Artikel über die Kooperationsgemeinschaft

THEMA DES MONATS
gewobau Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Rüsselsheim für eine
Schulprojektwoche.
Kommunikation
als entscheidender Faktor
Diese Liste ließe sich lang fortsetzen … Wie
groß auch die Vielfalt der Formen sein mag,
neben dem Interesse, einen Gewinn aus der
gemeinsamen Aktivität zu ziehen, eint alle
Kooperationen der Prozess um die Kommunikation. Autor Klaus Harzer ruft in seinem
Buch über Kooperation Kommunikationsgrundlagen wie die „Feedbackregeln“ auf
und empfiehlt, sich mit Kommunikationsmodellen wie denen von Friedemann Schulz
von Thun auseinanderzusetzen. Denn gelingende Kommunikation sei der „entscheidende Faktor“, um gemeinsame Ziele zu
entwickeln. Die Dortmunder Expertin Uta
Schütte-Haermeyer, deren Interview Sie auf
den folgenden Seiten finden, empfiehlt kurz
und knapp auf die Frage nach „dem richtigen“ Kooperationspartner: „Die Chemie
muss stimmen.“ Ob der mögliche Partner
für eine Kooperation geeignet sei, wisse
man „sofort oder nie“.
„Bei einer Kooperation von mehreren
Wohnungsunternehmen und der Stadt
bedarf es langer Abstimmungsprozesse“,
KOOPER ATIONEN
Aus einer Fülle an Literatur
werden hier drei Basis-Texte
empfohlen:
! Thema „Kooperation“: Bericht der
Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften. Wohnungsgenossenschaften, Potenziale und
Perspektiven. 2004. S. 551 f.
! Klaus Harzer: „Wie Sie Gewinn
bringend Kooperationen schmieden
können. Kooperationen in kleinen
und mittelständischen Firmen.“
2008
! PPP-Handbuch: „Leitfaden für
Öffentlich-Private Partnerschaften“.
BMVBS. DSGV. 2008
www.bmvbs.de
schildert Ruhr-Lippe-Prokurist Rüdiger Terlau,
Sprecher der Kooperationsgemeinschaft für
den Stadtteil Dortmund Scharnhorst-Ost, „in
denen man sich kennen lernen muss, um den
Prozess reibungslos zu gestalten. Von einem
Tag auf den anderen geht das nicht.“ Auf den
folgenden Seiten können Sie hierzu lesen,
wie für die Großwohnsiedlung ScharnhorstOst Wohnungsunternehmen und Kommune
im Jahr 2008 – mit guter Kommunikation
– zu einer schriftlich fixierten Kooperationsvereinbarung fanden.
Ein weiteres beeindruckendes Kooperationsbeispiel aus dem Ruhrgebiet ist das
Haus für Bildung und Kultur in Essen
„Storp 9“, welches mit großem ehrenamtlichen Einsatz, mit Unterstützung zahlreicher
lokaler Sponsoren und von Wohnungsunternehmen und Kommune getragen wird.
Transparenz und geordnete Abläufe
Bei einer Kooperation geht es darum, einen
Mehrwert zu schaffen – das ist das Ziel.
Entscheidendes Kriterium für das Gelingen
ist die Identifikation der einzelnen Beteiligten. Um nicht zu sagen: Betroffenen.
Kooperationen brauchen engagierte
Menschen, „Kooperationen dürfen nicht
abgearbeitet werden“, meint Expertin
Schütte-Haermeyer. Gemeinsam mit ihr
haben wir eine Checkliste „Kooperation“
(siehe Seite 17) entwickelt. Denn ebenso
wichtig wie engagierte Akteure und gute
Kommunikation sind Transparenz und
geordnete Abläufe. Wenn Kriterien und zu
erwartender Prozess klar sind, sei schon viel
gewonnen, meint Schütte-Haermeyer. Ihrem
Appell schließen wir uns an: „Schaffen Sie
Gelegenheiten für die Gewinnung weiterer
Kooperationspartner.“
Bärbel Wegner
Beispiel 1: „Leben in Scharnhorst ist bunt!“
Dortmund Scharnhorst-Ost: Stadt und
Wohnungsunternehmen kooperieren
Drei Wohnungsunternehmen, eine Genossenschaft und die Stadt Dortmund haben sich im Jahr 2004 zu einer Kooperationsgemeinschaft für den Stadtteil Dortmund Scharnhorst-Ost zusammengeschlossen. Über den Prozess und Inhalt dieser Kooperation soll hier berichtet werden.
Die Siedlung Dortmund Scharnhorst-Ost
umfasst 5.400 Wohneinheiten für insgesamt
12.000 Einwohner. Über 3.300 Wohnungen
für rund 9.000 Bewohner und Bewohnerinnen stellen davon DOGEWO21, LEG
Wohnen Dortmund, Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft und die Spar- und Bauverein
eG Dortmund zur Verfügung. Aufgrund des
zeitgleichen Baubeginns in den 60er Jahren
und einer ähnlichen Baustruktur war schon
vorhersehbar, dass die Eigentümer ungefähr zeitgleich mit ähnlichen Entwicklungen
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des Wohnungsbestandes konfrontiert sein
würden – mit baulichen Auswirkungen und
mit gesellschaftlichen Entwicklungen.
Es war daher allen Beteiligten bewusst,
dass unter städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Gesichtspunkten Handlungsbedarf bestand. Erste Schritte hatte
die Stadt Dortmund schon frühzeitig 1994
durch die Aufnahme des Stadtteils in das
Landesprogramm „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“ unternommen,
ein Stadtteilbüro war in diesem Rahmen
bis 2006 mit der Vernetzung von Akteuren
vor Ort und dem Initiieren von lokalen
Projekten beschäftigt. Während hier der
Stadtteil in seiner Gesamtheit im Fokus
des lokalen Handelns stand, geht es den
Kooperationspartnern heute um primär
wohnungswirtschaftliche Aufgabenstellungen in ihren jeweiligen Quartieren, deren
Lösungen auch auf den gesamten Stadtteil
auszustrahlen vermögen. Es war deutlich,
dass dieser Ansatz nicht von den einzelnen
Die Wohnungswirtschaft
1/2009
THEMA DES MONATS
KOOPER ATIONEN
DOGEWO21, LEG Wohnen
Dortmund GmbH, RuhrLippe Wohnungsgesellschaft und der Spar- und
Bauverein Dortmund
werten ihre Bestände in
Dortmund ScharnhorstOst auf, um diese langfristig zukunftsfähig zu
machen
Quelle: DOGEWO21
Unternehmen alleine realisiert werden
kann. Der enge räumliche Bezug und die
im Kern gleichbleibende Problemstellung
legten es nahe, zur Lösung der Aufgaben
zu kooperieren.
Ausgangspunkt der seit 2003 institutionalisierten Kooperation der vier Wohnungsunternehmen stellte die Entscheidung des
jeweiligen Unternehmens dar, den Standort
trotz seiner erheblichen Imagemängel und
der Problemstellung einer Großsiedlung zu
halten und zu entwickeln. Diese Entscheidung wurde zusammen mit der Stadt Dortmund gefällt und bildete die Basis für ein
63 Millionen Euro umfassendes Modernisierungspaket, das die Unternehmen
auflegten und bis heute umsetzen.
„Deutlich wurde, dass die Kooperation die
bisherigen ‚Unternehmensgrenzen’ überspringen musste – der Prozess zur Bestimmung der strategischen Ausrichtung der
Kooperationsgemeinschaft war der schwierigste Part. Es war ein aufwendiger Prozess,
die verschiedenen Interessen auszuloten
und eine Basis für eine gemeinschaftliche Zielausrichtung der Kooperation zu
schaffen. Dieses Fundament trägt nun die
Kooperationsgemeinschaft, darauf aufzubauen war einfach“, sagt Andrea Kisters,
Geschäftsführerin der LEG Wohnen Dortmund GmbH.
Als Erstes richteten die Unternehmen dazu
unter der Geschäftsführung der RuhrLippe Wohnungsgesellschaft einen ständigen Arbeitskreis ein, der die Kooperation
vorbereitete. Dieser erste Arbeitskreis
hatte zum Ziel, Projekte zur Imageverbesserung zu entwickeln und umzusetzen, die
in erster Linie die erkennbaren Qualitäten
des gesamten Quartiers kommunizierten.
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Was ist das „Salz in der Suppe“ der
Kooperationsgemeinschaft?
Kooperation ist als ein Netzwerk zu
verstehen, und die Kooperation mehrerer
Unternehmen und Ämter ist ein ganz
besonderes Netz. Gute Netzwerke funktionieren nach dem Prinzip der Wechselseitigkeit. Wichtig ist, dass sich die Koordination
auf wenige Personen beschränkt und die
Aufgabengebiete und Entscheidungsstrukturen klar definiert werden. Und dass
Entscheidungen immer im Einvernehmen
getroffen werden.
Die Kooperationsvereinbarung
Die Diskussionen und Anforderungen des
geplanten Modellprojektes „Wohnungswirtschaftliches Quartiersmanagement Dortmund Scharnhorst-Ost“ mündeten 2008
in einer schriftlich fixierten Kooperationsvereinbarung zwischen den Wohnungsunternehmen und dem Stadtplanungs- und
Bauordnungsamt der Stadt Dortmund.
Zweck der Kooperation ist, „die Aktivitäten
der Wohnungswirtschaft im Sinne des Stadtteils Dortmund Scharnhorst-Ost stärker zu
bündeln und zu konzentrieren, Synergien
zu nutzen und gemeinsame, übergreifende
Themen gemeinschaftlich anzugehen“.
Befragung, Imagekampagne
und Modellprojekt
Als erster Schritt wurde zusammen mit dem
Wohnungsamt der Stadt Dortmund 2005
eine Wanderungsmotivbefragung durchgeführt. 182 Bewohner wurden befragt.
Deutlich wurde, dass trotz des Imageproblems positive Kerne im Quartier vorhanden
sind. Eines der ersten gemeinsam entwickelten Projekte war das gemeinsame Logo
Quelle: DOGEWO21
für Dortmund Scharnhorst-Ost: Leben in
Scharnhorst ist bunt! – So lautete auch
der Titel einer Imagekampagne, die mit
gemeinsamer Pressearbeit, einem gemein-
samen Flyer und einem begleitenden Internetauftritt (www.lebeninscharnhorst.de) für
Wohnen und Leben in Scharnhorst wirbt.
Voraussetzung dafür war eine umfassende
Bestandsaufnahme, Beschreibung und
Verortung der Wohnungsbestände. Ziel
ist neben der Imageverbesserung für den
Stadtteil eine Aufwertung der Bestände, um
diese langfristig zukunftsfähig zu machen
und die Vermietungssituation nachhaltig zu
verbessern.
Wohnungswirtschaftliches
Quartiersmanagement
Eine gezielte Entwicklung bedarf zusätzlicher Kompetenz, die nicht originär bei den
Wohnungsunternehmen verankert ist. Die
Kooperationspartner einigten sich in der
Kooperationsvereinbarung daher auf die
Einrichtung eines erstmaligen „Wohnungswirtschaftlichen Quartiersmanagements“
für eine Laufzeit von drei Jahren. Für diesen
Zeitraum stellen die beteiligten Wohnungsunternehmen 225.500 Euro zur Finanzierung von Projekten bereit. Dazu wurden
öffentliche Mittel des Landes NRW und
der Stadt Dortmund in Höhe von 134.500
Euro aus dem Landesprogramm „Soziale
Stadt NRW – Modellvorhaben ‚Wir setzen
Zeichen’“ eingeworben. Insgesamt stehen
Die Wohnungswirtschaft
1/2009
in Scharnhorst-Ost werden gemeinsam
die vorhandenen Zielvorstellungen und
mögliche Entwicklungsrichtungen für den
zukünftigen Prozess des Stadtteils für die
kommenden Jahre überprüft und konkretisiert. Diese Zielbestimmung sowie die
vertiefende Betrachtung von einzelnen
Teilbereichen werden zur Benennung von
Handlungsschwerpunkten führen und
finden monatlich statt. Die Identifizierung von Handlungsfeldern wird in Strategien und konkrete umzusetzende Projekte
münden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf
dem kleinräumigen Quartier.
Spannstraße, Dortmund Scharnhorst
für die drei Projektjahre 360.000 Euro zur
Verfügung.
Ausschreibungsverfahren
Die Tatsache, dass öffentliche Mittel in
Anspruch genommen werden, führte dazu,
dass die Aufgabe eines Quartiersmanagements europaweit ausgeschrieben werden
musste. Alle beteiligten Unternehmen
verfügten über keine hinreichenden Erfahrungen bezüglich einer europaweiten
Ausschreibungspraxis. Die dazu notwendigen Arbeiten wurden unter Leitung der
Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft in einem
Arbeitskreis durchgeführt. „Aufgrund der
Formenstrenge des Ausschreibungsverfahrens gestaltete sich die Arbeit als sehr zeit- und
inhaltsintensiv. Eine fehlerhafte Ausführung
hätte zum Verlust der öffentlichen Mittel
geführt. Daher wurde zur Unterstützung der
Steuerung des Ausschreibungsverfahrens ein
externer Dritter beauftragt“, erläutert FranzBernd Große-Wilde, Geschäftsführender
Vorstand Spar- und Bauverein eG Dortmund.
Der Arbeitskreis entschied sich für die steg
Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH. Grundlage für
das Konzept des „Wohnungswirtschaftlichen Quartiersmanagements“ waren unter
anderem die Ergebnisse des Evaluationsberichtes Dortmund Scharnhorst – eine Untersuchung des Institutes für Stadtforschung
und Strukturpolitik der Universität Duisburg
Essen, im Rahmen des Evaluationsbausteines Soziale Stadt „Analyse quantitativer
Prozesse“ und die Ergebnisse der Wanderungsmotivbefragung.
„Themen und Inhalte, die hinsichtlich des
wohnungswirtschaftlichen Quartiersmanagements erarbeitet werden, sind immer
unter dem Aspekt der auftraggebenden
Die Wohnungswirtschaft
1/2009
Quelle: Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft mbH
Unternehmen zu betrachten – die baulichen Investitionen in den Wohnstandort
Scharnhorst-Ost sollen langfristig gesichert
werden. Die Investitionen von 63 Millionen
Euro sind nur sinnvoll, wenn analog dazu
eine langfristige Stabilisierung erfolgt und
eine Imageaufwertung aus dem Stadtteil
heraus nach außen wirkt“, sagt Rüdiger
Terlau, Prokurist der Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft mbH. Der Arbeitskreis hat
folgende Schwerpunktthemen für diese
besondere Form des Quartiersmanagements
erarbeitet: Familien, Senioren, Menschen
mit Migrationshintergund und die Verbesserung des Außenimages. Aufgrund der baulichen Struktur können Wohnungsgrundrisse
nicht beliebig angepasst werden. Dortmund
Scharnhorst-Ost wird deshalb immer ein
Quartier für Familien bleiben. Die Kundenbindung und Qualitätsentwicklung für die
Zielgruppe Familien mit Kindern ist ein für
das Quartiersmanagement wichtiges Handlungsfeld. Weiterhin ist die Verjüngung der
Akteursstrukturen erforderlich. Für ältere
Menschen ist ein möglichst langer Verbleib
im Quartier ein wohnungswirtschaftliches
und auch sozialpolitisches Ziel. Lösungen
für wohnbegleitende Dienstleistungen
werden erarbeitet. Leitthema des Quartiersmanagements wird die Nachbarschaft der
Generationen sein. Das Thema Image ist ein
komplexes Arbeitsfeld und muss eine reale
Entsprechung in der Bevölkerung finden.
Der Schwerpunkt soll sich dahin entwickeln, bislang nicht organisierte Bewohner
und Menschen mit Migrationshintergrund
stärker einzubinden.
Konzeptionelle Grundlagen
des Vorgehens
Durch gesteuerte Kommunikationsprozesse mit allen relevanten Beteiligten
Organisatorische Anbindung
an den Arbeitskreis
Die Kooperationsgemeinschaft ist Auftraggeber und zugleich strategischer Partner
des „Wohnungswirtschaftlichen Quartiersmanagements“. In der Projektarbeit gibt
es ein regelmäßiges Zusammenwirken von
steg und der Kooperationsgemeinschaft. In
monatlich stattfindenden Gesprächen mit
dem Unterarbeitskreis werden Inhalte und
Arbeitsprozesse abgestimmt. Die Ziele des
„Wohnungswirtschaftlichen Quartiersmanagements“ sind innerhalb der Leitthemen
aufgrund vielfältiger Veränderungen im
Stadtteil und in den Subquartieren variabel. „In Quartalsdialogen mit den Mitgliedern des gesamten Arbeitskreises und den
steg-Mitarbeitern wird über die strategische Ausrichtung und die Realisation von
Projekten entschieden. Die zu schaffenden
Strukturen müssen so nachhaltig angelegt
sein, dass die Projekte zum Ende der Laufzeit
nach drei Jahren keine weitere professionelle
Begleitung durch die Quartiermanager mehr
benötigen“, betont Klaus Graniki, Geschäftsführer der Dortmunder Gemeinnützige
Wohnungsgesellschaft mbH.
In einem ersten Schritt wurden seitens des
Quartiersmanagements Gespräche mit
zentralen Akteuren und Multiplikatoren
geführt, deren erste Ergebnisse in einem
Handlungskonzept münden werden.
Tanja Peselmann
Fachverantwortliche für Wohnsoziale Projekte
Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft
Geschäftsführung des Arbeitskreises
Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft mbH
Rüdiger Terlau
Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft
Tel.: 0231 41902500
[email protected]