. NR. 253 . SAMSTAG, 31. OKTOBER 2015 SEITE 9 21,9 Millionen Hektoliter Bier haben die Deut- Wirtschaft Y schen von Juli bis September getrunken – 2,3 Prozent mehr als im Sommer 2014. Quelle: Statistisches Bundesamt Fotos, Videos, Berichte auf www.rhein-zeitung.de/wirtschaft Handwerkskammer Koblenz will gläsern sein Finanzen Ungewöhnliches Lob vom „Rebellen“ Boeddinghaus für neue Vermögensstruktur – „Revolutionäres“ vorgelegt Von unserer Redakteurin Ursula Samary M Koblenz. Über die Schwelle einer Kammer kommt Kai Boeddinghaus, der Geschäftsführer des gegen Zwangsmitgliedschaften kämpfenden Bundesverbands für freie Kammern (bffk), nur selten. Denn mit dem Erscheinen des bundesweit vor allem als „Kammerrebell“ bekannten Streiters erwarten Präsidenten und Hauptgeschäftsführer nur Ärger. Doch in Koblenz hat die Handwerkskammer (HwK) Koblenz ihm die Tür geöffnet, weil „sie eine Transparenzoffensive losgetreten hat“, wie Präsident Kurt Krautscheid sagt. Folge: Der Rebell attestiert dem gemeinsam entwickelten Konzept für eine neue Finanzstruktur seinen lobenden Stempel („ist klasse“, „total gut“). Dabei geht es im Kern darum, dass die Umlagentöpfe künftig klar nachvollziehbar gefüllt sind und „Die HwK Koblenz tut einen richtig großen Schritt aus der Grauzone hinaus.“ Kai Boeddinghaus, Geschäftsführer des Bundesverbandes für freie Kammern und auch als „Kammerrebell“ bekannt „die Blackbox“, in der Kammern teils hohe Vermögen ansammeln, verschwindet, erklärt Hauptgeschäftsführer Alexander Baden das Zwischenergebnis. Vorausgegangen ist eine monatelange Herkulesarbeit von Ingenieuren, Architekten, der Finanzabteilung und des externen Wirtschaftsprüfers Wolf Dietrich Biermann (Quintaris GmbH). Denn jedes Teil der 14 HwK-Immobilien (Verwaltungszentrale und 13 Berufsbildungszentren) wurde auf seine Lebensdauer bewertet – Fenster, Dächer und Böden ebenso wie beispielsweise Backöfen oder Abgasuntersuchungsgeräte in den Werkstätten. Die bisher – nach den gesetzlichen Vorgaben des Wirtschaftsministeriums – pauschal gebildeten Rücklagen für konjunkturelle Einbrüche oder Investitionen von derzeit immerhin 22 Millionen Euro werden jetzt dem berechneten Kontakt: Kompakt Airbus fährt seine Produktion kräftig hoch M Toulouse. Der europäische Flugzeugbauer Airbus fährt angesichts der Auftragsflut für seine modernisierten Mittelstreckenjets die Produktion kräftig hoch. In Hamburg entsteht dafür eine vierte Endmontagelinie. Der Mutterkonzern Airbus Group legte im Sommer einen Gewinnsprung hin. Dank gestiegener Flugzeug-Auslieferungen erzielte der Konzern im dritten Quartal einen Umsatz von 14,1 Milliarden Euro und damit 6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Unter dem Strich sprang der Überschuss um 42 Prozent auf 376 Millionen Euro nach oben. Netzwerk legt zu M Berlin. Das Karrierenetzwerk LinkedIn bleibt im deutschsprachigen Raum Marktführer Xing auf den Fersen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde die Marke von sieben Millionen Mitgliedern erreicht. Xing lag in den Ländern nach jüngsten Zahlen bei neun Millionen Mitgliedern. Ungewöhnliches Gruppenfoto nach einer Kammerpremiere: Die Koblenzer HwK stellte sich als erste Kammer in Deutschland einem umfangreichen Bewertungsverfahren. Mit dem Ergebnis, das die Finanzstruktur transparent macht, sind (von links) Präsident Kurt Krautscheid, Hauptgeschäftsführer AleFoto: HwK xander Baden, „Kammerrebell“ Kai Boeddinghaus und Wirtschaftsprüfer Wolf Dietrich Biermann hochzufrieden. Bedarf in den jeweiligen Objekten zugeordnet: Statt des schwarzen Kastens gibt es jetzt, wie es Baden ausdrückt, 14 genau beschriftete Schubladen, sprich Aktenordner. Fazit des Wirtschaftsprüfers: „Wir schätzen weniger und rechnen mehr“ – auch mit dem Ziel, Mitgliedsbeiträge über mehrere Generationen gerecht zu bemessen. Für Kai Boeddinghaus ist dieses Konzept schon etwas „Revolutionäres“ in der Kammerlandschaft. Für ihn ist es beispielhaft: „Es ist erfreulich, dass die HwK Koblenz einen richtig großen Schritt aus der Grauzone hinaus tut.“ Denn in einer abgeschotteten Grauzone gehe es einer Selbstverwaltung schlecht. Dabei betont Krautscheid, dass die große Finanzinventur für die Kammer angesichts des großen Sanierungsstaus in älteren Gebäuden ein dynamischer Prozess bleibt, weil sich jederzeit unvorhersehbare Ausgaben ergeben können, wie aktuell in zwei Mensen. Die Transparenz aber ist ihm wichtig, damit je- Rhein-Zeitung, Wirtschaftsredaktion, 56055 Koblenz des Mitglied sofort sieht, dass der Beitrag korrekt ist, und erkennt, was mit seinem Geld passiert, wie viel in Lehrer und Werkstätten investiert wird. Deshalb wertet der Präsident den Prozess als Gewinn, der als Signal in die Kammer hineinwirkt. „Wir residieren nicht in Palästen. Wir investieren jeden Euro in den Berufsbildungszentren.“ Dies betont die Spitze der Handwerkskammer Koblenz nach dem „Stresstest“. Dabei werde, wie von Boeddinghaus gefordert, ständig auch geprüft, ob die eine Werkstatt noch gebraucht oder wegen des aktuellen Flüchtlingszuzugs plötzlich wieder gebraucht wird. Da Boeddinghaus als intimer Kenner des Kammerwesens genau wisse, wo er ansetzen muss, habe die Koblenzer Kammerspitze den Stresstest gern Wirtschaftsredaktion: 0261/892-231 [email protected] angenommen. Beide Seiten sind sich einig, dass nach der ersten Etappe der Dialog fortgesetzt wird. Der Kammerrebell kritisiert bundesweit in aller Regel zu hohe Rücklagen – vor allem bei den Industrie- und Handelskammern, mit denen er auch schon vor Gericht gestritten hat. In Koblenz erhofft er sich natürlich vom weiteren Prozess auch, dass es möglich wird, Rücklagen abzuschmelzen. Aber er fordert dies bewusst nicht, will mit Geduld den laufenden Prozess abwarten. Dabei ist Wirtschaftsprüfer Biermann aber bereits überzeugt: Auch mit der Umstellung auf das System zweckgebundener Investitionen werde sich zeigen, dass „die gebildeten Rücklagen in ihrer Gesamthöhe gerechtfertigt sind“. Baden wie Boeddinghaus ist bewusst, dass Handwerkskammern zwischen Flensburg und München den Prozess genau beobachten, auch verfolgen, „ob sich Baden beim Schurken eine blutige Nase holt“. Aber der Dialog ist in Ko- blenz völlig schmerzfrei und freundlich, konstruktiv, wie beide Seiten betonen. Unabhängig von grundsätzlichen Differenzen um die gesetzliche Zwangsmitgliedschaft „macht ein solcher Dialog um Sachthemen Sinn“, erklärt Boeddinghaus und erhofft sich eine Signalwirkung über Koblenz hinaus. Dem Dialog voraus ging in diesem Fall keine scharfe Kritik an der Koblenzer HwK, sondern ein zufälliges Treffen bei der Anhörung der Kammern zum geplanten rheinland-pfälzischen Transparenzgesetz. Die Landesregierung habe inzwischen festgestellt, dass die HwK „schneller als das Gesetz ist“, sagt Baden. Bereits vor dem jetzigen Prozess hatte die HwK im Gespräch mit unserer Zeitung Anfang 2014 ihr Bar- und Immobilienvermögen samt Beteiligungen offengelegt. Und Hauptgeschäftsführer Baden hatte auf Anfrage auch um sein Gehalt kein derartiges Geheimnis gemacht wie andere Kammermanager in Deutschland. Verantwortlich für diese Seiten [email protected] Mehr Geld für Gebäudereiniger Tarif Im Westen erhalten Mitarbeiter jetzt 10 Euro pro Stunde M Berlin. Die bundesweit rund 600 000 Gebäudereiniger bekommen ab Januar mehr Geld. Nach gut 16 Stunden langen Verhandlungen einigten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber auf Lohnerhöhungen in zwei Schritten. „Wir haben endlich die 10 Euro pro Stunde erreicht und damit einen wirklich wichtigen Durchbruch erzielt“, sagte IG-BAUBundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux. Die Beschäftigten in den alten Bundesländern bekommen ab 1. Januar kommenden Jahres 2,6 Prozent mehr Lohn und weitere 2,0 Prozent ab Januar 2017. Damit erhalten die Gebäudereiniger im Westen in der untersten Lohngruppe ab 2017 einen Stundenlohn von 10 Euro. „Acht Jahre haben wir dafür gekämpft“, sagte Laux. Folgen Sie uns auf Twitter: twitter.com/rheinzeitung ANZEIGE Die Wirtschaftszeitung für Führungskräfte. Jetzt im Pressehandel Wirtschaft im nördlichen Rheinland-Pfalz
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