Langfassung der Bemerkung Nr. 67

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/XXXX
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
(Einzelplan 30)
67
Ausgaben für Forschungsstrukturen im Ausland transparenter
darstellen
Kat. B
67.0
Das BMBF finanziert die Max-Planck-Gesellschaft mit rund 750 Mio. Euro jährlich. Sie
verwendet wie andere Wissenschaftseinrichtungen einen zunehmenden Anteil dieser Mittel
dafür, Forschungsstrukturen im Ausland aufzubauen und zu nutzen. Hierzu gehört auch ein
neues Institut in Florida. Nachdem es zunächst ausdrücklich nicht mit Bundesmitteln finanziert werden sollte, muss die Max-Planck-Gesellschaft nun doch jährlich 4 Mio. Euro
Bundesmittel dorthin weiterleiten. Die hierfür gebotene ausdrückliche Einwilligung des
Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages hatte das BMBF nicht eingeholt. Das
BMBF sollte den Einsatz von Bundesmitteln für Forschungsstrukturen im Ausland transparenter darstellen. Es muss das Parlament frühzeitig informieren, wenn sich ein neuer
Bedarf an institutionellen Fördermitteln abzeichnet.
67.1
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) betreibt mit ihren Instituten Grundlagenforschung in
den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Bund und Länder fördern sie je zur Hälfte
mit institutionellen Zuwendungen. Aus dem Einzelplan 30 wurden im Jahr 2014 hierfür
747,6 Mio. Euro gezahlt.
Unter dem Leitsatz „Zu Hause in Deutschland – präsent in der Welt“ misst die MPG ihren
internationalen Aktivitäten einen hohen Stellenwert bei. Sie will die Ausgaben hierfür in den
nächsten Jahren weiter steigern. Dies steht in Einklang mit der Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung. Diese Internationalisierungsstrategie wird für die großen deutschen Wissenschafts- und Forschungsorganisationen im Pakt für Forschung und Innovation konkretisiert. Ihr übergeordnetes Ziel ist,
globale Entwicklungen in Wissen, Strukturen und Prozessen für den Wissenschaftsstandort
Deutschland nutzbar zu machen.
Die Bundesregierung kündigte in ihrem Kabinettbeschluss zur Internationalisierungsstrategie
aus dem Jahr 2008 an, das BMBF werde diese „alle drei bis fünf Jahre durch einen unabhängigen und auch international besetzten Expertenkreis dahingehend überprüfen lassen,
welcher Nutzen für Deutschland erzielt wurde.“ Eine solche Bewertung fehlt bisher.
Die MPG folgt der Internationalisierungsstrategie auf vielfältige Weise. Neben einem intensiven wissenschaftlichen Austausch und gemeinsamen Forschungsprojekten finanziert
sie auch die Gründung, den Ausbau und den Betrieb wissenschaftlicher Einrichtungen im
Ausland und beteiligt sich an Forschungsinfrastrukturen ausländischer Partner. Der Bundesrechnungshof prüfte den Mitteleinsatz für solche strukturellen Auslandsengagements
der MPG, insbesondere für ihre Auslandsinstitute. Er stellte dabei insbesondere Folgendes
fest:
Ausgaben für Strukturen im Ausland nur teilweise erkennbar
Im Bundeshaushalt sind die Ausgaben gesondert ausgewiesen, die Forschungseinrichtungen aus ihrer institutionellen Förderung an selbstständige Institute weiterleiten. Dies
gilt auch für Mittelflüsse der MPG an selbstständige Einrichtungen im Ausland. Die generelle
Möglichkeit, institutionelle Mittel für Forschungszwecke weiterzuleiten, war den Einrichtungen im Jahr 2008 mit der Initiative „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“ eingeräumt worden.
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte dabei die Weiterleitung von Mitteln an Empfänger im Ausland von seiner Einwilligung im Einzelfall abhängig gemacht. Dieses
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Zustimmungserfordernis gilt nach Vermerken zum Haushalt des BMBF ab einem jährlichen
Zuwendungsbetrag von 500 000 Euro.
Neben der zuwendungsrechtlich geregelten Weiterleitung institutioneller Fördermittel
fließen weitere Mittel der MPG in Forschungsstrukturen im Ausland, insbesondere in unselbstständige Institute, MPG-Center und weitere fachspezifische Infrastrukturen. Insgesamt sind die Ausgaben innerhalb von zwei Jahren um 50 % gestiegen und beliefen sich im
Jahr 2014 auf 32 Mio. Euro. Davon waren im Bundeshaushalt lediglich weitergeleitete
Zuwendungen von 11,7 Mio. Euro ausgewiesen. Die darüber hinausgehenden Mittelflüsse
waren bisher auch in den Wirtschaftsplänen der MPG nicht gesondert dargestellt.
Auch bei den anderen vom BMBF institutionell geförderten Wissenschaftsorganisationen
spielt das strukturelle Engagement im Ausland eine stetig zunehmende Rolle.
Förderung eines Instituts in Florida ohne ausdrückliche Zustimmung des
Haushaltsausschusses
Die MPG gründete im Jahr 2007 ein neues Institut in Florida. Öffentliche Mittel aus
Deutschland sah die MPG nicht vor. Sie stützte die Finanzierung zu 75 % auf Fördermittel
von Einrichtungen in den USA und zu 25 % auf nicht näher bestimmte Spenden und Zuschüsse (Drittmittel). In der Haushaltsplanung berücksichtigte das BMBF das Institut nicht.
Im Entscheidungsgremium der MPG bezeichnete ein Vertreter des BMBF diese geplante
Institutsgründung als „sehr gutes Beispiel dafür, wie die Zuwendungsgeber, in diesem Fall der
Bund, ohne große Bedenken ihre Zustimmung für ein Vorhaben geben könnten.“
Sechs Jahre später reichten die Fördermittel aus den USA nicht mehr aus. Ein Grund war,
dass die MPG in der Finanzplanung wesentliche Ausgaben nicht berücksichtigt hatte. Zudem
blieben Drittmittel nahezu vollständig aus. Das Institut wird seitdem mit Bundes- und
Landesmitteln gestützt. Die MPG leitet hierfür institutionelle Zuwendungen des Bundes von
jährlich 4 Mio. Euro dorthin weiter.
Das BMBF ergänzte im Bundeshaushalt 2013 die Erläuterung des Fachtitels um das Institut,
zunächst ohne einen Betrag zu veranschlagen. In der Erläuterung zu diesem Titel wies es
darauf hin, dass ab dem Jahr 2014 „unterstützend eine institutionelle Förderung aus
Deutschland“ geplant sei. Seit dem Jahr 2014 veranschlagte es in dem Fachtitel die nunmehr
erforderlichen Zuschüsse des Bundes. Es ging davon aus, es habe das Parlament damit
angemessen informiert. Eine ausdrückliche Einwilligung des Haushaltsausschusses holte es
nicht ein.
Gründung eines Instituts in Luxemburg
Im Jahr 2012 gründete die MPG ein Institut in Luxemburg. Sie ging zunächst von einem
jährlichen Finanzbedarf von 10 Mio. Euro aus. In dieser Höhe übernahm Luxemburg die
Finanzierung. Deswegen veranschlagte das BMBF auch für dieses Institut keine Haushaltsmittel. Die im Jahr 2013 aktualisierte Finanzplanung sah ab dem Jahr 2016 bereits
über 12 Mio. Euro und einen weiter wachsenden Mittelbedarf vor. Inzwischen hat Luxemburg garantiert, das Institut für 30 Jahre mit jährlich 12 Mio. Euro zu finanzieren. Für
einen möglichen über diesen Betrag hinausgehenden Mittelbedarf ist bisher keine Vorsorge
getroffen.
67.2
Ausdrückliches Ziel der institutionellen Förderung von Forschungseinrichtungen durch das
BMBF ist, den Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Das strukturelle Engagement deutscher Forschungsorganisationen im
Ausland ist für dieses Ziel von wesentlicher und zunehmender Bedeutung. Der Bundesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass der Haushaltsgesetzgeber über den Anteil von
Bundesmitteln informiert sein sollte, die in Forschungsstrukturen außerhalb des Standortes
Deutschland fließen. Das besondere Transparenzinteresse an diesem Mittelfluss zeigt sich
nach seiner Auffassung auch darin, dass der Haushaltsausschuss die Weiterleitung institutioneller Zuwendungen ins Ausland von seiner ausdrücklichen Einwilligung abhängig
gemacht hat. Der Bundesrechnungshof hat es für nicht ausreichend gehalten, dass lediglich
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die Weiterleitungen an selbstständige Institute im Ausland im Bundeshaushalt ausgewiesen
sind. So kann das Missverständnis entstehen, dass damit das finanzielle Auslandsengagement der MPG umfassend dargestellt sei. Tatsächlich aber ist der weitaus größte Mittelfluss – eben an unselbstständige Einrichtungen – weder aus dem Bundeshaushalt noch
aus anderen Quellen ersichtlich, die Parlament und Öffentlichkeit zugänglich sind.
Der Bundesrechnungshof hat das BMBF aufgefordert,
• die MPG dazu anzuhalten, in ihren Wirtschaftsplan eine Übersicht der Ausgaben für
Forschungsstrukturen im Ausland aufzunehmen und
• die Summe dieser Ausgaben als Gesamtgröße für Parlament und Öffentlichkeit erkennbar zu machen. Der Bundesrechnungshof hat empfohlen, hierfür die Übersichten
über den Wirtschaftsplan zu nutzen, die für größere institutionelle Zuwendungsempfänger in den Bundeshaushalt aufzunehmen sind. Sie sollten um die Summe der Ausgaben für Forschungsstrukturen im Ausland ergänzt werden.
Der Bundesrechnungshof hat zudem die im Ergebnis unzutreffende Planung der MPG bei
der Neugründung des Instituts in Florida kritisiert. Er hat beanstandet, dass das BMBF die
Gründung unterstützte, ohne die optimistische Annahme einer vollständigen Finanzierung von
dritter Seite zu hinterfragen. Nach seiner Auffassung wäre es – auch im Hinblick auf die
unzutreffende Planung bei der Neugründung – geboten gewesen, für die erforderlichen
Bundesmittel die ausdrückliche Einwilligung des Haushaltsausschusses einzuholen.
Der Bundesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass spätere Belastungen für den
Bundeshaushalt auch aus der Gründung des Instituts in Luxemburg nicht auszuschließen
sind. Das BMBF sollte durch vorausschauenden Umgang mit diesem Projekt sicherstellen,
dass es dafür nicht ungeplant öffentliche Mittel einsetzen muss.
Der Bundesrechnungshof hat das BMBF generell aufgefordert, den Einwilligungsvorbehalt
zu beachten und den Haushaltsauschuss frühzeitig zu informieren, falls sich ein neuer
Bedarf an Bundesmitteln für Forschungsstrukturen im Ausland abzeichnet.
67.3
Das BMBF will den Forderungen des Bundesrechnungshofes zum Teil nachkommen. Die
MPG habe bereits die Voraussetzungen geschaffen, die Ausgaben für Forschungsstrukturen
im Ausland in einer zusätzlichen Anlage ihres Wirtschaftsplans detailliert zusammenzustellen.
Das BMBF hat es jedoch nicht für notwendig gehalten, die Summe dieser Ausgaben als
Gesamtgröße im Bundeshaushalt zu nennen. Das Parlament könne sich jederzeit über
Details der Wirtschaftspläne unterrichten. Es erhalte zudem den jährlichen Monitoring-Bericht zum Pakt für Forschung und Innovation, in dem ausführlich über die Auslandsaktivitäten der Forschungsorganisationen berichtet werde.
Das BMBF hat die vom Bundesrechnungshof festgestellten Planungsmängel bei der Gründung des Instituts in Florida teilweise auf Folgen der Wirtschaftskrise Ende des letzten
Jahrzehnts zurückgeführt. Es habe sie aber zum Anlass genommen, die Zustimmungserfordernisse für Neugründungen zu schärfen. Die MPG habe künftig – auch in Fällen einer
vollständigen Drittfinanzierung – eine ausdrückliche Zustimmung der Zuwendungsgeber
einzuholen, bevor sie ein neues Institut im Ausland gründet. Das BMBF hat zugesichert,
dabei mögliche Risiken sorgfältig zu prüfen.
Das BMBF hat die Auffassung vertreten, den Haushaltsausschuss im Verfahren zur Haushaltsgesetzgebung über die Mittelweiterleitung nach Florida angemessen informiert zu
haben. Für das Institut in Luxemburg hat es keinen Handlungsbedarf gesehen.
67.4
Der Bundesrechnungshof erkennt in der zugesagten Aufstellung der Ausgaben in einer
Anlage zum Wirtschaftsplan der MPG einen ersten Schritt zu mehr Transparenz. Er hält dies
jedoch noch nicht für ausreichend. Anders als punktuelle Austausch- und Kooperationsprojekte kann der Aufbau von Strukturen außerhalb des Standorts Deutschland den
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Haushaltsgesetzgeber mittel- bis langfristig binden. Gerade angesichts der rasch wachsenden Auslandsaktivitäten muss das Parlament die Möglichkeit haben, sich ein Urteil über
die Angemessenheit der hierauf entfallenden Mittel zu bilden. Aus diesem Grund sollte auch
die seit langem ausstehende unabhängige Evaluierung der Internationalisierungsstrategie
alsbald nachgeholt werden.
Anders als vom BMBF dargestellt ist die notwendige Transparenz nicht bereits auf andere
Weise sichergestellt. Denn die Wirtschaftspläne der Wissenschaftsorganisationen mit ihren
Einzelheiten liegen dem Haushaltsgesetzgeber als Grundlage für seine Budgetentscheidung
nicht vor. Auch der Monitoring-Bericht enthält keine finanziellen Angaben zum Auslandsengagement der Einrichtungen, sondern beschränkt sich auf die Beschreibung inhaltlicher
Schwerpunkte.
Der Bundesrechnungshof hält daher an seiner Empfehlung fest. Das BMBF sollte dafür
sorgen, dass die Summe der Ausgaben, die der Wirtschaftsplan der MPG für Forschungsstrukturen im Ausland vorsieht, für Parlament und Öffentlichkeit erkennbar ausgewiesen
wird. Die vom Bundesrechnungshof vorgeschlagene Ergänzung der im Bundeshaushaltsplan enthaltenen Übersichten würde dies auf einfache Weise ermöglichen. Die von der MPG
für ihren Wirtschaftsplan erarbeitete Informationsgrundlage lässt sich unmittelbar und
ohne weiteren Aufwand für diesen Zweck heranziehen.
Der Bundesrechnungshof weist im Übrigen auf die grundsätzliche Bedeutung der von ihm
geforderten Verbesserung der Transparenz hin. Sie ist keineswegs nur auf die MPG beschränkt, sondern betrifft ebenso die anderen Einrichtungen, die in die Internationalisierungsstrategie eingebunden sind. Das BMBF sollte darauf hinwirken, dass Transparenz in
demselben Umfang jedenfalls für alle im Pakt für Forschung und Innovation zusammenwirkenden Einrichtungen erreicht wird.
Der Bundesrechnungshof hält es für eine wesentliche Verbesserung, dass nunmehr alle
Institutsgründungen der MPG im Ausland der Zustimmung der Zuwendungsgeber bedürfen.
Bevor das BMBF im Einzelfall zustimmt, muss es sich davon überzeugen, dass die Finanzierung gesichert ist.
Den Einwilligungsvorbehalt des Haushaltsausschusses muss das BMBF umfassend beachten. Der Haushaltsausschuss kann nur dann sachgerecht entscheiden, wenn das BMBF ihn
künftig frühzeitig über einen sich abzeichnenden neuen Mittelbedarf unterrichtet. Daher
sollte es auch die Entwicklung des Instituts in Luxemburg eng begleiten.