34 Vorführung der innovativen Applikationstechnologie für Gemüsejungpflanzen Foto: Kühlwetter Phyto-Drip – Neue Anwendung mit Zukunft ® Im Salatanbau stellt der Einsatz von insektizid-behandeltem Saatgut oder die Verwendung der Dummy-Pille seit vielen Jahren das Fundament der Bekämpfungsstrategie gegen Blattläuse dar. Aufgrund von zu erwartenden Veränderungen in der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Anwendungsverfahren suchen die Branchen nach neuen Lösungen. Hans Helmut Petersen, zuständig für Saatgutbehandlungen bei Syngenta Agro, stellt im Interview das PhytoDrip-System, eine Alternative zur Dummy-Pille, vor. Hans Helmut Petersen stellt das Phyto Drip System als to-Drip-System Alternative zur Dummy-Pille vor Fotos (2): Syngenta gartenbauprofi: Herr Petersen, in naher Zukunft sind in der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln Veränderungen zu erwarten. Können Sie kurz erklären, was sich hier in den kommenden Monaten ändern wird? Petersen: Wir erwarten, dass die Verwendung der Dummy-Pille durch die anstehende neue Bewertung in der EU nicht mehr möglich sein wird. Derzeit ist die rechtliche Basis für die Dummy-Pille, dass diese als nichtkeimfähiges gebeiztes Saatgut gesehen wird, das aus dem Aus Ausland mit einer nationalen Zulassung impo im p rtiert werden darf. Mit importiert Verabschiedung Verabschiedung des neuen „Seed Guidance Documents“ auf europäischer Ebene, wird das heute gebeizte Saatgut zukünftig als ein insektizides Granulat eingestuft, das einer Zulassung auch im Importland bedarf, die es in keinem EU-Land hat. Somit besteht dann für die Dummy-Pille keine Zulassung mehr. Das heißt, der rechtliche Satus der Dummy-Pille verschwindet von heute auf morgen. Sie darf mit der Verabschiedung des „Seed Guidance Documents“ bzw. dessen Umsetzung in nationales Recht ohne Aufbrauchfrist nicht mehr eingesetzt werden. gartenbauprofi: Was raten Sie Betrieben, die heute mit der Dummy-Pille arbeiten? Petersen: Wir empfehlen, Restmengen schnellstmöglich aufzubrauchen. Der Gesetzgeber hat keine Übergangs- bzw. Aufbrauchfrist vorgesehen. Das heißt, mit der Umsetzung in nationales Recht hat die Dummy-Pille ihre Zulassung verloren. Wir erwarten, dass dies im Laufe des Jahres 2016 der Fall sein wird, ein genauer Zeitplan ist nicht bekannt. gartenbauprofi: Aber auch bei den Wirkstoffen gibt es in diesem Jahr Veränderungen…. Petersen: Richtig, wir sind in Moment in einer eher unsicheren Zulassungssituation einiger wichtiger insektizider Wirkstoffe für die Blattbehandlung auf dem Feld. Gerade in den frühen Kulturstadien könnten künftig wichtige Produkte zulassungsbedingt wegfallen. Gerade vor diesem Hintergrund erhält der Schutz der Pflanzen durch Beize bzw. Saatgutbehandlung eine noch größere Bedeutung. gartenbauprofi: Welche Alternativen sehen Sie im Zusammenhang mit dem möglichen Wegfall der Dummy-Pille? Petersen: Syngenta war maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Saatgutbehandlungsverfahrens beteiligt. Phyto-Drip ermöglicht Salatanbauern auch künftig, Jungpflanzen mit einem insektiziden Schutz einzusetzen. gartenbauprofi: Gibt es bereits Erfahrungen mit Phyto-Drip? Petersen: Das Verfahren, bei dem Jungpflanzen mit dem Präparat Cruiser (Thiamethoxam) behandelt werden, kommt seit vielen Jahren in den Niederlanden zum Einsatz. Behandelte Jungpflanzen kommen auch bei uns seit Jahren mit guten Erfahrungen zur Pflanzung. Dort hat sich Phyto-Drip in der Gemüsebaupraxis bewährt und jetzt ist auch die Behandlung bei Jungpflanzenbetrieben in Deutschland zugelassen. gartenbauprofi: Können Sie kurz erklären, wie Phyto-Drip funktioniert und was die Behandlung so besonders macht? Petersen: Zunächst handelt es sich um ein neuartiges Verfahren bei der Behandlung von Gemüsesaatgut. Fein justierte Düsen applizieren während der Aussaat in Jungpflanzenbetrieben einen flüssigen, insektiziden Schutz direkt an das Saatgut in die Anzuchterde. Dabei kann die Anlage in bestehende Aussaatsysteme integriert werden. Der Einsatz in Erdpresstöpfen oder Multiplatten stellt dabei kein Problem dar. Das System ist computergesteuert und somit äußerst präzise. Die Anwendung des Pflanzenschutzmittels Cruiser wurde durch die Zulassungsbehörden und das Julius Kühn-Institut geprüft. Kurz gesagt: Phyto-Drip ist ein nachhaltiges Produktionsverfahren, das vor allem eine schonende und anwenderfreundliche gartenbauprofi 2/16 35 Behandlung gewährleistet. Aufgrund der exakten Steuerung werden nur geringe Mengen Wirkstoff am Saatgut benötigt und eine gute Wirksamkeit gegen Blattläuse erzielt. gartenbauprofi: Welche weiteren Vorteile bietet das Verfahren? Petersen: Neben den geringen Wirkstoffmengen ist anzuführen, dass das Saatgut nicht mehr auf Vorrat behandelt wird. Eine Überlagerung findet, entgegen der klassischen Saatgutbehandlung, also nicht statt. Das heißt, die Behandlung mit Phyto-Drip findet immer individuell und nach Auftrag statt. Im Blick auf Jungpflanzenbetriebe sind die zwei wichtigsten Argumente für das neue Verfahren mehr Flexibilität bei der Planung und eine bessere Qualität der Pflanzen. gartenbauprofi: Können Sie diese bessere Qualität noch genauer erklären? Petesen: Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Pflanzen bei der Behandlung mit Phyto-Drip einen gleichmäßigeren Auflauf und eine verbesserte Jugendentwicklung zeigen. Versuche bestätigen, dass der Jungpflanzenbetrieb einen höheren Anteil an vermarktungsfähigen Pflanzen zur Verfügung hat. Auch zeigen Versuche, dass mit Phyto-Drip behandelte Pflanzen eine bessere Bewurzelung aufweisen. Dies wird in so genannten Rhizotron-Versuchen untersucht, bei denen das Wurzelsystem hinter Glasplatten sichtbar ist und gemessen wird. gartenbauprofi: Wie schneidet das neue Verfahren im Vergleich zur Dummy-Pille im Hinblick auf Wirksamkeit bzw. Dauer der Wirkung ab? Petersen: Langjährige Untersuchungen beider Verfahren zeigen vergleichbare Ergebnisse. In Sachen Wirkung und Dauerwirkung steht Phyto-Drip der Dummy-Pille in nichts nach. Der Wirkstoff Thiamethoxam wird von den Pflanzen direkt über die Wurzel aufgenommen und über den Wasserstrom im Xylem in der gesamten Pflanze verteilt. Dadurch ist sie optimal geschützt. Aufgrund der mehrwöchigen Dauerwirkung sind die Pflanzen in der Anzucht im Jungpflanzenbetrieb und auch in den ersten Tagen der Auspflanzung im Feld geschützt. gartenbauprofi: Phyto-Drip ist derzeit in Deutschland nur für ein Produkt, Cruiser, mit dem Wirkstoff Thiamethoxam zugelassen, sowie nur in Salat und Endivien? Manipulative Läuse Allmählich erforscht man den molekularen Mechanismus, der es Läusen ermöglicht, Pflanzensaft zu saugen, ohne vom Immunsystem der Wirtspflanze abgewehrt zu werden. Die Läuse nutzen dafür ein Regulierungsmolekül ihres eigenen Immunsystems, indem sie es einfach „umleiten“. Ein französisches Forscherteam des INRA und des CNRS (Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung) hat entdeckt, dass – wie schon bei Wirbeltieren beschrieben – auch bei Läusen mehrere sogenannte MIF-Moleküle bei der Modifizierung der Immunantwort eine wichtige Rolle spielen. Eines dieser Proteine, das MIF1, befindet sich in den Speicheldrüsen der zwei untersuchten Läusearten, der Erbsenlaus (Acyrthosiphon pisum) und der Pfirsichblattlaus (Myzus persicae). Wird dieses Protein im Pflanzengewebe freigesetzt, schwächt es erheblich die Immunantwort der Pflanze. So wird zum Beispiel die Verstärkung der Zellwände, das ist eine der ersten Abwehrreaktionen gegen Parasiten, verhindert. Solche Mechanismen, die das Protein MIF benutzen, um die Immunantwort ihrer Wirte zu verändern, wurden bereits bei Wirbeltierparasiten (Nematoden, Zecken und Protozoon) beobachtet. Dr. A. Scharnhölz (Fruits & Légumes No. 356, Dezember 2015) 2/16 gartenbauprofi Petersen: Das ist richtig. Cruiser bzw. Thiamethoxam gehört zu einer eigenen Wirkstoffklasse. Diese verfügt über einen anderen Wirkmechanismus gegen Blattläuse als die derzeit verwendeten Blattinsektizide. Ausnahmen bilden hier nur Mospilan und Calypso. Die Behandlung mit Cruiser stellt daher auch einen wichtigen Baustein im Resistenzmanagement dar. gartenbauprofi: Sind auch andere Pflanzenarten bzw. andere Wirkstoffe für die Anwendung denkbar? Petersen: Ja. Die computergesteuerte und äußerst präzise Anwendung mit Phyto-Drip hat Zukunft. So wurde der Einsatz von Cruiser per Phyto-Drip-Verfahren in Polen gerade in Kohlarten zugelassen. Auch in Großbritannien wurde das Verfahren mittlerweile zugelassen und in diesem Frühjahr breits eingeführt. Um das Einsatzspektrum zu erweitern, befinden sich derzeit auch andere systemisch wirkende Pflanzenschutzmittel in der Prüfung. Dadurch würden sich auch Schädlinge wie die Kohlfliege sicher und effizient bekämpfen lassen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Ausbringung von flüssigen Nährstoffen oder Pflanzenstärkungsmitteln. Sie sehen also, wir stehen erst am Anfang und hoffen, durch die sukzessive Erweiterung des Spektrums von Phyto-Drip künftig die Qualität von Jungpflanzen weiter zu verbessern. ◻ Fein justierte Düsen applizieren bei dem neuen Verfahren Phyto-Drip während der Aussaat in Jungpflanzenbetrieben einen flüssigen, insektiziden Schutz direkt an das Saatgut in die Anzuchterde Nach dem Aus der Dummy-Pille kann das neue Verfahren Phyto-Drip für insektiden Schutz in Gemüsekulturen sorgen Foto: Agroconzept Ihr Lieferant für Gemüsepflanzen im Erdtopf und Lännensystem Rudolf Sinn GmbH Jungpflanzenvertrieb Auf der Büsche 3 67363 Lustadt (Pfalz) Telefon: 0 63 47 - 9 72 00 Telefax: 0 63 47 - 97 20 20 E-Mail: [email protected]
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