PDF lesen - Zirkus Chnopf

24
Tages-Anzeiger – Donnerstag, 5. November 2015
Bellevue
Züritipp
Besetzer als Nachbarn
Das Koch-Areal wird von Hausbesetzern bewohnt. Am gleichen Ort trainieren
aber auch die Artisten des Zirkus Chnopf. Ein Zusammenleben, das funktioniert.
Gastro Gut geschnetzelt
Le Muh
Im Restaurant des Swissôtel wird solid
gekocht. Aber Achtung: Das vorzügliche
Wiener Schnitzel mit der welligen
­Panade steht mittags nicht auf der Karte.
Beim Testessen genehmigten wir uns
deshalb ein Rindstatar und ein Zürcher
Gschnetzeltes mit Rösti. Das geschnetzelte Kalbfleisch war perfekt zart und
lag in einer ausgezeichneten Sauce. (ZT)
Schulstr. 44, www.lemuh.ch
Werner Schüepp
«Hausbesetzer attackieren Stadtpolizisten auf dem Koch-Areal», «Koch-Areal
muss endlich geräumt werden», «Kontrolle auf dem Koch-Areal artet aus»: Solche Schlagzeilen liest Konrad Utzinger,
Gesamtleiter des Zirkus Chnopf, nicht
gerne. «Wir möchten darauf hinweisen,
dass wir – der Verein Zirkus Chnopf – die
Hälfte des Koch-Areals rechtmässig bei
der Stadt mieten», sagt er. Utzinger findet es schade, dass im Zusammenhang
mit dem Koch-Areal immer wieder nur
über die Hausbesetzer geschrieben
werde. Dabei gebe es auf dem und rund
ums Areal auch noch die F+F Schule für
Kunst und Design sowie weitere Ateliers,
Geschäfte und Freizeitangebote.
Mietvertrag bis Anfang 2018
Theater Hitmaschine
Kino Favorit von Fredi M. Murer
Stägeli uf,
Stägeli ab
Ich wurde geboren,
aber . . . Die Theatermänner Erich Vock und
­Hubert Spiess haben jetzt tief in Artur
Beuls Hitkiste gegriffen und rund um
dessen Liedgut eine Geschichte kon­
struiert, in der eine Bäuerin endlich
einen Gatten für ihre eigensinnige Tochter finden will. (ZT) Bernhard-Theater,
Sechseläutenplatz 1, 20 Uhr
In diesem Stummfilm von Yasujiro Ozu
müssen sich zwei Knaben nach dem
­Umzug mit neuen Kameraden zusammenraufen – und sich eingestehen, dass
ihr Vater nicht der Grösste ist. Murer
präsentiert den Film, der vom Pianisten
­André Desponds live begleitet wird.
Filmpodium, Nüschelerstr. 11, 18.15 Uhr
Donnerstag
Kino
Nostalgia de la luz
Von Patricio Guzmán
Chile 2015; 94 min.
Xenix, Helvetiaplatz, 17 Uhr
King of New York
Von Abel Ferrara
USA 1993; 104 min.
Xenix, Helvetiaplatz, 21 Uhr
Serial Mom
Von John Waters
USA 1994; 93 min.
Filmpodium, Nüschelerstr. 11, 15 Uhr
Konzerte
Phall Fatale
Jazz / Indie. Plattentaufe
Support: Pol
Helsinki, Geroldstr. 35, 21 Uhr
Josh T. Pearson, Calvin Lebaron
Singer / Songwriter. USA
Bogen F, Viaduktstr. 97, 20 Uhr
Peter Piek
Rock / Folk / Indie. D
La Catrina, Kurzgasse 4, 21.30 Uhr
Bühne
Herrmann geht nach Engelland
Puppentheater. Regie: Gyula Molnar
Von und mit Hartmut Liebsch
Theater Stadelhofen, Stadelhofenstr. 12,
20.15 Uhr
Kollaps
Theater. Von Philipp Löhle
Regie: Zino Wey
Schauspielhaus Pfauen, Rämistr. 34,
20.30 Uhr
Meer
Theater. Von Jon Fosse
Regie: Barbara Frey
Schauspielhaus Pfauen, Rämistr. 34,
20 Uhr
Foto: Thomas Burla, Pat Wettstein, PD
Anzeige
Live Vortrag von Hans Thurner
2000 km
ALPEN
zu Fuss von Wien nach Nizza
Clubs
Gemütlich mit
Techno / House. Mit DJ Samsara u. a.
Hive, Geroldstr. 5, 22 Uhr
Rouge
House. Mit DJ Chak Besh u. a.
Revier im Hof, Hohlstr. 18, 23 Uhr
Jona
Di 10.11. Kreuz
19.30 Uhr
Zürich
Mi 11.11. Volkshaus 19.30 Uhr
Winterthur Fr 13.11. Gate 27
19.30 Uhr
Infos und Vorverkauf:
www.explora.ch
Das Koch-Areal in Altstetten ist seit
Frühling 2013 besetzt. Ende 2013 kaufte
die Stadt der UBS das Gelände ab. Die
Besetzer dürfen vorderhand auf dem
Areal bleiben. Mit dem Zirkus Chnopf
schloss die Stadt einen Mietvertrag ab,
der bis Januar 2018 läuft. Die Artisten
nutzen das Gelände für Proben und Vorbereitungen ihrer jährlichen Tournee
sowie als Winterstandort. «Zudem werden die Räume für Proben verschiedener Compagnies und für öffent­
liche
Trainings in Luftartistik, Tanz und Acroyoga genutzt», sagt Konrad Utzinger.
Einmal pro Woche, am Freitag, findet
ein offenes Training für Jugendliche, Anfänger, Neueinsteiger und Profis statt.
Der Gesamtleiter sagt es nicht direkt,
tönt aber an, dass negative Schlagzeilen
bezüglich des Koch-Areals Teilnehmer
der wöchentlichen Zirkuskurse vertreiben könnten. «Wir hatten zu keiner Zeit
Schwierigkeiten mit den Besetzern», so
Utzinger, «das sind unsere Nachbarn,
mit denen wir gut auskommen.»
Ausbildung für Jugendliche
Der Zirkus Chnopf befindet sich nun in
der Winterpause. Die letzte Tournee
stand unter dem Programmtitel «Perfekt
defekt» und sei ein Erfolg gewesen, so
Utzinger. Das 20-köpfige Zirkusteam gab
50 Vorstellungen an 13 Spielorten in der
Deutsch- und Westschweiz. Insgesamt
sahen über 10 000 Menschen die Show
aus Pannen und Missgeschicken.
Seit 25 Jahren existiert der «Chnopf».
Die Grundidee dahinter: Während fünf
Monaten – zwei Monate Probe, drei Monate Tournee – arbeiten vier Jugendliche
mit sechs professionellen Artisten zusammen und lernen auf diese Weise,
ihre bisherigen Fähigkeiten zu verbessern. «Unser Ziel ist die gezielte Förderung von talentierten Jugendlichen im
Tanzen statt besetzen: Eine «Chnopf»-Artistin wärmt sich auf. Foto: Thomas Egli
Bereich Artistik», sagt Konrad Utzinger.
Viele junge Erwachsene bewerben sich
danach an Schauspiel-, Tanz-, Artistikund Musikschulen. Der Gesamtleiter bedauert, dass es in der Schweiz zwar Kinderzirkusse gebe, aber keine eigentliche
Zirkusschule. Für junge, angehende Artisten fehlt es an professionellen Ausbildungsplätzen.
Wie sieht es mit den Finanzen aus?
«Das ist bei uns immer ein Thema.» Der
Zirkus verlangt keinen Eintritt. Am Ende
der Vorstellung wird mit einem Hut für
eine Spende gesammelt. Utzinger: «Wir
werden von Stadt und Kanton Zürich so-
wie von Institutionen gefördert, und bis
jetzt haben wir – auf bescheidenem Niveau – überlebt.»
Am 14. und 15. November, 10 bis 16 Uhr,
findet an der Flurstrasse 85 das Casting
für die Tournee 2016 im Zirkus Chnopf
statt. Infos zu weiteren Workshop-Ange­
boten während des Winterhalbjahres:
www.chnopf.ch
Bilder Das Koch-Areal der
Zirkusartisten
zirkus.tagesanzeiger.ch
Bauzone Schützenmattstrasse 25, Kilchberg
Raumschiff zu Gott
Ein langes Schiff,
ein Turm mit
spitzem Dach,
darauf ein Kreuz
oder ein Hahn. In
etwa so sieht wohl
jede Kinderzeichnung einer Kirche
aus. Die entsprechenden Vorbilder
finden sich landauf und landab. Doch es gibt auch
Ausnahmen, viele sogar. Und fast wagt
man zu sagen, gerade bei Gottes­
häusern, in deren Wänden nicht nur
Progressives gepredigt wird, haben
viele Beteiligte Mut bewiesen.
Zum Beispiel in der Seegemeinde
Kilchberg. Nein, die Rede ist nicht von
der reformierten Kirche auf der Anhöhe, welcher die Gemeinde ihren
Namen verdankt und die Heiratswillige
anzieht, weil die Aussicht als Hintergrund für ein Hochzeitsfoto nicht
besser sein könnte. Die Rede ist vom
katholischen Pendant mitten im Dorf,
denn dieser der heiligen Elisabeth
geweihte Bau ist ein architektonischer
Wurf. Vor dieser Kirche staunen Kinder, sie tippen auf einen Wal oder ein
futuristisches Schiff.
In der Tat bricht die Kirche mit den
gängigen Vorstellungen. Der Grundriss
ist quadratisch und diagonal ausgerichtet, das Haus hat kaum Fenster und
besteht hauptsächlich aus einem Dach
mit zwei hyperbelförmig geschwungenen Hälften. Zwischen diesen klafft
wiederum ein tropfenförmiger Raum,
durch den Licht in den Innenraum
fällt. Je nach Blickwinkel hat das Dach
etwas von einer Blüte oder von Napoleons Zweispitz.
Das Zauberwort heisst Beton: Ein
Betongitter hält die Konstruktion, aus
Beton sind auch die Dachschalen. Bei
der Renovation wurden sie allerdings
mit einem Kupferblech verkleidet. Der
Glockenturm steht getrennt von der
Kirche. Genau deshalb kann sich dieser
in seiner schlichten Form voll entfalten. Er erinnert an eine hoch aufgeschossene Krone. Baumaterial: Beton.
Das ganze Ensemble trägt die Handschrift des 2007 verstorbenen Zürcher
Architekten André M. Studer. Stets war
dieser darauf bedacht, Harmonik in
seine Architektur einfliessen zu lassen.
Im Alter wandte er sich ganz dem
Pendeln zu. Vielleicht hat er sich
gerade deswegen als Kirchenbauer
einen Namen gemacht. Der Prototyp
für St. Elisabeth steht in Uster, ähnlich
aufgebaut, aber ein Stück weniger
vollendet.
1967 konnte Studer den Bau in
Kilchberg einweihen. Er war nicht nur
die Antwort auf die steigende Zahl von
Katholiken im Dorf, er steht bis heute
für jene schnelle, aufstrebende Zeit der
60er-Jahre. Eine Zeit, in der man sich
noch unbekümmert zu Ungewohntem
und Grossem hinreissen liess.
Ev Manz
GPS-Koordinaten: 47.320376, 8.543273