Wir machen Energiewende! Bürgerinnen und Bürger als Eckpfeiler der neuen Energiewelt in Deutschland Dr. Sebastian Helgenberger IASS – Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam mit Ina Richter und Boris Gotchev Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 1 Die Energiewende – eine Bürgerenergiewende Energiewende als Gemeinschaftswerk „Die Energiewende wird nur mit einer gemeinsamen Anstrengung auf allen Ebenen der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft gelingen.“ Ethik-Kommission: „Deutschlands Energiewende – ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft“ Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 2 Bürgerenergiewende: Wo stehen wir? findet ein dauerhaft hoher Anteil der Bevölkerung 50% Bürgerenergie (Wind) PV: 48%, Stand 2012 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 3 Quellen: Leuphana / trend.research (2013); BSW (2014), AEE / Emnit (2015) „Energiewende ist eine richtig gute Idee“ Bürgerenergiewende: Wo stehen wir? Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 4 Bürgerenergiewende: Wo stehen wir? Andererseits: Formen des Protests und Widerstandes auf lokaler Ebene Aber auch: Unterstützung (zB Bürgerinitiativen pro Windkraft) Betroffene wollen über Vorhaben Protest ist nicht nur ein Ausdruck umfassend und verständlich fehlender Akzeptanz, sondern auch informiert werden und mangelnder Beteiligungsoptionen wünschen sich, sich direkt in die wie auch Legitimität politischer Gestaltung einbringen, zB des Entscheidungen. Trassenverlaufs oder Windparkplanung Q: Richter 2014 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. Q: Richter 2014 September 2015 Sebastian Helgenberger | 5 Alles eine Frage der Teilhabe Bisherige Erfahrungen 1.Teilhabe: Politisch 2.Teilhabe: Wirtschaftlich Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 6 Politische Teilhabe: Mitgestalten Können Warum werden Bürger beteiligt? Qualität von Planungen verbessern: lokales Wissen und Gestaltungswunsch Konflikte vorbeugen, wenn möglich aufzulösen Verständnis für die Sinnhaftigkeit von Handlungsmaßnahmen und Entscheidungen erzeugen; Vernetzung von Bürgerinnen und Bürgern und mit wichtigen Entscheidungsträgern für gemeinschaftliches Handeln Fachliche Kompetenzen von Bürgerinnen und Bürgern stärken, sowie deren Selbstbewusstsein in einer aktiven Demokratie Aktivierung, Selbstorganisation und Selbstwirksamkeit. Legitimität und Transparenz von Planungsprozessen, politischen Entscheidungen zu erhöhen; Q: Richter 2015 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 7 Politische Teilhabe: Mitgestalten Können Generelle Beobachtungen - Formelle Einigkeit –Beteiligungsmöglichkeiten wir brauchen Bürgerbeteiligung inmehr der Planfeststellung gehen nicht über die Einsichtnahme in die Planungsund das Einreichen von - unterlagen Tendenz, Bürgerbeteiligung Stellungnahmen hinaus. projektspezifisch durchzuführen Wer Akzeptanz für eine bestimmte Kamlage, Richter, Nanz (im Druck) Maßnahme oder Planung erreichen will, - Q:Beteiligung findet in dafür schwierigen Rahmenbedingungen sollte nicht auf Bürgerbeteilligung setzen. statt - Planungsverfahren kaum Beteiligungsoffen Sondern überzeugend kommunizieren - Bürgerbeteiligung unter Zeitdruck Q: Renn 2014 - Vielfalt an Interessen- und Konfliktkonstellationen - Tendenz: Beteiligung zur Akzeptanzbeschaffung Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 8 Politische Teilhabe: Mitgestalten Können ? BeteiligungsParadox 1 Wenn Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten am größten sind, nämlich in der Phase der Planung und Politikformulierung, sind die Interessen und Mobilisierung von Bürgern am geringsten aufgrund der noch wenig konkreten Planung der noch geringen Information und unklaren Betroffenheit Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. Q: Kamlage, Richter, Nanz (im Druck) September 2015 Sebastian Helgenberger | 9 Politische Teilhabe: Mitgestalten Können ? BeteiligungsParadox 2 Einladung zur Mitgestaltung, Einladung zum Widerstand Je mehr Menschen die Möglichkeit haben, an Planungen mitzuwirken, desto eher müssen die Planungsträger mit öffentlich wirksamer Akzeptanzverweigerung rechnen Erst wenn man glaubt, das eigene Handeln könne an dem Planungsvollzug etwas ändern, greift man zu einer öffentlich wirksamen Form der Akzeptanzverweigerung Q: Renn 2014 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 10 Beispiel Beispiel Heidelberg Hamburg Städtische Koordinierungsstelle Politische Teilhabe: Mitgestalten „Energiewende Hamburg gemeinsamKönnen Bürgerbeteiligung mit Bürgerinnen und Bürgern gestalten“ Beispiel Baden Württemberg: Wie muss für dialogorientierte Bürgerbeteiligung gestaltet UmweltLeitlinien eine stärkere Beteiligung von und Energiesenator Jens Kerstan sein? Bürgerinnen und Bürgern, die imStaatsrätin Gemeinderat für Bürgerbeteiligung Leuphana Energieforum 23.09.2015 und in der Satzung der bieten Stadt verankert beschlossenen Soll echten Gestaltungsspielraum – darf nicht der(seit 2011): und Zivilgesellschaft Hamburger Energiewende Beirat (HEWneu) nachträglichen Absegnung von Beschlüssen Vorhabensliste aktueller Projekte der Stadt, dienen bedarfsgerechte rechtlich verbindliche Verwaltungsvorschrift ermöglicht Transparenz und eine „Energiewende von unten z.B. durch Methoden der Vielfalt der Teilnehmer und Sichtweisen, für Bürgerbeteiligung bei dialogorientierte Beteiligung ist das Erfolgsmerkmal Zufallsauswahl Infrastrukturvorhaben Energiewende“ ersten Erfahrungender zeigen: Transparenz von Prozessgestaltung, -verlauf Leitfaden für und eineErgebnissen neue Planungskultur Die fließt jetzt in die gemeinsame Energie die Möglichkeit, Argumente aufAugenhöhe auszutauschen Vernetzung und das regelmäßige Monitoring Entwicklung von Projekten, statt die Verteidigung von Beteiligungsaktivitäten ein Mandat und Rückkopplung der Ergebnisse an formelle in Badenvon Beschlüssen Württemberg Planungsprozesse, Entscheidungsprozesse in Gemeinderäten, etc., Mehr als nur episodisch: Beteiligungskultur und Institutionalisierung Q: Richter 2015 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 11 Die Energiewende – eine Bürgerenergiewende Energiewende als Gemeinschaftswerk „Die Energiewende wird nur mit einer gemeinsamen Anstrengung auf allen Ebenen der Politik, der Wirtschaft und der Gesellschaft gelingen.“ Ethik-Kommission: „Deutschlands Energiewende – ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft“ Energiewende als Gemeinschaftswerk Bürger sind Koproduzenten und Investoren, die sich an Betreibermodellen wie Genossenschaften oder mit der Möglichkeit beteiligen, Eigentumsrechte an Erlösen zu erwerben Ethik-Kommission: „Deutschlands Energiewende – ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft“ Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 12 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Formen der finanziellen Beteiligung Bürgerbeteiligungen Bürgerenergiegesellschaften Einzeleigentümer und Privatpersonen Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 13 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Regionale Wertschöpfung durch Bürgerenergie 3,2 – 5,4 Milliarden Euro Wertschöpfung durch Bürgerenergie im engeren und weiteren Sinn in Deutschland im Jahr 2012 nach Technologie (in Mio.€) Zahlen gerundet Summe Bürgerenergie im engeren Sinne Bürgerenergie im weiteren Sinne 3.200-4.600 3.400-5.400 Photovoltaik 2.000 -2.800 Windkraft, onshore (€/kW) 340-680 700-1.4000 Biomasse BHKW 600-840 600-850 Feste Biomasse Einzelfeuerung Solarthermie 170 115-160 Q: IZES 2015 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 14 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Arbeitsplatzeffekte Q: IZES / BEEn 2015 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 15 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Weiterer Nutzen von Bürgerenergie 1. Solidarische Ökonomie: Integration von Bürgern in nicht-primär profitorientierte Wirtschaftsprozesse 2. Akzeptanz von Erneuerbarer Energien Anlagen 3. Erhöhung des gesellschaftlichen Engagements im Energiesektor (vom Konsument zum Prosumer) 4. Mitbestimmung und Transparenz 5. Identität „unsere Region, unsere Energie“ 6. Klimaschutz durch Realisierung von – gerade so profitablen - Anlagen 7. Demokratisierung der Energiewirtschaft: Akteursvielfalt 8. Nach wie vor Treiber technologischer Innovationen Q: vgl. IZES 2015 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 16 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Neue Geschäftsmodelle durch Bürgerenergie Dachgesellschaften zur Stromvermarktung zB: reg-ina eG, Bürgerwerke eG, Regionalstrom Franken eG Mieterstromprojekte (zB Lünestrom) Nahwärmenetze Energieeffizienz zB Regionale Energiespargenossenschaften (REG), Modellprojekte öffentliche Gebäude, Crowdfunding Kooperation: Public Private Community Partnership (zB mit Bürger und Stadtwerken) Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 17 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Geschichtliche Entwicklung und Ausblick Finanzielle Beteiligung und Selbstbestimmung der Bürger durch Genossenschaften hat eine mehr als 100-jährige Geschichte in Deutschland Bürgerwindparks in Norddeutschland seit 1980er Renaissance der Energiegenossenschaften seit 2006 Regionale Unterschiede Bürgerwindparks als GmbH & Ko KG in Norddeutschland fast 100% der Windparks in der Region Nordfriesland in Bürgerhand Energiegenossenschaften stark in Süd- und Westdeutschland vertreten Wenig Energiegenossenschaften in Ostdeutschland Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 18 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Entwicklung finanzieller Teilhabe am Beispiel Neugründung von Energiegenossenschaften 250 200 194 150 183 160 100 104 50 29 0 2010 2011 2012 2013 2014 Q: Leuphana Universität Lüneburg (2015): Zum Stand von Energiegenossenschaften in Deutschland Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 19 Wirtschaftliche Teilhabe an der Energiewende Politische Rahmenbedingungen & Zukunftsaussichten EEG-Reform 2014: verpflichtende Direktvermarktung wettbewerbliche Ausschreibungen für alle Technologien ab 2017 Streichung des Grünstromprivileg Restriktionen im Planungsrecht („10H-Regelung“) Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) Zukunftsaussichten für das Fortbestehen einer hohen finanziellen Beteiligung von Bürgern an der Energiewende ungewiss Q: IASS 2014 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 20 Wirtschaftliche und politische Teilhabe an der Energiewende hängen zusammen Lokale Beteiligung schafft Raum für neue Betreibermodelle Finanzielle Teilhabe fördert Rückhalt für den Ausbau Erneuerbarer Energien etwa kommunale Genossenschaften für die Einrichtung und den Betrieb von Windparks Energiewende Hamburg: „Neue Genossenschaften entstanden, die jetzt auch in der Energiepolitik mitreden wollen“ Q: Renn 2014 Umwelt- und Energiesenator Jens Kerstan Leuphana Energieforum 23.09.2015 Quelle: AEE Blitzumfrage unter 90 Energiekommunen Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 21 Die Energiewende Mehr als Energie Sebastian Helgenberger IASS – Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 22 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 23 Ziele der Energiewende in Zahlen Stromverbrauch Brutto Im Vergleich zu 2008 Energieverbrauch Brutto Im Vergleich zu 2008 Wärmebedarf Ziel Im Vergleich zu 2008 Energieverbrauch Verkehr Im Vergleich zu 2008 1 Mio 2020 Treibhausgasemissionen Anteil Erneuerbarer Energien Im Vergleich zu 1990 Quelle: energytransition.de (angepasst) Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 24 Quelle: Leuphana / trend.research (2013) Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 25 Jobs by technology Biomass 52.000 Liquid biofuels 26.000 Biogas 49.000 Geothermal 17.000 Small Hydropower 13.000 Solar PV 56.000 CSP 1.000 Solar Heating 11.000 Wind Power 138.000 Total 371.000 Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. September 2015 Sebastian Helgenberger | 26
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