SEPT 2015 05 Was sagt die Kirchenleitung zur Fusion? Zeit zum Zusammenwachsen Bis Ende Juli dauerte die Anhörung der Kirchenleitung, in der die Kirchengemeinden die Fusion berieten. Ein Beitrag von Konsistorialpräsident Dr. Jörg Antoine. Seite 1 Kreiskirchliche Arbeitsbereiche und Ausschüsse aus Tempelhof und Schöneberg haben die vergangenen Monate genutzt, gemeinsam zu arbeiten. Hier stellen sie ihre Ergebnisse vor. Seite 2 Nomad Soul/fotolia Fast im Ziel und doch nicht am Ende Wenn der Fusionsprozess ein Marathon wäre… Wenn der Fusionsprozess ein Marathon wäre - an welchem Streckenkilometer befänden wir uns heute? Natürlich knapp vor dem Ende: Kilometer 39!! Nur noch zweimal abbiegen, jetzt die letzten Reserven herausholen! Dann laufen wir ins Stadion ein und drehen eine Jubelrunde. Es ist geschafft! sind gefällt, die Finanzsysteme vereinheitlicht, Gremien und Arbeitsbereiche zusammengelegt. Aber jetzt geht’s doch erst richtig los. Jetzt erst wird sich zeigen, ob alle mitgekommen sind, ob wir genug Puste für den Rest haben und ob der Lauf etwas Gemeinsames geworden ist. Wenn der Fusionsprozess ein Marathon wäre - dann hätten wir allenfalls das erste Drittel. Wir wären schon einmal durchgeschwitzt und froh über eine „Dusche“ vom Straßenrand und was zum Trinken vom Unterstützerteam. Ja, wichtige administrative Entscheidungen Wenn der Fusionsprozess ein Marathon wäre - dann wären wir jetzt gut über die Mitte hinweg gekommen. Wir hätten den richtigen Tritt gefunden und wüssten unsere Kräfte einzuschätzen. Wir hätten alle unsere Rollen gefunden: Pace-Makers und solche, die nach hinten abdecken und andere, die Langsamere mitnehmen. Wir würden uns an der Anfeuerung und der Straßenmusik freuen, würden Bekannte unter den Zuschauern erkennen und wären stolz über die eigene Leistung (das Training hat sich gelohnt!). Wir wären ein großer Pulk von Menschen gemeinsam unterwegs zu einem Ziel. Ein Langstreckenlauf ist eine Fusion alle mal. Und wahrscheinlich sind wir überall zugleich. In jedem Fall: Gut, dass wir so viele sind … . Dr. Christopher Zarnow, Superintendentin Isolde Böhm Viel Zustimmung, keine Beschwerden Die Kirchenleitung hat nur wenige Stellungnahmen der Kirchengemeinden zum Fusionsprozess erhalten. Diese waren kurz und knapp zustimmend; Beschwerden wurden keine geäußert. Die einzig ‚ausführlichere‘ Stellungnahme hielt auch nur folgendes fest: es gebe „keinen weiteren Handlungs- bzw. Diskussionsbedarf auf dem Weg zur Fusion der beiden Kirchenkreise Tempelhof und Schöneberg. Die Steuerungsgruppe und die verschiedenen Arbeitsgruppen bearbeiten alle notwendigen Schritte, informieren ausreichend und ermöglichen in allen Phasen eine Beteiligung am Fusionsprozess.“ So wird es wohl sein. Die Kirchenkreise vernetzen und unterstützen die kirchengemeindliche Arbeit vor Ort; teilweise ermöglichen sie diese bei schwieHerausgeber: Ev. Kirchenkreis Berlin-Schöneberg, Ev. Kirchenkreis Tempelhof rigeren Fragestellungen auch erst. Die Kirchenkreise sind wichtig. Die kirchliche Arbeit lebt auch von einem gut aufgestellten Kirchenkreis. Und dennoch: die Kirchenmitglieder identifizieren sich in erster Linie mit ihren Kirchengemeinden. Fusionen von Kirchengemeinden wecken deshalb immer größere Befürchtungen, verlaufen oft emotional angespannt. Bei Kirchenkreisfusionen werden die Fragestellungen möglicherweise pragmatischer gesehen. Wenn die Kirchengemeinden am Fusionsprozess beteiligt sind, der Fusionsprozess gut organisiert ist und die Vorteile und Veränderungen transparent und allseitig nachvollziehbar dargestellt werden, dann findet eine Kirchenkreisfusion auch eine breite Zustimmung. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Viele Sitzungen, viel Engagement, Sachkenntnis und Sachorientierung von Ehrenamtlichen und beruflich Beschäftigten kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern waren nötig, damit dieser Fusionsprozess einen so guten Verlauf nehmen konnte. Dafür gebührt allen Engagierten ein ganz großer Dank! Der gute Fusionsprozess gibt uns allen die berechtigte Erwartung, dass der neue Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg das kirchliche Leben und die kirchliche Arbeit in diesem Teil Berlins in guter Weise befördern wird. Wir dürfen in positiver Erwartung gespannt sein und uns schon jetzt ein wenig auf den neuen Evangelischen Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg freuen. Konsistorialpräsident Dr. Jörg Antoine Redaktion und Gestaltung: Öffentlichkeitsarbeit in den Ev. Kirchenkreisen Berlin-Schöneberg und Tempelhof Cornelia Schwerin (V.i.S.d.P.) Fotos: Nomad Soul/Fotolia; Sandor Jackal/Fotolia Druck: Tastomat Auflage: 2000 Sept_2015.indd 1 21.08.2015 12:14:46 SEPT 2015 05 Durch die Fusion gestärkt Von Hütten und Palästen Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Die Fusion schreitet voran, alles bewegt sich! Alles? Nein, eine Vielzahl von Gebäuden und Grundstücken ist unverrückbar mit den Gemeinden verbunden – eben Immobilien. Für die meisten Gemeinden sind sie Freude und Leid zugleich, viele stöhnen unter der Baulast und fragen sich, wie sie mit den bescheidenen Mitteln die Kirchen und Gemeindehäuser erhalten und vielleicht sogar verbessern sollen? Das Konzept zur Zukunft des Fachbereichs für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist fertig und einen Namen gibt es auch schon. Gelingt die Fusion, wird es ab 2016 im neuen Kirchenkreis eine Arbeitsstelle für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geben. Um nicht missverstanden zu werden: In beiden Kirchenkreisen, Tempelhof wie Schöneberg, gibt es seit vielen Jahrzehnten eine Arbeitsstelle oder ein Amt, die sich um die Belange der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kümmert, Weiterbildungen für die Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinden anbietet und die evangelische Jugendarbeit im Bezirk und in der Landeskirche vertritt. Aber was verbirgt sich hinter der Namensänderung und welche Aufgaben wird eine zukünftige Arbeitsstelle für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen übernehmen? Wir auf Kirchenkreis-Ebene tätigen Kolleginnen und Kollegen Christian Funk, Anneliese Botian, Detlef Buschmeier, Jens Martin Krüger und Frauke Lobeck haben das Konzept zur Zukunft der Arbeitsstelle unter Mithilfe einer fachlichen Moderation entworfen und der Steuerungsgruppe vorgestellt. Weiterhin steht für unsere Arbeitsstelle die Beratung und Fortbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen im Mittelpunkt. Dazu kommen innovative Maßnahmen, die wir in und gemeinsam mit den Gemeinden und Regionen umsetzen wollen. Weitere Eckpunkte unserer Überlegungen sind der Bereich der Spiritualität, der gestärkt werden soll, genauso, wie die Identifikation mit dem gesamten Kirchenkreis. Unser Konzept traf auf große Zustimmung. Auf Wunsch der Steuerungsgruppe haben wir nun einen Fahrplan erstellt, welche Schritte bis 2016 umgesetzt werden sollen. Die personelle Besetzung der Arbeitsstelle, die Klärung der Finanzen und die Frage, wie der Fachbereich im Bezirk und in der Landeskirche vertreten sein kann – das alles wird noch in diesem Jahr beschlossen. Außerdem werden Inhalte und Struktur der Arbeitsstelle beraten und die Projekte für das Jahr 2016 geplant und vorbereitet. Anneliese Botian, Christian Funk, Jens Martin Krüger, Frauke Lobeck Vom unterschiedlichen Umgang mit Gebäuden und Kirchen: die Fusion in der AG Bau Beide Kirchenkreise beschäftigen sich ebenfalls schon lange mit diesen Fragen und im Fusionsprozess bearbeitet die Bau-AG, in der jeweils vier Vertreter jedes Kirchenkreises sitzen, das Thema. Für den künftigen Kirchenkreis haben wir bisher verabredet: Es werden 75 Prozent der Baumittel direkt an die Gemeinden gesteuert. Von dem Rest wird zum Einen der Kirchenkreis seine Gebäude in der Götzstraße unterhalten und zum Anderen Zuschüsse an die Gemeinden gewähren, in erster Linie für Planungs- und Beratungsleistungen. Wir wollen versuchen, in den Gemeinden zu einer besseren Auslastung der Gebäude zu kommen, vielleicht schaffen wir es sogar, dass wir Flächen, die wir dann nicht mehr benötigen, gewinnbringend anderweitig nutzen lassen und so die Baulast verringern. Dies muss gut vorbereitet werden und für diese oft schwierigen Prozesse soll es eine vom Kirchenkreis unterstützte Begleitung geben. Wesentlich ist hier die fachkundige Beratung. In Schöneberg gibt es seit vielen Jahren eine Baubetreuerin, die vom Kirchenkreis bezahlt wird und die Gemeinden unterstützt, bis es dann mit dem konkreten Planen und Bauen los geht. Dieses sehr bewährte System werden wir auch im neuen Kirchenkreis fortführen und hoffen, dass die Bauverantwortlichen in den Gemeinden so etwas Entlastung erfahren. Diese Vereinbarungen müssen nun noch den Feinschliff bekommen, dann werden wir hoffentlich auch hier gut in den neuen Kirchenkreis starten – und vielleicht bewegt sich auch etwas bei den Immobilien. Andreas Jahn Kleider machen Leute Das neue Corporate Design Wie soll sich der neue Kirchenkreis TempelhofSchöneberg grafisch darstellen? Mit welchem Aussehen wollen wir an die Öffentlichkeit gehen? Die Meinungen dazu sind vielfältig. Schön soll das Design sein, aber nicht protzig. Praktikabel und doch auch allen gefallen. Manche Debatte um das zukünftige Corporate Design erinnert an die Quadratur des Kreises. Denn dem zukünftigen Kirchenkreis ein neues Aussehen zu entwerfen, setzt das Wissen voraus, welche Inhalte sich der neue Kirchenkreis gibt, welche Identität er hat und wie er von außen gesehen werden möchte. Das zu beantworten, ist zuweilen gar nicht so leicht. Die Kreiskirchenräte aus Tempelhof und Schöneberg haben auf ihrer gemeinsamen Klausur im Juli erste Überlegungen dazu angestellt und nach der Sichtung von drei grafischen Entwürfen Klarheit für ein zukünftiges Aussehen geschaffen. „Kirche in der Stadt“, das soll den neuen Kirchenkreis als Motto begleiten. Diesem Anspruch darf nicht nur das neue Corporate Design genügen, auch der Kirchenkreis wird ihn zukünftig umsetzen. Zwei Grafikbüros wurden beauftragt, Entwürfe einzureichen, die im September 2015 beraten und im Herbst in den beiden Kreiskirchenräten entschieden werden. Gelingt der Plan, wird der neue Kirchenkreis zum 1. Januar 2016 mit neuem Aussehen starten können. Das ist eine gute Voraussetzung, um zusammen zu wachsen und gemeinsam zu arbeiten. Cornelia Schwerin, Ulrike Biskup In Fusionsgesprächen Orpheus und Eurydike Michaelsgemeinde mit Alt-Tempelhof Was geschieht, wenn sich Trauerarbeit und Friedhofspädagogik treffen? Durch einen Stellenwechsel der Pfarrerin in Michael im März dieses Jahres bin ich vom Kirchenkreis Schöneberg mit der Aufgabe der Verwaltung der Pfarrstelle betraut bis zur Fusion beider Gemeinden. Ein überfälliger Schritt, denn nachbarschaftliche Kontakte auf Gemeindeebene liegen nach Tempelhof nahe, während sie nach Schöneberg durch Autobahn, Sachsendamm und Industriegebiet erschwert sind. Deshalb gab es schon unter Pfarrerin von Hohmeyer Verknüpfungen mit Alt-Tempelhof. Seit Jahren ist die Jugend- und Konfirmandenarbeit zusammen geführt und auch im Bereich der Kinder und Senioren gab es gemeinsame Planungen und Aktionen. Man kennt sich also schon ein wenig und es gibt eigentlich keine Scheu in Michael vor der Fusion. Fanny Fritsch (Friedhofspädagogik) und Karl Griese (Trauerbegleitung) sind sich auf dem Alten St. Matthäus Friedhof begegnet. Stellvertretend für die beiden sprechen zwei Puppen (Orpheus und Eurydike), die Frau Fritsch in ihrer Arbeit benutzt: Orpheus nimmt die Position eines „Trauernden“ und Eurydike die eines abschiedlich lebenden Menschen ein. Eurydike: Auf keinen Fall. Ich weiß gar nicht, was mit dir passiert, wenn du dir das Leben nimmst. Ich bin jetzt tot und ich schau‘ gerne auf dich wie du lebst. Orpheus: Eurydike, du meine Liebe, warum hast du mich verlassen? Warum bist du gestorben? Eurydike: Vielleicht kriegst du mich nicht zum Leben, aber die Erinnerung an mich. Eurydike: Orpheus, ich habe das gar nicht entschieden. Es ist mir einfach passiert. Es ist auch dir passiert. Orpheus: Ich will den Tod nicht akzeptieren. Der Tod ist der Feind des Menschen. Was wird sich ändern, wenn es so weit ist? Die Gruppen und Kreise, die sich jetzt in den Räumen in Michael treffen, sollen dies auch weiterhin tun können. Auch soll der Gottesdienstort erhalten bleiben. Viel schwieriger zu bewältigen ist das Problem der Gebäude und ihrer Erhaltung. Die Gemeinde Alt-Tempelhof hat genug mit dem eigenen Haus sowie der Dorfkirche und der Glaubenskirche zu bewältigen. An diesem Punkt steckt die Gemeindeleitung von Michael noch in Überlegungen und der Suche nach Partnern, um die Gebäudelast etwas von der fusionierten Gemeinde zu nehmen. Worauf kommt es an? Das gemeindliche und gottesdienstliche Leben in Michael zu erhalten und zu festigen ist das eine, durch die Fusion ein erweitertes Angebot zu schaffen und damit mehr Menschen zu erreichen, ist das andere Ziel. Ängste oder Sorgen werden dabei viel weniger geäußert als die Hoffnung, mit neuem Schwung Menschen mit dem Evangelium in Berührung zu bringen. Orpheus: Ich will das nicht, dass du tot bist. Ich will, dass du zurückkommst. Eurydike: Ich will das auch gerne, aber ich fürchte das liegt nicht in meiner Macht. Orpheus: Ich will, dass du immer bei mir bleibst. Eurydike: Das kann ich nicht, nicht als Eurydike, aber vielleicht irgendwie anders. Orpheus: Ich kann ohne dich nicht leben. Wenn du nicht mehr da bist, dann will ich auch nicht mehr leben. Eurydike: Orpheus, es macht doch gar keinen Sinn, wenn wir beide tot sind. Ich weiß auch gar nicht, ob wir dann beide zusammen sein können. Ich bin tot und du kannst noch leben. Orpheus: Das ist eine gute Idee. Ich werde mir das Leben nehmen, damit wir wieder zusammen sind. Orpheus: Aber es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, dich wieder lebendig zu machen. Eurydike: Du kannst gar nichts anderes, als ihn zu akzeptieren, und vielleicht macht er das Leben viel lebenswerter. Orpheus: Nein, mein Leben ist jetzt völlig sinnlos. Eurydike: Du bist dein Leben, nicht ich bin dein Leben! Ich/wir Trauerbegleiter bemühen uns, den Zustand der Hilflosigkeit und Sinnlosigkeit auszuhalten, bis der Kopf etwas freier wird, um vielleicht „Eurydike“ zu hören. Dr. Karl Griese, von der Beratungsstelle für Trauernde des Kirchenkreises Tempelhof Die Friedhofspädagogik sieht in Friedhöfen Lernorte der Auseinandersetzung mit dem fremden und dem eigenen Tod. Fanni Fritsch von der Friedhofspädagogischen Arbeit mit Kindern und Familien in Schöneberg Dr. Andreas Fuhr, Pfarrer i.R. Sept_2015.indd 2 21.08.2015 12:14:46
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