mehr an Bord ist

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I DIE STIFTUNG 3/13
mehr an Bord ist
it nur einem zwingend vorgeschriebenen Organ ermöglicht eine Stiftung bürgerschaftliches Engagement in
schlankeren Strukturen als z.B. ein Verein
oder eine gemeinnützige GmbH. Fällt der
Vorstand allerdings aus, ist eine Stiftung
handlungsunfähig. In Fällen besonderer
Dringlichkeit kann das Amtsgericht deshalb einen Notvorstand bestellen. Ebens o gestatten einige Landesgesetze der
Stiftungsaufsicht die Abberufung und
Neubestellung des Vorstands. Beides ist
jedoch an enge Voraussetzungen geknüpft.
Stiftungsvorstände haben ein gutes
Leben. Sie können die Geschicke der Organisation alleine lenken und müssen
sich weder Mitgliederversammlungen
noch Aufsichtsräten gegenüber erklären.
Was aber gilt, wenn kein Vorstand vorhanden ist, etwa wenn das einzige Vorstandsmitglied sein Amt niederlegt hat, es
verstirbt, dessen Amtszeit abläuft oder
wenn Streit besteht, wer rechtmäßiger
Vorstand ist? Das BGB hält hierfür eine
Möglichkeit bereit, die dem Vereinsrecht
entstammt, aber auch auf Stiftungen anwendbar ist: Das für den Sitz der Stiftung
zuständige Amtsgericht kann auf Antrag
eines Beteiligten einen Notvorstand b e
stellen
29,86BGB).
Voraussetzung ist das ständige oder
vorübergehende Fehlen eines Vorstandsmitglieds, sodass die Stiftung nicht handlungsfähig ist. Rechtlich ausgedrückt
bedeutet dies, dass der Vorstand b e
schlussunfähig ist undIoder es niemanden gibt, der die Stiftung im Rechtsverkehr wirksam vertreten kann.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn
das einzige Vorstandsmitglied sein Amt
niederlegt. Oder es streiten sich zwei
Parteien, werrechtmäßigesvorstandsmitglied ist. Dies kann vorkommen, wenn
das Amt nach der Satzung an bestimmte
Rechtspositionen geknüpft ist, aber Unklarheit besteht, wem diese Rechtspe
sitionen zustehen. Ein Beispiel ist das
Urheberrecht an dem literarischen Werk
eines verstorbenen Autors, dessen Erlöse
der Stiftung zufallen.
Nicht hierher gehört der Fall, dass ein
Vorstandsmitglied in einer bestimmten
Angelegenheit die Tätigkeit verweigert,
nicht sachgerecht handelt oder eine bestimmte Handlung als unzweckmäßig
ablehnt, solange der Vorstand formal
gesehen handlungsfähig ist. Verweigert
allerdings ein Mitglied des Vorstands
generell die Geschäftsführung und ist
das Vorhandensein dieses Vorstandsmitgliedes etwa für die Vertretung der
Stiftung unerlässlich, s o ist vom Fehlen
eines erforderlichen Vorstandsmitgliedes
auszugehen.
Der Umstand, dass nicht alle nach der
Satzung vorgesehenen Vorstandspositionen ordnungsgemäß besetzt sind,
wäre nach dem Gesagten als solchem
noch kein Fall des Fehlens eines erforderlichen Vorstandsmitgliedes. Rechtlich
nicht eindeutig geklärt ist allerdings die
Frage, ob die Beschlüsse eines solchen
Stiftungsvorstandes wirksam sind, selbst
wenn alle sonstigen Voraussetzungen
für die Beschlussfähigkeit vorliegen. Dies
wird in der vereinsrechtlichen Fachliteratur mitunter verneint. Daher kommt
auch für den Fall der möglichen Unwirksamkeit von Vorstandsbeschlüssen W+
gen nicht ordnungsgemäßer Vorstandsbesetzung die Bestellung eines Notvorstandes in Betracht.
Die Voraussetzungen für die
Bestellung eines Notvorstandes
VON DR. GERHARD RIES UND METIN KO
,
-
I
Für die Bestellung eines Notvorstands
weiter erforderlich ist das Vorliegen
eines dringenden Falls. Dies bedeutet
zum einen, dass die Stiftung sich nicht
durch eigene Maßnahmen helfen kann,
zum anderen, dass ohne die Notbe
Stellung des Vorstands der Stiftung oder
einem Beteiligten ein Schaden droht.
Ein dringender Fall kann vorliegen, wenn
die Stiftung mangels Veitretung ein wichtiges Rechtsgeschäft nicht abschließen
kann, etwa eine Vermögensanlage, und
dadurch einen Verlust erleidet.
Schließlich ist ein Antrag beim zuständigen Amtsgericht nötig. Antragsberechtigt ist jeder Beteiligte, d.h. jeder,
der ein Interesse an der Notbestellung
glaubhaft machen kann. Dies sind die
übrigen Mitglieder des Vorstandes oder.
die Mitglieder anderer Stiftungsorgane
wie Kuratorium oder Stiftungsrat, die
Stiftungsgläubiger sowie die Stiftungsbehörde. Dagegen sind Destinatäre nur
dann antragsberechtigt, wenn die Stiftungssatzung ihnen Leistungs- oder
Organschaftsrechte zugesteht.
Die Bestellung des Notvorstands wird
mit Bekanntgabe an den Bestellten und
Annahme des Amtes wirksam. Das Ge- 4
richt muss, soweit möglich, die Satzungs- !
bestimmungen zum Vorstand beachten.
Es muss s o viele Vorstandsmitglieder
I
bestellen, wie für die Beschlussfähig- 2
keit erforderiich sind, oder besondere 3
Qualifikaflonsmerlanale beachten. Die $
k t e l l u n g ist nur insoweit vorzunehmen,
wie dies zur Beseitigung der Vakanz
erforderlich ist. Daher kann auch eine
zeitliche Befristung erfolgen oder die
Befugnisse des Notvorstandes k6nnen
Denn das Gericht hat sich bei der
Frage des Ob und Wie der Notvorstandsbestellung immer daran zu orientieren,
dass die Bestellung eines Notvorstandes
h die privatautonome Gestaltung der
Stiftungsverhältnisse eingreift und daher
nur in engen Grenzen in Betracht kommt.
Sie darf nicht zur Verhinderung oder zum
Überspielen eines Verhaltens des Vorstands führen.
Verfügt beispielsweise die Stiftung
riber ein weiteres Stiftungsorgan, wie
ein Kuratorium oder einen Stiftungsrat,
welcher nach der Stiftungssatzung
Aufsichtsbefugnisse gegenüber dem Vorstand hat, muss zunächst von diesen
Aufsichtsbefugnissen Gebrauch gemacht
werden. Reichen diese nicht aus, kann
sich das Aufsichtsorgan an die Stiftungsbehörde wenden, die im Rahmen ihrer
Aufsichtsbefugnisse weitere Möglichkeiten der intervention hat. Dies kann bls
zur Abberufung des Vorstands bei groben Pflichtverletzungen oder Unfähigkeit
, mir ordnungsgemäßen Geschäftsführung
Auch sehen einige Stiitungsgesetze
der Länder vor, dass die Stiftungsbehörde ermächtigt ist, die Bestellung eines
Vorstandsmitglieds vonunehmen (z.B.
$j12Abs. 1, 2 Stiftungsgesetz Baden-Württemberg). Die landesrechtlichen Regelungen stehen meist in Verbindung mit
der Befugnis zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern. Die Stiftungsbehörde
kann bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes in der Person des Vorstandsmitglieds, insbesondere bei grober
Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zu
ordnungsgemäßer Geschäftsführung, das
Vorstandsmitglied abberufen.
Eine grobe Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds wird dann angenommen, wenn es seine Kompetenzen in
schwerwiegender Weise und mehrfach
missbraucht, die Funktions- und Vermögensinteressen der Stiftung grob vemachlässigt oder sich beharrlich weigert, den
Stiftungszweck zu erfüllen. Die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung wird insbesondere dann a n g e
nommen, wenn das Vorstandsmitglied
nicht die erforderliche Eignung beziehungsweise Vertrauenswürdigkeit aufweist oder wenn es dauerhaft krank oder
ortsabwesend ist.
Die Notbestellung durch die Stiftungsbehörde stellt jedoch eine aufsichtsrechtliche Maßnahme dar und ist subsidiär. Das heißt: Erst nach Aufforderung
der Stiftungsbehörde an das zuständige
Stiftungsorgan, für das abberufene Vorstandsmitglied ein neues Mitglied zu
bestellen, kann bei Untätigkeit die Be-
VermögensManager
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MEAG Nachhaltigkeit auch in Österreich). Alle Daten mit Stand: Aprll 108.sofern nicht anden angegeben.
stellung durch die Stiftungsbehörde
selbst erfolgen.
Fazit
Die Bestellung eines Notvorstands durch
das Amtsgericht ist auf Antrag bei Fehlen
eines für die Handlungsfähigkeit der Stiftung erforderlichen Vorstandsmitglieds
möglich, wenn Dringlichkeit geboten ist. .
Ebenso kann bei Pflichtverletzungen und
Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsfiihrung in einigen Bundesländern
auch die Stiftungsaufsicht einen Vorstand
abberufen und neu bestellen. Aufgrund
des Eingriffscharakters ist beides nur in
engen Grenzen zulässig.
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Rechtsanwalt und Partner bei Menold Bezler
Rechtsanwalte in Stuttgart. Er betreut Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie steuerbegünstigte Einrichtungen, Verbände,Vereine und Stiftungen.
Metin Konu ist Rechtsanwalt bei Menold Bezler
Rechtsanw2lte. Erbeschriftigt sich u.a. mit
dem Recht der steuerbegünstigten Einrichtungen, dem Vereins- und Stiftungsrecht.