- MUSEUMSBUND

14-2/3
Juni 2014
€ 14,30
ISSN 1015-6720
14-2/3
SALZBURG
UND DER
ERSTE WELTKRIEG
9. MAI 2014 BIS
27. SEPTEMBER 2015
DIENSTAG BIS
SONNTAG 9–17 UHR
SALZBURG MUSEUM NEUE RESIDENZ | MOZARTPLATZ 1
THEMA: Das Museum und der Große Krieg · Alpinarium Galtür · Kein Ort des Kulturkonsums: Das Österreichische Volkskundemuseum · 150 Jahre MAK: Christoph Thun-Hohenstein im Interview
KRIEG.
TRAUMA.
KUNST.
Herausgegeben von Museumsbund Österreich
d a s m u seu m u nd d er
GROSSE KRIEG
ALPINARIUM GALTÜR · KEIN ORT DES KULTURKONSUMS: DAS ÖSTERREICHISCHE
VOLKSKUNDEMUSEUM ·150 JAHRE MAK: CHRISTOPH THUN-HOHENSTEIN IM INTERVIEW
EDITORIAL
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
wie kaum ein anderes historisches Ereignis
zuvor, bestimmt der Ausbruch des Ersten
Weltkrieges vor 100 Jahren in diesen
Wochen die internationale Museums- und
Medienlandschaft. Während das 50-JahrJubiläum 1964 noch mehr oder weniger
unbeachtet blieb, hat man seitdem die Bedeutung dieser „Urkatastrophe“ für das
20. Jahrhundert erkannt. Neben den beiden
österreichischen Großprojekten zu diesem
Thema, der Neueröffnung der Dauerpräsentation des Ersten Weltkriegs im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien am
28. Juni 2014 sowie der Ausstellung „Jubel
und Elend“ auf der Schallaburg, widmen
sich zahlreiche größere und kleinere Museen
in ganz Österreich verschiedensten Aspekten des Großen Kriegs – vor allem auch
den Auswirkungen dieses ersten totalen
Kriegs auf die eigenen Regionen. Während
einige Projekte in diesem Heft näher vorgestellt werden, können Sie in unserem
Kalendarium einen Überblick zu allen
Ausstellungen in Österreich rund um den
Ersten Weltkrieg erhalten.
Ein Vorhaben, das alle Verbände und für
Museen zuständigen Stellen in Österreich
zurzeit intensiv beschäftigt, ist die österreichweite Museumsregistrierung. Zahlreiche Museen haben sich bereits gemeldet
und wir dürfen an alle anderen nochmals
appellieren, sich ebenfalls daran zu beteiligen. Diese Museumsliste wird künftig die
Basis einer österreichweiten und international vergleichbaren Museumsstatistik sein
sowie Grundlage und Orientierungshilfe
für Behörden und Entscheidungsträger,
um Institutionen als Museen anzuerkennen.
Für alle Beteiligten ist dieses Projekt zudem der Beginn einer breiten Qualitätsoffensive: Durch die Gesamterhebung
der österreichischen Museumslandschaft
können Beratungsleistungen sowie Weiterbildungsangebote gezielt und lösungsorientiert angeboten werden. Unterstützen
Sie diese Initiative durch Ihre Beteiligung!
Dank Ihrer Rückmeldungen auf unsere
Mitgliederbefragung haben wir viele Anregungen für unsere künftigen Aktivitäten
und Diskussionen gewinnen können, wofür
wir Ihnen sehr dankbar sind. So werden
Sie in den nächsten Wochen und Monaten
sicher die eine oder andere Neuerung und
Verbesserung unseres Arbeits- und Informationsspektrums feststellen können.
Wir freuen uns immer über Ihre Rückmeldungen, über konstruktive Kritik und
Anregungen – auch ohne Mitgliederbefragung!
Sehr herzlich dürfen wir Sie zum kommenden Österreichischen Museumstag einladen: Es ist der 25. und daher für uns alle
ein Grund zu feiern, wofür das vorarlberg
museum, zwischen Bodensee und Pfänderkogel, ein idealer Ort sein wird. Unter dem
Titel „Die Gegenwart als Chance“ werden
wir vom 8. bis 11. Oktober die Möglichkeiten
und Grenzen der Institution Museum ausloten und überlegen, wie die Gegenwart und
ihre Vielfalt noch stärker im Museum ankommen können.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen in
Bregenz und wünsche Ihnen namens des
Vorstands des Museumsbunds Österreich
eine anregende Lektüre,
Ihr
Wolfgang Muchitsch
INHALT
8
77
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
JUNI 14
Museen sind gewichtige Orte einer Gedenk- und Erinnerungskultur:
Über einen Call haben wir österreichische Museen aufgerufen, Einblicke zu gewähren, wie sie Krieg ausstellen und mit dem Jubiläumsjahr
„100 Jahre Erster Weltkrieg“ in ihrer Institution umgehen.
1
1
4
7
EDITORIAL
JOURNAL
50 Jahre Österreichisches Filmmuseum · Neueröffnung Anton-BrucknerMuseum · Das große Museum ·
Barocker Rundgang · Carnuntum erhält Europäisches Kulturerbe-Siegel ·
Krems wird Kunstzentrum des Landes
Niederösterreich · mumok: neue
Publikation „Kunst und“ · Wilfried
Seipel wird 70 · MAK DESIGN LABOR
eröffnet · Sammlungs- und Studienzentrum Hall wird gebaut · 130 Jahre
Rudolfinum
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Heidemarie Uhl
Krieg ausstellen
Axel Steinmann, Christian Schicklgruber
Franz Is Here! Franz Ferdinands Reise um die Erde
Felicitas Heimann-Jelinek, Michaela Feurstein-Prasser
Die ersten Europäer … – eine Welt vor 1914
Marcus G. Patka
Weltuntergang. Jüdisches Leben und Sterben
Berthold Ecker, Roland Fink
„Der Menschheit Würde ...“
Kalendarium
Ausstellungen zum Gedenkjahr 100 Jahre Erster Weltkrieg
Alex Samyi
SLOW! Erster Weltkrieg Dada
Martina Schönherr, Renate Woditschka, Konrad Zirm
JUBEL & ELEND. Leben mit dem Großen Krieg 1914–1918
Manuel Heinl, Dagmar Höss, Christina Sandberger
Oberösterreich im Ersten Weltkrieg
Wolfgang Pensold
Unter dem Losungsworte Krieg und Technik.
78
Katrin Netter, Simone Drechsel
Der Bregenzerwald im Ersten Weltkrieg
Sabine Schmitner
Für Kaiser und Vaterland?
Wolfram Dornik
Die Südoststeiermark im Ersten Weltkrieg
Beatrix Vreča, Marie Theres Zangger
Hoffnung mit Ablaufdatum
Bernhard Iglhauser
Hungermärsche, Butterspekulanten & Barackenmänner
Thomas Ballhausen
Krieg der Bilder
124
112
SCHAUPLATZE
78 Der Weltverbesserer
84 Ausstellen in einer begehbaren Schutzmauer:
108 BALLHAUSENS
TRICORDER
90
Wolfgang Muchitsch im Gespräch mit Matthias Beitl
96
Martina Fleischer
114 AUSSTELUNGSKALENDER
Almuth Spiegler im Gespräch mit Christoph Thun-Hohenstein
Helmut Pöll
Alpinarium Galtür
Lilli Bauer
Die Sozialdemokratie zieht in den Krieg
111
102
106
Österreichisches Museum für Volkskunde
reloaded: Kein Ort des Kulturkonsums
Eine ›Bildergalerie‹ für die Wiener Akademie.
Theophil Hansens Pläne und ihre Ausführung
Tanja Husty
›Museumsreif?!‹ Betriebliche Gesundheitsförderung im Salzburg Museum
Peter Assmann
Wie volatil sind Museumssammlungen?
112 TERMINE
121 IM NACHSTEN HEFT
Thema 25: Jahre Museumsbund · Schätze in
niederösterreischischen Museumsdepots ·
ICOM-ausgezeichnetes Forschungsprojekt des
Klostertaler Museumsvereins · Das Haus der
Natur und die Ära Tratz.
JOURNAL
50 Jahre Österreichisches
Filmmuseum
Neueröffnung
Anton-Bruckner-Museum
© Österreichisches Filmmuseum
Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens
realisiert das Österreichische Filmmuseum
im Verlauf des Jubiläumsjahres insgesamt
21 verschiedene Projekte, die unter anderem
auf die Geschichte, die „Erfinder“, die
Sammlungen und Positionen des Hauses,
aber auch auf Zukunftsfragen Bezug
nehmen.
www.filmmuseum.at
Carnuntum erhält Europäisches
Kulturerbe-Siegel
Krems wird Kunstzentrum des
Landes Niederösterreich
© OÖ. Landesmuseum
© Archäolog. Kulturpark NÖ Betriebs GmbH
Bruckners Geburtshaus in Ansfelden wurde
zum Anton-Bruckner-Museum ausgestaltet.
Bruckner verbrachte die ersten 11 Lebensjahre dort. Weltweit besteht keine museale
Einrichtung, die dezidiert das Leben und
Werk Anton Bruckners in seinen wesentlichen Zügen vorstellt. Wenngleich bei der
Neukonzeption ein chronologischer Ansatz
Mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel
werden historische Stätten, Kulturstätten
und Stätten, die für die europäische Integration von Bedeutung sind, ausgezeichnet.
Neben dem Archäologischen Park Carnuntum erhalten auch Estland mit der Großen
Zunfthalle in Tallin sowie die Niederlande
mit dem 100-jährigen Friedenspalast in Den
In einem Museumsneubau in Krems sollen
die Kernbestände der niederösterreichischen Landessammlung auf insgesamt
3.700 m2 Ausstellungsfläche präsentiert
werden.
Die bisher im Landesmuseum Niederösterreich gezeigten Bestände schaffen dort
Platz für Neues: Auf 2.000 m2 soll dort eine
gewählt wurde, so liegt der Schwerpunkt
der Darstellung aber auf Bruckners Lebenszeit in Oberösterreich bzw. seinen vielfältigen Beziehungen zum Land, die ja zeit
seines Lebens nie abrissen.
Haag und der Gedenkstätte Camp Westerbork, ein Durchgangslager der Nazis aus
dem Zweiten Weltkrieg in Hooghalen, diese
Auszeichnung.
permanente Ausstellung zur Landesgeschichte neu eingerichtet werden. Die
Kosten für die Neugestaltung belaufen sich
auf 3 Millionen Euro.
www.carnuntum.co.at
© Niederösterreichisches Landesmuseum
www.landesmuseum.net
www.brucknermuseum.at
Das große Museum
Barocker Rundgang
© Navigator Film
Johannes Holzhausen beobachtet in „Das
große Museum“ die Mitarbeiter/innen und
die Geschäftsführung des Kunsthistorischen Museums Wien und begleitet sie
während des Umbaus und der Neugestaltung der Kunstkammer bis hin zu deren
Eröffnung. Ab Herbst im Kino.
www.dasgrossemuseum.com
mumok: Neue Publikation
„Kunst und“
© RGS/Ghezzi
© Manfred Werner
Seit 16. Mai verbindet das DomQuartier in
Salzburg die Prunkräume der Residenz,
die Residenzgalerie, fürsterzbischöfliche
Kunst- und Wunderkammer, das Dommuseum und das neu eingerichtete Museum
St. Peter sowie die Barocksammlung
Rossacher des Salzburg Museum im Wechsel mit Sonderausstellungen der beteiligten
Museen.
© Haus der Natur
www.domquartier.at
Wilfried Seipel wird 70
© mumok
Eine Ringmappe versammelt thematische
Hefte, z. B. „Kunst und Mathematik“ für
Lehrende und Vermittler/innen. Jedes Heft
umfasst theoretische Reflexionen und
konkrete Beispiele aus der Praxis. Bildmaterialien sind der Publikation auf einem
Datenstick beigelegt und stehen auf der
Website als Download zur Verfügung. Der
Ordner wird regelmäßig um neue Themenhefte erweitert und ist im mumok erhältlich.
Gründungspräsident des Museumsbunds
Österreich, langjähriger Präsident von ICOM
Österreich, Generaldirektor a. d. des Kunsthistorischen Museums Wien und und und:
Wilfried Seipel feierte im Juni seinen
70. Geburtstag. Wir gratulieren sehr herzlich!
www.mumok.at
4
5
JOURNAL
MAK DESIGN LABOR eröffnet
© MAK, Georg Mayer
Nach Themen in Inseln gruppiert zeigen
knapp 2.000 Objekte aus der Studiensammlung Bezüge zwischen historischem Kunsthandwerk und zeitgenössischem Designschaffen auf. „Unser erklärtes Ziel ist, über
den künstlerisch gestalteten Gebrauchsgegenstand in den Alltag der Menschen zu
treten“, so Direktor Christoph Thun-Hohenstein, der die Neuinterpretation der Schausammlung exakt zum 150. Geburtstag des
MAKs am 12. Mai 2014 eröffnete.
130 Jahre Rudolfinum
© Landesmuseum für Kärnten, Margit Rapp
Mit der Ausstellung „Museum ist ...“ feiert
das Landesmuseum für Kärnten sein
130-jähriges Bestehen. 22 mobile Museumskisten wollen die Menschen anregen,
darüber nachzudenken, was Museum
bedeuten kann, wie und warum Objekte
in eine Sammlung gelangen und welche
Bedeutung sie haben (können). Eine Festschrift folgt im Juni.
www.landesmuseum.ktn.gv.at
www.mak.at
LANDESGALERIE
LINZ
SCHLOSSMUSEUM
FREISTADT
PHOTOMUSEUM
BAD ISCHL
23. Jän. bis 16. Nov. 2014
Ausstellungsreihe
25. Jän. bis 8. Dez. 2014
23. Jän. bis 22. Juni 2014
SCHLOSS
EBELSBERG
26. April bis 26. Okt. 2014
Bezahlte Anzeige
Sammlungs- und Forschungszentrum Hall wird gebaut
SCHLOSSMUSEUM
LINZ
28. Juni bis 31. Okt. 2014
Mit dem Neubau wird die Voraussetzung geschaffen, die bisher auf elf verschiedene
Depots verstreuten Sammlungen an einem
Ort zusammenzuführen sowie diese,
sicheren und modernen Anforderungen
entsprechend, sachgerecht zu lagern.
Zudem werden moderne Arbeitsbedingungen für Restaurierungen, Werkstätten und
Sammlungsbearbeitungen geschaffen
sowie die Möglichkeit, eine Artothek
einzurichten.
www.tiroler-landesmuseen.at
6
Detaillierte Informationen zu den Ausstellungen und
Begleitveranstaltungen unter: www.landesmuseum.at
Auszug einer Maschinengewehrabteilung aus Linz. © K.u.k. Infanterieregiment
Nr. 14 „Ernst Ludwig Großherzog von Hessen und bei Rhein“- www.hessen14.at
© franz architekten
krieg
ausstellen
Das konservierte „Kriegsbrot“ in der Ausstellung „Wohin der Krieg führt …“ der Wienbibliothek im Rathaus,
das Konzept des Telegramms des erzherzoglichen
Obersthofmeisters Graf Rumerskirch an den k.u.k.
Minister des Äußeren Graf Leopold Berchtold
aus Sarajevo, in dem er „tief erschüttert und ganz
gebrochen“ Meldung über das Attentat erstattet,
zu sehen in der Ausstellung des Wiener Stadt- und
Landesarchivs, die Schulhefte mit patriotischen
Aufsätzen aus der Kriegssammlung der ehemaligen
Hofbibliothek in der Ausstellung „An meine Völker!
Der Erste Weltkrieg 1914–1918“ in der Nationalbibliothek – sie stehen pars pro toto für die zahllosen
historischen Objekte, mit denen Ausstellungen in
ganz Österreich im Gedenkjahr 2014 an den Ersten
Weltkrieg erinnern. Der Hauch der Geschichte scheint
die Besucherin/den Besucher beim Betrachten dieser
Dinge anzuwehen. Das authentische Objekt, der
reale Überrest eines Ereignisses verspricht eine
direkte Kommunikation mit der Vergangenheit – darin
liegt ein wesentliches Moment der Faszination und
Anziehungskraft von Museen. Auch die Institution
selbst definiert sich durch die Dinge und die mit ihnen
verbundenen Praktiken des Sammelns, Aufbewahrens
und Zeigens. Die Aufgabe des Museums ist es –
so eine ebenso bündige wie verkürzende Definition –,
Geschichte mittels Objekten zu erzählen. Aber
gerade diese so selbstverständlich erscheinende
Praxis wird seit dem cultural turn der 1980er-Jahre
einer kritischen Selbstreflexion unterzogen.
Identitätsfabrik und Reflexionsagentur:
das neue Selbstverständnis der Museen
Die kulturwissenschaftliche Wende in den Geistesund Sozialwissenschaften1 hat die Vorstellungen
über die Zugänglichkeit und Darstellbarkeit von Geschichte radikal verändert. Gedächtnis wurde zum
Leitbegriff dieses neuen Verständnisses, das davon
ausgeht, dass die Vergangenheit nicht existiert,
sondern eine Konstruktion aus der Perspektive der
jeweiligen Gegenwart ist. Von der Vergangenheit
bleibt nur das, „was die Gesellschaft in jeder Epoche
mit ihren gegenwärtigen Bezugsrahmen rekonstruieren kann“ – so das vielzitierte Resümee des französischen Soziologen Maurice Halbwachs in seiner
1
8
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Grundlegung einer Theorie des kollektiven Gedächtnisses.2 Die Vergangenheit existiert demnach „nur als
soziale Konstruktion. Sie wird [...] nicht ‚wiedergefunden’, sie wird rekonstruiert.“3 Diese rekonstruierende
Aneignung ist von den Fragen und Interessen der
Gegenwart geleitet, insbesondere auch von Bedürfnissen nach Sinnstiftung und Orientierung. Jan
Assmann, deutscher Ägyptologe und gemeinsam mit
Aleida Assmann Begründer einer kulturwissenschaftlichen Gedächtnistheorie, hat Gedächtnis als
„kollektiv geteiltes Wissen“ definiert, aus dem eine
Gruppe das „Bewußtsein ihrer Einheit und Eigenart
[…] und […] die formativen und normativen Kräfte
bezieht, um ihre Identität zu reproduzieren“.4
Identität wird somit zum Schlüsselbegriff, der
Gedächtnis mit Gesellschaft, Erinnerungskultur mit
Geschichtspolitik verbindet: „In ihrer kulturellen
Überlieferung wird eine Gesellschaft sichtbar: für
sich und für andere. Welche Vergangenheit sie darin
sichtbar werden und in der Wertperspektive ihrer
identifikatorischen Aneignung hervortreten läßt,
sagt etwas aus über das, was sie ist und worauf sie
hinauswill.“ 5
Vgl. Doris Bachmann-Medick:
Cultural Turns.
Neuorientierungen in
den Kulturwissenschaften. Hamburg 2006.
2
Maurice Halbwachs:
Das Gedächtnis und
seine sozialen Bedingungen. Frankfurt
am Main 1985 [Les
cadres sociaux de la
mémoire, 1925]
3
Jan Assmann:
Halbwachs, Maurice.
In: Nicolas Perthes,
Jens Ruchatz (Hg.):
Gedächtnis und
Erinnerung. Ein
interdisziplinäres Lexikon. Reinbek bei
Hamburg 2001,
S. 247–249, hier S. 248.
4
Jan Assmann:
Kollektives Gedächtnis
und kulturelle Identität.
In: Jan Assmann,
Tonio Hölscher (Hg.):
Kultur und Gedächtnis.
Frankfurt am Main
1988, S. 9–19,
hier S. 12.
5
Ebda, S. 16.
Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, ob die
Institution Museum zu den zentralen Identitätsfabriken der Moderne zählt, eingebunden in die damit
verbundenen Mechanismen des Othering.6 Denn die
Stabilisierung von Identität ruft zwangsläufig die
Logik der Differenz auf: Wer von „unserer“ Geschichte
spricht, konstruiert zugleich ein Anderes, das sich
davon unterscheidet. Dieser Mechanismus strukturiert alle gesellschaftlichen Bereiche – auch die
Museumslandschaft. So basiert etwa die Existenz
eines „Oberösterreichischen Landesmuseums“ auf
dem Vorhandensein anderer Landesmuseen und dem
damit verbundenen Selbstverständnis, dass darin
eine spezifische eigene Geschichte vorgestellt wird,
die sich von jener der anderen Bundesländer unterscheidet.
Seine Wirkungsmacht entfaltet das kulturelle Gedächtnis aber vor allem in der Begründung und Stabilisierung nationaler Identität. Auch hier werden seine
beiden konstitutiven Funktionsweisen wirksam: nach
außen die Abgrenzung zu einem Anderen, das sich
von „uns“ unterscheidet, nach innen eine Hierarchisierung, die zum Ausdruck bringt, welche Narrative in
6
Vgl. Gottfried Fliedl:
Identitätsfabrik. In:
ARGE Schnittpunkt
(Hg.): Handbuch
Ausstellungstheorie und
Praxis. Wien, Köln,
Weimar 2013, S. 161.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
9
einer Gesellschaft universal sind (bzw. sein sollen),
das heißt die Wir-Gemeinschaft repräsentieren sollen,
und welche als partikular gelten, also die Sichtweise
von einzelnen Gruppen darstellen. Das universale
Gedächtnis, die hegemoniale Erzählung über unsere
Geschichte ist das Ergebnis der Verhandlungen
und Deutungskonflikte über die Vergangenheit.7 Die
Konkurrenz um die Durchsetzung eines hegemonialen
Narrativs durchzieht Projekte der Erinnerungskultur
auf allen Ebenen – ungeachtet dessen, ob es sich
um eine Dorfchronik, die Errichtung eines Denkmals
oder nationale Flaggschiffprojekte wie ein Haus
der Geschichte handelt. Denkmäler, Publikationen,
Ausstellungen etc. geben Auskunft darüber, welche
Gruppen die Definitionsmacht innehaben, welche
marginalisiert oder ausgeschlossen sind. Gerade
auch in Museen und Ausstellungen wird vor Augen
geführt, welche Geschichten erzählbar und darstellbar sind, wo die Grenzen des Sagbaren und damit
auch des Zeigbaren liegen. Und gerade das schnelle,
temporäre Medium Ausstellung hat das Potenzial,
in die bestehenden Hierarchien und Ordnungen der
Narrative zu intervenieren.
Dies führt uns zu einem weiteren Merkmal des
Gedächtnisses, durch das Museen im Spektrum jener
gesellschaftlichen Instanzen, die Wissen über die
Vergangenheit produzieren, eine spezifische Position
erhalten. Jan Assmann unterscheidet „zwei Modi“, in
denen das kulturelle Gedächtnis existiert: „einmal im
7
10
Oliver Marchart: Das
historisch-politische
Gedächtnis. Für eine
politische Theorie des
kulturellen Gedächtnisses. In: Christian
Gerbel et al. (Hg.):
Transformationen
gesellschaftlicher
Erinnerung. Transdisziplinäre Studien zur
Gedächtnisgeschichte
der Zweiten Republik.
Wien 2005, S.21–49.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
2014 unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von
den bisherigen Gedenkjahren: Zum einen ist der Erste
Weltkrieg nicht nur ein nationales, sondern darüber
Nachkriegszeit – ein nur noch kulturell vermittelbares
Ereignis. Der lebendige Zugang zur Vergangenheit,
der aus der oft mit Konflikten verbundenen Kommunikation zwischen der Erfahrungsgeneration der
Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und den Nachgeborenen entsteht, ist nicht mehr vorhanden. Auch die
ideologischen Auseinandersetzungen um den Ersten
Weltkrieg sind in Vergessenheit geraten. 1968, anlässlich des 50. Jahrestages des Kriegsendes, hatte
es in Österreich noch heftige Debatten zwischen
den politischen Lagern gegeben. Die Frage, ob 1918
das beklagenswerte Ende der „ruhmreichen“ Habsburgermonarchie oder den Aufbruch in ein republikanisch-demokratisches Österreich markiert, bestimmte die Diskussion. Danach hat dieser umkämpfte
Gedächtnisort an Streitwert verloren.
Aber: Mit dem Verblassen des Konfliktpotenzials
schwindet auch die Präsenz im kollektiven Gedächtnis. Was im Geschichtsbewusstsein einer Gesellschaft nicht mehr als kollektiv geteiltes Wissen über
die Vergangenheit verankert ist, muss bei Gedenk-
kriegs, die sich in den Narrativen der Ausstellungen
identifizieren lassen: Zum einen die irritierenden
Zeugnisse eines Anderen unserer Gegenwart, vor
allem repräsentiert in den Jubel-Bildern des Juli 1914
und in den Gräuelbildern von Massengräbern und
hingerichteten Zivilisten – Frauen und Männer. Die
heute kaum nachvollziehbare Kriegsbegeisterung, von
der kurzfristig sogar Ikonen des modernen Denkens
wie Sigmund Freud erfasst wurden, die Barbarisierung des Krieges und das brutale Vorgehen gegen
die Zivilbevölkerung konfrontieren mit der Frage, ob
diese problematischen Potenziale in unserer Gesellschaft wieder reaktivierbar wären.
Zum anderen dominieren die Darstellungen von
„ordinary people“ – Bilder von Soldaten, von Frauen
und Kindern, autobiografische Dokumente wie
Tagebücher und Briefe, Objekte, die die katastrophale
Versorgungssituation in Wien und anderen Städten
veranschaulichen. Sie geben Einblick in die konkreten
Auswirkungen des Krieges und ermöglichen eine
emphatische Annäherung an die Schrecken der
hinaus auch ein gesamteuropäisches Bezugsereignis.
Die jeweiligen nationalen Aktivitäten stehen in einem
transnationalen Vergleichskontext – die inhaltliche
und gestalterische Qualität von Ausstellungen in Wien
und den Bundesländern wird 2014 in einem europäischen Bezugsfeld diskutierbar.
Zum anderen ist der Erste Weltkrieg – im Unterschied zu NS-Herrschaft, Zweitem Weltkrieg und
anlässen immer wieder neu in Erinnerung gerufen
werden.
Welche Aspekte der „Urkatastrophe“ des 20.
Jahrhunderts relevant für ein heutiges Geschichtsinteresse sind, das wird insbesondere auch im
Medium Ausstellung verhandelt. Ein erster Befund,
der nur vorläufig sein kann,9 verweist auf zwei
Dimensionen in der Darstellung des Ersten Welt-
Kriegserfahrung.
Modus der Potentialität als Archiv, als Totalhorizont
angesammelter Texte, Bilder, Handlungsmuster, und
zum zweiten im Modus der Aktualität, als der
von einer jeweiligen Gegenwart aus aktualisierte und
perspektivierte Bestand an objektiviertem Sinn.“ 8
Das Museum wird so zum paradigmatischen Ort
der Dynamisierung des kulturellen Gedächtnisses.
Die Dinge im Museum sind in einen unabschließbaren Prozess des Um-, Neu- und Überschreibens
von Geschichte eingebunden. Neue Fragen an
die Geschichte verleihen bislang wenig beachteten
Dingen im Depot neue Relevanz, Ausstellungsobjekte wandern ins Depot oder werden mit neuen Bedeutungen versehen.
Den Ersten Weltkrieg ausstellen – neue
Fragen an ein erkaltetes Gedächtnis
8
Assmann: Kollektives
Gedächtnis und
kulturelle Identität,
S. 13.
9
Dies auch, weil zwei
wichtige Ausstellungen – die neugestaltete
Erste Weltkrieg-Abteilung des Heeresgeschichtlichen
Museums in Wien und
die Ausstellung „Die
Steiermark und der
Große Krieg“ im
Universalmuseum
Joanneum Graz –
Ende Juni eröffnet
werden.
Heidemarie Uhl,
Österreichische Akademie der Wissenschaften,
Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Wien
TIROLER VOLKSKUNSTMUSEUM
BIS 9. NOVEMBER 2014
www.tiroler-landesmuseen.at
HINTER DER
MASKE
FRANZ IS HERE!
Franz Ferdinands Reise um die Erde
Während man sich vielerorts auf seinen Tod und die fatalen Konsequenzen konzentriert, verlagert das Weltmuseum Wien in seiner Ausstellung
„Franz Is Here!“ – wie eine amerikanische Tageszeitung am 19. September
D
1893 anlässlich der Ankunft des Erzherzogs in den Vereinigten Staaten
titelte – den Fokus auf einen wichtigen
Lebensabschnitt des Thronfolgers:
Am 15. Dezember 1892 tritt Franz
Ferdinand im Alter von 29 Jahren
ie wohlorganisierte Tour bietet Franz Ferdinand neben offiziellen Repräsentationspflichten und der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten die Möglichkeit, in exotischen
Weltgegenden seiner Jagdlust freien Lauf zu lassen
und seine ausgeprägte Sammelleidenschaft mit Gegenständen und Raritäten aus fremden Kulturen zu
befriedigen.
Für das Weltmuseum Wien ist Franz Ferdinand von
besonderer Bedeutung, da es sich in den Räumlichkeiten jenes Privatmuseums befindet, welches Franz
Ferdinand seinen Vorstellungen gemäß für sich einrichten ließ und in welchem noch heute der ethnographische Teil seiner Weltreisesammlung samt
dazugehörigem schriftlichen, fotografischen und
bibliothekarischen Nachlass verwahrt wird. Mithilfe
dieses Materials bietet die Schau neue Einblicke
in die facettenreiche Persönlichkeit eines heute noch
polarisierenden Menschen und rückt eine in ihrer
Art weltweit wohl einzigartige imperiale Sammlung
in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung.
Franz Ferdinand ist Sammler aus Passion; und er
sammelt en masse. Neben unzähligen Jagdtrophäen
und Tierpräparaten besteht die Ausbeute seiner Weltreise aus unterschiedlichen naturkundlichen Kollektionen (insgesamt an die 18.000 Objekte) sowie aus
einer laut handschriftlichem Originalinventar aus dem
Jahr 1893 14.787 Nummern zählenden, aus heutiger
Sicht einzigartigen und kulturhistorisch bedeutsamen
12
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
ethnographischen Sammlung. Rund 1.100 Nummern
davon entfallen auf fotografische Aufnahmen. Die
Sammelleidenschaft des davon geradezu besessenen
Erzherzogs macht zwar auch vor minderwertiger
Touristenware nicht halt, erstreckt sich aber auch erlesene Kunstwerke und, für seine Zeit durchaus
ungewöhnlich, auf Kinderspielzeug oder Sträflingsarbeiten.
Die „Herren“ seines Gefolges veranlasst er, anhand
von zuvor erstellten Listen Gegenstände anzukaufen.
Objekte, die er unterwegs in Museen sieht, lässt er
nachträglich anfertigen. Sein Augenmerk richtet sich
in erster Linie auf die optischen und dekorativen
Qualitäten der Gegenstände. Gleich, ob es sich bei
den Stücken um Originale, Kopien oder Nachempfindungen handelt, der laut Eigendefinition „an Museomanie leidende“ Franz Ferdinand erwirbt diese gezielt
im Hinblick auf einen bereits geplanten Ausstellungsort („für mein Museum“).
In den letzten Monaten des Jahres 1893 beginnen
die Beamten der ethnographischen und der zoologischen Abteilung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums mit großem Eifer, in den Sälen des Oberen Belvedere die reichen Neuanschaffungen und Trophäen
von Franz Ferdinands Weltreise wissenschaftlich
zu bestimmen und zu ordnen. Im oberen Stockwerk
werden die ethnographischen Sammlungen der Reiseroute folgend in 17 Sälen aufgestellt, im Erdgeschoss
füllen die naturwissenschaftlichen Sammlungen neun
von Triest aus seine zehnmonatige
Reise um die Erde an, um sich auf
seine künftige Rolle als Herrscher
von Österreich-Ungarn vorzubereiten.
Triest
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
13
Dardschiling, 6. Februar 1893:
„Hier, in Sikkim, hausen Volksstämme, die,
wiewohl mit indischem Blute vermischt und von
indischer Cultur beeinflusst, doch im Typus und
in der Sprache den Tibetanern nahestehen.“
Fotografie: Clemens Radauer
Sydney, 26. Mai 1893:
„Nach einem herzlichen
Empfang geleitete mich
der nach einer großen
Wiese in einem der
öffentlichen Gärten, wo
mir das Boomerangund Speerewerfen der
Eingeborenen produciert
werden sollte.“
„H. I. & R. H. & Suite,
with Capt. Pirie A.D.C.
Mr. Murray & Mr. Ivers“.
In: „His Imperial and
Royal Highness Archduke
Franz Ferdinand of
Austria-Este in Ceylon,
January 1893.“
Fotografie: Fotosammlung Nr. 14.809,
Weltmuseum Wien
Fotografie: Clemens Radauer
Benâres, 10. Februar
1893: „Wer aus der
majestätischen Ruhe der
Alpenwelt unmittelbar
nach Benâres gelangt,
glaubt sich in ein Tollhaus versetzt.“
Kasten Nr. 29. Saal
V. Vorderindien im
„Museum Sr. kais. und
kön. Hoheit des durchl.
Herrn Erzherzogs Franz
Ferdinand von Oesterreich-Este“, Beatrixgasse
25, Wien
Fotografie: Clemens Radauer
Fotografie: Fotosammlung Nr. 71.505,
Weltmuseum Wien
Singapur 8. April 1893:
„Zunächst unterzog
ich vormittags eine
Sammlung ethnographischer Gegenstände aus
Neu-Guinea, Sumatra,
Nias und Borneo […]
einer eingehenden Besichtigung, welche nach
langem Handeln mit
dem Ankaufe der ganzen
Sammlung endete.
Fotografie: Clemens Radauer
14
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Weltmuseum Wien
9. April bis 2. November 2014
+43 1 534 30 5052
1010 Wien
Mi–Mo 10 bis 18 Uhr
[email protected]
Franz is here!
8 €, 6 € ermäßigt
www.weltmuseumwien.at
WIEN MUSEUM
KARLSPLATZ
Franz Ferdinands Reise um die Erde
16
einem eigenen reichen Fundus schöpfen
und, was Tierpräparate und Jagdtrophäen
anbelangt, mit Leihgaben aus der Ersten
Zoologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums ergänzen.
In seinem Stilempfinden ist Franz Ferdinand in besonderem Maße der italienischen
Renaissance zugetan. In einer Ära, in der
private Sammlungen den öffentlichen
weichen müssen – Letztere gelten als wissenschaftlich wertvoller –, hält Franz Ferdinand bewusst am Konzept eines Privatmuseums fest. Ernsthaften Forschern steht
seine Weltreisesammlung zur Verfügung;
für ihn persönlich besitzt sie eine vorwiegend nostalgische Patina. Sein vorrangiges
Anliegen ist es nicht, die von ihm besuchten
Kulturen zu erklären. Die Aufstellung der
Objekte folgt zwar der eingeschlagenen
Reiseroute, doch ähnlich den Studien- und
Fürstensammlungen der Renaissance lässt
er seine persönlichen Schätze von einem
bildenden Künstler nach Kriterien arrangieren, bei denen Schönheit und Dekor die
wesentliche Rolle spielen. Folgerichtig
untersagte Franz Ferdinand bei der Präsentation seiner Weltreisesammlung dezidiert
die Beschriftung und Erklärung einzelner
Stücke. Das Sublime wie das Vulgäre, Naturkundliches wie vom Menschen Geschaffenes werden gleichwertig behandelt. Die
Zuschaustellung der in Massen akkumulierten ethnographischen und naturwissenschaftlichen Objekte sowie die an den Wänden montierten Trophäen und Fotografien
seiner Reise sind Teil einer öffentlichkeitswirksamen Selbstinszenierung als ganz
und gar weltgewandter künftiger Herrscher
Österreich-Ungarns, dienen aber zugleich
als Zeichen für einen einschneidenden Abschnitt in seinem Leben, der seine Persönlichkeit nicht unwesentlich geprägt hat.
Diesem Ausstellungsprinzip des „Nebeneinanders der Objekte“ in wandfüllenden,
der persönlichen Erinnerung dienenden
Setzkästen folgt auch die Präsentation der
Weltreise-Sammlung Franz Ferdinands im
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Weltmuseum Wien. Auf 600 m2 Ausstellungsfläche werden an die 900 Objekte in
36 Vitrinen gezeigt. Anhand ausgewählter
Zitate aus seinem „Tagebuch meiner Reise
um die Erde“ führt Franz Ferdinand selbst
durch die Ausstellung und der Burgschauspieler Cornelius Obonya leiht ihm seine
Stimme. An allen Vitrinen finden sich Tafeln,
die Ort und Datum des gewählten Zitates
angeben. Um den Besuchern die Orientierung visuell zu erleichtern, wird beim entsprechenden Zitat die Vitrine angestrahlt;
nach etwa 10 Sekunden ertönt aus einem
über der Vitrine angebrachten Lautsprecher
die Stimme „Franz Ferdinands“. Die Besucher werden akustisch durch die gesamte
Ausstellung geführt. Auf gedruckte Texte
wurde in diesem Ausstellungsteil verzichtet.
Die Kuratoren kommen nur in einem einführenden Prolog zu Wort; den Epilog beschließen Zitate von Karl Kraus und Egon Friedell.
Die Aussagen von Franz Ferdinand von
Österreich-Este werden unkommentiert
wiedergegeben. Die Besucher sollen die
Freiheit erhalten, der Person Franz Ferdinands ganz neue, überraschende Perspektiven abzugewinnen.
Die Ausstellung ist keine ethnographischwissenschaftliche; sie thematisiert „nur“ die
Reise des Thronfolgers und seine Sicht der
Welt. ■
WIEN IM
ERSTEN
WELTKRIEG
Axel Steinmann und Christian Schicklgruber
sind Kuratoren am Weltmuseum Wien.
Kriegsküche Nr. XXI in der Sofienbrückengasse Nr. 32 (heute Kundmanngasse), © Wien Museum
Säle. Der akademische Bildhauer Carl Costenoble besorgt, der Vorliebe Franz Ferdinands zum Ornamentalen folgend, die
künstlerische Anordnung der Aufstellung.
Die Ausstellung wird am 17. April 1894
eröffnet und bis zu ihrer Schließung am
31. Oktober von 41.914 Personen besucht.
Täglich veröffentlicht die „Wiener Zeitung“
die Besucherzahlen; die Eintrittsgelder
dienen wohltätigen Zwecken. Im Anschluss
an diese Schau wird die Weltreisesammlung
in das in der Beatrixgasse gelegene Palais
Modena-Este im 3. Wiener Gemeindebezirk
überführt und zusammen mit der 1875 ererbten Estensischen Kunstsammlung im
seinerzeit größten Privatmuseum Wiens
ausgestellt.
1906 beauftragt Kaiser Franz Joseph
seinen Neffen Franz Ferdinand mit der
Fertigstellung des neuen Flügels der Wiener
Hofburg. In den Jahren 1909 bis 1912 werden im ringstraßenseitigen Trakt der Neuen
Hofburg, dem sogenannten Corps de logis,
die Erwerbungen seiner Weltreise neu aufgestellt. Mit dem Zusammenbruch der
Donaumonarchie fällt die Weltreisesammlung in ihrer Gesamtheit an die Republik
Österreich und wird 1920 dem Naturhistorischen Museum zugewiesen. 1926 wird
aufgrund akuten Platzmangels die Ethnographische Abteilung des Naturhistorischen
Museums mit dem ethnographischen Teil
der Weltreisesammlung Franz Ferdinands im
Corps de logis zusammengeführt. Die neue
Schausammlung erhält am 25. Mai 1928 den
Namen Museum für Völkerkunde und heißt
heute Weltmuseum Wien.
Franz Ferdinand lässt alles, was in
irgendeiner Weise mit seiner Weltreise zusammenhängt, zusammentragen und archivieren: seine mit seinem Exlibris versehene
Weltreisebibliothek, Landkarten von dieser
Tour, Fotografien und Souvenir-Alben, Ausschnitte der nationalen und internationalen
Tagespresse, Rechnungen, Briefe und Telegramme. Für die Ausstellung „Franz Is Here!“
konnte das Weltmuseum Wien mithin aus
STADTALLTAG
IN FOTOGRAFIE
UND GRAFIK
16.10.2014 BIS 18.1.2015
HAUPTSPONSOR DES WIEN MUSEUMS
WWW.WIENMUSEUM.AT
Die ersten Europäer.
Habsburger und
andere Juden –
„Ich bin 1881 in einem großen und mächtigen
Kaiserreiche geboren, in der Monarchie der
Habsburger, aber man suche sie nicht auf der
Karte: sie ist weggewaschen ohne Spur. Ich bin
aufgewachsen in Wien, der zweitausendjährigen
übernationalen Metropole, und habe sie wie
ein Verbrecher verlassen müssen, ehe sie degradiert wurde zu einer deutschen Provinzstadt.
Mein literarisches Werk ist in der Sprache, in der
ich es geschrieben, zu Asche gebrannt worden,
M
it diesen Worten leitete Stefan Zweig seine Autobiografie „Die Welt
von gestern. Erinnerungen eines Europäers“ ein, die 1941 im Exil in
den USA entstand und kurz nach seinem Selbstmord in Brasilien in
Stockholm zum ersten Mal publiziert wurde. Zwei Seiten aus Zweigs
Autobiografie stellen den Epilog zu unserer Ausstellung dar,2 fassen sie doch ihre
Quintessenz zusammen, die auch der dreiteilige Titel provokant und ironisch mehrdeutig wiedergibt: „Die ersten Europäer. Habsburger und andere Juden – eine Welt
vor 1914“. Das heißt, unser Thema ist jüdisches Leben und Wirken in der Habsburgermonarchie – hier und da auch darüber hinaus – bis zur ersten Katastrophe des
20. Jahrhunderts und dem Zusammenbruch dieser und anderer Monarchien.
Wie für viele andere war auch für uns das Gedenkjahr 2014 Ausgangspunkt für Überlegungen zu einem Ausstellungskonzept. Doch wollten wir nicht 1914/18 in den Fokus nehmen, sondern vielmehr – ähnlich wie Zweig –
die Welt davor im Zeitraffer beleuchten, die Zeit einer langen, wenn auch brüchigen Beziehungsgeschichte
zwischen Juden und Nichtjuden im Einflussbereich der Habsburgermonarchie. Nicht das Ende der Illusion von
einem Vielvölkerstaat sollte thematisiert werden, vielmehr, warum die Illusion von vielen so verinnerlicht
und bis zum bitteren Ende aufrechterhalten wurde. Denn letztlich war es den Juden – jenseits aller antijüdischen Verordnungen, jenseits aller Restriktionen und Vertreibungen – möglich gewesen, entscheidende
Beiträge zur europäischen Zivilisation und Kultur zu leisten. Eine mononormative Gesellschaft gab es nur in der
jeweils hegemonialen Fantasie, in der Realität war die Gesellschaft immer wieder erstaunlich durchlässig.
So erzählen wir 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs nicht nur vom kulturellen, wissenschaftlichen,
religiösen und politischen Austausch zwischen Juden und Juden in Mitteleuropa, sondern vor allem auch
zwischen Juden und Nichtjuden.
Der geografische Raum, in dem wir uns bewegen, umfasst die europäischen Herrschaftsgebiete des Hauses
Habsburg in seinen verwirrend verschiedenen territorialen Ausdehnungen. Wir haben versucht, den unterschiedlichen Grenzen in der Objektauswahl Rechnung zu tragen. Der behandelte zeitliche Rahmen umfasst 700 Jahre,
vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis 1914, mit Stefans Zweig Autobiografie als zeitlichem Ausreißer bis 1941.
Der Ausstellungsraum, der uns zum Erzählen dieser 700-jährigen Geschichte im Jüdischen Museum Hohenems
zur Verfügung steht, ist nicht groß. Umso präziser mussten wir die Objekte auswählen, mit denen sich die Geschichte erzählen lässt. Den 41 Objekten, für die wir uns entschieden haben, ist daher allen ein ganz spezifi-
in eben demselben Lande, wo meine Bücher Millionen Leser sich zu Freunden gemacht. So gehöre
ich nirgends mehr hin, überall Fremder und
bestenfalls Gast; auch die eigentliche Heimat,
die mein Herz sich erwählt, Europa, ist mir
verloren, seit es sich zum zweitenmal selbstmörderisch zerfleischt im Bruderkriege.“ 1
1
18
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Stefan Zweig: Die Welt
von gestern. Erinnerungen eines Europäers.
Stockholm 1942.
2
S. Objekt 41 in:
Felicitas HeimannJelinek/Michaela Feurstein-Prasser (Hg.):
Die ersten Europäer.
Habsburger und andere
Juden – eine Welt vor
1914. Wien 2014.
eine Welt vor 1914
scher Aussagewert eigen. Sie mögen ästhetisch atemberaubend sein, historisch einzigartig oder wissenschaftlich rar, sie alle werden in ihrer Komplexität ernst genommen und erläutern ihren ehemaligen – und noch immer
treffenden – Sinnzusammenhang, namentlich, dass die Idee Europa ab der Frühen Neuzeit durch die Realitätsorientierung und die prekäre Lebenssituation der Juden in Europa vorweggenommen wurde. Denn aufgrund der
spezifischen und unterschiedlichen Rechtssituationen in den diversen Territorien war ihre Existenz tatsächlich
von einem protoeuropäischen Netzwerksystem abhängig.3 Damit waren Juden dazu prädestiniert, in physischen oder auch rein intellektuellen Räumen zu agieren, in denen Interaktionen jenseits aller kulturellen, sozialen oder politischen Grenzen stattfanden. Die Ausstellung zeigt, dass es diese Möglichkeits-Räume gab,
Milieus, in denen sich Menschen verschiedener Herkunft und verschiedenen Standes treffen konnten, um sich
auszutauschen. Diese Milieus belegen als beispielhafte Schnittmengen eines europäischen und eines jüdischen
Kulturraums, dass die europäische Gesellschaft auch in vormoderner Zeit keineswegs eine monolithische war,
vielmehr immer auch von einem faktischen Multikulturalismus geprägt war.4 Die Objektauswahl verweist also
auf den tatsächlich stattgefundenen Kulturtransfer, das multilaterale Geben und Nehmen5 in dem gemeinsamen Lebensraum Europa.
Das älteste Exponat ist eine handschriftliche Kopie aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts des „Or
Sarua“, ein Werk, das in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von Isaak ben Mose von Wien verfasst wurde.
Nach einer Einleitung zur Buchstaben-Mystik wird darin die Halacha, das jüdische Gesetz, kodifiziert und
kommentiert. Isaak war weit gereist und hatte in Frankreich studiert. In den 1220er-Jahren ließ er sich in Wien
nieder. Anmerkungen zum täglichen Leben im mittelalterlichen Aschkenas und zu historischen Begebenheiten
3
Vgl. Dan Diner:
Geschichte der Juden –
Paradigma einer
europäischen Historie.
In: Gerald Stourzh
(Hg. unter Mitarbeit
v. Barbara Haider und
Ulrike Harmat):
Annäherungen an eine
europäische Geschichtsschreibung. Wien 2002;
und Dan Diner:
Gedächtniszeiten. Über
jüdische und andere
Geschichte. München
2003.
4
James P. Helfers (Hg.):
Multicultural Europe
and Cultural exchange
in the Middle Ages and
Renaissance. Turnhout
2005, S. 8.
5
S. dazu: Michel
Espagne/Michael
Werner (Hg.):
Transfers. Les relations
interculturelles dans
l'espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe
siècle). Paris 1988; auf
Deutsch im Detail
ausgeführt in: Michel
Espagne/Michael
Werner: Deutsch-französischer Kulturtransfer
im 18. und 19.
Jahrhundert. Zu einem
neuen interdisziplinären Forschungsprogramm des C.N.R.S. In:
Francia. Forschungen
zur Westeuropäischen
Geschichte 13 (1985), S.
502–510.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
19
Jüdisches Museum Hohenems
25. März bis 5. Oktober 2014
+43 5576 73989 0
6845 Hohenems
Di–So, Ftgs 10 bis 17 Uhr
offi[email protected]
Die ersten Europäer. Habsburger und andere
7 €, 4 € ermäßigt
www.jm-hohenems.at
Juden – eine Welt vor 1914
machen das Werk zu einer wertvollen Quelle
zu Brauchtum, Geschichte und Kultur des
mittelalterlichen aschkenasischen Judentums. Dass es nach wie vor relevant ist,
bezeugt die letzte, 2009/10 in Jerusalem
erschienene Druckausgabe.6
Als herausragendes Beispiel für die
Brüchigkeit österreichisch-jüdischer
Geschichte sei das Wiener Memorbuch
der Fürther Klaus-Synagoge genannt.
Es entstand im Getto im Unteren Werd,
das 1624 den Juden Wiens als Wohngebiet
zugewiesen wurde. Der erste Eintrag im
Memorbuch stammt aus dem Jahr 1633.
Schon 1670 wurde das Getto von Kaiser
Leopold I. wieder aufgelöst, seine Einwohnerschaft vertrieben, die Synagoge durch
eine Kirche ersetzt. Ein Teil der Wiener
Juden fand Aufnahme in anderen Gebieten
des Habsburgerreiches – wodurch der
Kaiser sich weiterhin Sondersteuern sichern
konnte –, einige gingen nach Fürth. Das
Memorbuch gelangte wohl mit der Familie
6
S. Objekt 1 in:
Heimann-Jelinek/
Feurstein-Prasser
(Hg.), Anm. 2.
7
S. Objekt 5 in: a.a.O.
Fränkel nach Fürth und wurde in der neu
errichteten Klaus-Synagoge weitergeführt7,
die 1938 nationalsozialistischer Zerstörungswut zum Opfer fiel. Das Memorbuch
galt als verschollen, bis es 1998 auf dem
Markt auftauchte. Nicht nur aufgrund seiner
300 Jahre abdeckenden Einträge zwischen
Wien und Fürth ist das Memorbuch ein historisches Dokument ersten Ranges. Durch
seine Objektgeschichte selbst ist es ein
Migrations-Objekt, das mit den aus Wien
Exilierten mitgewandert ist. Es erinnerte
die aus ihrer Heimat Vertriebenen an ihre
Verstorbenen, derer sie nicht mehr auf
dem Friedhof in der Rossau, sondern nur
noch aus der Entfernung gedenken konnten.
Es erinnert aber bis heute auch daran,
was Orte und Gesellschaften durch Vertreibung eines Teils ihrer Bewohner an Kultur,
Wissen und Tradition verlieren. Das Memorbuch wurde zum Bindeglied zwischen
Wien und Fürth, zwischen dem 17. und dem
20. Jahrhundert.
Die neogotische Doppelkrone wurde für die 1851
errichtete große Synagoge
der Gemeinde Kolozsvár
(dt.: Klausenburg, heute:
Cluj) in Siebenbürgen
gestiftet, Wien um 1855,
Sammlung Ariel Muzicant, Wien
Fotografie: David Peters
20
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
21
2
3
Treues Vertrauen in den Vielvölkerstaat,
wenn auch von einer stramm antijüdisch
eingestellten Kaiserin regiert, drückt die
um 1770 vom jüdischen Steinschneider
Philipp Abraham geschaffene Kamee mit
einem kunstvollen Porträt Maria Theresias
aus. Auf der Rückseite befindet sich der
Segensspruch: „Der / da Hilfe gibt / den
Königen, der /seinen Knecht David/ von
bösen Schwerdt los/half, der wolle segnen, /
erhöhen mit aller Er/habenheit / unsere aller
gnädigste K K /Maria Theresia. / O König
aller Könige, Du / mögest sie beleben, für all
Übel hüten, ihr / viele Völcker unter/werfen
und all ihr / Thun gelingen lassen. Amen“.8
Eine Tora-Krone, die 1857/58 in Wien für
die jüdische Gemeinde im transsylvanischen
8
22
S. Objekt 12 in: a.a.O.
9
S. Objekt 26 in: a.a.O.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
10
S. Objekt 36 in: a.a.O.
Kolozsvár, zu deutsch Klausenburg, heute
rumänisch Cluj, gefertigt wurde, verweist
auf die jüdische Begeisterung für den
neogotischen Stil etwa der Wiener Votivkirche.9
Kulturtransfer bedeutet aber nicht nur
die Vermittlung der eigenen Kultur an eine
andere und umgekehrt. Es beinhaltet auch
das Bemühen um die Schaffung von Instrumenten, die transnationale Netzwerke
vorantreiben. Als ein solches Instrument
begründete 1887 der in Bialystok geborene
und in Warschau lebende Augenarzt Ludwik
Lejzer Zamenhof die Plansprache Esperanto. Der Pazifist war davon überzeugt, dass
eine transnationale Sprache auch eine
transnationale Weltanschauung befördern
würde. Das Plakat „Dua Universala Kongreso de Esperanto en Ĝenevo“ von 1906 weist
auf die Aktivitäten der Esperantisten hin.10
Den Untergrund für die ausgewählten
Ausstellungsobjekte und ihre Geschichten
bildet der kolorierte Barcode, den Rem Kolhaas 2005 als Flagge mit 45 Streifen aus
den Farben der damaligen EU-Mitgliedstaaten entworfen hat. Die Farbe der Ausstellungswände greift das Blau der Europäischen Union auf. Die von Architekt Martin
Kohlbauer konzipierte Ausstellungsgestaltung unterstreicht damit auch formal die
Möglichkeiten der Vergangenheit für die
Gegenwart. ■
4
2
Wie für viele andere war
auch für uns das Gedenkjahr 2014 Ausgangspunkt
für Überlegungen zu
einem Ausstellungskonzept. Doch wollten wir
nicht 1914/18 in den
Fokus nehmen, sondern
vielmehr die Welt davor
im Zeitraffer beleuchten.
Fotografie: Museum für Plansprachen,
ÖNB
3
Ein Plakat von 1906, das
auf die Aktivitäten der
Esperantisten hinweist.
Der Begründer der
Plansprache Esperanto,
Ludwik Lejzer Zamenhof, war davon überzeugt,
dass eine transnationale
Sprache auch eine transnationale Weltanschauung befördern würde.
4
Wiener Memorbuch der
Fürther Klaus-Synagoge,
Wien und Fürth,
1633 – 1932
Fotografie: Jüdisches Museum Franken
Fotografie: Dietmar Walser
Felicitas Heimann-Jelinek, Michaela
Feurstein-Prasser, Kuratorinnen, xhibit.at,
Wien
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
23
Weltuntergang.
Jüdisches Leben und Sterben
im Ersten Weltkrieg
D
ie Geschichte der jüdischen Bevölkerung Österreichs vor
der Schoa ist trotz aller Bemühungen bislang nur marginal
aufgearbeitet worden. Eine besondere Forschungslücke
bildet die Beteiligung jüdischer Soldaten am Ersten Weltkrieg, aber auch dessen verhängnisvolle Bedeutung als Zäsur
speziell für die Juden der ehemaligen Donaumonarchie. Für diese
war schon der Erste Weltkrieg ein Weltuntergang: Ihr größtes
Siedlungsgebiet in Galizien wurde verwüstet, an die 80.000 Juden
flüchteten nach Wien, hinzu kamen fast ebenso viele Ruthenen.
Unter Kaiser Franz Joseph I. hatten Juden 1867 ihre vollen bürgerlichen Rechte erhalten, in den Nachfolgestaaten der Monarchie
waren sie sehr oft schlechter gestellt. Bereits 1918 kam es erneut zu
Pogromen und Anfeindungen im Zuge der von völkischen Kreisen
angezettelten Debatte um die Kriegsschuld, Stichwort „Dolchstoßlegende“. Zudem erhielten verstreut lebende Mitglieder unzähliger
jüdischer Familien nach dem Krieg unterschiedliche Staatszugehörigkeiten, wodurch ihre lange Zeit gewohnte Reisefreiheit enorm
eingeschränkt wurde. Aus historischer Sicht führte ein direkter Weg
vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg, der noch viel größeres Leid für
die jüdische Bevölkerung Europas mit sich brachte. Nachdem dieser
und die Schoa schon relativ umfassend aufgearbeitet wurden,
wendet sich das Interesse auch einer breiten Öffentlichkeit deren
Vorgeschichte zu.
Im Reigen zahlreicher anlassbedingter Ausstellungen und Publikationen stehen im Jüdischen Museum Wien kultur- und sozialgeschichtliche Aspekte im Vordergrund. Es erschien jedoch nicht
sinnvoll, nur die kurze Zeitspanne des Krieges mit Waffen zu beleuchten, sondern auch die ideologischen Grabenkämpfe davor und
danach. Um diese Zeitenwende herauszuarbeiten, wird in der
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Ein Rabbiner segnet das
Kaiserpaar, 1916, Sammlung Jenö Eisenberger
Fotografie: Unbekannt
Soldaten der k.u.k. Armee
werden nach ihrem
Besuch von jüdischen
Zivilisten aus der Stadt
begleitet, 1916
Fotografie: Henry Larson, American
Colony Jerusalem, Library of Congress
Versailles und St. Germain den nächsten Weltkrieg prophezeit. Seine Nobelpreis-Medaille von 1911 wird in der Ausstellung erstmals
öffentlich gezeigt.
An die 300.000 jüdische Soldaten kämpften von 1914 bis 1918 in
der k.u.k. Armee, etwa zehn Prozent davon ließen ihr Leben auf
dem Schlachtfeld. Um historische Zusammenhänge auch zu individualisieren, wurden in allen Räumen bunt bedruckte Fahnen mit
Porträtfoto und Kurzbiografie von hierfür relevanten Persönlichkeiten von der Decke abgehängt. Kleinere Bereiche der Ausstellung
widmen sich dem besonderen Verhältnis der Juden zu ihrem Kaiser,
dem Antisemitismus speziell gegen Soldaten, der Tätigkeit der
k.u.k. Feldrabbiner und insbesondere auch der gotteslästerlichen
„Fratze des Krieges“, Letzteres wird durch Propagandaplakate als
Ursache – und der Darstellung des Todes als Wirkung visualisiert.
Der Bund Jüdischer Frontsoldaten (BJF) wurde 1932 als Veteranenverband und als Schutzeinheit gegen antisemitische Übergriffe
gegründet. Eine seltene Fahne aus einem Archiv in Jerusalem bildet
hier das Highlight. Im März 1938 konnte auch der BJF nichts mehr
ausrichten, gerade jüdische Weltkriegsveteranen wurden verfolgt,
inhaftiert und später deportiert. Andere konnten flüchten und
kämpfen in den Armeen der Alliierten oder auch für die Gründung
des Staates Israel. Zum Abschluss wird der narrative Bogen noch
in die Gegenwart erweitert, eine filmische Dokumentation thematisiert jüdische Rekruten im Bundesheer der Zweiten Republik.
Zur Gestaltung der Ausstellung
Generell hat diese Ausstellung einen sehr hohen audiovisuellen Anteil, der anstelle der üblichen Wandtexte die Inhalte der jeweiligen
Jüdisches Museum Wien
3. April bis 14. September 2014
+43 1 535 04 31
Museum Dorotheergasse, 1010 Wien
So–Fr 10 bis 18 Uhr
[email protected]
Weltuntergang. Jüdisches Leben und Sterben
10 €, 8 € ermäßigt
www.jmw.at
im Ersten Weltkrieg
24
Ausstellung ein historischer Bogen vom Besuch des Kaisers in
Jerusalem 1869 bis zur Gründung Israels 1948 gespannt. Für das
Judentum entscheidend bleibt, dass eine junge Generation nach
dem Krieg das „Projekt Assimilation“ als gescheitert sah und sich
neben dem Sozialismus vor allem dem Zionismus zuwandte.
Jerusalem steht aus vielerlei Gründen im Zentrum der Ausstellung.
Die im späten 19. Jahrhundert hier lebenden Juden stammten
aus Galizien und waren österreichische Staatsbürger, sie jubelten
1869 ihrem Kaiser „Ephraim Jossele“ zu und schickten ihm in den
Folgejahren prunkvolle Huldigungsgeschenke nach Wien, die in der
Ausstellung zu sehen sind. Noch heute erhebt sich über die Altstadt
Jerusalems das „Österreichische Hospiz zur Hl. Familie“. Dessen
k.u.k. Handelsfahne aus dem Jahr 1880 ist ebenso zu sehen wie
das Gästebuch von 1885 bis 1938, auf dessen Seiten der Jahre 1916
bis 1918 zahlreiche k.u.k. Soldaten und auch Erzherzog Hubert
Salvator verzeichnet sind. Eine Besonderheit bildet eine von der
Bezalel-Kunsthochschule angefertigte Schale, die dem Hospiz 1916
von den k.u.k. Offizieren geschenkt wurde. Modelle von Kriegsschiffen verweisen auf deren jüdischen Ingenieur Siegfried Popper.
Durch die Kriegswirren, verbunden mit Hunger und Not, wurden
diese österreichischen Juden aus Jerusalem großteils vertreiben
oder deportiert. Nach dem Krieg war wiederum Wien ein Zentrum
des Zionismus – und neuerlich wanderten österreichische Juden
nach Palästina aus. Gerade die Heimatlosen drängten verstärkt in
Richtung Zionismus. Unmittelbar nach dem Krieg warf sich die
Frage „Friede oder Revolution“ auf. Besonderes Augenmerk wird
hier auf Wiens jüdischen Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann
Fried gelegt, den engsten Mitarbeiter Bertha von Suttners. Fried
hatte bereits nach dem Abschluss der „Friedensverträge“ von
Eine Reihe von jüdischen
Frauen engagierte sich
auch im Rahmen der
bürgerlichen Frauenbewegung in der Kriegsfürsorge
Fotografie: agentur wulz services
Propagandaplakate und
Leichenteile als „Fratze
des Kriegs“
Fotografie: Eva Kelety
Yella Hertzka (1873–
1948), Frauenrechtlerin
und Pazifistin, im
Portrait
Fotografie: Eva Kelety
26
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Bereiche einspielt. Dieser Schritt ins 21. Jahrhundert ist auf das
Wirken von Direktorin Danielle Spera zurückzuführen. Kurator
Marcus G. Patka führte zusammen mit Rainer Hunger von visualhistory.tv an die 30 Interviews mit Historikerinnen und Historikern in
Wien und Jerusalem. Hieraus wurden wie bei einer TV-Dokumentation Überblicks- und Bereichsmonitore mit kurzen Interview-Sequenzen bespielt. Hervorzuheben sind Statements der Universitätsprofessoren Oliver Rathkolb, Manfried Rauchensteiner, Robert Wistrich
und Erwin Schmidl sowie des Rektors des Österreichischen Hospizes, Markus St. Bugnyar. Die Zeitzeugin Susi Seller spricht über
ihren Vater und dessen Begeisterung, für den Kaiser als Soldat in
den Krieg zu ziehen. Ein filmischer Spaziergang mit Dr. Norbert
Schwake führt zu österreichischen Kriegsgräbern in Jerusalem und
Nazareth. Dies birgt für die Ausstellung einen vielfachen Gewinn:
In fünf Minuten Interviewtext kann wesentlich mehr Information als
auf einem Wandtext transportiert werden und der Raum gewinnt
durch das Entfallen großer Schrifttafeln an Geschlossenheit und
Ästhetik. Bildschirme mit bewegten Bildern fügen sich somit harmonisch zu statischen Kunstwerken.
Auch der Anteil an bildender Kunst ist sehr hoch: Es finden sich
zeitgenössische Originale von Oskar Kokoschka, Jehudo Epstein,
Ephraim Moses Lilien, Carry Hauser, Oskar Laske, Karl Sterrer,
Joseph Ben Simon Ehrenfreund, Leo Perlberger, Alexander Pawlowitz, Rudolf Alfred Höger, Josef Engelhart, Alexander Demetrius
Goltz, Eduard Braunthal, Franz von Matsch und Fritz Weninger
sowie Reproduktionen von Egon Schiele, Arnold Schönberg, Isidor
Kaufmann, Wilhelm Viktor Krausz und Emil Ranzenhofer. Gezeigt
wird auch ein von Uriel Birnbaum 1916 im Schützengraben angefertigter Zyklus apokalyptischer Visionen. Dieser wurde vom Verein
der Freunde des Jüdischen Museums vor zwei Jahren extra für die
Ausstellung angekauft. Eine exquisite Auswahl an Dokumenten
fand sich in den eigenen Beständen in Sammlung, Archiv und
Bibliothek. Zudem zeigt die Ausstellung Propagandaplakate beider
Kriegsparteien und somit aus Österreich-Ungarn, Deutschland,
Russland, USA, England und Frankreich, wobei dem Betrachter
Julius Tandler (1869–
1936), Mediziner und
Sozialreformer;
Karl Kraus (1874–1936),
Satiriker des Weltuntergangs
Fotografie: agentur wulz services
Bildmetaphern wie Spinne, Krake oder Ungeziefer für die Darstellung des Feindes durchaus bekannt vorkommen. Militaria werden
so gut wie nicht ausgestellt. – Hiermit wollte sich das Jüdische
Museum Wien bewusst auch von anderen Ausstellungen gleichen
Themas unterscheiden. Die Wände im 1. Stock der Dorotheergasse 11 sind Blaugrau gestaltet. Darauf wurde kein einziges
Schwarz-Weiß-Foto kaschiert, diese werden ausschließlich
audiovisuell per Beamer als Slideshow eingespielt, wodurch es
keinerlei Schwarz-Weiß-Flächen gibt.
Für das künstlerische Konzept zeichnete Bienenstein Visuelle
Kommunikation verantwortlich, umgesetzt wurde es vom Architekten Gerhard Veigel. Das wissenschaftliche Team wurde durch
Peter Steiner, Martin Senekowitsch und Sabine Bergler ergänzt.
Die von Marcus G. Patka herausgegebene Publikation mit Beiträgen von Robert Wistrich, David Rechter, Albert Lichtblau, Gerald
Lamprecht, Gerhard Langer, Erwin Schmidl, Christoph Neumayer,
Robert-Tarek Fischer, Eleonore Lappin, Michaela Raggam-Blesch,
Alfred Stalzer, Peter Steiner, Evelyn Adunka, Dieter Hecht, Paul
Rachler und vielen anderen ist bei Styria Premium erschienen. ■
Marcus G. Patka, Kurator, Jüdisches Museum Wien
Nobelpreisträger Alfred
Hermann Fried gab mit
Bertha von Suttner ab
1892 die Zeitschrift Die
Waffen nieder! heraus
Fotografie: QAY
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
27
W
ir haben den Titel unserer Ausstellung einem Text
Friedrich Schillers entnommen. In seinem umfangreichen Gedicht „Die Künstler“ (1789) widmet er sich
ästhetischen Fragestellungen zur Rolle der Kunst
und des Künstlers im Streben des Menschen um Erkenntnis und
Vollkommenheit. In einer der letzten Strophen finden sich die
Ausrufe: „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben! Bewahret sie! Sie sinkt mit euch! Mit euch wird sie sich heben!“
Dieses Zitat gewinnt seine Aktualität durch eine Erweiterung des
Adressatenkreises, die den Urheber vielleicht überraschen würde.
Heute gilt es als selbstverständlich, dass sich dieser Aufruf an
die engagierte Allgemeinheit richtet und nicht nur, wie im Zitat, an
die kleine Gemeinschaft der Künstler/innen. Und doch sind es
oftmals gerade die schöpferischen Menschen, die für gesellschaftliche Veränderungen ein sehr feines Sensorium entwickelt haben.
Wie reagieren Künstler/innen mit den ihnen eigenen Mitteln auf
Katastrophen wie Kriege, wie wird die Erschütterung der Grundfesten menschlicher Existenz in bildnerischen Werken manifest?
Schon die ersten Recherchen offenbarten eine Metaebene, die
sich um den Sammelbegriff der Würde, der Entwürdigung und des
Kampfes um die Rückgewinnung der Würde aufspannt. Anhand
der zahlreich vorgeschlagenen künstlerischen Arbeiten wurde
zunächst evident, wie weitverzweigt und durchdringend die Würde
das menschliche Dasein bedingt. Sie ist Voraussetzung für ein
gedeihliches Leben der Kinder wie der Alten, sie umfasst wirtschaftliche Belange ebenso wie gesellschaftliche und kulturelle
und tritt zumeist erst dann ins Bewusstsein, wenn sie infrage
gestellt wird.
Die Würde erscheint als Spiegel des Gesundheitszustandes der
Menschengesellschaft, wird sie doch – gleich der Gesundheit von
Geist und Körper – erst dann zum Thema, wenn Krankheit, Verletzung oder ihr drohender Untergang bevorstehen. Es mag kein Zufall
sein, dass die Deklaration der Menschenrechte 1948 erfolgte und
somit als Reaktion auf die größte Niederlage gesehen werden kann,
welche sich die Menschheit in Hinblick auf die Würde je zugefügt
hat.
Aber die Würde bezieht sich nicht automatisch auf die Menschheit als Entität. Genauso muss die Rede sein von kulturell unterschiedlich geprägter Würde, von der Würde des Staates bzw. der
Macht und natürlich auch von der Würde des Individuums. Letztlich
stellt sich die berechtigte Frage, ob es nicht das Naturrecht jeden
Artgerechte Haltung wäre hier ein Begriff, der ironisierend auf die
Unfreiheit des Individuums im Staatsgebilde anspielt.
Von „artgerechten“ Lebensumständen könnte das Thema in
funktionierenden Demokratien erzählen. Kann aber dieses „Funktionieren“ angesichts einer übermächtigen Wirtschaft, vor allen
Dingen einer Finanzwirtschaft, die von anonymen globalen Interessen geleitet wird und nur noch sich selbst zu gehorchen scheint,
kann aber dieses „Funktionieren“ noch wirklich behauptet werden?
Das Volk als anscheinend entkräfteter Träger der Macht hat zwar
den Löffel abgegeben, muss aber im Falle von spekulationsbedingt
häufigem Scheitern die eingebrockte Suppe auslöffeln, während
die weltweit agierenden Finanzspieler weiterhin an überreich gedeckten Tischen sitzen.
Das Individuum ist zu einem ausweglosen Kampf um wirtschaftlichen Erfolg gezwungen – wer verliert, wird zum „überflüssigen
Menschen“2, unerbittliche Entwürdigung ist die Folge. Unter diesen
Umständen zur Funktionseinheit degradiert, vergessen wir leicht,
wofür es sich zu leben lohnt. „Der Bedeutungswechsel in unserer
Kultur, der uns unsere besten Genüsse zu unseren Ärgernissen
werden ließ, bedeutet also nicht weniger, als dass wir es innerhalb
Lebens auf Würde gebe. Auch die Würde der Kreatur und die Würde
der Pflanzen gilt es in unserem eigenen Interesse zu schützen.1
›DER MENSCHHEIT
WÜRDE ...‹
1
Heike Baranzke:
Kreatur. In: Wörterbuch der Würde.
Hg. v. Rolf Gröschner,
Antje Kapust, Oliver
W. Lembcke.
München 2013, S. 164f.
2
kurzer Zeit verlernt haben, dasjenige zu schätzen und zu würdigen,
wofür es sich zu leben lohnt.“ 3
Das tiefste Wesen der individuellen Würde ist in der Autonomie,
der Freiheit und Fähigkeit zum eigenständigen, unabhängigen Sein
begründet. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett weist
darauf hin, dass es nicht genügt, Ungleichheit zu bekämpfen, um
gegenseitigen Respekt zu wecken. Die Starken müssen jenen
Menschen, die dazu verurteilt sind schwach zu bleiben, Autonomie
zubilligen und ihnen somit ihre Würde belassen. „Die Kunst öffnet
den Blick auf die Ausdruckspraxis gegenseitigen Respekts.“ 4
Unser kuratorisches Konzept maßt sich natürlich nicht an, das Konstrukt „Würde“ und seine vielschichtigen Auswirkungen gesamtheitlich darzustellen. Dies würde den uns vorgegebenen Rahmen
bei Weitem sprengen.
Ein einleitender, deskriptiver Teil der Ausstellung zeigt, dass die
Darstellung des Phänomens Würde vor allem in einem Negativverfahren erfolgt – besonders in ihrer Beschädigung oder in ihrer
Abwesenheit wird Würde sichtbar. Als wir die verschiedenen
Positionen der drei Städte gegenüberstellten, kristallisierten sich
unter Berücksichtigung des heurigen Gedenkjahres sehr schnell
Ílija Trojanow: Der
überflüssige Mensch.
St. Pölten, Salzburg,
Wien 2013.
3
Robert Pfaller: Wofür
es sich zu leben lohnt.
Elemente materialistischer Philosophie.
Frankfurt am Main
2011, S. 18
MUSA Museum Startgalerie Artothek
1. April bis 31. Mai 2014
+43 1 4000-8400
1010 Wien
29. Juni bis 2. August 2014 (Sarajevo)
[email protected]
24. September bis 16. November 2014 (Brünn)
www.musa.at
Der Menschheit Würde …
4
Richard Sennett:
Respekt im Zeitalter
der Ungleichheit.
Berlin 2010, S. 317 ff.
Eintritt frei!
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
29
Ramesch Daha „Gold gab
ich für Eisen“, 2014, Installation, Mischtechnik,
Courtesy of the artist
Deborah Sengl „Der Wolf
– als Räuber – ertarnt sich
seine begehrte Beute“,
2005, Objekt aus Tierpräparaten, Courtesy MUSA
Fotografie: Michael Wolschlager, MUSA
Fotografie: Michael Wolschlager, MUSA
„Kindheit und Jugend“ sowie „Flucht und Obdachlosigkeit“ als leicht abzulesende und diametral gewertete Indikatoren des
gesellschaftlichen Würdezustandes im Alltag heraus. Ein auf das
Produkt konzentriertes, kapitalistisches Wirtschafts- und somit
auch Gesellschaftssystem misst allen gesellschaftlichen Gruppen
Wertigkeiten zu, so auch den Kunstschaffenden, von denen der
unmögliche Spagat zwischen Authentizität und Vermarktung verlangt wird, um dann wieder einem unangenehmen und eines
Sozialstaates unwürdigen Prekariatsbegriff zugerechnet zu werden.
Die Würde des Menschen ist zwar per Gesetz unantastbar5,
doch wird sie bekanntlich auf vielfache Weise angegriffen.
Stéphane Hessels Aufruf „Indignez-vouz“6 spielt auf diese Verletzung der Würde an. Mit seinem Essay verlieh er einer ganzen
Bewegung gleichsam das Motto. Die deutsche Übersetzung
„Empört euch“ mag zwar vom Gehalt her treffen, liegt aber doch
recht weit vom Original entfernt. Darauf wies zuletzt Armin
Thurnher hin, der seinerseits wieder Wolfgang Streek ins Treffen
führt7. Eine korrekte Übersetzung sollte lauten: „Fühlt euch
entwürdigt und tut etwas dagegen.“8 Dementsprechend enthält
5
30
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Peter Weibel „Lines of
Crimes: The real dope
is virtual money“, 2009,
Mischtechnik, Courtesy
MUSA
Fotografie: Michael Wolschlager, MUSA
Florian Weber. In:
Wörterbuch der Würde,
a.a.O, S.198f.
6
Stéphane Hessel:
Indignez-vous.
Montpellier 2010;
Empört euch. Berlin
2011.
7
der zweite große Ausstellungsteil Strategien zur Selbstermächtigung und zur Erlangung bzw. Stärkung der eigenen Autonomie
durch Agitation, Subversion, Humor, aber auch durch Selbstreflexion oder gesellschaftliche Emigration. Reaktionäre Gemüter
glauben in diesen Bestrebungen antidemokratische Tendenzen zu
erkennen, nur um die allgegenwärtige „Abgestumpftheit als Wurzel
unseres wunschlosen Unglücks mit demokratischen Spielregeln“ 9
ignorieren zu können. Die in diesem Themenbereich angesiedelten
Arbeiten verbannen jedoch das Unwort „alternativlos“ aus dem
gesellschaftlichen Leben. Sie fordern uns zum Einmischen und zum
Tragen der Verantwortung unseres eigenen Handelns auf.
„Der Menschheit Würde …“ ist ein Kooperationsprojekt des
MUSA – Wien, der Kunstgalerie von Bosnien und Herzegowina
in Sarajevo und dem Haus der Kunst der Stadt Brno. Ein viersprachiger Katalog (Ambra-Verlag, 24,95 Euro) ist ab Mitte Juni
erhältlich. ■
Berthold Ecker (Leitung), Roland Fink,
MUSA Museum Startgalerie Artothek
Armin Thurnher:
Republik ohne Würde.
Wien 2013, S. 13,
S. 225 ff.
8
Wolfgang Streek:
Wissen als Macht,
Macht als Wissen.
Kapitalismusversteher
im Krisenkapitalismus,
in: Merkur 9/10, 2012,
S. 787
9
Anneliese Rohrer:
„Ende des Gehorsams“.
Wien 2011, S. 42.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
31
www.landesmuseum-burgenland.at
Der Erste Weltkrieg veränderte nicht nur die geopolitische Landkarte – er veränderte auch die
Menschen. Die Exponate für die Ausstellung wurden von den Bevölkerung im Rahmen einer
Sammelaktion zur Verfügung gestellt.
Landesmuseum Burgenland, Eisenstadt
Land im Krieg. Zwischen Schützengraben
und Heimatfront
4. April bis 11. November 2014
www.grazmuseum.at
www.museum-joanneum.at
Das GrazMuseum geht der Frage nach dem
österreichischen Anteil an der Kriegsschuld nach.
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3
GrazMuseum, Graz
Königsmorde. Gewalttaten in der Donaumonarchie
30. April 2014 bis 17. November 2015
www.montafoner-museen.at
2
Universalmuseum Joanneum, Graz
Die Steiermark und der „Große Krieg“
28. Juni 2014 bis 5. Juli 2015
Die Ausstellung richtet den Blick auf eine Region,
die zwar nicht unmittelbar von den
Kampfhandlungen betroffen war, dennoch aber
von den Folgewirkungen sehr stark in
Mitleidenschaft gezogen wurde.
1
Fotografien, Objekte und Dokumente werden in
der Bevölkerung gesucht, der Erste Weltkrieg,
diese „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, wird
auch in den Montafoner Museen thematisiert.
Montafoner Museen
Montafon im Ersten Weltkrieg
ab 2015
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Teilnehmende Künstler/innen: Ariadne Avkiran, Ahmet Avkiran,
Katrin Ackerl Konstantin, Alois Hechl-Kreuter, Marc Horisberger,
Detlef Löffler, Peter Schlager, Herwig Steiner, Frank Waltritsch,
Friedrich Zorn ... ♠
Alex Samyi, Gründer des Museum am Bach
Museum am Bach. Institut für Systemkunde
28. Juli bis 4. Oktober 2014
9113 Ruden
Do–So 14 bis 20 Uhr
SLOW! Erster Weltkrieg Dada
4 €, 2 € ermäßigt
+43 4234 272
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
35
Eine Weltkriegsausstellung und ihr Konfliktlabor:
JUBEL & ELEND.
Leben mit dem
Jubel und Elend, Sieg und Niederlage, Zusammenbruch und
Befreiung: Scheinbare Gegensätze lagen im Ersten Weltkrieg
oft nah beieinander. Während viele an den Krieg Hoffnungen
knüpften – ob auf eine neue Ordnung der Dinge, eine Moder-
A
uf Kosten Millionen Toter wurden Siege,
Befreiungen und Eroberungen gefeiert,
Städte beflaggt, Heerschauen abgehalten.
Gleichzeitig litt die Bevölkerung unter
dem Mangel an Lebensmitteln, stieg die Zahl der gefallenen Angehörigen und Freunde, prägten Verwundete und Invalide die Straßen. Wie konnte es dazu
kommen, dass moderne Gesellschaften des beginnenden 20. Jahrhunderts einen Krieg mit solch verheerenden Ausmaßen begannen und ihn mehr als vier
Jahre lang führten? Wie haben sich die Menschen
über den langen Zeitraum in diesem Krieg eingerichtet? Und warum war es so schwer, ihn wieder zu
beenden?
Die Ausstellung „JUBEL & ELEND. Leben mit dem
Großen Krieg 1914–1918“ geht diesen drei grundlegenden Fragen nach und versucht sie mit historischen
Fakten, vor allem aber anhand von persönlichen
Schicksalen zu beantworten. Bei der Aufarbeitung
des „Großen Krieges“, seiner Ursprünge und seiner
Folgen, stehen der Geist der Zeit, die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Erwartungen und Haltungen
der Menschen im Zentrum. Die Gegenpole „Jubel“
und „Elend“, die diesen Krieg kennzeichneten, werden
an den vielen unterschiedlichen Perspektiven und
Erfahrungen offenkundig, mit denen Menschen von
den Schützengräben bis zur „Heimatfront“ konfrontiert waren. Einzelschicksale stehen für jene von
Millionen Soldaten, von Frauen, Männern und Kindern
36
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
im Hinterland. Über Fotografien, Bilddokumente, Plakate, Zeitungsartikel und persönliche Objekte werden
ihre Geschichten lebendig. 15 Protagonistinnen und
Protagonisten, die auf der einen oder auf der anderen
Seite standen, begleiten mit ihren persönlichen Aufzeichnungen die Besucherschaft vom ersten bis zum
letzten Raum. Durch sie bekommen die unzähligen
Opfer, die mit diesem Krieg lebten oder in ihm starben, ein Gesicht.
Um diesen persönlichen Aspekt in der Ausstellung
zu ermöglichen, fand im Vorfeld eine Sammelaktion
statt: Die Bevölkerung wurde dazu eingeladen, in ihrer
eigenen Familiengeschichte zu forschen, Alltagsgegenstände, Erinnerungs- oder Sammelstücke, schriftliche Aufzeichnungen und Fotos als Leihgaben zur
Verfügung zu stellen. 4.500 Objekte sollten so insgesamt zusammenkommen, 120 davon fanden in der
Schau Verwendung. Die Suche danach löste bei vielen
eine intensive Auseinandersetzung, einen Prozess
des Erinnerns aus, welche die Ausstellung prägen.
Der individuelle Zugang
Persönliche Geschichten, 1.000 Objekte, über 1,5 Stunden Original-Filmmaterial, themenbegleitende Dialogführungen und ein Audioguide, daneben Zitate,
Bilder, Geschichten und Fakten, die in jedem Raum
„gepflückt“ und zu einem persönlichen Sammelband
zusammengestellt werden können … Aufgrund ihrer
Großen Krieg 1914–1918
nisierung der Gesellschaft, persönliche Anerkennung oder
schnellen Ruhm –, erkannten andere schon früh, auf welche
Katastrophe die Menschheit zusteuerte. Sie sollten ungehört
bleiben.
inhaltlichen Fülle ließe sich die Ausstellung „JUBEL &
ELEND. Leben mit dem Großen Krieg 1914–1918“ mehr
als einmal durchwandern. Je nach Fokus würden sich
dabei jedes Mal neue Perspektiven und Vertiefungsmöglichkeiten eröffnen.
Den Besucherinnen und Besuchern stehen unterschiedliche Zugänge zum Thema offen. Sie werden
in die Geschichte miteinbezogen, gleichzeitig aber
immer wieder dazu angeregt, den Kontext zur Gegenwart herzustellen. Sie sollen wachgerüttelt werden
und die Ausstellung mit vielen offenen Fragen verlassen. Fragen, die sie sich selbst, ihren Kindern und
Freunden stellen, die sie mit aktuellen politischen
Geschehnissen in Zusammenhang bringen können.
Die Antworten darauf nimmt ihnen die Ausstellung
nicht ab. Ebenso wenig ist es deren Ziel, vordergründig emotionale Betroffenheit auszulösen, sondern
vielmehr das Gefühl zu vermitteln, dass wir hier und
jetzt alle betroffen sind. Dass die Ereignisse nicht
so fern sind, wie es das Gedenken an ein 100 Jahre
zurückliegendes Ereignis den Anschein macht.
Warum ein Konfliktlabor?
Brücken in die Gegenwart zu schlagen und die Besucherschaft mit sich selbst zu konfrontieren:
Dieser Weg wird im Konfliktlabor, einem partizipativen Ausstellungs- und Workshopraum, fortgesetzt.
Zwei Aspekte galt es dabei – so die Grundidee –
besonders hervorzuheben: Zum einen sollte das Konfliktlabor die Bedeutung dessen „im Kleinen“ vor Augen führen, wovon die Ausstellung im Großen Zeugnis
abgibt. Welche Gefahr ein Konflikt in sich birgt, macht
die Schau deutlich: Die Besucherinnen und Besucher
werden mit einem Konflikt konfrontiert, der aufs
Schlimmste eskalierte. Umso wichtiger ist es, im
Zuge der Aufarbeitung persönliche Anknüpfungspunkte zu bieten und Handlungsspielräume aufzuzeigen. Das Konfliktlabor will dazu ermutigen, Spannungen nicht zuletzt als Chance wahrzunehmen und
die positive Kraft zu erkennen, die von jedem Konflikt
ausgeht. Konflikte helfen uns, starre Handlungsmuster aufzubrechen, sie bringen Veränderung und
oft auch Verbesserung. Wenn es uns gelingt, ihnen
mit Neugier, Mut und Herz zu begegnen, gehen wir
gestärkt daraus hervor.
Zum anderen soll das Konfliktlabor die Dynamik
deutlich machen, der Konflikte unterliegen. So unterschiedlich und vielfältig sie sein mögen, so sehr
ähneln sie einander in ihren Mechanismen. Wird der
Prozess nicht bewusst unterbrochen, laufen die
Beteiligten – wir alle nämlich – Gefahr, immer weiter in
den Konflikt verstrickt zu werden und die Kontrolle
über dessen Fortgang zu verlieren. Genau an diesem
Punkt setzt das Konfliktlabor an: Anhand konkreter
Merkmale kann der Verlauf analysiert, die Ausweitung
gestoppt und ein mögliches Ausstiegsszenario entworfen werden.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
37
1
2
1
Renaissanceschloss Schallaburg: Jubel und Elend
Fotografie: Andreas Jakwerth
2
Die Ausstellung ermöglicht auch Einblicke in die
globalen Dimensionen des
Konflikts
Fotografie: Andreas Jakwerth
4
3
Die Bevölkerung wurde
dazu eingeladen, in ihrer
eigenen Familiengeschichte zu forschen und
Erinnerungs- oder Sammelstücke als Leihgaben
zur Verfügung zu stellen
4
Einzelschicksale stehen
für jene von Millionen
Soldaten, von Frauen,
Männern und Kindern
im Hinterland
Fotografie: Andreas Jakwerth
Fotografie: Andreas Jakwerth
Renaissanceschloss Schallaburg
29. März bis 9. November 2014
+43 2754 6317 0
3382 Schallaburg
Mo–Fr 9 bis 17 Uhr, Sa, So, Ftgs 9 bis 18 Uhr
offi[email protected]
JUBEL und ELEND.
10 €, 9 € ermäßigt
www.schallaburg.at
Leben mit dem Großen Krieg 1914–1918
3
Der erste Eindruck
Wände aus Seekiefer, der Boden in neutralem Grau: Bei der Gestaltung des Konfliktlabors wurden das Konzept der Ausstellung
und die dort eingesetzten Materialien aufgegriffen. In der Ausstellung steht die Architektur im Dienst der Objekte, im Konfliktlabor stellt sie sich indes in den Dienst der
Bespielbarkeit. Zwei Streetart-Künstler
wurden eingeladen, die Inhalte an die Wände
zu bringen: Bunt und auffallend sprechen
diese Illustrationen die Besucherinnen und
Besucher gleich beim Betreten des Labors
an. So dient ein Herz, das mit einem Gehirn
zusammenwächst, als Sinnbild für unsere
Gefühlslandschaft. Ein mit Symbolen beladener Kasten steht für die Persönlichkeit,
die Gewohnheiten und Prägungen eines
38
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
beliebigen Menschen zu einem bestimmten
Zeitpunkt seines Lebens. Diese Illustration
macht die Unterschiedlichkeit und Vielfältigkeit der Menschen – eine der Kernbotschaften des Konfliktlabors – sichtbar. Das „Eisbergmodell“ veranschaulicht unsere Kommunikation, es macht erkennbar, wie viele
unbewusste Ebenen bei einem Konflikt
mitschwingen. Während Sachinformationen
lediglich die Spitze des Eisbergs ausmachen, liegen unter der Oberfläche noch
verborgene Antriebskräfte, die, solange sie
unausgesprochen bleiben, Zündstoff für
Konflikte liefern. Auch eine Giraffe hat sich
unter die Illustrationen gemischt. Als Landsäugetier mit dem größten Herzen ist sie
das Symbol für Marshall Rosenbergs Anleitung zur Herzenssprache, der „Gewaltfreien Kommunikation“.
Ich und Konflikte
Das Konfliktlabor ist so konzipiert, dass die
Besucherinnen und Besucher gleich zu Beginn des Ausstellungsrundgangs über die
persönliche Erfahrungswelt, die sich im
Konfliktlabor eröffnet, in das Thema der
Ausstellung einsteigen oder aber es am
Ende für einen persönlichen Aus- und Weiterblick nützen können. Hinter den bunt bemalten Wänden verbergen sich vier Nischen. Hier
haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, sich mit dem Thema „Konflikt“ zu
beschäftigen und Anregungen für den Umgang mit Konfliktsituationen zu sammeln.
Gleich in der ersten Nische werden sie unmissverständlich mit sich selbst konfrontiert: Zueinander gerichtete Spiegel stellen
die Person von mehreren Seiten in den Blick-
punkt. Über und unter den Spiegeln suggerieren zahllose Eigenschaftswörter die
Komplexität jedes Menschen und seiner Gefühlswelt. „Was der Körper sagt“: In der zweiten Nische werden anhand zahlreicher
Beispiele die unbewussten Signale, die Menschen aussenden, offengelegt und Aufschluss über deren Bedeutung gegeben. Die
dritte Nische widmet sich unseren Gewohnheiten und versucht sich in einer Art Typologisierung von Konfliktverhalten. In der
vierten Nische haben Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, ihre Strategien der
Konfliktbewältigung mit anderen zu teilen.
Eskalation in neun Stufen
Die andere Hälfte des Konfliktlabors
nehmen drei Holzplateaus ein. Sie sind
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
39
7
5
5
6
Zwei Streetart-Künstler
wurden eingeladen, die
Inhalte des Konfliktlabors
an die Wände zu bringen
Fotografie: zunder zwo
7
Strategien der Konfliktbewältigung:
Welche Wege gibt es zur
gewaltfreien Kommunikation
Fotografie: zunder zwo
8
Konflikteskalationsmodell in neun Stufen: Die
Illustration zeigt den
Verfall einer Person im
Durchwandern dieser
Eskalationsstufen
Fotografie: zunder zwo
9
10 Brücken in die Gegen-
wart zu schlagen und die
Besucherschaft mit sich
selbst zu konfrontieren:
Das Konfliktlabor als
partizipativer Ausstellungs- und Workshopraum
9
Fotografie: zunder zwo
6
8
jeweils in drei Bereiche unterteilt und ergeben solcherart neun Stufen, die mit Worten wie „Debatte“ oder „Drohstrategien“ bis hin zu
„Gemeinsam in den Abgrund“ beschriftet sind. Auffallend sind die
begleitenden Illustrationen an der Wand: Sie zeigen den Verfall
einer Person im Durchwandern dieser Eskalationsstufen. Basis der
Installation ist das Konflikteskalationsmodell des österreichischen
Konfliktforschers Friedrich Glasl. Mittels neun Eskalationsstufen
beschreibt es das Fortschreiten von Konflikten und die jeweils möglichen Ausstiegsszenarien. Stufe um Stufe geht es sinnbildlich
bergab – in einen Abgrund, aus dem herauszukommen zusehends
schwieriger bis letzten Endes unmöglich wird.
Im Konfliktlabor können die Besucherinnen und Besucher das
neunstufige Modell betreten und mit ihm arbeiten. Filmausschnitte
führen ihnen unterschiedliche Konfliktsituationen vor Augen, die sie
auf dem Modell ihrem Eskalationsgrad zuordnen können. Wesentlich
ist hier die Vielfalt der Beispiele: Ob Biene Maja, Harry Potter oder
ein Truckfahrer – alle haben Konflikte, und das ist völlig normal.
Die Relevanz des Eskalationsmodells liegt in der Möglichkeit, diese
zu bewerten und Ausstiegsmöglichkeiten zu orten.
40
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Win-Win, Win-Lose oder Lose-Lose? Welches Ende ein Konflikt
nimmt, hängt davon ab, wie weit er fortgeschritten ist. Zu Beginn
können die Parteien noch selbst eine – für beide Seiten befriedigende – Lösung herbeiführen. Ab Stufe vier braucht es zur Deeskalation
eine neutrale Instanz; nun kann jedoch meist nur noch eine Konfliktpartei gewinnen. Eindeutig ist auch erkennbar, dass ab Stufe
vier der ursprüngliche Auslöser des Konflikts in den Hintergrund
rückt und die Überlegenheit über den anderen zum eigentlichen Ziel
wird. Ab Stufe sieben ist eine Vermittlung zwischen den Parteien
nicht mehr möglich: Die Vernichtung des anderen wird zum alleinigen Ziel, der eigene Schaden in Kauf genommen, solange der
Schaden des anderen größer ist.
Anhand des Modells wird spür- und erkennbar, wie sich Konflikte sukzessive intensivieren und eine Eigendynamik entwickeln.
Bemerkenswert ist, dass sich damit sowohl zwischenmenschliche als auch internationale Konflikte analysieren lassen. Der
direkte Anknüpfungspunkt zum Thema der Ausstellung wird so
deutlich.
Eine Reise beginnt
Am Beginn jedes Konfliktlabor-Workshops steht die Auseinandersetzung mit den Stufen der Konflikteskalation. Niederschwellig
können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Konfliktsituationen kennenlernen, und das zunächst am Beispiel anderer.
Sie behalten den Blick von außen und bekommen ein Gefühl für
Verlaufsformen und Ausstiegsszenarien.
Der zweite Teil des Workshops widmet sich dem Potenzial von
Emotionen, von Sprache und Kommunikation in Konfliktsituationen:
Die Art und Weise, wie man Gefühle und Bedürfnisse zum Ausdruck
bringt, hat einen wesentlichen Einfluss darauf, ob Konflikte entstehen und wie sie verlaufen. Gegenseitige Wertschätzung und Respekt schwingen in allen Übungen mit. „Ich bin anders und das ist
gut so“ – mit dieser Botschaft gehen die Teilnehmenden gestärkt aus
den Workshops. Sie bekommen ein Gefühl dafür, wie verschieden
Menschen sind und welche Herausforderung diese Unterschiedlichkeit in Bezug auf die Kommunikation und in einem weiteren Schritt
auf die Konfliktlösung darstellt.
10
Letztlich ist die Botschaft im Konfliktlabor: In Konflikten steckt
Potenzial! Oftmals gehen sie unausweichlichen Veränderungen
voraus. Wir brauchen Konflikte, um tradierte Handlungsmuster
aufzulösen, Dinge in Bewegung zu bringen und damit auch Verbesserungen zu bewirken. Der Workshop hat ein offenes Ende, das vielleicht gleichzeitig den Anfang einer Reise darstellt. Dafür bekommen
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer „Das kleine starke Buch“ mit
auf den Weg – ein Helferlein, das sich als Schummelzettel, als Reisebegleiter und als guter Anlass versteht, sich ein bisschen mit sich
selbst zu beschäftigen. ■
Martina Schönherr, Renate Woditschka, Konrad Zirm,
zunder wo, Konzeption und Ausstellungsgestaltung, Wien
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
41
Schlossmuseum Linz: Vom Leben mit dem Krieg
OBERÖSTERREICH IM ERSTEN
WELTKRIEG
EINE AUSSTELLUNGSREIHE DES OBERÖSTERREICHISCHEN LANDESMUSEUMS
Der Erste Weltkrieg ist bis heute im kollektiven Gedächtnis der Menschheit verankert, er ist eines der prägendsten Momente des 20. Jahrhunderts und wohl
sogar darüber hinaus. Staatliche Gedenkveranstaltungen, historisch interessierte
Vereine, die Kriegsgräberfürsorgeorganisationen und Nachkommen halten die
Erinnerung an diesen ersten Maschinenkrieg nach wie vor wach. Gerade jenen
Regionen, die – wie Oberösterreich – weit abseits der Front lagen, wurde bisher
eher weniger Aufmerksamkeit zuteil. Aus Anlass des 100. Jahrestages des
Ausbruchs des Ersten Weltkrieges am 28. Juli 1914 entstand daher der Wunsch,
regionale Aspekte in den Fokus zu rücken.
Oberösterreich lag zwar fernab der Fronten, dennoch war der Krieg mit seinen
dramatischen Auswirkungen überall spürbar. Die Ausstellung im Schlossmuseum
Linz setzt sich in erster Linie mit der Situation im Land auseinander – mit dem
Leben der Bevölkerung im und mit dem Krieg. Die Hoffnung auf einen schnellen
Sieg währte nur kurz, rasch setzten Ernüchterung und Ermüdung ein. Die vielfach
angenommene Kriegsbegeisterung war vor allem in der ländlichen Bevölkerung
nicht sehr groß. Den Bauern war klar, dass ein Kriegsbeginn kurz vor der Erntezeit
problematisch sein würde. Die Mobilmachung zog die wehrfähigen Männer von
ihren Arbeitsplätzen ab, Frauen mussten sie in bisher ungewohnten Berufsfeldern
ersetzen. Die Versorgungslage wurde immer trister, Hunger und Seuchen waren
die Folge. Gleichzeitig erreichte die Waffenproduktion, vor allem in Steyr, ungekannte Ausmaße. Im ganzen Land wurden Lager für Kriegsgefangene, Internierte
und Flüchtlinge errichtet. Am Ende des Krieges vollzog sich der Wandel vom Erzherzogtum Österreich ob der Enns zum Land Oberösterreich.
Peter März,
Kurator am Schlossmuseum Linz
Landesgalerie Linz: Der Erste Weltkrieg
aus künstlerischer Sicht
Die Ausstellung in der Landesgalerie geht der Frage
nach, wie Künstler, die in den Sammlungen des
Oberösterreichischen Landesmuseums vertreten
sind, in ihren Arbeiten auf die Erfahrung des Ersten
Weltkriegs reagierten. Dabei spannt sich der Bogen
von Exponaten, die zu dokumentarischen oder
propagandistischen Zwecken an unterschiedlichen
Kriegsschauplätzen entstanden, bis hin zu eigenständigen künstlerischen Auseinandersetzungen mit
den traumatischen Erfahrungen des Krieges. Der
Soldatenalltag wird ebenso thematisiert wie
das Schicksal von Flüchtlingen oder Verwundeten.
In Totentanz- und anderen allegorischen Motiven,
besonders in der Form des personifizierten Todes,
verarbeiteten Künstler auf symbolischer Ebene die
Schrecken des Krieges. Künstlerliste: Robert Angerhofer, Max Beckmann, Ernst Barlach, Klemens
Brosch, Albin Egger-Lienz, Martha Elisabeth Fossel,
Karl Hayd, Paul Ikrath, Alfred Kubin, Oskar Laske,
Max Liebermann, Carl Anton Reichel, Karl Reisenbichler, Egon Schiele, Fritz Silberbauer, Aloys Wach,
Erwin Lang.
Gabriele Spindler und Monika Oberchristl,
Kuratorinnen, Landesgalerie
Der Erste Weltkrieg aus
künstlerischer Sicht
Fotografie: OÖ Landesmuseum
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THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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Vermittlungsangebote zur Ausstellung
im Schlossmuseum
Klassenzimmer
Fotografie: OÖ Landesmuseum
Die Ausstellung im Schlossmuseum thematisiert vor allem das
Leben der Bevölkerung im und mit dem Krieg in Oberösterreich und
richtet sich an Besucher/innen ab der 7. Schulstufe.
Die Vermittlung für Schulklassen der Unterstufe knüpft am Erleben des Krieges durch die damaligen Schüler/innen an und soll
Themen wie Propaganda und die Instrumentalisierung der Kinder
für den Krieg veranschaulichen, z. B. anhand von Materialien wie
zeitgenössischen Schulaufsätzen, Kinderzeichnungen, Kartenspielen und illustrierten Postkarten, die als Diskussionsgrundlage
dienen. Zur Einführung in die Nationalitäten Österreich-Ungarns
wird eine Landkarte der Sprachen in der Monarchie als Puzzle
zusammengesetzt, wobei die Puzzleteile den Grenzen nach 1919
entsprechen. Mit Griffel werden auf einer Schiefertafel Begriffe
in Kurrentschrift aufgeschrieben und diskutiert, die zunehmend
die Lebensrealität der Kinder bestimmten, wie „Rationierung“,
„Feldpost“ usw. Auch die Rolle von Jugendlichen und Frauen in der
Kriegswirtschaft von der Landwirtschaft bis zur Industrie wird
thematisiert.
Die Vermittlung für Schulklassen der Oberstufen legt einen speziellen Schwerpunkt auf den Krieg der Wörter und der Bilder. Postkarten, Fotos, Filme, Zeitungsberichte, Plakate und Anstecknadeln
werden analysiert und interpretiert; in Form eines Quiz müssen
die Schüler/innen entscheiden, ob Fotos von der Zensur freigegeben
wurden oder nicht. Die Rolle der Frauen im Krieg wird ausführlich
besprochen, wobei dieser Aspekt auch in einer eigenen Themenführung vertieft werden kann.
Um den Ausstellungsbesuch im Unterricht vor- und nachzubereiten, werden Arbeitsblätter zum Ersten Weltkrieg angeboten, die
in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz
von Studierenden ausgearbeitet wurden. Diese können auf der
Homepage des Oberösterreichischen Landesmuseums heruntergeladen werden.
Rahmenprogramm
Die eigens für die Ausstellung im Schlossmuseum adaptierte Theateraufführung zeigt Szenen aus „Die letzten Tage der Menschheit“
von Karl Kraus und ist in Kooperation mit dem Theater SPECTACEL
Wilhering produziert worden. Die Termine können von Schulklassen
und Einzelpersonen gebucht werden, wobei vor jeder Aufführung
Vermittler/innen in der Ausstellung als Ansprechpersonen präsent
sind und Schulklassen eine auf das Theaterstück abgestimmte Begleitung erhalten.
Zusätzlich werden begleitend zur Ausstellung Propaganda- und
Spielfilme aus der Zeit zwischen 1914 und 1918 sowie zeitgenössische Berichterstattung gezeigt, die zum Diskutieren anregen.
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THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Vom Leben mit dem
Krieg
Besucheremanzipation – Erinnerungen im Museum
Fotografie: OÖ Landesmuseum
Um den Besucherinnen und Besuchern zu ermöglichen, Geschichten
über das Schicksal ihrer Familienangehörigen im Ersten Weltkrieg
mit dem Museum zu teilen und auf diese Weise zur Aus-stellung
beizutragen, wurde die Form eines „Erinnerungsbuches“ gewählt. Es
kann entweder vor Ort oder am (unfrankierten) Postweg mit Fotos,
Dokumenten und persönlichen Geschichten, die sich in den Familien
erhalten haben, befüllt werden.
Zusätzlich zum „Erinnerungsbuch“ gibt es die Möglichkeit, bei den
regelmäßigen Terminen der sehr erfolgreichen Reihe „Erinnerungscafé“ in offener Gesprächsatmosphäre eigene Familiengeschichten
einzubringen. Das „Erinnerungscafé“ lebt von der Partizipation
der Teilnehmer/innen, die angeregt durch Ausstellungsthemen und
Impulsvorträge ihre persönlichen Geschichten aus allen Jahrzehnten
mit dem Museum teilen. Für das Schwerpunktjahr zum Ersten Weltkrieg wurden Themen wie „Kochen in der Zeit der Not“ oder „Kriegswunden – seelische und körperliche Verletzungen durch Kriege“ gewählt, die die Brücke vom Ersten Weltkrieg zur persönlich erlebten
Vergangenheit bilden.
Vermittlungsangebote zur Ausstellung
in der Landesgalerie
Diese Ausstellung in der Landesgalerie ergänzt die Auseinandersetzung mit den Geschehnissen im Ersten Weltkrieg durch einen
speziellen Blickwinkel: Wie haben Künstler/innen in ihren Arbeiten
auf die Erfahrungen dieses Krieges reagiert, welche Auswirkungen
hatte der Kriegseinsatz auf sie persönlich und auf ihr weiteres
künstlerischen Schaffen?
Eine Ebene in der Vermittlungsarbeit zu dieser Ausstellung ist
die intensive Beschäftigung mit den Biografien und Künstlerschicksalen dieser siebzehn Künstler und einer Künstlerin: Waren sie an
der Front, als Kriegsmaler oder Zeichner im Einsatz beziehungsweise wie haben sie die Kriegsjahre verbracht?
Vermittlungsarbeit und kuratorische Arbeit greifen hier in besonderem Maße inhaltlich wie gestalterisch ineinander, denn die
Biografien sind als Wandprojektion sowie als Abrissblöcke Teil der
Ausstellung geworden. Besucher/innen können sich für sie interessante Biografien mit einem historischen Porträt auf der Vorderseite und einer Kurzbiografie auf der Rückseite abreißen und zum
Ausstellungsrundgang mitnehmen.
In einem weiteren Vermittlungsangebot stehen Medienberichterstattung und ihre Geschichte seit dem Ersten Weltkrieg im Mittelpunkt. Wie wurde und wird über Kriege berichtet, welche Bedeutung
und Auswirkungen haben Kriegsbilder auf uns, auf die Betroffenen
oder auf die Politik selbst und gibt es überhaupt so etwas wie objektive Berichterstattung? Ausgehend von aktuellen Krisengebieten,
wie jenen in Zentralafrika, Afghanistan oder Syrien, werden Kriegsbilder aus den letzten 100 Jahren mit Kriegs- und Propagandabildern aus der Zeit des Ersten Weltkrieges verglichen und darüber
hinaus die Macht der Bilder sowie die Bedeutung von Headlines
in den Medien gemeinsam untersucht und diskutiert. Zusätzlich sind
die Besucher/innen aufgefordert, „reale“ Zeitungsheadlines aus
Tages- und Wochenzeitungen der vergangenen drei Monate mit
einem künstlerischen Werk der Ausstellung in Verbindung zu
bringen. Die Ähnlichkeiten im Umgang mit Sprache und Bildern
über Krieg und gewaltsame Konflikte – damals und heute – werden
dadurch auf spannende Weise verdeutlicht.
Verbindungsweg GESCHICHTE(N) UND ORTE –
Am Weg vom Schlossmuseum zur Landesgalerie
Ein erweiterndes Angebot ist der Folder „Geschichte(n) und Orte.
Am Weg vom Schlossmuseum zur Landesgalerie“. Er beschreibt
sieben Orte und Schauplätze am Weg zwischen beiden Ausstellungsorten, die eine Rolle in der Zeit des Ersten Weltkrieges
spielten. Anhand dieser sieben exemplarischen Beispiele werden
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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Schlossmuseum Linz
Landesgalerie Linz
+43 732 774419 0
Vom Leben mit dem Krieg. Oberösterreich im
Aus der Sammlung.
[email protected]
Ersten Weltkrieg. Der Erste Weltkrieg im
Der Erste Weltkrieg aus künstlerischer Sicht
www.landesmuseum.at
Spiegel der Medaille
23. Jänner bis 22. Juni 2014
9. April bis 2. November 2014
6,50 €, 4,50 € ermäßigt
Geschichte und Geschichten verortet und
damit Bezüge zur Gegenwart hergestellt.
Darüber hinaus durchbricht die Vermittlung damit die gewohnten Grenzen der
Ausstellungshäuser, setzt die Vermittlung
im Außenraum fort und schafft eine thematische Verbindung zwischen den beiden
Häusern und Ausstellungen. Dieser aktuelle
Vermittlungsansatz übersetzt zudem nicht
nur Themen der bestehenden Ausstellungen, sondern produziert auch neue, ergänzende Inhalte.
Die im Folder kurz beschriebenen Begebenheiten und Orte aus dieser Zeit sind
durch historisches Bildmaterial ergänzt.
Erweitert werden die Texte durch Hinweise,
die in einer eigenen Rubrik Informationen
zur jeweiligen Thematik geben.
Der Folder liegt in den beiden Häusern
zur kostenlosen Entnahme auf und kann dazu
benutzt werden, den Weg zwischen den
beiden Ausstellungshäusern selbstständig
oder auch begleitend zu einem geführten
Rundgang zu erkunden. Bei diesem Spezialrundgang werden die beiden Ausstellungen
sowie der Verbindungsweg miteinander inhaltlich verknüpft.
Der Rundgang beginnt mit der Geschichte des Schlossmuseums selbst, das im
Ersten Weltkrieg Kaserne für das oberösterreichische Hausregiment „K.K. Infanterieregiment Nr. 14 Großherzog von Hessen und
bei Rhein“ war. Von dort aus zogen viele
Soldaten in den Ersten Weltkrieg.
Als ein weiterer Ort wird zum Beispiel
auch eine Linzer Apotheke angeführt, die in
dieser Zeit ungewöhnlicher Treffpunkt der
hiesigen Kulturszene war. Auf Einladung des
Apothekers trafen sich Künstler, Gelehrte
und Politiker und diskutierten bei Wein oder
Bier im Hinterzimmer das aktuelle Geschehen. Auch der Linzer Künstler Klemens
Brosch war hier oft Gast, er kehrte bereits
zu Beginn des Krieges schwer gezeichnet
aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Einige
seiner eindrücklichen Arbeiten sind in
der Ausstellung „Der Erste Weltkrieg aus
künstlerischer Sicht“ zu sehen.
Das Thema „Kriegsgefangene“ wird im
Vermittlungsfolder, ausgehend von einem
historischen Bild, am Linzer Taubenmarkt
verortet. Allein in Oberösterreich kamen
auf die etwa 850.000 Einwohner/innen
rund 220.000 Kriegsgefangene, die unter
sehr schlechten Bedingungen in notdürftigen Baracken und Lagern untergebracht waren und Zwangsarbeit leisten
mussten.
Auch die ökonomische Seite des Krieges
spielt eine Rolle in diesem Rundgang.
In den sogenannten „Eisernen Wehrmann“,
einer übergroßen Holzfigur, konnte die Bevölkerung mit dem Einschlagen von Eisenoder Silbernägeln, Geld spenden und so
öffentlich ihre Unterstützung der Kriegsopfer demonstrieren.
Auch die Geschichte der Landesgalerie
Linz in dieser Zeit wird aufgegriffen, in der
– trotz eingeschränkter Ausstellungs- und
Sammlungstätigkeit während der Kriegsjahre – 1915 eine internationale Ausstellung
unter dem Titel „Der Krieg und die Kunst“
eröffnet wurde.
Mit dem Folder und den Vermittlungsaktivitäten in den beiden Ausstellungen
versucht das Oberösterreichische Landesmuseum bekannte Methoden mit neuen
Strategien der Vermittlung zu verbinden
und so auf aktuelle Tendenzen in der Geschichtsvermittlung zu reagieren. ■
Manuel Heinl, Dagmar Höss,
Christina Sandberger,
Kulturvermittlung, Oberösterreichisches
Landesmuseum
Klemens Brosch
Nachtposten vor dem
Geschützturm eines
Kriegsschiffes, 1916
Fotografie: OÖ Landesmuseum,
Grafische Sammlung, Inventarnummer
Ha 1444 II
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THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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UNTER DEM
LOSUNGSWORTE
KRIEG UND
TECHNIK
Statue mit Beinprothese.
Während des Ersten
Weltkrieges für Ausstellungszwecke hergestellt
und letztlich dem Technischen Museum überlassen
Österreichische Ballonabwehrkanone, Leihgabe
des Heeresgeschichtlichen
Museums
Fotografie: TMW
Fotografie: TMW
Eine Themenschau zum
Ersten Weltkrieg
in sieben Stationen
„Es ist daher zu hoffen, daß die Industrie,
der Zeitgeschichte Rechnung tragend,
die dargebotene Gelegenheit benützen
werde, ihre kriegstechnischen Großtaten
im Technischen Museum zu verewigen.“
Der hundertste Jahrestag des Ausbruchs
des Ersten Weltkrieges ist Anlass zahlreicher Veranstaltungen im Zeichen der
Gedenk- und Erinnerungskultur. Dies gilt
auch für die Themenschau „Unter dem Losungsworte Krieg und Technik“, die das
Technische Museum Wien seinen Besuchern
ab Mai 2014 bietet. Doch ist der Kriegsausbruch von 1914 nicht der einzige Grund
für die Einrichtung dieser Themenschau.
Ein weiterer liegt darin, dass das Technische
Museum laut ursprünglicher Planung in
diesem verhängnisvollen Jahr 1914, just in
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den Tagen, in dem der Weltkrieg begann,
seine Tore öffnen hätte sollen. Der Eröffnungstermin verzögerte sich in der Folge
um Jahre.
Die Gründer legten dem Museum folgende Aufgabe zugrunde: Es sollte „die
wissenschaftliche Forschung auf dem
Gebiete der Technik und die Entwicklung
der Industrie und des Gewerbes in ihren
Wechselwirkungen darstellen und so ein
möglichst lückenloses Bild der gesamten
industriellen und gewerblichen Tätigkeit
sowie auch des Verkehrswesens in Oesterreich geben.“ 1 Doch dabei ist es nach
Kriegsausbruch nicht geblieben. Ludwig
Erhard, erster Direktor des Hauses, wollte
dem kriegsbedingten „Ausfall zahlreicher
Sammlungsgegenstände“ begegnen, indem
er „einzelne Gruppen durch kriegstechni-
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
sche Darstellungen unter dem Losungsworte ‚Krieg und Technik‘“ zu vervollständigen
ankündigte, denn, wie er schrieb: „das
Technische Museum ist berufen die kriegstechnischen Großtaten der österreichischen
Industrie der Mitwelt eindrücklich vor Augen
zu führen und den kommenden Geschlechtern als Vorbild dauernd zu erhalten.“2
Angesichts der vielfältigen Propagandaaktivitäten unterschiedlicher staatlicher
Stellen wollte Erhard auch dem Museum
eine patriotische Aufgabe übertragen, um
mitzuhelfen, die Bevölkerung bei den
Fahnen zu halten. Er schickte lange Listen
mit Objektwünschen an die Organisatoren
der „Kriegsausstellung“ im Wiener Prater,
die eine Art Leistungsschau der österreichisch-ungarischen Armee und Kriegswirtschaft darstellte, samt Trophäenhalle mit
Beutestücken und nachgebautem Schützengraben im Freigelände. Erhards Ausbeute
hielt sich letztlich zwar in Grenzen, doch
gelangte auf diese Weise eine Reihe von
Objekten mit unmittelbarem Kriegsbezug
in die Museumssammlungen.
Neben anderen Kriegsexponaten sind
es vor allem diese Objekte, auf die die
Themenschau jetzt, 100 Jahre später, den
Blick richtet. Durch sie wird der Blick auf
die Geschichte des Weltkriegs zum
Blick auf die Geschichte des Museums
selbst.
Der inhaltliche Bogen der Themenschau umfasst den Krieg in seiner Gesamtheit – von der Front
bis zur sogenannten „Heimatfront“. Im Zeitalter industrieller
Kriegsführung wurden neben den kämpfenden Soldaten vor allem
die Produktionskapazitäten der Landwirtschaft und der Rüstungsindustrie kriegsentscheidend. Arbeiter und Bauern mussten genügend
Lebensmittel, Munition und Waffen produzieren, um einen Zusammenbruch der Front zu verhindern. Entsprechend intensiv beschwor
man den Zusammenhalt von Front und Heimat in der Propaganda.
Im Katalog zur „Kriegsausstellung“ etwa hieß es:
„Das einträchtige und machtvolle Zusammenwirken von
Heer und Volk, die innigen Wechselbeziehungen von Front
und Hinterland, die Indienststellung aller wirtschaftlichen
und geistigen Kräfte für einen bestimmten und erhabenen
Zweck, die Zusammenfassung aller im Volke wurzelnden
Kräfte zu einem machtvollen Ganzen haben die schönen,
kaum vorausgeahnten Erfolge an der Front gezeitigt, herrliche Taten hervorgebracht und den festen, entschlossenen
Willen im Volk ausgelöst, bis zum siegreichen Ende durchzuhalten.“ 3
Tatsächlich vollzog sich unter der Parole des Durchhaltens eine
schleichende Ausbeutung der Gesellschaft bis zum völligen
Niedergang 1918. Die Themenschau widmet sich dem Ersten
Weltkrieg in den Stationen „Front“, „Nachschub“, „Rüstung“,
„Heimat“, „Propaganda“, „Feldpost“ und
„Telegraf“ und wirft mithilfe von ausgesuchten historischen Objekten Schlaglichter
auf verschiedene Bereiche der Gesellschaft, die immer mehr in die
Kriegsführung hineingezogen wurden und in denen mitunter sehr
spezielle Kriegstechnik zur Anwendung kam: von der Front, die in
der Ausstellung durch martialische Exponate wie Geschütz, Gasmaske und Stahlhelm in Erscheinung tritt, bis zu Prothesenwerkstätten, die im Laufe des Krieges einen enormen Bedarf an Armund Beinprothesen abdecken mussten und mit einem markanten
dreirädrigen Rollstuhl aus dieser Epoche vertreten sind. Es war die
Aufgabe der Prothetik, die Versehrten physisch möglichst instand
zu setzen, um sie wieder in den Produktionsprozess eingliedern zu
können. Kriegstechnik ist in modernen Zeiten offenkundig weit
mehr als bloße Waffentechnik.
Neben Waffen und Munition waren es nicht zuletzt die modernen
Verkehrsmittel Eisenbahn, Flugzeug und Automobil, die die Kriegsmaschinerie buchstäblich am Laufen hielten und insofern auch als
Kriegstechnik dienten. Thematisiert wird auch der schon bald nach
Kriegsausbruch akute Rohstoffmangel in der Rüstungsindustrie,
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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Gefallene italienische
Soldaten
Fotografie: TMW
Pflüge zu Schwertern –
Metallsammlung
Plakat: TMW
der dazu führte, dass die Zivilgesellschaft rare Metalle zum Einschmelzen abliefern musste. Desgleichen führte der Nahrungsmittelmangel zur Erzeugung von minderwertigen Ersatzlebensmitteln.
Technische Verfahren spielten dabei eine zentrale Rolle.
Als Kriegstechnik muss auch der Medienapparat begriffen werden, der im Falle von Telegrafie, Telefonie und Funk zur Organisation
der Militärmaschinerie aufgeboten wurde, der aber auch zur Erhaltung der Kriegswilligkeit breiter Bevölkerungskreise diente, denkt
man an ausgesprochene Propagandamedien wie Presse, Plakat,
Kino und Fotografie. Ihnen war die Aufgabe übertragen, Siege hochzujubeln und Niederlagen zu verschweigen, um in der Bevölkerung
1
Neue Freie Presse vom
9. November 1916.
2
Allgemeine Automobil-Zeitung
Nr. 42/1915, S. 28.
3
Ludwig Erhard:
Kriegsacker im
Museumsgelände.
Bericht über die Einrichtungsarbeiten im
Technischen Museum
für Industrie und Gewerbe in Wien nach dem
Stande vom Mai 1915,
masch. Mskr.,
BPA-013931/2.
4
keine Kriegsmüdigkeit aufkommen zu lassen. Darüber hinaus
bedurfte es der trügerischen Beruhigungsfunktion der Feldpost,
die den Angehörigen daheim die Möglichkeit gab, mit dem Vater,
Bruder oder Sohn an der Front jederzeit in Verbindung treten
und sich seines guten Gesundheitszustands versichern zu können.
Die Post wurde freilich zensuriert, um allzu schlechte Nachrichten
zu unterdrücken, und es war oft auch die Post, die die Gefallenenmeldung überbrachte und das aufgebaute Trugbild mit einem
Schlag zerstörte. ■
Wolfgang Pensold, Kurator, Technisches Museum Wien
Offizieller Katalog der
Kriegsausstellung,
Wien 1916, S. 5 f.
Technisches Museum Wien, 1140 Wien
ab 7. Mai 2014
+43 1 89998 0
Unter dem Losungsworte Krieg und Technik.
Mo–Fr 9 bis 18 Uhr, Sa, So Ftgs 10 bis 18 Uhr
[email protected]
Eine Themenschau zum Ersten Weltkrieg in
10 €, 8,50 € ermäßigt
www.tmw.at
sieben Stationen
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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Die Sozialdemokratie
zieht in den Krieg
2014 gedenkt Europa der „Urkatastrophe des
20. Jahrhunderts“ – dem Beginn des Ersten
Weltkrieges. „Das Rote Wien im Waschsalon
Karl-Marx-Hof“ stellt aus diesem Anlass die
Rolle der sozialdemokratischen Parteien in den
kriegsbeteiligten Staaten ins Zentrum seiner
diesjährigen Sonderausstellung.
Z
u Beginn des 20. Jahrhunderts ist der drohende Krieg bei den regelmäßigen Zusammenkünften der aufstrebenden sozialdemokratischen Parteien des Kontinents
das bestimmende Thema. Über die Frage, mit welchen Mitteln ein Krieg verhindert werden könne,
kommt es dabei immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Der Franzose Jean Jaurès plädiert
für den Generalstreik, sein Landsmann Gustave Hervé
tritt sogar für einen „bewaffnetem Aufstand“ der
Arbeiterschaft ein.
Mit Blick auf die eigene Partei argumentiert der
Deutsche August Bebel, dass ein solches Vorgehen
die SPD in eine äußerst schwierige Lage brächte:
„Wir können nichts tun als aufklären, Licht in die Köpfe
bringen, agitieren und organisieren.“ In der Abschlusserklärung des Internationalen Sozialistenkongresses
1907 in Stuttgart wird deshalb nur ein Minimalkompromiss erzielt: „Falls der Krieg dennoch ausbrechen
sollte, sind sie [die arbeitenden Klassen und deren
parlamentarische Vertreter, Anm.] verpflichtet, für
dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen
Kräften dahin zu streben, die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur
Aufrüttelung des Volkes auszunutzen und dadurch
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THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft zu beschleunigen.“
Europa befindet sich im Krieg
Mit dem Beginn des Krieges zerbricht die ArbeiterInternationale. Die deutsche SPD stimmt für die
Kriegskredite, die österreichische SDAP, die französische SFIO und auch die britische Labour Party
nehmen mehrheitlich die politischen Positionen ihrer
jeweiligen Regierungen ein. Während die einen den
„despotischen Zarismus“ zu bekämpfen meinen,
ziehen die anderen gegen den „preußischen Militarismus“ ins Feld. Selbst ein Mann wie Victor Adler,
der Begründer der österreichischen Sozialdemokratie, beugt sich dem scheinbar Unausweichlichen und
verkündet im August 1914 vor den Vertrauensmännern
der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei: „Es gibt
nur eines, was noch schlimmer ist als der Krieg, das
ist die Niederlage.“
Indirekt profitiert die SDAP zunächst vom Krieg.
Die parteieigenen Hammerbrotwerke beliefern
die Armee, die Konsumvereine erhalten überlebenswichtige Kredite, Karl Renner steigt 1916 zum Direktor des Kriegsernährungsamtes auf und Chefredak-
teur Friedrich Austerlitz betreibt in der
Arbeiter-Zeitung Stimmungsmache im Interesse der Regierung.
Gegen die „Burgfriedenspolitik“ gibt es in
der Partei zunächst keine namhafte Opposition. Lediglich eine kleine Gruppe kritisiert
die „allzu große Kriegsbegeisterung“ der
Parteipresse und Friedrich Adler, der Sohn
des Parteigründers, legt aus Protest seinen
Posten als Parteisekretär zurück:
„Ich gestehe, daß ich glücklich wäre, wenn
anstatt der täglichen Dokumentierung
unserer Schmach das Blatt eingestellt, die
Druckerei gesperrt und wir alle im Loch
sitzen würden …“
„Der Attentäter – Dr. Friedr. Adler“
Schlagzeile der Illustrierten Kronen Zeitung,
22. Oktober 1916
Im zweiten Kriegsjahr führen die katastrophale Ernährungslage, die steigende Unzufriedenheit der unter Kriegsverwaltung
stehenden Industriearbeiter und die immer
schärferen Nationalitätengegensätze
Österreich an den Rand eines Aufstandes.
Am 21. Oktober 1916 erschießt Friedrich
Adler im Hotelrestaurant Meissl & Schadn
den beim Mittagessen sitzenden Minister-
präsidenten Karl Graf Stürgkh – in seinen
Augen der Hauptverantwortliche für die
Fortsetzung des Krieges. „Adlers Tat“, so
Otto Bauer 1923, „war ein Wendepunkt
in der Geschichte der Arbeiterbewegung.“
Die Partei distanziert sich zwar von dem
Anschlag, doch von den meisten Arbeitern
wird die Tat „mit Sturm, mit Begeisterung“
aufgenommen. Und mit seiner viel beachteten Verteidigungsrede – einer Abrechnung
mit dem Militarismus des Habsburgerreiches – wird Friedrich Adler zum Helden der
österreichischen Arbeiterbewegung.
Unabhängige Sozialdemokratische
Partei Deutschlands
Auch in Deutschland stellt der Krieg die SPD
vor eine Zerreißprobe. Nur wenige Tage vor
Kriegsausbruch verkündet der Parteivorstand im Vorwärts: „Gefahr ist im Verzuge.
Der Weltkrieg droht! Die herrschenden Klassen, die euch in Frieden knechten, verachten, ausnutzen, wollen euch als Kanonenfutter mißbrauchen. […] Nieder mit dem
Kriege!“ Doch schon am 31. Juli heißt es:
„Wenn die verhängnisvolle Stunde schlägt,
werden die vaterlandslosen Gesellen ihre
Pflicht erfüllen und sich darin von den
Europäisches Gleichgewicht, Postkarte
Fotografie: Waschsalon Karl-Marx-Hof
Patrioten in keiner Weise übertreffen lassen.“ Entgegen ihren verbindlichen internationalen Zusagen stimmt die
SPD-Fraktion im Reichstag geschlossen für die Kriegskredite. Die Phrase von der „Vaterlandsverteidigung“ macht
viele Linke fügsam. In Wahrheit schreckt auch die deutsche Sozialdemokratie vor den befürchteten staatlichen
Repressionen zurück. Zunächst leistet nur eine kleine Gruppe um Karl Liebknecht Widerstand gegen die Zustimmung zu den Kriegskrediten – doch 1916 kommt es zum Bruch: 19 abtrünnige Abgeordnete gründen die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
„Ein schreckliches und faszinierendes Wort: Krieg!“
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs befinden sich Wladimir Iljitsch Lenin und Leo Trotzki im Exil. Während Lenin die
Umwandlung des „imperialistischen Krieges“ in einen „revolutionären Bürgerkrieg“ fordert, bezeichnet Trotzki die
Arbeit für den Frieden als die „eigentliche sozialistische Aufgabe im Krieg“. Durch die kriegsbedingte Industrialisierung Russlands und das Anwachsen der proletarischen Bevölkerung in den Städten gewinnt die radikale Fraktion
der Bolschewiki mit Fortdauer des Krieges stark an Zulauf.
In England profitiert die Labour-Party indirekt von den Geschehnissen. Sie kann sich von einer drittrangigen politischen Gruppierung zur wichtigsten Oppositionspartei des Landes entwickeln und die Liberale Partei als zweite
Kraft ablösen.
Der Anführer der französischen Linken, Jean Jaurès, ist ein leidenschaftlicher Kriegsgegner. Er wird als „Verräter“
denunziert und sieht sich einer medialen Hexenjagd ausgesetzt. Am 31. Juli 1914 fällt er dem Anschlag eines nationalistischen Attentäters zum Opfer. Tags darauf erfolgt die Generalmobilmachung und wenige Tage später stimmt
die Mehrheit der französischen Sozialdemokraten der Bewilligung der Kriegskredite zu. Die Partei spricht nun vom
hoffentlich „letzten Krieg“, aus dem ein „neues Europa“ hervorgehen werde.
In Italien hält die Sozialistische Partei bei Kriegsausbruch strikt am Pazifismus fest, der Jungfunktionär Benito
Mussolini droht der Regierung im Avanti sogar mit Streik: „Wenn Italien sich nicht ins äußerste Verderben bringen
will, dann darf es nur eine Stellung annehmen: absolute Neutralität“. Wenige Wochen später vollzieht Mussolini
eine radikale Kehrtwendung zum Kriegsbefürworter und wird aus der Partei ausgeschlossen: „Mein Ruf ist ein Wort,
das ich zu normalen Zeiten niemals ausgesprochen hätte, das ich heute aber mit lauter Stimme, ohne Verstellung,
mit festem Glauben sage, ein schreckliches und faszinierendes Wort: Krieg!“
„Proletarier aller Länder …“
Zu Kriegsende im Herbst 1918 gehören die europäischen Sozialdemokratien zu den Kriegsgewinnern. Sie sind respektabel geworden, in Frankreich und Großbritannien an der Regierung beteiligt, und in Deutschland und Österreich
gehören sie zu den Begründern der neuen Republiken.
Das Fazit des „Großen Krieges“ ist dennoch bitter: 1914 hat die europäische Sozialdemokratie versagt.
Unvorbereitet, zögerlich und von den Ereignissen überrascht, kleinmütig um „das bisher Errungene“ besorgt, zogen
die Sozialdemokraten mit ihren jeweiligen Regierungen in den Krieg, zähneknirschend die einen, vom nationalistischen Furor infiziert die anderen. Karl Marx’ Appell „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ hatte sich in sein
Gegenteil verkehrt. ■
Waschsalon Karl-Marx-Hof
11. September 2014 bis 1. Mai 2015
+43 664 88540888
Halteraugasse 7, 1190 Wien
Do 13 bis 18 Uhr, So 12 bis 16 Uhr
[email protected]
Die Sozialdemokratie zieht in den Krieg
3 € (Erwachsene)
www.dasrotewien-waschsalon.at
Lilli Bauer & Werner T. Bauer, Kuratoren Waschsalon Karl-Marx-Hof
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THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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„Es gibt Worte, die eine
so suggestive Macht
besitzen, daß sie mit
ihrem Laute gleichsam
den Vorhang von einem
Bilde reißen. Und der
gewaltigste [Laut] heißt:
‚Krieg!‘. Es ist Temperamentsache, welcher
Gedanke bei der Komposition des Gemäldes
zum Grundmotiv wird
– Grauen oder Begeisterung, Verzweiflung
oder Triumph; und
wenn zehn Menschen,
die das Wort ‚Krieg‘
mit gleicher Wucht empfinden, sein Bild so
wiedergeben könnten,
wie es vor ihrer Seele
steht, so würde keines
davon dem andern
völlig gleichen und jedes
in sich selbst doch Recht
behalten.“ 1
1
A
us Anlass des 100. Jahrestages
des Kriegsbeginns wollten wir
vom Bregenzerwald Archiv ein
solches Gemälde der damaligen
Zeit und deren Verhältnisse im Bregenzerwald zeichnen. Da wir ein sehr junges, erst
im Aufbau befindliches Archiv sind, waren
wir von Anfang an auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen und daher wurden
bereits 2012, vermehrt jedoch 2013 Aufrufe
im Internet und lokalen Zeitungen mit der
Bitte gestartet, Materialien aus der Zeit
des Ersten Weltkrieges zur Verfügung zu
stellen. Hier waren und sind die Ortschronisten, eine engagierte Gruppen von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die bestens mit
ihrer jeweiligen Ortsgeschichte vertraut
sind, von unschätzbarem Wert. Sie fungieren als Vermittler, Ansprechpartner und
Bindeglieder zwischen der Bevölkerung
und dem Bregenzerwald Archiv. Dieses ist
für 24 Gemeinden, verteilt auf 550 km²
zuständig und kann daher nicht in allen
Gemeinden gleichermaßen präsent sein.
Seit gut einem Jahr transkribieren die
Ortschronisten das zur Verfügung gestellte
Material, recherchieren in alten Zeitungen
und beschäftigen sich mit der Sekundärliteratur. In dieser Zeit der intensiven Aus-
einandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg
und dem Bregenzerwald ist aufgefallen,
dass in Vorarlberg bisher nur wenig historisches Interesse an diesem Zeitraum
herrschte. Dies widerspiegelt sich auch
in den niedrigen Publikationszahlen. Dabei
brachte der Erste Weltkrieg nicht nur
Veränderungen auf der großen weltpolitischen Ebene, sondern auch in den kleinen
regionalen Gemeinden. Im Bregenzerwald
fanden zwar keine direkten Kampfhandlungen statt, aber dennoch veränderte sich
das Leben der Menschen mit der Mobilisierung vom einem Tag auf den anderen. Ein
unbekannter Verfasser aus Bezau notierte
über jenen schicksalshaften Tag: „Diese
Zustellungen [Mobilkundmachungen] sind
vielfach mit Schwierigkeiten verbunden,
manche unserer Wehrmänner müssen heute
[31. Juli 1914] Nacht noch im Hochgebirge
verständigt werden. […] Im Dorfe selber
erreicht der Patriotismus seine Höhe, in den
Abendstunden Gruppen von Männern,
Frauen und Kindern ziehen nach dem
Kirchplatze, wo sich alsbald ein fröhliches
aber auch ein feierliches Treiben entwickelte. Hochrufe auf Kaiser und Vaterland,
Begeisterung erweckende Ansprachen
verschiedener Herren und die lieblichen
DER BREGENZERWALD IM
ERSTEN WELTKRIEG
Thea von Harbou:
Der Krieg und die
Frauen. Novellen. Neue,
wohlfeile Ausgabe.
Stuttgart 1914, S. 9.
2
Kriegschronik Bezau
von einem unbekannten
Verfasser, 1922.
Abschrift. Bregenzerwald Archiv, I-018, S. 3.
3
Chronik, verfasst von
Barbara Hammerer.
Bregenzerwald Archiv,
I-040, Handschrift 1,
1914, S. 4.
4
Brief von Margarethe
Schmid an ihren Mann
Jodok, 30.6.1915.
Bregenzerwald Archiv,
I-014, Nachlass
Schmid, Egg.
Weisen unserer Bürgermusik bilden das Programm dieses unvergesslichen Abends“.2 Etwas
kritischer und nüchterner sah die Egger Chronistin Barbara Hammerer das Ganze, als sie
am 30. Juli 1914 notierte: „Welche Veränderung seit gestern. Welche Hast und Unruhe
überall. Ein Hangen und Bangen in schwebender Pein.“3 Am nächsten Tag folgten überall
Gottesdienste und gegen Abend mussten die Soldaten, begleitet von den Segenswünschen
der Angehörigen, die Züge, die sie an die Front transportieren sollten, besteigen. Für viele
war es ein Abschied ohne Wiederkehr.
Die Zurückgebliebenen, das heißt die Frauen, Kinder, älteren Leute und noch einige jüngere Männer, wurden vor neue Herausforderungen gestellt. Die Frauen, die nun größtenteils
auf sich alleine gestellt waren, mussten sich um Haus, Hof und die Kinder kümmern. Um
dies bewerkstelligen zu können, waren sie gezwungen, sich neue Fertigkeiten anzueignen
und typische Männeraufgaben zu erledigen. „In den Alpen sind sehr viele Frauen u. Mädchen
u. muß man ohne Männer überall würgens weiß paken, hab [Margaretha Schmid] auch
gelernt mähen, aber wo ich gemäht, könt man noch keine Kreuzer suchen, verstehst schon?
Die Männer die noch hier sind kann man wohl bald an den Fingern zählen.“4 Schon kurz nach
Kriegsbeginn machte sich dieser in der Wirtschaft bemerkbar. Der Post- und Bahnverkehr
wurde reduziert, die Stickerei – ein wichtiger Erwerbszweig im Bregenzerwald – brach ein
und der Viehhandel wurde eingestellt. Die Nahrungsmittel wurden rasch knapper, und so sah
sich das Wälderhaus Bezau, das stets ein großes Warenlager besaß, genötigt, den Verkauf
pro Haushalt auf 25 Kreuzer zu beschränken. Die Getreidepreise begannen zu steigen und
die Regierung reagierte mit Höchstpreisen.
Briefe und Karten waren die einzige Verbindungsmöglichkeit zwischen der Heimat und
der Front und daher heiß ersehnt. Peter Willi berichtete seinen Eltern in Riefensberg: „Mit
dem Krieg geht es scheints zimlich schnell mit den Serben, was das beste ist. Hier sagt und
Da die Männer fehlten,
mussten die Frauen auch
die Arbeiten auf den
Vorsäß- und Alphütten
so gut es ging übernehmen. Die Kinder mussten
ebenfalls helfen, wie hier
beim Viehhüten
Fotografie: Bregenzerwald Archiv, Original: Angelika Metzler, Schwarzenberg
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
57
Der Bregenzerwald im Ersten Weltkrieg
Bregenzerwald Archiv
Egg Museum
1. August 2014 bis 11. November 2018
[email protected]
[email protected]
www.bregenzerwaldarchiv.at
www.eggmuseum.at
liest man das Rußland dem Deutschen und
5
6
Brief von Peter Willi an
seine Eltern, 13.8.1914.
Bregenzerwald Archiv,
I-009, Bestand Willi,
Riefensberg.
Brief von Kaspar
Hammerer an die
Eltern, 25.9.1914.
Bregenzerwald Archiv,
I-103 Nachlass
Hammerer, Egg.
Österreicher den Krieg erklärt hat, England
dem Deutschland und Frankreich dem
Deutschen und dem Italienärn. Belgien mit
dem Engländer, ist halt ein Europäisches
Durcheinander, wie man schon lange gesagt hat, wird aber lange nicht so bös als
man tut.“5 Es sollte anders kommen. Viele
Bregenzerwälder Soldaten wurden nach
ihrer Einberufung direkt nach Galizien an die
Front beordert. „Wunderschön gläntze die
Sonne, ein herlicher Nachmittag begrüßte
uns, als wir in Galizien auswaggonierten. […]
Der Arme [ein Russe] mußte in früher
Morgenstunde, sein Leben empehren. Ein
erbarmen hat mich [Kaspar Hammerer]
angegriffen, da ich sah in liegen dort, leider
war es zu spät.“6 Es kamen nicht nur
Feldpostbriefe mit Fronterlebnissen und
guten Ratschlägen für die Frauen an, sondern auch immer mehr Todesnachrichten.
Im Gegenzug schilderten die Daheimgebliebenen ihre Ängste und Nöte, die schweren
wirtschaftlichen Bedingungen und den
harten Kampf ums Überleben.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen
möchten wir in unserem Projekt, das am
1. August 2014 starten und am 11. November
2018 enden wird, aufzeigen. Das Projekt
selbst gliedert sich in drei Teilbereiche,
die in den kommenden Jahren ständig erweitert und ergänzt werden.
Das verbindende und sichtbarste Element des ganzen Projekts sind die „Stelen“,
die in den einzelnen Gemeinden an öffentlichen Plätzen aufgestellt werden. Interessierte erfahren hier in drei bis vier Mal pro
Jahr ausgetauschten Beiträgen Wissens-
wertes aus dem Gemeindeleben der damaligen Zeit. In einer eigens aufgelegten
Broschüre sind die genauen Standorte der
einzelnen Säulen verzeichnet. Sollte einmal ein Beitrag verpasst worden sein, so
bietet sich die Möglichkeit, diesen auf der
Internet-Seite des Bregenzerwald Archives
nachzulesen. Ab dem 1. August 2014 wird
hier eine eigene Rubrik zum Projekt freigeschalten. In dieser finden sich die
Beiträge der einzelnen Stelen, Transkriptionen von Feldpostbriefen, Tagebücher,
Chroniken, Postkarten, Kriegsrezepte
und noch vieles mehr. Es werden auch die
Termine der einzelnen Veranstaltungen,
die den dritten Teilbereich des Projektes
ausmachen, bekanntgegeben. In Zusammenarbeit mit dem Egg Museum, dem
KulturForum Bregenzerwald und einzelnen
Gemeinden werden in den kommenden
Jahren zahlreiche Ausstellungen, Vorträge
und Veranstaltungen stattfinden. Am
16. Juni 2014 beginnt das Egg Museum mit
seiner Ausstellung über das Kriegsjahr 1914.
Wir vom Bregenzerwald Archiv hoffen,
auf diese Weise ein vielfältiges und vielschichtiges Gemälde vom Leben unserer
Vorfahren entstehen lassen zu können
und der Bevölkerung eine noch nicht allzu
lange Vergangenheit wieder ins Gedächtnis
rufen zu können. ■
Mobilisierung am 1. August 1914 in Bezau. Nach
dem Gottesdienst am
Vormittag hatten die
Soldaten noch die Gelegenheit die heiligen Sakramente zu empfangen
Fotografie: Bregenzerwald Archiv, Original: Maria Meusburger, Bezau
Katrin Netter ist Leiterin (dzt. In Karenz),
Simone Drechsel interimistische Leiterin
des Bregenzerwald Archivs.
58
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
59
FÜR KAISER UND VATERLAND?
WIENER NEUSTADT IM ERSTEN WELTKRIEG
Stadtmuseum Wiener Neustadt
28. März bis 2. November
+43 2622 373 951
2700 Wiener Neustadt
Mi–So 10 bis 16 Uhr, Do 10 bis 20 Uhr
[email protected]
Für Kaiser und Vaterland?
4 €, 1,50 € ermäßigt
www.stadtmuseum.wiener-neustadt.at
Wiener Neustadt im Ersten Weltkrieg
Wie wurde der Erste Weltkrieg gemanagt? Wo und wie traf
dies auf Widerstand und welche Konsequenzen waren
damit verbunden? Das Rüstungszentrum Wiener Neustadt,
eine im Hinterland gelegene, traditionell kaisertreue
Stadt an der Grenze zu Ungarn, bildet den Kontext für
eine Ausstellung, die diesen Fragen nachgeht.
G
rundlage der Ausstellung bildet die von der
Gemeinde während des Ersten Weltkriegs
angelegte Kriegssammlung, deren Exponate heute zu den Beständen des
Stadtarchivs und des Stadtmuseums gehören. Sie
beinhaltet unter anderem Plakate, Fotos und Verwaltungsmaterialen wie Lebensmittelkarten. Zahlreiche
alltagsgeschichtliche Exponate steuerten das
Industrieviertelmuseum Wiener Neustadt und private
wie institutionelle Leihgeber/innen bei. Neben dieser
öffentlichen Seite des Krieges gewährt die Ausstellung auch Einblick in die vorrangig der Verwaltung
und den politischen Funktionären zugängliche, verwaltungstechnische Seite des Krieges. Ausgewählte
Archivalien aus dem Bestand der städtischen Registratur und der Präsidialakten geben einen Einblick in
die Kommunikation mit übergeordneten Behörden
und die Tätigkeit von Magistrat und Gemeinderat im
Krieg. Im Rahmen des Ausstellungsprojektes kam
es außerdem zur Zusammenarbeit mit einer Künstlerin und zwei Künstlern: Christina Werner, Lucas Ditl
und Oliver Rigby setzten sich mit historischen Quellen
auseinander. Die auf dieser Basis entstandenen
künstlerischen Positionen ergänzen die Ausstellung
und erschließen Perspektiven jenseits historischer
Materialität und Faktizität. Unbewusste, verdrängte
Aspekte der Kriegsrealität präsentieren sich den
1
60
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Vgl. Klaus-Dieter Mulley, Hans Leopold (Hg.):
Geschosse – Skandale – Stacheldraht. Arbeiterschaft und
Rüstungsindustrie in Wöllersdorf, Enzesfeld und Hirtenberg. Ebenfurth 1999.
Besucherinnen/Besuchern und laden dazu ein, Parallelen zu zeitgenössischen sozialen und politischen
Entwicklungen zu entdecken.
Gelegen im Südosten des sogenannten Steinfeldes, eines seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert
militärisch genutzten Gebietes1, hat sich die landesfürstliche Gründungsstadt Wiener Neustadt Ende
des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum der metallverarbeitenden Industrie entwickelt. Die Innovationskraft ansässiger Unternehmen wie der DaimlerMotoren-Gesellschaft, deren technischer Direktor
ab 1906 Ferdinand Porsche war, begeisterte die
interessierte Öffentlichkeit über die Stadtgrenzen
hinaus. Treue zu den Landesfürsten und militärfreundliche Haltung hatten der Stadt stets wirtschaftliche
und politische Vorteile verschafft. Insbesondere
der deutschnationale Bürgermeister Franz Kammann
knüpfte an diese Tradition an: Neben zahlreichen
Kasernen wurde 1909 im Norden Wiener Neustadts
das erste Flugfeld der österreichisch-ungarischen
Monarchie errichtet. Große Teile der Bevölkerung der
Stadt reagierten auf den Kriegsbeginn mit Begeisterung und Kooperationsbereitschaft. Es gab aber
auch Kreise, deren Loyalität gegenüber der Habsburgermonarchie weniger ausgeprägt war. In der
Industriestadt existierten die traditionell kaisertreue,
bürgerliche Kultur und die immer einflussreicher
werdende Arbeiterbewegung nebeneinander.2 Im
Ersten Weltkrieg prägten Versorgungsschwierigkeiten
2
und Wohnungsnot den Alltag. Die Zahl der in der
Stadt anwesenden Menschen verdoppelte sich im
Lauf des Krieges. Etwa 33.000 Einwohner/innen
hatte Wiener Neustadt vor dem Krieg. 1917 waren
ca. 70.000 anwesend. Als Rüstungszentrum und
Garnison beherbergte die Stadt Arbeitskräfte aus
allen Teilen der Monarchie und Militärpersonen.
Hinzu kamen Kriegsgefangene, Internierte und
Flüchtlinge, deren Arbeitskraft bald unentbehrlich
und rücksichtslos einkalkuliert wurde.3
Die Ausstellung veranschaulicht am Beispiel
Wiener Neustadt, welche grundlegende Rolle die
Gemeinde als verwaltungstechnische und soziale
Einheit bei der Um- und Durchsetzung der Kriegsordnung gespielt hat: Der Erste Weltkrieg hätte
ohne eine organisierte, kooperative Zivilgesellschaft
nicht geführt werden können. Beispielsweise hätte
die Sammlung wie Ablieferung von Rohstoffen und
Gütern ohne die Mitwirkung der unteren Verwaltungsebenen bzw. lokaler Netzwerke, die bereit waren,
Organisations- und Überzeugungsarbeit zu leisten,
nicht funktioniert. Die zuverlässige Arbeit der
Wiener Neustädter Sicherheitsorgane war wiederum
notwendig, um den behördlichen Apparat zur Überwachung von Arbeitskräften der Rüstungsbetriebe,
Angehöriger feindlicher Staaten und als politisch
bedenklich erachteter Personen funktionstüchtig zu
halten. Begleiterscheinungen der Kriegsordnung
mit langfristigen Folgen für die Gesellschaft, wie die
Zur allgemeinen Geschichte Wiener Neustadts vgl.
Gertrud Gerhartl: Wiener Neustadt. Geschichte, Kunst,
Kultur, Wirtschaft. Wien 1993; vgl. auch Sylvia Hahn,
Karl Flanner: „Die Wienerische Neustadt“. Handel,
Handel und Militär in der Steinfeldstadt. Wien, Köln,
Weimar 1994; zur Geschichte des Bürgertums in
Wiener Neustadt im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert vgl. Sigrid Freisleben: Wiener
Neustadt - „Nach Wien die bedeutendste Stadt im Lande“,
in: Peter Urbanitsch, Hannes Stekl: Kleinstadtbürgertum in der Habsburgermonarchie 1861–1914. Bürgertum
in der Habsburgermonarchie IX. Wien Köln, Weimar
2000, S. 421–464; zur frühen Arbeiterbewegung vgl.
Michael Rosecker: Zwischen Provinz und Internationale:
die frühe Arbeitervereinswelt am Beispiel Wiener Neustadt
vom Vormärz bis 1879, vom Lebbar-Machen des Großen im
Kleinen. Wiener Neustadt 2002; zur Daimler-Motoren-Gesellschaft vgl. Gerhard Geissl:
Die militärisch-industrielle Vernetzung im Kraftfahrwesen 1909 bis 1918. Eine fortschrittsfördernde Verbindung, dargestellt am Beispiel der Österreichischen Daimler
Motorenwerke. Phil. Diss., Wien 2002.
3
Vgl. Sabine Schmitner: „Die neuen Bestimmungen sind
von einschneidender Bedeutung […], da es im Mobilisierungsfalle kaum jemanden geben dürfte, der nicht
selbst oder durch einen Angehörigen den Wirkungen
der Gesetze unterworfen wäre.“– Soziale und politische
Aspekte der Mobilisierung der Ressourcen des Hinterlandes am Beispiel des Rüstungszentrums Wiener
Neustadt.
In: Stefan Karner, Philipp Lesiak (Hg.):
Erster Weltkrieg. Globaler Konflikt – lokale Folgen.
Neue Perspektiven. Innsbruck, Wien, Bozen 2014,
S. 149–165.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
61
verstärkte Erfassung und Verbreitung biometrischer
Daten (Personenbeschreibungen, Fotos), werden
thematisiert.4
Die Ausstellungsbesucher/innen erhalten auch
einen Einblick in die Arbeit des Wiener Neustädter
Gemeinderates. Die Fraktionen des Gemeinderates
– Deutschnationale, Sozialdemokraten und Christlichsoziale – arbeiteten im Ersten Weltkrieg zum
Wohl der Bevölkerung zusammen. Die Kritik am Staat
verband sie. Die politischen Parteien hatten aber
ihre jeweilige Interessenspolitik keineswegs vergessen. Von Kriegsbeginn an vereinnahmten sie die
öffentlichen Deutungsprozesse rund um die Kriegsrealität im Sinn ihrer Programme. Der „Burgfrieden“
war nur ein scheinbarer, kein realer. Unter dem Eindruck von Not, Gewalt und Unsicherheit vertieften
sich die ideologischen Gräben zwischen den Parteien.
Neben der organisatorischen und meinungsbildenden Rolle von Personen und Institutionen auf
Gemeindeebene sind Erfahrungsräume wie Innenstadt, Fabrik und Grenze mit ihren Akteurinnen
und Akteuren Thema der Ausstellung. Anhand von
einzelnen Ereignissen und Personen wird anschaulich
gemacht, wie sich rechtliche und praktische Aspekte
der Kriegsordnung im Alltag auswirkten. An der
Grenze zu Ungarn kam etwa der in den DaimlerWerken beschäftigte Lehrling Johann Ullreich durch
die Kugel eines ungarischen Finanzwach-Rezipienten
zu Tode: Er hatte wie viele andere für seine hungernde Familie in Ungarn Kartoffeln gekauft und diese
über die Grenze geschmuggelt. Da viele Männer an
der Front dienten, ersetzten Frauen sie an ihren
Arbeitsplätzen. Die Konzert- und Oratoriensängerin
Paula Krill übernahm beispielsweise die Schriftleitung
der deutschnationalen Lokalzeitung Wiener Neustädter Nachrichten, als der bisherige Leiter, ihr Ehemann
Rudolf Krill, eingezogen wurde.
Mit dem Andauern des Krieges und wachsender Not
sank die Bereitschaft zu kooperativem Handeln auch
innerhalb loyaler Bevölkerungsschichten. Die Ausstellung widmet sich auch den verschiedenen Handlungen, die den wachsenden Widerstand gegenüber
den Anforderungen des kriegführenden Staates
ausdrückten: Viele entfernten sich unerlaubt von
ihren gefährlichen Arbeitsplätzen in den Rüstungsbetrieben. Einzelne Saboteure streckten das Pulver
mit Sand, um die Munition untauglich zu machen.
Organe des Staates und der Stadt wurden verbal und
tätlich angegriffen. In einem wüst formulierten,
anonymen Beschwerdebrief an Bürgermeister Viktor
Praschek heißt es etwa: „[…] In der allzeit-getreuen
passt ein Böhm ohnehin nicht als Bürgermeister […]“.5
Aber auch die Gemeindefunktionäre waren nicht
mehr fügsam: Sie intervenierten vielfach in Wien und
griffen auch zur „Selbsthilfe“, nahmen etwa Rohstoffe
für die Stadt in Beschlag. Fast eine Million Menschen
beteiligten sich schließlich an dem als „Jännerstreik“
bezeichneten Massenstreik, der von Wiener Neustadt
ausgehend die gesamte Monarchie erfasste.6
Die Ausstellung „Für Kaiser und Vaterland?“ macht
die sozialen, infrastrukturellen und politischen Grundlagen des „Funktionierens“ bzw. „Nicht-Funktionierens“ der Heimatfront an der Basis sichtbar. Verschiedene Akteure und Perspektiven begegnen den Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern und regen sie
an, sich mit der Vielschichtigkeit der Kriegsrealität
und ihren gesellschaftlichen Folgen auseinanderzusetzen. ■
Sabine Schmitner, Stadtarchiv Wiener Neustadt
4
Zur Entwicklung des Passwesens vgl. Thomas Claes:
Passkontrolle! Eine kritische Geschichte des sich Ausweisens und Erkanntwerdens. Berlin 2010.
5
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Künstlerische Positionen
ergänzen die Ausstellungsobjekte
Fotografie: Ingrid Riegler, Stadtarchiv
Wiener Neustadt
Fotografie: Ingrid Riegler, Stadtarchiv
Wiener Neustadt
Zahlreiche alltagsgeschichtliche Exponate
steuerten das Industrieviertelmuseum Wiener
Neustadt und private
wie institutionelle Leihgeber/innen bei
Fotografie: Ingrid, Riegler, Stadtarchiv
Wiener Neustadt
Anhand von einzelnen
Ereignissen und Personen
wird anschaulich gemacht, wie sich rechtliche
und praktische Aspekte
der Kriegsordnung im
Alltag auswirkten
Fotografie: Ingried, Riegler, Stadtarchiv
Wiener Neustadt
6
62
Anonymer, handschriftlicher Brief an den Bürgermeister, StAWN, Präsidialakten 1916, Z. 871 / 1916.
Grundlage der Ausstellung bildet die von der
Gemeinde während des
Ersten Weltkrieges angelegte Kriegssammlung
Zum Jännerstreik vgl. Christian Koller: Streikkultur.
Performanzen und Diskurse des Arbeitskampfes im
schweizerisch-österreichischen Vergleich (1860–1950)
(= Publikationen zur österreichischen Kulturforschung, Bd. 9). Wien u. a. 2009, S. 290–296.
DIE SÜDOSTSTEIERMARK IM
ERSTEN WELTKRIEG
Museum im Tabor
25. April bis 26. Oktober 2014
+43 3152 2970 4
8330 Feldbach
Mi–So 11 bis 18 Uhr
offi[email protected]
Die Südoststeiermark im Ersten Weltkrieg
4,50 €, 2,50 € ermäßigt
www.tabor-feldbach.at
Das „Museum im Tabor“ zeigt in seiner Sonderausstellung zum Gedenkjahr 1914/2014 ab 25. April den Kriegsalltag an der Heimatfront und wie
Südoststeirer den Krieg an der Front erlebten. Bis 26. Oktober können
Leihgaben von Privatpersonen sowie die neukonzipierte Dauerausstellung zum Lagerkomplex Feldbach-Mühldorf erkundet werden.
1
Dieses „Fotoalbum“ im
Besitz der Familie Rungaldier hat der Urgroßvater als Kind angelegt:
Es enthält 297 Propaganda-Postkarten aus den
Jahren von 1914–19
Fotografie: David Kranzelbinder
2
Der „Feldbacher
Wehrmann“ wurde von
einem unbekannten
Künstler hergestellt. Die
Stadtgemeinde sammelt
ab August 1917 mit
einer Nagelungsaktion
Spenden für Witwen und
Waisen.
3
Der „Soldatenkoffer“ von
Franz Hirz
Fotografie: David Kranzelbinder
4
Die nach Unterweißenbach führende Feldbahn
mit Kriegsgefangenen
und Wachmannschaft
am Feldbacher Tor-Platz
(Museum im Tabor)
Fotografie: David Kranzelbinder
Fotografie: David Kranzelbinder
G
Gemeinsam mit 27 Schülerinnen und Schülern der 7b-Klasse des BORG Feldbach starteten wir
zu Jahresbeginn 2014 ein Experiment: Sie sollten zu Hause bei ihren Familien und Freunden auf
Dachböden, in Kellern, Fotoalben und Schränken nach Objekten zum Ersten Weltkrieg stöbern.
Gemeinsam mit der Geschichte-Lehrerin der Klasse vereinbarten wir, dass all jene, die zu Hause
nichts Entsprechendes finden, stattdessen einen historischen Ort, der im Zusammenhang mit dem Ersten
Weltkrieg steht, fotografieren sollten – wir waren uns unschlüssig, ob und in welchem Umfang die Jugendlichen fündig werden. Letzten Endes waren wir überrascht: Es wurden nur fünf Fotos von historischen Orten
gemacht. Die große Mehrzahl wurde zu Hause fündig: Bajonette, Feldpost, Briefe, Propaganda-Postkarten,
Fotografien, „Gib-Gold-für-Eisen“-Ringe, Soldatenkoffer, „Kriegs-Chroniken“ und behördlicher Schriftverkehr.
Zu vielen Dingen konnten die Schülerinnen und Schüler noch eine Geschichte mit persönlichem Bezug erzählen, bei einigen bleibt der Hintergrund unbekannt.
Mit diesem Versuch ergänzten wir unseren seit Herbst 2013 laufenden Sammelschwerpunkt, über den der
Großteil der Exponate für unsere Sonderausstellung bereitgestellt wurde. Die Idee dahinter war, dass die
Menschen der Region um Feldbach eingeladen werden, ihre persönliche Geschichte des Ersten Weltkrieges
zu schreiben. Umgesetzt wurde dies mit den „Postkarten an die Zukunft“, mit denen die abgegebenen Exponate von den Besitzern und Besitzerinnen selbst beschrieben wurden. Gerade zu einem Thema, zu dem es
seit geraumer Zeit keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr gibt und das trotzdem noch in unserem Alltag
sehr präsent ist, wie das Experiment mit der BORG-Klasse zeigt, erschien uns diese Vorgangsweise umso
wichtiger.
Die so entstandene Sammlung stellte den ersten Schwerpunkt der Sonderausstellung dar, den zweiten
bildete die Neuaufstellung der Abteilung „Kriegsgefangenenlager“. Seit den 1980er-Jahren standen
zwei Räume des Museums ganz im Zeichen des in Feldbach-Mühldorf errichteten Lagerkomplexes. Bis zu
45.000 Menschen waren zwischen 1914 und 1918 im Lager: Anfänglich für russische Kriegsgefangene errich-
64
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
1
tet, wurde es im Sommer 1915 zu einem Etappenspital umfunktioniert. Es verblieben lediglich 7000 Gefangene im Areal, beziehungsweise dessen Verwaltung:
Sie arbeiteten bis Kriegsende in der Landwirtschaft, in den umliegenden Steinbrüchen, für regionale Zulieferer der Rüstungsindustrie, bei Infrastrukturprojekten
(Straßen-, Brücken- und Bahnbau, Flussregulierungen etc.) sowie in der Werkstättengruppe. In Letzterer wurde insbesondere für die Isonzofront Kriegsmaterial
produziert: Baracken inklusive Einrichtung, verschiedene Karren, Metallwaren und
vieles mehr. Gemeinsam mit den für den Betrieb des Lagers errichteten Einrichtungen (Schlachthaus, Bäckerei, Hygieneanalagen, Wasserwerk) bildeten diese
die Basis für die nach 1918 entstehende Gewerbezone von Feldbach. 1918/19
waren (para)militärische Organisationen einquartiert, die um das Burgenland und
die steirische Südgrenze kämpften; kurz waren sogar ungarische „weiße“ Offiziere
untergebracht, die gegen das Räteregime Béla Kuhns kämpften. Wohnbaracken
beherbergten „Neuankömmlinge“ und Durchziehende. Die Wasser- und Stromversorgung des Lagers war eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau der städtischen Infrastruktur, die Bahnanlagen dienten als Basis für die erst später errichtete Gleichenbergerbahn.
Überblendet man heute den Lagerplan mit einem Luftbild, so fehlen auf den
ersten Blick Anhaltspunkte für Parallelen: Am ehesten kann man sich noch am
Verlauf der Eisenbahninfrastruktur orientieren (heute: Werksbahn der Basaltwerke, Gleichenbergerbahn sowie Hochwasserschutz). Ein genauerer Blick
offenbart aber viele weitere Spuren, die im Rahmen eines Wandertages (18. Mai)
erkundet werden.
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
65
4
Der „Feldbacher Wehrmann“
Den Link zwischen der Sonderausstellung und der Neuaufstellung
der Abteilung zum Kriegsgefangenenlager stellt der „Feldbacher
Wehrmann“ dar. Er wurde von einem unbekannten Künstler der
Werkstättengruppe hergestellt und von der Militärbauleitung an
die Stadtgemeinde übergeben. Diese zeichnete in der Folge für
die Nagelungsaktion verantwortlich, mit der ab August 1917 Spenden für Witwen und Waisen gesammelt wurden. Ganz nach seinem
von Wien ausgehenden Vorbild lehnte sich seine Darstellung
stark an mittelalterliche Symbolik an. Sowohl die von Handwerksgilden durchgeführten Nagelungen als auch die verwendeten
Objekte – Ritter, Schilder, Schwerter etc. – bedienten sich dieser
Codes. Während des Krieges unterstrichen solche Nagelungen
das Gemeinschaftsgefühl, die Loyalität mit dem Herrscherhaus
und die Opferbereitschaft der Bevölkerung für die verwundeten
oder gefallenen Soldaten und ihre Familien. Solche Aktionen
hatten aber auch im Kampf gegen die bröckelnde Solidarität, die
Frustration über die Not und die allgegenwärtige Kriegsmüdigkeit
66
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
eine große Bedeutung. Nach 1918 verlor der Nagelmann seine Stellung im öffentlichen Bewusstsein, an seine Stelle traten die in den
1920er-Jahren allerorts errichteten Kriegerdenkmäler. Der „Feldbacher Wehrmann“ wurde von Ort zu Ort verschoben, bis er einen Platz
in der „Heldengedächtnis-Kirche“ fand. Nach Diskussionen wurde
er in den Pfarrhof verbannt, Rudolf Grasmug brachte das Exponat
in den 1980er-Jahren in das Museum im Tabor.
„Krieg – fern der Front“
Gemeinsam haben das Museum im Tabor, Feldbach, das Museum
im alten Zeughaus, Bad Radkersburg und das Pavelhaus, Laafeld,
eine akkordierte Marketinglinie unter dem Titel „Krieg – fern der
Front“ entwickelt. Die Ausstellungen und das Rahmenprogramm
der drei Häuser werden durch gemeinsam erstellte Materialien
beworben, Objekte für die Dauer der Ausstellungen getauscht.
Unterstützt wird die Aktion vom Universalmuseum Joanneum. ■
Wolfram Dornik ist Leiter des Museums im Tabor.
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2
DIE STUBE IM GADERTAL
FARBFABRIK.IT FOTO: ALFRED ERARDI
3
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Ćiastel de Tor
–
Strada Tor 65
I–39030 St. Martin in Thurn
Gadertal
AU S S T EL L UNG
19.7. —
31.10.2014
1
HOFFNUNG MIT ABLAUFDATUM.
RADKERSBURG UND
DER ERSTE WELTKRIEG
Ausschnitt des Wandgemäldes von Argio Orell
und Vito Timmel, im
damaligen Theater von
Radkersburg, 1915
Fotografie: Museo Arte Moderna
Revoltella – Musei Civici Trieste
1
Entstehung und Konzeption
1
68
Bezirksfolder des
Bezirks Süd-Oststeiermark. Er umfasst
alle Institutionen des
Bezirks, die eine Ausstellung zum Thema
veranstalten sowie
ein umfassendes
Rahmenprogramm
haben.
Da die Stadt Radkersburg nicht als unmittelbarer
Kriegsschauplatz in Erscheinung trat – sie war eine
Stadt „fern der Front“1 – stellte sich den Museumsverantwortlichen auf den ersten Blick die Frage nach
der Relevanz, die Geschehnisse in der Stadt in den
Jahren 1914 bis 1918 überhaupt in einer Ausstellung
zu thematisieren. Die Ereignisse des Ersten Weltkriegs rücken im Vergleich zu den Folgen, die Grenzziehung nach den Friedensverhandlungen von
St. Germain, in der allgemeinen Wahrnehmung immer
in den Hintergrund. Nach eingehender Überprüfung
der vorhandenen Sammlungen des Museums sowie
der Bestände des Archivs (beide Institutionen stehen
hier unter einer Leitung), stellte sich relativ rasch
heraus, dass vielfältiges und höchst interessantes
Material aus dieser Zeit vorliegt. Es zeigt, dass
Radkersburg von den Auswirkungen des Krieges
sehr wohl tiefgehend betroffen war. Eine 20-bändige
handschriftliche Chronik des Ersten Weltkriegs,
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
beauftragt vom damaligen Bürgermeister Oswald
Edler von Kodolitsch, verfasst vom Bürgerschuldirektor Karl von Freyberger, stellt eine außergewöhnliche
Besonderheit im Bestand des Museums dar. Sie
beinhaltet alle relevanten Ereignisse der Jahre 1914
bis 1922. Sowohl Zeitungsausschnitte mit Berichten
von den Kriegsschauplätzen oder zur allgemeinen
Lage, versehen mit Kommentaren und Plakate (also
Quellen in der Quelle) als auch handschriftlich verfasste Berichte, versehen mit sehr viel Subjektivität
zur Situation in Radkersburg, machen diese Schrift zu
einer hervorragenden Quelle zum Krieg aus Radkersburger Sicht. Der Aufbau der Chronik ist die Grundlage der Ausstellungskonzeption, sozusagen von der
Makro- zur Mikrogeschichte. Chronologisch wird die
allgemeine politische Situation parallel zu überregionalen und lokalen Entwicklungen und Geschehnissen
beleuchtet. Der Fokus liegt darauf, wie sich der Krieg
auf eine typische Provinzstadt wie Radkersburg
auswirkte. Dabei stehen immer die Menschen im Mittelpunkt, sei es
die Zivilbevölkerung, Männer, die aus Radkersburg in den Krieg
gezogen sind, Soldaten, die in Radkersburg stationiert waren oder
die Gruppe an Flüchtlingen, die das Bild der Stadt einschneidend
geprägt haben.
Objekte und Archivalien
Die Erschließung der Chronik für die Sonderausstellung stellt sich
wie bei vielen anderen Informationsträgern dieser Art als Herausforderung dar. Aufgrund ihrer Wichtigkeit wird ihr ein eigener Raum
gewidmet: Die Bände werden teilweise aufgeschlagen präsentiert,
an den Wänden bezeichnende Zitate hervorgehoben; in Form von
Soundinstallationen werden verschiedene Textausschnitte mit bildlichen Quellen verbunden.
Fotografien, die in erster Linie aus der Sammlung des Privatfotografen Richard Prettner stammen, bilden einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung. Zahlreiche Aufnahmen zeigen militärische
Übungen stationierter Soldaten, karitative Veranstaltungen wie die
„Rotkreuzwoche“ 1916 oder Ereignisse wie beispielsweise die
Glockenabnahme 1917.
Das Museum verfügt außerdem über eine umfangreiche
Plakatsammlung aus dieser Zeit sowie unbeschriftete Kriegspostkarten. Zahlreiche Ausstellungsstücke stammen aus
Nachlässen. Sie umfassen beispielsweise Kriegstagebücher,
Feldpostkarten, Fotoalben und Einzelfotos. Diese beziehen
sich vor allem auf die eingangs erwähnte Gruppe der aus Radkersburg stammenden Männer, die als Soldaten in den Krieg
zogen. Beispielhaft wird die Geschichte einer konkreten Person,
die aufgrund der Fülle an Material und Dichte an Information
in der Ausstellung relativ genau erzählt werden kann.
Unter den Objekten – wie etwa Soldatenkisten, die als Koffer
dienten, versehen mit Namen und Regimentszugehörigkeit,
Kriegsmörser, Waffen, Feldflaschen, Gemälde oder Musterungsbuschen befindet sich ein benageltes Wehrschild. Jeder Nagel
entsprach einem bestimmten Wert und konnte zur Unterstützung von Witwen und Waisen gefallener Soldaten des Gerichtsbezirks Radkersburg gekauft werden. Dazu gibt es außerdem
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
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2
Museum im Alten Zeughaus
Ab 25. Juni 2014
+43 2476 3500 10300
8490 Bad Radkersburg
Di, Mi, Fr, Sa 14 bis 18 Uhr
[email protected]
Hoffnung mit Ablaufdatum. Radkersburg
3,50 €, 3 € ermäßigt
www.badradkersburg.at/museum
Feldpost mit abgeschnittener Haarlocke von
Otto Huallenz an seine
Mutter, 20. August 1917
Fotografie: Gert Pribitzer, schwärmen_
Grafikdesign
und der Erste Weltkrieg Museum im alten
Zeughaus
3
Gemälde einer Zeitungsverkäuferin in Mischtechnik von R. Kratky, Wien,
Weltkrieg 1914–1915. Auf
der Zeitung in der rechten
Hand der Zeitungsverkäuferin steht gedruckt:
„Preis 10 Heller, dafür
2 Heller für Kriegsfürsorge“. Auf der Zeitung
in der linken Hand der
Zeitungsverkäuferin ist
gedruckt: „Extra-Ausgabe / Tagblatt – 300.000
Russen im Mai gefangen.
Fortschritte in Offensive“,
Leihgabe Wilfried
Gombocz
Fotografie: Gert Pribitzer, schwärmen_
Grafikdesign
4
Feldpost von Otto Huallenz vom k.k. Infanterieregiment 47, Museum
im alten Zeughaus, Bad
Radkersburg
Fotografie: Gert Pribitzer, schwärmen_
Grafikdesign
2
3
ein Buch mit detaillierten Aufzeichnungen.
Die Ausstellung wird neben den Objekten
aus der Museumssammlung und Schriftstücken aus dem Archiv auch einige Leihgaben aus Privatbesitz zeigen.
Sprechen. Die Konzeption und genaue
Planung erfolgte in enger Zusammenarbeit
mit dem Ausstellungsgestalter Gert
Pribitzer, der von Anfang an in die Arbeit
einbezogen war.
Arbeitsvorgang
Erweiterung
in den öffentlichen Raum
Nach Sichtung der schriftlichen Quellen,
Fotografien und Gegenstände wurde in der
Chronik nach passenden Einträgen und
Beschreibungen zum besseren Verständnis
gesucht. Zahlreiche Fragen, die an Ausstellungsstücke gestellt wurden, konnten durch
Aufzeichnungen in der Chronik beantwortet
werden. Zum Fotoalbum „Meine Mittelmeerreise 1914“ eines Mitglieds des Musik- und
Gesangsvereins Radkersburg findet sich in
der Chronik eine ausführliche Beschreibung
einer „Vergnügungsreise nach dem Mittelmeer, Sizilien und Italien“ von 17. bis 31. Juli
1914. Erst die Chronik bringt, wie dieses
Beispiel zeigt, das Album tatsächlich zum
70
4
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Zur Gruppe der in Radkersburg stationierten
Soldaten gehörte das Infanterieregiment 97,
das sich in erster Linie aus italienischer,
kroatischer und slowenischer Mannschaft
aus der Gegend um Triest zusammensetzte.
Unter den Soldaten gab es mehrere Künstler
aus dem Raum Triest. Zwei von ihnen, Vito
Timmel und Argio Orell, schufen eine beeindruckende zeitgenössische Wandmalerei im
damaligen Stadttheater von Radkersburg.
Dargestellt wurden unter anderem Karikaturen von Kameraden, aber auch von Künstlern
wie etwa den Malern Enrico Fonda und
Guido Grimani oder des Musikers Cesare
Barison. Das im Jahr 1915 entstandene Werk
existiert nicht mehr, allerdings verfügt die
Fototeca des Museo Arte Moderna
Revoltella – Musei Civici Trieste über eine
Abbildung. Hier setzt das Museum im alten
Zeughaus an: Das Haus verfolgt seit jeher
die Philosophie, den musealen Raum zu
erweitern, indem der öffentliche Raum als
Ausstellungs- und Vermittlungsort herangezogen wird. Nach einer wissenschaftlichen
Aufarbeitung ist für das Jahr 2015 eine
Rekonstruktion der künstlerischen Arbeit in
Kooperation mit Hortus Niger, der Internationalen Sommerakademie für bildende
Kunst in Halbenrain, an einem prominenten
Ort geplant. Dank an: Linda Achleitner,
Wilfried Gombocz und Walter Schaidinger ■
Beatrix Vreča (Leitung)
und Marie Theres Zangger,
Museum im alten Zeughaus,
Bad Radkersburg,
Stadtarchiv Bad Radkersburg
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
71
HUNGERMÄRSCHE, BUTTERSPEKULANTEN & BARACKENMÄNNER
MARKTGEMEINDE THALGAU UND MUSEUM HUNDSMARKTMÜHLE
PRÄSENTIEREN DAS WELTKRIEGS-SCHAUPROJEKT ›AN MEINE VÖLKER‹
1
1
2
3
2
3
Blick in den Ausstellungsteil Der Dank des
Vaterlandes
Fotografie: Bernhard Iglhauser/Franz
Neumayr
„Am 1. August 1914 rückten mit dem 4 Uhr Zug die
ersten 140 Reservisten nach Salzburg ein und zum
Abschied hatte sich die Einwohnerschaft Thalgaus
am Bahnhofe eingefunden. Nach von echt patriotischem Geiste getragenen Ansprachen wurde von
allen Anwesenden entblößten Hauptes die Volkshymne gesungen, welcher begeisterte Hoch- und
Heilrufe auf den Kaiser folgten. Unter den Klängen
des Prinz Eugenliedes fuhr der Zug dann ab“.
So berichtete die „Salzburger Chronik“ am 8. August
von der Mobilisierung 1914 in der Flachgauer Gemeinde Thalgau. Bereits wenige Wochen später notierte
Dechant Josef Fuchs in der Pfarrchronik, dass „fast
kein Mannsbild mehr in den Häusern war“.
100 Jahre nach seinem Ausbruch gilt der Erste
Weltkrieg mit seinen Millionen Toten als das prägendste Ereignis der Moderne. Schon von den Zeitgenossen wurde er als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ empfunden, welche die politische Weltordnung grundlegend veränderte. Nach dem vielfach
preisgewürdigten Historienprojekt „Hut ab vor diesen
Bekennern!“ 2008 mit der 10-jährigen, umfassenden
72
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
Aufarbeitung der NS-Zeit in Thalgau wurden bereits
2009 die Weichen für die Aufbereitung der großen
Weltkriegsschau „An meine Völker!“ gestellt.
Zum Anlass des 20-jährigen Gründungsjubiläums
des Museums „Hundsmarktmühle“ (1994–2014) in
der Marktgemeinde Thalgau spannt der Kultur- und
Museumsverein unter Obfrau Anneliese Grubinger
in Zusammenarbeit mit dem Leiter des örtlichen
Bildungswerks und Kurator DDr. Bernhard Iglhauser
wie in keiner anderen Gemeinde im Bundesland Salzburg mit zahlreichen Ausstellungen und Sonderschauen einen faszinierenden und weitreichenden Bogen
über die Geschehnisse der Kriegszeit 1914–1918 auf
der großen Welt- und kleinen Dorfbühne.
Die Ouvertüre zum Projektjahr 2014 bilden drei
ganz persönlich gehaltene Einzelpräsentationen.
„Du süßes Wien meiner Leidenschaft“ zeigt anhand
des Porträts der Thalgauer Dichterin und Fotografin
Anna Siegfried-Gusetti sowie alten Ansichtskarten
die Propaganda und Mobilisierung am Beginn des
Ersten Weltkriegs in Wien. 1911 zog sie mit ihrem Gatten – dem Arzt Dr. Ludwig Siegfried-Gusetti – von
Thalgau nach Wien, wo sie den Kriegsausbruch erlebte.
Der Lebensbogen des Salzburger Landeskulturrates und Thalgauer Gemeindevorstehers Josef Enzesberger führt in „Im Sturme
treu, in Treue fest!“ an die Gebirgs- und
Meeresfronten der Auseinandersetzungen
zwischen Österreich und Italien.
„Dieses Kreuz wurde aus Olivenholz in Riva
im Februar 1916 zur Erinnerung an den
großen Weltkrieg 1914–1916 geschnitzt.
Möge es ewige Zeiten alle Nachkommen
stets erinnern, welche schweren Zeiten ich
auf dem Kriegsschauplatz und meine Lies
mit 7 Kindern daheim mitzumachen hatten!
Bedenket, wie viel Leid und Schmerz wir
darauf gehangen. Nur in diesem Zeichen
konnten wir den besten Trost finden!“
Bereits im Herbst 1914 war Enzesberger als
40-jähriger Vater von sieben Kindern eingerückt. 1916 fertigte er ein berührendes
Kreuzexponat und schrieb den oben zitierten Text auf den Sockel.
„Das Sterben für den Doppeladler“ dokumentiert im Gesichtswinkel des Heldentodes vom Thalgauer Fabrikanten Dr. Alfred
Gaertner die großen Schlachten an den
Fronten durch die Illustrationen des Militärmalers Anton Hoffmann. Der große Humanist, Arbeiterfreund und Freidenker wurde
am 16. Jänner 1915 zum Kriegsdienst
einberufen und fiel 1916 im rumänischen
Wolhynien.
Ein eigenes „Helden-Fenster-Museum“
setzt in der Darstellung aller 76 Gedenkbilder den Gefallenen der Jahre 1914–1918
ein Zeichen der besonderen Erinnerung.
Der mit der „Goldenen Tapferkeitsmedaille“
dekorierte Thalgauer Ehrenbürger Johann
Uray steht im Mittelpunkt der beeindruckenden Exponatenschau „Der Dank
des Vaterlandes“, die einen faszinierenden Einblick in die Welt der wichtigsten
und bedeutendsten Orden-, Ehren- und
Verdienstmedaillen der k. k. Monarchie
gewährt.
Das „Buch der Tapferkeit 1849–1924“ berichtet, dass „Vizewachtmeister Johann Uray
als Zugskommandant bei Glasow im wirksamsten Infanteriefeuer gegen den in einem
Schützengraben liegenden Gegner mit Todesverachtung flankierend vorging und sich trotz
Verwundung als Meisterschütze erwies, sodass der Feind durch die beigebrachten
Verluste gezwungen war, sich zu ergeben.“
Die ausgestellten Raritäten – vom „FranzJoseph-Orden“ über den „Militär-MariaTheresien-Orden“ bis hin zum „Orden der
Eisernen Krone“ – ermöglichen eine Reise in
die Welt der Orden und Ehrenzeichen des
alten Österreichs, die im wörtlichen Sinne
nur „verliehen“ wurden: Die Nachkommen
mussten sie an die Ordenskanzlei zurückgeben, dann wurden sie wieder ausgegeben.
Tapferkeitsmedaillen, Dienstzeichen oder
Erinnerungsmedaillen waren allerdings von
der Rückgabe ausgenommen. Neben den
alltäglichen Dekorationen bilden der „SanktStephans-Orden“ als ranghöchster ungari-
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
73
4
Blick in den Ausstellungsteil Das Sterben für
den Doppeladler
Fotografie: Bernhard Iglhauser/Franz
Neumayr
Museum Hundsmarktmühle
14. Juni bis 26. Oktober 2014
+43 6235 7350
5303 Thalgau
So 14 bis 17 Uhr
[email protected]
„An meine Völker“.
Eintritt frei!
www.diehundsmarktmuehle.at
Der Erste Weltkrieg in Thalgau 1914–1918
4
scher Zivilorden oder der „Elisabeth-Orden“ als einziger und höchster Damenverdienstorden weitere Glanzlichter. Die historische
„Kriegsplauderstube“ zeigt anhand von Zeitungen, Fotos und Illustrationen, wie ein Konflikt europäischer Mächte sich weltweit
ausbreiten konnte.
Die große Jubiläumsschau „An meine Völker. Thalgau im Ersten
Weltkrieg 1914–1918“, deren Eröffnung durch Landesrat Dr. Heinrich
Schellhorn am 14. Juni 2014 stattfindet, beleuchtet mit den Hungerprotestmärschen der Thalgauer Frauen gegen Brotrationierungen,
Lederschuhverbote für Kinder, Butterspekulationen des örtlichen
Gemeindevorstehers, Raubmorde durch russische Kriegsgefangene
sowie mit den dramatischen Aufzeichnungen von Kriegsheimkehrern
aus Sibirien in einem fast minutiösen Zeitablauf den Alltag, die Not
und das Elend des Ersten Weltkrieges in der Gemeinde Thalgau.
Eine bemerkenswerte Besonderheit bildet auch das Schaukapitel
„Silvio Cappellari – Der Barackenmann“. Cappellari war als Vorarbeiter der Holzfirma Heuberger für den Bau des großen Kriegsgefangenenlagers Grödig verantwortlich. Bild- und biografische
Schriftaufzeichnungen aus seinem Nachlass zeigen die Entstehungsgeschichte des Barackendorfes in Salzburg am Fuße des
Untersberges.
Die Eröffnung des musealen Projektjahres im Rahmen der
23. Thalgauer Bildungswoche „An meine Völker“ ist mit der Abhal-
74
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
tung der orthodoxen Johannes-Chrysostomos-Liturgiefeier am
Sonntag, dem 2. März 2014 als eine beeindruckende und auch berührende Erinnerung an den Palmsonntag, den 16. April 1916
begonnen worden, wo eine gemeinsame Feldmesse der Bevölkerung
mit einigen Hundert russischen Gefangenen der großen Friedenssehnsucht von damals Ausdruck verlieh.
Erinnerungen rief jedoch auch der Tod des 27-jährigen Kriegsgefangenen Sawaty „Sawely“ Maslejnikov wach, der am Pfarrhof als
Feldarbeiter verstarb und am 24. Jänner 1917 unter der Teilnahme
sämtlicher Kriegsgefangenen und der Mitführung des Transparentes
„In ewiger Erinnerung an den in der Gefangenschaft verstorbenen
Kameraden“ am Ortsfriedhof begraben wurde.
Das im Volksmund so genannte „Russenkreuz“ als Symbol dieser
historischen Begebenheit ist vor 60 Jahren aufgrund des schlechten
Zustandes entfernt worden. Als zukünftiges Gedenk- und Friedenskreuz wurde am Sonntag, dem 2. März 2014 das neue Kreuz von
Dr. Brigitta Pallauf, Präsidentin des Salzburger Landtages, und
Generalkonsul Sergey Smirnov wiedererrichtet und enthüllt. Die
Segnung erfolgte durch Dechant Mag. Josef Zauner und Erzpriester
Dr. Georgij Charlov. ■
Bernhard Iglhauser, Ausstellungskurator, Hundsmarktmühle
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
75
S
chon in der Frühzeit des Films machten sich
die Verantwortlichen und Produzenten
Gedanken, wie Material dauerhaft bewahrt,
sinnvoll archiviert und wieder zugänglich
gemacht werden könnte: Der Wunsch nach der adäquaten Sicherung, Lagerung und weiteren Bearbeitung unter Achtung der dualen Verantwortlichkeit
sowohl gegenüber den Beständen als auch der
Öffentlichkeit – der Kernaufgabe eines jeden Archivs
– ist bereits für das späte 19. Jahrhundert dokumentiert. Für eine zeitgemäße Erleichterung im seriösen
Materialzugriff bieten wissenschaftliche Editionen
und das Internet hervorragende Voraussetzungen.
Insbesondere am Beispiel der österreichischen Filmquellen zum Ersten Weltkrieg lassen sich die Vorzüge
beider Vermittlungsoptionen verdeutlichen.
EUROPEAN FILM GATEWAY
Nachdem sich europäische Filmarchive seit Jahren
verstärkt der Digitalisierung sowie Verbreitung ihrer
Filmbestände via Internet zuwandten, war es also
sinnvoll, diese Aktivitäten im Sinne der Benutzerfreundlichkeit zu bündeln. Wesentlich für die Bewältigung dieser Aufgabe ist das Portal EFG – EUROPEAN
FILM GATEWAY, dessen Entwicklung mit EU-Mitteln
des eContentplus-Programms der Europäischen
Kommission unterstützt wurde. Im Zentrum dieses
Forschungs- und Entwicklungsprojekts stand eben
die Entwicklung eines Portals, das Zugang zum facettenreichen europäischen Filmerbe – vom Bewegtbild
bis zum Zensurdokument – ermöglicht. Die unerlässliche Balance zwischen Verlebendigung der Bestände
und konservatorisch einwandfreier Bewahrung des
Materials kann dabei bestmöglich gewahrt bleiben.
EFG als zentraler Ausgangspunkt ermöglicht die individuelle (Neu-)Erschließung der einzigartigen Bestände europäischer Filmarchive und ist in das strukturell
übergeordnete Portal EUROPEANA eingebunden.
Damit werden die Sammlungen der europäischen
Filmarchive mit Beständen der Bibliotheken, Archive
und Museen Europas vernetzt und in einen gesamt-kulturellen Kontext gestellt. EUROPEANA
bietet derzeit Zugang zu mehr als 20 Millionen digitalen Objekten. Der Erfolg des EFG-Portals und das
nachgewiesene Userinteresse an seriös aufgearbeitetem und zugänglich gemachtem Filmmaterial
waren Mitgründe für eine thematische Weiterführung:
Mit dem im Frühjahr 2014 erfolgreich abgeschlossenen Erweiterungsprojekt EFG1914 wird der ohnehin
schon beachtliche Bestand des EUROPEAN FILM
GATEWAY um Schwerpunktmaterialien zum Ersten
Weltkrieg sinnvoll erweitert. Hier ist auch eine Auswahl aus österreichischer Quellen einsehbar. Deutlich
umfangreicher wird der historische Bereich in der
eben erschienenen Edition „Krieg der Bilder“ erschlossen: Neben einem eigens produzierten Dokumentarfilm enthält die Edition zwei DVDs mit historischen
Materialien, die zu nicht unwesentlichen
Teilen erstmals wieder zu sehen sind.
Historische Kontexte
Die kriegführenden Parteien bedienten sich
bei der Vermittlung des Ersten Weltkriegs
der Massenmedien in einem bis dahin ungeahnten Ausmaß. D.h. die Propaganda wurde
nicht über ein einziges Leitmedium transportiert, vielmehr kam es zu einer intensiven
Nutzung des bestehenden bzw. eines noch
zu installierenden Medienverbundes. Auch
das österreichische Kriegspressequartier,
das umfangreiche Aufgaben in einem großen
geografischen Gebiet zu bewältigen hatte,
arbeitete mit den bereits bestehenden Verflechtungen der unterschiedlichen Medien
und etablierte somit eine frühe Form intermedieller, informationsbezogener Kriegsführung. Die Geschichte der österreichischen
filmischen Kriegsberichterstattung im Ersten
Weltkrieg lässt sich aufgrund der bisher
vorliegenden Forschungsergebnisse in zwei
größere Abschnitte unterteilen: eine Phase
bis etwa 1916, in der vor allem die Präsentation von Technik von Bedeutung war, und der
Zeitraum der letzten Kriegsjahre, in dem sich
eine stärkere Einbindung narrativer Elemen-
te in der filmischen Propaganda bemerkbar
macht. Die Wochenschauen der ersten
Kriegsjahre waren nach den Richtlinien und
Ansätzen der zivilen dokumentarischen Berichterstattung konzipiert. Folglich findet
sich in den Produktionen dieses Zeitraums
die eindringliche Darstellung der Kriegsmaschinerie, die als Folge eines ebenso notwendigen wie positiven Fortschritts vermittelt
werden sollte. Das detaillierte Zeigen von
Abläufen und Gegenständen erfüllte einen
zweifachen Zweck: die Begeisterung für den
gezeigten Ablauf und die Faszination durch
den Gegenstand selbst. Ab der zweiten Hälfte des Ersten Weltkriegs tritt die Reflexion
der Technik zugunsten einer narrativen
Gestaltung der Kriegswochenschaubeiträge
zurück. Gründe dafür waren u. a. die Kriegserfahrung heimgekehrter Soldaten und die
Erkenntnis, dass die Technik offensichtlich
nicht den erhofften, schnellen Sieg gebracht
hatte. Die mittels des Portals und der Edition zur Verfügung gestellten Quellen bieten
nicht nur einen umfassenderen Einblick in
eine historisch hochgradig relevante Zeitspanne, sondern laden sowohl die Forschung
als auch die interessierte Öffentlichkeit
zur weiteren Auseinandersetzung mit den
Quellen und ihren Kontexten ein. ■
Bibliografische Angaben
THOMAS BALLHAUSEN, GÜNTER KAINDELSTORFER,
ERNST KIENINGER, HANNES LEIDINGER, VERENA
MORITZ, KARIN MOSER, NIKOLAUS WOSTRY (Hg.)
Krieg der Bilder. Der Erste Weltkrieg im Film
3-DVD-Box, Codefree, insgesamt ca.
250 min.
ISBN 978-3-902781-37-6
EUR 39,90
Weiterführende Links
www.europeanfilmgateway.eu
www.europeana.eu
www.filmarchiv.at
Thomas Ballhausen, Filmarchiv Austria
KRIEG DER BILDER
Zur Zugänglichmachung österreichischer Filmquellen
zum Ersten Weltkrieg
THEMA DAS MUSEUM UND DER GROSSE KRIEG
77
Sie sind seit zweieinhalb Jahren MAK-Direktor. Ihr Antrittsslogan lautete „positiver Wandel“ der
Gesellschaft durch angewandte Kunst – sind Sie enttäuscht von der zähen Gesellschaft, dass
diese sich nicht so leicht positiv wandeln lassen will?
Thun-Hohenstein: Im Gegenteil, der „Slogan“ hat unglaublich an Resonanz gewonnen. Sowohl in der
Architektur als auch im Design ist mittlerweile völlig klar – das ist das große neue Thema, auch der
kommenden Jahrzehnte. Und in der bildenden Kunst ist ebenfalls ein interessanter Prozess in diese
Richtung im Gange.
Meine Frage zielte eher in die Richtung, ob das Publikum diesen „positiven Wandel“ bisher im
MAK sucht …
Thun-Hohenstein: Wir haben versucht, unseren Zugang – wie verbessert man die Welt? – schon bei
der Neuaufstellung der MAK-Schausammlung „Wien 1900“ herauszuarbeiten. Bei der Hoffmann/
Loos-Ausstellung „Wege der Moderne“, die heuer im Dezember eröffnet wird, wird er noch stärker im
Mittelpunkt stehen. Schließlich hatte die Wiener Werkstätte das deklarierte Programm, das Leben
der Menschen zu verbessern. Ob das aufgegangen ist, ist eine andere Frage. Aber dass das eine
zentrale Fragestellung der Wiener Moderne war, ist mittlerweile anerkannt. Daran möchten wir mit
unserer Sammlung anknüpfen. Mir ist wichtig, nicht unzusammenhängende Dinge zu machen,
sondern eine klare Strategie zu verfolgen: Unsere Sammlung stärker auf brauchbare Elemente für
unsere Situation und Zukunft zu durchleuchten. Ein breiterer Zugang ist bei unseren Neuaufstellungen wesentlich. So wollen wir Schwellenängste abbauen. Denn bisher erreicht das MAK vor allem
ein Kunstpublikum – und das, obwohl wir ein unglaubliches Potenzial haben.
DER
WELTVERBESSERER
Almuth Spiegler im Gespräch mit Christoph Thun-Hohenstein
MAK-Schausammlung
Wien 1900, Design /
Kunstgewerbe 1890–1938
Fotografie: MAK/Georg Mayer
78
SCHAUPLÄTZE
Die Beschwörung dieses Potenzials höre ich schon seit Jahren im Zusammenhang mit dem MAK
und dem Gebiet Design im Speziellen. Warum ist die Begeisterung für angewandte Kunst hier
so schwer zu wecken? Blickt man etwa im Vergleich nach London, wo die Leute das Victoria and
Albert Museum ganz anders annehmen.
Thun-Hohenstein: Ich kenne dieses Problem schon aus meiner Zeit bei „departure“ (Kreativagentur
der Stadt Wien, Anm.). Im MAK aber war man bisher ausschließlich auf Kunstpublikum aus, es wurde
nie klar gemacht, dass hier der Alltag berührt wird, wie wir das seit der Eröffnung des DESIGN
LABOR im Mai tun. Hier gehen wir offensiv in Alltagsbereiche wie Kochen und Wohnen hinein. Wir
wollen wieder ein Haus mit Vorzeigeobjekten sein, auch im Sinne des Gründungsgedankens des
MAK geschmacksbildend zu wirken. Außerdem wollen wir Prozesse aufzeigen, unangenehme Fragen
stellen – unangenehm uns und unseren heutigen Entwicklungen gegenüber.
Zum Beispiel?
Thun-Hohenstein: Wenn ich die simple Frage stelle: Wie soll ein Sessel heute aussehen, aus welchem
Material soll er sein? Da schwingt in der Antwort, die ich mir selbst gebe, schon alles mit. Soll es ein
langlebiges oder ein Produkt zum Wegwerfen sein? Welche Konsequenzen hat das? Das hat nichts,
oder fast nichts mehr mit Vorbildung zu tun. In diesem Sinne wollen wir im DESIGN LABOR auf
2000 m2 im gesamten Untergeschoss eine Anti-Schausammlung schaffen. Dieser Ansatz, ein
Alltagspublikum zu erreichen und es zu Kunst und neuer Lebensqualität hinzuführen, deckt sich
perfekt mit den rezenten Entwicklungen in Design und Architektur, die wir auch mitanschieben. Die
vom MAK-Kustoden Thomas Geisler in Zusammenarbeit mit Hartmut Esslinger, einem der einflussreichsten Designer der Gegenwart, entwickelte Ausstellung „ MADE 4 YOU. Design für den Wandel“
2012 etwa war weltweit die größte Ausstellung zu diesem Thema. Außer dem MoMA New York gibt
es wenige Institutionen, die dazu überhaupt schon etwas gemacht haben.
SCHAUPLÄTZE
79
Ist der Zugang des MoMA zu Design und Architektur Ihr Vorbild?
Thun-Hohenstein: Das MoMA ist ein guter Partner, mit dem wir für die erste „Vienna Biennale for
Change“ auch eine konkrete Partnerschaft eingehen. Wir konnten den MoMA-Kurator für zeitgenössische Architektur, Pedro Gadanho, als Kurator gewinnen. Sein Projekt zu sechs Megacities
dieser Welt wird jetzt vom MoMA und uns gemeinsam erarbeitet.
Das klingt alles sehr seriös, aber auch ziemlich trocken. Sie werden also nicht wie etwa das
Victoria and Albert Museum populäre Themen wie Ballkleider oder David Bowie aufgreifen,
um ein breiteres Publikum anzuziehen?
Thun-Hohenstein: Ich verspreche, wir werden auch Projekte bringen, bei denen es um viel Spaß
und Freude gehen wird. Mehr kann ich dazu jetzt nicht verraten. Aber wenn wir zum Beispiel im MAK
DESIGN LABOR Tisch-Sets aus verschiedenen Jahrhunderten zeigen, über die man im Internet
abstimmen und sich die Sieger ausdrucken kann, oder wenn wir aus Gitterobjekten Hoffmanns
Stadtteile errichten – dann sind das doch schöne Geschichten, bei denen auch Glamour eine Rolle
spielt. Denken Sie auch an die Hoffmann/Loos-Ausstellung oder die für 2015 geplante JosefFrank-Ausstellung, die Hermann Czech gemeinsam mit dem MAK-Kustoden Sebastian Hackenschmidt kuratieren wird.
Das sieht man auch an den schon traditionell schwachen Besucher/innenzahlen des MAK, die
weiter zu sinken bzw. zu stagnieren scheinen.
Thun-Hohenstein: Das stimmt nicht. Die Zählung wurde im vorigen Jahr nur umgestellt, Vermietungsund Bibliotheksbesucher/innen werden jetzt nicht mehr mitgezählt. Das machte beim MAK immerhin
ein Drittel aus. Wenn man die Kategorien aber einzeln vergleicht, die relevante Zahl der Besucher/
innen ohne Bibliotheks- und Vermietungsbesucher/innen, liegen wir deutlich, fast 20 Prozent, über
der Zahl im Jahr davor.
Auch die Neugestaltung der Schausammlung soll das Museum wieder attraktiver machen. Drei
Sammlungs-Neuaufstellungen haben Sie bisher verwirklicht. Dabei folgen Sie prinzipiell der
Linie Ihres Vorgängers, dabei mit zeitgenössischen Künstlern zusammenzuarbeiten. Gerade bei
„Wien 1900“, geplant mit Pae White, hat es dann aber nicht geklappt.
Thun-Hohenstein: Sie ist eine großartige Künstlerin, aber wir haben dann doch gemerkt, dass ihre
geplante Gestaltung der „Wien 1900“-Räume mit dem kuratorischen Konzept nicht vereinbar gewesen wäre. Mit Michael Embacher haben wir einen Designer gefunden, der ein hoffentlich auch in
zehn Jahren noch überzeugendes, ästhetisches Konzept vorgelegt hat. Für die Asien-Sammlung hat
der Kurator Johannes Wieninger den weltweit renommierten japanischen Künstler Tadashi Kawamata
vorgeschlagen, für den die von uns intendierte Senkung der Berührungsängste ebenfalls Thema ist.
Bei der Neuaufstellung der Teppichsammlung haben Sie wieder Embacher gewählt. Wie kam
das?
Thun-Hohenstein: Der Auftrag erging schon vor „Wien 1900“. Embacher hat ein besonderes Gespür
für die Materialität der Teppiche. Das MAK besitzt immerhin eine der drei weltweit bedeutendsten
Orientteppich-Sammlungen. Trotzdem wollte ich auch eine künstlerische Arbeit für diesen Raum.
Füsun Onur hat dafür selbst eine Textil-Arbeit hergestellt, mit dem Motiv des Engels, der auch auf
dem berühmtesten Teppich der Welt, dem Wiener Jagdteppich, eine Rolle spielt.
Toll! Aber ist das nicht wieder eher Glamour für Kunsthistoriker/innen? Sitzt man hier nicht
genau in der Vermittlungsfalle, in der das Design in Österreich sitzt – die Leute wollen, überspitzt formuliert, Glanz und Glamour und werden dafür mit ihrem eigenen Alltag gelangweilt?
Wer geht ins Museum, um dort den Alltag vorgeführt zu bekommen?
Thun-Hohenstein: Also ich würde jetzt nicht Glamour um des Glamours willen zeigen. Was ist schon
Glamour heute? Wir haben einen eigenen Helmut-Lang-Raum, superschöne Textildesigns und
das alles ist großartig gestaltet, dafür sorgt schon EOOS, eines der international prominentesten
Designteams Österreichs. Aber weil Sie Glamour anscheinend mit Ballkleidern verbinden, dazu
noch prinzipiell: Exzellent gemachte Modeausstellungen verschlingen Unsummen, ein bis zwei
Millionen sind da blitzschnell weg. Und das kommt über Besucherinnen und Besucher nicht herein.
Noch dazu kommt das Publikum, das sie damit ansprechen, nur für diese Ausstellung. Mein Ansatz
ist ein anderer: Die Leute müssen verstehen, was wir machen. Und sie müssen es als relevant
empfinden. Derzeit wissen sie nicht einmal, was ein Museum für angewandte Kunst ist. Und man
kann es ihnen nicht einmal vorwerfen.
80
SCHAUPLÄTZE
MAK-Schausammlung
Teppiche
Fotografie: Rupert Steiner/MAK
SCHAUPLÄTZE
81
Die anderen Schausammlungen werden bleiben?
Thun-Hohenstein: Wenn Sie etwa den von Barbara Bloom gestalteten Thonet-Raum oder den von
Donald Judd gestalteten Schausaal „Barock Rokoko Klassizismus“ ansprechen – diese beiden
stehen nicht auf meiner Liste. Ich arbeite daran, 2016 neue Räume für Biedermeier und Historismus
zu gestalten. Das hängt allerdings von der Finanzierung ab.
Von der Finanzierung hing gefühlte Jahrzehnte auch der CAT-Tower ab, den Peter Noever im
Gefechtsturm Arenbergpark sah. Auch Sie wollen dort die zeitgenössische Kunst zeigen.
Thun-Hohenstein: Wechselausstellungen zu zeitgenössischer Kunst finden im MAK insbesondere
in der „Schausammlung Gegenwartskunst“, im Kontext der Schausammlung „Wien 1900“ statt. Und
selbstverständlich in den MAK-Ausstellungshallen. Im MAK-Tower wollen wir zusätzlich 2000 m2
Sonderausstellungsfläche für zeitgenössische Kunst schaffen. Vorher muss er allerdings permanent
neu gewidmet werden. Außerdem muss in dringend notwendige Adaptierungsmaßnahmen wie etwa
Brandschutz viel Geld investiert werden. Ob diese Finanzierung gelingt, ist fraglich.
Das ewige CAT- bzw. MAK-Tower-Problem also?
Thun-Hohenstein: Es ist ganz einfach: Entweder gelingt uns das heuer, oder der MAK Tower wird
voraussichtlich ein Depot bleiben. Man darf nicht vergessen, dass wir mit den großen Ausstellungshallen in der Weiskirchnerstraße über knapp 2.700 m2 Sonderausstellungsfläche verfügen. Auch
Der MAK-Tower ist also kein Herzensprojekt von Ihnen?
Thun-Hohenstein: Verglichen damit, was hier und auch im Geymüllerschlössel passieren soll, hat er
keine Priorität.
Auch bei den Ankäufen verfolgen Sie andere Prioritäten als Ihr Vorgänger.
Thun-Hohenstein: Mir wurde erklärt, dass es unter meinem Vorgänger praktisch einen Ankaufsstopp
für angewandte Kunst gab. Wenn, dann wurde hauptsächlich zeitgenössische bildende Kunst gesammelt. Das hängt natürlich auch mit der Galerienförderung zusammen, die man jedenfalls nützen
soll. Ich gebe zu bedenken, dass in den angewandten Bereichen mitunter viel einfacher gesammelt
werden kann.
Aber wo finden Sie hier einen Anfang und ein Ende?
Thun-Hohenstein: Aus der Positionierung des MAK als Museum für angewandte Kunst an der Schnittstelle zu Architektur, Design und Gegenwartskunst ist aus meiner Sicht eine klare Sammlungsstrategie abzuleiten. Der zweite Parameter ist natürlich das Budget. Ich muss wahnsinnig viel Geld über
Fundraising auftreiben.
die müssen wir bespielen, was von Jahr zu Jahr ein finanzieller Kraftakt ist.
Sie wollen auch einen neuen, hochdotierten Schindler-Preis einführen.
Thun-Hohenstein: Da stecken wir gerade mitten in den Verhandlungen mit österreichischen Sponsoren. Alle zwei Jahre sollen über 100.000 Euro vergeben werden. Der Pritzker-Preis ist mit 100.000
Dollar dotiert, zumindest darüber wollen wir liegen. Es soll ein breit angelegter „Architecture
for Change“-Preis werden, den durchaus auch ein Künstler oder eine Künstlerin gewinnen kann.
Hängt dieser Preis direkt mit der „Vienna Biennale for Change“ zusammen? Allein vom
Glamour-Faktor her?
Thun-Hohenstein: Sie haben mich durchschaut! Nein, es ist noch nicht sicher, aber es spricht
natürlich einiges dafür, diesen Preis im Rahmen der Biennale zu vergeben.
MAK-Schausammlung
Wien 1900 , Design /
Kunstgewerbe Design
1890–1938
Fotografie: MAK/Georg Mayer
Wann wird die erste stattfinden?
Thun-Hohenstein: Im Juni 2015. Wir haben dafür einige Partner, einen eigenen Think-Tank sowie vier
Kuratorinnen und Kuratoren für Design, Architektur und bildende Kunst, darunter Peter Weibel
und Maria Lind. Wir wollen, dass sich Wien, anknüpfend an die Wiener Moderne, dem Thema „Wie
verbessert man die Welt?“ neu stellt. Vor diesem Hintergrund soll eine wirklich interdisziplinäre
Biennale aufgestellt werden.
Das Gespräch führte Almuth Spiegler, Kulturredakteurin, Die Presse.
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AUSSTELLEN IN EINER BEGEHBAREN
S C H U T Z M A U E R : A L P I N A R I U M G A LT Ü R
D
as Alpinarium Galtür wurde im Jahr 1999 als zentraler
Bestandteil einer 345 Meter langen und 19 Meter hohen
Lawinenschutzmauer errichtet, welche den durch das
Lawinenereignis vom 23. Februar 1999 betroffenen
Ortsteil Winkl schützt. Diese Lawine forderte 31 Menschenleben:
31 Schicksale, die die Menschen im Tal miteinander und mit vielen
Familien von außen verbindet. Das Alpinarium Galtür beschäftigt
sich mit der Dokumentation des Lebens im hochalpinen Raum
– unter Berücksichtigung von Galtür, seiner Umgebung, seiner Geschichte und der Einstellung der Menschen zur Natur.
Die Architektur des Hauses ist schlicht gehalten. Farbe, Licht
und Stein bringen die Faszination und Macht der Berge zum Ausdruck. Die Alabasterfassade im Eingangsbereich verweist symbolhaft auf die Entstehungsgeschichte des Hauses. Der Steinkreis
im Foyer, die Bar zum gefrorenen Wasser und das Auditorium
(Enzian Saal) sind Ausdruck tiefgehender Auseinandersetzung
mit Galtür und seiner Umgebung und unterstreichen die Einzigartigkeit des Gebäudes.
Das Alpinarium Galtür sollte anlässlich der Tiroler Landesausstellung 2003 eröffnet werden. Durch die Verschiebung der Landesausstellung auf das Jahr 2005 ergab sich die Möglichkeit, durch
zwei Ausstellungen – „Galtür unter einem Dach“ und „Die Lawine“ –
erste Erfahrungen zu sammeln. Die Landesausstellung 05
„Die Zukunft der Natur – DIE MAUER“ erzählte von den verschiedensten Lebensstrategien der Menschen, der Tiere und Pflanzen
im Gebirge. Schutz vor Naturgefahren und die Anpassung an
extreme Umweltbedingungen erfordern Strategien, in denen Flora
und Fauna dem Menschen weit überlegen sind. Das ist auch
Thema der zur Landesausstellung 2005 eröffneten Dauerausstellung „Die Mauer – Leben am Berg“, die thematisch und räumlich
so konzipiert wurde, dass jederzeit Ausstellungsräume mit aktuellen Themen zum hochalpinen Raum neu bespielt bzw. ergänzt
werden konnten und trotzdem das Gesamtkonzept stimmig blieb.
Im Jahr 2009 wurde aus Anlass des zehnten Jahrestages des Lawinenereignisses das Thema „Faszination Schnee – Mythos Lawine“
in die Dauerausstellung integriert.
Ganz Oben. Geschichten über Galtür und die
Welt
Fotografie: Günter Richard Wett
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Alpinarium Galtür
Dezember bis April, Juni bis Oktober
+43-5443-200-00
Hauptstraße 29 c
Di–So, 10 bis 18 Uhr
[email protected]
6563 Galtür
8 €, 7 € ermäßigt, 4 € unter 18 Jahren
www.alpinarium.at
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die Biografien zu entschlüsseln. Der Dunstkreis „Die Welt in Galtür“ erzählt von Ideen und Menschen, die von
außen gekommen sind und die ihre Spuren in Galtür hinterlassen haben, von Werken, die hier entstanden sind,
von Lebensarten und Gepflogenheiten, die mitgebracht und übernommen wurden. Ausgehend von dem traditionsbewussten Gasthof Rössle und dem mondänen Hotel Fluchthorn werden die Geschichten von Gästen
erzählt, die in Galtür abgestiegen sind. Das Gästebuch diente dabei als Leitfaden für die Gestaltung: Alle
Exponate sind in Form von Gästebüchern gedruckt.
Die Kugelkoordinaten, die sich mit Maßstäblichkeiten befassen, verschieben, verändern und verdrehen
das Bezugssystem. In einem voll verspiegelten Raum, der sich bis ins Unendliche multipliziert, suchen die
Besucher/innen nach ihrer eigenen Position und verlieren dabei schon einmal ihre physische Stabilität.
Die Wirkung des Raumes wird durch eine dreiteilige Klangreise untermalt, die mit dem eigenen Ich beginnt
und durch die Geschichte der Welt führt.
Im Orbital wird deutlich, dass sich nicht nur die Bergwelt, sondern auch „der Berg“ je nach Perspektive
verändert. Die Archäologie postuliert eine Besiedelung von oben nach unten, in den gedrechselten Formen
finden sich die Schneefallstatistiken der letzten Jahrzehnte wieder und das handgestrickte Tirol zeigt eine
Modelldarstellung der idyllischen Bergwelt.
Die Blasen „Idealisierungen, Zuschreibungen und Sehnsüchte“ in der Literatur stellen die Bergwelt als
Ort der Sehnsucht und imaginierten Fluchtort, aber auch als Ort der Identitätsstiftung dar. Anhand ausgewählter Zitate, Legenden und Geschichten wird ein vielschichtiges und facettenreiches Bild aufgezeigt.
Gestalterisch ist das Thema in einen ruhigen, poetischen Raum übersetzt, in dem feine Linien und Texte
eine abstrakte, sich verändernde Berglandschaft zeichnen. Die Sagen und die Geschichte der Toten von
Ernest Hemingway integrieren sich in das literarische Landschaftsbild.
Leben mit der Erinnerung
„GANZ OBEN. Geschichten über Galtür und die Welt“
So lautet der Titel der neuen Dauerausstellung, die im Dezember 2013 eröffnet
wurde. Wo sich das Ende, der Anfang oder die Mitte der Welt befindet, ist grundsätzlich eine Frage der Perspektive und des Bezugsystems. Endet das Tal in
Galtür oder beginnt es genau dort? Diese Ausstellung beleuchtet unterschiedliche
Interpretationsweisen aus kulturhistorischer und künstlerischer Sicht. Basierend
auf den Begriffspaaren wie Anfang und Ende, Oben und Unten, Mensch und Berg
werden Beziehungsgeschichten zwischen Galtür und der Welt erzählerisch
und bildstark dargestellt, Spuren werden aufgedeckt. Deutlich sichtbar ist diese
Offenheit auch an der Fassade.
Die Ausstellung beginnt und endet im Dazwischenraum. Von hier aus lassen
sich fünf Beziehungswelten erkunden, die jedes Mal neu zu einem Perspektivenwechsel einladen. Jede der fünf verschiedenen Themenkapseln – oder Sphären –
ist im Inneren anders inszeniert und vermittelt eine starke, einzigartige Atmosphäre. Der Dazwischenraum präsentiert sich als Raum der Einbettung Galtürs
in komplexe Beziehungsgeflechte, Strukturen und Netzwerke; ein Bindemittel,
das die vielschichtigen Themen und Überlagerungen zusammenbringt. Die Oberflächen der gerundeten Wände sind verspiegelt, ähnlich einer Eiswelt. Die Exponate sind analog einem archäologischen Prinzip in Vitrinen in die Oberflächen der
Raumkapseln eingelassen und können „zufällig“ entdeckt werden. Die Objekte
werden mehrfach gespiegelt, vielfältige Bezüge entstehen, die Besucher/innen
werden mit ihrem Spiegelbild Teil dieses Netzwerkes.
Der Wirkungskreis „Von Galtür in die Welt“ hinaus ist eine Wunderkammer mit
allerlei Lokalkolorit, persönlichen Geschichten und Objekten. Es geht um Menschen, die von Galtür ausgezogen sind, um Ideen, die dort entstanden sind, und
um Spuren, welche Persönlichkeiten dabei auf der Welt hinterlassen haben. Eine
Wandgrafik zeigt diese Spuren auf und setzt die Objekte in Beziehung zueinander.
Die Besucher/innen sind angehalten, sich auf die Spurensuche zu begeben und
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Die Welt in Galtür
erzählt von Ideen und
Menschen, die von außen
gekommen sind und die
ihre Spuren in Galtür
hinterlassen haben
Fotografie: Günter Richard Wett
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Zur Vermessung der
Bergwelt
Fotografie: Günter Richard Wett
Die Erinnerung wird im Alpinarium Galtür bewusst weiterhin lebendig gehalten. Diesem Gedenken ist das Alpinarium gewidmet und
dokumentiert dies eindrücklich mit dem „Memento“, einem Triptychon des in Galtür geborenen Künstlers Arthur Salner. In einem
2009 eigens erbauten Kinoraum schildert der bekannte Regisseur
und Alpinspezialist Lutz Maurer in einer Dokumentation, wie das
Ereignis vom 23. Februar 1999 Galtür und seine Menschen verändert hat. Von der Dachplattform aus ergreift die Besucher/innen
der Blick auf das einzigartige Bergpanorama sowie auf „die Mauer“,
dem imposanten Bauwerk aus Beton, Stahl und Steinen.
Zum Jahresprogramm zählen neben dem klassischen Ausstellungsbetrieb auch Lesungen, Vorträge, Konzerte und Diskussionen
zu Themen des hochalpinen Raumes. Künstler können in Abständen
von 2 Monaten ihre Werke in Sonderausstellungen präsentieren.
Viele Institutionen, welche sich mit Naturgefahren und dem hochalpinen Raum beschäftigen, nutzen die Seminarräume für Weiterbildungen und Tagungen.
Die Besucher/innen sind erstaunt, dass in diesem kleinen Gebirgsdorf mit knapp 800 Einwohnerinnen und Einwohnern auf über 1.600
Idealisierungen, Zuschreibungen und Sehnsüchte. Zitate, Legenden
und Geschichten zeigen
ein vielschichtiges Bild
Fotografie: Günter Richard Wett
Meter Meereshöhe aus einem Schicksalsschlag heraus ein nachhaltiger und erfolgreicher Kulturbetrieb entstehen konnte. Die
Philosophie des Hauses ist, dass das Lawinenereignis von 1999
immer in den Dauerausstellungen präsent sein soll, aber nicht zum
Hauptthema werden darf. Für die Mitarbeiter/innen ist es schon
zur Routine geworden, sachliche Informationen über die Lawine
1999 zu geben. Auf Wunsch wird bei Führungen von Gruppen auf
das Thema Lawinen und Naturkatastrophen in unserer Region
speziell eingegangen. Über 40.000 Besucher/innen pro Jahr bestätigen unseren eingeschlagenen Weg. ■
Helmut Pöll,
Projektleiter im Alpinarium Galtür
Ein Ort mit Beziehungen:
Einer Wunderkammer
gleich werden Objekte mit
allerlei Lokalkolorit und
Geschichten gezeigt
Fotografie: Günter Richard Wett
In einem 2009 eigens
erbauten Kinoraum
schildert der bekannte
Regisseur und Alpinspezialist Lutz Maurer in
einer Dokumentation,
wie das Ereignis vom 23.
Februar 1999 Galtür und
seine Menschen verändert
hat
Fotografie: Günter Richard Wett
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Österreichisches Museum für Volkskunde
reloaded: Kein Ort des Kulturkonsums
Österreichisches Museum für Volkskunde
Di–So 10 bis 17 Uhr
Laudongasse 15–19
1080 Wien
+43 1 406 8905
offi[email protected]
5 €, 3,50 € ermäßigt, unter 19 Jahren frei
www.volkskundemuseum.at
Wolfgang Muchitsch im Gespräch mit Matthias Beitl
Wolfgang Muchitsch:
Matthias Beitl, seit einem
Jahr leitest du das Österreichische Volkskundemuseum. Wo liegen die
größten Herausforderungen?
Matthias Beitl: Die Aufgaben
und Problemlagen sind
vielschichtig. Auf inhaltlicher
Ebene stehen wir vor der
Frage der Positionierung des
Faches an sich, kulturpolitisch liegt die Herausforderung darin, für das Haus eine
solide und nachhaltige Basis
zu schaffen. Es ist in den
letzten Jahren viel geleistet
worden, aber es gibt immer
noch Defizite, beispielsweise
die gesellschaftliche Einbettung des Museums.
Das Volkskundemuseum hat
ca. 20 Mitarbeiter/innen,
mit denen wir nun eine
„Organisationsrenovierung“
begonnen haben. Wir erarbeiten ein Leitbild und
Programmlinien, versuchen,
mit unseren Arbeits- und
Wissenstraditionen umzugehen und gemeinsame Ziele
zu definieren.
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WM: Zurückblickend auf
dieses erste Jahr, welche
Herausforderung davon
hast du vielleicht schon
gemeistert?
MB: Wir konnten eine völlig
andere Gesprächskultur im
Haus etablieren. Wir haben
ein erstes gemeinsames Ziel
entwickelt: Wir wollen ein
Museum, das nicht ein Ort
des Kulturkonsums ist,
sondern ein Ort, der diskursiv ist. Wir haben unsere
Vermittlungsprogramme für
Kinder, Jugendliche und
Schulen ausgebaut, die sehr
gut angenommen werden.
Wir haben zwei Programmund Ausstellungsreihen
entwickelt, „Objekte im
Fokus“ und „Sinne und
Dinge“, in denen wir mit der
Sammlung arbeiten, sie
beleuchten, hinterfragen
und evaluieren. Wir haben
uns gewissermaßen auch
auf etwas verständigt, was
wir museologische Praxis
nennen.
WM: Was sind die dringlichsten Baustellen?
MB: Ich sehe heute die
kulturhistorischen Museen
mit ihren Sammlungen sehr
im Nachteil und ich sehe
kein kulturpolitisches Bewusstsein. Wir haben rund
200.000 Objekte – wäre eine
Fusion mit dem Völkerkundlichen Museum zustande
gekommen, wäre eines der
größten Kulturmuseen
Europas entstanden …
WM: Aber dieser Zug ist
abgefahren … Das Weltmuseum wird umgesetzt und
wird ein Weltmuseum ohne
Europa sein.
MB: … ja, leider, aber die
Bedingungen, die unserer
Meinung nach notwendig
gewesen wären, um so ein
Museum zu machen, waren
damals nicht gegeben.
Vielleicht ergibt sich das in
der Zukunft.
Kartonkarte mit aufgeklebten Stickereimustern
ruthenischer Flüchtlinge,
bezeichnet „Bezirk Horodenka“ (heutige Ukraine), aus der Ausstellung
„Die Kriegshilfe“ des k.k.
Innenministeriums 1915
Fotografie: Christa Knott © ÖMV
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WM: Ihr habt eine sehr
komplexe Struktur.
Sammlung und Betrieb
liegen bei einem Verein,
das Gebäude gehört der
Stadt Wien, das Personal ist größtenteils von
der Republik Österreich
beigestellt. Gibt es langfristige Vereinbarungen?
MB: Es gibt überhaupt keine
Sicherheit für dieses
Museum. Im Grunde sind alle
Förderungen mündliche
Bekenntnisse, die jederzeit
widerrufbar sind. Mit der
Stadt Wien haben wir einen
Gesprächsprozess betreffend des Gebäudes begonnen, das wir als Mieter
nutzen, allerdings mit
erweiterten Erhaltungspflichten, die normalerweise
der Vermieter zu tragen
hätte.
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WM: Welches Budget steht
dem Volkskundemuseum
zur Verfügung?
MB: Wir haben in etwa
500.000 Euro zur Verfügung, ein Fünftel davon
erwirtschaften wir selbst
über Eintrittskartenerlöse
und Projektförderungen.
Damit erhalten wir den
gesamten Museumsbetrieb,
exklusive des vom Bund
zur Verfügung gestellten
Personals, und wir finanzieren damit Sammlung,
Wissenschaft, Ausstellungen, zahlen zusätzlich
notwendiges Personal. Für
Marketing beispielsweise
bleibt wenig, etwa 10.000
Euro. Wir machen sehr
viel Social Media, aber im
öffentlichen Raum, durch
Plakate oder ähnliches,
sind wir nicht sichtbar.
Unser Fehler ist vielleicht,
dass wir trotzdem versuchen, so produktiv wie
möglich zu arbeiten, wir
erwecken fast den Anschein,
dass wir keine Probleme
haben – außer, dass das
Gebäude schlecht aussieht.
Aber wir haben zum Glück
ein sehr engagiertes Team!
WM: Das Volkskundemuseum macht in der Tat schon
seit Jahren ein museologisch pointiertes Programm! Liegen die Schwierigkeiten des Museums
vielleicht auch an der
Attraktivität der Themenstellung oder am Vermitteln
dessen, was ein Volkskundemuseum im 21. Jahrhundert eigentlich leisten
sollte?
WM: Viele Museen gehen
weg vom traditionellen
Volkskundebegriff, wie
beispielsweise das Weltmuseum, gehen weg von
diesen klassischen
Wissenschaftsbegriffen
und versuchen sich im
Bereich Alltagskultur zu
positionieren …
Oesterreichisch-ungarische National-Trachten,
Josef Löwy, inszeniert
durch den Kostümmaler Franz Gaul, Wien
1881–1890 (Collage)
Fotografie: Österreichisches Volkskundemuseum
MB: … wie sehr das funktioniert, wissen wir nicht.
MB: Es finden viele Veranstaltungen und Ausstellungen statt, die im urbanen,
intellektuellen Milieu sehr
positiv gesehen werden, weil
der Ort so angreifbar ist,
weil man sich dort bewegen
kann. Aber nicht immer
werden das Haus und sein
Angebot als Ganzes
verstanden. Es hat einerseits damit zu tun, dass das
Fach so eine Bandbreite an
Ansprüchen und Themen
hat, aber es ist natürlich
ganz klar auch eine Frage
des Marketings, wie das
Haus transportiert werden
kann.
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WM: Aber ist es nicht eines
der Probleme der Volkskundemuseen, dass mit klassischen Themen nicht mehr
gearbeitet und so das
traditionelle Publikum nicht
mehr angesprochen wird?
Auf der anderen Seite fällt
es schwer, neue, junge Besucherschichten heranzuholen.
2014 im Volkskundemuseum:
Ruthenische Stickmuster von
Flüchtlingen im Ersten Weltkrieg
MB: Ich sehe das eher als
Chance. Der Begriff Volkskundemuseum wurde im
Team sehr stark diskutiert,
aber bevor wir etwas Neues
(er)finden, und das dann
nicht aufladen können, auch
weil uns im Marketing das
Geld für die Positionierung
fehlt, sind wir bei unseren
Namen geblieben. Wir versuchen ihn neu aufzuladen.
Wir sind ein Volkskundemuseum, aber wir sind ein
Volkskundemuseum im
Stadtraum – und das ist ein
großer Unterschied. Und
mit dem müssen wir wesentlich aktiver arbeiten.
WM: Abschließend: Wo
möchtest du das Volkskundemuseum in 5 oder 10
Jahren sehen?
MB: Ich sehe dieses Museum
in 10 Jahren in einer fundierten, abgesicherten Situation. Ob es ein Bundesmuseum oder in einem Verbund mit einem anderen
Museum ist, ist zweitrangig.
Das Museum soll sich in
einer abgesicherten und der
Bedeutung der Sammlung
und der Arbeit des Museums
entsprechenden Position
befinden. Es kann einfach
kein Vereinsmuseum bleiben,
das vor sich hin darbt, denn
in 10 Jahren steht dieses
Gebäude nicht mehr. ■
Seit Ende April zeigt das Österreichische
Volkskundemuseum zwei Ausstellungen
mit inhaltlichen Überschneidungen. Beide
Projekte beschäftigen sich mit Kategorisierungen nach regionalen und ethnischen
Gesichtspunkten: zum einen „Gestellt –
Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie“, zum anderen „Ruthenische
Stickmuster von Flüchtlingen im Ersten
Weltkrieg“.
Sehr unterschiedliche Materialien –
Fotos und Stickmuster – sind Medien, die
bestimmte Sichtweisen und Vorstellungen
transportieren und potenzieren.
Ein Angelpunkt beider Ausstellungen
sind dabei die Bewohner des ländlichen
Galizien im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Welche Vorstellungen über sie wurden
geformt und was sollte damit bezweckt
werden?
Im Sommer 2011 fragte die Historikerin
Julie Thorpe von der University of Western
Sydney bei uns im Volkskundemuseum an,
ob sie ein Konvolut von über 500 Stickereien und einigen wenigen Perlarbeiten
einsehen könne, auf die sie im Zuge ihrer
Recherchen für ein Projekt über Flüchtlinge
im Ersten Weltkrieg gestoßen war. Laut
Inventarbuch waren die Objekte 1921 als
„Sammlung rutenischer Frauenarbeiten“
von der Liquidationsstelle für die Flüchtlingslager angekauft worden, also von jener
Behörde, die zuständig war für die Auflösung der Barackenlager, in denen ein Teil
der cisleithanischen Kriegsflüchtlinge kaserniert war. Julie Thorpe machte uns nun
darauf aufmerksam, dass die vermutlich im
Lager Gmünd hergestellten Stücke im Jahr
1915 in einer Ausstellung des k.k. Innenmi-
nisteriums präsentiert worden waren. Dafür
hatte man sie auf weiße und braune Kartons
geklebt, auf denen sie sich noch immer befinden, obwohl das konservatorisch höchst
bedenklich ist und der Kleber die Trägerstoffe der Stickereien deutlich angreift.
Die damalige Ausstellung in Wien mit dem
Titel „Die Kriegshilfe“ sollte einerseits anhand beschönigender Fotos und gefälschter
Statistiken belegen, wie exzellent die staatliche Hilfe für die große Zahl von Binnenvertriebenen im Habsburgerreich organisiert
wäre, und andererseits anhand von pittoresken Handarbeiten den Besucherinnen und
Besuchern die Angst vor den Flüchtlingen
aus dem Osten und Süden der Monarchie
nehmen, die aufgrund rassistischer und
antisemitischer Vorurteile groß war und
immer wieder zu Ausschreitungen gegen
Flüchtlinge führte. Die Flüchtlinge aus
dem Osten, das waren unter anderem die
„Ruthenen“. So wurden in der Monarchie
alle Bürgerinnen und Bürger bezeichnet,
die eine ostslawische Sprache verwendeten
und zum Großteil, aber nicht nur, in den
Kronländern Galizien und Bukowina wohnten.
Es war dem Museumsteam sofort klar,
dass sich vielfältige Themen an das Objektkonvolut anknüpfen ließen. Es eröffnet
Fragen nach dem Umgang mit Flüchtlingen,
nach Genderaspekten, nach dem Stellenwert von Volkskunst und ihrer Verwendung
als nationales Zeichen und politisches Mittel
und nach dem Einsatz von Ausstellungen
zu Propagandazwecken. Aufgrund des inhaltlichen Bezugs bot es sich an, die neuerliche
Präsentation der Objekte in das Gedenkjahr
zum Ersten Weltkrieg zu legen. Das Ausstellungsformat des Volkskundemuseums
„Objekte im Fokus“, das mit einer genauen
Objektanalyse verbunden ist und Einblicke
in die Sammlungsbestände bietet, schien
der ideale Rahmen zu sein.
Julie Thorpe arbeitete am Katalog mit
und stellte ihr umfangreiches Wissen über
die Thematik während der Ausstellungsvorbereitung zur Verfügung.
In der Ausstellung von 2014 hängen die
173 Kartons mit den Objekten gerahmt an
der Wand (Konzept: Alexander Kubik), wodurch der Eindruck eines Gedenkraums
entsteht, der dem Thema entspricht. Um
den Kontext zu verdeutlichen, werden
die ausführlichen Texte und einige Archivfotos aus der Ausstellung von 1915 und
dem Barackenlager Gmünd in einer Art
Diaschau auf eine Trägerplatte am Boden
projiziert.
Wieder einmal zeigt das Volkskundemuseum, dass die sogenannte Volkskultur
bzw. die Volkskunst nie losgelöst von gesellschaftlichen Bedingungen betrachtet
werden können. Sie sind nie einfach nur
ästhetisch ansprechend oder schön, sondern immer hochpolitisch.
Gestellt – Fotografie als Werkzeug in der
Habsburgermonarchie
bis 30.11.2014
Objekte im Fokus: Arbeiten ruthenischer
Flüchtlinge im Ersten Weltkrieg
bis 02.11.2014
Oesterreichisch-ungarische National-Trachten:
Steiermark, Aussee
Fotografie:
Österreichisches Volkskundemuseum
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EINE ›BILDERGALERIE‹ FÜR
THEOPHIL HANSENS
DIE WIENER AKADEMIE.
PLÄNE UND IHRE AUSFÜHRUNG
Im Jahr 2013 wurde der 200. Geburtstag des großen dänischen Architekten Theophil Hansen gefeiert, der mit seinen
Bauten das Erscheinungsbild der Wiener Ringstraße entscheidend prägte. Als Lehrer der Wiener Akademie und
Erbauer des Gebäudes, in dem diese heute noch untergebracht ist, wurde Hansen ebendort im Vorjahr im Rahmen
eines Symposiums geehrt, zu dem auch der folgende Beitrag
entstand.1
A
nton Graf Lamberg-Sprinzenstein vermacht 1821 seine weithin berühmte Sammlung von 740 Gemälden der kaiserlichen
Kunstakademie in Wien. Wie die meisten
historischen Institutionen dieser Art besaß die 1692
gegründete Wiener Akademie bis dahin zwar eine
Lehrsammlung mit Gipsabgüssen und ein Kupferstichkabinett, nicht aber, abgesehen von den Preis- und
Aufnahmewerke des 18. Jahrhunderts, einen eigenen
Gemäldebestand. Die Lehrinstitute der kaiserlichen
Akademie sind seit 1784 – damals schon sehr beengt
– im säkularisierten Jesuitenkloster St. Anna an der
Kärntnerstraße untergebracht. Ab 1837 ist dort auch
die „Gräflich Lamberg'sche Gemählde-Gallerie“ unter
großem Platzmangel aufgestellt. Der Bilderbestand
wächst bis 1876 durch weitere Schenkungen und
kontinuierliche Neuankäufe moderner Kunst durch
1
96
Auszug des Vortrags
im Rahmen des Symposions zum 200. Geburtstag von Theophil
Hansen; 3.– 5. Juni
2013, Akademie der
bildenden Künste
Wien. Die Symposiumsakten mit dem
gesamten Text erscheinen im Sommer
2014 im Verlag der
Provinz
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das k. k. Cultusministerium auf 1010 Bilder an, von
denen allerdings nicht einmal die Hälfte gezeigt
werden kann.
Nach langen Jahren vergeblicher Erweiterungsansuchen der k. k. Akademie der Schönen Bildenden
Künste spricht Kaiser Franz Joseph ihr schließlich
am 9. März 1870 den „Kalkmarkt“, also das Gebiet des
heutigen Schillerplatzes, für einen Neubau zu. Damit
eröffnet sich für die traditionsreiche Kunstinstitution
der Monarchie konkret die Perspektive endlich in ein
adäquates modernes Quartier zu übersiedeln. Schon
1869 hatte sich das Akademiekollegium für den am
Hause lehrenden Oberbaurat Theophil von Hansen als
Architekten für das Projekt entschieden.
Die funktionellen Anforderungen an den Bau waren
mannigfaltig: neben den verschiedenen Einrichtungen
für die Lehre mussten auch für Publikumszustrom
Grundriss der ausgeführten Gemäldegalerie von
März 1872, aus: Carl von
Lützow, Geschichte der
kais. könig. Akademie d.
bildenden Künste, Festschrift zur Eröffnung des
neuen Akademiegebäudes, Wien 1877, S. 132
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97
große Bereiche vorgesehen werden, allem
voran die mittlerweile zu einer Glyptothek
angewachsene Gipsabgusssammlung mit
ihren teils überlebensgroßen Skulpturen,
weiters die Bibliothek mit dem Kupferstichkabinett und natürlich die Gemäldegalerie.
Mit dem Konzept für dieses komplexe Projekt beschreitet Hansen zweifellos auch
architektonisches Neuland. Er selbst hält
dazu fest, dass „ ... wenig eigene Gebäude
für Kunstakademieen in der Welt noch
errichtet wurden ...“.
Ausschlaggebend für die Gestaltung der
Gemäldegalerie sind zwei Komponenten:
so muss die Sammlung des Stifters gut und
vollständig aufgestellt ihrem Öffentlichkeitsauftrag gerecht werden – die Familie
Lamberg hatte erst kürzlich die Sammlung
wegen ihrer nicht kodizillgerechten Prä-
sentation von der Akademie zurückgefordert. Weiters muss sie der Lehre zur Verfügung stehen für das Kopieren der Alten
Meister und den Kunstgeschichteunterricht, wie besonders von dem einflussreichen Kunstexperten, Museumsdirektor und
Akademieprofessor Rudolph Eitelberger
propagiert. Der erlesene Charakter dieser
hervorragenden aristokratischen Privatsammlung wird damit allerdings in den
Hintergrund gedrängt.
Theophil Hansens Plan für die Gemäldegalerie orientiert sich ursprünglich zweifellos an den Errungenschaften des zeitgenössischen Museumsbaus, besonders an den
Werken Leo von Klenzes. Die Schauräume
sollten demnach grundsätzlich nach Norden
ausgerichtet, Großformate in Oberlichträumen und kleinere Bilder in Kabinetten mit
seitlichem Lichteinfall untergebracht sein.
Weder nach den Prioritäten der Akademieprofessoren, die die nordseitigen Räume
mit ihrem gleichmäßigen Licht als Malerateliers beanspruchten, noch kostenmäßig
können derartige Ideen allerdings umgesetzt werden.
Je weiter die Planung des Akademieneubaus fortschreitet, desto engere finanzielle
Grenzen werden vonseiten des Unterrichtsministeriums in Zeiten der Wiener Weltausstellung 1873 und der Errichtung der Ringstraße gezogen. Nur der repräsentativen
Ausgestaltung des auch prominent in der
Aula angesiedelten Gipsmuseums mit
den Deckengemälden Anselm Feuerbachs
wird ein höherer Kostenanteil zugebilligt, was aber Abstriche bei der Einrichtung
der anderen Bereiche nach sich zieht.
Hansens erster, im Detail ausgeführter Ent-
wurf von März 1871 zeigt den gesamten
Nordflügel als Sitz der Malerklassen.
Die Galerieräume erstrecken sich im zweiten Stock direkt unter dem Dach mit 19
Fensterachsen über die gesamte Südseite
des Gebäudes. Die Raumfolge ist rhythmisiert durch einen großen Saal mit breiteren Fenstern im Mittelrisalit sowie durch
die Türöffnungen in einer zentralen Sichtachse in ihrer ganzen Länge erfassbar.
Nur in den einschlägigen Erläuterungen zu
dieser Planungsphase spricht Hansen von
Oberlicht für die fast quadratischen Räume
der Pinakothek. Hier kommt Hansen dem
Raumkonzept Klenzes für die Alte Pinakothek am nächsten.
Der letztlich auch ausgeführte Entwurf
von März 1872 zeigt demgegenüber Reduktionen in jeder Hinsicht. Der Galeriehauptraum erstreckt sich nun im 1. Stock des
Südflügels zwischen den Eckrisaliten als
riesiger ungegliederter Saal über 17 Fensterachsen, seitliche Anräume existieren
jeweils im Ost- und Westflügel.
Das endgültige Ausstattungskonzept
steht hier bereits fest, wie aus der dann
auch ausgeführten Positionierung der
seitlichen Türen des großen Saals jeweils
an dessen Nordecken ersichtlich ist.
Zur Unterbringung der Sammlungsbestände
muss Hansen hier nun nicht nur jede freie
Wandfläche für die Hängung vorsehen,
sondern auch zwischen den Fenstern jeweils hohe Stellwände errichten, die in
dementsprechend raschem Rhythmus tiefe,
schmale Kojen ausbilden – was naturgemäß wenig Raum zur Betrachtung der
Kunstwerke gibt. Anders als in den zahlreichen zeitgenössischen Bildergalerien, in
denen man vergleichbare Stellwandsysteme
verwendet – so ab 1903 etwa auch im
kaiserlichen Hofmuseum –, müssen die hier
nicht massiv genug gefügten Holzaufbauten durch einen den Raum der Länge nach
durchlaufenden Balken zusammengehalten
werden. Auch erfahren die Hängeflächen
im Gegensatz zu den gebräuchlichen Wandverkleidungen mit Stoff nur eine sparsam-
Ludwig Grillich, Einblick
in den Corridor der
Gemäldegalerie der
Akademie d. bildenden
Künste Wien, 1904,
Stereofotografie
Fotografie: WienMuseum
98
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99
›Je weiter die Planung des Akademieneubaus
fortschreitet, desto engere finanzielle Grenzen
werden vonseiten des Unterrichtsministeriums in Zeiten der Wiener Weltausstellung 1873
und der Errichtung der Ringstraße gezogen.‹
dekorative Bemalung mit Gliederungselementen, die
die Weichholz-Bretterung sichtbar belässt.
Zusätzlich zur Reduktion der dekorativen Raumgestaltung musste Hansen im Frühjahr 1876 auch noch
Notmaßnahmen ergreifen, um dem während der
Detailplanung der Hängung durch den Galerie-Kustos
August Schaeffer von Wienerwald evident gewordenen dramatischen Platzmangel entgegenzuwirken.
Daher wurden zur Gewinnung von Hängefläche die im
Corridor statt der geplanten Stellwände dreiseitige,
drehbare Bildsäulen eingesetzt.
Anders als in seiner Projektvorstellung von 1876
ausgewiesen, konnten die Gemälde nicht in ausgewogenem Rhythmus und großzügiger Ordnung auf den
Stellwänden angebracht werden, die Hängung zeigt
sich vielmehr als flächendeckendes, extrem dichte
und unübersichtliches Neben- und Übereinander der
Gemälde, die häufig sogar die Ränder der Stellwände
überschneiden.
Den neuen Sammlungsräumen, die de facto als
reine Aufbewahrungsstätte für alle vorhandenen
Gemälde genützt wurden, haftet letztendlich der
Charakter eines Schaudepots an. Mit Hansens 1876
veröffentlichten Intentionen im Sinne einer zeitgemäßen, einheitlichen, detailgenau durchgestalteten
Innenausstattung der Sammlungsräume konnte sich
dieses Ergebnis wohl ebensowenig messen lassen
wie mit dem internationalen Rang von Lambergs
Sammlung. Am 31. Jänner 1878 schließlich wurde
Hansens Bildergalerie offiziell dem Publikum übergeben.
Erst kurz nach dem Ersten Weltkrieg sollte die
Sammlung nach anhaltenden Protesten von Kunstsachverständigen und Kunstliebhabern endlich
eine Modernisierung unterzogen werden. Die engen
Stellwände werden entfernt, die Gemälde in Kojen
nebeneinander in Augenhöhe des Betrachters
gezeigt.
Eine weitere Instandsetzung erfahren die Sammlungsräume erst nach 1945 aufgrund der entstandenen Kriegsschäden. 1982 folgt die erste größere
Renovierung, die auch Maßnahmen gegen die
Theophil Hansen, Akademie der bildenden Künste
Wien, Schnitt Nord-Süd,
Detail, aus: Theophil
Hansen, „Der Neubau
der Akademie der bildenden Künste in Wien“, in:
Allgemeine Bauzeitung
41 (1876), Tafel 7
extreme Tageslichtintensität beinhaltet.
2007 bis 2010 schließlich wird die Gemäldegalerie wirklich umfassend modernisiert,
Klima, Sicherheit und Einrichtung werden
auf einen technisch aktuellen Stand
gebracht. Die Galerieräume werden unter
Leitung des Wiener Architekten Georg
Töpfer neu adaptiert – wobei mit geziemendem Respekt und großem Publikumserfolg
auch deutliche Anleihen an Hansens
Intentionen zur Gestaltung der Bildergalerie
genommen werden. ■
Martina Fleischer, Direktorin a.i., Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste
100
SCHAUPLÄTZE
SCHAUPLÄTZE
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›MUSEUMSREIF?!‹
Betriebliche Gesundheitsförderung im Salzburg Museum
1
102
SCHAUPLÄTZE
Tanja Husty:
„Museumsreif?!“.
Betriebliche Gesundheitsförderung im
Salzburg Museum.
Masterthesis zur
Erlangung des akademischen Grades MAS
(Master of Advanced
Studies) am Universitätslehrgang Health and
Fitness. Interfakultärer
Fachbereich Sport- und
Bewegungswissenschaft/
USI – Universität
Salzburg. Salzburg
2012.
D
as ambitionierte und vielschichtige Projekt
„Museumsreif?!“ entwickelte sich Schritt
für Schritt mit einer gewissen Eigendynamik und ging aus dem eigentlich ganz einfachen Wunsch einiger Museumsmitarbeiter/innen
nach einem Rückenfitgymnastikkurs hervor. Durch
die Vermittlung von Dr. Renate Wonisch-Langenfelder,
Leiterin der Abteilung „Museum und Publikum“ und
des Panorama-Museums, entstand dieses Projekt im
Rahmen meiner Masterarbeit1 zum Studienabschluss
des Universitätslehrgangs MAS Health and Fitness
am Interfakultären Fachbereich Sport- und Bewegungswissenschaft/USI an der Universität Salzburg.
Sinn, Zweck und Ziel von betrieblicher Gesundheitsförderung im Allgemeinen und von „Museumsreif?!“ im Besonderen ist es, gesundheitsfördernde
und -förderliche Maßnahmen an den Arbeitsplatz
zu bringen, wo man ja doch einen verhältnismäßig
großen Teil seiner Zeit verbringt. Dies soll dazu
dienen, eingefahrene Anschauungen und Verhaltensmuster der Mitarbeiter/innen in Bezug auf das eigene
Gesundheitsverhalten, ja auf das gesamte physische
(und psychische!) Wohlbefinden zu hinterfragen und
diesbezüglich neue Impulse zu setzen, indem man
ihnen verschiedene, einfach in den Alltag zu integrierende Möglichkeiten und Wege aufzeigt, sie motiviert und begleitet. Die vorrangige Zielsetzung des
Projekts war die Steigerung des allgemeinen habituellen Wohlbefindens der Mitarbeiter/innen für mehr
Arbeitszufriedenheit, Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Gesundheit – mit dem wissenschaftlich
erarbeiteten Ergebnis, dass eine nicht signifikante
Steigerung des Wohlbefindens erreicht wurde!
Im Frühjahr 2011 begann die Planungsphase des
Projekts mit Konzeption, Budgetierung und Ansuchen
um Förderung beim Fonds Gesundes Österreich
(FGÖ). Dank der hohen Qualitätsansprüche des FGÖ
bezüglich der geförderten Projekte erfuhr „Museumsreif?!“ durch die Förderungszusage auch eine ideelle
Wertsteigerung. Im September 2011 erfolgte im Vorfeld des Betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammes eine Einladung an die Mitarbeiter/innen zur
Teilnahme am Salzburger Businesslauf in Rif. Mit
dieser Aktion sollte die allgemeine sportliche und
gemeinschaftliche Stimmung im Betrieb sowie das
Engagement und die Motivation der Mitarbeiter/innen
SCHAUPLÄTZE
103
schon vorab ersichtlich gemacht werden.
Ein Team fand sich schließlich zusammen,
und beim Salzburger Businesslauf 2012
gingen zwei Teams, 2013 bereits drei Teams
an den Start!
Ende September 2011 wurde für die wissenschaftliche Bearbeitung in Kooperation
mit der Universität Salzburg eine Eingangsbefragung der Mitarbeiter/innen zum
Thema allgemeines habituelles Wohlbefinden durchgeführt. Es wurden individuelle
Interventionen wie die „Ergonomische
Arbeitsanalyse und Arbeitsplatzgestaltung“
angeboten, und ebenso individuell – sogar
während der Arbeitszeit – wurde direkt am
jeweiligen Arbeitsplatz das Modul „Effektive
Ausgleichsübungen und Pausengestaltung“
durchgeführt. Beim Modul „Shiatsu am Arbeitsplatz“ mussten anfänglich noch
gewisse Vorbehalte der Mitarbeiter/innen
104
SCHAUPLÄTZE
abgebaut werden und es bedurfte konstanter und transparenter Information – diese
hat sich allenfalls gelohnt, da diejenigen,
die Shiatsu einmal ausprobiert haben, begeistert waren und sich konsequent immer
wieder für Termine angemeldet haben.
Dies gilt auch für den Yoga-Kurs, der ab Oktober 2012 einmal wöchentlich nach Dienstschluss unter der Leitung einer erfahrenen
Yogalehrerin im Museum stattgefunden hat.
Ein weiterer wichtiger gruppendynamischer Teil des Projekts war das „Wöchentliche Bewegungsprogramm“ – hier führte
ein professioneller und erfahrener Trainer
jede Woche eine Bewegungseinheit durch:
Indoor wurden an den verschiedenen Museumsstandorten Koordinations-, Balanceund Rückengymnastikübungen zur Kräftigung einzelner Muskelgruppen ebenso
angeboten wie Ausdauer- und Tiefenmus-
kulaturtraining, Stretching und Entspannung. Die Outdooreinheiten umfassten
Nordic Walking- und Lauftreffs, die direkt
vom Museumsstandort Neue Residenz aus
gestartet wurden. Der Vorteil an diesem
Angebot lag hier bei der guten Verbindung
von Arbeit und Sportmöglichkeit. Ein
Highlight war sicherlich auch die gemeinsame Schneeschuhwanderung bei Vollmond
im März 2012 in Faistenau. Auch die von mir
geleiteten gemeinsamen Nachtschitouren
auf den Zinkenkogel bei Hallein oder auf
die Spielbergalm in Gaissau waren tolle Erlebnisse, wo Anfänger und „Profis“ gemeinsam sportliche Herausforderungen bewältigten und danach bei gemütlicher Einkehr
besprachen. Auch dem Thema Ernährung
wird in der Gesundheitsförderung ein wichtiger Platz eingeräumt. Im Museum fand im
April 2012 ein ganzheitlicher Vortragsabend
über gesunde Ernährung und Mentaltraining
statt. Diese und ähnliche Aktivitäten – wie
beispielsweise auch die von einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst organisierte Teilnahme am Wettbewerb „wer
radlt gewinnt 2012“, wo drei Teams jeweils
gemeinsam mit dem Fahrrad zur Arbeit
fuhren und so im Mai und Juni 2012 insgesamt 782 km zurücklegten und somit
119,41 kg CO2 eingespart haben – werden
im Sinne der Nachhaltigkeit hoffentlich
auch nach Abschluss des Projekts „Museumsreif“ im Jänner 2014 weitergeführt! ■
Tanja Husty,
PR und Marketing,
Tennengauer Kunstkreis/ kunstraum pro arte
SCHAUPLÄTZE
105
Museumssammlungen?
D
er schöne Begriff volatil bezeichnet im Börsendeutsch bewegliche
Märkte – letztlich also das Gegenteil von kontinuierlicher Entwicklung. Genau für eine solche Kontinuität steht
jedoch die Institution Museum, steht vor
allem das Kernstück dieser Institution, ihr
USP (Unique Selling Proposition), ihr Alleinstellungsmerkmal: die Sammlung. Eine
solche Museumssammlung steht nicht nur
für eine kontinuierliche Ausrichtung in die
Zukunft, sondern auch für einen ganz
wesentlichen Kapitalfaktor der Institution
Museum – das Vertrauen.
In diesem Vertrauen sind Museen in den
letzten gut 200 Jahren viele wertvolle Gegenstände übergeben worden – anvertraut
mit dem Ziel, diese Gegenstände für die
Zukunft aufzubewahren, sich kontinuierlich
mit diesen Gegenständen zu beschäftigen,
sie zu erforschen und sie immer wieder in
neuen Zusammenhängen zu präsentieren.
Die Institution Museum hat sich in der euro-
106
SCHAUPLÄTZE
päischen und schließlich weltweiten Kulturgeschichte Schritt für Schritt von der schon
existierenden Institution „Antiquitätenhandel“ oder auch von exklusiven Schatzkammern emanzipiert; die Institution Museum
hat sich als demokratiepolitisch so wichtige,
für die gesamte Gesellschaft arbeitende
Institution entwickeln können. Der Umgang
mit einer für die Öffentlichkeit relevanten
Sammlung ist nicht ausschließlich für einzelne private Machtmenschen oder kleinere
Machtgruppierungen reserviert geblieben,
sondern als breites gesellschaftliches Anliegen diskutiert und entsprechend institutionell ausgerichtet worden. Der Zugang zu
jenen Objekten, die gleichsam für die Intelligenz einer Gesamtorganisation, einer Gesamtgesellschaft stehen, sollte nicht limitiert werden, sondern musste auf eine
möglichst breite, vermittlungsorientierte
Basis gestellt werden – soweit das demokratiepolitische Anliegen. Ganz offensichtlich ist dieses demokratiepolitische Anliegen
der Institution Museum in den letzten beiden
Jahrzehnten Schritt für Schritt immer
weniger diskutiert worden und daher immer
weniger politisch und gesellschaftlich verankert: Immer intensiver diskutiert werden
jedoch marktpolitische Fragestellungen,
Wortzusammenhänge wie Tourismus-,
Freizeit- oder Kreativindustrie, schließlich
auch die seltsame Wortschöpfung „entsammeln“ (deaccessioning) beherrschen den
öffentlichen Diskurs. Und aus dem Untergrund drängt sich immer deutlicher das
Wort „Marktwert“ nach oben: Sammlungen
werden im Hinblick auf ein (wie auch immer)
zu ermittelndes öffentliches Marktvermögen evaluiert, mit Ziffern belegt, als Vermögenswerte deklariert – ganz im Sinne
einer volatilen Marktgesellschaft vor dem
Hintergrund einer aktuellen Einschätzung
der gegenwartsbezogenen Verkaufbarkeit.
Die Bewertungskriterien entsprechender
„Rating-Agenturen“ dieser Museumssammlungen hingegen werden nicht diskutiert,
ebenso wenig wie die neben einem möglichen Marktwert noch schwieriger greifbaren
Faktoren der gesamten Museumsarbeit
und schon gar nicht der Vertrauensfaktor.
Jeder im Marktgeschehen, insbesondere
im Antiquitätenmarkt tätige Experte weiß
jedoch, wie wichtig der Faktor Vertrauen
ist. Viele Fachdiskussionen der mehrjährigen Wirtschaftskrise der jüngsten Gegenwart enden in ihren volkswirtschaftlichen
Analysen ebenfalls immer wieder in der
Beschwörung dieses Zauberwortes – vor
allem dann, wenn Bankmanager gefragt
werden (in zumeist halbprivater Umgebung).
Also: Selbst für die hartgesottensten
Anhänger einer volatilen Marktgesellschaft
wäre es wohl besser, weil erfolgreicher, sich
in ihren Museumsmarktgesprächen mehr
auf den Faktor „langfristiges Vertrauen“ hin
zu orientieren, als kurzfristige Ankaufs- und
Verkaufsfragen von Museumssammlungen
zum zentralen Inhalt öffentlicher Diskussionen zu machen. Die Museen mit ihren
Sammlungen haben sich – das sei einmal
mehr in Erinnerung gerufen – ganz dezidiert
Schritt für Schritt in seiner bisherigen
historischen Entwicklung dem Faktor
„Verkaufbarkeit“ entzogen – und ist damit
mehr als gut gefahren. Das 20. Jahrhundert
kennt wenige andere Institutionen mit einer
solchen kontinuierlich aufstrebenden
Konjunktur – und das in durchaus globaler
Perspektive bis heute.
Es stellt sich daher wohl eher die Frage,
wer hier Interessen hat, eine solche marktpolitische Alternativposition der Institution
Museum auszuhöhlen, diese hart erarbeitete Position einer gesellschaftlichen Selbständigkeit auszuhebeln.
Diese Worte sind sehr klar in Zusammenhang mit der Diskussion rund um die
„Sammlung Essl“ formuliert worden (die ja
interessanterweise den Begriff „Museum“
für sich nur sehr zurückhaltend gebraucht
hat). In jedem Fall sind sie ein Plädoyer dafür, die Kategorien „privat“ und „öffentlich“
sowie „politisch“ im Zusammenhang mit der
Institution Museum weiterhin intensiven
öffentlichen Klärungsgesprächen zuzuführen. Speziell in diesem Zusammenhang
muss jedoch einmal mehr darauf hingewiesen werden, dass die Institution Museum in
Österreich wie in fast allen anderen Ländern
der Welt öffentlich ungeschützt ist: Jeder
Mensch kann was immer auch als Museum
bezeichnen, der „Markt“ mit seinen kaum
greifbaren Kriterien entscheidet über den
Erfolg.
PS: Eine Literaturempfehlung zu diesen
Worten könnte sein: Walter Ötsch: Mythos
Markt. Marktradikale Propaganda und
ökonomische Theorie. Marburg 2009. ■
Peter Assmann, Kunsthistoriker, Bildender
Künstler, Schriftsteller
SCHAUPLÄTZE
107
BA L LHAUSENS
TRI C O R DE R
Der britische Historiker Richard Cobb ist uns trotz
seiner autobiografischen Schriften über weite
Strecken ein großer Unbekannter geblieben, nun
haben wir mit der ersten deutschsprachigen Übersetzung einer seiner Studien die Möglichkeit,
zumindest dem unbekannten Großen lesend näherzukommen: Passend zu seinem Forschungsschwerpunkt, der Französischen Revolution und ihrer
Kontexte, ist mit „Tod in Paris“ ein Werk zugänglich,
das gleichermaßen Cobbs Exzentrik wie auch seine
Gewitztheit unterstreicht. Auf der Grundlage eines
Dossiers, das die Funde von Wasserleichen in der
Seine aus dem Berichtszeitraum April 1795 bis
September 1801 umfasst, zeichnet Cobb mit Liebe
zum Detail und literarisch vollendet eine kleine
Sozialgeschichte des nachrevolutionären Paris.
Die von den Beamten beschriebenen Namenlosen,
die sich in diesen „Untersuchungsberichten nicht
natürlicher Todesfälle“ finden, geben postmortale
Auskünfte, die sich in Cobbs größere Fragestellungen sinnvoll einbetten lassen: Sei es die aus
unkonventioneller Perspektive vorgenommene Beleuchtung des Durchsetzens einer bürgerlichen
Gesellschaft, die an die Stelle ständischer Ordnungen
tritt oder die nicht minder kritische Untersuchung
eines staatsbildenden revolutionären Gedankens,
dessen Durchsetzung nicht zuletzt gewaltbestimmt
ist – stets gelingt es Cobb, Ideologiekritik, Mentalitätsgeschichte und Quellenstudium auszusöhnen.
Es mutet – auch angesichts der im ersten Moment
überraschenden, wenn nicht gar morbide anmutenden
Beispielwahl – wenig überraschend an, dass der britische Regisseur Peter Greenaway für seinen Kurzfilm
„Death in the Seine“ (1988) ausgerechnet besagte
Studie als Grundlage heranzog. Von den über 400
Fällen des historischen Materials lässt Greenaway
Einzelfälle hervortreten und exemplifiziert an ihnen
nicht nur ein ähnlich gelagertes Interesse für intelligenten Umgang mit scheinbar Uninteressantem;
er zelebriert mit den ausgewählten Totengeschichten
ein künstlerisches Arbeiten mit dem vorsätzlichen
Ausstellen von bzw. dem Spielen mit Strukturen.
Dass in seiner filmischen Umschrift von Cobbs Buch
die Schauspieler vorsätzlich lebendige Bewegungsmuster in die Todesstarre einschmuggeln dürfen,
erscheint nach der Lektüre von „Tod in Paris“ wie ein
mediales Feedback: Hier wie da dürfen wir die Belebung des untersuchten Materials erleben. Mit Richard
Cobbs Liebe zum Archiv finden wir uns nicht nur an
Arlette Farge erinnert – mit der Entdeckung dieses
Eigenwilligen tritt uns (in mehrfacher Hinsicht) ein
Zeitgenosse Foucaults entgegen.
Kriminalistisches Gespür ist auch für die jüngste
Monografie des Soziologen Luc Boltanski zentral: In
seiner Parallellektüre von Sozialwissenschaften und massenmedial verbreiteter
Kriminalliteratur sieht er die Überschneidung zentraler Diskurse der Moderne.
Quergelesen mit der psychiatrischen
Ausformulierung der Paranoia als lösungsferne Untersuchung und permanente
Verdächtigung ergibt sich für ihn die Anerkennung von Rätsel, Komplott und detektivischer Investigation als zentrale Untersuchungsgegenstände. Im Kern seiner u. a.
auf den Vorarbeiten von Kracauer und
Ginzburg aufbauenden Studie stehen
einerseits die Frage nach der Macht bzw.
deren Missbrauch, andererseits die
Vergleichbarkeit von Soziologie und
Kriminalliteratur/Spionagegeschichte als
Infragestellungen vordergründiger Wirklichkeitskonstruktionen, also das Hinarbeiten
auf eine verborgene, eigentlichere Realität.
Dass Boltanski für diese Unternehmung,
die nicht minder spannend ist als die darin
verhandelten Werke, bewusst literarische
Rüsen nun sein Projekt noch weiter und
unternimmt in der Zusammenführung
unterschiedlichster Denkansätze das
einheitliche Fassbarmachen historischen
Sinns. Im anschaulich gemachten Zusammenwirken der getrennt benennbaren
Bereiche Geschichte, Wissenschaft und
Theorie tritt dabei stets die Frage nach
der Systematik, also „das Verständnis
dessen, was Geschichte ist“, deutlich hervor. Im Aufrollen der Fragen nach Geschichtsphilosophie, Historiografie oder
historischer Erkenntnis wird nach und
nach eine auch politisch akzentuierte
Untersuchung betrieben, die nach den
Leistungen einer „Poetik“ der Geschichtsschreibung fragt. Rüsen kommt dabei
zu dem Schluss, dass sie „Sinnkonzepte
in kognitive Leistungen“ verwandelt und
damit eine methodisch abgesicherte
spezifische Sinnbildung nach sich zieht.
Die Diskussion kann weitergehen. ■
Thomas Ballhausen
Richard Cobb:
Tod in Paris. Die Leichen der Seine.
Stuttgart: Klett-Cotta 2011
202 S. - fest geb.: EUR 20,50
ISBN 978-3-608-94694-9
108
Quellen als Grundlage heranzieht, ist dabei
nur konsequent. Für ihn manifestieren
sich insbesondere hier Fragen, Zweifel und
Irritationen, die folgerichtig als politisch
(und auch: politisch relevant) identifiziert
werden. Geschichte zerfällt, auch diese
Studie belegt dies eindrucksvoll, in Bilder
und Erzählungen.
Die Fragen nach der Geschichtsschreibung – und nicht zuletzt nach der Vermittlung bzw. Vermittelbarkeit von Geschichte
– ist für den Historiker Jörn Rüsen von
wesentlicher Bedeutung. In den 1980erJahren erweiterte er mit zahlreichen Arbeiten den traditionellen Begriff der Historik:
Neben der disziplinären Selbstbespiegelung
geschichtswissenschaftlicher Teilbereiche
wie Textkritik, Quellenkunde oder Methodendiskussion sollte es für ihn verstärkt um
eine konkrete Theorie der Geschichtswissenschaft und deren umfassende (Selbst-)
Reflexion gehen. Mit dem aktuellen,
programmatischen Überblicksband treibt
Luc Boltanski:
Rätsel und Komplotte. Kriminalliteratur, Paranoia,
moderne Gesellschaft.
Berlin: Suhrkamp Verlag 2013
516 S. - fest geb.: EUR 40,10
ISBN 978-3-518-58598-6
Jörn Rüsen:
Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft.
Köln: Böhlau Verlag 2013
322 S. - fest geb.: EUR 41,10
ISBN 978-3-412-21110-3
109
Kriege gehören ins
Museum
18. 05. _
31. 10. 14
ab 29.06.2014
INTERVENTIONSPROJEKT
zum 130-Jahr-Jubiläum an
verschiedenen Standorten
Neueröffnung
Der Erste Weltkrieg
www.hgm.or.at
www.bundesheer.at
Schutz
& hilfe
TERMINE
Museumsmanagement Niederösterreich
Museumsmanagement Niederösterreich
Landesverband Salzburger Museen und Sammlungen
MUSIS – Museen und Sammlungen in der Steiermark
Verbund Oberösterreichischer Museen
Museumskustodenlehrgang
Weiterbildung Kulturvermittlung
Der niederösterreichische Museumskustodenlehrgang richtet sich speziell an Betreuerinnen und
Betreuer von Lokal- und Regionalmuseen. In Vorträgen und praktischen Übungen werden grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten für die tägliche
Museumsarbeit vermittelt.
Die Weiterbildung Kulturvermittlung richtet sich
primär an Personen, die in Niederösterreich im
Kunst- und Kulturvermittlungsbereich tätig sind,
sowie an Kustodinnen, Kustoden und ehrenamtlich
Tätige der niederösterreichischen Museen und
Sammlungen. Darüber hinaus an Pädagoginnen und
Pädagogen, die sich im Bereich Kunst- und Kulturvermittlung weiterbilden oder qualifizieren möchten,
sowie an kultur- und kunstinteressierte Privatpersonen.
Alle Teile sind einzeln buchbar und für den zertifizierten Vermittlungs-Lehrgang anrechenbar.
Lehrgang Qualifizierte/r
Museumsmitarbeiter/in
MUSIS-Lehrgang zum zertifizierten
Museumskustos / zur zertifizierten
Museumskustodin
Ab Jänner: Qualifizierungsseminar
Museum und Tourismus
19./20. September 2014
Modul 1: Museumsarbeit – eine Einführung
Brandlhof in Radlbrunn
17./18. Oktober 2014
Modul 2: Inventarisierung von Museumsbeständen
Brandlhof in Radlbrunn
21./22. November 2014
Modul 3: Aufbewahrung und Handhabung von
Kunst- und Kulturgut
Brandlhof in Radlbrunn
Anmeldungen für den gesamten Lehrgang bis 31. Juli
2014. Buchung einzelner Module nach Verfügbarkeit
freier Plätze.
1.200 €, 990 € (gesamter Lehrgang)
Kosten 220 €, ermäßigt 200 € (einzelne
Module)
Nähere Informationen und Anmeldung:
+43-2732-73999
[email protected]
www.noemuseen.at
10./11. Oktober 2014
Grundlagen der Kulturvermittlung
Haus der Regionen in Krems-Stein
Seit 2013 bietet der Landesverband Salzburger
Museen und Sammlungen einen neuen Lehrgang mit
Abschluss zur/zum „Qualifizierten Museumsmitarbeiter/in“ an.
Bei den angebotenen Inhalten und Kursen, die mit
Praxisnähe aufwarten, orientiert sich der Landesverband an den drei Schwerpunkten der Museumsarbeit: Konservierung und Archivierung, Außenwirkung
und Rechtliches, Vermittlung.
20. September 2014
Inventarisierung mit OPAL32/MV Museumsverwaltung für Fortgeschrittene
Golling
14. November 2014
Körpersprache
Haus der Regionen in Krems-Stein
27. September 2014
Pressearbeit und Fotografie/ Museumspädagogik: Projekt "Museumslabor"
Saalfelden, Museum Schloss Ritzen
15. November 2014
Kommunikationstraining – „Wer spricht?“
Haus der Regionen in Krems-Stein
30 €, für Mitglieder des Landesverbandes
Salzburger Museen und Sammlungen kostenlos!
6. November 2014
Vortrag: „Ein Spagat ist doch kein Kunststück“
Haus der Regionen in Krems-Stein
Eintritt frei!
Anmeldungen für den gesamten Lehrgang bis 22.
September 2014. Buchung einzelner Module nach
Verfügbarkeit freier Plätze.
Kosten 2.860 €, 1.600 € (gesamter Lehrgang)
Kosten 330 €, ermäßigt 165 € (2-tägige
Veranstaltung)
Nähere Informationen und Anmeldung:
+43-2732-73999
[email protected]
www.noemuseen.at
1. August 2014
Mit IMDAS zum Welt-Museum.
Oder: Sammeln verbindet
Museum im Tabor, Feldbach
2. August 2014
Sorgsam und Sicher. Vom fachgerechten Umgang mit Museumsobjekten und Maßnahmen
zur Vermeidung von Schäden
Museum im Tabor, Feldbach
5. September 2014
Dreamteams! Team-Kommunikation im
Kulturbetrieb
Österreichisches Freilichtmuseum Stübing
Nähere Informationen und Anmeldung:
+43-316-73 86 05
[email protected]
www.musis.at
Verbund Oberösterreichischer Museen
Verbund Oberösterreichischer Museen
Ab Herbst: Seminarreihe Museum plus
Ab November: Ausbildungslehrgang
Museumskustode/-in
Der Verbund Oberösterreichischer Museen bietet in
Kooperation mit der Akademie für Volkskultur eine
6-teilige Seminarreihe zur Museumsarbeit an. Aus
den Bereichen Sammeln/Bewahren/Forschen,
Ausstellen/Vermitteln und Museumsorganisation
werden jeweils mehrere Schwerpunktseminare angeboten.
Der Bogen spannt sich von einem Überblick zu
EU-Förderungen für Museumsprojekte über einen
Workshop zu barrierefreien Angeboten für
verschiedene Zielgruppen bis hin zum richtigen
Umgang mit Textilien im Museum.
Nähere Informationen und Anmeldung:
Akademie der Volkskultur
+43-732-773190
[email protected]
www.akademiedervolkskultur.at
Museen sind zunehmend gefordert, unter dem
Schlagwort der „Besucherorientierung“ touristische
Anliegen und Strategien in die Museumsarbeit
einfließen zu lassen, um neue Besucherschichten zu
erschließen und als lebendige Orte das Wissen
unserer Vorfahren zeitgemäß zu vermitteln. Wie
dieses Angebot erfolgreich und professionell
angeboten, vermarktet, präsentiert und vermittelt
werden kann, ist Ziel des Qualifizierungsseminars,
das der Verbund Oberösterreichischer Museen in
Kooperation mit dem Universitätslehrgang Tourismusmanagement an der Johannes Kepler Universität
Linz anbietet.
Einzelseminare werden nach Maßgabe freier Plätze
angeboten.
Nähere Informationen und Anmeldung:
Verbund Oberösterreichischer Museen
Dr. Klaus Landa
+43-732-68 26 16
[email protected]
www.ooemuseumsverbund.at
140 €, 120 € für MUSIS-Mitglieder
Nähere Informationen und Anmeldung:
Landesverband Salzburger Museen und
Sammlungen
+43-662-8042-2604
[email protected]
www.salzburgervolkskultur.at
Die Seminare können einzeln gebucht werden.
112
11. Juli 2014
Hals- und Beinbruch! Kurs in Erster Hilfe
Graz
50 €
In Kooperation mit der Akademie der Volkskultur
bietet der Verbund Oberöstereichischer Museen
einen Ausbildungslehrgang für Museumskustodinnen und -kustoden an.
Die Module umfassen neben einem Startseminar u.
a. die Themen Gestaltung, Texte, Medien, Vermittlung, Föderungen und Sponsoring, Projektmanagement und den Umgang mit dem Objekt (Depot,
Konservierung, Inventarisierung).
Eine Exkursion zu innovativen Museumsprojekten
sowie ein Abschlussseminar runden den Lehrgang
ab.
Nähere Informationen und Anmeldung:
Akademie der Volkskultur
+43-732-773190
[email protected]
www.akademiedervolkskultur.at
113
AUSSTELLUNGSKALENDER
KLOSTERNEUBURG
In Kooperation mit dem
Österreichischen Museumsgütesiegel
Essl Museum – Kunst der Gegenwart
www.essl.museum
Attersee und das Wunder der Farbe. Sammlung
Essl im Schömer-Haus
bis 24. Mai 2015
Die andere Sicht. Sammlerin und Künstlerin
bis 21. September 2014
BURGENLAND
KÄRNTEN
NIEDERÖSTERREICH
EISENSTADT
BLEIBURG
BERNDORF
Haydn-Haus Eisenstadt
www.haydn-haus.at
Werner Berg Museum
www.wernerberg.museum
krupp stadt museum BERNDORF
www.kruppstadtmuseum.at
Eine Hymne macht Geschichte.
Joseph Haydns „Gott erhalte“
bis 11. November 2014
Körperbilder/Podoba telesa
bis 9. November 2014
1914.MANN.FRAU.KIND.VOLKSKRIEG.
Alltag an der Heimatfront
K.AISER.K.ÖNIG.KRUPP
bis 26. Oktober 2014
Landesmuseum Burgenland
www.landesmuseum-burgenland.at
Gestochen scharf! Portraits aus der grafischen
Sammlung Tobler
bis 11. November 2014
Land im Krieg. Zwischen Schützengraben
und Heimatfront. 1914–1918
11. November 2014
Rot versus Grün – Wu Shaoxiang & Jiang Shuo
bis 9. November 2014
KÖTSCHACH-MAUTHEN
Museum 1915–1918
www.dolomitenfreunde.at
1914 – Der Anfang vom Ende
bis 15. Oktober 2014
WOLFSBERG
LACKENBACH
Museum Schloss Lackenbach
www.esterhazy.at
Wundersame Riesenkäfer
bis 1. Juli 2014
MÖNCHHOF
Dorfmuseum Mönchhof
www.dorfmuseum.at
Das ewige Thema Frauen
5. Juli bis 17. August 2014
„Drück mich“. Der Türdrücker. Kleine Kulturgeschichte eines wichtigen Architekturdetails
bis 8. Juni 2014
Museum im Lavanthaus
www.lavanthaus.at
Lagerstadt Wolfsberg.
Flüchtlinge – Gefangene – Internierte
bis 31. Oktober 2014
EGGENBURG
Krahuletz-Museum
www.krahuletzmuseum.at
20 Jahre Zeitreise ins Mittelalter Eggenburg
– Blick hinter die Kulissen – Rückblick Einblick
Ausblick
seit 26. April 2014
Bertha v. Suttner und die österreichische Friedensbewegung (Der große Krieg Teil I)
ab 28. Juni 2014
Jubel, Blut und Tränen – Das Jahr 1934
ab 15. Juni 2014
Schätze und Neuerwerbungen der Mineraliensammlung des Krahuletz-Museums
bis 31. Dezember 2014
Wolfgang Stangl – Ein fotografischer Rückblick
seit 30. März 2014
EICHGRABEN
Wienerwaldmuseum & Fuhrwerkerhaus Eichgraben
www.wienerwaldmuseum.at
Biedermeier im Wienerwald
bis 17. August 2014
GARS AM KAMP
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Elfriede Mejchar – Zum 90. Geburtstag
bis 12. Oktober 2014
Frauenleben in Niederösterreich
bis 19. Oktober 2014
Pilze
13. April 2014 bis 8. Februar 2015
TULLN
Made in Austria. Statement by Karlheinz Essl
bis 24. August 2014
Römermuseum
www.tulln.at
Österreichische Moderne. Staudacher, Hollegha,
Mikl, Prachensky
15. Juni bis 24. August 2014
Kirchen in Tulln
bis November 2014
WIENER NEUSTAD
Mährisch-Schlesisches Heimatmuseum
www.mshm.at
Bauer-Lehrer-Liederfürst – Familie Franz Schubert
bis 20. August 2014
Museum Kierling
www.museumkierling.com
Kitsch, Karikatur und Propaganda im Weltkrieg
1914–1918
21. Juni bis 19. Oktober 2014
Stift Klosterneuburg
www.stift-klosterneuburg.at
Stadtmuseum Wiener Neustadt
www.stadtmuseum.wiener-neustadt.at
Für Kaiser und Vaterland?
bis 2. November 2014
YBBSITZ
Ferrum – Welt des Eisens
www.ferrum-ybbsitz.at
Die schwarze Gräfin
seit 3. Mai 2014
Hier und jetzt/hic et nunc – 10 künstlerische Interventionen im Jubiläumsjahr
bis 16. November 2014
„Kreuz, Ring & Infel“ – 66 Pröpste in 9 Jahrhunderten
bis 31. Dezember 2014
KREMS
Museum Krems
www.museumkrems.at
Verein raumgreifend. REAKTION
6. Juni bis 31. August 2014
TRAISKIRCHEN
OBERÖSTERREICH
BAD HALL
Stadtmuseum Traiskirchen
www.stadtmuseum-traiskirchen.at
Forum Hall
www.forumhall.at
500 Jahre Wappen von Traiskirchen
Tischkultur aus 3 Jahrhunderten
bis 31. Dezember 2014
100 Jahre Landesvilla – Jugendstil in Bad Hall
bis 31. Oktober 2014
BAD ISCHL
ST. PÖLTEN
Zeitbrücke-Museum
www.zeitbruecke.at
Landesmuseum Niederösterreich
www.landesmuseum.net
Blick . Gars: Fotoausstellung des Horner Fotoklubs
bis 2. Oktober 2014
Ausnahmefrauen – Christa Hauer, Hildegard Joos,
Susanne Wenger, Broncia Koller-Pinell
bis 12. Oktober 2014
Museum der Stadt Bad Ischl
www.stadtmuseum.at
Bad Ischl im Ersten Weltkrieg – Erinnerungen
„Unter dem Doppeladler“. Das britische Regiment
von Kaiser Franz Josef 1st Queens Dragoon Gards
bis 26. Oktober 2014
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AUSSTELLUNGSKALENDER
EBENSEE
Zeitgeschichte Museum und KZ-Gedenkstätte
www.memorial-ebensee.at
Lotte Quatember. Fotokollagen nach Originalzeichnungen von Marian Kolodziej
seit 13. Mai 2014
FREISTADT
Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt
www.museum-freistadt.at
Der Krieg in der Stadt. Fritz Fellner
27. Juni bis 27. Juli 2014
HIRSCHBACH IM MÜHLKREIS
Hirschbacher Bauernmöbelmuseum
www.4242.at/museum/
80 Jahre Verschönerungsverein Hirschbach
10. bis 31. August 2014
Kunst und Aktfotografie von Gabriele
Lackner-Strauss
bis 3. August 2014
LAAKIRCHEN
Österreichisches Papiermachermuseum
Laakirchen-Steyrermühl
www.papiermuseum.at
Papierkunst Tone Fink und Jae Ko
ab 14. Juni 2014
LEONDING
Turm 9-Stadtmuseum Leonding
www.leonding.at
Jagd in Leonding – Spurensuche
bis 12. Juli 2014
LINZ
Lentos Kunstmuseum Linz
www.lentos.at
Alois Mosbacher. Möblierung der Wildnis
19. Juni bis 7. September 2014
Hutzinger / Joos. In Ordnung
19. Juni bis 17. August 2014
Nordico – Museum der Stadt Linz
www.nordico.at
100 % Linz. Kaleidoskop einer Stadt
seit 29. November 2013
An der Donau. Flussgeschichten einer Stadt
6. Juni bis 26. Oktober 2014
Oberösterreichische Landesmuseen
www.landesmuseum.at
Biologiezentrum
Tintenfisch und Ammonit
bis 19. Oktober 2014
Landesgalerie Linz
Alfred Kubin – Soldatenleben
Aus der Sammlung: Der Erste Weltkrieg aus künstlerischer Sicht
bis 22. Juni 2014
Aus der Sammlung: Interieurs
bis 15. Juni 2014
Diango Hernández
Grenzfälle
3. Juli bis 7. September 2014
Nicole Six/Paul Petritsch
18. Juni bis 28. September 2014
Schlossmuseum Linz
Der Erste Weltkrieg im Spiegel der Medaille
Die alpine Rüstkammer der Armee. Recycling im
1. Weltkrieg.
bis 16. November 2014
Vom Leben mit dem Krieg – Oberösterreich im
Ersten Weltkrieg
bis 17. November 2014
RIEDAU
STEYR
Museum Arbeitswelt Steyr
www.museum-steyr.at
Vom Boom zum Bürgerkrieg: Steyr 1914–1934
seit 9. April 2014
ST. FLORIAN
Freilichtmuseum Sumerauerhof
www.sumerauerhof.at
100 Jahre Hans Mairhofer-Irrsee
bis 30. Oktober 2014
TAUFKIRCHEN A. D. PRAM
Bilger-Breustedt-Haus
www.bilger-breustedt.at
Franz Blum – Bildhauer, Maler, Poet
Margret Bilger, Hans Joachim Breustedt zum
Thema „Musik und Tanz“
bis 26. Oktober 2014
WELS
lebensspuren.museum
www.lebensspuren.at
Körper.EINGRIFFE – Vom Ritual zum letzten Schrei
bis 23. Dezember 2014
SALZBURG
ARNSDORF
Stille Nacht Museum Arnsdorf
www.stillenachtarnsdorf.at
Kleider und Schneider zu Arnsdorf 1820
seit 18. Mai 2014
BRAMBERG
Museum Bramberg
www.museumbramberg.at
„Ein sagenhafter Zeichner“ – Ausstellung von
Norbert Mühlbacher im Museum Bramberg
bis 9. Juni 2014
116
Kunst-Geschichten
26. Juli bis 26. Oktober 2014
Proudly Presenting: Sammlung Generali Foundation
bis 12. Oktober 2014
Simone Forti. Mit dem Körper denken: Eine Retrospektive in Bewegung
18. Juli bis 9. November 2014
Salzburg Museum
www.salzburgmuseum.at
Im Reich der Kristalle
bis 19. Oktober 2014
Neue Residenz
STEIERMARK
Archäologie?! – Spurensuche in der Gegenwart
bis 8. Juni 2014
ADMONT
HALLEIN
Keltenmuseum
www.keltenmuseum.at
Keltenbilder aus Hallein von 1980 bis heute –
Werner Hölzl zum 70. Geburtstag
bis 11. Jänner 2015
Wirklich wichtig – Archäologische Highlights
erzählen ihre Geschichte
bis 27. Juli 2014
LEOGANG
Haus der Natur
www.hausdernatur.at
Hinterglasmuseum Sandl
www.hinterglasmuseum-sandl.at
bis 6. Juli 2014
Museum Burg Golling
www.golling.info
SALZBURG
SANDL
Bauernsilber–Silberglas
bis 31. Oktober 2014
GOLLING
Gotische Löwenmadonnen
4. Juni bis 31. August 2014
Textbrand. Steinzeugreliefs von Fritz Radlwimmer
mit Texten von Franz Xaver Hofer
18. Juli bis 24. August 2014
Heimathaus-Stadtmuseum Schärding
www.schaerding.at
Lesen verbindet – Alte Kinderbücher in neuem
Glanz
seit 18. Mai 2014
Gotisches Kunsthandwerk
bis 31. Oktober 2014
Perspektivwechsel. Holzskulpturen der Bayerischen Bildhauerin Martina Kreitmeier
bis 13. Juli 2014
SCHÄRDING
Museum Elsbethen-Glasenbach
„Zum Pulvermacher“
www.museum-elsbethen.at
Bergbau- und Gotikmuseum Leogang
www.museum-leogang.at
Lignorama Holz- und Werkzeugmuseum
www.lignorama.com
Der gläserne Schatz in Sandl
bis 31. Oktober 2014
ELSBETHEN
Heinz Husiatynski (1944–1995) – Keramik berührt
bis 22. Juni 2014
Benediktinerstift Admont
www.stiftadmont.at
Krieg, Trauma, Kunst. Salzburg und der Erste
Weltkrieg
bis 27. September 2015
Künstlerbücher
Mechanische Tierwelt
Bücherschreiber – Bilder von Autoren der Antike
und des Mittelalters
Raum für künstlerische Intervention
bis 2. November 2014
Malerschicksale – Leibl-Rezeption in Salzburg
11. Juli bis 26. Oktober 2014
Von Mensch zu Mensch – Wilhelm Leibl & August
Sander
11. Juli 2014 bis 5. Jänner 2015
Neue Residenz, Innenhof
365 Sonnenblumen für Salzburg – Wilhelm Scheruebl in der Neuen Residenz
bis 26. Oktober 2015
Panorama Museum
Kosmoramen von Hubert Sattler – Wüsten und
umkämpfte Stätten
bis 12. Jänner 2015
Oswald Miedl. Zeichnungen und Lithographien zum
Thema „Stein – Fels – Berg – Gebirg“
8. August bis 1. November 2014
Spielzeugmuseum
Spione, Schwindler, Schatzsucher
bis 5. August 2014
Du bist dran … Gesellschaftsspiele im Wandel
der Zeit
bis 15. Juni 2014
Spielbilderbücher aus der Sammlung des Spielzeug Museum
bis 16. November 2014
Museum der Moderne Rupertinum
www.museumdermoderne.at
Volkskunde Museum
Kunst-Geschichten
26. Juli bis 26. Oktober 2014
Museum der Moderne Mönchsberg
www.museumdermoderne.at
Ana Mendieta. Traces
Im Dialog: Wiener Aktionismus
Kammerhofmuseum
www.badaussee.at
170 Jahre Struwwelpeter – Facetten eines
Bestsellers
bis 1. November 2014
Das Haus der Natur 1924–1976. Die Ära Tratz
bis Sommer 2015
Durch dick & dünn. Eine Ausstellung für Kinder
und Freunde jeden Alters
Ich und die Anderen. Schaufenster zur
Sammlung VI
bis 13. Juli 2014
BAD AUSSEE
Operation Goldhaube. Tradition und zeitgenössische Kunst
bis 2. November 2014
WALS-SIEZENHEIM
Die Bachschmiede
www.diebachschmiede.at
Sabine Stranzinger. Amor, Psyche und die anderen
bis 2. Juni 2014
FELDBACH
Museum im Tabor
www.tabor-feldbach.at/die-museen-im-tabor
Die Südoststeiermark im Ersten Weltkrieg
bis 26. Oktober 2014
GRAZ
Diözesanmuseum Graz
www.dioezesanmuseum.at
Die Farbe Grün. Natur – Hoffnung – Paradies
bis 12. Oktober 2014
Fastenzeit – Ostern – Pfingsten
bis 8. Juni 2014
Walser Spielzeugkiste
bis 5. Juli 2014
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AUSSTELLUNGSKALENDER
GrazMuseum
www.grazmuseum.at
Carmilla, der Vampir und wir
bis 31. Oktober 2014
Berg und Stadt.
Die Erfindung des Grazer Schloßbergs
bis 16. Juni 2014
Königsmorde. Gewalttaten in der Donaumonarchie
bis 17. November 2014
Universalmuseum Joanneum
www.museum-joanneum.at
Alte Galerie
Die Schwarze Kunst. Meisterwerke der
Schabkunst
bis 20. Juli 2014
Archäologiemuseum
Knochen-Code. Körper erzählen vom Krieg
bis 31. Oktober 2014
Naturkundemuseum
Matheliebe
bis 6. Juli 2014
Pilze: Netzwerker der Natur
bis 26. Oktober 2014
Neue Galerie Graz
André Thomkins. Eternal Networks
bis 9. Juni 2014
Der private Blick.
Brus in steirischen Privatsammlungen
4. Juli bis 26. Oktober 2014
Eugène Leroy. Einfach malen
13. Juni bis 5. Oktober 2014
Vom Drachentanz bis zum Fest der Mondfee.
Das chinesische Bauernjahr in Bildern
bis 28. September 2014
MÜRZZUSCHLAG
Winter!Sport!Museum
www.wintersportmuseum.com
„Lebenswerk“ – Mürzzuschlager Werksgeschichte(n)
bis 12. Oktober 2014
ST. RUPRECHT
Steirisches Holzmuseum
www.holzmuseum.at
Zwei Maler und zwei Bildhauer
Lernen von Istanbul - Stadtmodul Hani
bis 31. Oktober 2014
STÜBING BEI GRAZ
INNSBRUCK
Alpenverein-Museum
www.alpenverein.at/leidenschaft
Augustinermuseum Rattenberg
www.augustinermuseum.at
Berge, eine unverständliche Leidenschaft
bis 31. Oktober 2014
500 Besucher – 500 Objekte
1. Juni bis 30. September 2014
Tiroler Landesmuseen
www.tiroler-landesmuseen.at
Annus dierum Sanctorum – Die Jahrestage der
Heiligen
bis 12. Oktober 2014
April 1914. Tirol vom Frieden in den Krieg
bis 30. November 2014
Museum im Zeughaus
Seh(n)sucht 3D. Zur Darstellung des Räumlichen in
der Kunst und neuen Medien
bis 23. November 2014
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Druckfrisch. Der Innsbrucker Wagner-Verlag und
der Buchdruck in Tirol
13. Juni bis 26. Oktober 2014
Tirol – München: Begegnungen von 1880 bis heute
bis 24. August 2014
Tagein, tagaus – Geschichte(n) der ländlichen
Alltagskultur
bis 31. Oktober 2014
Tiroler Volkskunstmuseum
Hinter der Maske
bis 9. November 2014
JENBACH
Jenbacher Museum
www.jenbachermuseum.at
Wald und Mensch. Eine Geschichte in
100 Positionen
bis 31. Oktober 2015
Das Antlitz des ersten Weltkrieges
bis 20. Dezember 2014
Angelika Kauffmann Museum
www.angelika-kauffmann.com
Angelika Kauffmann. Blütezeit London
bis 26. Oktober 2014
SCHWAZ
Museum "Kunst in Schwaz“
www.rabalderhaus-schwaz.at
Kaiser Karl V. erobert Tunis. Dokumentation eines
Kriegszuges
bis 31. März 2015
Leopold Museum
www.leopoldmuseum.at
Bauernwerk in den Bergen
bis 17. August 2014
Aberglauben – Aberwissen. Welt ohne Zufall
bis 30. November 2014
Univ.-Prof. Dr. Oskar Moser zum 100. Geburtstag
31. August bis 31. Oktober 2014
Architekturzentrum Wien
www.azw.at
Think Global, Build Social! Bauen für eine bessere
Welt
bis 30. Juni 2014
Gustl Rabalder. Fotoausstellung
27. Juni bis 3. August 2014
Josef Bramer. Nachdenklich ...
bis 15. Juni 2014
Wäre ich von Stoff, ich würde mich färben.
Retrospektive Ulrike Grossarth
bis 29. Juni 2014
Fasnacht- und Heimatmuseum
www.telfs.com/noafl/museum/
Auf den Spuren des Heinrich Kluibensche(ä)dl
(1849–1929)
5. bis 20. Juni 2014
Museum Tiroler Bauernhöfe
www.museum-tb.at
Volkskundemuseum
WIEN
Generali Foundation
foundation.generali.at
KRAMSACH
Streiflichter. Film und Kino in der Steiermark
1896–1945
bis 2. November 2014
Edmund de Waal. Lichtzwang
bis 5. Oktober 2014
SCHWARZENBERG
TELFS
Schloss Trautenfels
www.museum-joanneum.at
Multimediale Sammlungen
Kunsthistorisches Museum Wien
www.khm.at
Das Tirol Panorama mit Kaiserjägermuseum
Österreichisches Freilichtmuseum Stübing
www.stuebing.at
TRAUTENFELS
RATTENBERG
Heeresgeschichtliches Museum
www.hgm.or.at
Seelen der gewesenen Zeit – Historische Schätze
der Bibliothek
bis 31. August 2014
Steirisches Feuerwehrmuseum
www.feuerwehrmuseum.at
Gottfried Pengg-Auheim. Natürlich Malerei
7. Juni bis 31. August 2014
LEOBEN
TIROL
FLIESS
Museumscenter Leoben
www.museumscenter-leoben.at
Archäologisches Museum Fliess
museum.fliess.at
Die Shaolin Mönche - Fotoausstellung
Hæuser Teil 02
seit 30. März 2014
118
Schloss Bruck
Museum der Stadt Lienz
www.museum-schlossbruck.at
Leopold Ganzer (1929–2008).
Natur und Abstraktion – eine Symbiose
bis 3. August 2014
Geschöpfe der Nacht – Fledermäuse – Geheimnisvolle Jäger am Schlossteich
Schlaglicht – Lienz und der Talboden
bis 26. Oktober 2014
Totentanz: Egger-Lienz und der Krieg
15. Juni bis 26. Oktober 2014
WIEN.blicke. Stadtbild-Fotografien von
Reinhard Mandl
24. Juni bis 4. Oktober 2014
Naturhistorisches Museum Wien
www.nhm-wien.ac.at
Das Geschäft mit dem Tod – Das letzte Artensterben?
bis 30. Juni 2014
Der lange Schatten von Tschernobyl
bis 1. September 2014
Tierlaute aus dem Nebel
bis 25. August 2014
Amy Winehouse – a Family Portrait
bis 20. August 2014
VORARLBERG
Kunst Haus Wien. Museum Hundertwasser
www.kunsthauswien.com
HOHENEMS
Andreas H. Bitesnich. 25 Years of Photography
bis 9. Juni 2014
Die ersten Europäer. Habsburger und andere
Juden – eine Welt vor 1914
bis 5. Oktober 2014
MUSA – Museum Startgalerie Artothek
www.musa.at
Museum Dorotheergasse
Weltuntergang. Jüdisches Leben und Sterben im
Ersten Weltkrieg
bis 14. September 2014
Jüdisches Museum Hohenems
www.jm-hohenems.at
Visuelles Gedächtnis der „Wiener Gesellschaft“:
Franz Xaver Setzers Porträtfotos
bis 13. Jänner 2015
Experiment Leben – Die Gabonionta
12. März bis 5. Oktober 2014
Stoffe und Geschichten. Textilien aus den Sammlungen des Jüdischen Museums
11. Juni bis 9. November 2014
LIENZ
Trotzdem Kunst! Österreich 1914–1918
bis 15. September 2014
Jüdisches Museum Wien
www.jmw.at
Museum Judenplatz
GROSS ST. FLORIAN
Linie und Form. 100 Meisterzeichnungen aus der
Sammlung Leopold
bis 20. Oktober 2014
SHOEting Stars. Der Schuh in Kunst und Design
18. Juni bis 5. Oktober 2014
Österreichisches Museum für Volkskunde
www.volkskundemuseum.at
Arbeiten ruthenischer Flüchtlinge im 1. Weltkrieg:
Stick- und Knüpfmusterstücke
bis 2. November 2014
Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie
bis 30. November 2014
Österreichisches Theatermuseum
www.theatermuseum.at
Spielräume. Bühnenformen im Modell
bis 31. August 2014
Stefan Zweig. Abschied von Europa
bis 12. Jänner 2015
Trägt die Sprache schon Gesang in sich ...
Richard Strauss und die Oper
ab 12. Juni 2014
119
AUSSTELLUNGSKALENDER
IM NÄCHSTEN HEFT
THEMA 25 JAHRE MUSEUMSBUND
Sigmund Freud Museum
www.freud-museum.at
WIG 64 – Die grüne Nachkriegsmoderne
bis 31. August 2014
Freuds Reisen.
Kulturelles Erfahren – psychoanalytisches Denken
bis 5. Oktober 2014
Weltmuseum Wien
www.weltmuseumwien.at
Markus Schinwald _ Untitled (Legs) 2013
bis 8. Juni 2014
Technisches Museum Wien
www.tmw.at
Space. Die Weltraumausstellung
bis 29. Juni 2014
Unter dem Losungsworte Krieg und Technik
seit 7. Mai 2014
Franz is here! Franz Ferdinands Reise um die Erde
Schaustelle Baustelle.
Das Vergabeverfahren im Rückblick
bis 2. November 2014
Getanzte Schöpfung. Asien zwischen den Welten
bis 5. Oktober 2014
Unter Strom. Elektrotechnik & Pathologie
bis 30. Dezember 2014
Wien Museum
www.wienmuseum.at
Experiment Metropole – 1873:
Wien und die Weltausstellung
bis 28. September 2014
Fotografie: Manfred Litscher, Heeresgeschichtliches Museum / Militärhistorisches Institut
In der nächsten Ausgabe widmet sich der Schwerpunkt dem
Museumsbund Österreich und seinem 25-Jahr-Jubiläum.
Kultur vielfältig erleben.
Agentur für Kommunikation
und digitale Medien
Medienkonzepte
Serious Games
Design und Programmierung
Analoges und Digitales
mobile Lösungen
der mediaguide
Unser ganzer Stolz.
120
SCHAUPLÄTZE
Peter Paul Rubens, Madonna mit Kind, um 1617 © Landesmuseum Hannover
die InformationsGesellschaft
multimediale Führungen
für kleine und große Entdecker
drinnen und draußen
Videos, Animationen, Spiele
Ortungsfunktion
Evaluierungstool
Redaktionssystem
Weitere Infos auf www.infogmbh.com
und www.xpedeo.de
Anknüpfend an den Schwerpunkt zum Gedenkjahr 1914 zeigen wir
außerdem die neue Dauerausstellung des Heeresgeschichtlichen
Museums zum Ersten Weltkrieg uvm.
Fotografie: Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für
angewandte Kunst Wien
In Niederösterreich werden Depots gesichtet und sichtbar gemacht. Seit Oktober
2012 unterstützt die Universität für angewandte Kunst Wien das Projekt des
Museumsmanagements Niederösterreich.
Leiterin Ulrike Vitovec berichtet.
Fotografie: Klostertaler Museumsverein
Von schroffen Bergen eingeschlossen. Das
Lechquellengebirge und seine Erschließung.
Christof Thöny stellt das von ICOM
Österreich ausgezeichnete Forschungsprojekt des Klostertaler Museumsvereins vor.
Fotografie: Archiv Haus der Natur
Das Haus der Natur 1924–1976. Die Ära
Tratz. In einem Ausstellungsprojekt hat das
Team des Museums seine wechselvolle
Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus erforscht.
121
Der Museumsbund Österreich bedankt sich bei folgenden Institutionen für Ihre Unterstützung
Heeresgeschichtliches Museum
Inatura, Erlebnis Naturschau Dornbirn
Jüdisches Museum Wien
Kunsthistorisches Museum Wien
Landesmuseum Burgenland
Landesmuseum für Kärnten
Landesmuseum Niederösterreich
Liechtensteinisches Landesmuseum
MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / GegenwartskunstMuseen der
Stadt Linz
Museum Angerlehner
MuseumsCenter - Kunsthalle Leoben
Naturhistorisches Museum Wien
Oberösterreichisches Landesmuseum
Österreichisches Museum für Volkskunde
Salzburg Museum
Südtiroler Landesmuseen
Technisches Museum Wien
Tiroler Landesmuseen
Universalmuseum Joanneum
Vorarlberg Museum
Wien Museum
Der Museumsbund Österreich wird gefördert von
IMPRESSUM
neues museum. Die österreichische Museumszeitschrift
Gegründet 1989
ISSN 1015-6720
Das neue museum erscheint seit 1990 in drei Heften pro Jahr im Februar, Juni sowie
Oktober, einmal davon als Doppelausgabe, und kostet im Jahresabonnement 35 €
(exkl. Versandkosten – dzt. Inland 9,60 ;, Ausland 22,45 ;).
Die Mitgliedschaft beim Museumsbund Österreich inkludiert ein Abonnement
der Zeitschrift. Das neue museum leistet Berichterstattung über aktuelle Fragen
des Museumswesens, Ausstellungen, Museologie, Wissenschaft, Architektur,
Restaurierung, Didaktik, Öffentlichkeitsarbeit und Mitteilungen des Museumsbunds Österreich.
Präsident:
Mag. Dr. Wolfgang Muchitsch
c/o Universalmuseum Joanneum,
Mariahilferstraße 2, 8020 Graz,
[email protected]
Die Zeitschrift wird zum jeweils gültigen Bezugspreis abonniert, der Gesamtpreis
wird im Vorhinein am Jahresanfang fällig. Das Abonnement wird jährlich automatisch verlängert. Bei Abo-Preisanpassungen (Senkung/Erhöhung) während
der Vertragszeit ist der vom Zeitpunkt der Anpassung an gültige Abo-Preis zu
entrichten; der neue Abonnementpreis gilt ab der nächsten Fakturierung.
Die Rechnung erhalten Sie an die von Ihnen angegebene E-Mail-Adresse am
Beginn des jeweiligen Bezugsjahr (bzw. zum Zeitpunkt des Abonnementwunsches)
versandt.
Bei Bestellungen im laufenden Jahr ergehen Ihnen bereits erschienene Ausgaben
des laufenden Jahres zu.
Layout
Andreas Pirchner, Graz, www.andreaspirchner.at
Verleger und Herausgeber
Museumsbund Österreich, ZVR 946764225
www.museumsbund.at
122
Geschäftsführung:
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Museumsbund Österreich
Mariahilferstraße 2, 8020 Graz
[email protected]
Redaktion und Gesamtanzeigenleitung
Sabine Fauland
Lektorat
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Vertrieb
Eigenvertrieb
Druck
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