Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Michael Lang, Wangen

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Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Michael Lang,
Wangen im Allgäu, 1. Januar 2016
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste aus Nah und Fern,
die letzten Wochen waren sehr sonnig bei milden Temperaturen, kein Schnee, auf
den vor allem die Kinder warten. Früh am Morgen war der Himmel grau. Endlich hat
es mal wieder geregnet. Jetzt ist es trocken. Das ist schön für unsere Begegnung!
Diese Feier an Neujahr ist möglich, weil ganz viele bei der Vorbereitung geholfen
haben. Das Team vom Bauhof hat den Marktplatz hergerichtet. Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Bewirtungsteams leisten heute eine Sonderschicht. Es gibt
wieder schöne Neujahrstassen, die Sie erwerben können. Den Inhalt Glühwein,
Punsch , Kuchen und Hörnle gibt es gratis dazu. Vielen Dank an die Helfer der
Narrenzunft für das Glühweinkochen. Erstmals gibt es Fair Trade Kaffee,
ausgeschenkt von der El-Sol Klasse der Beruflichen Schulen. Herzlichen Dank!
Ich freue mich sehr darüber, dass Sie nach dieser kurzen Nacht der Einladung Ihrer
Stadt gefolgt sind. Das neue Jahr beginnt für uns alle in der großen Gemeinschaft
und in bester Gesellschaft. Und wir schließen heute das Stadtjubiläumsjahr 2015
offiziell ab. Allen Bürgerinnen und Bürgern danke ich für die Begegnung anlässlich
der 1.200 -Jahrfeier. Unzählige Vereine, die Kirchen, Organisationen und andere
Kulturträger haben das Jahr 2015 mit von Herzen kommenden Beiträgen geprägt.
Vielen Dank für die lebendige Vielfalt, den Bürgerstolz und die so herzliche
Identifikation mit der Geschichte Wangens. Wir erinnern uns an zahlreiche
Eindrücke. Schöne Bilder von Kindern, die beim Festumzug anlässlich des Kinderund Heimatfestes so prächtig und farbenfroh gekleidet waren. Ich habe die große
Kinderschar vor Augen, die beim Festakt im März ein so herzhaft frisches
Geburtstagsständchen
gesungen
haben.
Auch
Ministerpräsident
Winfried
Kretschmann, Ehrengast an diesem Abend, war begeistert. Prächtig war der
Ökumenische Festgottesdienst zum Stadtjubiläum in St. Martin unter Beteiligung der
Bischöfe Gebhard Fürst und Frank Otfried July. Die Feiern zum 1.200jährigen
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Dorfjubiläum in Schwarzenbach bleiben ebenfalls in schönster Erinnerung. Das
Historienspiel Hammerwende 1389 bot wunderbare Einblicke in das örtliche Leben
vor mehr als 600 Jahren. Es gibt so viele Erlebnisse, an die wir uns gerne erinnern.
Theater, Festspiele, Heimatabende, Kunst – und Kultur, Konzerte, Turn- und
Sportfeste. Programmpunkte von Wangenern für Wangener. Auch in die Reihe der
wichtigen Ereignisse im Jubiläumsjahr gehört für mich der Umzug der Bewohner
unseres städtischen Alters- und Pflegeheims in den Neubau am Klösterle.
Es gab reichlich Gelegenheiten den runden Stadtgeburtstag mitzuerleben und zu
genießen. Allen, die nicht dabei waren, muss ich leider mitteilen, dass in Wangen
erst in 100 Jahren im Jahre 2115 wieder ein großes Stadtjubiläum gefeiert wird.
Gestern Abend hat die Stadtkapelle im ausverkauften Festsaal der Waldorfschule ein
begeisterndes Silvesterkonzert gespielt. Die vom Komponisten James Barnes
anlässlich des Stadtjubiläums geschriebene „Sinfonie für Wangen“ war nochmals auf
dem Programm. Vielen Dank für den großartigen Abend gestern und die
musikalische Begleitung der heutigen Neujahrsfeier.
2015, ein Jahr an das man sich erinnern wird. In Wangen, Deutschland und rund um
die Welt. In den Geschichtsbüchern der Zukunft wird sicher einiges über diese Zeit
stehen. Immer mehr Menschen drängen aus Kriegs- und Krisengebieten Richtung
Europa. Viele machen sich auf den beschwerlichen und gefährlichen Weg nach
Deutschland. Unser Land hat im letzten Jahr über 1 Million Menschen aus Krisenund Kriegsgebieten aufgenommen. In Wangen sind bisher 380 Menschen, Frauen,
Männer und Kinder angekommen. Erst vor kurzem wurde das Spitalgebäude hier in
der Altstadt von Familien aus Syrien, dem Irak und Afghanistan bezogen. Insgesamt
81 Personen, davon 54 minderjährige Kinder. Ich möchte mich heute bei Ihnen allen,
der großen Gemeinschaft in Wangen, dafür von Herzen bedanken, dass Sie für die
vielen Menschen auf der Flucht ein freundliches Herz zeigen. Und ich möchte Sie
alle ermuntern, sich für die Geschichten der Flüchtlingsfamilien zu interessieren. Bitte
nehmen Sie diese große Aufgabe, die uns gemeinsam fordert, auch weiter mit der für
Wangen typischen menschenfreundlichen Haltung an. Im Jahr 2016 werden weitere
400 bis 500 Flüchtlinge zu uns kommen. Dabei hilft es uns, dass der Gemeinderat
bereits im Jahre 2014 zusammen mit dem Landkreis zwei große Wohngebäude am
Südring für insgesamt 200 Personen auf den Weg gebracht hat. Wir sind vorbereitet.
Wir sind vorbereitet dank der Offenheit, der Bereitschaft der Menschen zu helfen. In
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der Stadt und in allen Ortschaften. Dankbar sind wir aber auch weiter für privaten
Wohnraum, der uns für Wohnungssuchende und Flüchtlinge angeboten wird. Unsere
Wertschätzung verdient das große Engagement von so vielen Freiwilligen im
Netzwerk Asyl. Vieles geschieht ganz unauffällig im Hintergrund. Die ökumenische
Kleiderstube im Kellhof ist so eine wichtige erste Adresse für alle, die hier neu
ankommen. Auf der anderen Seite erfahren wir sehr viel an Dankbarkeit. Am letzten
Montag, direkt nach den Weihnachtsfeiertagen, ist eine Gruppe von Syrern, fünf
Männer und zwei Frauen zu mir ins Rathaus gekommen, um sich bei mir und den
Bürgern Wangens für die freundliche Aufnahme zu bedanken. Der Sprecher der
Gruppe hatte eine vorbereitete Rede in englischer Sprache dabei, aus der ich in
Auszügen zitieren möchte:
Ich zitiere aus der Dankesrede eines Syrers:
„ Wir gehören zu den syrischen Flüchtlingen in dieser Stadt. Wir kommen zu Ihnen,
weil wir uns bei der Stadt, dem Landkreis, den Kirchen und bei allen Menschen
bedanken wollen, die uns geholfen haben. Wir sind sehr froh unter den Menschen
inmitten der Stadt leben zu dürfen. Wir beten zu Gott, dass er dieses Land und die
guten Menschen segnen und Deutschland Frieden und Sicherheit erhalten möge.
Glückliche Weihnachten und ein glückliches neues Jahr.“
Zitat Ende!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, hoffentlich gibt es im neuen Jahr 2016 die
Entwicklung zu Frieden in den vielen Krisengebieten. Und wir benötigen die
Solidarität innerhalb der Staatengemeinschaft Europas. Das Haus Europa ist derzeit
sehr belastet durch die Politik der Länder, die nur eigene Interessen im Auge haben.
Diese Politik der Renationalisierung innerhalb Europas ist schon eine große und
herbe Enttäuschung. Nie zuvor war die Gemeinschaft in Europa so existenziell in
Frage gestellt.
Die Terroranschläge in Paris hängen ganz eng mit dem Krieg im arabischen Raum
zusammen. 132 Tote und 352 Verletzte. Unfassbare Nachricht, großes Leid. Die
Menschen in unserer Partnerstadt La Garenne-Colombes waren ganz nahe dran am
Terror in Paris. Mein Amtskollege Philippe Juvin war als Arzt im Krankenhaus Paris
in der Notaufnahme an diesem Tag intensiv mitten im Geschehen. Wir denken am
Beginn des neuen Jahres an unsere Freunde in Frankreich.
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Frankreich und Deutschland. Heute sind wir in Freundschaft verbunden. Bei der
Jahreswende vor 100 Jahren 1915/1916 war dies noch ganz anders. Deutschland
und Frankreich standen sich in der damaligen Zeit im 1. Weltkrieg als Feinde in
blutigen Gefechten gegenüber. In der Schlacht um Verdun starben im Jahr 1916
mehr als 700.000 auf beiden Seiten. Welch ein Glück in unserer Zeit, heute zu leben.
Auch in diesem Jahr gibt es ein erfreuliches Jubiläum zu feiern. Vor 100 Jahren
wurde am 1. Mai 1916 das neue Bezirkskrankenhaus auf dem Engelberg eröffnet.
Im kommenden Juni soll es deshalb ein großes Jubiläumsfest mit Tag der offenen
Tür geben. Im Zeitraum von 1916 bis 2015 kamen in unserem Krankenhaus gut
35.000 Kinder zur Welt. Aus den Kindern von einst sind längst Eltern und Großeltern
geworden. Im jetzt zu Ende gegangenen Jahr wurden 223 Kinder mit Wohnort
Wangen geboren. Eine erfreulich hohe Zahl. Die Geburtsabteilung hat ein großes
Einzugsgebiet. 661 Mädchen und Buben kamen insgesamt als gebürtige Allgäuer zur
Welt. Herzlichen Glückwunsch allen Eltern! Voller Dankbarkeit möchten wir die
hauptberuflichen und ehrenamtlichen Kräfte und Verantwortlichen ansprechen, die
im Hospiz am Engelberg wertvollste und sehr geschätzte Arbeit für Menschen in der
letzten Lebensphase leisten.
Viele Kinder und Erwachsene aus ganz Deutschland kommen als Patienten an die
Fachkliniken Wangen. Ein notwendiger Neubau ist auf dem Weg. Ein wertvoller
weiterer Schritt für die Zukunft dieser so angesehenen Einrichtung. Beide Häuser,
das OSK Krankenhaus Wangen und die Fachkliniken sind ebenso wie die sonstige
medizinische Infrastruktur Garanten für unser gemeinsames Ziel, beim „kleinen“
Stadtjubiläum im Jahr 2065 noch mit dabei zu sein. 1.250 Jahre Wangen im Allgäu.
Nur noch 49 Jahre bis dahin.
Das Jahr 2065 ist noch fern. Viel näher ist uns 2024. Im Jahre 2024 werden wir die
die Landesgartenschau Baden-Württemberg veranstalten. Acht Jahre bleiben Zeit,
die Infrastruktur rund um die Argen und im Gelände der früheren Erba-Spinnerei auf
dieses Ereignis vorzubereiten. Es gibt noch viel zu tun. Mit dem Abbruch von
maroden Gebäuden wird in diesen Tagen begonnen. Mit der Sanierung des
Geländes soll es dann Schritt für Schritt voran gehen. Wertvolles Gelände für
Gewerbe
und
Wohnen
kann
in
den
nächsten
Jahren
schon
vor
der
Landesgartenschau entstehen. Die Sanierung des Spinnereigeländes, ein Projekt,
das uns angesichts der sonstigen Aufgaben, die anstehen, ungemein fordert. Immer
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wieder werde ich gefragt, ob sich Wangen eine Gartenschau denn überhaupt leisten
kann. Da antworte ich dann immer, dass die Landesgartenschau ein ganz wertvolles
Hilfsmittel ist, um der Aufgabe zur Sanierung des Geländes nachzukommen. Auch
ohne die Landesgartenschau müsste man sich der großen Gewerberuine widmen.
Das Gelände liegt brach! Die Gartenschau ermöglicht uns Fördergelder, die sonst nie
zu bekommen wären. Der Bereich rund um den Kamin soll schon in diesem und im
nächsten Jahr neu gestaltet werden. Mit Mitteln aus einem Förderprogramm des
Bundes „Nationale Projekte des Städtebaus“. Die Sanierung der Erba ist ein Projekt
von „Nationaler Bedeutung“ in Deutschland. Ohne das Hilfsmittel Landesgartenschau
2024 wäre diese Förderzusage wohl kaum erteilt worden. Unseren Abgeordneten im
Deutschen Bundestag danke ich sehr für die Unterstützung unserer Initiative.
Die Aufgaben der nächsten Jahre gilt es gemeinsam zu meistern. Die Sanierung und
Erweiterung der großen
weiterführenden Schulen, Gymnasium,
Realschule,
Gemeinschaftsschule. Auch an den Kindergärten Primisweiler, im Ebnet und St.
Antonius stehen große Maßnahmen an. Die baulichen Notwendigkeiten sind
unumstritten, die Erwartungen sind hoch. Zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum zu
ermöglichen, auch das ist so ein großes Thema dieser Zeit.
Unser Lebensstandard erfordert eine gute wirtschaftliche Basis. Deshalb danke ich
Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für Ihre Steuern, Gebühren und Beiträge
zur Finanzierung unserer Infrastruktur. Danke für die freundliche Haltung Ihrer Stadt
gegenüber.
Nicht immer gelingt es, den Belangen aller Bürger, Einrichtungen und Gruppen zu
entsprechen. Menschlich fair und freundlich wollen wir aber immer sein. Wem seitens
der Stadt Unrecht geschehen ist, den bitte ich um Entschuldigung und hoffe auf neue
Gelegenheiten zu zeigen, dass wir es mit allen Menschen und Einrichtungen in
unserer Stadt und allen Ortschaften gut meinen.
Es ist guter Brauch, an Neujahr für einen guten Zweck zu sammeln. In diesem Jahr
soll wieder für den Tafelladen gesammelt werden. Die Zahl an Menschen, die auf die
Angebote dieser großartigen Einrichtung angewiesen sind, ist in letzter Zeit stark
gestiegen. Lebensmittel des Alltags sind knapp. Wir wollen für ein gutes Sortiment an
Käse und Butter aus örtlichen Käsereien sorgen. Ihre Spende kommt deshalb
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doppelt in Wangen an. Als Umsätze bei den Käsereien und als gute und günstige
Lebensmittel bei den Ärmsten unter uns.
Noch ein paar Worte der Anerkennung für alle, die in unserer Stadt Verantwortung
tragen und uns das öffentliche Leben ermöglichen. Den Damen und Herren im
Gemeinderat danke ich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihren Fleiß. Unseren Jugendgemeinderäten für
Ihren Einsatz für die Interessen der Jugend. Den Damen und Herren Ortsvorstehern
und Ortschaftsräten für das gute Miteinander von Stadt und Land. Die Entwicklung
der Dörfer ist uns in gleicher Weise wichtig wie die Entwicklung der Stadt. Ich danke
den Kirchengemeinden beider Konfessionen für das gute Zusammenwirken. Ein
Willkommen gilt nochmals dem neuen Pfarrer der Katholischen Kirchengemeinde Dr.
Claus Blessing. Ich danke allen, die im Wirtschaftsleben unserer Stadt für Arbeit,
Beschäftigung und Fortschritt sorgen. Ich danke unseren Bauern für die
Bewirtschaftung der Felder und gesunde Lebensmittel. Ich danke allen, die sich in
Ehrenämtern
bei
der
Feuerwehr,
dem
Roten
Kreuz
und
allen
anderen
Rettungsorganisationen für das Allgemeinwohl engagieren. Den Vertretern der
Bürgerstiftung für die Unterstützung des sozialen Lebens. Den Nachbarn und
Freunden in den umliegenden Städten und Gemeinden danken wir für die vielen
persönlichen Verbindungen nach Wangen. Dankbar sind wir für zahlreiche Kontakte
zu Menschen rund um die Welt. Besonders für die vielen Bindungen zu den
Menschen in unseren Partnerstädten La Garenne-Colombes (Frankreich) und Prato
(Italien) Von etlichen Wangenern, die im Ausland leben, bekomme ich Post zu
Weihnachten. Vielen Dank für die nicht abreißende Verbindung. Wir bedanken uns
bei allen Gästen und Freunden, die hier Urlaub machen oder zu Besuch sind. Bitte
nehmen Sie schöne Eindrücke mit, wenn die Tage in Wangen vorüber gehen. Und
ich bitte alle Bürgerinnen und Bürger, sich weiter für ihr Gemeinwesen zu
interessieren und sich einzubringen.
Möge Wangen im Allgäu auch im 1.201. Jahr des Bestehens weiter die geliebte
Heimat für alle Bürgerinnen und Bürger sein. Ich wünsche Ihnen allen ein gutes
neues Jahr!