information - Land Oberösterreich

INFORMATION
zur Pressekonferenz
mit
Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer
Dr. Gerhart Marckhgott, Direktor Oö. Landesarchiv
und
Dr.in Cornelia Sulzbacher, Projektkoordinatorin im
Oö. Landesarchiv
am
9. Juli 2015
Linzer Landhaus, Zimmer 233, 11:30 Uhr
zum Thema
„Forschungsprojekt ‚Oberösterreich 1918 – 1938‘ –
Präsentation der Bände II und III“
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Forschungsprojekt „Oberösterreich 1918 – 1938“ –
Präsentation der Bände II und III
Die Bearbeitung der Zeit zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem
„Anschluss“ zählt in Österreich zu den lange vernachlässigten Herausforderungen für
die Geschichtswissenschaft. Das Land Oberösterreich rief 2009 ein wissenschaftliches
Großprojekt zur Erforschung der Geschichte unseres Landes zwischen 1918 und 1938
ins Leben und betraute das Oö. Landesarchiv mit der Durchführung.
Im Rahmen des Projektes „Oberösterreich 1918 bis 1938“ veröffentlicht das
Landesarchiv seither zahlreiche wissenschaftliche Darstellungen verschiedenster
Lebensbereiche, Entwicklungen und Ereignisse, die einen viel breiteren und tieferen
Einblick in diesen Abschnitt der Landesgeschichte bieten, als dies bisher möglich war.
Als Ergänzung der wissenschaftlichen Arbeiten wurde auch schon ein umfangreicher
Fotoband fertig gestellt. Nun sind zwei weitere Sammelbände mit jeweils sechs
Beiträgen erschienen, die neue Erkenntnisse und Einsichten zu bisher wenig
bearbeiteten Themen der Entwicklung jener Zeit vermitteln.
„Auch die Erste Republik – von 1918 bis 1938 – ist Teil unserer Geschichte, eine Zeit,
der wir uns in aller Offenheit stellen werden und müssen. Mit dem Forschungsprojekt
des Oö. Landesarchivs soll daher erstmals auf breiter wissenschaftlicher Basis
historische Grundlagenarbeit über diese Zeit geleistet werden. Wir wollen nicht nur
Spuren sichern, sondern Geschichte in all ihren Facetten zeitgemäß vermitteln“, betont
Landeshauptmann Josef Pühringer.
Oberösterreich 1918 – 1938, Band II
Kurmittelhaus Bad Ischl (Friedrich Idam, Michael Zinner)
Bad Ischl ließ trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten Ende der 1920er Jahre ein neues
Kurmittelhaus errichten. Zum mit 3000 Schilling dotierten Wettbewerb wurden 1926 die
Architekten Clemens Holzmeister (in Zusammenarbeit mit Max Fellerer), Mauriz
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Balzarek und Hans Schimitzek eingeladen. Holzmeister gewann mit seinem Projekt
„Ausgebreitet“.
Ein gerne übersehener Wirtschaftszweig: die oberösterreichische Bauwirtschaft
in der Zwischenkriegszeit (Bernd Kreuzer)
Während der Ersten Republik entwickelte sich die Bauindustrie und mit ihr die
Baunebengewerbe generell krisenhaft, es gab allerdings auch Innovationen wie das
Aufkommen des Eisenbetonbaues. Der kommunale Wohnungsbau brachte kurzfristig
Aufträge, ebenso Gemeinde- und Schulbauten und Bauten für die Industrie. Die
Wirtschaftskrise traf die Bauwirtschaft zeitverzögert erst 1931 dafür umso härter. Zur
Bekämpfung
der
Arbeitslosigkeit
führte
der
Staat
Bauprojekte
als
Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose durch (z.B. Linzer Höhenstraße). Um
möglichst vielen Menschen Arbeit zu ermöglichen, verzichtete man dabei bewusst
weitgehend auf den Einsatz von Maschinen.
Mobilität, Verkehr und Infrastruktur im ländlichen Oberösterreich zwischen den
Weltkriegen (Bernd Kreuzer)
In Bezug auf Mobilität hinkte Österreich lange hinter den westeuropäischen Staaten her,
innerhalb Österreichs gehörte Oberösterreich wiederum zu den Nachzüglern. Generell
erfolgte die Motorisierung eher über das billigere Motorrad als über das Auto. Seit den
1920ern kam es zum Ausbau des Busverkehrs vor allem durch die Post, die Bahn und
die landeseigene Oberkraft. Diese Entwicklung verstärkte einerseits die Mobilität am
Land und ermöglichte das weitere Auspendeln zu einem Arbeitsplatz, führte
andererseits aber auch zu verstärkter Abwanderung. Im Güterverkehr begann sich der
LKW als Transportmittel durchzusetzen. Die Bahn verlor durch die Konkurrenz von Bus,
Auto, LKW und schließlich auch des Flugzeugs an Stellenwert.
Tourismus ohne Kaiser: Das Salzkammergut und die oberösterreichischen
Kurorte zwischen den Weltkriegen (Bernd Kreuzer)
Der Tourismus erlitt in Oberösterreich durch den Ersten Weltkrieg einen schweren
Einbruch. Unmittelbar nach dem Krieg erlebte er begünstigt durch die Hyperinflation
eine Scheinkonjunktur, da Ausländer billig urlauben konnten, was gleichzeitig zu
massivem Unmut in der Bevölkerung führte. Erst ab 1922 kam es zu einem
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nachhaltigen Aufschwung und von 1924 bis 1928 erlebte der Fremdenverkehr eine
Hochblüte. Man orientierte sich an den Kurorten in der Schweiz und investierte in
Straßen, Seilbahnen (Feuerkogel) und den Standard der Quartiere. Gleichzeitig
entstanden neue Kurorte wie Bad Schallerbach. Die steigende Beliebtheit des
Schifahrens eröffnete die Chance, den Winter als zweite Tourismus-Saison zu nutzen.
Die Weltwirtschaftskrise führte zu einem neuerlichen Einbruch im Fremdenverkehr,
ebenso die deutsche 1000-Mark-Sperre 1933.
Emigration aus Oberösterreich von 1918 bis 1938 (Peter März, Patrick Bohn)
Österreicher wanderten in der Ersten Republik vor allem aus sozioökonomischen
Gründen aus. Der Auswanderung seiner Bürger stand der Staat durchaus positiv
gegenüber, weil man sich dadurch eine Entlastung des Arbeitsmarktes erhoffte. Mehr
als die Hälfte der Auswanderungen der Zwischenkriegszeit fanden zwischen 1919 und
1923 statt, mit einem Höhepunkt 1923. Oberösterreich war im Bundesländervergleich
eher wenig von Auswanderung betroffen. Am höchsten war die Zahl der Emigranten im
Bezirk Steyr und Steyr-Land, was sich auf die hohe Arbeitslosigkeit und die Krise der
Steyrer-Werke zurückführen lässt. Die beliebtesten Ziele der Oberösterreicher waren
Brasilien, die USA und Argentinien. Viele der Auswanderungswilligen waren
Industriefacharbeiter oder in der Landwirtschaft Beschäftigte. Für Bergarbeiter galt von
1919 bis 1922 ein Auswanderungsverbot.
Süchte in der Provinz – Alkohol, Tabak und Drogen (1918-1938) (Regina ThumserWöhs)
Während der Ersten Republik wurden immer wieder Alkoholverbote verhängt (u.a. mit
Kriegsende, 1925 während der Aussperrung der Arbeiter aus der Steyrer Waffenfabrik,
1929
während
der
Gemeinderatswahlen).1921
wurde
in
Oberösterreich
eine
Landesstelle gegen den Alkoholismus eingerichtet, 1931 eine Trinker-Fürsorgestelle bei
der Bundespolizeidirektion.
Da Alkohol während und unmittelbar nach dem Krieg teuer war, stiegen in den Städten
manche von Alkohol auf günstigeres Kokain und Morphium um. Morphiumsüchtige
fanden sich aber auch unter den Kriegsversehrten, die aufgrund ihrer Verletzungen
Morphium erhalten und abhängig geworden waren. In Oberösterreich wurden
Entwöhnungskuren in der Landes-Nervenheilanstalt Niedernhart, im AKH, im
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Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern und im Garnisonsspital Linz durchgeführt.
Zu den bekanntesten Patienten von Niedernhart gehörte der Grafiker Klemens Brosch
und seine Frau. 1929 stieg aufgrund des sog. „Giftgesetzes“ die Anzahl verfolgter
Drogendelikte
sprunghaft
Drogenschmuggel.
Die
an.
Folgen
Sie
reichte
des
von
Rezeptfälschung
Drogenkonsums
waren
bis
zu
Zwangsentzug
Entmündigung und der Verlust der Persönlichkeitsrechte.
Oberösterreich 1918-1938, Band 3
Kampf um ein republikanisches Ideal – Der Schutzbund in Oberösterreich bis
1934 (Christoph Ebner)
1920/21 verschmolzen Fabriks- und Arbeiterwehren, Ordner der Partei und der
Arbeiterräte zu einer losen Organisation mit militärischem Aufbau. 1923 erfolgte die
offizielle
Gründung
des
Schutzbundes,
der
sich
selber
als
paramilitärische
Selbstschutzorganisation unter Kontrolle der sozialdemokratischen Partei und als
Gegengewicht zu den Heimwehren betrachtete. Die führende Rolle in Oberösterreich
spielte Richard Bernaschek. Die Kompromissbereitschaft der sozialdemokratischen
Parteispitze und die wirtschaftlich schlechte Lage führte seit Ende der 1920er Jahre zu
Unzufriedenheit und Austritten.1933 verboten, bestand der Schutzbund in der Illegalität
weiter.
„...bis man uns wieder rufen wird.“ Der oberösterreichische Adel in der Ersten
Republik (Klaus Margreiter)
Im April 1919 wurde in Österreich der Adel per Gesetz aufgehoben, als soziale Gruppe
blieb er allerdings weiterhin bestehen. Dem Bestreben, sog. adelige Tugenden wie
Disziplin, Selbstbeherrschung und Haltung weiter zu verfolgen, standen neue
Herausforderungen wie die Notwendigkeit betriebswirtschaftlichen Denkens zur
erfolgreichen Führung der land- und forstwirtschaftlichen Güter gegenüber. Von der
Mehrheit der Bevölkerung wurde das Titelverbot ignoriert. In zwei Anhängen geht der
Autor auf oberösterreichische Adelsfamilien näher ein, von bekannten wie Starhemberg
und Lamberg bis zu heute fast vergessenen wie Hayden von Dorff und Eiselsberg.
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„Kommunistische Umtriebe in Oberösterreich“ Die KPÖ Oberösterreich 1918 bis
1933 (Peter März)
Nach ihrer Gründung 1919 konnte die KPÖ in Oberösterreich anfangs erfolgreich
Mitglieder werben. Ständige ideologische Auseinandersetzungen und der Wahlboykott
1919 ließen sie allerdings in der Bedeutungslosigkeit versinken. Punktuell erfolgreich
war die Partei lediglich bei lokalem Engagement für die notleidende Bevölkerung. Auch
nach dem Verbot 1933 konnte die KPÖ ihre Strukturen aufrechterhalten und blieb in der
Illegalität aktiv. Landesobmann und zentrale Führungspersönlichkeit wurde Sepp Teufl.
Heimatschutz in Oberösterreich (Martin Prieschl)
Die Heimwehren bildeten eine föderal strukturierte, inhomogene Organisation.
Finanziell auf Spenden von Dritten angewiesen, fanden sie in Oberösterreich mit Ernst
Rüdiger Starhemberg einen großzügigen Förderer, der sie gleichzeitig als politisches
Sprungbrett nutzte. Den Höhepunkt seines Einflusses erreichte der Heimatschutz nach
dem Bürgerkrieg 1934, wichtige Posten wurden mit Heimwehrmitgliedern besetzt.
Starhemberg stieg zum Vizekanzler und Führer der Vaterländischen Front auf, die
Mitgliedszahlen stiegen an, die Finanzierung war gesichert. Unter Bundeskanzler
Schuschnigg wurde Starhemberg als Vizekanzler abgelöst und die Heimwehren gingen
im Zuge der Auflösung der Wehrverbände in der Vaterländischen Front bzw. in der
Frontmiliz auf.
Volkswehr und Bundesheer in Oberösterreich 1918-1938 (Martin Prieschl)
Aufgrund der Bestimmungen des Staatsvertrages von St. Germain erfolgte 1920 der
Umbau der Volkswehr in ein Bundesheer. Die neue übergeordnete Einheit in Linz
wurde die 4. Brigade (später 4. Division). Während die Volkswehr an der
Demobilisierung beteiligt gewesen war und die Gendarmerie unterstützt hatte, kam das
Bundesheer in der Katastrophenhilfe, aber auch in bewaffneten Auseinandersetzungen
zum Einsatz (Bürgerkrieg 1934, Juliputsch 1934). Im März 1938 wurde das Bundesheer
in die Wehrmacht eingegliedert, aus der 4. Division schließlich die 45. Infanteriedivision.
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Johannes Maria Gföllner und der Ständestaat. Porträt eines ungemütlichen
Bischofs (Jürgen Steinmair)
Bischof Gföllner amtierte als einziger österreichischer Bischof während der gesamten
Zwischenkriegszeit (1915-1941). Er war Rom und der Kurie eng verbunden. Als
überzeugter Monarchist trat er für eine Restauration der Habsburger ein und
unterstützte entsprechende Pläne von Bundeskanzler Schuschnigg. Während er den
Nationalsozialismus kategorisch ablehnte, stand er dem Ständestaat positiv gegenüber,
warnte aber vor faschistischen Einflüssen. Immer wieder geriet Gföllner in Konflikt mit
Kardinal Innitzer. Es kam auch wiederholt zu massiven Differenzen mit den
Landeshauptmännern Hauser (1908-1927) und Schlegel (1927-1934).
---Die beiden Bücher sind ab sofort im Buchhandel oder im OÖ Landesarchiv
erhältlich:
Band II, 287 Seiten, ISBN 978-3-902801-22-7, Preis 35 Euro
Band III, 318 Seiten, ISBN 978-3-902801-23-4, Preis 35 Euro
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