Das schwache Geschlecht? Rollenverteilung in John Singer

Das schwache Geschlecht?
Rollenverteilung in John Singer Sargents Porträts um 1900
Gastvortrag von Nele Putz M.A. (Deutsches Forum für Kunstgeschichte, Paris)
am Institut für Kunstgeschichte der Universität des Saarlandes,
am Mittwoch, den 27. Januar 2016, um 18:15 Uhr,
Campus Saarbrücken, Gebäude B3 2, Hörsaal 0.03
Pressemeldung
Das Institut für Kunstgeschichte der Universität des Saarlandes lädt in diesem Semester zu
zwei Gastvorträgen ein, die sich mit der Porträtkunst befassen. Am 13. Januar 2016 spricht
Dr. Marlen Schneider (Paris/Saarbrücken) zum portrait historié im Frankreich des Ancien
régime, am 27. Januar 2016 Nele Putz M.A. (Paris) zum Thema „Das schwache Geschlecht?
Rollenverteilung in John Singer Sargents Porträts um 1900“.
John Singer Sargent ist einem breiten Publikum als Maler der Schönen, Reichen und Mächtigen der Zeit um 1900 bekannt. Sein Schaffen umfasst über 600 Porträts, darunter hauptsächlich Bildnisse von Amerikanern, Franzosen und Briten. Gelobt für seine fulminante
Technik, deren Lebendigkeit ihresgleichen sucht, galt seine Kunst dennoch lange als inhaltslos, als moralisch geradezu verwerflich, kurz – als glamouröse Fassade ohne tieferen Sinn.
Eine Kunst, die die dekadenten Lebensformen der Belle Epoque und des Gilded Age widerspiegelt und diesen nichts entgegenzusetzen scheint. Die Kunstgeschichte macht sich seit
einigen Jahren daran, Sargents etwas beschädigtes Image, das sich nach seinem Tod 1925
mehr und mehr der Kritik ausgesetzt sah, zu rehabilitieren. So fand 2015 die Ausstellung Sargent – Portraits of Artists and Friends statt, die in der National Portrait Gallery in
London und im Metropolitan Museum in New York zu sehen war. Hier klang an, es habe
auch einen anderen Sargent gegeben - einen Sargent, der experimentierfreudig und tiefsinnig
zumindest sein unmittelbares Umfeld auf die Leinwand zu bannen gewusst habe und dem
Unrecht geschehe, wolle man ihn auf das Klischee des ‚Society Painters‘ reduzieren.
Der Vortrag schließt an dieses Bestreben an, argumentiert jedoch, dass auch die vermeintlich
„glatten“, glamourösen Bildnisse für ihre Epoche erstaunlich avancierte Einsichten in
gesellschaftliche und intellektuelle Tendenzen geben und zudem soziale Rollenbilder zeigen,
die weit über eine bloße Abbildung der Gegebenheiten hinausgehen. Im Mittelpunkt steht der
Topos der „dominanten Frau“, die im Œuvre Sargents eine für seine Zeit sehr bemerkenswerte Rolle spielt und die er im Laufe seines Schaffens maßgeblich auf der Leinwand
weiterentwickelt.
Das Forschungsinteresse der Kunsthistorikerin Nele Putz M.A. gilt der Malerei und Karikatur
des 18.-20. Jahrhundert (insbesondere in Frankreich, Großbritannien und den USA), der
Porträttheorie und Modesoziologie sowie der Fotografiegeschichte und der Transmedialität.
Sie studierte Kunstgeschichte, Anglistik, Romanistik und Archäologie an den Universitäten
Hamburg, Eichstätt, München, Augsburg und an der Ecole normale supérieure, Paris. Ihr von
der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördertes Promotionsprojekt befasst sich mit dem
Thema Die Erfindung des „geistreichen“ Portraits. Ein transmedialer Vergleich der
Portraitpraxis um 1900 anhand von John Singer Sargent und Alvin Langdon Coburn. Sie
verfolgt darin die Absicht, eine Kategorie der gegenseitigen „Befruchtung“ (keine „Wechselwirkung“) der unterschiedlichen Medien hinsichtlich des intellektuellen Porträts zu
bestimmen. Es verbindet also Malerei, Fotografie, Literatur und Psychologie, repräsentiert
u.a. durch den Schriftsteller Henry James und dessen Bruder William James, den Begründer
der modernen Psychologie. In diesem Rahmen verbrachte sie 2010-2013 Forschungsaufenthalte in London, New York, Rochester und Paris und war im Wintersemester 2013/14
als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Paris-London-Universität, Salzburg, beschäftigt. Im
April 2014 übernahm sie die Stelle der wissenschaftlichen Assistentin des Direktors, Prof. Dr.
Thomas Kirchner, am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris.
Der öffentliche Vortrag findet am Mittwoch, den 27. Januar 2016, um 18:15 Uhr, auf dem
Saarbrücker Campus im Gebäude B3 2, Hörsaal 0.03 statt.
Kontakt: Dr. Semjon Aron Dreiling, Universität des Saarlandes, FR 3.6 Kunst- und
Kulturwissenschaft / Institut für Kunstgeschichte, E-Mail: [email protected],
Tel. +49 (0)681/302-3978