HUNGERWINTER 46 SYNOPSIS Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs. Europa liegt in Trümmern. Nach sechs Jahren Menschenvernichtenden Krieges haben die Siegermächte Hitler-Deutschland niedergerungen. Das Land ist verwüstet, das alte Nazi-Deutschland ist verschwunden - - mit ihm aber auch jegliche staatliche, ordnende Legislative. Den Alliierten drängt sich nun eine gänzlich neue Frage auf: W i e soll es jetzt mit den Deutschen weitergehen? Im Oktober 1946 stehen mehr als drei Millionen alliierte Soldaten in Deutschland. Die Amerikaner, Engländer, Franzosen und Russen, die das Land in vier Besatzungszonen aufgeteilt haben, wissen keine Antwort. Sie sind als Militärs gekommen, um die Deutschen zu besiegen, und nicht, um sie im Frieden zivil zu verwalten. Die Aufgabe ist gewaltig. Allein in München sind von 257 000 Wohnungen nur 25 000 unbeschädigt. Für 14 Millionen Haushalte stehen nur 8 Millionen Wohnungen zur Verfügung. Doch in den Trümmern leben Menschen. Sie sind der Hölle des Krieges entkommen und fragen sich nun, wie sie im Frieden überleben sollen. 66 Millionen Deutsche leben in den Besatzungszonen. 9,6 Millionen Flüchtlinge brauchen Hilfe. Allein nach Schleswig-Holstein kommen 860.000 Vertriebene. Das sind über 30% der Gesamtbevölkerung, ohne Hab und Gut. Im Überlebenskampf Jeder gegen Jeden beherrscht ein neuer Diktator das Land: der Hunger. Die Lebensmittelzuteilungen liegen bei 800 Kalorien täglich. Das ist weniger als ein Drittel der vom Völkerbund einst festgelegten Mindestmenge. Denn die schon während des Krieges eingeführten Rationierungs- und Bewirtschaftungssysteme durch Lebensmittelkarten und Bezugsscheine funktionieren nicht mehr. In den vier Besatzungszonen kann nicht einmal das Nötigste an Lebensmitteln bereitgestellt werden – zu wenig wird produziert, zu wenig Transportmittel und Transportwege stehen zur Verfügung. Die Zeit läuft davon. Feldmarschall Montgomery, Oberbefehlshaber der britischen Besatzungstruppen hatte den Zusammenbruch der Versorgung vorausgesehen. Er warnte das britische Kabinett vor einer drohenden Hungerkatastrophe in Deutschland und machte klar, dass er die Deutschen seiner Zone nicht wird durch den Winter bringen können. Seine Prophezeiung soll sich m e h r als erfüllen - - Oktober 1946. Die Katastrophe des Hungerwinters hat schon begonnen, obwohl noch niemand ahnen kann, dass der kälteste Winter des Jahrhunderts bevorsteht. Sieben Menschen erzählen von ihrem Schicksal - von ihrem Leben und Überleben. Wir sehen Bilder der wachsenden Verzweiflung, aber auch der Hoffnung und des Glücks. Fünf Monate lang, bis Februar 1947, begleiten wir sie durch ihr Leben - freuen uns über die Geburt des so gewünschten Kindes, bangen um das Geschwisterpaar, das nur noch den Freitod als Ausweg sieht, staunen über den lebensgefährlichen Kohleklau zweier Brüder in arktischer Kälte - - - - - und trauern über das zerbrochene Lebensglück einer großen Liebe. Wir begleiten Lotte Szelski, Martin Schneider, Inge Kotsch, Edith Eints, Klaus und Günther Kammeyer und Wilhelm Müller auf einer Zeitreise, die für sie selbst nie ein Ende genommen hat. Die Protagonisten Lotte Szelski (damals 24) und ihr Mann sind im Herbst 1946 voller Hoffnung. Sie haben in Chemnitz eine Wohnung ergattert. Im November bringt Lotte einen gesunden Jungen zur Welt. Doch aufgrund von Kälte und Mangel wird der kleine Felix den Winter nicht überleben. Martin Schneider (damals 12) in Lübbenau muss nicht nur sich und seine zwei Jahre jüngere Schwester durch den Winter bringen, sondern auch für seine Mutter sorgen. Nach Massenvergewaltigung zu Kriegsende ist sie nicht mehr in der Lage, für ihre Kinder zu sorgen. Nicht zuletzt dank geschickter Ablenkungsmanöver ihres Großvaters ist Inge Kotsch (Jahrgang 1926) am Stadtrand von Berlin den Vergewaltigungen zu Kriegsende entgangen. Der Großvater hält Haus und Garten in Schuss, während seine Tochter und die zwei Enkelinnen Lebensmittel und Brennstoffe beschaffen. „Iss den Mädchen nicht das Essen weg„, mahnt ihn seine Tochter eines Tages, als er sich einen Rest Brennnesselsuppe nimmt. Die Szene ist der Anfang vom Ende des alten Mannes. Er zieht sich zurück und isst nun kaum noch. An einem Februarmorgen kurz darauf wacht er nicht mehr auf. Edith Eints (damals 9 Jahre) und ihre fünf Geschwister erleben täglich, was es bedeutet, als ungeliebte Eindringlinge betrachtet zu werden. Sie sind mit ihren Eltern aus Ostpreußen geflohen und hausen nun in einem heruntergekommenen Kuhstall im Holsteinischen. Und schon wieder ist die Mutter schwanger. Fast beneidet sie die Frauen, die auf sich allein gestellt sind. Denn die Familie muss nicht nur die Not, sondern auch die Wut des invaliden Vaters ertragen. Was für Edith Eints ein Fluch ist - Teil einer großen Familie zu sein, ist für die Brüder Klaus und Günther ein Segen. Sie leben mit sieben weitere Geschwistern, den Eltern und zwei Verwandten in einer winzigen Drei-Zimmer-Wohnung. Eine verschworene Gemeinschaft, in der jeder seine Aufgabe hat. Auch die beiden zehn- und elfjährigen Sprösslinge helfen eifrig. Für sie sind Hamsterfahrten, Organisieren und Kohlenklau willkommene Abenteuer. Doch die Eltern haben Sorge, dass die Jungen kriminell werden. Was mit denen geschieht, die auf die schiefe Bahn geraten, erlebt Wilhelm Müller in Herford täglich. Sein Vater ist Richter; in seiner Freizeit hilft der damals 21jährige Wilhelm ihm beim Schriftverkehr und wird so Zeuge der vielen Verzweiflungstaten jener Zeit. Umsetzung Der Film erzählt die Geschichten unserer Protagonisten mittels dramatischer Rekonstruktion mit Dialogen, ergänzt durch Archivund Interviewsequenzen. Gordian Maugg und Alexander Häusser, Berlin/Hamburg April 08
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