der Bundesländer Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 52 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Niederösterreich fördert den Ausbau der passiven Infrastruktur im öffentlichen Eigentum. Initiative Das niederösterreichische Modell zielt auf die Errichtung der passiven Infrastruktur durch die öffentliche Hand. Diese Investitionen sollen durch eine landesweite Infrastrukturgesellschaft (nöGIG) verwaltet werden. Für die Nutzung dieser Infrastruktur verlangt die öffentliche Hand in der Folge monatlich Gebühren von den Betreibern. Dadurch sollen die Investitionen langfristig refinanziert werden. Maßnahmen Abwickelnde Stellen sind nöGIG sowie die „Breitbandkoordination NÖ“ als Koordinationsstelle für den Breitbandausbau in Niederösterreich zur Betreuung der Gemeinden. Diese Aufgabe wird in Zusammenarbeit mit ecoplus wahrgenommen. Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2020 Min. 100 Mbit/s rd. 30 Mio. EUR Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 53 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Im Burgenland wird in Zusammenarbeit mit den Telekombetreibern eine Betreiberförderung umgesetzt. Initiative Im Burgenland wurde der sogenannte „Breitbandpakt“ zwischen dem Land und den größten Telekombetreibern unterzeichnet. Dazu zählen neben der A1 Telekom auch T-Mobile und Drei, die insgesamt 31 Mio. Euro in den Netzausbau investieren wollen. Gemeinsam mit Mitteln des Landes soll dadurch eine flächendeckende Versorgung mit mindestens 100 Mbit/s bis 2019 erreicht werden. In derzeit schlecht erschlossenen Gebieten, wie beispielsweise im Südburgenland, soll auch Mobilfunk zum Einsatz kommen. Maßnahmen Über die konkrete Abwicklung ist derzeit nichts bekannt. Gemäß derzeitiger Planung sollen die 31 Mio. Euro aus privaten Investitionen durch rund 8 Mio. Euro aus EU- und Bundesfördermitteln gestützt werden. Diese werden durch etwa 1,5 Mio. Euro aus Landesmitteln kofinanziert. Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2019 Min. 100 Mbit/s rd. 9,5 Mio. EUR Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 54 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Auch Wien erarbeitete eine IKT-Strategie und fördert den Breitbandausbau. Initiative Die Stadt Wien sieht den Breitbandzugang als zentralen Standortfaktor, vor allem für Unternehmen. Der Prozess „Digitale Agenda Wien“ soll dabei neben der Förderung des Breitbandzugangs auch neue Dienste etablieren. Dabei spielt auch der öffentliche Sektor eine wichtige Rolle. Bereits zahlreiche Amtswege können in Wien online erledigt werden, außerdem werden unter dem Begriff „Open Data“ viele Datenkataloge online zur Verfügung gestellt. Maßnahmen Die Ausarbeitung des Prozesses erfolgt unter Wirtschaftsstadträtin Brauner und IKT-Stadträtin Frauenberger. Im Mittelpunkt steht der Ausbau von Open Government und dem Zugang zu ultraschnellem Breitbandinternet. Josef Dirmüller ist der Breitbandkoordinator der Stadt Wien. Außerhalb der Ballungsgebiete erhofft sich auch die Stadt Wien Zugang zu Fördermitteln aus der Breitbandmilliarde. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2020 Min. 30 Mbit/s Keine Angaben 26. Juni 2015 55 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Die Steiermark setzt auf Leerrohrförderung und Kostensenkungspotentiale durch Mitverlegung. Initiative Die Breitbandinitiative der Steiermark („Highway 2020“) übernimmt ebenfalls die auf Bundesebene definierten Ziele. Dazu sollen neben der Förderung aus EUund Bundesmitteln auch ca. 700.000 Euro aus Landesmitteln pro Jahr in den Breitbandausbau fließen. Der Fokus liegt auf der Förderung von zukunftsfähigen Glasfaserverbindungen bzw. grundsätzlich ausschließlich passiver Infrastruktur. Maßnahmen Um die ambitionierten Ziele mit möglichst effizientem Einsatz öffentlicher Mittel zu erreichen, setzt man auf Verlegung von passiver Infrastruktur bei ohnehin beabsichtigter Grabungsarbeiten sowie der Mitnutzung bestehender Infrastruktur. Um diese Maßnahme zu unterstützen, wird ein landesweiter Infrastrukturatlas verfasst. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2020 Min. 30 Mbit/s Keine Angaben 26. Juni 2015 56 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Oberösterreich hat keine Breitbandinitiative publiziert und derzeit kein Förderangebot. Initiative In Oberösterreich ist derzeit keine Breitbandinitiative publiziert. Unter Förderprogrammen des Landes Oberösterreich ist derzeit lediglich eine Förderung des Zugangs zu ultraschnellem Internet für KMUs zu finden. Damit können maximal 5.000 Euro der Anschlusskosten abgedeckt werden. Voraussetzung hierfür ist die Herstellung eines Glasfaserzugangs (FTTH). Maßnahmen Derzeit sind keine Maßnahmen im Zusammenhang mit dem weiteren Breitbandausbau veröffentlicht. Wie die öffentlichen Mitteln der „Breitbandmilliarde“ in Oberösterreich eingesetzt werden sollen, ist derzeit nicht öffentlich bekannt. Informationsqualität für Förderwerber Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 57 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Salzburg hat ebenfalls keine Planung veröffentlicht. Initiative Das Bundesland Salzburg hat bis jetzt keine aktualisierten Pläne für den weiteren Breitbandausbau vorgelegt. Informationsqualität für Förderwerber Maßnahmen Es gibt zwei Breitbandbeauftragte auf Ebene des Landes. Weitere Maßnahmen sind nicht bekannt. Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 58 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Kärnten setzt auf Vielfalt der Dienstanbieter und offenen Zugang zu geförderten Breitbandnetzen. Initiative Die Breitbandinitiative des Landes Kärnten setzt auf den Ausbau von zukunftsfähigen Backbonenetzen, da diese die Basis für die flächendeckende Versorgung darstellen. Bei jenen Infrastrukturen, die durch öffentliche Mittel mitfinanziert werden, ist der Open-Access Ansatz umzusetzen. Das heißt, dass sämtliche Dienstanbieter die Infrastruktur nutzen dürfen und dem Endnutzer somit möglichst viele Anwendungen zur Verfügung stehen. Maßnahmen Für die Abwicklung besteht in Kärnten bereits ein Breitbandbüro, das mit sämtlichen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Breitbandausbau betraut ist. Neben der direkten Förderung steht auch die Bewusstseinsbildung im Vordergrund. Für die Kostensenkung ist auch die verpflichtende Weitergabe von Informationen zu Tiefbauarbeiten vorgesehen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2020 Min. 100 Mbit/s Keine Angaben 26. Juni 2015 59 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Tirol verfügt über die am weitesten entwickelte Breitbandinitiative. Initiative Die Breitbandinitiative des Landes Tirol ist österreichweit am weitesten entwickelt. Das Land hat sich bereits im Vorfeld umfangreiche Nutzungsrechte an bestehender Infrastruktur der Energieversorger gesichert. Diese Nutzungsrechte können nur an Gemeinden weitergegeben werden. Durch diese Maßnahme kann ein schneller und effizienter weiterer Ausbau der Zugangsnetze erfolgen. Tirol wird den Fokus daher auf Mittel aus der Maulwurfprämie legen. Maßnahmen Die Abwicklung übernimmt auch in Tirol ein eigenes Breitbandbüro. Dieses stellt den Informationsaustausch aller Beteiligten sicher und ist erste Anlaufstelle für Gemeinden und private Investoren. Zusätzlich arbeitet es aber auch an der Bewusstseinsbildung. Letztlich sollen die Gemeinden den Ausbau der notwendigen Infrastruktur übernehmen und initiieren. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Informationsqualität für Förderwerber 2015 - 2020 Min. 100 Mbit/s Keine Angaben 26. Juni 2015 60 Kapitel 9 – Föderalismus und Strategien der Bundesländer Vorarlberg fördert passive Infrastruktur und Betriebsanschlüsse. Initiative In Vorarlberg werden derzeit passive Infrastruktur sowie Breitbandanschlüsse von Betrieben gefördert. Weiters wird die Verlegung von Leerverrohrung im Rahmen von Tiefbauarbeiten gefördert. Förderempfänger bei diesen Maßnahmen ist dabei die jeweilige Gemeinde. Informationsqualität für Förderwerber Maßnahmen Weitere Maßnahmen, sowie eine Breitbandinitiative für den Zeitraum von 2015 bis 2020 liegen nicht vor. Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 61 Kapitel 10 Exkurs Daseinsvorsorge Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 62 Kapitel 10 – Exkurs Daseinsvorsorge Aufgrund der aktuellen Nachfrage und Bedeutung gehört ultraschnelles Internet heute noch nicht in den Bereich der Daseinsvorsorge. Die Versorgung mit einem ausreichend schnellen Zugang zu Kommunikationsnetzen stellt eine wesentliche Anforderung der Informationsgesellschaft dar. Gebiete, die diesen Anspruch nicht erfüllen können, werden langfristig an Standortqualität verlieren und somit verstärkt von Abwanderung betroffen sein. Dies gilt nicht nur für Privatpersonen, für die der Zugang und die zukünftigen Dienste Lebensqualität bedeuten. Gerade Unternehmen werden bei der Standortfrage durch Cloudlösungen und ständig steigende Datenmengen von schnellen Kommunikationsnetzen abhängig sein. Da die Breitbandversorgung zukünftig einen wesentlichen Bestandteil für die gesamte Bevölkerung darstellen wird, kann der Zugang langfristig unter die Daseinsvorsorge eingeordnet werden. Der Zugang zu Kommunikationsnetzen ist in diesem Zusammenhang ähnlich wie die Versorgung mit Verkehrswegen oder Wasserleitungen zu sehen und zählt daher zur Grundversorgung. Derzeit handelt es sich hierbei auch noch nicht um einen Universaldienst. Die Grundversorgung, für die in der Regel die Zuständigkeiten bei der Gemeinde liegen, umfassen Angebote, die eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der Region darstellen, und ohne die der Zuzug von Privatpersonen oder Unternehmen undenkbar wäre. Klassische Beispiele wären Verkehrswege, Energie- und Trinkwasserversorgung oder auch die Abfall- oder Abwasserentsorgung. Abgeltung der Daseinsvorsorge Die Nutzung dieser Dienste ist in der Folge aber auch an gesetzlich geregelte und verpflichtende Entgelte gebunden. Diese werden im Rahmen von periodischen Abgaben eingehoben. Bei der erstmaligen Zuleitung im Rahmen der Umwidmung bzw. bei Bauvorhaben werden in der Regel zusätzliche einmalige Kostenbeiträge eingehoben (Aufschließungskosten). Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Derzeit zählen folgende Aufgaben zur Daseinsvorsorge • • • • • • Wasserversorgung Abwassermanagement (Kanal) Abfallwirtschaft Anbindung an das Energienetz Straßenbeleuchtung Verkehrswege wie Gehsteige und Straßen 26. Juni 2015 63 Kapitel 10 – Exkurs Daseinsvorsorge Breitband gehört heute noch nicht zur Daseinsvorsorge. Ist das in Zukunft denkbar? Fazit • Aus heutiger Sicht hat die Versorgung mit Breitbandzugängen noch keinen ausreichend hohen Stellenwert in der Bevölkerung, um eine Aufnahme dieser Versorgungsleistung in die Daseinsvorsorge zu rechtfertigen. Einzelne Studien gehen jedoch heute schon davon aus, dass sich diese Einschätzung in Zukunft ändert. Wo dieser Zeitpunkt liegt, ist jedoch aus heutiger Sicht nicht abzuschätzen. • Die aktuelle Breitbandstrategie und damit vor allem die Förderung sollte die zukünftige Aufnahme in die Daseinsvorsorge jedoch nicht gefährden. In diesem Hinblick empfiehlt sich eine verstärkte Förderung passiver Infrastruktur mit langfristigen Nutzungsdauern. Damit wird bereits heute ein zukunftsfähiger, technologieneutraler Ausbau forciert. • Erst wenn die Versorgung mit Breitband für die breite Bevölkerung eine wesentliche Anforderung des täglichen Lebens darstellt, kann von einer Aufnahme in die Daseinsvorsorge ausgegangen werden. In diesem Fall kann die Breitbandversorgung bei Neuaufschließungen stückweise erweitert werden und auch analog zu ähnlichen Leistungen bspw. über die Aufschließungsgebühren mitfinanziert werden. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch heute noch nicht gegeben. • Als Zwischenschritt könnte die Breitbandversorgung als Universaldienst definiert werden, der im Telekomsektor zur Verfügung steht. Damit wäre die Breitbandversorgung in der Verantwortung der öffentlichen Hand während die Dienstleistung jedoch weiterhin von einem privaten Unternehmen erbracht wird. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 64 Kapitel 10 – Exkurs Daseinsvorsorge Gründe für die Einordnung als Teil der Daseinsvorsorge • • • Gründe gegen die Einordnung als Teil der Daseinsvorsorge • Dafür spricht jedenfalls die zukünftig zu erwartende Nachfrage nach hohen Bandbreiten. Gleichzeitig kann bei der passiven Infrastruktur, beispielsweise bei unbeschalteten Glasfaserleitungen (auch „dark fibre“), von einer Lebensdauer von einigen Jahrzehnten ausgegangen werden. Auch das stellt • eine wesentliche Ähnlichkeit zu Angeboten dar, die bereits unter die Grundversorgung fallen. Da sämtliche Technologien, die einen Breitbandzugang gemäß der Zielsetzung der EU ermöglichen, im Hintergrund ein leistungsfähiges Glasfasernetz benötigen, stellt sich auch die Frage der Technologieneutralität nicht. Ist die Breitbandversorgung Teil der Grundversorgung, könnten Kosten für die Erweiterung des Zugangsnetzes auch im Rahmen der Aufschließung finanziert werden. Die Versorgung mit Breitband wäre demnach in die Aufschließungsgebühren mit aufzunehmen und, ähnlich wie Energie- oder Abwasserleitungen, grundsätzlich an die Grundstücksgrenze zu führen. Der eigentliche Anschluss würde in diesem Fall vom Nutzer selbst finanziert, der auf dem eigenen Grundstück sämtliche Grabungs-, Verlegungs- und Anschlusskosten trägt. Dagegen spricht vor allem die heute noch zu geringe Nachfrage. Auch wenn die zukünftige Entwicklung durch zahlreiche Studien belegt scheint, kann heute noch nicht von einer notwendigen Leistung gesprochen werden. Die Akzeptanz der breiten Bevölkerung ohne Energie, Trinkwasser oder der Beseitigung von Abwasser zu leben ist sehr gering oder gar nicht vorhanden. Der Anschluss an leistungsfähige Kommunikationsnetze ist daher bezogen auf die Relevanz für die Bevölkerung wohl noch nicht als Grundversorgung zu sehen. Hier ist auch auf die geografischen und demografischen Gegebenheiten zu achten. Der persönliche Nutzen – und daraus resultierend die Nachfrage – nach höheren Bandbreiten ist heute noch abhängig vom Lebensraum und sicher in jüngeren Generationen stärker. • Dem gegenüber steht die Grundversorgung, die grundsätzlich Leistungen beinhaltet, die in der Regel jeder Einwohner in Anspruch nehmen wird. Energie- oder Trinkwasserbedarf sind nicht an geografische oder demografische Gegebenheiten gebunden. Diese beeinflussen höchstens die Nutzungsgewohnheiten oder -mengen. • Es wird daher zu prüfen sein, ob die Versorgung mit Breitband mittelfristig wirklich eine wesentliche Voraussetzung für das tägliche Leben der breiten Bevölkerung darstellt. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 65 Kapitel 10 – Exkurs Daseinsvorsorge In Zukunft werden Breitbandanschlüsse so selbstverständlich wie Wasserleitungen sein. Folgen bei einer Einstufung als Daseinsvorsorge • Gehört eine Leistung zur Daseinsvorsorge, wird sie in der Regel durch die öffentliche Hand erbracht. Dies erfolgt normalerweise auf Ebene der Gemeinde, kann aber durchaus in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fallen. Wichtig hierbei ist, dass sich bei diesen Leistungen die Zielsetzung grundlegend ändert. • Die zur Daseinsvorsorge zählenden Leistungen sollten sich grundsätzlich am Wohl der Nutzer, also der Bevölkerung, orientieren. Dabei rücken vor allem kontinuierliche Leistungserbringung und Versorgungssicherheit in den Vordergrund. Da diese Dienste gewöhnlich durch gesetzlich geregelte Nutzungs- bzw. Anschlussentgelte abgegolten werden, ist eine möglichst unterbrechungsfreie Versorgung zu gewährleisten. • Gleichzeitig ist auf angemessene und gleiche Preise im Versorgungsgebiet zu achten. Diese Vorgaben ersetzen die im privaten Umfeld übliche Gewinnorientierung und bauen in gewisser Weise ein Monopol in öffentlichem Eigentum auf. Das ist bei Aufgaben, die im generellen Interesse der Bevölkerung liegen, auch nicht bedenklich. • Im Telekommunikationsmarkt ist diese Vorgehensweise jedoch genau zu prüfen. Da die Versorgung mit Breitbandzugängen beispielsweise im städtischen Bereich funktioniert, wäre ein derartiger Eingriff der öffentlichen Hand sicher nicht gerechtfertigt. Es ist fraglich, ob die Breitbandversorgung daher in Städten wirklich vom privaten Sektor in ein staatliches Monopol übergehen kann. • Im ländlichen Raum, in dem in weiten Teilen von Marktversagen ausgegangen werden kann, kann die Situation anders gelagert sein. In diesem Fall ist jedoch zu klären, ob eine Leistung abhängig von der geografischen Situation zur Daseinsvorsorge zählt oder nicht. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 66 Kapitel 10 – Exkurs Daseinsvorsorge Für ultraschnelles Internet mehr zu zahlen sind heute noch wenige bereit. Derzeitige Situation • Aktuell ist es für eine Aufnahme der Breitbandversorgung in die Daseinsvorsorge wohl noch zu früh. Wenn sich aktuelle Studien in Zukunft bestätigen, kann sich diese Einschätzung jedoch ändern. • Ziel der aktuellen Breitbandstrategie sollte es daher sein, die künftige Nachfrage bestmöglich zu unterstützen. Dazu sollten jene Bereiche am stärksten gefördert werden, die der Einstufung als Daseinsvorsorge am nächsten kommen. Gleichzeitig sollte die oberste Prämisse bei der Förderung schon heute sein, Versorgungssicherheit und Zukunftsfähigkeit vor kurzfristige Gewinnorientierung zu stellen. • Demnach wären unabhängig von der Fördermethodik jene Teilbereiche zu stützen, die lange Nutzungsdauern aufweisen und möglichst keine bestimmte Technologie bevorzugen. Dies garantiert einerseits Übereinstimmung mit den wesentlichen Vorgaben der Regelungen auf EU-Ebene, andererseits verhindert es einen Zielkonflikt zwischen der mittel- und langfristigen Ausbaustrategie. • Vor diesem Hintergrund stellt eine Förderung des Ausbaus des Glasfasernetzes im Backbone- und Backhaulbereich die vielversprechendste Lösung dar. Sollte die Versorgung mit ultraschnellen Breitbandzugängen in Zukunft wirklich einen derart hohen Stellenwert für breite Bevölkerungsschichten einnehmen, kann diese Aufgabe zum gegebenen Zeitpunkt in die Daseinsvorsorge aufgenommen werden. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, ist aus heutiger Sicht nicht abschätzbar. • Sollte allerdings zu diesem Zeitpunkt passive Infrastruktur bereits im Eigentum der öffentlichen Hand sein, stellt dies die ideale Voraussetzung für eine Aufnahme in die Daseinsvorsorge dar. Denn auch in diesem Fall wird die öffentliche Hand nicht in den Telekommunikationsmarkt einsteigen. Dienste und aktive Netzkomponenten werden weiterhin vom privaten Sektor anzubieten sein. Lediglich die grundsätzliche Erreichbarkeit ist durch den flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen gegeben und ermöglicht auch im ländlichen Raum Wettbewerb auf dem Breitbandsektor. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 67 Kapitel 11 Organisation und Umsetzung Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 68 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Kontrolle kann durch Richtlinienkompetenz oder direkte Beteiligung erhöht werden. Für die Umsetzung eines effizienten Breitbandausbaus innerhalb der ambitionierten zeitlichen Fristen ist es unerlässlich, dass zentrale Richtlinien und Vorgaben eingehalten werden. Die detaillierte Planung muss natürlich auf Gemeinde- oder Gemeindeverbandsebene erfolgen. Das heißt konkret, dass auch die Initiative für Ausbauvorhaben von den Gemeinden ausgehen muss. Es ist jedoch aus mehreren Gründen sinnvoll und zielführend, wenn die „Spielregeln“ zentral ausgearbeitet werden. Dabei stellt sich die Frage, wie die Einhaltung der Vorgaben sichergestellt werden kann. Dafür bieten sich grundsätzlich die folgenden zwei Varianten an: • Richtlinienkompetenz und Festlegung der Fördervoraussetzungen • Direkte Eigenkapitalbeteiligung an Infrastrukturgesellschaften Diese Varianten können durch verschiedene Maßnahmen konkret umgesetzt werden: • Betrieb eines Breitbandbüros (Richtlinienkompetenz) • Einrichtung eines Breitbandzentrums (Abwicklung der Projekte) • Einrichtung einer bundesweiten Infrastrukturgesellschaft (Beteiligung) Diese Vorgehensweisen sind mit verschiedenen Vor- und Nachteilen verbunden, die auf den folgenden Seiten erörtert werden sollen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 69 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Ein Breitbandbüro besteht bereits und muss eine zentrale Rolle beim zukünftigen Breitbandausbau spielen. Die Variante des Breitbandbüros hat den entscheidenden Vorteil, dass dieses bereits eingerichtet ist. Hier soll es daher nur darum gehen, welche Kompetenzen das Breitbandbüro in Zukunft haben muss, um den effizienten Ausbau des Breitbandausbaus in Österreich effektiv zu unterstützen bzw. sicherzustellen. Das Breitbandbüro sollte dabei wesentlich in die Ausgestaltung der Fördervoraussetzungen eingebunden sein. Bereits heute fließen zahlreiche Informationen (bspw. der Breitbandatlas) an dieser Stelle zusammen. Auch die Erfassung von verlegten Leerrohren und zukünftig geplanter Grabungsarbeiten („Grabungsatlas“) sollte in Zukunft hier angesiedelt werden. Zudem soll hier die Kontrolle der Effektivität und Effizienz der Fördermaßnahmen gefunden werden. Das Breitbandbüro sollte sich die Möglichkeit einräumen, die Fördermaßnahmen im Laufe der Zeit nachjustieren zu können. Gleichzeitig werden unter wesentlicher Beteiligung des Breitbandbüros sämtliche Dokumente und Vorlagen ausgearbeitet. Die Verwendung dieser Dokumente ist Voraussetzung, um Fördermittel des Bundes einsetzen zu können. Nicht zu unterschätzen ist hier jedoch der Arbeitsaufwand. Es wird in der Regeln nicht genügen, diese Dokumente einmalig zu erstellen. Diese werden aufgrund laufender Entwicklungen immer wieder angepasst und verbessert. Gleichzeitig ist das Breitbandbüro vermutlich auch die zentrale Anlaufstelle für sämtliche Fragen auf Gemeindeebene. In internationalen Projekten finden sich durchgehend Breitbandbüros der jeweiligen Behörden. Der Umfang und deren Kompetenz unterscheidet sich jedoch. Während in einigen Ländern sämtliche Aktivitäten über dieses Breitbandbüro gesteuert werden, werden in anderen nur Vorgaben und Richtlinien für ein zentrales Breitbandkompetenzzentrum erarbeitet. Diese Variante trennt sozusagen die politische Einflussnahme durch die Ausarbeitung von Förderrichtlinien von der praktischen Umsetzung. Es wird also nicht die Frage sein, ob ein Breitbandbüro bestehen soll oder nicht, sondern lediglich, ob einzelne Aufgaben an weitere Stellen vergeben werden oder an dieser Stelle verbleiben. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Fördermaßnahmen müssen kontrolliert, bewertet und bei Bedarf nachjustiert werden. 26. Juni 2015 70 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Die derzeitigen Aufgaben des Breitbandbüros sind in Zukunft zu erweitern. Derzeit ist das Breitbandbüro im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) angesiedelt. Es ist als Servicestelle eingerichtet und dient damit oft als erste Anlaufstelle für interessierte Gemeinden, die den Breitbandausbau in ihrem Gebiet vorantreiben wollen. Die Aufgaben umfassen derzeit: • Führung des Breitbandatlas Österreich • Informationen über anstehende Bauvorhaben öffentlicher Einrichtungen • Informationen über bestehende Infrastruktur zur Mitbenutzung • Informationen über Breitbandförderprogramme Diese Aufgaben sind für einen effizienten Breitbandausbau in Zukunft noch zu erweitern. Zuvor muss jedoch die bestehende Infrastruktur lückenlos erfasst sein. Dies ist zumindest bei der Detailplanung des jeweiligen Gebiets sicherzustellen, da die Planungen der privaten Ausbaupartner auf diese zurückgreifen sollten, um Kosten zu sparen. Zudem sollten zukünftige Bauarbeiten mit diesem Infrastrukturatlas verknüpft sein, um mittelfristig planen zu können. Eine wesentliche Aufgabe wird es sein, die notwendigen Dokumente und Vorlagen zentral zur Verfügung zu stellen. Gerade wenn es kein bundesweites Breitbandkompetenzzentrum geben wird, welches die technische Umsetzung übernehmen soll, verbleibt diese wichtige Aufgabe beim Breitbandbüro des BMVIT. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 71 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Ein unabhängiges Breitbandkompetenzzentrum kann Bindeglied zwischen Verwaltung und Ausbaupartnern werden. In dieser Variante wird eine zusätzliche Ebene eingeführt und als Breitbandkompetenzzentrum eingerichtet. Dieses Zentrum kann entweder in der Verwaltung angesiedelt und einem Ministerium unterstellt werden oder direkt von einem privaten Partner geführt werden. Diese Entscheidung ist weniger eine Frage der Kompetenz oder Effizienz, sondern vielmehr einer der zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie der notwendigen Flexibilität. In jedem Fall liegt die Aufgabe des Breitbandkompetenzzentrums in der Verteilung und dem Monitoring von Arbeitsaufgaben. Diese sollen vom Breitbandbüro, in dem weiterhin die politischen Zielsetzungen definiert werden, abgegeben werden. In der Regel handelt es sich hier um Aufgaben der technischen Umsetzung und der Begleitung der einzelnen Projekte. Außerdem lässt sich durch die Einrichtung eines Breitbandkompetenzzentrums der Interessenkonflikt des Breitbandbüros umgehen, der durch die direkte Weisung der Politik entsteht. Als losgelöste und unabhängige Stelle könnte ein Breitbandkompetenzzentrum sozusagen als Bindeglied zwischen den einzelnen Parteien stehen und für einen effizienten Ablauf sorgen. Dabei garantiert das Zentrum die Einhaltung der politischen Interessen durch Anwendung der abgestimmten Dokumente und Prozeduren. Zudem ist die jeweilige Gemeinde im konkreten Projekt ein Partner auf Augenhöhe. Verwaltung In diesem Sinne könnte die Einrichtung einer solchen Institution möglicherweise die Transparenz beim Breitbandausbau erhöhen. Auch in internationalen Projekten kommen diese Kompetenzzentren häufig zum Einsatz. Sie übernehmen dabei im Wesentlichen einige Aufgaben, die in Österreich derzeit beim Breitbandbüro angesiedelt sind. Zusätzlich arbeiten diese Zentren aber auch aktiv an der Rolle des Breitbandausbaus für die Gesellschaft und vermitteln diese medienwirksam. Damit übernehmen sie in gewisser Weise Marketingaufgaben, die die Nachfrage nach ultraschnellen Breitbandverbindungen zusätzlich antreiben können. Betreiber Nutzer Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 72 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Für einen effizienten Breitbandausbau müssen zahlreiche Dokumente und Vorlagen zentral erarbeitet werden. Auch in internationalen Beispielen zeigt sich, dass zentrale Dokumentvorlagen den Ablauf erheblich vereinfachen können. Diese werden häufig von den Kompetenzzentren erstellt. Die Dokumente erfüllen damit gleich mehrere Zwecke: • Effizienz Die Dokumente werden einheitlich ausgearbeitet und laufend verbessert. Es muss nicht jede Gemeinde „das Rad neu erfinden“. Das spart Zeit und ermöglich das Lernen aus Fehlern bisheriger Projekte auf dem gesamten Bundesgebiet. • Rechtssicherheit Die Ausgestaltung wird einheitlich mit sämtlichen Rechtsvorschriften abgestimmt und im Bedarfsfall notifiziert. Das spart wieder Zeit und letztlich auch Kosten, die durch die neuerliche Prüfung und Rechtsgutachten entstehen würden. • Planungssicherheit Besonders kleine Gemeinden haben bisher weder Erfahrung mit dem Breitbandausbau noch generell mit großvolumigen Ausschreibungsverfahren. Checklisten und Ablaufprotokolle bringen hier einen roten Faden durch das gesamte Projekt und dienen als Leitfaden von der ersten Grobplanung bis zur Errichtung der Verträge. Damit können Fehler durch schlichtes Auslassen einzelner Planungsschritte vermieden werden. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Folgende Dokumente sollten dabei zur Verfügung gestellt werden: • • • • • • • • • • • Checkliste und Leitfaden für den gesamten Projektablauf Ansprechpersonen und Anlaufstellen sowie Informationen zu deren Rollen Ablauf und Inhalt der Grobplanung Anforderungen an die Detailplanung Ausschreibungsunterlagen Rechtliche Hintergrundinformationen und Normen/Richtlinien/Entscheidungen etc. Service Level Agreements für Betreiber Verlegerichtlinien für die Leerrohrförderung Technische Mindestanforderungen für geförderte Projekte Förderansuchen und -voraussetzungen Modellrechnung zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeitslücke 26. Juni 2015 73 Kapitel 11 – Organisation und Umsetzung Eine bundesweite Infrastrukturgesellschaft könnte sich an Eigentum in öffentlicher Hand direkt beteiligen. In dieser Variante beteiligt sich eine bundesweite Infrastrukturgesellschaft direkt an jenen Investitionen, die Gemeinden oder Länder tätigen. Dabei wäre einerseits eine Beteiligung an den Investitionen möglich, andererseits jedoch auch eine direkte Eigenkapitalbeteiligung. In jedem Fall unterscheidet sich diese Variante grundlegend von den ersten beiden. Hier wird die Kontrolle auf Seite des Bundes nicht mehr nur durch Richtlinien sichergestellt, sondern vor allem durch gesellschaftsrechtliche Regelungen. In diesem Sinne bietet diese Variante die größtmögliche Kontrolle im Hinblick auf die Einhaltung der bundesweit definierten Ziele und Vorgaben beim Breitbandausbau, da auf sämtliche Entscheidungen direkt Einfluss genommen werden kann. Dem gegenüber steht eine erheblich größere Arbeitsbelastung, da die zentrale Stelle nun in jedem Projekt involviert ist. Das wird auch personell einen weitaus höheren Bedarf ergeben als die ersten beiden Varianten. Der größte Unterschied liegt jedoch im Risiko, welches der Bund in diesem Szenario tragen würde. Durch den direkten Einsatz von Eigenkapital ist der Bund naturgemäß auch am unternehmerischen Risiko der jeweiligen Landesinfrastrukturgesellschaft beteiligt. Das größere Mitspracherecht wird also nicht nur durch deutlich mehr Aufwand, sondern auch durch erhöhtes Risiko erkauft. Vor dem Hintergrund einer praktikablen Abwicklung ist daher von einer Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft auf Bundesebene eher abzuraten. In internationalen Beispielen findet sich keine erfolgreiche Umsetzung dieser Variante. Anders mag diese Beurteilung auf Landesebene ausfallen, da die Anzahl der Projekte hier wieder überschaubar wird. Eine Beteiligung an diesen Landesgesellschaften durch Eigenkapital birgt jedoch das gleiche Risiko. Letztlich bleibt zusätzlich die Frage, ob es eine Landesinfrastrukturgesellschaft überhaupt in jedem Bundesland geben wird. Sollte das nicht der Fall sein, müsste ohnehin für diese Bundesländer eine der ersten beiden Varianten zusätzlich umgesetzt werden. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 74 Kapitel 12 Internationale Beispiele Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 75 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweiz Kurzbeschreibung: In der Schweiz wurde bereits vor Jahren der politische Entschluss gefasst, eine internationale Spitzenposition in der Versorgung mit ultraschnellem Breitband einzunehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden umfassende Maßnahmen ergriffen, letztlich gehört die Schweiz aber auch zu jenen Ländern mit den höchsten Ausgaben für das Kommunikationsnetz. Dabei treiben nicht nur die traditionellen Telekomunternehmen den Ausbau voran. Auch die Energieversorger nutzen ihre bestehenden Trassen für die Verlegung von zukunftsfähigen Glasfaserleitungen. Zusätzlich bauen auch Kabelnetzbetreiber großteils auf Glasfasernetze, bei denen lediglich die letzten Meter auf Koaxialkabel basieren. Gesetzlich müssen auch in der Schweiz bestehende Infrastrukturen anderen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Diese alternativen Anbieter ohne eigene Netze müssen dann eine angemessene Nutzungsgebühr an die Eigentümer der Infrastruktur entrichten. Beim Endnutzer kommen in der Regel vier Fasern an, über die Dienste von mehreren Anbietern in Anspruch genommen werden können. Zum Unterschied von der EU geht die Schweiz einen Weg der möglichst geringen Regulierung des Kommunikationsnetzes. Gemäß diesem Ansatz sollen Märkte nur dann reguliert werden, wenn ein Marktteilnehmer seine Marktstellung zu Ungunsten anderer Marktteilnehmer oder Verbraucher ausnutzt. Daher ist das Glasfasernetz, im Gegensatz zum Kupfernetz, völlig unreguliert. Der Erfolg gibt der Schweiz recht, denn die Versorgung mit ultraschnellem Breitband ist im Gegensatz zur EU weit fortgeschritten. Die realen Zugangsgeschwindigkeiten liegen deutlich über europäischem Durchschnitt. Die Politik der geringen Regulierung fördert Investitionen der privaten Unternehmen und damit die Ausbaugeschwindigkeit. Der Wettbewerb findet damit um das Netz statt, nicht zwingend auf dem Netz. Dieser Ansatz ist jedoch mit der europäischen Regulierung nicht vereinbar. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 76 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweiz Mögliche Problemfelder: Das Schweizer Modell fördert Investitionen privater Unternehmen. Neben Telekommunikationsanbietern stellt der Glasfaserausbau auch für Kabelnetzbetreiber oder Energieversorger einen interessanten Business Case dar. Durch die Vielzahl an Anbietern und Betreibern ist die gegenseitige Nutzbarkeit sicherzustellen. Ein weiteres potentielles Problemfeld ist die Eigenschaft von Glasfasernetzen als natürliches Monopol. Jener Anbieter, der die erste Glasfaser zu einem Endkunden legt, hat den Wettbewerb sozusagen schon gewonnen, da die Leistungskapazitäten für Jahrzehnte ausreichen werden. Das Modell sollte neben der Investitionssicherheit auch den Wettbewerb unterstützen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist jedoch nicht zuletzt das Angebot neuer Dienste. In der Schweiz hat zeitversetztes Fernsehen in HD einen enormen Zuwachs erfahren. Dieser Dienst stellt somit einen wesentlichen Treiber für ultraschnelle Kommunikationsnetze dar und forciert den weiteren Ausbau. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 77 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweiz Lösungen: Runde Tische Die Erfahrung der Schweiz zeigen, dass der Gesamterfolg des Breitbandausbaus wesentlich gesteigert werden kann, wenn frühzeitig sämtliche Projektbeteiligte involviert werden. Konkret wurden die technischen Standards frühzeitig harmonisiert, um die Mitnutzung von Teilstrecken möglich zu machen. Regulierung gering halten (soweit möglich) Die Schweiz wählte bewusst einen Weg der möglichst geringen Regulierung. Gerade das ultraschnelle Kommunikationsnetz unterliegt keiner Regulierung und bietet damit Rechtssicherheit und Investitionssicherheit für private Anbieter. Dies dient der Ausbaugeschwindigkeit und der Erfolg bestätigt bisher die Annahmen. Auch wenn die Regulierung großteils aus EU-Vorgaben besteht, so sollten zumindest nationale Bestimmungen diese Regulierung nicht noch weiter verstärken. Dienste anbieten und vermarkten Nicht zuletzt sind es jedoch die Dienste, die die Nachfrage nach ultraschnellen Breitbandverbindungen ankurbeln. Dadurch entsteht größere Nachfrage nach höheren Bandbreiten, was den Ausbau zusätzlich beschleunigt. In Zukunft ist dadurch möglicherweise ein profitabler Ausbau von ländlichen Gebieten möglich, die bisher nur mit Förderungen erreicht werden konnten. Das Schweizer Modell zeigt, dass der Breitbandausbau nicht nur von den etablierten Telekomunternehmen vorangetrieben werden muss. Alternative Anbieter an den Tisch zu bringen kann den Ausbau positiv beeinflussen und den Wettbewerb steigern. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 78 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Südtirol Breitband Südtirol Kurzbeschreibung: In Südtirol hat sich die Landesverwaltung für einen flächendeckenden Breitbandausbau durch öffentliche Mittel entschieden. Dazu werden Mittel aus dem Rotationsfonds verwendet, die als zinsfreie Darlehen mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren an die Gemeinden vergeben werden. Diese errichten damit die passive Infrastruktur und stellen diese anschließend interessierten Betreibern zu gleichen Konditionen zur Verfügung. Dafür müssen die Betreiber eine Nutzungsgebühr entrichten. Aus dieser Nutzungsgebühr sollen sich die Investitionen in die passive Infrastruktur langfristig refinanzieren. Gleichzeitig werden sämtliche öffentliche Einrichtungen (Schulen, Bibliotheken etc.) an ein öffentliches Verwaltungsnetz angeschlossen. Das Land stellt dabei die Backbone- und Backhaulverbindungen zur Verfügung, während die Zugangsnetze im Gemeindegebiet von der Gemeinde finanziert und geplant werden sollen. In Südtirol kommen dabei sowohl im Zubringer- als auch im Zugangsnetz ausschließlich Glasfaserverbindungen zum Einsatz. Eine andere Technologie ist für den öffentlichen Ausbau nicht vorgesehen. Nach aktuellem Kenntnisstand entspricht das im Ansatz der Strategie des Landes Niederösterreich, zumindest in den derzeit bekannten 5 Pilotregionen. Offen ist, ob in Niederösterreich auch in das Zugangsnetz investiert wird, oder lediglich in Backbone und Backhaul. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 79 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Südtirol Lessons Learnt Mögliche Problemfelder: Voraussetzung ist die ausreichende Analyse der Geschäftsmodelle der bestehenden Betreiber. Da in Südtirol ein zukunftsfähiges Glasfasernetz bis zum Nutzer (FTTB/FTTH) entstehen soll, ist die bestehende Kupferinfrastruktur als direkte Konkurrenz anzusehen, die durch Fördergelder nicht weiter verbessert werden soll. In diesem Sinne verfolgt die Landesverwaltung hier einen revolutionären Ansatz, bei dem innerhalb weniger Jahre eine flächendeckende Versorgung durch das neue Netz bestehen soll. Es besteht in dieser Festlegung der Technologie eine weitere Gefahr: Sämtliche europäischen Vorgaben zum Breitbandausbau basieren auf der technologieneutralen Gestaltung von Förderprogrammen. Da in Südtirol auch EU-Fördermittel, konkret Mittel aus dem EFRE, zum Einsatz kommen sollen, ist auch das eher kritisch zu sehen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 80 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Südtirol Lessons Learnt Lösungen: Notifikation im Vorfeld Um diesem Problemfeld im Vorfeld zu entgehen, empfiehlt sich eine Notifikation des Breitbandförderprogramms. Gerade die Vorgabe der Technologieneutralität ist hier eine wesentliche Voraussetzung und wird im Zuge der Notifikation geprüft. Ebenso wichtig ist die Nutzungsmöglichkeit für sämtliche interessierte Betreiber zu gleichen Konditionen. Aus diesem Grund sollten keine Einzelvereinbarungen getroffen werden, bevor das Gesamtmodell nicht geplant wurde. Anbieter und deren Strategie einbeziehen Außerdem müssen die Geschäftsmodelle der bisherigen Anbieter strategisch berücksichtigt werden. Diese Problematik lässt sich aber dadurch umgehen, einen eher evolutionären Ausbauplan vorzuziehen. In diesem Sinne sollten Investitionen in passive Infrastruktur eher im Backbone- und Backhaulbereich erfolgen. Nachfrage berücksichtigen und Marktentwicklung ermöglichen Das Zugangsnetz sollte sich anschließend durch Marktinvestitionen und in Abhängigkeit der tatsächlichen Nachfrage entwickeln. Es ist durchaus zielführend, in einem ersten Schritt Glasfaser näher an den Kunden zu bringen, jedoch in den nächsten Jahren Kupfer abschnittsweise zu nutzen. Würde die Nachfrage nach Bandbreiten von mehr als 100 Mbit/s in naher Zukunft rasant steigen, sollte ein Ausbau bis ins Gebäude unter Marktbedingungen möglich sein. Südtirol nimmt den Ausbau selbst in die Hand und baut Infrastruktur im öffentlichen Eigentum aus. Gleichzeitig werden sämtliche öffentliche Einrichtungen angeschlossen und e-government entwickelt. So wird die take-up rate aktiv verbessert. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 81 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Deutschland - Breitbandzentrum Bayern Nachdem mithilfe des Förderprogramm von 2007-11 die Grundversorgung mit Internet in Bayern nahezu flächendeckend hergestellt werden konnte, lag die Breitbandversorgung im Freistaat Bayern nur im Mittelfeld der deutschen Bundesländer. Um Bayern in eine Spitzenposition innerhalb Deutschlands zu bringen wurde 2012 ein Programm zur Förderung von NGA Breitbandnetzen notifiziert, das im Dezember 2012 von der EU-Kommission genehmigt wurde. Anders als andere deutsche Bundesländer lässt der Freistaat ein eigenes Förderprogramm notifizieren (nicht basierend auf der Bundesrahmenregelung Leerrohre, wie z.B. Hessen) und stellt Landesmittel in erheblichem Umfang zur Verfügung (EUR500Mio., 2013 erweitert auf EUR1,5 Mrd.). Dabei setzt der Freistaat auf ein Zuschussmodell, bei dem die Wirtschaftlichkeitslücke gefördert wird. Zuwendungsempfänger sind die Kommunen oder Zusammenschlüsse von Kommunen zur Deckung der Wirtschaftlichkeitslücke der Anbieter. Während das bayerische Förderprogramm auch Landkreisen oder Zweckverbänden offen steht, erfolgt die überwiegende Mehrzahl der Projekte auf Ebene der einzelnen Kommunen. Zum Ende des ersten Quartals 2015 standen rund 85% der 2056 bayerischen Kommunen im Verfahren. Das bayerische Förderprogramm wurde nach Übernahme des Programms durch das Finanzministerium (vom Wirtschaftsministerium) überarbeitet und neu notifiziert. Neben einer Verdreifachung der eingesetzte Landesmittel wurden die Förderhöchstbeträge von vormals EUR500k auf bis zu EUR1.000.000 erhöht, während die Förderquoten von 40-80% auf 60%90% erhöht wurden. Zudem wurde das Verfahren vereinfacht und die kommunale Beratung durch die Hinzunahme der Vermessungsämter in die Breitbandberatung der Kommunen noch einmal deutlich erweitert. Eine zentrale Bedeutung kommt in Bayern dem Breitbandzentrum zu, das ein breites Aufgabenspektrum abdeckt: • • • • • • Mobilisierung der kommunalen Ebene und Vorantreiben des Ausbaus Beratung und Begleitung der Kommunen in technischen, verfahrenstechnischen Fragen Ansprechpartner für alle anderen beteiligten Akteure (Netzbetreiber, Planungsbüros, Regulierer, Zuwendungsbehörden…) Betrieb einer Plattform zur Unterstützung des Förderprogramms (Musterdokumente, Veröffentlichungen) Veranstaltungen, Schulungen zu unterschiedlichen Themen rund um den Breitbandausbau Prozess Monitoring/Controlling, Ausbaumonitoring für das Ministerium Das Breitbandzentrums ist somit „Öl“ im Fördergetriebe, sichert die jederzeitige Sprachfähigkeit des zuständigen Ministeriums, betreibt Früherkennung von Themen und möglichen Problemen und kann im Hinblick auf die politische Zielsetzung auch eine proaktive Rolle einnehmen Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 82 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Deutschland - Breitbandzentrum Bayern Mögliche Problemfelder: Mobilisierung und Begleitung Nicht alle Kommunen ordnen dem Breitbandausbau dieselbe hohe Priorität zu, wie es auf Ebene des Bundes bzw. der Landesregierung der Fall ist. Im Sinne einer flächendeckenden Verbesserung der Versorgung ist somit ein einerseits Überzeugungsarbeit zu leisten, andererseits ist dafür zu sorgen, dass auch die personell schwächer besetzten Verwaltungen das anspruchsvolle Verfahren sicher und zügig durchlaufen können. Flächendeckung vs. Zukunftssicherheit vs. Budget vs. Zeitfaktor Der Breitbandausbau findet grundsätzlich in einem Spannungsfeld der genannten Faktoren statt. Dem politischen Wunsch nach Flächendeckung und möglichst zukunftsfähiger Infrastruktur stehen zum einen der Zeitdruck, aber vor allem limitierte Budgets gegenüber. Die Optimierung dieses Spannungsfeldes im Interesse der Kommune erfordert fachkundige (Technik, Verfahren) und objektive Begleitung – überlappende Interessen des Bundes/Landes, der Gemeinde, ihrer beratenden Büros und den Netzbetreibern können hier nicht vorausgesetzt werden. Wichtige Themen sind hier beispielsweise der Grad der Flächendeckung in der Planung (Umgang mit Ortsteilen, Weilern, Einzelhöfen), die Bandbreitenanforderungen und der daraus resultierende Technologiemix (z.B. unterschiedliche Beplanung von Gewerbe- und Wohngebieten?) aber auch die übergeordnete und langfristige Ausbaustrategie, Nutzung kommunaler Infrastruktur und die Koordination mit benachbarten Kommunen. Neue Konzepte, neue Herausforderungen, sich entwickelnde Ansprüche Der Technologiebereich weist in der Regel kürzere Zyklen auf, als die typische Laufzeit eines Förderprogramms. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Veränderungen zu erkennen und darauf reagieren zu können. Durch laufendes, enges Monitoring kann das Breitbandzentrum Herausforderungen, aber auch mögliche Fehlentwicklungen früh erkennen und bei Bedarf angemessene Maßnahmen einleiten. Dies kann bedeuten, dass bestimmte Praktiken eingestellt und die Musterdokumente und Leitfäden entsprechend überarbeitet werden, aber auch, dass innerhalb des bestehenden (förder)rechtlichen Rahmens neue Wege für sich entwickelnde Bedarfe gefunden werden. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 83 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Deutschland - Breitbandzentrum Bayern Lösungen: Aktive Bewusstseinsbildung Da die Projekte auf Gemeindeebene abgewickelt werden ist es notwendig, das Thema aktiv dort voranzutreiben. Dazu dienen Informationsveranstaltungen und –materialien. Im Idealfall bietet ein Breitbandzentrum einen roten Faden durch den Projektablauf durch Vorlagen und Leitlinien. Um einen effizienten und raschen Projektablauf zu gewährleisten muss auch proaktiv Unterstützung angeboten werden. Ausbauplanung plausibilisieren Ein zentrales Breitbandzentrum muss die Erfahrungen aus anderen Projekten in die Planung einbringen. Auf Basis der gesammelten Daten können Angebote hinsichtlich ihrer technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit beurteilt werden. Mit dieser Aufgabe wären Gemeinden oft überfordert. Das Breitbandzentrum kann auch die Qualität der jeweiligen Berater prüfen, indem gewisse Kennzahlen (Kosten pro lfm. Leerverrohrung, Take-up Rate, etc.) verglichen werden können. Monitoring und Controlling Um die Zielerreichung jederzeit beurteilen zu können, müssen entsprechende Monitoring- und Controllingmaßnahmen getroffen werden. Dabei muss neben dem jeweiligen Projekt auch der landesweite Ausbaufortschritt erfasst werden. Nur dadurch kann ein effizienter Einsatz öffentlicher Mittel sichergestellt und dokumentiert werden, was letztlich im politischen Interesse liegen muss. Das Breitbandzentrum bietet nicht nur Informationen und Leitlinien zum Thema Breitbandausbau. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor liegt in der aktiven Ausgestaltung. Hier wird unkompliziert vermittelt, wenn Projekte ins Stocken geraten. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 84 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweden Kurzbeschreibung: Schweden ist Europas Vorreiter beim Thema Breitband. Bereits in den 1990er Jahren wurden die ersten Betreibermodelle entwickelt und umgesetzt. Der heute oft zitierte „open access“-Gedanke wurde hier schon früh als Schlüssel für die flächendeckende Breitbandversorgung identifiziert. Das schwedische Ausbauziel bleibt jedoch auch weiterhin ambitioniert: bis 2020 sollen 90% aller Haushalte und Unternehmen über einen Internetzugang mit mindestens 100 Mbit/s verfügen. Bis 2008 wurden ca. EUR 650 Mio. investiert, bei einer Förderquote von 50%. Neben klassischen Förderinstrumenten kamen in Schweden auch Steuererleichterungen zum Einsatz. Schweden folgt dabei dem betreiberneutralen Ansatz. Die Infrastruktur ist zu großen Teilen im Eigentum der öffentlichen Hand und wird allen Betreibern zu gleichen Konditionen zur Nutzung überlassen. Auf diese Weise entsteht reger Wettbewerb zwischen den Dienstanbietern auf der gleichen Infrastruktur. Festzuhalten ist, dass das Thema Breitband auch bei der schwedischen Bevölkerung auf großes Interesse gestoßen ist. Die Anschlusskosten auf den letzten Metern werden üblicherweise von den Nutzern direkt übernommen. Dabei können bei neu zu errichtenden Glasfaseranschlüssen durchaus Anschlussgebühren zwischen zwei und vier Tausend Euro entstehen. Entgegen vieler Experteneinschätzungen wurden diese Anschlussgebühren in Kauf genommen, um einen zukunftsfähigen Internetanschluss zu bekommen. Dies wurde durch Anreizsysteme unterstützt, die einen frühen Anschluss durch geringere Kostenbeiträge belohnen. Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass Schweden oft dort erhebliche Fortschritte mit Glasfaseranschlüssen gemacht hat, wo es vorher keine ausreichenden DSL-Verbindungen gab. In dieser Situation gleich auf die zukunftssichere Technologie zu setzen ist weitaus leichter durchzusetzen als ein kostenintensiver Umstieg nur die Verbindungsgeschwindigkeit zu steigern. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 85 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweden Mögliche Problemfelder: Technologische Neutralität Auch wenn der Open Access Gedanke hier sehr früh umgesetzt wurde und Wettbewerb in Schweden groß geschrieben wird, sind erhebliche Vorteile für TeliaSonera, dem früheren Telekommonopolisten, ersichtlich. Rund 65% der Aufträge zum Ausbau von Glasfasernetzwerken auf Gemeindeebene wurden an dieses Unternehmen vergeben. Dies ist durch den simplen Grund bedingt, dass es in vielen Orten schon Infrastruktur von TeliaSonera gab, diese den Anschluss unter erheblich niedrigeren Grenzkosten nur ausbauen mussten. Wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des IKT Gesetzes Der mit dem IKT Gesetz verbundene finanzielle Aufwand von 400 Mio € für die Anschließung von 1,6% der Bevölkerung steht in keinem Verhältnis. Somit werden diese Anschlüsse extrem hoch zulasten aller Steuerzahler subventioniert – doch alles zu Gunsten der digitalen Chancengleichheit. Der Spitzenplatz in internationalen Vergleichen ist daher auch als politisches Ziel anzusehen und sicher durch erhebliche Investitionen erkauft. Ob hier von effizientem Einsatz öffentlicher Mitteln gesprochen werden kann ist zumindest fraglich. Monopol der öffentlichen Hand Schweden ist dabei auch den Weg gegangen eigene Infrastruktur aufzubauen. Diese birgt das Problem in sich, dass private Investitionen von öffentlichen verdrängt werden. Dadurch werden möglicherweise negative Investitionsanreize gesetzt und in Gebieten könnte sich dadurch ein Monopol im Eigentum der öffentlichen Hand herausbilden. Dem steht letztlich der Wettbewerb der Dienstanbieter gegenüber, der den Markteingriff relativiert. Die Frage ist jedoch wieder, ob das Ausbauziel mit weniger Mitteleinsatz der öffentlichen Hand hätte erreicht werden können. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 86 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Schweden Lösungen: Betreiberneutraler ganzheitlicher Ansatz Die Schweden haben ihre eigene Herangehensweise zum Ausbau des Netzwerkes entwickelt und diese auch finanziell sehr gut unterstützt. Der betreiberneutrale Ansatz sorgt für regen Wettbewerb auf der öffentlichen Infrastruktur. Die Nutzer profitieren durch einfache Wechselmöglichkeit und dadurch bedingter hoch qualitativer und innovativer Dienste zu angemessenen Preisen. Steuerliche Anreize Neben den üblichen Förderinstrumenten kommen in Schweden auch Steuererleichterungen zum Einsatz. Diese können gerade in ländlichen Gebieten den entscheidenden Unterschied machen, um den privaten Ausbau doch noch profitabel zu gestalten. Stimulation der Nutzung breitbandintensiver Dienste Das Beispiel Schweden zeigt deutlich wie wichtig innovative Dienste für die Entwicklung des Breitbandnetzes sind. Erst wenn die Nutzer wirklichen Mehrwert in den entsprechend hohen Zugangsgeschwindigkeiten erkennen, sind sie auch bereit einen Kostenbeitrag zu übernehmen. Die Entwicklung von Diensten muss daher zu einem gewissen Anteil der Verbreitung des Breitbandnetzes vorausgehen. Schweden zählt heute zu den Spitzenreitern im Glasfaserausbau. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die breite Nachfrage nach hohen Bandbreiten, ausgelöst durch innovative Dienste, die Mehrwert bieten. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 87 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Slowakei Kurzbeschreibung: In der Slowakei verfügen insgesamt ca. 36% über einen Glasfaseranschluss. In Bratislava steigt dieser Wert sogar auf etwa 70%. Damit nimmt die Slowakei einen Spitzenplatz innerhalb Europas ein, wenn es um die Versorgung mit ultraschnellen Internetzugängen geht. Damit ist die Slowakei auch deutlich vor Österreich zu finden. Der Grund hierfür liegt vor allem in der fehlenden Infrastruktur bei Beginn des Ausbaus. Da in den ehemaligen Ostblock-Staaten ohnehin neue Infrastruktur aufgebaut werden musste, war es ein logischer Schritt, gleich auf die zukunftssichere Lösung zu setzen. Damit verbunden war in der Regel die politische Entscheidung, möglichst schnell die Wettbewerbsnachteile gegenüber den restlichen Europäischen Staaten aufzuholen. Die Infrastruktur war ein wichtiger Bestandteil für die Standortattraktivität und damit verbundene Investitionen, vor allem von Unternehmen. Durch die gute Ausbausituation herrscht in der Slowakei bereits reger Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern im Glasfasernetz. Internetprodukte mit Downloadraten von 100 Mbit/s sind bereits unter EUR 30 pro Monat zu haben. In Österreich werden derartige Geschwindigkeiten nur von Kabelbetreibern oder Energieversorgern angeboten. Diese haben in der Regel im jeweiligen Ausbaugebiet eine lokale Monopolstellung. Daher bewegen sich die Preise eher zwischen EUR 60 und 80 für vergleichbare Produkte. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 88 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Slowakei Mögliche Problemfelder: Fehlende Rechtssicherheit Vor allem die Mitnutzung von neu errichteten Glasfasernetzen von alternativen Netzbetreibern stellt eine veritable Gefahr für die Geschäftsmodelle der Telekombetreiber dar. Aus diesem Grund investieren derzeit vor allem Kabelnetzbetreiber und Energieversorger in den Glasfaserausbau. Im Zweifel wird daher nicht investiert. Regulierung Die Zusage von Investitionsschutz ist in Europa im Hinblick auf die gültige Regulierung zu prüfen. Der Telekommunikationsmarkt ist in der Slowakei seit dem EU-Beitritt ebenfalls liberalisiert. Ein Eingriff in den Markt ist daher wie in Österreich nur in Ausnahmefällen möglich. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 89 Kapitel 12 – Internationale Beispiele Umsetzungsbeispiel Slowakei Lösungen: Politische Entscheidung zu wettbewerbsfähiger Infrastruktur Der Aufbau von zukunftssicherer Infrastruktur war vor allem eine politische Entscheidung. Um Investitionen zu stimulieren und die Standortattraktivität zu erhöhen, war ein Ausbau der Infrastruktur dringend notwendig. Die Versorgung mit Breitbandzugängen war vor dem Glasfaserausbau in vielen Gebieten überhaupt nicht vorhanden. Investitionsschutz Die Mitnutzungsrechte von alternativen Netzbetreibern war in Europa lang ein Hemmnis für den Glasfaserausbau. Da keiner der etablierten Telekombetreiber rechtliche Sicherheit hatte, wurde im Zweifel nicht investiert. Damit kam es in vielen europäischen Ländern zum Versäumnis des rechtzeitigen Ausbaus, darunter auch in Österreich. In der Slowakei hat man die Telekombetreiber ermuntert trotzdem zu investieren, und ihnen im Gegenzug größtmöglichen Investitionsschutz versprochen. Auch das Beispiel der Slowakei zeigt, dass politischer Wille notwendig ist um eine Spitzenposition einzunehmen. Zukunftsfähige Infrastruktur wird als wesentlicher Faktor für Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 90 Appendix 1 Rechtliche Grundlagen Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 91 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Der Breitbandausbau ist von mehreren Regelungen, auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene, betroffen. TKG EU-Recht allgemein • Regulierung • Mitbenutzung bestehender Infrastruktur • Entgeltregelungen Beihilfenrecht Wettbewerbsrecht Vergaberecht Einsatz von Mitteln aus den Strukturfonds • Notifikation • • • • Rechtlicher Rahmen EU-Recht spezifisch • Digitale Agenda • Kostensenkungsrichtlinie beim Breitbandausbau Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Sonstige Normen • Bundesvergabegesetz • Finanzausgleich • Förderrichtlinien 26. Juni 2015 92 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Auf EU-Ebene kommen spezielle Normen zur Anwendung, aber auch die grundsätzlichen Regelungen zum Einsatz öffentlicher Mittel. Auf europäischer Ebene müssen mehrere Richtlinien und Verordnungen berücksichtigt werden. Die folgenden Rechtsquellen haben grundsätzlich hohe Bedeutung beim Breitbandausbau, insbesondere bei der Förderung durch die öffentliche Hand. Richtlinie 2014/61/EU ( über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation Diese Richtlinie gibt vor, Kosteneinsparungspotenziale beim Ausbau von Breitbandnetzen zu realisieren. Diese Potenziale können beispielsweise durch die Mitbenutzung von bestehender Kommunikationsinfrastruktur realisiert werden. Außerdem wird hier die transparente Planung von zukünftigen Bauarbeiten angeregt, um auch hier Kosteneinsparungen zu erzielen. Ziel der Richtlinie ist es, die Baukosten auf ein Minimum zu beschränken und durch transparente Planung Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Verordnung 1303/2013 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und mit besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 Die Verordnung regelt den Einsatz von finanziellen Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Mittel aus dem EFRE können grundsätzlich auch für den Breitbandausbau zur Verfügung gestellt werden. Artikel 101 ff bzw. 107 ff des Vertrags über die Arbeitsweise der EU Diese Artikel des EG-Vertrags regeln den Wettbewerb innerhalb der EU sowie den Einsatz staatlicher Beihilfen und sind daher auch bei der Förderung des Breitbandausbaus durch die öffentliche Hand relevant. Die Einhaltung dieser Artikel ist wiederum Voraussetzung für den Einsatz von Mitteln aus den Strukturfonds. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 93 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Für die Einhaltung der EU-Richtlinien empfiehlt sich eine rechtzeitige Notifikation oder Freistellung der Förderrichtlinie. Da beim Breitbandausbau öffentliche Mittel eingesetzt werden, ist davon auszugehen, dass das Ausbauprogramm notifiziert oder freigestellt werden muss. Die Notifikation ist sozusagen die Feststellung, dass die Förderung trotz Einsatz öffentlicher Mittel keinen ungerechtfertigten Eingriff in den Markt darstellt. Sollte ein Eingriff in den Markt notwendig sein, sind die Voraussetzungen transparent zu gestalten, um den Einfluss der öffentlichen Hand auf den freien Markt so gering wie nur möglich zu halten. Folgende Maßnahmen könnten beispielsweise einen Eingriff in den Markt darstellen: Diese Aufzählung ist indikativ und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll nur veranschaulicht werden, wie schnell ein Berührungspunkt zu den entsprechenden Normen hergestellt werden kann. Um einen derartigen Eingriff in den Markt dennoch zu rechtfertigen, müssen in der Regel die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: • die direkte Förderung eines privaten TelekomAnbieters • die Einräumung eines Nutzungsrechts am bestehenden Kommunikationsnetz zu günstigeren Preisen als marktüblich (oder gar kostenlos) • der Aufbau von Eintrittsbarrieren in den Markt durch die vertragliche Ausgestaltung einer Konzession • die Bevorzugung von gewissen Technologien (z.B. der kategorische Ausschluss von Funklösungen) • es herrscht Marktversagen; • die bestehende Infrastruktur ist bekannt und erfasst; • es erfolgt eine transparente Projektplanung; und • der private Partner wird durch eine öffentliche Ausschreibung ermittelt. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Die Notifikation nimmt mindestens 4 bis 5 Monate in Anspruch 26. Juni 2015 94 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Der Einsatz öffentlicher Mittel ist nur in Gebieten gerechtfertigt, in denen Marktversagen herrscht. Der Einsatz öffentlicher Mittel bzw. ein Eingriff der öffentlichen Hand in den Markt ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft. In internationalen Projekten, bei denen die Förderrichtlinien bereits notifiziert sind, finden sich häufig die folgenden Voraussetzungen: 1. Marktversagen Um von Marktversagen sprechen zu können, ist zunächst eine transparente und einheitliche Vorgehensweise zu entwerfen, wie Marktversagen überhaupt festgestellt werden soll. Es empfiehlt sich, eine Einteilung in weiße, graue und schwarze Flecken vorzunehmen. Diese stellen eine Kartographierung auf Basis der aktuell zur Verfügung stehenden Verbindungsgeschwindigkeit dar. Weiße Flecken können z.B. Gebiete mit einem Durchsatz unter 2 Mbit/s sein. Ziel ist es, öffentliche Mittel vorrangig dort einzusetzen, wo derzeit der größte Aufholbedarf herrscht. In der Regel ist zusätzlich zu ermitteln, ob der Markt diese Unterversorgung nicht vielleicht doch aus freien Stücken behebt. Zusätzlich wird häufig erhoben, ob private Telekommunikationsanbieter in den nächsten drei Jahren einen Ausbau des entsprechenden Gebietes planen. 2. Bestehende Infrastruktur ist bekannt Bevor öffentliche Mittel für den Breitbandausbau in einer Region eingesetzt werden, um diesen voranzutreiben, muss die bestehende Infrastruktur erfasst und veröffentlicht werden. Dies ist notwendig, um allen interessierten privaten Partnern einen Ausbau auf Basis der bereits zur Verfügung stehenden Infrastruktur zu ermöglichen. Dadurch können erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden, weil Doppelgleisigkeiten verhindert werden. Dies ist Voraussetzung im Sinne eines effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 95 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Der Einsatz öffentlicher Mittel ist nur in Gebieten gerechtfertigt, in denen Marktversagen herrscht. 3. Transparente Projektplanung Das abgrenzbare Projekt sollte auf Basis der bestehenden Infrastruktur detailliert geplant werden. Diese Vorgabe garantiert Kosteneffizienz und gleiche Bedingungen für alle privaten Bewerber. Um dies einzuhalten, könnte die Projektplanung Voraussetzung für den Einsatz von finanziellen Mitteln darstellen. Ein häufiger Anreiz für die Detailplanung ist die Förderung von Planungsmaßnahmen durch öffentliche Mittel. Alternativ kann ein Teil der Fördermittel bereits sehr früh im Projektablauf zur Verfügung gestellt werden, um damit Planungsmaßnahmen finanzieren zu können. 4. Öffentliche Ausschreibung Der Einsatz öffentlicher Mittel sollte den Wettbewerb unter privaten Anbietern ermöglichen. In aller Regel wird daher der private Anbieter durch eine öffentliche Ausschreibung ermittelt. Es ist jeder Anbieter zu wählen, der am wenigsten öffentliche Mittel verwendet (geringste Wirtschaftlichkeitslücke). Auch für diese Überlegungen empfehlen sich einheitliche Standards und Leitlinien. Die Ausschreibung darf kein Monopol aufbauen. Anreiz für eine angemessene Planung ist oft die Förderung der Kosten dafür. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 96 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Jedermann ist berechtigt, Kommunikationsnetze und -dienste (…) bereitzustellen. Nationales Telekommunikationsgesetz (TKG) Das nationale Telekommunikationsgesetz gilt auch für die Eigentümer und Betreiber der künftig zu errichtenden Infrastruktur im Rahmen des Breitbandausbaus. Dabei gibt es verschiedene Varianten. Unter den bis jetzt vorgestellten Modellen ist auch der direkte Ausbau durch die öffentliche Hand. Dabei verbleibt anschließend das Eigentum in öffentlicher Hand. Dabei stellt sich die Frage, ob Körperschaften öffentlichen Rechts ohne weiteres in den Telekommunikationsmarkt einsteigen können. § 14 TKG regelt dabei klar, dass jedermann, auch Gemeinden, Kommunikationsnetze und -dienste anbieten können. Die Anzeigepflicht trifft jedoch auch öffentliche Anbieter. In diesem Sinne wäre es nicht hinderlich, wenn die öffentliche Hand den Ausbau direkt vornimmt und dann Nutzungsrechte am öffentlichen Netz anbietet. Damit ist aber auch klar, dass sämtliche Vorgaben des TKG unter Umständen auch für Körperschaften öffentlichen Rechts zur Anwendung kommen können. Gemeinden können Kommunikationsnetze und -dienste anbieten und Nutzungsrechte vergeben. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 97 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Der Einsatz öffentlicher Mittel ist nur in Gebieten gerechtfertigt, in denen Marktversagen herrscht. Nationales Telekommunikationsgesetz (TKG) Die nationale Gesetzgebung in Form des TKG spielt beim Breitbandausbau eine wesentliche Rolle. Das TKG schreibt der Regulierungsbehörde eine entscheidende Rolle zu, da diese einen zentralen Leitungsplan aller Telekommunikationsleitungen und sonstiger Telekominfrastruktur zu führen hat. Dieser umfasst neben bestehenden Verbindungen auch Leerrohre, die für den zukünftigen Ausbau genutzt werden könnten. Diese Regelung wird in Verbindung mit der „EU-Richtlinie zur Kostensenkung beim Breitbandausbau“ die Idee der Mitbenutzung noch stärker als bisher forcieren. In Zukunft ist es nicht nur notwendig, bestehende Leitungen nach Möglichkeit anderen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen – es ist sogar nur in Ausnahmen möglich, neue Verbindungen dort zu errichten, wo bereits bestehende Infrastruktur vorhanden wäre. Wegen der Richtlinie ist es ebenfalls notwendig, eine Planung über bestehende Infrastruktur zu führen. Zusätzlich werden dafür aber auch die in Zukunft geplanten Erdbauarbeiten eingetragen („Grabungsatlas“). Da sonstige Tiefbauarbeiten üblicherweise im Aufgabengebiet der Gemeinde liegen, wird der Grabungsatlas auch auf dieser Ebene erstellt werden. Für einen effizienten Breitbandausbau ist es jedoch unerlässlich, dass diese Planungen auch auf Ebene der Länder zusammengeführt werden. Auf dieser Ebene ist der landesweite Ausbau zu erfassen und auf Synergien zu prüfen. Um die notwendigen Daten zu erhalten, kann der Erhalt der Detailplanung als Fördervoraussetzung definiert werden. Die Regulierungsbehörde kann nun die einzelnen Planungen der Bundesländer in eine zentrale, bundesweite Erfassung aufnehmen („Breitbandatlas“). Die Effizienz und damit die Geschwindigkeit des Breitbandausbaus wird wesentlich davon abhängen, wie gut der Weg von der Detailplanung bis zur bundesweiten Planung funktioniert. Erst dadurch werden Synergien ersichtlich. Wesentlich ist, dass der Breitbandatlas in Zukunft die tatsächlich verfügbaren Zugangsgeschwindigkeiten aufzeigt, und nicht den theoretisch möglichen Durchsatz. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 98 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Die gesetzlichen Regelungen müssen im Businessplan berücksichtigt werden. Nationales Telekommunikationsgesetz (TKG) Ein zweiter wesentlicher Punkt ist die Mitbenutzung von bestehender Infrastruktur. Diese Regelung, die grundsätzlich den Wettbewerb unterstützen soll, gilt auch für die neu errichtete Infrastruktur im Rahmen des Breitbandausbaus. Das heißt konkret, dass ein privater Anbieter, der als Bestbieter in einer Ausschreibung ein Gebiet ausbauen soll, auch weiteren Anbietern die Nutzung der Infrastruktur ermöglichen muss. Dabei ist es unerheblich, ob die Leitung im Eigentum des Anbieters oder der öffentlichen Hand liegt. Das kann unter Umständen dazu führen, dass die Take-Up Rate für den Ausschreibungsgewinner niedriger als geplant und der Businessplan damit nicht mehr realistisch ist. Es ist allerdings nicht zielführend diese Regelungen zu umgehen, da sie für den notwendigen Wettbewerb und damit kompetitive Preise für den Endnutzer sorgen. Der Einfluss potentieller weiterer Anbieter muss daher bereits von Beginn an berücksichtigt werden. Dies könnte dadurch umgangen werden, dass ein zentraler Betreiber für das Netz durch Ausschreibung ermittelt wird, welcher dann die Dienste sämtlicher interessierter Anbieter über das Netz bis zum Endkunden bringt. In diesem Fall ist für den Betreiber irrelevant, welcher Betreiber seine Dienste anbietet, solange insgesamt genügend Dienstanbieter an einem Zugang interessiert sind. Sollte es keinen zentralen Betreiber geben, muss umso mehr darauf geachtet werden, dass Nutzungsrechte zu gleichen und fairen Preisen an alle interessierten Betreiber vergeben werden, solange dies technisch möglich ist. In jedem Fall sollten die Zugangsrechte und Entgelte so ausgestaltet sein, dass sich im Sinne der Endnutzer Wettbewerb entwickeln kann. Nur so werden langfristig hochqualitative Services zu angemessenen Preisen auch im ländlichen Raum angeboten. Die Strukturierung der jeweiligen Fördermodelle darf jedoch kein Monopol im Bereich der angebotenen Dienste schaffen. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC 26. Juni 2015 99 Appendix 1 – Rechtliche Grundlagen Zentrale Dokumente und Vorlagen erleichtern die Einhaltung rechtlicher Normen und erhöhen die Qualität. Vergaberecht Bei jenen Förderinstrumenten bzw. -strategien, in denen der private Partner durch Ausschreibung ermittelt wird, sind selbstverständlich auch die Vergaberichtlinien einzuhalten. Gleichzeitig ist die Einhaltung dieser Normen auch beim Einsatz von Fördermitteln aus den Europäischen Strukturfonds obligat. Ausarbeitung einheitlicher Dokumente und Verträge Die Ausschreibungen werden auf Gemeindeebene beantwortet und durchgeführt. Gerade deswegen empfiehlt sich die Erarbeitung von zentralen und einheitlichen Vorlagen für Ausschreibungsunterlagen und Verträgen. Der Einsatz von Fördermitteln könnte sinngemäß an die Verwendung dieser Vorlagen gebunden sein. So ist sichergestellt, dass sämtliche Ausschreibungen dem gleichen Prozedere folgen. Gleichzeitig erlaubt diese Maßnahme Verbesserungsvorschläge einzelner Projekte in die zentralen Vorlagen einzuarbeiten und diese damit laufend zu verbessern. In diesem Sinne wirken sich zentrale Vorlagen positiv auf die Qualität der Ausschreibungen aus und können diese immer effizienter gestalten. Diese Vorgehensweise wurde in vielen internationalen Projekten bereits erfolgreich umgesetzt. Die Vorlagen umfassen dabei von der ersten Checkliste bis zum Förderantrag und den Ausschreibungsunterlagen sämtliche notwendigen Dokumente. Damit dienen die Vorlagen auch dazu, einen roten Faden durch die Antragstellung und das Ausschreibungsverfahren zu bieten. Das ist besonders für kleinere Gemeinden, die keine Erfahrung mit großvolumigen Ausschreibungen oder Breitband haben, besonders hilfreich. Breitband für Österreich • Evaluierung des Breitbandausbaus in Österreich für das BMVIT PwC Gemeinden sollen einfach und schnell an Informationen kommen – aber nicht auf den Ausbau warten 26. Juni 2015 100
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