ANW-Bundestagung 19.-21.05.2016 Basisexkursion Kreisforstamt Spießingshol Landkreis Schaumburg Seit 1979 bewirtschaftet der Landkreis Schaumburg seinen Waldbesitz von rund 3.400 Hektar in eigener Regie durch das Kreisforstamt Spießingshol. Dieses in dieser Form in Niedersachsen einmalige kommunale Waldeigentum geht auf die Übertragung des ehemaligen Staatsvermögens auf den damaligen Freistaat Schaumburg-Lippe durch den „Domanialteilungsvertrag“ von 1922 zurück. Die Exkursion führt in die im Westniedersächsichen Tiefland gelegene Kreisrevierförsterei Pollhagen. Hier befand sich einst auch der Amtssitz der fürstlichen Oberförsterei Spießingshol und in späterer Zeit auch des gleichnamigen staatlichen Forstamtes. Seit eh und je kam der Stieleichenwirtschaft im atlantisch geprägten Klima auf den schweren, vom kreidezeitlichen Neokom-Ton geprägten Böden des Schaumburger Waldes, eine herausragende Bedeutung zu. Lag über Jahrhunderte hinweg der Schwerpunkt im Zeichen intensiver Hutewaldwirtschaft vorrangig auf der Nutzung der Eichelmast sowie der lokalen Brennholzversorgung, so vollzog sich spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert ein stetiger Wandel zur geregelten Hochwaldwirtschaft mit dem Ziel einer nachhaltigen Eichenwertholzproduktion. Bis heute verfügt die „Spießingsholer Eiche“ über einen hohen Bekanntheitsgrad in Holzkäuferkreisen. Nach seiner Gründung vollzog das Kreisforstamt schon bald einen Wechsel zur naturgemäßen Bewirtschaftung unter strikter Vermeidung von Kahlschlägen. Somit verfügt das Kreisforstamt seit nun mehr als 30 Jahren über Erfahrungen zur kleinflächigen Eichenverjüngung nach femelartig geführten Eingriffen im Hauptbestand – sowohl in Folge von Zielstärkenernte als auch zwangsweise erfolgter Kalamitätsnutzung (Eichenfraßgesellschaft, Komplexerkrankungen, Prachtkäferbefall..). Das Vorkommen ausgedehnter Stieleichen-Hainbuchenwälder mit den darin beheimateten, besonders schützenwerten Tier- und Pflanzenarten (u.a. Mittelspecht) führte 2004 zur Meldung großer Teile des bis dato als Vogel- und Landschaftschutzgebiet ausgewiesenen Schaumburger Waldes als Natura-2000-Gebiet. Vorgestellt werden Waldbilder mit kleinflächiger Eichenverjüngung aus Pflanzung und Naturverjüngung. Vor Ort soll diskutiert werden, in wieweit sich mit diesen Beispielen Chancen und Risiken verbinden, in Bezug auf die Sicherung eines ausreichenden Eichenanteils bei sukzessional stark nachdrängenden Schattbaumarten wie Buche und Hainbuche. Gleichermaßen ein Ziel aus forstbetrieblicher Sicht als auch hinsichtlich einer naturschutzfachlich eingeforderten Habitatkontinuität. Besonderer Fokus wird dabei auch auf einer dringend zu fordernden Inwertsetzung der damit verbundenen Ökosystemleistungen unter besonderer Berücksichtigung der Natura-2000 Programmatik liegen. Ergänzende Informationen zur speziellen Naturschutzproblematik/Natura 2000 Als 2004 der Schaumburger Eichenwald aufgrund seiner großen Bedeutung insbesondere für den Mittelspecht als Natura-2000-Gebiet gemeldet wurde, geschah dies im Vertrauen darauf, dass damit die Jahrhunderte langen Bemühungen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung in besonderer Weise auch unter Naturschutzaspekten Anerkennung erfahren sollten. Der Forstwirtschaft wurde versichert, dass dieser neue Status ohne zusätzliche hoheitliche Unterschutzstellungen auskommen soll und es zukünftig, in diesen Vorranggebieten des europäischen Waldnaturschutzes, attraktive Fördermöglichkeiten für ökologische Zusatzleistungen geben sollte. Heute – mehr als 10 Jahre danach – ist von dieser positiven Ansage auch für die Forstbetriebe in Niedersachsen nicht mehr viel übrig geblieben. Mit dem Regierungswechsel hat sich die Rot-Grüne Landesregierung von dem Modell Vertragsnaturschutz verabschiedet. Die im Oktober 2015 mit dem Walderlass gerade erst gesetzlich fixierten Bewirtschaftungsauflagen gehen deutlich über das Maß der Sozialpflichtigkeit hinaus und ziehen somit zwingend einen Anspruch auf Erschwernisausgleich nach sich. Die dazu notwendigen Vollzugshinweise sind noch immer in Bearbeitung, so dass für die Waldbesitzer weder der finanzielle Rahmen einer Ausgleichsregelung bekannt, noch das spätere Antrags-und Kontrollverfahren transparent ist. Inwertsetzung von Ökosystemleistungen/Naturschutz ??? Entgegen anderer im Bundesgebiet praktizierter Lösungen wird in Niedersachsen eine Ausweisung als Naturschutzgebiet als Standartlösung für notwendig erachtet, um (zumindest) im Privatwald einen Erschwernisausgleich gewähren zu können. Einzig für den Kommunalwald besteht in Niedersachsen keinerlei finanzielle Ausgleichsregelung. Die finanzielle Belastung aus den Bewirtschaftungsauflagen speziell in Eichenwäldern wird mit Beträgen von über 120,-€/ha und Jahr beziffert. Genauere Studien zu den finanziellen Auswirkungen aus den Natura-2000-Auflagen sollten analog des Modells für die Buchenwälder auch für Eichenwälder erfolgen – Sachstand dazu? Der Staatswald erhält nach wie vor für den Produktbereich Waldnaturschutz pauschale Mittelzuweisungen aus dem Landesetat (ca. 22mio €/Jahr). Für den Nicht-Staatswald wurde die Zuständigkeit bzgl. Natura -2000 auf die Unteren Naturschutzbehörden bei den Landkreisen gelegt. Ein verbindliches Muster für derartige Fachplanungen außerhalb des Staatswaldes in Niedersachsen liegt bisher nicht vor. Es gibt weder Vorgaben in Bezug auf Form und Inhalt oder auch den Umfang von Managementplänen, so dass es von Landkreis zu Landkreis unterschiedliche Ansätze und Konzeptionen dazu gibt. Außerhalb des Staatswaldes fehlen die zwingend notwendigen Managementpläne für die Natura-2000-Gebiete im Wald bis heute nahezu vollständig. Ungeachtet dieser Umstände sieht sich der Waldbesitzer seit dem Tag der formalen Meldung des Natura-2000 Gebietes mit den möglichen Folgen aus dem Verschlechterungsverbot konfrontiert. Aus rechtstaatlicher Sicht ein dem Grunde nach nicht haltbarer Zustand Der im Kontext der FFH-Konzeption als Waldlebensraumtyp xxx neu definierte Stieleichen-Hainbuchenwald ist nicht als Endpunkt einer natürlichen Waldentwicklung zu sehen sondern vielmehr ein eindeutig ein Produkt menschlichen Eingreifens. Ohne eine gezielte forstliche Bewirtschaftung kann sein Erhalt auch zukünftig nicht gegen die sukzessional massiv nachdrängenden Buchenwaldgesellschaften gesichert werden. Die in den letzten Jahren zunehmende Segregation von Naturschutzfunktionen im Wald und die stets weiter zunehmenden Forderungen nach Nicht-Eingriffsflächen (in Niedersachsen 10% Stillegungsfläche im Staatswald, Wildnisgebiete etc. pp) ist für den Erhalt der Eichenwaldgesellschaften sicher keine Lösung. Der Landkreis Schaumburg ist in doppelter Hinsicht betroffen – sowohl in seiner Funktion als Waldbehörde als auch als forstwirtschaftlich tätiger Waldbesitzer. Weder wird der zusätzliche Verwaltungsaufwand der Naturschutzverwaltung des Landkreises erstattet, noch wird das Kreisforstamt Erschwernisausgleich beantragen können, denn entgegen der gängigen Praxis in den anderen Bundesländern soll einzig der Kommunalwald in Niedersachsen grundsätzlich von jeder Form eines finanziellen Erschwernisausgleichs ausgenommen bleiben. Die Konzeption eines Erschwernisausgleichs für Mehraufwand bzw. Mindererträge ist grundsätzlich nicht geeignet, da er sich ausschließlich an den Kosten orientiert. Es bleibt nicht nachvollziehbar, dass diese Mehrkosten von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hergeleitet und bewertet werden. Eine wissenschaftlich belegbare Studie (analog der Buchenwälder) für die Bewirtschaftung von Eichen LRT fehlt. Der erzeugte Mehrwert für zusätzlich erbrachte Ökosystem- oder Naturschutzleistungen bleibt dabei zudem völlig unbeachtet. Exkursionsleitung: Lothar Seidel (FoAL), Rüdiger Fitzner (RL)
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