Ein Beruf mit Leidenschaft, aber ohne Zukunft

MAZ
BRANDENBURG
Land & Leute, Wirtschaft, Sport
LANDMARKE
Damme
Natürlich
Brandenburg
Z
um 21. Mal steigt am zweiten
Juni-Wochenende die Brandenburger Landpartie. Die Eröffnungsveranstaltung findet diesmal am 13. Juni in Damme (Havelland) statt. Gastgeber ist dort
Landwirt Thomas Richter, der
einen Agrarbetrieb im Naturschutzgebiet „Havelländisches
Luch“ betreibt. Wie jedes Jahr
öffnen Bauernhöfe, Agrarunternehmen, Gärtnereien sowie ländliche Kulturunternehmen ihre Tore, wie der Verein zur Förderung
des ländlichen Raumes Brandenburg-Berlin mitteilte. Das Landpartie-Wochenende findet diesmal am 13. und 14. Juni statt. Im
Vorjahr kamen rund 100 000 Besucher zur Landpartie, knapp 270
landwirtschaftliche Betriebe hatten sich beteiligt. In diesem Jahr
sind weit über 200 Betriebe – von
der Agrargenossenschaft bis zum
Urlaubsbauernhof – auf Gäste aus
Nah und Fern eingestellt.
Mancherorts kommt man sogar
reicher zurück, als man hingefahren ist, wie die Organisatoren hinweisen: Mit einer Hoffahrerlaubnis für den großen Trecker oder
der Erfahrung, wie Bauerndreikampf geht: Gummistiefelweitwurf, Milchkannenschlängellauf
und Strohballenrennen.
IN KÜRZE
Nach Benzin-Attacke
Haftbefehl erlassen
Potsdam – Nachdem ein 47-Jähriger seine Frau mit Benzin übergossen und angezündet haben
soll, ist gegen ihn Haftbefehl erlassen worden. Der Vorwurf laute
auf versuchten Mord, teilte die
Staatsanwaltschaft Neuruppin
mit. Der Mann soll in SieversdorfHohenofen (Ostprignitz-Ruppin)
mit seiner gleichaltrigen Ehefrau
in Streit geraten sein und hatte sie
dann angegriffen.
38 Steuersünder zeigten
sich in Brandenburg an
Potsdam – In Brandenburg haben
sich in den letzten Dezembertagen 38 Steuersünder selbst angezeigt. Damit reagierten sie offenbar auf die verschärften Bedingungen für die Straffreiheit, die
am 1. Januar in Kraft traten, wie
Finanzminister Christian Görke
(Linke) sagte. Damit seien von Januar bis Ende März 54 Selbstanzeigen registriert worden, gegenüber 97 im Vorjahreszeitraum.
Schäfer Arno Laube sorgt sich um seine Zunft,
die nicht „zur Folkloretruppe“ verkommen soll
Von Jens Rümmler
Tasdorf – Auf der dicht befahrenen
Bundesstraße 1 brettern Autos und
Lkws aneinander vorbei. Es ist
werktäglicher Berufsverkehr bei
Rüdersdorf (Märkisch-Oderland).
Keine drei Kilometer entfernt ist
auf einem Feld bei Hennickendorf
vom Stress der Straße nichts zu
spüren. „Hier könn’ se Urlaub machen“, sagt Arno Laube und lacht.
Er würde es gerne auch mal wieder
tun. Doch Laube muss seine
Schützlinge im Zaum halten.
Rund 700 Merino-Schafe nennt
er sein Eigen. Mit dieser Tierzahl
hält der gebürtige Niederschlesier
nicht nur eine der größten Herden
Brandenburgs. Mit seinen 73 Lebensjahren ist er auch einer der ältesten hauptberuflichen Schäfer
Ostdeutschlands. „Ein Jungspund
bin ich nicht mehr“, ruft der agile
Märker, der vor 50 Jahren in der
heutigen Schäferei Tasdorf (Märkisch-Oderland) begann.
Doch um seine Zukunft macht
sich Arno Laube Sorgen. „Ich habe
hier zwar Helfer, aber ein Nachfolger ist nicht in Sicht“, seufzt der
Landwirt. Es stehe in den Sternen,
wie lange er den Job noch machen
kann: „Morgen ist vielleicht schon
alles vorbei. Was wird dann aus
den Tieren?“ Er wendet sich wieder der Herde zu. Sein eindringliches „Komm, komm, komm“, befolgen die Tiere aufs Wort. Die Hütehunde „Hexe“ und „Fritz“ tun
ihr Übriges. Seine wolligen Vierbeiner seien nicht nur Sympathieträger, sondern auch nützlich.
Schafe grasen in der Mark Felder
ab und halten durch ihren Verbiss
die Grasnarbe auf Flussdämmen
konstant kurz, betont Laube. Für
die Deichpflege an der Oder sei
dies unerlässlich. „Meine Tiere
sind auch auf dem Flugplatz Werneuchen aktiv“, erklärt der Hüter,
der im Erzgebirge aufwuchs.
Wie Arno Laube geht es vielen
Berufskollegen, erklärt Knut Kucznik, Chef des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg. Der
Wegfall der Mutterschaf-Prämie
sowie die Kürzungen von Zahlungen für die Landschaftspflege treffe die Schäfer hart. „Das Land bezahlt die Arbeit der Schäfer nicht
kostendeckend“, sagt Kucznik.
Nur noch rund 30 Prozent der Erlö-
se würden über die Lammvermarktung erzielt. Da sei es kein
Wunder, wenn weit und breit
kaum Schäfernachwuchs in Sicht
ist. „Nicht nur die Zahl hauptberuflicher Schäfer, auch der Schafbestand selbst sinkt seit Jahren“,
sagt der Verbandsvorsitzende,
selbst Schäfermeister in Altlandsberg (Märkisch-Oderland). Allein
vom Schafehüten könne man heute kaum noch leben. Zogen 1989
noch rund 109 000 Mutterschafe
durchs Land, so sind es laut Landwirtschaftsministerium heute noch
etwa 56 100 Muttertiere.
„Wir müssen aufpassen, dass wir
paar Schäfer nicht zur Folkloretruppe verkommen“, mahnt Arno
Laube. Vom Land fühlt er sich seit
Langem im Stich gelassen. Selbst
Imker hätten in Potsdam eine größere Lobby, schimpft der Schäfer.
„Man sieht mit offenen Augen zu,
wie wir draufgehen“, nimmt Laube, der mit seiner Frau in Rehfelde
lebt, kein Blatt vor den Mund.
Heutzutage zähle offenbar nicht
mehr, wer die schönsten Schäfchen hat, sondern wer die schönsten Fördermittelanträge stellt. Und
auch dieses Prozedere sei oft vergebene Liebesmühe, redet sich
der Schafhüter in Rage.
Dennoch würde er den Beruf immer wieder ergreifen. „Das war
schon als Kind meine Welt:
Draußen sein und mit Viehzeug
umgehen“, erklärt der Mann, der
sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen mag. Dabei übt er
einen Knochenjob aus – gerade
jetzt in der rund achtwöchigen
Lammzeit. „Bis zu 25 Lämmer erblicken pro Tag das Licht der Welt.
Da geht es oft auch nachts raus.“
Ansonsten klingelt der Wecker bei
den Laubes gegen 6 Uhr. 16 Stunden kann ein Arbeitstag schon
dauern. „Wir machen ja fast ganz
Ostbrandenburg unsicher“, lacht
Arno Laube. Mit seinen Tieren
zieht er schon mal bis ans Oderbruch oder nach Prenzlau.
Dann beginnt es leicht zu nieseln. Laube zieht seinen großen
Hut noch tiefer ins Gesicht und
zurrt den Ledergurt, an dem er die
Hütehunde anleinen kann, fest.
Mit seinem zackigen „Komm,
komm, komm“ setzt er die Herde
wieder in Bewegung. Es geht weiter – ostwärts nach Müncheberg.
Arno Laube macht sich Sorgen: „Ich habe zwar Helfer, aber ein Nachfolger ist nicht in Sicht.“ FOTOS: JULIAN STÄHLE
Wolle, Milch und Fleisch
74
Schäfereien existieren
nach Angaben des Schafzuchtverbands Berlin-Brandenburg derzeit noch im Land.
150
Halter betreiben die Schafzucht im Nebenerwerb, hinzu kommen einige Hundert Hobbyschäfer.
Mit Wolle und Milch werde kaum
noch Geld verdient. Das Fleisch geht
den Informationen nach meist an den
Großhandel.
1260
Hütehund „Hexe“ passt auf die wolligen Vierbeiner auf.
Pferdeflüsterer auf Tour
Monty Roberts (80) tritt Ostern mit seiner Live-Show in Bad Saarow auf
Von Rüdiger Braun
Wie Leserin Friedrun Saß aus
Blankenfelde (Teltow-Fläming)
richtig anmerkt, ist uns in der
Ausgabe vom 1. April („BER-Anwohner müssen auf Entscheidung
warten“) leider ein Fehler unterlaufen, bei dem es sich nicht um
einen schlechten Aprilscherz handelt. Es muss richtig lauten:
„Nicht einmal zehn Prozent der
betroffenen Wohngebäude im
Einzugsgebiet der Südbahn seien
zuletzt mit Schutzfenstern,
Dämmplatten und Lüftern versehen gewesen.“ Wir bitten den
Fehler zu entschuldigen.
Ostern 2015
Ein Beruf mit
Leidenschaft,
aber ohne
Zukunft
KORRIGIERT
Kein Aprilscherz
mit dem Schallschutz
15
Bad Saarow – Für Pferdefreunde
könnte der passende Osterausflug
gesichert sein: Der weltberühmte
Pferdeflüsterer Monty Roberts aus
Kalifornien gibt am Ostermontag
im Pferdezentrum von Bad Saarow
(Oder-Spree) Einblicke in sein
Trainingsprogramm „Join-Up“.
Das soll besonders traumatisierten
Vierbeinern helfen, wieder Vertrauen zu den Menschen zu fassen.
Roberts will Pferde analysieren
und den Fortschritt beim Training
kommentieren. Die Veranstaltung
findet in englischer Sprache statt
und wird simultan ins Deutsche
übersetzt, hieß es.
Bad Saarow passte diesmal gut
in die Reihe“, sagt Veranstalterin
Pferdeflüsterer Monty Roberts in
Aktion.
FOTO: DPA
Petra Moser. Roberts sei gerade auf
Deutschlandtournee und habe die
folgenden Tage noch zwei weitere
Auftritte im Norden Deutschlands.
Es sei nicht leicht, Roberts für
einen Termin zu gewinnen. „Er
reist praktisch 350 Tage im Jahr um
die Welt“, sagt Petra Moser.
Das ist umso beachtlicher als Roberts inzwischen schon 80 Jahre alt
ist. Mit 13 Jahren begann Roberts
wilde Mustangs in der Wüste Nevada zu beobachten und versuchte
zu verstehen, wie Pferde untereinander kommunizieren. Später
arbeitete er als Reiter, Stuntman,
Trainer, Züchter und Lehrer. Das
von ihm entwickelte „JoinUp“-Konzept ist heute eine rechtlich geschützte Marke.
Das Bad Saarower Pferdezentrum ist ein Teil der Freien Universität (FU) Berlin. Grundgedanke
des dort angebotenen Studiengangs Pferdewissenschaften sind
der artgerechte Umgang und die
Haltung von Pferden.
Tonnen Lammfleisch
wurden laut Agrarministerium 2014 im Land Brandenburg erzeugt. rüm
19 Kommunen klagen
gegen Zensus 2011
Amt stellte weniger Einwohner fest als offiziell registriert
Potsdam – Wegen finanzieller Einbußen nach der Volkszählung im
Jahr 2011 haben inzwischen
19 Brandenburger
Kommunen
Klagen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten eingereicht.
Dies teilte der Brandenburger
Städte- und Gemeindebund mit.
Die Kommunen klagen gegen das
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, das bei dem Zensus weniger
Einwohner festgestellt hatte, als
bei den städtischen Ämtern registriert waren. Die Zahl der Einwohner entscheidet über die Höhe der
Zuwendungen, die das Land den
Kommunen überweist.
Besonders betroffen war Eisenhüttenstadt (Oder-Spree): Laut
Zählung lebten dort zum Stichtag
am 9. Mai 2011 rund 28 200 Menschen, etwa 1600 weniger als beim
Einwohnermeldeamt registriert.
Daher erhält die Stadt seit 2013
jährlich 640 000 Euro weniger Zuweisung vom Land. Statt 12,3 Millionen Euro sind es nur noch
11,6 Millionen Euro. „Das ist für
die Stadt schon erheblich“, meinte
Geschäftsführer
Karl-Ludwig
Böttcher. Geklagt wird unter anderem auch von der Gemeinde
Wandlitz (Barnim), die mit
283 000 Euro weniger an Zuweisungen auskommen muss. Dort
hatten
die
Statistiker
mit
20 615 Einwohnern insgesamt 640
weniger registriert als die Stadt.