Fr. 2.70 FRICKTAL DONNERSTAG, 25. JUNI 2015 Nicolas Sarkozy Der Ex-Präsident wurde von der NSA bespitzelt INSERAT AZ 5000 Aarau | Nr 169 | 20. Jahrgang [email protected] 058 200 58 58 [email protected] 058 200 55 55 [email protected] 058 200 53 53 Roger Federer Das Tennisass über die Reiserei mit Familie und seine zweite Karriere AUSLAND 8/9 SPORT 15 Jetzt setzt der Bundesrat im EU-Poker auf die Nachbarstaaten Schweiz - EU Ein Chefunterhändler soll es richten – Misstrauensvotum gegen Yves Rossier VON STEFAN SCHMID UND FABIAN FELLMANN Die Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel sind schwierig. Viele Dossiers sind blockiert. Jetzt versucht der Bundesrat, wieder etwas Schwung in die festgefahrene Sache zu bringen. Neu sollen mehrere Dossiers parallel verhandelt werden. Das ermöglicht Kompromisse übers Kreuz. Der Haken da- bei: Die Schweiz ist an mehreren Fronten eher in der Defensive. Die Verhandlungsmasse ist klein. Zweite Innovation: Ein neuer EUChefunterhändler soll her. Das ist ein Misstrauensvotum gegenüber dem bisherigen Staatssekretär im Aussendepartement, Yves Rossier. Er leitete eine Arbeitsgruppe, die sich mit EU-Fragen beschäftigte. Jetzt soll es ein neuer Kopf richten. Offenbar kommt dafür auch Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration, nicht infrage. Er führte bisher die Gespräche mit Brüssel über Anpassungen bei der Personenfreizügigkeit. Dritte Neuerung: Bern versucht, die Nachbarstaaten direkt in die Gespräche über die Personenfreizügigkeit zu involvieren. Dieser Versuch ist ein Hinweis darauf, dass die EU der Schweiz kaum entgegengekommen ist. In Berlin, Paris, Wien und Rom hofft die Schweiz auf mehr Verständnis. Beobachter in Brüssel halten es für wenig wahrscheinlich, dass sich die Schweizer Nachbarstaaten gegen die EU-Kommission stellen werden. Welche Optionen derzeit konkret diskutiert werden, wollte der Bundesrat gestern nicht sagen. L etztlich sind es Ablenkungsmanöver und Nebelpetarden, die der Bundesrat da präsentiert: Neue Verhandlungsstrategie, neuer Chefunterhändler, Liebesgrüsse nach Berlin, Rom und Paris inklusive – die Regierung will sich noch nicht entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Die Teilnahme am EU-Binnenmarkt setzt die Übernahme gewisser Regeln von Stefan Schmid voraus. Es ist wie am Familientisch: Man kann nicht mitspielen, aber eigene Würfel benützen. Oder aber die Schweiz setzt auf Kontingente, Inländervorrang und verweigert eine gemeinsame Gerichtsinstanz. Sie setzt damit ihren Zugang zum 500-Millionen-EU-Markt aufs Spiel. Es ist unsere freie Entscheidung. Der Stargeiger Daniel Hope spielte im Rittersaal von Schloss Lenzburg zum Auftakt der Lenzburgiade. Unter den vielen prominenten Gästen war auch der Aargauer Regierungsrat in corpore. Die siebte Ausgabe des Musikfestivals wartet noch bis zum Sonntag mit weiteren hochkarätigen Konzerten auf. Es spricht nichts dagegen, Verbündete in Paris, Rom, Wien und Berlin zu suchen. Unsere Nachbarn haben tatsächlich ein vitales Interesse an geregelten Beziehungen mit der Schweiz. Aber die Personenfreizügigkeit werden auch sie kaum auf dem Altar der nachbarschaftlichen Freundschaft opfern. Ein Ablenkungsmanöver ist die Absicht, einen neuen EU-Chefunterhändler zu suchen, der die magische Formel endlich finden soll. War der bisherige Staatssekretär Yves Rossier womöglich zu unangenehm? Er sagte jüngst an einer Veranstaltung in Genf: «Zwischen der EU und der Schweiz geht es nicht mehr um Details. Es geht um die politische Grundsatzfrage.» Der Bundesrat weicht dieser Frage aus und versucht sich durchzumogeln. Wo bleibt der Mut auf der obersten Führungsetage? Wann schenkt die Regierung dem Volk reinen Wein ein? Vielleicht, wenn auch der nächste Chefunterhändler gescheitert ist. SEITEN 17,25 FOTO: CHRIS ISELI @ [email protected] Pensionskassen-Affäre MEINUNGSSEITE Mordprozess Strafverfahren gegen Walter Dubler Urteil im Fall Willi M. fällt heute INSERAT Ablenkung statt Führung KOMMENTAR RECHTS, SEITEN 2/3 Lenzburgiade Der Wohler Gemeindeammann gerät immer stärker unter Druck: Nun hat die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Walter Dubler eröffnet. Dieser lässt sich seit anderthalb Jahren zu hohe Pensionskassenbeiträge von der Gemeinde bezahlen. Rechtsanwalt Markus Leimbacher geht davon aus, dass KOMMENTAR sich die Untersuchung um Amtsmissbrauch, ungetreue Amtsführung und und qualifizierte Veruntreuung drehen dürfte. Für den ehemaligen SP-Fraktionschef ist klar: Dubler muss zurücktreten. Der frühere Regierungsrat Peter Wertli fordert Dubler auf, die Vertrauensfrage zu stellen. SEITEN 22/23 Vor gut drei Jahren wurde Willi M. aus Brittnau brutal umgebracht. Sein mutmasslicher Mörder, ein 31-jähriger Asylbewerber aus Marokko, stand gestern Mittwoch vor dem Bezirksgericht Zofingen. Der Staatsanwalt sowie die Vertreterin der Angehörigen von Willi M. plädierten auf Mord und forderten lebens- längliche Haft für den Angeklagten. Laut der Anklage hatte der Marokkaner sein Opfer mit einem Holzscheit barbarisch erschlagen. Sein Anwalt bezeichnete die Tat als Notwehrexzess, dafür seien dreieinhalb Jahre Haft angemessen. Heute um 17 Uhr gibt das Gericht das Urteil bekannt. SEITE 23 Dagmar Heuberger zu Russlands Nuklearstrategie «Das offensive Verständnis muss dem Westen Sorgen machen.» SEITE 20 AZ 4 0 0 2 6 9 771661 053001
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