Das E-Bike boomt – sind wir darauf vorbereitet?

VCS-Fachtagung «Das E-Bike boomt – sind wir darauf vorbereitet?»
Grusswort VCS-Fachtagung «Das E-Bike boomt – sind wir darauf vorbereitet?»
Evi Allemann, Zentralpräsidentin VCS
Liebe Teilnehmerin, lieber Teilnehmer
Sehr geehrte Damen und Herren
Im Namen des VCS Verkehrs-Club der Schweiz heisse ich Sie herzlich willkommen zur Fachtagung
«Das E-Bike boomt – sind wir darauf vorbereitet?». Als ich mich heute Morgen auf mein Velo geschwungen habe, um hierher ins Stade de Suisse zu fahren, haben dies hunderte von Pendlerinnen
und Pendlern ebenfalls getan. Für kürzere oder längere Strecken, auf ländlich anmutenden Abschnitten oder in grauen Strassenschluchten, pedalen sie schneller oder etwas gemächlicher zur Arbeit, an
die Uni, mit den Kindern im Veloanhänger zur Kita oder mit den schweren Einkäufen in den Packtaschen zurück nach Hause. Eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie schätzen die vielen Vorzüge des
Velofahrens. Frische Luft im Haar und in den Lungen, etwas Bewegung in der Früh, Herz und Kreislauf
hochfahren, das Immunsystem stärken. Und nicht zuletzt, zügig von A nach B kommen.
Von einem auf 20 Prozent – in nur zehn Jahren
Die Verkaufszahlen beweisen es schwarz auf weiss: 2006 wurden 3’000 E-Bikes verkauft, dies entspricht einem geringen Anteil von einem Prozent. Vor wenigen Tagen hat Velosuisse, der Verband der
Schweizer Fahrradlieferanten, die aktuellen Zahlen von 2015 veröffentlicht. Im letzten Jahr wurden
gesamthaft etwas über 320’000 Velos verkauft, davon 66’332 Elektrofahrräder – sowohl „schnelle“
wie „langsame“. Dies entspricht einem Anteil von 20 Prozent am Total verkaufter Fahrräder. Was für
ein Kontrast zu den von Tüftlern in den 1980er-Jahren entwickelten Prototypen! Und noch während
den 90ern fristete das E-Bike bekanntlich nicht viel mehr als ein Mauerblümchendasein.
Immer mehr Menschen entdecken also die Vorteile der Elektroräder, das heisst, sich anstelle ins Auto
zu setzen, insbesondere kürzere Strecken mit dem Velo zurückzulegen; sei es mit oder ohne elektrische Unterstützung. Die trendigen motorisierten Flitzer sind aus den Schweizer Städten und Agglomerationen nicht mehr wegzudenken. Für viele E-Bike-Besitzerinnen und -Besitzer ist ihr Gefährt das
wichtigste oder zweitwichtigste Verkehrsmittel ihrer Alltagsmobilität. Elektrovelos leisten somit bereits heute einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität. Wer das E-Bike anstelle von Auto,
Mofa oder Bus benutzt, ist damit um Klassen klimafreundlicher unterwegs. Elektrische Zweiräder verbrauchen weit weniger Energie als herkömmliche oder Elektroautos. Umgerechnet auf die Motorenleistung in etwa 0,1 bis 0,2 Liter Benzin pro 100 Kilometer. Der Stromverbrauch eines E-Bikes ist sehr
gering. Geht es also um nachhaltige Verkehrskonzepte, spielen E-Bikes eine Schlüsselrolle, denn sie
haben unzählige weitere Vorteile. Sie sind gesund, geräuscharm und platzsparend. Insbesondere in
der hügeligen Schweiz bergen sie ein hohes Potenzial, Auto- und ÖV-Fahrten zu ersetzen und können
dazu beitragen, unsere Mobilitätsprobleme zu lösen.
Als Pendlerfahrzeug sind sie eine Alternative zu den überlasteten öffentlichen Verkehrsmitteln.
Pendlerinnen und Pendler kommen damit schneller durch den dichten Stadtverkehr, die Sorgen der
Parkplatzsuche entfallen.
Ist E-Bike fahren gefährlich?
Mitte März titelte die NZZ: „E-Biker und Senioren verunfallen öfter“. Stark zugenommen habe gemäss
der Stadt Zürich die Zahl der verunfallten Velo- und E-Bike-Fahrer – dies lässt aufhorchen. Ist also EBike fahren tatsächlich so gefährlich? Bei genauerem Betrachten der Unfallzahlen werden diese negativen Botschaften etwas relativiert. Unter anderem hat der schöne Sommer 2015 mit dem velofreundlichen Wetter dazu geführt, dass das Zweirad öfter benutzt wurde. Fahren mehr Leute Velo oder
E-Bike, steigt dadurch die Anzahl gefahrener Kilometer, und es kommt leider häufiger zu Kollisionen.
VCS-Fachtagung «Das E-Bike boomt – sind wir darauf vorbereitet?»
Zudem werden E-Bikes oft von eher älteren Personen genutzt, die per se verletzlicher sind. Kommt es
zu einem Unfall, ist das Risiko, sich schwer zu verletzen, bei dieser Altersgruppe höher.
Die zentrale Frage lautet somit: Wie kann die Verkehrssicherheit verbessert und das Velofahren generell sicherer gemacht werden? Ebenso gilt es nachzuforschen, ob die vorhandene Infrastruktur den
verschiedenen Bedürfnissen genügt. Es gilt, die unterschiedlichen Ansprüche zu erkennen und die
knappen Strassenkapazitäten gerecht aufzuteilen, damit es nicht zum unfruchtbaren Verteilkampf
zwischen Velo, ÖV und motorisiertem Individualverkehr kommt.
Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz möchte mit dieser Fachtagung die Basis für eine nachhaltige Verkehrspolitik und -planung legen, die das Zweirad – human oder electric powered – als eines der zukunftsträchtigsten Verkehrsmittel integriert und respektiert. Eine Optimierung der Bedingungen für
den sogenannten Langsamverkehr kommt dank verbesserter Lebens- und Aufenthaltsqualität in Städten und Agglomerationen allen zugute.
Ich wünsche Ihnen allen eine spannende Tagung, aus der zukunftsweisende, praxisnahe Lösungsansätze hervorgehen.