Flucht – Trauma – Bildung

Flüchtlingskinder und ihre
Eltern in der KiTa
Was braucht eine gute Pädagogik?
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
• FLUCHT
Inhalte
• Einige Hintergründe
• Mögliche Fluchterfahrungen
• TRAUMA & BILDUNG
• Trauma und Symptome
• Mögliche Folgen für Kommunikation und Bildung
• KITA-ARBEIT
• Pädagogik des sicheren Ortes
• Pädagogische Beziehung und Selbstkompetenzförderung
• Elternarbeit
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Flucht
Zum Einstieg
• 60 Millionen Flüchtlinge weltweit
• Afrika: Kontinent mit meisten Flüchtlingen, aber nur 10% nach Deutschland
• Weltweit: 49% weiblich
• Seit 2000: mind. 23.000 Menschen entlang europäischer Grenzen gestorben
• Hauptherkunftsländer in Deutschland z. Zt.:
• Syrien, Albanien, Afghanistan, Irak, Serbien, Eritrea, Pakistan, Mazedonien, Kosovo
• Balkan: ca. 50% weiblich
• Hoher Anteil junger Männer aus Eritrea, Somalia, Syrien, Afghanistan
Zahlen: BAMF
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Mögliche Fluchterfahrungen von Kindern
• Hunger, Kälte, Nässe
• Bedrohung, Gewalt
• Illegales Passieren mehrerer
Grenzen, Leben in Illegalität
• Wiederholte Einreiseversuche
• Erlebnisse mit Sterbenden
• Zu Fuß, mit Boot
• Bestechung, Erpressung
• Kinderarbeit
• Prostitution
• Betteln
• Gefängnis
• Hilflosigkeit der Eltern
• Trennung von Angehörigen
Quellen: DRK, UNHCR
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Trauma & Bildung
Trauma
„[…] ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder
längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder
katastrophenartigem Ausmaß […].“
(International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) der WHO)
Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS)
„[…] eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer
Ereignisse […], die an der eigenen Person, aber auch an fremden
Personen erlebt werden können.“
(S3 - Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung, vgl. Flatten et. al. (2011), in Trauma & Gewalt 3: 202-210)
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Symptome der Übererregung
 Aggressivität
 extreme und schnelle Stimmungswechsel
 Provokation von körperlichen Sanktionen
Symptome des Wiedererlebens
 Wiederinszenierung im Spiel
 Alpträume mit und ohne spezifischen Inhalt
 Flashbacks
Trigger
Symptome der Vermeidung
Folgen für
Kommunikation und
Lernfähigkeit
 Eingeschränkte Spielfähigkeit
 Vermeiden von Ruhephasen
 Sozialer Rückzug
 Verlust der Entwicklungsfähigkeiten
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
KiTa-Arbeit
Gewaltfreiheit
Keine verbalen Entwertungen, Entwürdigungen, Drohungen oder Erpressungen
Keine Akzeptanz körperlicher Gewalt, nachvollziehbare Konsequenzen
Klare Gestaltung
Bewegungsfreiheit, Helligkeit, Ordnung, Sauberkeit
Intaktheit von Mobiliar und Material,
Reduzierung von Lärm, positive sensorische Reize
Ein eigener Platz
Klare Strukturen
Pädagogik des
sicheren Ortes
Verlässliche Zuständigkeiten der Mitarbeiter_innen
Regelmäßige Tagesstrukturen, feste Rituale
Keine Überraschungen, sondern Ankündigungen
Plakative und kontrollierbare Regeln, deutliche und klare Konsequenzen
Transparenz und altersangemessene Partizipation
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Zeit und Kontinuität für den Beziehungsaufbau
 2 Bezugspersonen!
 annehmende Haltung
Chance heilsamer Bindungserfahrungen
Pädagogische
Beziehung
Deeskalatierendes Verhalten
bei traumabezogenen Wutausbrüchen
 auf Körperhaltung, Mimik, Stimme achten
 alles Eskalierende und Konfrontierende meiden
 annehmende Haltung wachhalten
 „Fluchtwege“ offen lassen
 Körperkontakt möglichst meiden
 Kontakt halten
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Selbstverstehen durch pädagogisches Fremdverstehen
Haltung: normale Reaktion auf unnormale Erfahrung
Sensibles Nachfragen statt Verurteilung
Selbstwahrnehmung
Rollenspiele, Probehandeln
Körperwahrnehmungsübungen
Selbstberuhigung
Triggersuche
Altersangemessene Beruhigungstechniken
Selbstkompetenz
fördern
Selbstmotivierung
Überschaubare Entscheidungsspielräume anbieten
Kindern ermöglichen, das Umfeld angeleitet zu gestalten
 Nur positiven Wettbewerb
 Fehlerfreundlichkeit stark betonen
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Bildungsidee der Einrichtung vermitteln
• Fotowände, bebilderte Aushänge
• Hohe Bildungsaspiration bei Flüchtlingseltern
Erziehungspartnerschaft
leben
Hospitationsangebote offensiv gestalten
• Persönliche Einladung zur Hospitation
• Kompetenzen nutzen, in Arbeit einbinden
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Kommunikation mit Bildern
 Zeigebücher
 Aushänge mit Bildern
 Methoden der Unterstützenden Kommunikation
Mit Eltern
sprechen
Kommunikation zu dritt
 Sprachkompetenzen anderer Eltern oder Großeltern in der Kita
 Wahrnehmung von Kompetenzen
 Ausgebildete Sprachmittler_innen bei sensiblen Themen
 Finanzierung fordern
 Kontaktadressen über Beratungsstellen
 Bei Elterngesprächen Dolmetscher_innenbedarf im Vorfeld klären
 Sprachmittler_innen = Kulturmittler_innen
 Ausprobieren!
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
 Teilhabe bereits vor Spracherwerb möglich
 Einladung zum gemeinsamen Tun
Kommunikation auf
Augenhöhe
 Mehrsprachigkeit als Normalität
 Dolmetscher_innen für Elternabende suchen
 Mehr Zeit einplanen
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
• Respekt z.B. gegenüber
 der Entscheidung zu Fliehen…
 Anpassungschwierigkeiten …
 dem Umgang mit Kindern …
• Haltung des Respekts zeigt sich
- körperlich
- in jedem Blickkontakt
- intuitiv
- Unkontrolliert
Respekt als
Frage der
pädagogischen
Haltung
• Eigene Ängste ernst nehmen und
nutzen
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016
Veränderung der Lebenssituation von Flüchtlingen
 Wegfall des direkten Schutzes durch Familie u. Nachbarschaft
 Wegfall traditioneller weiblicher Netzwerke in der direkten Umgebung
 Rollenunsicherheiten
 Beschleunigter Wandel der Geschlechterrollen
 Ermächtigungserfahrung (insbes. für Frauen und Mädchen)
 Neue Organisationschancen
 Neue Teilhabechancen
 Neuer Zugang zu Ressourcen
 Nutzung transnationaler Netzwerke
Dr. Birgit Behrensen, Bremen am 13.01.2016