Zum Gedenken an Gerd Bender (1923-2015) Gerd Bender, der Nestor der neueren Forschung zur Schwarzwalduhren, starb am 26. Mai 2015 im Alter von 91 Jahren. 1923 auf dem Höhepunkt der Inflation geboren, war Bender tief in seiner Heimat Furtwangen verwurzelt. Er selbst bezeichnete sich und seine Vorfahren stolz als „Wälder“, als Bewohner des badischen Schwarzwaldes. 1940 bis 1942 ließ er sich an der Staatlichen Uhrmacherschule Furtwangen zum Elektromechaniker ausbilden. Zunächst beim Rundfunkgerätehersteller Saba in Villingen angestellt, kehrte Bender 1962 nach Furtwangen zurück. Bis zu seinem Ruhestand 1987 lehrte er Elektrotechnik, später auch Mechanik an der Staatlichen Berufsfachschule, wie die Staatliche Uhrmacherschule nun hieß. Schon vor seiner Rückkehr in die Heimatstadt hatte er sich mit der Geschichte der Region, insbesondere des Uhrengewerbes zu beschäftigen begonnen. Als einer der wenigen Heimatforscher interessierte er sich nicht nur für alte Uhren, sondern sammelte Dokumente aller Art zur Hausgewerblichen Uhrmacherei und der Industriealisierung des Badischen Schwarzwaldes bis zum Ersten Weltkrieg. Ihm ist es zu verdanken, dass viele der meist wenig beachteten Verkaufskataloge, historischen Ansichten von Fabriken und Arbeitern heute noch überliefert sind. Vor Ort gut vernetzt, erhielt er Einblick in private Familiennachlässe und fertigte Reproduktionen von Gemälden, Fotos und anderen Dokumenten an. Inzwischen sind viele der Originale verschollen, doch dank seiner Voraussicht wenigstens als Reproduktion greifbar. Sucht man Bildquellen zur Geschichte der Uhrmacherei im Schwarzwald, so kommt man nicht an der Sammlung von Gerd Bender vorbei. Sie ist – neben dem legendären Archiv von Oskar Spiegelhalder, das dieser in den Jahrzehnten um 1900 angelegt hat und das heute im Villinger Franziskanermuseum aufbewahrt wird – die bei weitem umfangreichste und qualitätsvollste Dokumentation zur Schwarzwälder Uhrmacherei. Es ist zu wünschen, dass dieses einzigartige Archiv als Ganzes in Zukunft weiter der forschenden Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Die Früchte seiner Sammelleidenschaft breitete Bender in den beiden umfänglichen Bänden „Die Uhrenmacher des hohen Schwarzwaldes und ihre Werke“ 1975 und 1978 aus. Er nahm sich darin als Autor zurück und ließ stattdessen ausgiebig historische Dokumente im Originalton sprechen. Als Kompendium der schriftlichen und bildlichen Überlieferung des Uhrengewerbes ist dieses längst vergriffene Werk bis heute unersetzlich. Diese quellengestützte Art der Darstellung war bahnbrechend für nachfolgende Forschungen, die keine sentimental verklärte Erzählung der angeblich so guten alten Zeit sein wollten, sondern auf historische Dokumente Bezug nahmen, um ein neues, wirklichkeitsnäheres Bild vom Leben der Schwarzwälder Uhrmacher zu zeichnen. Ebenso wichtig war, dass er die beiden frühen historischen Darstellungen, Franz Steyrers „Geschichte der Schwarzwälder Uhrenmacherkunst“ (1796) sowie Markus Fidels Jäcks „Tryberg, oder Versuch einer Darstellung der Industrie und des Verkehrs auf dem Schwarzwald“ (1810-1815 bzw. 1826) vollständig in Band 2 abdrucken ließ, da sie inzwischen selbst zu wichtigen Quellen für die Anfänge des Hausgewerbes geworden waren. Insbesondere mit dem ersten Band, der sich schwerpunktmäßig der handwerklichen Uhrenherstellung widmet, hat Bender verdient den Beifall des Publikums erhalten. Selten für ein Sachbuch, zumal mit regionalem Schwerpunkt, erreichte der Titel bis 1988 stolze vier Auflagen. Im Folgejahr wurde Bender der Landespreis für Heimatforschung Baden-Württemberg verliehen. Neben seiner Leidenschaft für Uhrengeschichte brachte sich Gerd Bender sehr aktiv in den Geschichts- und Heimatverein Furtwangen ein, dem er seit der Gründung 1987 angehörte. Für seine Verdienste um die Regionalgeschichte ernannte ihn der Verein 2010 zum Ehrenmitglied. Als wichtiger Beitrag zur engeren Lokalgeschichte ist zum Beispiel seine Schrift über Lorenz Bob zu nennen, den Leiter einer großen Uhrmacherwerkstätte und ersten Lehrer für Großuhrmacherei an der Uhrmacherschule in Furtwangen. Noch im Alter von 81 Jahren veröffentlichte er im ersten Band der Stadtchronik seinen grundlegenden Beitrag zu einem anderen typischen Handwerk der Region, der Strohflechterei. In den letzten Jahren wurde es etwas ruhiger um Gerd Bender, doch immer noch begab er sich regelmäßig zu Fuß von seinem Haus am steilen Furtwanger Sommerberg ins „Städtle“. Ab und an kam er dabei auch ins Deutsche Uhrenmuseum, um über seine geliebten Schwarzwalduhren zu reden oder Leihgaben aus seiner Sammlung für Ausstellungen beizusteuern, zuletzt noch zu „Kuckucksuhr mon amour“ 2013. Wir vom Deutschen Uhrenmuseum werden Gerd Bender durch seine Forschungs- und Publikationstätigkeit, vor allem durch die „Uhrenmacher des hohen Schwarzwaldes und ihre Werke“ in guter Erinnerung behalten. Johannes Graf Deutsches Uhrenmuseum
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