Komplizierte Trauerreaktionen Übungen/ Arbeitsblätter Hansjörg Znoj! Universität Bern! ! [email protected]! ! ! Das duale Prozess-Modell der Trauerbewältigung! Alltagserfahrungen Verlust-orientiert Trauerarbeit Intrusionen Auflösung der Bindungen Verstorbene Person als solche wahrnehmen Verleugnung/ Vermeiden von Realitätsveränderung Wiederherstellungsorientiert Lebensänderungen aufmerksam verfolgen Neue Dinge unternehmen sich von Trauer ablenken Verleugnen, Trauer vermeiden neue Rollen, Identitäten, Beziehungen aufnehmen nach Stroebe & Shut (2001) Inkonsistenz (Verlust als Stressor)! Trauer als Inkonsistenzquelle Erwartete Wahrnehmung Aktuelle Wahrnehmung Idealisierung oder „zuviel“ Trauerarbeit Zeit Verstärkung der Inkongruenz Diskrepanz = Inkongruenz Komplizierung des Trauerprozesses gesteigerte neuronale Aktivität Verminderung der Diskrepanz Reduktion der Inkongruenz Allmähliche Adaption Aktivierung weiterer problematischer Schemata Inkonsistenz ----> Destabilisierung Das Ressourcenmodell der Trauerverarbeitung oder weshalb es meist keine Hilfe braucht! Rahmenmodell der Trauerverarbeitung Funktion der verst. Person Das Wechselspiel zwischen Realisierung des Verlustes und Bewältigung ist die Trauerverarbeitung. Dieser Bewältigungsprozess wird wiederum von verschiedenen Faktoren (Ressourcen, Risikofaktoren) beeinflusst. Verlust Person / Ressourcen / Outcome Reaktion Coping Das Traumamodell der Trauer (analog PTB)! Verlusterfahrungen ! Tod des geliebten Mannes ! K o m p l i z i e r t! Kognitive Prozesse während der traumatischen Erfahrung (dissoziative Erfahrung)! Vorherige Negative Bewertung (appraisal): Bedrohung ! „Trigger“! Gegenwärtig erlebte Bedrohung; Intrusionen und Schmerz (Gefühl) ! Kontrollstrategien (verhindern von Schmerz, Intrusionen) Das Aufschaukelungsmodell der Komplizierten Trauer! Die Entstehung der komplizierten Trauer Schock schlimme Gefühle dysfunktionale Gedanken einfache Trauer Schmerz nicht wahrhaben wollen Protest Suche emotionale Dysregulation Komplizierte Trauer, Panik, Depression ! T r a u e r! Themen! > Wer trauert wie, weshalb, worum? — Übung: wie habe ich getrauert? Wie habe ich Trauer bei anderen erlebt? > Emotionale, kognitive und physiologische Reaktionen — Information einholen > Diagnostik der komplizierten Trauer — Arbeiten mit diagnostischen Fragebögen > Therapie der Trauer — Fallkonzeption mit eigenem Fall nach dem Inkongruenzmodell der Trauer erstellen, Interventionen ableiten (Traumamodell oder Konfliktmodell) > Therapeutische Herangehensweisen — Gefühle ermöglichen und explorieren Klärung Bewältigungsorientiertes Vorgehen Ressourcenaktivierung Problemaktivierung • Einsicht in problematische Überzeugungen • Orientierung über die Trauer und deren Symptome • Normalisierung erlebter Gedanken und Gefühle • Motivationale Klärung • Neuorientierung mittels narrativen Techniken • Konfrontation mit stark vermiedenen Reizen • Veränderung problematischer Kognitionen und Einstellungen • Training sozialer Kompetenzen • Ermöglichen von korrektiven Erfahrungen • Genuss-Training (Selbstbelohnungstraining) • Aufmerksamkeits-Dissoziation • Aktivierung sozialer Kompetenzen • Aktivierung positiver Gefühle und Erfahrungen • Aktivierung sozialer Netzwerke • Positive Erfahrung mit verstorbener Person ermöglichen • Thematisieren und Symbolisieren des Verlustes • Schmerzhafte Gefühle ansprechen und mittels Übungen mit solchen konfrontieren. • Helfen, der Trauer Ausdruck zu geben • Rekonstruktion der Beziehung zur verstorbenen Person Zusammenfassung therapeutischer Interventionen! Aktivierende Techniken! • • • • • Gebrauch von Symbolen: Photos oder andere Erinnerungsstücke können nicht nur emotionale Inhalte aktivieren, sondern geben Therapeuten auch die Gelegenheit, inhaltlich auf solche Themen zu fokussieren Schreiben: Briefe an den verstorbenen Menschen helfen, Gefühle und Gedanken auszudrücken. Sie wirken klärend auf ambivalente Haltungen der verstorbenen Person gegenüber und helfen, Unerledigtes zu beenden. Abschiedsbriefe können auch Teil eines Rituals sein, mit den verstorbenen Personen in ein neues Verhältnis zu kommen. Gebrauch von Metaphern: Das Finden von geeigneten Metaphern, beispielsweise um den Verlustschmerz bildhaft zu verbalisieren, kann Trauernden helfen, ihre oft chaotisch erlebten Gedanken und Gefühlszustände zu fassen. Rollenspiele: Rollenspiele können vor allem auch eingesetzt werden um Fähigkeiten zu üben, die den geforderten Ansprüchen aus der Umgebung gerecht werden. Damit wird vor allem die Selbstwirksamkeitsüberzeugung gefördert. Angeleitetes bildhaftes Erleben: Das Visualisieren von Erfahrungen mit der verstorbenen Person unter Entspannung, unter Umständen kombiniert mit direkter Anrede (leerer Stuhl Technik) kann ein wirksames Mittel sein, Gefühle zu verbalisieren und neue Perspektiven einzunehmen. Exposition und Konfrontation („hot spots“) Beschreibung der Todesumstände mit den schmerzhaftesten Erinnerungen und Momente oder Situationen, die vermieden werden — Körperreaktion (wie z.B. schwitzen, Herzrasen) — Auditive und visuelle Wahrnehmung — Schilderung der Gefühle Brief an die verstorbene Person (Inhalte)! > Kurze Darstellung des Todes von ----- aus Sicht des Patienten > Welches waren die wichtigsten Momente? > Welche Bedeutung hat der Tod von ------ jetzt und in der Zukunft? > Wie soll an ------ in Zukunft gedacht werden? > Welche Lebensziele/Pläne und Wünsche sind da? Kognitive Restrukturierung Exploration von Schuld- u. Schamgefühlen Wer war für das Ereignis verantwortlich? Nehmen Sie es sich übel, dass Sie so gehandelt haben? Infragestellung dysfunktionaler Gedanken z.B. “Hätte ich ihm nicht das Fahrrad gekauft würde er heute noch leben!“ Verantwortlichkeit am Tod Kognitive Restrukturierung — “Wer war für das Ereignis verantwortlich?” — “Gibt es Dinge, die Sie übersehen haben, wodurch Ihre Rolle insgesamt negativer scheint als sie tatsächlich ist?“ — „Nehmen Sie es sich übel, dass Sie so gehandelt haben?“ — “Haben Sie etwas von der Situation gelernt, was Sie vorher nicht entdeckt hätten?” — Ist dieses Wissen in anderen Bereichen nützlich? — Hat es Sie vielleicht auch positiv verändert? Exploration von Kommunikation innerhalb der Familie ! ! > In welcher Form finden Gespräche innerhalb der Familie, !Freunde, Partnerschaft heute statt?! ! > In welcher Form gebe ich meinem Kind/Partner Unterstützung?! > Verschließe ich mich gegenüber meinem Partner/Freunden?! ! > Wie fühlt es sich an Freunde zu treffen? Bedeutet dies, dass ich !mein Kind/Mann……. vergesse?! ! !! > Finden innerhalb der Familie Rituale statt?! ! Aussagen des Texas Revised Inventory of Grief - TRIG (Faschingbauer, 1981) aus Znoj, 2004! 1) Ich weine immer noch, wenn ich an die verstorbene Person denke 2) Ich rege mich immer noch auf, wenn ich an die verstorbene Person denke 3) Ich kann den Tod dieser Person nicht akzeptieren 4) Manchmal vermisse ich die verstorbene Person sehr stark 5) Sogar jetzt tut es noch sehr weh, wenn ich mich an die verstorbene Person erinnere 6) Ich denke oft an die verstorbene Person 7) Ich versuche meine Tränen zu verstecken, wenn ich an die verstorbene Person denke 8) Niemand kann die Person ersetzen, die gestorben ist 9) Ich kann es nicht verhindern, dass ich immer wieder an die verstorbene Person denken muss 10) Ich empfinde es als ungerecht, dass diese Person sterben musste 11) Dinge und Menschen erinnern mich immer noch an die verstorbene Person 12) Ich bringe es nicht fertig, den Tod der verstorbenen Person zu akzeptieren 13) Manchmal habe ich immer noch das Bedürfnis um die verstorbene Person zu weinen 14) Ich fühle mich für den Tod der verstorbenen Person mit verantwortlich 15) Ich habe starke Schuldgefühle, wenn ich an die verstorbene Person denke 16) Im Zusammenhang mit dem Tod der verstorbenen Person empfinde ich immer noch starke Wut 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 Literaturhinweise! Bolwby, J. (1982). Das Glück und die Trauer. Herstellung und Lösung affektiver Bindungen. Stuttgart: Klett-Cotta. Stroebe, M. S., Hansson, R. O., Schut, H., & Stroebe, W. (Eds.). (2008). Handbook of Bereavement Research and Practice: Advances in Theory and Intervention. Washington, DC: APA (American Psychological Association). Weissman, M. M., Markowitz, J. C., & LKlerman, G. L. (2009). Interpersonelle Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe. Worden, J. W. (1986). Beratung und Therapie in Trauerfällen. Bern: Huber. Wolf, D. D. (1992). Einen geliebten Menschen verlieren - vom schmerzlichen Umgang mit der Trauer (2. ed.). Neustadt: PAL Verlagsgestellschaft mbH Mannheim.Znoj, H. J. (2004). Komplizierte Trauer. Leitfaden für Therapeuten. Göttingen: Hogrefe. Znoj, H. J. (2005). Ratgeber Trauer - Information für Betroffene und Angehörige. Göttingen: Hogrefe.! Znoj, H. (2012). Trauer und Trauerbewältigung. Psychologische. Psychologische Konzepte im Wandel Stuttgart: Kohlhammer.!
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