Fraktion im Rat der Stadt Verden Stadt Verden Bürgermeister Brockmann Große Str. 40 27283 Verden Rasmus Grobe stv. Fraktionsvorsitzender Am Oxer 1, 27283 Verden Tel. 04231-677957 E-Mail: [email protected] Verden, 18.01.2016 Antrag „Gasförderung im Stadtgebiet Verden“ Sehr geehrter Herr Brockmann, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt folgenden Antrag: 1. Der Rat der Stadt Verden beschließt eine öffentliche Resolution zur Gasförderung im Stadtgebiet Verden. 2. Als Resolutionstext schlagen wir vor: „Der Rat der Stadt Verden anerkennt die begründete Besorgnis vieler Bürgerinnen und Bürger angesichts der fortgesetzten Förderung von Erdgas und der in diesem Zusammenhang bekannten oder vermuteten Risiken (u.a. Erdbeben, Trinkwasser-Belastung, noch nicht genau erforschte Krebsfälle, ungelöste Entsorgung von Lagerstättenwasser und deren Auswirkungen und Risiken, Lärmimmissionen, zusätzliche Risiken bei Einsatz von Fracking). Der Rat nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Deutsche Erdöl AG auf dem Gebiet der Stadt Verden (konkret der Ortschaften Scharnhorst und Walle) von privaten Grundstückseigentümern Flächen erworben hat bzw. bemüht ist, solche zu erwerben und diese Flächen für Zwecke der Gasförderung zu nutzen beabsichtigt. Damit würde die Fördertätigkeit noch weiter an das Stadtgebiet heranrücken. Dies ist angesichts der zu erwartenden Belastungen und – z.T. noch nicht ausreichend erforschten – Risiken aus Sicht des Rates nicht vertretbar. Der Rat der Stadt Verden fordert die DEA AG auf, die Akquise von Grundstücken im Gebiet der Stadt Verdens unverzüglich aufzugeben. Angesichts der durch die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bergrechts eingeschränkten Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der Genehmigung neuer Förderstellen, fordert der Rat der Stadt Verden das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie auf, in allen Genehmigungsverfahren den Interessen der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Verden und den Schutzgütern Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Luft, Landschaft, Kulturund Sachgüter und deren Wechselwirkungen gem. UVP-Gesetz oberste Priorität einzuräumen. Ferner fordert der Rat der Stadt Verden eine Beteiligung von Stadt und Landkreis Verden, sowie von Bürgerinitiativen und Umweltverbänden in den Genehmigungsverfahren. 1 Der Rat der Stadt Verden fordert vom Bund in den laufenden Beratungen zur Novelle des Bundesberggesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes nachstehende Forderungen gesetzlich zu verankern: 1. Eine grundsätzliche UVP-Pflicht für alle Bohrungen in konventionellen und unkonventionellen Erdgasvorkommen, um evtl. Umweltschäden ausschließen zu können. 2. Einen grundsätzlichen Stopp von Lagerstättenwasserverpressung unabhängig von der beabsichtigten Tiefe, anstatt dessen eine oberirdische Reinigung und Lagerung der Restbestände als Sondermüll. 3. Ein Frackingverbot sowohl in konventionellen und unkonventionellen Förderstätten, solange Umweltrisiken (Boden, Trinkwasser und Luft) nicht ausgeschlossen werden können. 4. Kein unkontrolliertes Abfackeln von Erdgas, sondern Reinigung der Abgase bei allen Abfackelungen an den Bohr- und Förderstellen. 5. Keine weitere Verwendung umwelttoxischer Stoffe bei der Erdgasförderung. 6. Ein ständiges Monitoring von Luft, Boden und Wasser rund um jede bereits vorhandene Erdgasbohr und –förderstätte und jeder Lagerstättenwasserverpressstelle. 7. Schutz von allen Trinkwasserschutzgebieten und Vorranggebieten zur Förderung von Trinkwasser, kein Durchbohren des Wasserschutzgebietes und seiner unterirdischen Abzweigungen. 8. Einführung einer Beweislastumkehr bei entstandenen Schäden. 9. Verpflichtende Information und Beteiligung regionaler und überregionaler Parlamente und Verwaltungen sowie Bürgerinitiativen und Umweltverbänden bei geplanten Förder- und Explorationsvorhaben. Der Rat stellt fest, dass die Förderung von Erdgas im Rahmen der Energiewende und Dekarbonisierung langfristig eingestellt wird. Angesichts der vor Ort sichtbaren Auswirkungen der Erdgasgewinnung ist dieser Transformationsprozess zu beschleunigen und zu intensivieren.“ Begründung: Die Genehmigungen für neue Gasbohrungen sind bundesrechtlich geregelt und werden in Niedersachsen durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie erteilt. Die Möglichkeiten der kommunalen Mitwirkung sind durch das Bundesbergrecht nach wie vor sehr beschränkt. Dennoch sollte sich die Stadt Verden ihrer lokalen Verantwortung stellen und sich klar positionieren. Das Instrument einer Stellungnahme des Rates ist hierfür ein geeignetes Mittel, von dem zahlreiche umliegende Kommunen in gleicher Angelegenheit bereits Gebrauch gemacht haben. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort deutlich, dass die Stadt ihre berechtigte Besorgnis teilt und die Betreiber erkennen, dass ihre Vorhaben sehr kritisch gesehen werden. Andernorts hat dieser öffentliche Druck bereits zur Aufgabe neuer Erschließungsvorhaben geführt. Die Diskussion um die Folgen der Erdgasförderung wird spätestens seit Bekanntwerden von Unfällen und Kontaminationen in unserer Region kritisch diskutiert. Der Rat der Stadt Verden hatte sich bereits 2011 im Zusammenhang mit dem Verpressen von sogenanntem Lagerstättenwasser mit einer Stellungnahme kritisch positioniert. Seitdem ist die Diskussion in Politik und Öffentlichkeit vorangeschritten. Mit der Absicht der Deutschen Erdöl AG, am Rand der Ortschaft Walle in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung eine neue Förderstelle zu errichten und den laufenden Versuchen, hierfür Grundstücke zu erwerben, erhält die Thematik eine neue Dringlichkeit und Brisanz. Denn die geplante Förderstelle liegt nicht nur direkt in Walle, sondern tangiert in ihren Auswirkungen zu- 2 mindest auch die angrenzenden Ortschaften Dauelsen und Scharnhorst/Neumühlen. Neben Lärmund Lichtemissionen bestehen Risiken für Menschen und Umwelt durch Luftschadstoffe durch Abfackeln, für das Trinkwasser (Einzugsgebiet Panzenberg!) und durch Erdbeben. Sollte bei den Bohrungen auch gefrackt werden sind hiermit weitere Risiken verbunden. Mit der Gründung der Bürgerinitiative „Walle gegen Gasbohren“ haben sich besorgte und engagierte Bürger/innen organisiert und sind dabei mit ähnlichen Initiativen in der Region und überregional vernetzt. Ihre Fragen, Anregungen und Forderungen sind ein wesentlicher Impuls für diesen Antrag. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Gasförderung muss den größeren Kontext von Energieversorgung vor Augen haben. Zur Begrenzung des Klimawandels ist ein Ausstieg aus sämtlichen fossilen Energieträgern erforderlich. Dazu gehört auch die Gasförderung. Je schneller dieser Umstieg – der auch offizielle Haltung der Bundesregierung ist - gelingt, umso weniger fossile Brennstoffe müssen gefördert werden. Dieser Prozess kann und muss auf allen politischen Ebenen intensiviert und beschleunigt und durch Verbraucherhandeln unterstützt werden. In der Zwischenzeit müssen für die Förderung von Gas höchste Standards zum Schutz von menschlicher Gesundheit und Umwelt angelegt werden. Mit freundlichen Grüßen Rasmus Grobe stv. Fraktionsvorsitzender im Namen der Fraktion 3
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