Walter meint 29 118 swissfire.ch 9|2015 Feuerwehr und Politik im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen am 18. Oktober Parlamentarier arbeiten für euch – gratis Damit eines klar ist, ich schreibe hier meine Meinung. Das erlaub ich mir nun mal, ausserhalb des Editorials. Alsdann: Die Politik hat in der Feuerwehr keinen Platz. Will heissen, Parteipolitik ist unerwünscht. Das ist korrekt und gut so. Aber – ohne die Politik geht es nicht. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, mit politischen Partnern umgehen, um unsere Ziele zu erreichen. Auf allen Stufen. Und auf allen Stufen gibt es Repräsentanten in der Politik, denen die Feuerwehr am Herzen liegt und die sich für uns einsetzen. Auf eidgenössischer Stufe ist dies die PKF, die parlamentarische Kerngruppe Feuerwehr. Die parlamentarische Kerngruppe Feuerwehr ist ein bewährtes politisches Instrument des SFV auf Stufe Bund. Gegründet wurde sie bereits im Jahr 1989. Schon damals hat man erkannt, dass die Vertretung der Interessen der Angehörigen der Feuerwehr auch bedeutet, dass man regelmässig und mit einer strukturierten Sitzungsagenda mit der Politik reden muss, um für die Feuerwehren gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Schon damals hat man, wie man es heute nennt, in Bundesbern lobbyiert. Allerdings, das Wort war damals kaum bekannt und falls doch, hatte es auch kaum diese Bedeutung wie heute; ausserdem ist es wohl mittlerweile etwas zu Unrecht in Misskredit geraten. Nicht jeder Parlamentarier, der seine beiden Lobbyisten-Dauerpässe vergibt, lässt sich dafür bezahlen – aber es kommt vor. Doch davon später… Interessenvertretung ist Pflicht Es ist und bleibt das legitime Recht eines jeden Einzelnen oder aber die Pflicht einer Organisation, seien es die Bosse des Finanzplatzes Schweiz oder die vereinigten Kleintierzüchter der Schweiz, gegenüber der Politik ihre Interessen zu wahren. Es ist damit, ob 1989 oder 2015, eine der wichtigsten Pflichten und Aufgaben eures Verbandes und eine der grossen Herausforderungen, auch politisch alles zu tun, damit die Rahmenbedingungen für euch stimmen. Das bringt auch was. Das lässt sich belegen. Zählen wir mal ein paar der politischen Erfolge auf, welche die jeweilige Führung eures Verbandes zusammen mit den Parlamentariern in Bern zu euren Gunsten erreicht hat: •• Erlass der Gebühren für Mietleitungen zur Alarmierung der Feuerwehren •• Beiträge des Bundes an die Feuerwehren, welche auf Nationalstrassen zum Einsatz kommen (damals in den 90ern waren es 10 Millionen pro Jahr) •• Sicherstellung des Personals der Feuerwehren durch Dispensation vom Militärdienst •• Reduktion der Militärpflichtersatzabgabe bei Dienst in der Feuerwehr •• Einführung des Fahrausweises C1 für die Fahrer der Feuerwehren •• Steuerbefreiung des Feuerwehrsoldes – erreicht im engen Schulterschluss mit der FKS, der Feuerwehrkoordination Schweiz, der Vereinigung der Hoheitsträger im Feuerwehrwesen •• Via Sicura; Wiederaufhebung der Alkohol-null-Toleranz-Grenze – 64 Parlamentarier haben die Motion unseres Kameraden Bernhard Guhl unterschrieben, Corina Eichenberger AG Bernhard Guhl AG Urs Schläfli SO 30 Walter meint Schweizerische Feuerwehr-Zeitung Max Chopard-Acklin AG Marianne Streiff-Feller BE Walter Wobmann SO und das Anliegen ist in die Verordnung aufgenommen worden Laufende Arbeiten: •• optimale Lösung für die Feuerwehren im Zuge der politischen Diskussionen zum neuen System der allgemeinen Dienstpflicht •• Anpassung der VTS, der technischen Verordnung für den Strassenverkehr im Hinblick auf optimierte technische und organisatorische Lösungen für die Sondersignalisation im Feuerwehrdienst •• Zusammenarbeit mit anderen parlamentarischen Interessengruppen im Sicherheitsbereich zur gegenseitigen Unterstützung bei der Durchsetzung der jeweiligen Anliegen (ZS, Pol). mehr macht oder machen muss, bekommt mehr und profitiert dann auch mehr. W Zwei Nationalratskandidaten aus dem ZV Bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober kandidieren auch zwei Mitglieder des Zentralvorstandes des Schweizerischen Feuerwehrverbandes SFV für den Nationalrat. Im Kanton Waadt tritt unser Zentral präsident Laurent Wehrli an, gewesener Grossratspräsident, Grossrat und Stadtpräsident von Montreux. Und im Kanton Baselland unser ZV-Mitglied Dominik Straumann, Gemeinderat in Muttenz, Landrat und Fraktionspräsident. Auch die beiden verdienen die Unterstützung der Feuerwehrleute in ihrem Wahlkreis. Mauro Gianinazzi Vizepräsident SFV Laurent Wehrli VD Dominik Straumann BL Resultat hinten rechts Schön und gut, aber was habt ihr nun konkret davon? Ich meine, ziemlich viel, extrem viel. Sogar hinten rechts, im Geldsack. Alle wissen, dass unser Direktor Robert Schmidli gut rechnen kann. Und ebenso wissen alle, dass ich nicht gut rechnen, aber gut Geld ausgeben kann. Aber ich versuch es trotzdem mal mit einem Rechenbeispiel, nur so spasseshalber. Sagen wir mal von den 700 000 Franken Mitgliederbeiträgen im Jahr 2014 hätte euer Verband sämtlichen Stutz, also 700 000 Franken ins Lobbying, in die Vertretung der Interessen der Angehörigen der Feuerwehr auf allen politischen Stufen und gegenüber allen zuständigen Partnern, investiert. Und nehmen wir mal an, und um eine durchschnittliche Zahl zu nehmen, dass jeder und jede der 95 000 Frauen und Männer in der Feuerwehr durch die Steuerbefreiung des Soldes jedes Jahr zehn Franken Steuern spart. Abgesehen davon ist es mit zehn Franken auch einfacher zu rechnen: 95 000 × 10 = 950 000. Eine schöne Zahl – immerhin 200 000 mehr als die Summe eurer Mitgliederbeiträge. Es ist mir dabei schon klar, dass nicht alle gleich von der Steuerbefreiung profitieren. Aber auch hier gilt das Prinzip, wer Parlamentarier arbeiten gratis für euch Zurück zur PKF. Die Aufwendungen für die Parlamentarier halten sich äusserst im Rahmen. Die Parlamentarier werden von uns jeweils nur zum Essen eingeladen. Damit hat es sich. Es gibt keine diffusen Verträge für Beratungen oder einen Göttibatzen in bar. Nicht einmal Sold. Ich hab es schon gesagt, es ist bekannt, dass sich gewisse Parlamentarier von Lobbyisten bezahlen lassen. Unsere nicht. Einfach, sehr einfach Wie funktioniert nun diese PKF? Einfach gesagt und auf den Punkt gebracht: einfach, sehr einfach. Jeweils am Mittwoch der dritten Woche einer Session treffen wir uns in Bern. Wir beginnen jeweils um 12.45 Uhr und nehmen zusammen ein Apéro. Hier ist Gelegenheit für Zweier- und Dreiergespräche. Wir, das heisst die Mitglieder der PKF, allen voran deren Präsidentin, Nationalrätin Corina Eichenberger, der Zentralpräsident Laurent Wehrli und die Mitglieder des ZV (die kommen können) sowie der Direktor und der Vizedirektor des SFV, mithin der Schreibende. Wichtig, wir haben einen ständigen Gast: Kollega Beat Müller, der Generalsekretär der FKS. In diesen Gesprächen geht es um Politisches, manchmal Privates, und es gibt auch einiges zu lachen. Wir sind per Du. Das hat damit zu tun, dass einige der Parlamentarier aktive oder ehemalige Feuerwehrler sind wie Bernhard Guhl, Theo Flach oder Urs Schläfli – ebenso aber zeigt es auch die Atmosphäre, die beim Treffen herrscht, nämlich die Kultur des kameradschaftlichen Feuerwehrum- Walter meint 31 118 swissfire.ch 9|2015 Beat Flach AG gangs. Unser Nationalrat Pirmin Schwander zum Beispiel hat nie Feuerwehr gemacht. Aber er sagt, das sei eine gute Sache und dafür lohne es sich, sich stark zu machen. Er ist auch der, der mich von der Idee abgebracht hat, einen ständigen Lobbyistenzugang für den SFV im Bundeshaus anzustreben – er ist übrigens einer der wenigen, der gar keinen Zugang vergeben hat. «Walter ... hat er gesagt, «lass das, das bringt euch nichts. Von denen hats eh so viel, dass keiner mehr von uns Zeit hat, einem richtig zuzuhören. Wenn was ist, dann ruf mich an. Dann komme ich nach Gümligen und wir bereden die Sache. Das bringt mehr, dann nehme ich mir Zeit.» sagen jeweils herzlich Danke, dass sie sich für die Feuerwehrleute einsetzen. Das reicht ihnen. Und ein oder zweimal haben wir ihnen ein Geschenk übergeben. Wenn ich mich recht entsinne, war es einmal eine SFV-Mappe und einmal eine SFV-Winterkappe. Daran erinnere ich mich noch gut – die Jahreszeit war passend, und alle Ratsmitglieder hatten eine Riesenfreude. Es ist manchmal wirklich einfach. Aber das ist halt so, wie mit allem, auch wenns einfach ist, machen muss man es dann schon… Und es geht einfach weiter. Denn ich bin ein einfaches Gemüt. Am 18. Oktober werde ich wie Millionen andere meine Wahlzettel abgeben. Ich nehme mein Recht und meine Pflicht als Stimmbürger wahr. Leider kann ich nicht, aber wenn ich könnte, würde ich – ich würde alle Mitglieder der parlamentarischen Kerngruppe Feuerwehr wählen. Das ist das einzige, was ich ihnen zurückgeben kann. Meine Stimme bei den Wahlen. Ohne Ansehen der Partei und der politischen Haltung in anderen Dingen als der Feuerwehr, aber als Dank und Anerkennung dafür, was sie für uns getan haben. Arbeitsessen mit Debatte Nach dem Apéro setzen wir uns zum Essen, und während des Essens läuft die Sitzung. Die Geschäfte werden jeweils von der Geschäftsstelle vor- und der Präsidentin Eichenberger unterbreitet. Die Präsidentin führt die Sitzung, Zentralpräsident Laurent Wehrli und die Vertreter des SFV tragen vor, erklären Anliegen, Probleme und Lösungsansätze, die den Feuerwehren nützlich sind, und die Parlamentarier in der Runde fragen nach oder sagen ihre Meinung. Die Sicht der Feuerwehrkoordination Schweiz wird vom Generalsekretär eingebracht. Formelle Beschlüsse werden nicht gefasst. Man ist sich einig, und das gilt und genügt. Gegen 15.00 Uhr wird die Sitzung jeweils beendet, weil die Parlamentarier wieder ihrer politischen Arbeit nachgehen müssen. Das ist wirklich einfach. Und immer noch einfach Und noch ein Wort zur nichtfinanziellen Honorierung unserer Parlamentarier. Wir Wahltag ist Zahltag Ich bin im Wallis stimmberechtigt. Einen Walliser Nationalrat, er war aber nur kurz in Bern und wurde dann nicht mehr wiedergewählt, eben jenen habe ich mal angefragt, ob er sich nicht auch in der PKF engagieren möchte. Er kam aber nie. Falls ich den nochmal auf einer Liste entdecke, kann der Stift gar nicht dick genug sein, um ihn zu metzgen. Wahltag ist Zahltag. Auf jeder Stufe der Politik und regelmässig alle vier Jahre. Und ich meine, Feuerwehrleute wählen Andrea Martina Geissbühler BE Roland Borer SO Fotos: zVg Pirmin Schwander SZ Erich von Siebenthal BE 32 Walter meint Schweizerische Feuerwehr-Zeitung und muss selbst entscheiden, an wen er seine Stimmen gibt. Aber ich finde es nur recht und in Ordnung, wenn wir auch am Zahltag jenen etwas zurück- (oder auch voraus-)zahlen, die es verdienen. Wer nun in der parlamentarischen Kerngruppe Feuerwehr unsere Anliegen vertritt und wo die Parlamentarier zu den Wahlen antreten, seht ihr in den Bildern. Ulrich Giezendanner AG Sylvia Flückiger AG Walter Müller SG, Präsident SZSV Rudolf Joder BE Jakob Büchler SG Feuerwehrleute – und jene, die der Feuerwehr wohl gesinnt sind. Wiederum auf allen Stufen der Politik. Am 18. Oktober haben wir 95 000 Stimmen zu vergeben und, wenn wir unser Umfeld und die ehemaligen noch dazu rechnen, weit mehr als 500 000. Das ist eine enorme Stimmbürgermacht. Jeder und jede von uns darf, soll Protest willkommen So, jetzt ist gesagt, was ich sagen wollte. Ich arbeite nun seit 15 Jahren für unseren Verband und habe mich bis anhin bei den Wahlen nie im obgenannten Sinne geäussert. Ich meine, nun war es an der Zeit. Und mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, dass viele von euch nicht immer mit mir einverstanden sind. Was solls – ihr seid alle freie Schweizer und in euren Meinungen ebenso frei wie ich. Deshalb könnt ihr euch auch ungeniert beschweren, wenn ihr der Meinung seid, diese hier niedergeschriebene meine Meinung, dürfe hier keinen Platz haben. Ich werde entsprechende Leserbriefe unzensiert veröffentlichen. f Walter. W Bestellschein 118 swissfire.ch Jahresabonnement(e) Einzelnummer(n) (12 Ausgaben) Fr. 10.– + Porto Schweiz Fr. 75.–/Ausland Fr. 95.– 1 Probeexemplar (gratis) Abonnement(e) ab sofort bis zum Jahresende Versandadresse Rechnungsadresse Name Strasse PLZ/Ort Datum Unterschrift Bitte einsenden an: SFV, Postfach, 3073 Gümligen, Fax 031 958 81 11, [email protected] 118 swissfire.ch Hotline für Inserateaufträge Telefon: 031 767 83 30, Fax: 031 300 63 90, E-Mail: [email protected]
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