Alfeld statt Airbus: Markus Kambachs Glücksgriff

18
HILDESHEIM
| HILDESHEIMER ALLGEMEINE ZEITUNG
MITTWOCH, 10. JUNI 2015
Alfeld statt Airbus: Markus Kambachs Glücksgriff
Viele Großunternehmen in
Stadt und Landkreis
haben in den vergangenen Jahren
Stellen abgebaut. Doch zugleich rüsten
jüngere, kleinere Firmen auf.
Fachkräfte sind mehr denn je gefragt.
Ein Beispiel: markus Kambach genoss
Aus- und Fortbildung bei einem Konzern,
hat sein Glück aber inzwischen bei
einem Mittelständler gefunden.
Neue HAZ-Serie
Ausland oder streichen sie angesichts
zunehmender Automatisierung ganz.
KreIS HIlDeSHeIm. Den Vertrag hat er Wer die lokalen Wirtschaftsnachrichten
immer noch in der Schublade liegen. So- verfolgt, muss zu dem Eindruck gelangar unterschrieben. Markus Kambach gen: Es gibt immer weniger Jobs in Stadt
war vor sieben Jahren kurz davor, bei und Landkreis.
Airbus in Toulouse anzufangen, in der
Doch das Gegenteil ist der Fall. Noch
Zentrale eines der bedeutendsten Kon- im Jahr 2009 gab es knapp 82 000 sozialzerne Europas. Gegen den hätte sich versicherungspflichtige Arbeitsplätze in
selbst sein bisheriger Arbeitgeber Sappi, der Region, heute gibt es gut 4000 Stelobwohl ebenfalls global aktiv, eher klein len mehr. Die Zahl der bei der Agentur
ausgenommen.
für Arbeit registrierten unbesetzten StelKambach grübelte, wog mit seiner len hat sich im gleichen Zeitraum fast
Freundin das Für und Wider ab, haderte verdoppelt. Die Zahl der Arbeitslosen ist
tagelang mit seiner Entscheidung.
derweil merklich gesunken – und
Doch der Alfelder schickte
zwar nicht nur in der offizielden Kontrakt nie nach
len Arbeitslosen-Statistik.
Frankreich zurück. Der
Es gibt auch weniger
Job der Liebsten in
Hartz-IV-Empfänger.
Hannover, das eigeIn einer Welt, in
ne Haus in Alfeld,
der Megafusionen
das vertraute Umdas Bild bestimmen
feld im Leinebergund viele Weltkonland – alles Arguzerne immer grömente gegen Airßer bilden, zeichbus. Kambach signet sich im Raum
nierte lieber ein
Hildesheim also ein
neues Arbeitspapier
differenzierteres Bild
r
nd
quasi vor der Haustür,
ab, was den Arbeitsde
Arb
beim Dichtungseinlamarkt angeht. Kleine
n
i
e ite n
gen-Hersteller
Meyer
und mittlere UnternehSeals. Und fühlt sich heute
men mit bis zu 500 Mitarprivat wie beruflich in seiner
beitern gewinnen auf dem ArEntscheidung bestätigt.
beitsmarkt an Bedeutung, sowohl alteinDer heute 40-Jährige ist damit ein gu- gesessene Firmen wie Meyer Seals als
tes Beispiel für ein Ziel hiesiger Wirt- auch flächendeckend relativ junge Unschafts-Verantwortlicher – und für einen ternehmen wie AutoGyro in Hildesheim,
regionalen Trend. Zum einen ist Kam- TDM in Sarstedt, Elektro Beckmann in
bach eine gut ausgebildete Fachkraft, Gronau oder Innotape in Alfeld, um nur
die sich trotz eines attraktiven Angebots einige zu nennen.
von außerhalb zum Bleiben entschied.
Die wiederum profitieren von der EntUnd damit genau das tat, worum sich wicklung bei den größeren ArbeitgeFirmen, Industrieverbände, Arbeitsbe- bern. Markus Kambach ist längst nicht
hörden und Wirtschaftsförderer in der der einzige frühere Sappi-Mann bei
Region immer intensiver bemühen.
Meyer Seals, unter seinen Kollegen sind
Zum anderen kehrte er einem der auch frühere Mitarbeiter von Bosch, Delhiesigen Großunternehmen den Rücken, phi und zuletzt zunehmend auch Meteum bei einer kleineren, mittelständi- or. Was deutlich macht: Arbeitsplätze,
schen Firma in der Region anzufangen. hoch qualifizierte wie auch einfachere,
Eine Entwicklung, die in den vergange- gibt es in der Region genug, es werden
nen Jahren immer mehr Fahrt aufge- sogar eher mehr. Und das, während
nommen hat. Viele der größten Arbeit- gleichzeitig die Zahl der Einwohner
geber in Stadt und Landkreis haben zu- langsam aber stetig sinkt.
letzt massiv Stellen abgebaut: Bosch in
Meyer-Seals-Geschäftsführer Ulrich
Hildesheim, Meteor in Bockenem, Sappi Behre ist selbst jemand, der mal bei eiin Alfeld, Delphi in Bad Salzdetfurth. Die nem Konzern arbeitete, inzwischen aber
internationalen Konzernen zugehörigen Entscheidungsfreiheit und ÜberschauIndustrie-Schwergewichte verlagern vor barkeit bei einem erfolgreichen Mittelallem Arbeitsplätze in der Produktion ins ständler zu schätzen weiß. Aber auch die
von tarek abu ajamieh
schneller entscheiden zu können – aber
manchmal schadet es auch nicht, wenn
Leute von außen ihre Erfahrung mit detaillierterer Planung und größeren Organisationsstrukturen einbringen.“ Schließlich werde „die Normierung von Abläu-
Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Region
u
12800
11546
12741
Arbeitslose
9600
6400
4790
6171
3200
0
12108
davon Langzeit
2007
2008
12334
4649
4341
2009
2010
83006
82374
81819
82590
10920
4364
4923
Stellen insgesamt
87000
10768
11495
2011
84406
10700
4390
4434
2012
84999
2013
85224
2014
86024
65250
43500
21750
offene Stellen
0
796
2007
875
2008
629
2009
902
2010
1165
2011
1360
2012
1196
2013
1409
2014
HAZ-Grafik Aschemann | Quelle Agentur für Arbeit | Stand 2014
en
gio
Qualitäten seiner Angestellten mit Konzern-Hintergrund. Zum einen sei das
Ausbildungsniveau in den Großunternehmen meist sehr hoch. Und zum anderen: „Der Mittelstand hat ja im Allgemeinen den Vorteil, flexibler zu sein,
Re
Le b
n
Fit für
ft?
n
u
k
u
Z
e
i
d
Vielfältige Fachkraft: Menschen wie Markus Kambach stehen für den Wandel des regionalen Arbeitsmarktes - aber auch für dessen
Perspektiven.
Foto: Abu Ajamieh
fen immer wichtiger, wenn das Unternehmen wächst. Die Strukturen müssen
ja mitwachsen“.
Kambach wiederum schätzt am kleineren Arbeitgeber vor allem die Vielseitigkeit seines Jobs, ohne deswegen größere Unternehmen für schlechtere Arbeitgeber zu halten: „Bei Sappi war man
natürlich auch als Gruppenleiter für einen Teilbereich zuständig“, erinnert sich
der Mann, der in der Papierfabrik zeitweise für die Wartung aller fünf großen
Produktionsmaschinen verantwortlich
war. „So eine große Firma muss aber
auch so organisiert sein.“
Was Kambach bei Meyer Seals schätzt,
wäre im Konzern kaum möglich gewesen. Beim Dichtungseinlagen-Hersteller
ist der Industriemechaniker-Meister mit
einem kleinen Team für die Instandhaltung aller Maschinen zuständig. „Das
sind 32, keine ist wie die andere, manche
sind schon ziemlich alt und mehrmals
umgebaut worden – das ist schon eine
Herausforderung“, sagt Kambach – aber
man merkt ihm an, dass ihm gerade das
Spaß macht. Zumal das längst nicht alles
ist. Der 40-Jährige ist nebenher auch Sicherheitsbeauftragter und betreut die
handwerklichen Auszubildenden – beides Jobs, für die es in größeren Firmen
eigene Stellen gibt. „Da gibt es viel mehr
Spezialisten, hier muss man viele Teilbereiche abdecken, man lernt immer dazu
und bringt anderen was bei“, resümiert
Markus Kambach. Der Wechsel zu Meyer Seals sei „absolut die richtige Entscheidung gewesen“. Den Vertrag aus
Toulouse bewahrt er trotzdem auf. Allein
schon, um ihn mal seinem Sohn zu zeigen.
Fachkräftemangel, demografischer
Wandel – Begriffe, die geradezu inflationär fallen und in der Region oft mit
pessimistischem Einschlag gebraucht
werden. Tatsache ist: Die Bevölkerung
altert, junge Leute haben immer mehr
Auswahl zwischen Berufs- und Studiengängen, aber auch zwischen Lernund Arbeitsorten. Wie lassen sich junge Leute in der Region halten? Welche
attraktiven Jobs und Fortbildungsmöglichkeiten gibt es hier, was können Firmen, Verbände und Politik tun,
damit der Raum Hildesheim im globalen Wettrennen um die besten Köpfe
nicht ins Hintertreffen gerät? Wie findet die Region die besten Antworten
auf die genannten Herausforderungen
– und begegnet ihnen damit vielleicht
besser als andere?
Dieser Frage geht die Hildesheimer
Allgemeine Zeitung von heute an in
einer zwölfteiligen Serie nach und hat
dabei fachkundige Partner einer Gemeinschaftsinitiative „Fachkräfte Region Hildesheim“ mit im Boot: Die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft HIReg, die Agentur für Arbeit, die IHK
Hannover-Hildesheim, die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen und das Jobcenter Hildesheim
sind mit ihrer Expertise ebenso dabei
wie Schulen und Hochschulen. In den
nächsten Wochen geht es immer mittwochs unter anderem um Schule und
Beruf, um die Rolle der hiesigen Hochschulen für die regionale Wirtschaft,
um örtliche Bündnisse von Unternehmen, um Senioren in der Firma, um
neue Chancen für Arbeitslose und vieles mehr.
Das Thema „Fachkräfte finden, binden
und sichern“ ist für die Region Hildesheim von großer strategischer Bedeutung“, sagt Horst Karrasch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Hildesheim. Die Gemeinschaftsinitiative basiere auf dem
gemeinsamen Verständnis der Partner, dass die Fachkräftesicherung „für
sämtliche Akteure in der Region Hildesheim eine der zentralen Zukunftsaufgaben darstellt“. Das primäre Ziel
sei, die Fachkräftebasis in der Region
nachhaltig zu sichern und angesichts
der Herausforderungen zukunftsfest
aufzustellen. „Familienorientierte Personalpolitik, die Bildung von Arbeitgeber-Netzwerken sowie die Qualifizierung und Weiterbildung spielen darin
eine wichtige Rolle“, so Karrasch weiter.
abu
Die serie
▶
ARBEITEN
Der Wandel des regionalen Job-Marktes
LERNEN
Von der Schule in den Beruf
WOHNEN
Wer zieht heute noch aufs Land?
in eigener sache
Helfen Sie uns, die HAZ
noch besser zu machen!
Bewerbungscoupon
 Ja, ich möchte helfen, die Hildesheimer Allgemeine Zeitung
noch besser zu machen und an der Readerscan-Untersuchung teilnehmen.
 Ja, ich kann an dem Informationsabend am 29. Juni 2015 teilnehmen.
Die Hildesheimer Allgemeine Zeitung sucht Teilnehmer für Leserforschung:
Bitte machen Sie mit – Sie können nur gewinnen!
 Ich habe während der beiden Untersuchungsperioden
(6. bis 18. Juli und 7. bis 19. September) keinen Urlaub geplant
oder bin aus sonstigem Grund am Lesen der HAZ gehindert.
………………………………………………….................
Vorname, Name
.......……….
Alter
………………………………………………….................
Straße, Hausnummer
...........………………………………………………….......
PLZ, Ort
………………………………………………….................
Telefon
..........…………………………………………………........
E-Mail-Adresse
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
die Hildesheimer Allgemeine Zeitung hat sich viel vorgenommen. Für
Sie, unsere Leserinnen und Leser,
wollen wir diese Zeitung noch besser
machen. Leider können wir nicht jeden von Ihnen persönlich nach seiner Meinung fragen. Aber wir können das repräsentativ tun.
Für die redaktionelle Ausrichtung
der HAZ kann es nur einen Gradmesser geben: die Interessen unserer
Kunden. Deshalb wollen wir mehr
darüber erfahren, wie unsere Abonnentinnen und Abonnenten die HAZ
nutzen. Der Schweizer Dr. Carlo Imboden hat dafür ein Verfahren entwickelt, das der Einschaltquoten-Messung im Fernsehen ähnelt. „Readerscan“ wird uns helfen, Ihre Bedürfnisse zu erkennen und die Zeitung
entsprechend anzupassen.
Ich bin HAZ-Abonnent …
 seit weniger als fünf Jahren
 zwischen fünf und zehn Jahre
 seit mehr als zehn Jahren
Den Coupon bitte ausfüllen, ausschneiden und senden an:
Hildesheimer Allgemeine Zeitung
Stichwort Readerscan
Rathausstraße 18-20
31134 Hildesheim
Dafür brauchen wir Ihre Mithilfe.
Oder Sie nutzen das Online-Formular unter
www.hildesheimer-allgemeine.de/readerscan
Und so funktioniert es: Eine Gruppe

Die Zahl der Teilnehmer ist begrenzt. Wir informieren Sie, wenn Sie dabei sind.
von Lesern wird von uns mit einem
Scannerstift ausgestattet. Dieses kleine Gerät speichert, welche Artikel
Sie wie weit gelesen haben. Die Daten werden anonym und streng vertraulich erfasst und behandelt. Alles,
was Sie tun müssen: Ihre Zeitung genau so nutzen wie Sie es immer tun.
Den Rest erledigt die Technik.
Sie wollen uns helfen, die HAZ noch
besser zu machen? So bewerben Sie
sich:
■ Teilnehmen können Abonnenten
der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung ab 18 Jahren.
■ Voraussetzung ist, dass Sie an einem Informationsabend am 29. Juni
2015 teilnehmen können.
■ Außerdem sollten Sie während der
beiden Untersuchungsperioden (6. bis
18. Juli und 7. bis 19. September) keinen Urlaub geplant haben oder aus
sonstigem Grund am Lesen der HAZ
gehindert sein.
Das trifft auf Sie zu? Dann bewerben
Sie sich bitte – per Post mit dem nebenstehenden Coupon zum Ausschneiden (siehe unten) oder über unser Online-Formular unter www.
hildesheimer-allgemeine.de/readerscan.
Bestätigte Teilnehmer erhalten von
uns ein kleines Dankeschön-Paket für
Ihre Unterstützung. Außerdem verlosen wir nach Abschluss der Aktion
unter allen, die bis zum Ende mitgemacht haben, eine attraktive Wochenend-Reise mit Konzerttickets nach
Berlin – zur Verfügung gestellt von
Gestalten Sie die Zukunft der HAZ
mit. Für eine noch bessere Hildesheimer Allgemeine Zeitung.
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldungen!
Michael Heun,
Chefredakteur