Fachtagung 29. Oktober 2015 Paarberatung bei Häuslicher Gewalt –ein Tabu Begrüssung Martin Bachmann, Berater mannebüro Züri Grüezi mitenand Es ist mir ebenfalls eine grosse Freude, dass wir heute alle da sind, um in einem wichtigen Thema einen Schritt weiterzukommen. Ich heisse Sie auch herzlich willkommen. Die Frage, warum wir so eine Fachtagung mit-organisieren, stellt sich auch dem mannebüro züri. Das mannebüro, das sich ja schon in seinem Namen explizit an Männer richtet, „für Männer – gegen Gewalt“. „Von Männern – für Männer!“ Warum mischen wir uns ins Paar-Thema ein? Das mannebüro züri entstand Ende der Achtziger-Jahre, 1989, als Folge der bewusstgewordenen Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Täter- und Opferberatung nach Fällen von häuslicher Gewalt. Das mannebüro züri arbeitet also seit 26 Jahren mit Männern, die am Anschlag sind, die überfordert, ohnmächtig sind, die in ihrer Paarbeziehung, gegenüber ihrer Frau, Freundin, Partnerin, sich, den Kindern, gewalttätig wurden, und die das ändern wollen. Wir unterstützen und begleiten Männer darin, gewaltfreie Formen der Konfliktlösung und Alltagsbewältigung zu entwickeln und zu erhalten. Das mannebüro züri will Gewalt verhindern helfen, Gewaltkreisläufe, Gewaltdynamiken stoppen. Wir engagieren uns, dass Männer konfliktkompetenter werden in ihren Paarbeziehungen. Ich selber arbeite nun schon seit 14 Jahren im mannebüro züri. Und ich darf mit meiner grossen Erfahrung sagen, dass das was nützt, dass Gewaltberatung tatsächlich funktioniert. Als systemischer Männer-berater, Gewaltberater, Sexologe erfahre ich, dass Entwicklung und Veränderung möglich ist. Täglich erfahre ich in Gewaltberatungen, Beratungen nach Interventionen im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes, nach Beratungen in konflikthaften Trennungs/Scheidungssituationen, bei Krisen in der Realisierung oder Umsetzung eines Besuchsrechts, oder Beratungen in anderen grossen lebensbiographischen Brüchen oder Herausforderungen, dass wir Männer weiterkommen können. Als Berater will ich möglichst nachhaltige Arbeit leisten, darum denke ich auch in längerfristigen Prozessen, auch im Feld von Fällen von häuslicher Gewalt. Wenn ich im Feld von häuslicher Gewalt wirksam agieren will, muss ich auch hier in Denkschritten von Prävention, zur Intervention, zur Postvention arbeiten. Das mannebüro leistet darum präventive Arbeit, macht Kampagnen, Schulungen, leistet Sensibilisierungsarbeit, auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene. Im Konkreten arbeiten wir vor allem als Interventionen mit den einzelnen Männern, das ist unser Kerngeschäft. Das ist unsere Hauptreferenz. Aber jetzt schliesst sich eben etwas der Kreis, wir landen nun eben doch auch wieder in der Paar-Thematik. Denn Männlichkeiten und Weiblich-keiten, Männerrollen und Frauenrollen entstehen immer wieder auch im gegenseitigen Wechselspiel, sind ohne den/die anderen nicht wirklich denkbar. Darum ist es wichtig und richtig, dass Männer und Frauen sich je Unterstützung holen, nach häuslicher Gewalt, dass sie je Verantwortung für ihre Rollen übernehmen, dass sie sich Schutz, Pflege, Sicherheit holen. Da leisten Frauenhäuser und Männerbüros seit Jahrzehnten tolle Arbeit. Aber diese Arbeit kommt dann eben auch an Grenzen. Eben weil sich Männer und Frauen in Paardynamiken verstricken können. Weil Paar-konflikte sowohl Männer und Frauen überfordern können. Dies noch mehr, wenn, wie wir zunehmend feststellen, wir mehr staatliche Intervention, Begleitung durch Behörden, in den Familien haben. Die wohl Gewaltkreisläufe unterbrechen helfen, aber eben durch genau diese Intervention für die allermeisten Paarbeziehungen auch eine neue Herausforderung darstellen. Diese Frage „Wie soll es also weitergehen?“ beschäftigt viele Männer in unseren Beratungen, uns als Berater auch. Weil eben die Betroffenen Männer und Frauen, und wir ja auch, zunehmend realisieren, dass das Leben, der Alltag, auch die Unsicherheit schlicht weitergehen. Da setzt diese Tagung heute an. Wie am Beispiel jenes Mannes, ein Schweizer, der seit 8 Jahren mit ebenfalls einer Schweizerin verheiratet ist, sie haben zusammen zwei Kinder im Alter von 5 (Junge) und 3 (Mädchen) Jahren, der wiederholt gewalttätig wurde im Rahmen von ehelichen Konflikten, die sich am Geld-Thema entzündeten und jeweils schnell hochschaukelten. Bi s es schlussendlich eine polizeiliche Intervention gab, eine GSG-Verfügung mit entsprechenden Wegweisungen. Der Mann machte im mannebüro eine Gewaltberatung, die Frau suchte sich privat psychologische Unterstützung. Aber erst in einer folgenden begleiteten Paarberatung konnte das Paar Kommunikations-Grundlagen und taugliche familienorganisatorische Rahmenbedingungen neu so verstehen und aushandeln, dass das Beziehungsvertrauen wieder nachhaltig wachsen konnte. Ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass im Anliegen, Gewalt zu stoppen und zu verhindern, die reine Intervention manchmal eben nicht ausreicht. Weil Männer und Frauen, die in der Bewältigung ihrer Paar-Leben überfordert sind, die nicht über ausreichende Instrumente verfügen, einen oder mehrere Imputs mehr brauchen. Ja, auch das Paar- und Familienleben will gelernt sein, ist erworben und antrainiert und ebendarum veränderbar. So schnuppern das mannebüro züri und ich auch seit Jahren immer wieder dran, wie dieses „Und dann?“ aussehen könnte und freuen uns ausserordentlich, heute dazu einen hoffentlich fruchtbaren Beitrag leisten zu können. Ich wünsche Ihnen viel Anregung und Inspiration. Besten Dank für die Aufmerksamkeit. Rocknroll.
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