Schweiz am Sonntag, Nr. 50, 21. Februar 2016 KULTUR GRAUBÜNDEN 31 | «Nabat» läuft im Kinocenter IM KINOCENTER IN CHUR ist heute Sonntag, 21. Februar, um 17Uhr der Film «Nabat» des aserbaidschanischen Regisseurs Elchin Musaoglu zu sehen. Ausgehend von einer wahren Geschichte erzählt Musaoglu in seinem zweiten Spielfilm von der alten Bäuerin Nabat und ihrem kranken Mann, die auf ihrem Hof ausharren, während das nahe Dorf wegen wachsender Kriegsgefahr zur Geisterstadt wird. Hommage an Vico Torriani Die Premiere des Vico-Torriani-Musicals «Hotel Victoria» findet am Mittwoch in St. Moritz statt In wenigen Tagen kommt der berühmteste Sohn von St.Moritz zurück auf die Bühne. Mit «Hotel Victoria» lässt Regisseur Felix Benesch den Entertainer Vico Torriani und «NABAT» SPIELT IN BERG-KARABACH, der seine Lieder wieder aufleben. seit Langem umkämpften Grenzregion zwischen Aserbaidschan und Armenien, in der es in den Neunzigerjahren zum offenen Krieg kam. Der Film beginnt wie eine soziale Chronik, bis sich mit dem Tod von Nabats Mann eine überraschend fantastische Atmosphäre einstellt. Am Tag nach der Beerdigung kehrt Nabat ins Dorf zurück, das komplett menschenleer ist und offensichtlich in grosser Eile verlassen wurde. Alles wurde stehen und liegen gelassen, ein Bühnenbild wie aus einem Katastrophenfilm. «Nabat» ist laut Mitteilung ein Film, der ein aktuelles, aber verdrängtes Thema formal bravourös umsetzt und nicht umsonst an wichtigen Festivals auf der ganzen Welt gezeigt wurde. (RED) INSERAT Bibi & Tina - Mädchen gegen Jungs - Ein neues Abenteuer der beiden unternehmungslustigen Mädchen. 11.30 Deutsch ab 6 J. Die wilden Kerle: Die Legende lebt - Sieben neue Freunde versuchen das Wilde Kerle Land gegen den dicken Michi zu verteidigen. 13.45 Deutsch ab 6 empf 8 J. Heidi - Die Geschichte um das Waisenmädchen Heidi, Geissenpeter und Alpöhi wurde neu verfilmt. 16.00 Dialekt ab 6 J. Deadpool – Der ehemaligen Special Forces Soldat Wade Wilson (Ryan Reynolds), erlangt nachdem er sich einem skrupellosen Experiment unterzieht unglaubliche Selbstheilungskräfte. 18.15 Deutsch, 20.30 E/d/f strikte ab 16 J. ! Molly Monster - Animationsfilm um Molly Monster, die im Eierland lebt. 10.45 Dialekt ab 6 J. Hördur – Pferdeabenteuer um ein rebellisches Mäd chen, das zu Sozialstunden verdonnert wird und dabei das Reiten entdeckt. 11.00 Deutsch ab 6 J. Wie Brüder im Wind - Die Geschichte einer Freund schaft zwischen dem zwölfjährigen Lukas und dem Adler Abel. Mit Tobias Moretti. 11.15 Deutsch ab 6 empf 8 J. Ich bin dann mal weg – Der Entertainer Hape macht sich auf den Jakobsweg nach Santiago de Compostela. 12.45 Deutsch ab 6 empf 10 J. Alvin und die Chipmunks - Road Chip – Vierter ActionAuftritt der singenden und Chaos stiftenden Strei fenhörnchen. 13.00 Deutsch ab 6 empf 8 J. James Bond: Spectre - 007 Daniel Craig als James Bond in der vierten Runde gegen die zwielichtige Organi sation SPECTRE. 13.15 Deutsch ab 12 J. Suffragette - Die Aktivistin Emmeline Pankhurst (Meryl Streep) etabliert sich im Jahr 1903 mit der Gründung der «Woman‘s Social and Political Union». 14.45 E/d ab 12 J. Zoolander 2 - Die noch witzigere und noch verrücktere Fortsetzung der Komödie aus der Modeszene mit Ben Stiller und Owen Wilson. 15.15, 20.45 Deutsch ab 12 empf 14 J. Colonia - Liebesdrama in Chile während des Militärput sches gegen den Präsidenten Salvador Allende. Mit Emma Watson und Daniel Brühl. 16.15 Deutsch ab 16 J. Kultur Kino Chur: Nabat – Die letzte Frau im Berg dorf Homage an die Mütter. Aserbaidschan 17.00 OV/d/f ab 16 J. The Hateful Eight - Tarantinos neuer Western um eine wild zusammengewürfelte Reisegruppe. Es entsteht eine interessante Dynamik, die von Rache, Betrug und Misstrau en genährt wird. 3 OscarNominierungen 2016. 17.30 Deutsch ab 16 J. Dirty Grandpa - Dirty Grandpa Robert De Niro macht mit seinem ziemlich spiessigen Enkel Zac Efron die Strassen unsicher. 18.30 Deutsch ab 16 J. Nichts passiert – Verhängnisvolle Skiferien in den Al pen mit einem harmoniesüchtigen, überforderten Vater. Von Micha Lewinsky. 19.00 Deutsch ab 12 empf 14 J. Hail, Caesar! - Komödie über die Hollywoodstudios der 1950erJahre. Der neue Film der CoenBrüder mit George Clooney und Scarlett Johansson. 20.45 E/d/f ab 12 J. Sisters - In Erinnerung an die alten Zeiten lassen die Schwestern Maura und Jane noch einmal eine ordentliche Party steigen, die dann ziemlich aus dem Ruder läuft. 21.00 Deutsch ab 12 empf 14 J. Jugendschutz: Unbegleitet dürfen Jugendliche unter 16 Jah ren und Kinder im Rahmen des festgelegten Zutrittsalters Film vorführungen besuchen, die bis spätestens 21.00 Uhr beendet sind. In Begleitung Erwachsener dürfen sie alle Filmvorfüh rungen besuchen, falls sie das festgelegte Zutrittsalter nicht um mehr als 2 Jahre unterschreiten. Die Verantwortung für die Ein haltung der Altersbestimmungen liegt bei der Begleitperson. me – auf dieser Basis hat er die Geschichte von «Hotel Victoria» aufgebaut. Eine wichtige Quelle war dabei auch die Tochter von Vico Torriani, Nicole Kündig-Torriani. Auch sie ist an der Medienprobe an diesem Freitagmorgen im Saal. So kurz vor der Premiere meint sie: «Ich bin ebenfalls nervös, habe aber grosse Freude.» Als sehr authentisch bezeichnet sie das Musical. «Man merkt, dass alle mit sehr viel Liebe und Engagement dabei sind, und Freude an der Musik haben.» VON FADRINA HOFMANN W illkommen, Damen und Herren im Hotel Victoria». Da steht er in roter Samtjacke, umgeben von einer lächelnden Tanztruppe und der achtköpfigen Band, und singt die Eingangsmelodie der Kochsendung «Hotel Victoria». Es ist das Jahr 1973 und der Sänger, Schauspieler, Showmaster und Kochbuchautor Vico Torriani kann bereits auf eine sehr erfolgreiche 20-jährige Karriere zurückblicken. Er singt «Siebenmal in der Woche», er singt «Schön und kaffebraun», «Ananas aus Caracas» und «Kalkutta liegt am Ganges», und alle schunkeln mit. Auf einmal unterbricht der Regisseur den Entertainer und verlangt von ihm «eine Prise eines verruchten Dean Martin». «Die Welt ist eine andere als vor zehn Jahren», versucht er dem Sänger zu erklären, dem seine neue Rolle gar nicht passt. Nach einem Whiskey und einem «verruchten» neuen Anlauf stürzt der Entertainer von seinem silbernen Podest – und hat plötzlich ein Problem. DIESE SZENE DARF eine Handvoll Journalisten wenige Tage vor der Premiere des Musicals «Hotel Victoria» mitverfolgen. Die Medienprobe findet an diesem Freitagmorgen im historischen Theatersaal des Hotels «Reine Victoria» in St. Moritz statt, dem Ort, wo das Publikum das Musical zum ersten Mal sehen wird. Dass das Stück am kommenden Mittwoch im Oberengadin Premiere feiert, ist kein Zufall, schliesslich soll das «Hotel Victoria» von Felix Benesch und Ludger Nowak an den berühmtesten Sohn von St. Moritz erinnern: Vico Torriani. «Vico ist wahrscheinlich der erfolgreichste Entertainer und Künstler, den die Schweiz bis heute hervorgebracht hat. Er war ein Superstar», sagt Benesch kurz vor der ersten Probeszene. Tatsächlich stammen vom gelernten Konditor, Koch und Kellner zahlreiche Titel, die an die Spitze der deutschen Charts gelangten. Ab 1952 trat er im Fernsehen auf, unter anderem in einer der ersten Koch- Der echte Vico Torriani (Samuel Zünd, links) und sein Double (Christian Jott Jenny) sind zu Beginn alles andere als Freunde. PRESSEBILD shows der Fernsehgeschichte, seiner Lieblingsshow «Hotel Victoria». Darin wurde getanzt, gesungen und nebenbei noch gekocht. Genau diese Show nimmt Regisseur Benesch als Plattform für das Musical. Im Musiktheater holt er den Schlagerkönig mit viel Humor in eine Neuauflage der Fernsehshow zurück auf die Bühne. Gespielt und gesungen wird Vico Torriani vom St. Galler Bariton Samuel Zünd, der sowohl als klassischer Sänger als auch als Unterhaltungssänger im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt ist. «Vico Torriani reizt mich schon lange», sagt der Hauptdarsteller während der kurzen Pause zwischen zwei Probeszenen. Wer Unterhaltungsmusik mache, komme automatisch mit Vico Torriani in Berührung. Torriani habe es geschafft, ein Markenzeichen zu finden, das ihn unsterblich mache. Zünd schwärmt vom Timbre in der Stimme, von den Arrangements der Lieder, von den fantastischen Bands, die den Entertainer stets begleiteten. «Die grösste Herausforderung für mich war das Äusserliche, also die Bewegungen und die Mimik zu imitieren», verrät Zünd. Als Künstler mache es für ihn hingegen keinen Unterschied, ob er klassische Lieder oder Schlager singe. «Man versucht immer eine Geschichte zu erzählen», meint er. IM MUSICAL HAT Vico Torriani den Zenit seiner Karriere schon überschritten. Nach seinem Sturz übernimmt ein Jün- gerer (Christian Jott Jenny) seine Rolle, womit der perfektionistische und hochprofessionelle Star zu Beginn grosse Mühe hat. Im Stück geht es somit auch um die Frage: Wie geht man mit Vergänglichkeit und Austauschbarkeit um? «Vico hat von sich selber ironisch gesagt, er sei der Schnulzenkaiser, aber er hat auch damit gehadert», sagt Benesch. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren sind die Frauen vor dem Kino Schlange gestanden, um einen Film mit Vico Torriani zu sehen. Seine Shows waren Strassenfeger, seine Lieder wurden « Vico hat von sich selber ironisch gesagt, er sei der Schnulzenkaiser, aber er hat auch damit gehadert.» FELIX BENESCH bis in die Sowjetunion erfolgreich exportiert. In den Siebzigerjahren kam dann die Wende in der Unterhaltungsindustrie. «Vico und seine Generation mussten erleben, wie sie von amerikanischem Rock und Pop abgelöst wurden», erzählt Benesch. Das Musical «Hotel Victoria» sei aber alles andere als ein Drama. «Mir geht es vor allem darum, eine unterhaltsame Geschichte über einen Showstar zu machen», sagt der Regisseur. Kochbücher, Anekdoten, Musik und Fil- MUSIKALISCHER LEITER ist Ludger Nowak. Viele Perlen habe Vico Torriani interpretiert, sagt er in seiner Ansprache vor Probenbeginn. «Er war ein Tausendsassa im Musikbereich», führt er weiter aus. Von Tango über Walzer bis zu volkstümlichen Liedern habe sein Repertoire gereicht. Für eine Band sei diese Vielfalt ein Genuss. «Das Einzige, was bei dieser Arbeit nervt, sind die Ohrwürmer», meint er schmunzelnd. Tatsächlich kennt auch der Zuschauer die meisten der eingängigen Melodien. Die Fröhlichkeit der Show steckt schnell an. «Mir wird grad warm ums Herz», sagt Felix Schlatter, Direktor des Hotels «Laudinella» und des Hotels «Reine Victoria» in der Pause zwischen zwei Szenen. Für ihn ist das Musical nicht nur ein Revival von Vico Torriani, sondern auch eine Wiederbelebung des Jugendstil-Theatersaals im «Reine Victoria». Lange Zeit war der Saal nur den Gästen der früheren Clubhotels zugänglich, jetzt öffnen sich die gläsernen Schwingtüren wieder für die Öffentlichkeit. «Das Musical ist eine exzellente Bühne, um das Hotel wieder zu zeigen und somit ist es auch ein Gewinn für St. Moritz», sagt Schlatter. Von Anfang an hatte Benesch die Idee, dass das Musical in St.Moritz starten soll. «Vico Torriani ist von St.Moritz aus europaweit bekannt geworden, und wir finden, dass das Produkt einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte – wenn es gelingt», meint der Regisseur. DIE ZWEITE PROBESZENE beginnt. Vico Torriani taucht wieder mit seiner lächelnden Tanztruppe auf. Es ist dieses Mal aber das Double, das singend das Rezept eines «silvesterlichen Ananas-Desserts» präsentiert. Plötzlich erscheint auch der «echte» Vico Torriani. Ein Konkurrenzkampf beginnt ... «Hotel Victoria». Premiere: Mittwoch, 24.Februar, 20.30Uhr. Hotel «Reine Victoria», St. Moritz. Weitere Aufführungen bis zum 28. Februar. Weitere Infos unter www.musical-hotelvictoria.ch DIGITALE ESKAPADEN Schlaft gut, ihr Menschenkinder! gelesenes und E-Mails, die nie abgeschickt worden waren. Sie stiegen an die Oberfläche ihres iPhones, warfen Schatten und Blasen, klopften, feixten, klebten am Glas wie bunte, heitere, ruhige, nervöse und traurige Fische, dann formierten sie sich zu Zweiergruppen oder zu Schwärmen, sie versammelten sich in neuen und alten Dokumenten, in Alben, sie lasen sich gegenseitig, stritten, schmeichelten. Fotos gesellten sich zu Fotos oder zu Text, Text gesellte sich zu Text, dann begannen sie, sich zu verschicken über Whatsapp und den offiziellen Account, aber auch – mit vollem Namen und Wohnort – über die beiden anonymen Adressen. DER INHALT DES IPHONE-BAUCHES posierVON ROMANA GANZONI* ALS MATILDE SCHLIEF, stiegen die gelöschten Fotos auf und die gelöschten Texte, alte Versionen und Kritzeleien, Fragmente, als nicht brauchbar eingestufte Gedichte, Geständnisse, Gefluche, Geflüster, eingegangene Post, auch Un- te auf Instagram, er löschte und formulierte Tweets, kommentierte Posts auf Facebook, erstellte neue Seiten und eine eigene Homepage. Er wählte Telefonnummern, ordnete Namen – alles im Sinne und zugunsten der Matilde-Logik, die nur das Gelöschte kannte, das Zensierte, Verschmähte und Verschwiegene, das einzig Wahre und Erkennende. Es gab sich alle Mühe, das Leben von Matilde zu dem zu machen, was es war, es verdichtete und verstärkte, machte lauter, was sonst sollte ein iPhone tun? I wie Ich. Phone wie Phon oder neu: Fon, der Lautstärkepegel: «Die empfundene Lautstärke, mit der ein Mensch ein Schallereignis als Hörereignis wahrnimmt.» Jeder User wird zum Ereignis, hör- und sichtbar, wahrgenommen von der Welt als das, was er sein möchte oder ist, wenn er schläft im Bewusstsein, das Display sei dunkel – und alles sei gut. geschrieben hatte: «Matilde, wenn mein Mobile in die Limmat oder in die Themse fiele, ich würde ihm nachspringen. Das Risiko: hoch. Egal. Falls ich es nicht retten könnte, wäre alles egal. Das iPhone ist meine Seele.» Und Matilde antwortete: «Ich wusste nicht, dass du religiös bist, sonst könnte deine Seele wohl nicht absaufen. Warst schon immer ein Idiot. Mir wäre das schnuppe, wenn ich das iPhone nicht mehr hätte. Was habe ich zu verlieren? Das iPhone, das ist Technik, sonst nichts. Ich bin ich.» NICHTS WAR GUT, aber auch nicht DIE INNEREIEN VON Matildes Handy lies- schlecht, alles unverdaut, nichts ausgeschieden, der Papierkorb und der Papierkorb des Papierkorbs bewahrten auf: kühl und trocken, sauber, datiert, als wären Bild und Text in transparente Vakuumsäcke verschlossen, in Frischhaltefolie gewickelt, keine Gärung, kein Verrotten, kein Faulen, alles genauso wie in der Stunde der Löschung. DIE INNEREIEN BEFÖRDERTEN unter ande- rem das E-Mail von Flo nach oben, der sen auch mir – wir waren befreundet ein paar Bilder und E-Mails zukommen. No comment. Unter den Dokumenten fand sich immerhin diese Kolumne. Ich bin indiskret genug, sie zu veröffentlichen und unehrlich genug, meinen Namen darunter zu setzen. Schliesslich war die Geschichte in meinem iPhone. * Romana Ganzoni ist freischaffende Autorin und lebt mit ihrer Familie in Celerina.
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