Sommerakademie DGVT Workshop Juli 2015 Universität Bern Plananalyse als Grundlage für die Beziehungsgestaltung bei BorderlinePatientInnen PD Dr. phil. Ueli Kramer Institut Universitaire de Psychothérapie und Service de Psychiatrie Générale, Département de Psychiatrie-CHUV, Université de Lausanne Department of Psychology, University of Windsor, Canada Source: www.thesovie0es.net 2 PLANANALYSE „IN A NUTSHELL“ Plananalyse: Hintergründe • Grawe & Dziewas (Ende 70er Jahre): Verhaltenstherapie in Gruppen bei sozialen Ängsten • Trotz technisch korrekter Behandlung: die Probleme mehrerer PatientInnen bleiben unverändert • PatientInnen, welche interpersonnel als „schwierig“ erlebt werden • Welche Motive stecken hinter dem interaktionnellen Problemverhalten? • Miller, Galanter und Pribram (1960): Plans and the Structure of Behavior. Plananalyse: Prinzipien • Pläne sind zusammengesetzt aus Zielen (Motiven) und Mitteln • Verhalten-(als Mittel für)-Pläne-(als Mittel für) Ziele und Motive • Nicht zwingend bewusst • Nicht zwingend rational • Subjectiver oder objektiver Gewinn • Konstruktivistische Sichtweise • Evolutionistische Sichtweise Planstruktur Bedürfnisse Suche Nähe Erhalte Anerkennung Motiv Verdiene Geld Mittel Sei erfolgreich im Beruf Spekuliert an der Börse Verhalten/Erfahrungen Setze alles daran, einen Vertrag zu erhalten Macht Überstunden 6 Grawe (1992), Caspar (2007) Motivorientierte Beziehungsgestaltung Vermeide, dass Tu alles, damit der Th. Überzeug den Pat, Überzeug den Pat, dass der Th. Dich überfordert dass du dich du nie zuviel von ihm sich engagiert engagierst verlangst Pat.Pläne Aktivier den Th. über Th. Pläne seine Rolle hinaus Verhindere den Th, dass er Aktivität von dir Situationsspezifische verlangt pro-aktive Interventionen Stell sicher, dass der Th. komplementär zu den dich ernst nimmt Plänen Zeig dem Th., Vermeide, Verantwortung Kontrollier für Veränderung dass es dir ganz die Situation zu übernehmen schlecht geht Pat. Verh. Beklagt sich viel X „kleine Schritte sind wirksamer Th. Verh. Zeigt Mitleid 7 Borderline-Persönlichkeitsstörung (DSM-5) • Interpersonnelle Probleme als Kern der BPS (Benjamin, 1993; Gunderson & Links, 2014; Kiesler, 1996) • Diese Probleme zeigen sich häufig im Hier und Jetzt der aktuellen Interaktion mit dem Therapeuten – – – – – Externaler Fokus Anfrage für aussergewöhnliche Behandlung Aufmerksamkeitssuche in der Interaktion Grenzüberschreitungen in der Interaktion Selbstzerstörerische und suizidale Verhalten mit instrumentaler Komponente – Beziehungstests – Deshalb: schnell sich ändernde interpersonelle States • Frage: « How does the therapist steer away from following the client’s preferred style of interaction in a complementary way? » (Van Kessel & Lietaer, 1998, p. 159) Prototypische Planstrukturen der Borderlinestörung Ansmann (2002) • Qualitative Studie mit N = 12 Patientinnen mit Borderline-Störung: Konstruktion einer prototypischen Planstruktur • 2 Untertypen: – Abhängig(Pläne: « Meide alleinsein»; « Suche Anerkennung »; « Tu alles, um Unterstützung zu kriegen ») – Autonom (Pläne: « Halte deinen Selbstwert aufrecht »; « Finde deinen Platz »; « Erhalte Kontrolle ») • Pläne, die dem Ziel der Emotionsregulation dienen (z.B. « Meide Verletzung », « Vermeide, mit deinen Emotionen konfrontiert zu werden » in beiden Untertypen vorhanden. • Hohe internale Konfliktualität 9 Berthoud et al. (2013) Clinical Psychology and Psychotherapy • Qualitative Studie zu den Erstgesprächen von PatientInnen mit Borderline-Störunge (N = 15) • Replizierung der drei Themen (Abhängigkeit, Autonomie und Emotionsregulation) als Kerne identifiziert von Ansmann (2002) • Polysemie des Konzeptes der Hilfesuche – Kann dem Ziel « Verbessere dich » dienen – Kann dem Ziel « Kontrollier die therapeutische Beziehung » dienen • Kontrolle der Emotionen als zentrales Ziel – Als Mittel dazu: « Meide Verletzung » (im engeren Sinne) – Als Mittel dazu: « Unterstreiche, dass es dir schlecht geht » (interpersonelle Kontrolle) 10 Prototypische Plananalyse für die Borderline Persönlichkeitsstörung (N = 15) Berthoud, Kramer et al., 2013 Prototypische Plananalyse für die Borderline Persönlichkeitsstörung Berthoud, Kramer et al., 2013 Effekte der Plananalyse und der MOTHER • PA-basierte Behandlungen produzieren höhere Qualität der intra-Sitzung Erfahrungen des Patienten, bessere therapeutische Beziehungen (Grawe et al., 1990) • Ausbildung von medizinischen Studierenden in der PA ergibt erhöhte affektive und Beziehungskompetenzen (Schmitt et al., 2003) • Non-verbale Komponente von MOTHER hängt mit dem therapeutischen Outcome zusammen, in verschiedenen Therapieformen (e.g., Caspar et al., 2005) • Kasuistiken zeigen die erfolgreiche Implementierung von MOTHER bei PatientInnen mit Persönlichkeitsstörungen und Post-traumatischer Belastungsstörung (Kramer, 2009a/b; Caspar & Ecker, 2008; Kramer et al., 2010). MOTHER in interpersonneller Psychotherapie für hospitalisierte PatientInnen mit Majorer Depression (Caspar et al., 2005) N = 23 PatientInnen mit MD Behandlung: Interpersonnelle Psychotherapie für hospitalisierte PatientInnen (Schramm et al., 2007); geratet: Erstsitzung Korrelationen zwischen MOTHER (verbale/non-verbale) und therapeutische Veränderung Hauptresultat: Non-verbale Komponente von MOTHER steht in Zusammenhang mit der therapeutischen Veränderung(r = .64); verbale Komponente nicht in Zusammenhang mit Outcome. Spearman rank Korrelationen zwischen Komplementarität und IIP-Skalen Cold und NonAssertive (N = 22) total "cold" "nonassertive" ρ= - .424* / p = .049 ρ = .487* / p = .022 verbal ρ = - .422 / p = .050 ρ= .628** / p = .002 non-/paraverbal ρ= - .340 / p = .122 ρ = .237 / p = .288 15 Kramer, Rosciano et al., 2011 Journal of Clinical Psychology • Studie mit N = 20 PatientInnen (10 mit Majorer Depression und 10 mit MD und zusätzlicher ko-morbider Persönlichkeitsstörung) • Rating der MOTHER • Resultat: Korrelation zwischen non-verbaler Komponente von MOTHER, aber nur bei den PatientInnen mit Persönlichkeitsstörungen • Keine Korrelation bei den PatientInnen mit MD alleine 16 MOTHER und die Interaktionsspiele in der Borderline Persönlichkeitsstörung (Kramer & Sachse, 2013; Person-Centered and Experiential Psychotherapies) N = 30 PatientInnen mit BPS Behandlung: Psychiatrisch-psychodynamisch; geratet: Erstsitzung Korrelationen zwischen dem Ausmass an Interaktionsspielen, MOTHER der Therapeuten, Symptomausmass und Therapeutische Veränderung Hauptresultate: - Interaktionsspiele der PatientInnen stehen in Zusammenhang mit interpersonnellen Problemen zu Beginn der Therapie und mit der Symptomveränderung nach 3 Monaten Behandlung - Therapeutische Interventionen, welche auf diese Interaktionsspiele abzielen (z.B. MOTHER), stehen in Zusammenhang mit Symptomausmass zu Beginn und Symptomveränderung nach 3 Monaten. MOTHER in Integrativer Therapie für PatientInnen mit interpersonnellen Problemen (Schmutz et al., 2011) Von einem grossen Datapool wurden N = 180 PatientInnen ausgewählt (gemäss ihrem interpersonnellen Stil auf dem IIP); MOTHER wurde geratet zu verschiedenen Zeitpunkten der Behandlung Behandlung: Integrative Therapie mit interpersonnellem Fokus, nach Grawe Hauptresultat: Korrelationen zwischen MOTHER und therapeutischer Veränderung zwischen r = .24 und r = .30. MOTHER in Integrative Therapy for patients with interpersonal problems (Schmutz et al., 2011) • Subgroup Personality Disorders (Path Analysis, N = 27) -‐.41 IIP1: dominant MoDve-‐oriented TherapeuDc RelaDonship -‐.22 .59 Global Outcome .50 .05 Therapy RelaDonship Juni 23, 2015 Titel der Präsentation (ändern unter Ansicht>Fusszeile) 19 Und nochmals: eine motivorientierte Beziehungsgestaltung unterstützt… - eine erhöhte Therapeutenflexibilität (Grawe et al., 1990; Thommen et al., 1988) - schnell Symptomreduktion im Rahmen von allgemeinen Problemen der PatientInnen mit BPS (Remoralisierung, Hoffnung, Kramer, Kolly et al., 2014) - intensivere Patient-Therapeuten-Beziehung, welche stärker (im Vergleich mit Kontrollgruppe) outcome vorhersagt, zunehmend positiver Selbstwert (Kramer, Flückiger et al., 2014) - zunehmend weniger kognitive Verzerrungen und effektivere emotionale Verarbeitung (Kramer et al., 2013; Berthoud et al., 2015, accepted; submitted) - kleinere Behandlungsdensität, welche positiv mit dem Ergebnis bei Follow-up zusammenhängt (Kramer, Stulz et al., submitted) - Engagement in spezifischen psychotherapeutischen Behandlungen für BPS Danke für Ihre Teilnahme! 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