Monte Amiata - Michael Müller Verlag

152
Monte Amiata
Fernblick auf den Monte Amiata
Monte Amiata
Der Gebirgszug um den 1738 m hohen erloschenen Vulkan bietet ein Kontrastprogramm zu den Kulturoasen der nördlichen Toscana: Hier locken
dünn besiedeltes Land, einsame, weite Kastanien- und Buchenwälder und
heiße Thermalquellen.
Der Gipfel des Monte Amiata, die Vetta Amiata, ist bis auf die letzten 200 m
auch mit dem Auto erreichbar. Hier oben hat man eine phantastische Aussicht
auf die südliche Toscana bis hinüber zum Meer. Das eiserne Gipfelkreuz hatte
schon etliche Blitzschläge abbekommen, bevor es die Nazis bei ihrem Abzug
sprengten. 1946 ließ es Papst Pius XII. wieder instandsetzen. Daneben gibt es
Souvenirstände und eine Bar. Wer den wenig anstrengenden Aufstieg vom obersten Parkplatz (Skilift und Hotels) zum Gipfel hinter sich gebracht hat, folgt am
besten den Wegweisern zur „Madonna degli Scouts“ noch ein Stück weiter: Nur
ca. 5 Min. vom Gipfelkreuz entfernt erhebt sich die Felsengruppe mit großartigem Panoramablick.
Die kreisförmig um den Berg angeordneten Orte liegen alle auf 600 bis 800 m, eine
Höhe, in der viele Quellen entspringen. Bis auf ca. 1000 m Höhe führen die Straßen
durch dichte Kastanienwälder, deren essbare Früchte im Oktober Anlass für diverse Feste della Castagna sind. Fährt man weiter hoch in Richtung La Vetta,
wechselt die Vegetation in Buchen-Hochwald, in dem riesige moosbewachsene Felsen in der Waldlandschaft wild-romantische Akzente setzen. Ab Mitte August sind
hier – an Pilzblick und Korb zu erkennen – passionierte Sammler unterwegs, deren
Ziel die Funghi Porcini (Steinpilze) sind.
Wirtschaftlich liegt das Gebiet seit der Schließung der Quecksilberminen im Ab- Monte
seits. Der Wintersporttourismus, in den viel investiert wurde, fiel in den letzten Jah- Amiata
ren wegen etlicher milder Winter mager aus. Neue Impulse verspricht die verstärk-
Monte Amiata → Karte S. 154/155
Siena
Foiano
della
Chiana
Mte. Oliveto
Maggiore
E
R
E
Volterra
Rosignano
Marittimo
IF
E
E M
COLLIN
T
San
Galgano
Murlo
Chiusdino
Piombino
153 Cortona
Vescona
L
Abbadia
San Salvatore
Rosia
AL
Massa
Marittima
Follónica
Golfo
di
Follónica
Punta
Ala
Bagni di
Petriolo
Montalcino
Pienza
Chiusi
Bagno
g
Vignon
Montemassi
Lago
Trasimeno
Montepulciano
Monte
Monte
Amiata W 7 Certona
Batignano
Portiglione
1738
Mte. Labbro Santa
Vetulónia
W 12
Fiora
Grossetto
Monti
dell’
Saturnia
Sovana
Sorano
Pitigliano
Uccellina
Porto
Santo
Stefano Orbetello
Isla del Giglio
Orvieto
Lago di
Bolsano
Capálbio
Monte Argentario
Viterbo
Monte Amiata
Anfahrt Der Gipfel des Monte Amiata
liegt 12 km von Abbadia San Salvatore
(s. u.) entfernt und ist gut ausgeschildert,
die meiste Zeit führt die schmale Asphaltstraße durch dichten Wald.
Mountainbike Die Umrundung des Bergs, teils auf Wegen, teils auch auf Teersträßchen, ist in einem guten halben Tag zu
schaffen – vorausgesetzt, man bringt einiges an Kondition mit. Fahrradverleih z. B.
im Hotel Le Macinaie (Castel del Piano) für
Hotelgäste.
Skifahren Ein Sessellift und 13 Skilifte ab
1300 m Höhe erschließen Abfahrten verschiedener Schwierigkeitsgrade. Langläu-
fer finden kilometerlange Loipen. Immer
vorausgesetzt, es schneit ordentlich!
Übernachten *** Albergo General Cantore, einfacher Berggasthof auf 1400 m
Höhe mit schöner Wiese davor, geführt
von der sympathisch kernigen Wirtstochter
Elisabetta. DZ 90 €. Loc. II Rifugio Cantore
70, 53021 Abbadia San Salvatore, ¢/§ 0577789704, www.ilcantore.it.
*** Albergo Sella, am großen Parkplatz
beim Gipfel, ein wenig Berghütten-Feeling
auf knapp 1700 m Höhe. Schöne DZ mit
Bad und TV 70–90 €. Vetta Amiata, 53021
Abbadia San Salvatore, ¢/§ 0577-789747,
www.albergosella.it.
Abbadia San Salvatore
Monte Amiata → Karte S. 154/155
te Nutzung der Erdwärme durch Kraftwerke und als Nebenprodukt die Beheizung
30 ha (!) großer Glashäuser zur Blumenzucht durch die Abwärme bei Piancastagnaio.
ca. 6500 Einwohner
Die alte Bergarbeiterstadt ist der größte und höchstgelegene Ort am Amiata (830 m). Der mittelalterliche Kern mit seinen ruhigen, autofreien Gassen
kontrastiert mit dem Leben in den Straßen der Neustadt.
Die seit dem Mittelalter ausgebeuteten Quecksilberminen von Abbadia San Salvatore wurden in den 1970er Jahren geschlossen. Seither sank die Einwohnerzahl von
ehemals 9000 um ein Viertel. 1947, nach einem Anschlag auf Palmiro Togliatti, den Abbadia Sa
Vorsitzenden der Italienischen Kommunistischen Partei, besetzten Arbeiter die n Salvatore
Stadtverwaltung, worauf es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam.
Die Kommunisten kämpften für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen (sehr
154
Castiglione
del Bosco
Monte Amiata
Montalcino
niedrige Lebenserwartung wegen des
Quecksilbers) und für neue Arbeitsplätze. Noch heute wählt die Stadtbevölkerung zu 80 % links.
Abbazia
di S.
Antimo
la Pieve
Poggio
alle Mura
e
F. O m
br o n
San Angelo
Scalo
Montenero
Monticello
Amiata
Montelaterone
Cinigiano
Grosseto
Grosseto
PLZ 53021
Information
Ufficio Turistico, Mo–Fr
8.30–13 und 15–18, Sa 10–13 und 15–18, So
10–13 Uhr. Spärliche Auskünfte, aber
brauchbare Wander- und Radwanderkarten. Via Adua 25, im Zentrum der Neustadt,
nahe Piazza Gramsci. ¢ 0577-241760,
§ 241762. www.terresiena.it.
Stribugliano
Pro-Loco-Büro, tägl. 9.30–12.30/15.30–18.30
Uhr; nicht sehr kompetent. Piazzale R. Rossaro (beim Museo Mineraia), ¢ 0577-778324,
§ 775221, www.terre-di-toscana.com.
Vallerona
Grosseto
Grosseto
Hin und weg Bus: 3-mal tägl. nach Siena,
ca. 3-mal Buonconvento (an der Bahnlinie
Siena–Grosseto). Zu den Bergorten Arcidosso und Santa Fiora 6-mal tägl., nach
Grosseto 5-mal tägl. Abfahrt in der Via Gorizia beim Stadion, Tickets im Tabacchaio.
Santa Catarina
Roccalbegna
323
Einkaufen Geschäfte findet man vor allem in der Via Cavour und der Viale Roma.
Coop-Supermarkt in der Via Bolzano (Nähe
Krankenhaus).
Murci
Internet Piazza XX Settembre 33, am Brunnen im Zentrum.
Markt 2. und 4. Donnerstagvormittag im
Monat. Gemüse und Obst werden täglich
vormittags an Ständen in der Via Italia (Nebenstraße der Via Cavour) angeboten.
Castelnuovo
dell’Abate
Sant Angelo
in Colle
Grosseto
Grosseto
Sich in der relativ großen Neustadt zurechtzuf inden ist nicht einfach. Erschwert wird das Ganze durch ein trickreiches Einbahnstraßensystem. Am besten also das Auto abstellen und die Stadt
zu Fuß erkunden. Einen Stadtplan hält
die Touristinfo bereit. Der Borgo Medioevale (Altstadt) östlich der Neustadt
ist nur für Fußgänger zugänglich. Die
Hauseingänge schmücken teilweise
schöne Türeinfassungen aus Lavastein,
besonders sehenswert in der Hauptstraße
der Altstadt, der Via Filippo Neri. Die Nr.
18 ist mit Hammer und Amboss verziert,
hier war die Werkstatt des Schmieds; an
der Nummer 16 prangt eine Schere – im
steinernen Türbalken ist neben der Jahreszahl 1569 der Name des Schneiders
(„Mastro Matteo“) zu entdecken.
323
Rocchette
di Fazio
Usi
Poggioferro
Pienza
S. Albino
Abbadia San Salvatore
155
San Quírico
d’Orcia
Mad. di
Riguardo
Chianciano
Terme
Romitório
Chiusi
Chiusi
Spedaletto
Bagno Vignoni
La Foce
Castiglioncello
del Trinoro
Castiglione
d’Órcia
nuovo
Abate
Gallina
la Vittória
San Piero
in Campo
Grotta di
Belvedere
323
Ansedonia
Giardino di
Daniel
Spoerri
Leccino
Mad.
d. Querce
Campiglia
d’Orcia
2
Vivo
d’Orcia
Seggiano
Le Conie
478
Bagni
San Filippo
Pescina
Zaccaria
Radicofani
Leccio
Castel del Piano
Monte
Amiata
1738
Abbadia
San
Salvatore
Arcidosso
Piancastagnaio
Zancona
Bagnore
Parco
Faunistico
Mte.
Labbro
1193
Fággia
Ponte a Rigo
Saragiolo
Santa
Fiora
Monte Amiata → Karte S. 154/155
Centan
Triana
Sforzesca
Selva
Castell
A zzara
Selvena
San Giovanni
delle Contee
Cellena
Petricci
Viterbo
Viterbo
cchette
i Fazio
Croce di Febro
Monticchiello
Siena
Siena
Poceno
Montevitozzo
Montorio
Semproniano
Sorano
Saturnia
Capanne
Poggio
Murella
Sovana
Sovana
Rund um den
Monte Amiata
1,5 km
156
Monte Amiata
Übernachten An Hotels besteht kein Mangel, die Preise sind meist saisonabhängig.
*** Parco Erosa, am südöstlichen Ortsende, Straße Richtung Piancastagnaio. Das
Haus präsentiert sich fast im Tiroler Stil,
auch innen viel Holzverkleidung. Sehr ruhige Lage, gut ausgestattete Zimmer, Garten
und Pool, freundlicher Service. DZ inkl.
Frühstück ab 60 €, in der Saison nur HP (ab
40 €/Pers.). Via Remedi 108, ¢ 0577-776326,
§ 779735, www.parcoerosa.it.
*** Italia, zentral gelegenes, angenehmes
Hotel mit Gärtchen und großzügigen Zimmern mit Blümchentapete. Gutes Restaurant. DZ ab 60 €. Viale Roma 30, ¢/§ 0577778007, www.albergoitaliamiata.com.
* Cesaretti, ca. 150 m oberhalb der IP-Tankstelle, am Ortsausgang Richtung Siena auf
der linken Seite; mit beliebtem Ristorante
(s. u.). DZ mit Bad und Frühstück 50 €, HP
45 €/Pers. Via Trento 37, ¢ 0577-778198,
§ 775589. www.albergocesaretti.it.
Essen & Trinken Ristorante Il Cantinone, Seitensträßchen gegenüber der EssoTankstelle, unterhalb der Piazza Gramsci.
Hier kann man zu reellen Preisen gut speisen. Hausgemachte Pasta 6–7 €. Mi Ruhetag. Via Asmara 14/16, ¢ 0577-776552.
Ristorante Cesaretti, im gleichnamigen Hotel (s. o.). Beliebt und preiswert, exzellente
Casalinga. Meist 4–5 Gerichte zur Auswahl.
Mo Ruhetag.
Ristorante Laccoria, oberhalb der Stadt,
ca. 2 km Richtung Siena und mitten im Grünen. Gemütlicher Gasthof mit guter, bodenständiger Küche, abends wird auch Pizza
gebacken. Mi Ruhetag. ¢ 0577-777107.
Caffè Staro, eher Kneipe als Café. Der
Name steht schließlich für ein gutes tschechisches Bier, weitere tschechische Reminiszenzen wurden ins Interieur integriert.
Antipasti und knackige Salate, gute Stimmung. Nur im Sommer geöffnet. So Ruhetag. Via Cavour 42.
Sehenswertes
Klosterkirche: Am Ortsrand, etwas eingezwängt zwischen den Häusern, steht die
Kirche (tägl. 7–20 Uhr) des heute nicht mehr existierenden Klosters, das dem Ort
den Namen gab: Abbadia San Salvatore. Im Mittelalter war die Abtei ein bedeutendes Zentrum weltlicher Macht. Ausgestattet mit päpstlichen Privilegien, beherrschten die Benediktineräbte das Gebiet bis zur Küste beim Monte Argentario. 1229 befand Papst Gregor IX., die Benediktiner frönten hier einem gar zu üppigen Leben,
und übergab das Kloster den Zisterziensern. Sein wahres Motiv aber war wohl eher,
dass die Benediktiner es mit Gregors Erzfeind, Kaiser Friedrich II, hielten. 1783
musste der letzte Zisterzienserabt sein Amt aufgeben, der Klosterbetrieb wurde per
Dekret eingestellt. Erst 1939 hielten die Zisterzienser wieder Einzug.
Die Kirche im romanischen Stil datiert aus dem Jahr 1035. Fresken aus dem 17. Jh.
zeigen einige Episoden aus dem Leben des Langobardenkönigs Rachis, der das
Kloster nach der Legende im 8. Jh. gegründet haben soll. Er befand sich auf einem
Feldzug gegen Perugia, als er auf einem Jagdausflug in den Wäldern des Monte
Amiata eine Gotteserscheinung hatte. Rachis war davon so beeindruckt, dass er beschloss, fortan mit Frau und Kind unterhalb des Gipfels zu hausen.
Aus der Mitte des 11. Jh. stammt auch die Krypta Longobarda. Um sie nach den
Ausgrabungen zugänglich zu machen, wurde der Kirchenboden angehoben. Die
Krypta, sehr eindrucksvoll ausgeleuchtet, ist durch 36 Säulen unterteilt, deren Kapitelle noch nicht vollständig ausgedeutet sind: Ein gordischer Knoten ohne Anfang
und Ende symbolisiert die Unendlichkeit Gottes, das bärtige Gesicht gehört
vielleicht dem Langobardenkönig Rachis. Das Museo dell’Abbazia bei der Kirche in
der Via del Monastero 42 ist in der Saison um 9.30–12 und 15.30–18 Uhr geöffnet.
Besser vorher anrufen: ¢ 0577-778083.
Quecksilbermuseum: Auf dem weiten Minengelände am oberen Ortsrand von
Abbadia San Salvatore eröffnete im Jahr 2000 das Museo Minerario. In sechs
Vivo d’Orica
157
Räumen ist hier alles Wissenswerte rund um die frühere Mine zu erfahren: Geschichte des Bergbauzentrums, Abbaumethoden, der Arbeitsalltag der Minenarbeiter etc. Eine eigene Abteilung ist den Arbeiteraufständen von Abbadia San
Salvatore gewidmet.
Viele der einstigen Fabrikgebäude auf dem Gelände verfallen, nur die Stahltürme, in
denen das Metall raff iniert wurde, stehen größtenteils noch. Der industrielle
Quecksilberabbau (ital. Mercurio) am Monte Amiata begann in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts. Das abgebaute Zinnober (Quecksilbersulf id), das früher zum
Färben benutzt wurde, wurde auf 750 Grad erhitzt, bis das Quecksilber ausdampfte
und als Kondensat gesammelt werden konnte. Die Mine war einst eine der weltweit
größten ihrer Art. Als wegen fallender Weltmarktpreise die Förderung unrentabel
geworden war, wurde dichtgemacht.
Monte Amiata → Karte S. 154/155
Vorplatz der Abtei von Abbadia San Salvatore
Tägl. 9.30–12.30 und 15.30–18.30 Uhr. Eintritt 3 €.
Galleria Livello VII: Auf dem Gelände des Museo Minerario ist neuerdings auch
eine ehemalige Stollenanlage zu besichtigen. Die Führungen durch die unterirdischen Anlagen des Bergbaus werden von einem ehemaligen Minenarbeiter geleitet
(im Sommer mit Übersetzung); Besichtigung in der Regel im Juli/Aug. um 10 und
16 Uhr.
Reservierung außerhalb der Saison im Pro-Loco-Büro: ¢ 0577-778324. Eintritt 4 €, Sammelticket Museum und Stollen der Galleria Livello VII 6 €.
Vivo d’Orcia
Der 400-Seelen-Ort, ca. 8 km nördlich von Abbadia San Salvatore, wird vor allem
seiner ehemaligen Einsiedelei wegen aufgesucht, die in romantischer Umgebung
neben dem Flusslauf des Vivo unterhalb der Ortschaft liegt. Den Wagen lässt man
am Hauptplatz stehen und folgt der Ausschilderung in Richtung Eremo (Via IV No-
Vivo
d’Orica
158
Monte Amiata
vembre). Bald überquert man rechts eine steinerne Brücke. Von der Mühle auf der
linken Seite sind nur noch Ruinen geblieben. Das in Privatbesitz bef indliche
Castello lässt man rechts liegen und gelangt durch den Torbogen in den Borgo
Principale.
Übernachten/Essen I Tre Rioni, in Campiglia d’Orcia, wenige km östlich von Vivo
d’Orcia. Was aus der Küche kommt – auf
Wunsch auch glutenfrei – ist sehr ordentlich, und so wird das Gasthaus gern auch
von Einheimischen besucht. Restaurant mit
ein paar gepflegten Zimmern ab 70 €. Mo
Ruhetag. Via Campotondo 3, ¢ 0577-872015,
www.itrerioni.com.
Osteria Il Castagno, im Ortszentrum; einfache Hausmannskost, im Sommer draußen
unter’m Kastanienbaum. Mo Ruhetag. Via
Amiata 129, ¢ 05677-873510.
Pizzeria Flora, schlichtes Lokal, aber köstliche Pizza aus dem Holzofen. Mo Ruhetag.
Viale IV Novembre 22, ¢ 0577-776285.
La Taverna del Piano delle Mura, in der
Küche wird ausschließlich mit biologischen
Zutaten gekocht – das Resultat ist hervorragend und wurde von der Vereinigung Slow
Food ausgezeichnet. Freundliche, offene
Atmosphäre, gemütlicher Gastraum und
kleine Terrasse. Di–Fr erst ab 17.30 Uhr geöffnet, Sa/So bereits ab Mittag. Mo Ruhetag. Via delle Casine 12. ¢ 0577-874009,
www.tavernapiandellemura.it.
 Wanderung 7: Von Vivo d’Orcia zu zwei Einsiedeleien
und der Quelle des Vivo
Wildromantische Wanderung im Buchenwald
Radicofani
→ S. 272
ca. 1200 Einwohner
Ein einsames, verschlafenes Bergnest östlich des Monte Amiata, dominiert von einer weithin sichtbaren Burg auf einem Basaltfelsen in ca. 760 m Höhe. Die Burg
wurde erst im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut, nachdem eine Explosion im
Pulvermagazin 1735 sie hatte einstürzen lassen.
Der aus Siena vertriebene Ghino di Tacco machte sich Ende des 13. Jh. die strategisch wichtige Lage zunutze und betätigte sich als Raubritter, um seinen von den
Sienesern hingerichteten Vater zu rächen. Boccaccio (1313–75) verewigte ihn in
seinem „Decamerone“, das Volk verehrte ihn als eine Art Robin Hood des Monte
Amiata. Tacco plünderte nur die Reichen aus, arme Schlucker wurden schon mal
mit einer Brotzeit gestärkt. Besonders amüsant ist die Episode mit dem fettleibigen
Abt von Cluny, der erst nach wochenlanger Abmagerungskur und gegen entsprechende Gebühr laufen gelassen wurde. Dem Volkshelden spendierten die Bewohner
von Radicofani im kleinen Park neben der Kirche S. Pietro eine Statue: Tacco mit
Schwert und Schild – und einem abgeschlagenen Kopf in der Hand.
Das kleine Borgo ist äußerst schmuck. Die Hauptstraße zieht sich durch Reihen
dunkler Steinhäuser. Im Zentrum f indet man die romanische Kirche San Pietro
(13. Jh.), ihr gegenüber steht die Kirche Sant’Agata, die der Schutzpatronin von
Radicofani geweiht wurde. In beiden Kirchen ist Andrea della Robbia mit einer
Terrakotta-Altartafel vertreten.
Vom weithin sichtbaren Turm aus genießt man auf ca. 950 Meter ü. M. einen Rundblick über das Val d’Orcia. Die renovierten Wehranlagen und das Ausgrabungsgelände können besichtigt werden (Fortezza di Radicofani, tägl. 10–19 Uhr, Eintritt
3 €). Die Festung ist mit dem Auto über die asphaltierte Straße zu erreichen oder
Radicofani
Radicofani
159
aber zu Fuß über die „Scalette”, ein 20-minütiger Fußweg über Treppen. Hierfür im
Zentrum von der Via Roma aus auf die Ausschilderung des Weges achten und an
der Via della Fortezza 10 links weiter den Stufen bergauf folgen. Diese etwas
anstrengende Variante führt durch das die Festung umgebene Dickicht empor zur
Fortezza. Oben angelangt, schätzt man das gemütliche Wirtshaus im mittelalterlichen Ambiente mit gekühlten Getränken. Den Rückweg zurück zum Ort kann man
bequem über die Asphaltstraße antreten.
Radicofani lag an der Via Cassia, der wichtigsten Verbindung von Rom nach Norditalien und Frankreich. 300 m unterhalb des Orts steht an der SS 478 der Palazzo
La Posta, Poststation und Zollhaus an der ehemaligen Grenze zwischen dem Großherzogtum Toscana und dem Kirchenstaat. Der imposante Bau aus dem 17. Jh. mit
seinen zwei mächtigen, übereinander liegenden Loggien schlummert heute verlassen vor sich hin und verwahrlost. Einst war der Palazzo ein beliebtes Hotel am langen Weg von Siena nach Rom, viele Berühmtheiten stiegen hier ab, darunter auch
Charles Dickens, der an einem stürmischen Tag ankam und die Straßen menschenleer vorfand. Vielleicht war das der Grund für seinen düsteren Gesamteindruck:
Das Hotel mit seinen labyrinthartig angelegten Gängen sei „extremly frightening“,
notierte er. Dem Palazzo gegenüber steht ein mit dem Wappen der Medici geschmückter Brunnen, an dem einst die Kutschpferde getränkt wurden.
PLZ 53040
Information Ufficio Turistico, im Sommer
meist 10–12.30 und 16.30–18.30 Uhr (nicht immer). An der Porta Romana am süd-östlichen Ende der Via Roma. ¢/§ 0578-55684
(meist nur Fax in Betrieb).
Einkaufen Forno a Legna, in der winzigen, seit über 200 Jahren in Familienbesitz
existierenden Bäckerei backen heute die
Enkel des abgebildeten Bäckerehepaars
täglich frisches Brot und Pizza. Via dei Forni
17, im Ortszentrum.
Übernachten/Essen
** La Torre, ein
paar Meter vom unteren Stadttor entfernt.
Mit Bar und Restaurant (außerhalb der
Hauptsaison Do Ruhetag). 12 einfache, aber
ordentliche Zimmer. DZ mit Bad 68 € inkl.
Monte Amiata → Karte S. 154/155
Weithin sichtbare Landmarke – der Brunnenturm von Radicofani
160
Monte Amiata
Frühstück. Geöffnet Mitte März bis Mitte
Nov. Via Matteotti 7, ¢/§ 0578-55943.
Mein Tipp: Ristorante Il Pama, aus
Richtung Siena gleich am Ortseingang
links, Straße zur Festung. Großer Garten,
sympathischer, um die Gäste bemühter Familienbetrieb. So preiswert und gut isst man
selten: Touristenmenü (sowohl Fleisch als
auch Fisch) 13 €, Degustationsmenü 23 €.
Mo Ruhetag. Via Marconi 3, ¢ 0578-55919.
Ristorante La Grotta, im oberen Ortsteil
(Durchgang bei Sant’Agata); zum Draußensitzen, innen im steinernen Gewölbe
eher etwas düster. Bekannt wegen seiner
Wild- und Fleischgerichte und der Steinpilzsuppe. Einladend: Der Vino della Casa
steht schon auf dem Tisch. Di Ruhetag.
¢ 0578-55866.
Bäckerei in Radicofani
Bagni San Filippo
Pane e Companatico, an der hübschen
Piazzetta del Teatro im Borgo; originelles
kleines Geschäft mit Käse- und Wursttheke,
auch für einen rustikalen Imbiss geeignet.
ca. 50 Einwohner
Acht Kilometer nördlich von Abbadia San Salvatore und schon fast unten im Formone-Tal liegt dieser beschauliche kleine Thermalort. An den Dorfpatron erinnert
die Grotta di San Filippo, eine blumengeschmückte Einsiedelei im Felsen, etwas
abseits der schmalen Straße nach Campiglia d’Orcia. Am 22. und 23. August
pilgern Gläubige aus der Umgebung hierher.
Bagni San Filippo besteht aus ein paar Häusern, einem trotz Renovierung noch immer ein wenig altmodisch anmutenden Kurhotel, immerhin zwei Einkehrmöglichkeiten – und einer wahren Naturattraktion, der idyllisch gelegenen Fosso Bianco:
Der weiße Sinterfelsen mitten in einer bewaldeten Schlucht mutet unwirklich an.
Unterhalb liegen natürliche Becken mit verlockend milchig-grünem Badewasser,
vor allem das obere Becken gleicht einer Badewanne. Das mineralhaltige Wasser
ist, nachdem es die hohe Felswand aus Sinterablagerungen heruntergerieselt war,
auch im Spätherbst noch lauwarm. Unter der Woche verirren sich nicht allzu viele
Badegäste in diese Oase, voller wird es am Wochenende. Im Winter 1993/94 brach
ein großer Teil der Galerie ab. Seitdem sorgen Absperrungen für Distanz; dem Badevergnügen mit „Naturdusche“ kann man sich aber immer noch hingeben. Die
mit Reißzwecken angebrachten Badeverbotsschilder beeindrucken nur wenig und
halten niemanden vom Baden ab.
Fußweg von der Straße aus ca. 7 Min. Am oberen Ortsausgang (hier auch schattige Parkplätze) weist ein Schild den Weg ins Tal. Dem breiten Weg folgen, kurz darauf geht es
über eine Holzbrücke, dann nach ca. 100 m links hinunter (Holzgeländer).
Baden kann man auch im 1997 renovierten Thermalbad des oben erwähnten Kurhotels. Das Becken mit 40 °C warmem Wasser und einem kleinen künstlichen Wasserfall steht auch Nichthotelgästen offen – Zugang am unteren Ortsausgang (Eingang und Parkplatz sind ausgeschildert).