Stuttgart und die Region OB Fritz Kuhn hat am Montag die 300 000 Euro teure Werbekampagne „Stuttgart steigt um“ in Gang gesetzt. Sie soll mit bekannten Botschaftern zeigen, wie man in der Landeshauptstadt klimaschonend mobil sein kann. Nummer 219 • Dienstag, 22. September 2015 Taxifahrer soll Kundin an Brüste gefasst haben Muss es für jeden Weg das Auto sein? 27-Jährige wehrt Sextäter in Stuttgart-Nord mit Faustschlag ab OB Kuhn startet Kampagne – Ab Januar Warnung vor Feinstaub Von Götz Schultheiss STUTTGART. Ein Taxifahrer hat während der Fahrt von der Innenstadt nach Stutt gartNord eine 27jährige Kundin sexuell genötigt. Die junge Frau stieg am Sonntag gegen 4 Uhr in der Eberhardstraße in das Taxi. Sie wollte sich zu einem Hotel im Stuttgarter Norden fahren lassen. Wie die Polizei mitteilt, machte der Fahrer der 27Jährigen während der Fahrt zweideu tige Angebote und sagte, man könne bei der Fahrt auch auf die Bezahlung verzich ten. Als sich die Frau erkundigte, wie das denn gemeint sei, bog der Taxifahrer von der Heilbronner Straße in die Hedwig DohmStraße ab. Dann streichelte er ihr zuerst über das Gesicht und griff anschlie ßend dem sich wehrenden Opfer unter der Bekleidung an die Brüste. Die 27Jährige verpasste dem verdutzten Täter daraufhin einen Faustschlag ins Gesicht und nutzte dann das Überraschungsmoment, um zu flüchten. Der mutmaßliche Sexualtäter wird von der Geschädigten als 35 bis 40 Jahre alter Mann mit kurzen schwarzen leicht grau melierten Haaren und einem Dreitagebart beschrieben. Der Beschreibung nach ist er klein, schmal und hat ein rundliches Ge sicht. Er soll Ausländer sein und gut Deutsch sprechen. Sein Taxi ist laut Opfer ein großes, silberfarbenes Auto. Die Kripo bittet Zeugen unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 57 78 um Hinweise. Bereits am 31. Mai hat ein Taxifahrer eine junge Frau sexuell belästigt. Auch die 26Jährige stieg am frühen Morgen in der Eberhardstraße in ein Taxi. Auf dem Weg zum Fahrtziel Reinsburgstraße in Stutt gartWest fragte sie der Fahrer über ihre Wohnverhältnisse aus. Als sie ihn in der Reinsburgstraße bezahlte, nahm der Fah rer den Geldschein, steckte ihn der Frau in den Büstenhalter und berührte ihre Brust. Die 26Jährige drehte sich daraufhin weg und stieg aus. Bei dem Taxifahrer soll es sich laut Beschreibung durch das Opfer um einen circa 50 Jahre alten Südländer handeln. Von Konstantin Schwarz STUTTGART. Bunte Plakate, freundliche Ge sichter, auf die jeweilige Zielgruppe zuge schnittene Botschaften: Mit einer Werbe kampagne stellt OB Fritz Kuhn (Grüne) in den nächsten drei Wochen seinen Mitbür gern die Frage, ob wirklich für jede Strecke das Auto genutzt werden muss. Oder ob sie nicht auch mit dem eigenen oder einem Leihrad, einem Leihauto, Stadtbahn oder Bus oder zu Fuß bewältigt werden könnte. Die Kampagne „Stuttgart steigt um“ ist Teil von Kuhns Aktionsplan zur nachhaltigen Mobilität. Ziel sind 20 Prozent weniger kon ventionell angetriebene Autos im Talkessel. Dazu sollen die Bürger ihr Mobilitätsverhal ten auf den Prüfstand stellen. „In Stuttgart gibt es zu viele Staus, zu vie le Fahrzeuge im Kessel und zu hohe Schad stoffwerte. Wir brauchen weniger konven tionelle Antriebstechnik. Bei ,Stuttgart steigt um‘ sollten alle Bürger mitmachen“, sagte Kuhn am Montag auf dem Marien platz. Dort startete er die Kampagne mit dem Entertainer Michael Gaedt, den Bun desligaVolleyballerinnen der Allianz MTV Stuttgart und den YouTubeStars Dounia und Lamiya Slimani. Auch die „Soko Stutt gart“Schauspielerin Astrid Fünderich wird, lässig den Trenchcoat über der Schul ter, von den Plakaten lächeln. Zur UmstiegAktion mit 80 Großplakaten in der Region und 60 Riesenpostern sowie 270 im Normalformat in Stuttgart und Post karten in Gaststätten gibt es auch ein Ge winnspiel und auf der Internetseite www.stuttgartsteigtum.de Tipps. Die UmstiegBotschaft hat einen ernsten Hintergrund. Die Europäische Union hat angekündigt, die Stadt wegen der ständig zu hohen Feinstaubwerte an der Messstelle am Neckartor zu verklagen. Seit zehn Jahren werden dort die gesetzlichen Vorgaben für den Gesundheitsschutz nicht eingehalten. Im Fall des Falles müsste das Land eine Mil lionenstrafe zahlen. Der schöne Schein trügt: Auf der Verkehrsachse am Neckartor ist zu viel gesundheitsschädlicher Feinstaub in der Luft Foto: 7aktuell/Dyhringer Bei Flucht über Gleise schwer verletzt „Ganz wichtig beim Feinstaub ist, dass die Pendler mitziehen“ Fritz Kuhn (Grüne) Stuttgarter Oberbürgermeister Aufklärung und Werbung für den Umstieg sind daher nur ein Mittel der Wahl. Ab Janu ar 2016 will Kuhn auch warnen. Dann wird bei hohen Luftschadstoffwerten oder vor hersehbarer Inversionslage zur Wettervor hersage und zu den Staumeldungen im Ra dio der Appell verbreitet werden, das Auto stehen zu lassen. „Ganz wichtig beim Feinstaub ist, dass die Pendler mitziehen, die Warnung wird sich an die ganze Region richten, auch nach Reutlin gen, Tübingen und Heilbronn“, sagte Kuhn am Montag. Bis spätestens 2021 sollen die EUVorgaben eingehalten werden, das ha ben Kuhn und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) angekündigt. Fahrverbote bei Feinstaubalarm soll es in Stuttgart von 2018 an geben, und mit einer blauen Plakette könnten Dieselfahrzeuge (außer Euro 6) und Benziner unter Euro 3 dauerhaft aus dem Verkehr gezogen werden. Die aktuelle Debatte um die bewusste Täuschung von USUmweltbehörden beim Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen der Marke VW war am Montag für Kuhn auch ein Thema. Klar sei, dass „die jeweils beste Technologie in die Autos muss“, sagte er. Wer sich wie Volkswagen verhalte, dem könne es passieren, dass der Markt ihn be strafe. Denn mit nichts könne man Autofah rer mehr ärgern als mit falschen Verbrauchs angaben und falschen Schadstoffwerten. Sie werben für nachhaltige Mobilität: OB Kuhn mit dem You-Tube-Star Lamiya Slimani (links) Korrekt mit Helm: Spaßmacher Michael Gaedt rät, einfach mal das Fahrrad zu benutzen Um den Umstieg zu erleichtern, hat Kuhn im Etat 2016/2017 der Stadt 9,2 Millionen Euro für Umweltschutz und 11,2 Millionen Euro für Verkehrsmaßnahmen vorgeschla gen. Dazu zählen der Ausbau von Radwegen, Baumpflanzungen, der weitere Ausbau der Verkehrsleitzentrale, aber auch die Subven tionierung von elektrisch oder teilelektrisch betriebenen Taxen. Die 192 000 Euro Zuschuss für den Kauf von ETaxen sind umstritten. Denn auch das Land fördert, und zwar mit bis zu 15 000 Euro pro Auto. Eine Doppelförde rung werde es nicht geben, verspricht OB Referent Michael Münter, je ein Drittel der Förderung solle vom Hersteller, von Stadt und Land kommen. Das Land hat bisher den Kauf von 35 Fahrzeugen unterstützt, die we niger als 50 Gramm Kohlendioxid pro Kilo meter ausstoßen. Gefördert wurden Fahr zeuge der Hersteller Tesla (Model S 85 D), Toyota (Prius PluginHybrid) und Mitsubi shi (Outlander Hybrid). Kommentar Unerwartete Hilfe Von Konstantin Schwarz „Fahrt Smart!“ – Diese Botschaft von OB Fritz Kuhn könnte missverstanden wer den. Der grüne Stadtchef fährt als ersten Dienstwagen tatsächlich einen Elektro Smart. Sein Appell sei aber keine Kauf empfehlung, beeilte sich Kuhn am Montag, eine unbewusst zweideutige Aufforderung seiner MobilitätsKampagne aufzuklären. Smart meine, dass die Bürger sich bei der Wahl ihres Verkehrsmittels „klug und clever“ verhalten sollten. Clever gibt sich auch der OB. Nach der Debatte, die vor der Sommerpause um Die Volleyballerinnen des MTV Stuttgart setzen auf die Stadtbahn Fotos: Lichtgut/Leif Piechowski baldige Fahrverbote und das endgültige Aus selbst für moderne Diesel geführt wur de, versucht Kuhn den Bewusstseinswan del auf die sanfte Tour. Sympathische Zeit genossen werben für AutoAlternativen oder die schadstoffarme Elektrovariante. Doch nicht in Stuttgart, sondern im fernen Wolfsburg hat Kuhn am Wochenen de unerwartet den wohl größten Helfer für nachhaltige Mobilität gefunden. Die schmutzigen Tricks, die der VWKonzern angewandt hat, um in den USA offensicht lich untaugliche Dieselautos über Um welthürden zu hieven, werden länger in Erinnerung bleiben als Kuhns Umstieg Kampagne. Womöglich sind sie auch wir kungsvoller. [email protected] Region investiert in besseren S-Bahn-Takt Von Dezember an starten werktags späte Züge in alle Richtungen – Mehr Platz in der S 60 und mehr Sonderzüge zu Veranstaltungen Von Alexander Ikrat STUTTGART. Der Verkehrsausschuss der Re gionalversammlung beschließt an diesem Mittwoch voraussichtlich weitere Verbesse rungen des SBahnAngebots. Das lässt er sich zunächst 770 000 Euro kosten. Seit knapp drei Jahren fährt die jüngste Linie im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) von Böblingen nach Renningen und von dort gemeinsam mit der S 6 weiter in die Landes hauptstadt. Die S 60, die auch in der Daim lerStadt Sindelfingen hält, ist zur Erfolgs geschichte geworden. Vor allem in der mor gendlichen Hauptverkehrszeit herrscht oft drangvolle Enge in den Kurzzügen. Der Ver band Region Stuttgart als Auftraggeber will das Problem jetzt lösen. Das geht aus einer Beratungsunterlage für die Sitzung an die sem Mittwoch hervor. Wenn der Verkehrsausschuss ab 14 Uhr im Sitzungssaal in der Kronenstraße 25 zu 15 stimmt, könnten quasi pünktlich zur kalten Jahreszeit vom 12. Oktober an zwischen Böblingen und Renningen Vollzüge mit zwei Einheiten auf die Reise geschickt werden. Diese würden in Renningen an die S 6 ange koppelt und als Langzug weiter nach Stutt gart fahren. Ein bisher noch parallel zur S Bahn fahrender Bus von MaichingenNord nach Böblingen entfiele künftig. Die Verbes serung soll vom Fahrplanwechsel im Dezem ber an Standard werden und die Region jährlich 179 000 Euro zusätzlich kosten. Knapp 600 000 Euro will die Verwaltung dafür berappen, auch in den letzten gut drei Monaten des Jahres Sonderzüge bei Groß veranstaltungen einsetzen zu können. Die S Bahn verfügt alljährlich über ein Kontin gent von zusätzlichen Freikilometern, die bei Bedarf vom Betreiber DB Regio gefahren werden. 2015 waren allerdings allein für den Evangelischen Kirchentag 1130 zusätzliche SBahnen im Einsatz, so dass das Kontin gent nahezu ausgeschöpft ist. Damit auch beim Cannstatter Volksfest oder bei weite ren VfBHeimspielen Sonderzüge ihre Run den drehen können, sollen die Regionalpoli tiker nach Vorstellung von Wirtschaftsdi rektor Jürgen Wurmthaler weitere 590 000 Euro für 2015 lockermachen. Ab 2016 soll die mögliche Menge an Sonderzügen grund sätzlich erhöht werden. Ende 2016 sollen die S-Bahnen an Wochenenden die ganze Nacht hindurch im Stundentakt fahren Bereits im vergangenen Jahr war es be schlossene Sache, von diesem Dezember an werktags auf allen Linien SpätSBahnen auf die Reise zu schicken. Seit Ende 2009 fahren die SBahnen freitags, samstags und vor Feiertagen im regulären Takt bis gegen 1 Uhr, was eine zusätzliche Abfahrt im Ver gleich zu vorher ist. Ab Dezember werden die Züge auch von Sonntag bis Donnerstag eine halbe Stunde länger als bisher zur Ver fügung stehen. Die letzte Abfahrt ist dann gegen 1 Uhr. Dafür kassiert die Bahn rund 1,5 Millionen Euro jährlich zusätzlich. Ende 2016 sollen die SBahnen an Wo chenenden und vor Feiertagen die ganze Nacht hindurch im Stundentakt auf allen Linien unterwegs sein. Ebenfalls beschlossen ist, dass die Situa tion auf der längsten und meistgenutzten Li nie – der S 1 – besser werden soll. Damit die Züge pünktlicher werden, fahren sie von De zember an in Herrenberg, EsslingenMettin gen und Obertürkheim eine Minute früher als bisher nach Stuttgart. Die S 4 und die S 6/S 60 starten in Stuttgart ebenfalls etwas früher. Außerdem können künftig mehr S1 Züge als bisher bis Herrenberg fahren. Diese endeten bisher schon in Böblingen. STUTTGART (gös). Ein 21Jähriger hat sich nach einer rätselhaften Flucht über Gleise auf dem Bahnhof in Bad Cannstatt bei einem Sprung aus vier Meter Höhe schwer verletzt. Wie die Bundespolizei mitteilt, rannte er am Sonntag gegen 15 Uhr aus unbekannten Gründen über die Gleise 5 bis 1. Als er von zwei Bahnmitarbeitern aufgefordert wurde, dies zu unterlassen, floh er weiter. Ein IntercityZug und eine SBahn leiteten Schnellbremsungen ein. Der 21Jährige rannte über Gleis 1 auf den Bahnsteig 1 und sprang dort über einen Mauervorsprung in die Tiefe auf ein Parkdeck. Dabei verletzte er sich schwer. Durch die halbstündige Sperrung der Bahnstrecke kam es zu Verzögerungen im Zugverkehr. Der junge Mann muss mit einem Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr rechnen. Neue Hybrid-Diesel für die Bürgermeister Von Konstantin Schwarz STUTTGART. An der Stuttgarter Verwal tungsspitze fährt bisher nur einer voll elektrisch: OB Fritz Kuhn (Grüne) nimmt auf dem Beifahrersitz eines Elektro Smart Platz, dessen Batterie im Rathaus Innenhof gefüllt wird. Ansonsten sind alle Bürgermeister mit geleasten Mercedes Modellen unterwegs. Jeder hat Anspruch auf einen Dienstwagen (EKlasse), aller dings nicht mehr auf einen eigenen Fahrer. Die Fahrzeuge der EKlasse haben einen großen Dieselmotor und eine kleine Batterie, die die schweren Limousinen ei nige Meter elektrisch voranbringt. „Die Maßgabe bei der Beschaffung von Autos heißt bei uns ökologisch sinnvoll“, sagt Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne). Sinnvoller wäre eine größere Bat terie, die an der Steckdose (Plugin) mit Ökostrom geladen werden kann. Die gibt es in der kleineren CKlasse, und die wird sich auch ab Januar in der dann neuen E Klasse finden. Der vertraglich von Daim ler ausgehandelte jährliche Tausch der Dienstfahrzeuge werde daher etwas ge streckt, um auf den neuen Plugin umstei gen zu können. Die EKlasse soll dann 30 Kilometer rein elektrisch schaffen, womit alle Termine in der Stadt ohne Verbren nungsmotor absolviert werden könnten. Zwar gibt es längst PluginModelle an derer, vor allem asiatischer Hersteller, die die Vorgabe ökologisch sinnvoll erfüllen würden, die Stadtspitze will aber weiter Fahrzeuge lenken, die einen Stern auf dem Kühler tragen. Die Bürgermeisterriege widerstand daher sogar Avancen eines Stuttgarter Sportwagenbauers, der mit günstigeren Leasingkonditionen lockte.
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