Wenn der Kessel stehen bleiben soll

1
Dipl.-Ing. Henning Schulz
Wenn der Kessel stehen bleiben soll
Im Hybridsystem sind nur On-Off-Wärmepumpen sinnvoll
Öl- oder Gaskessel mit einem Alter von 15, 20 oder noch mehr Jahren sind in Deutschlands Heizungskellern keine Seltenheit. Die Voraussetzungen, eine Sanierung in Angriff zu nehmen, sind derzeit
ideal: Geld ist günstig wie nie bzw. bringt auf der Bank kaum Rendite. Da liegt es nahe, sinnvoll
in die eigenen vier Wände zu investieren – und eine Wärmepumpe als Heizung zu installieren.
Oft soll der alte Brenner „zur Sicherheit“ oder als Unterstützung erhalten bleiben. Dabei gilt es für
den Hausbesitzer und gerade auch für den Fachhandwerker, einige Dinge zu beachten, wenn die
Heizungsanlage im Ein-oder Zweifamilienhaus saniert werden soll.
Dipl.-Ing. Henning Schulz
Unternehmenskommunikation
Stiebel Eltron GmbH & Co. KG
D-37603 Holzminden
Fax (0 55 31) 70 29 55 84
[email protected]
20
Zu Beginn der Planungen muss feststehen, ob die Wärmepumpe zu einem späteren Zeitpunkt auch alleine in der Lage
sein soll, das Gebäude zu beheizen bzw.
die Warmwasserbereitung zu leisten. Berücksichtigen sollte man dabei unbedingt
das Alter und den allgemeinen Zustand
des Bestandskessels, denn wenn dieser in
der Folge ausfällt, muss – falls bei der Sanierung eine Wärmepumpe gewählt wurde, die nur ergänzend zum Heizkessel
zum Einsatz kommen soll – dann zwangsNÀWƂIGTPGWVKPFKG*GK\WPIUCPNCIGKPXGUtiert werden. Daher ist immer zu prüfen,
ob nicht sofort eine Wärmepumpe genutzt wird, die notfalls auch alleine in der
Lage ist, den kompletten Heizbedarf inkl.
Warmwasserbereitung zu decken.
#NNGTFKPIU +UV FGT DKXCNGPVG $GVTKGD
über die gesamte Lebensdauer der Heizungsanlage ausdrücklich geplant, sollte
die Wärmepumpe im Ein- und Zweifamilienhausbereich aus wirtschaftlichen
Gründen so gewählt werden, dass sie
etwa 50 Prozent der Heizlast des Gebäudes und damit rund 80 Prozent der Jahresheizarbeit abdeckt (Abb. 2).
Wenn bivalent,
dann On-Off-Wärmepumpe
7PCDJÀPIKIXQPFGTNGV\VGPFNKEJGP9CJN
der Leistungsgröße der Wärmepumpe
KUVYGPPFGTDKXCNGPVG
PGWGTFKPIUdJ[D
ride“) Betrieb gewünscht wird, auf jeden
Fall ein On-Off-Gerät – etwa aus der
HEIZUNGSJOURNAL 10.2015
„WPL E“-Baureihe von Stiebel Eltron –
der leistungsgeregelten Wärmepumpe
(Inverter) vorzuziehen.
Der Verdampfer, also der Wärmeübertrager in der Wärmepumpe, über
den der erneuerbare Energieanteil gewonnen wird, ist bei On-Off-Wärmepumpen auf einen Betrieb bei A10/W35
dimensioniert. In bivalenten Anlagen
mit der oben angesprochenen Dimensionierung auf 80 Prozent der Jahresheizarbeit liegt der Bivalenzpunkt in der
Regel bei etwa 2 °C, das heißt, bei Temperaturen von 2 °C wird die gesamte
Heizleistung der Wärmepumpe dauerhaft benötigt. Dies stellt für eine OnOff-Wärmepumpe kein Problem dar, da
alle Komponenten für diesen Betriebspunkt ausgewählt sind.
Der Verdampfer einer Inverter-Wärmepumpe ist dagegen in der Regel für einen
Betrieb mit etwa 30 bis 40 Prozent der
Wärmepumpen-Heizleistung bei 6 °C
Außentemperatur ausgelegt – und dementsprechend klein dimensioniert. Um
eine wirtschaftliche bivalente Anlage zu
realisieren, wird die leistungsgeregelte
1
Wärmepumpe so gewählt, dass sie bereits bei moderaten Temperaturen um
den Bivalenzpunkt sehr hohe Leistungen
zur Verfügung stellen muss. Das bedeutet, dann
Technikraum einer bivalenten Heizungsanlage mit innen
aufgestellter On-Off-Wärmepumpe „WPL 23 E“ von Stiebel
Eltron und altem Ölkessel.
a) lärmt der Verdichter mit 120 Hz
(7.200 U/min);
2 Anteil der Wärmepumpe
an der Jahresheizarbeit als
Funktion des Verhältnisses
der Heizleistung der Wärmepumpe zur Gebäudeheizlast
(Raumheizung, Modalsplit,
Vorlauftemperatur < max.);
JQ = Heizarbeit,
QN = Auslegungsleistung.
b) sinken die Verdampfungstemperatur
und die Leistungszahl der Wärmepumpe drastisch, da der Verdampfer
HØTFKGUGXGTINGKEJUYGKUGJÀWƂIG
hohe Leistungsabfrage unterdimensioniert ist;
c) taut die Wärmepumpe laufend ab
– mit entsprechend negativer Auswirkung auf Heizleistung, Leistungszahl, Schallemission und Verdichterlebensdauer.
Lösen ließe sich das Problem, indem man eine für die Anforderungen
innerhalb dieses Systems deutlich überdimensionierte Inverter-Wärmepumpe
verwendet. Die würde dann bei 2 °C
Außentemperatur mit 30 bis 40 Prozent
6GKNNCUVNCWHGPWPFYÀTGFCOKVGHƂ\KGPV
3
Vollbenutzungsstunden
bivalenter Wärmepumpen als
Funktion ihres Anteils an der
Heizleistung.
4 Hydraulikschema:
Bivalente Anlage mit
bestehendem Kessel.
(Abbildungen: Stiebel Eltron)
Der Moment, wenn Sie Ihren Kunden
bleifreie Fittings empfehlen.
HEIZUNGSJOURNAL 10.2015
www.sanha.com
Blei hat in der Trinkwasserinstallation nichts zu suchen.
Das ist unsere Überzeugung. Punkten Sie jetzt bei Ihren Kunden mit bleifreien
Fittings aus Siliziumbronze (CuSi). Entwickelt auf der Basis unserer 50-jährigen21
Erfahrung als Familienunternehmen.
FA C H B E I T R A G
Sie ist aber vergleichsweise teuer, zudem ist natürlich der Platzbedarf einer
solchen Lösung erheblich größer als
bei der optimal passenden On-Off-Maschine – und schließlich könnte eine
solch großzügig dimensionierte Wärmepumpe auch gleich die alleinige Versorgung des Gebäudes aller Wahrscheinlichkeit nach im monovalenten, mindestens aber im monoenergetischen Betrieb sicherstellen. Das ist zum Beispiel
mit der Stiebel Eltron-„WPL 25“ meist
problemlos möglich.
Im Neubau ist Hybrid
keine Alternative
2
3
4
22
Übrigens: Grundsätzlich gilt diese Argumentation natürlich auch für den Neubau. Hybridanlagen oder bivalente Systeme sind im Ein- und Zweifamilienhaus
im Neubau allerdings weder wirtschaftlich noch energetisch sinnvoll. Angesichts des niedrigen Energiebedarfs eines
Neubaus sind die Grundgebühren, Wartungs- und Betriebskosten für den zusätzlichen fossilen Brenner bzw. den
Brennstoff nicht argumentierbar. Hier
sollte immer eine alleinige Wärmepumpenlösung realisiert werden, beispielsweise mit der Stiebel Eltron-„WPL 15“.
Generell weisen bivalente Wärmepumpenheizanlagen gegenüber monovalenten Systemen eine höhere Anzahl
von Vollbenutzungsstunden auf, die auch
GKPGP 'KPƃWUU CWH FKG .GDGPUFCWGT FGT
Wärmepumpe hat (Abb. 3). Pauschal
kann man davon ausgehen, dass sich bei
einer Verdoppelung der Vollbenutzungsstunden die Lebensdauer der Wärmepumpe um ein Drittel verringert.
Neben der Auslegung ist auch die
praktische Einbindung der Wärmepumpe
in ein bestehendes System sorgfältig
zu planen und zu realisieren. Grundsätzlich ist eine hydraulische Entkopplung
zwischen Wärmeverteilung und Wärmepumpe vorzusehen, um den geforderten
Mindestheizwasserdurchsatz in allen Betriebssituationen sicherzustellen. Die Wärmepumpe wird als GrundlastwärmeGT\GWIGT DGVTKGDGP KJTG 'HƂ\KGP\ KUV
maßgeblich von der Vorlauftemperatur
abhängig. Daher ist es sinnvoll, den Spitzenlastwärmeerzeuger in den Vorlauf
des Heizverteilsystems einzubinden. Der
gemeinsame Rücklauf des Heizverteilsystems wird zunächst der Wärmepumpe
zugeführt. Über eine Beimischschaltung
im Vorlauf des Heizverteilsystems kann
das Temperaturniveau je nach Anforderung durch den Spitzenlastwärmeerzeu-
HEIZUNGSJOURNAL 10.2015
ger erhöht werden. Abhängig vom Typ der Feuerstätte
ist eine weitere hydraulische Entkopplung, z. B. in Form
einer hydraulischen Weiche, vorzusehen.
In Abbildung 4 ist eine bivalente Systemlösung mit
einer Luft/Wasser-Wärmepumpe und einem zweiten,
externen Wärmeerzeuger dargestellt. Als Regelgröße
für das angeschlossene Verteilsystem dient ein Rücklauftemperaturfühler (6), der speziell in einer dafür am
Speicher angebrachten Tauchhülse platziert ist. In Abhängigkeit von der Außentemperatur und optional der
Temperatur im Führungsraum wird anhand der eingestellten Heizkurve am „Wärmepumpenmanager“ der
Sollwert generiert. Unterschreitet die Rücklauftemperatur diesen Sollwert um die Hysterese, startet zuerst immer die Pufferladeumwälzpumpe und anschließend die
Wärmepumpe. Je nach Regeldifferenz und eingestellter
Regeldynamik wird der Gasbrenner aktiviert. Dieser Fall
tritt ein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
r die Außentemperatur ist niedriger als die
eingestellte Bivalenztemperatur oder niedriger als
die untere Einsatzgrenze der Wärmepumpe;
r die Ist-Temperatur des Gasbrenners (3) ist kleiner
als die Solltemperatur im Speicher.
Als Führungsgröße für den Gas-Gebläsebrenner
dient der Fühler „2. Wärmeerzeuger“, der in einer
Tauchhülse in der hydraulischen Weiche (8) platziert ist.
Dieser wird lastabhängig als letzte Stufe in der Kaskade
aktiviert und regelt auf die errechnete Rücklauftemperatur plus den Heizkurvenabstand. Übersteigen die für
den Betrieb des Verteilsystems notwendigen Temperaturen die Einsatzgrenze der installierten Wärmepumpenanlage, wird diese abgeschaltet und der zweite
Wärmeerzeuger allein weiter betrieben (bivalent-alternativ). Erst wenn die errechnete Temperatur erreicht ist,
schaltet der „Wärmepumpenmanager“ den Wärmeerzeuger aus. Die Abschalttemperatur (Grenze Heizung
und Außentemperatur) für einen bivalent-alternativen
Betrieb lässt sich separat parametrieren.
BR ANCHENSOFT WARE
„Ich habe mich für
Labelwin entschieden, weil...“
www.label-software.de/weil
Fazit
Im Ein- und Zweifamilienhausbereich ist im Neubau
eine alleinige Wärmepumpenlösung zu realisieren. Das
ist auch der wirtschaftlichste und sinnvollste Weg, die
Vorgaben der EnEV ab Januar 2016 zu erfüllen, daher
wird sich diese Lösung spätestens dann automatisch
ohnehin als neue Standardtechnik durchsetzen.
Im Bestand ist ebenfalls immer zu klären, ob eine
Wärmepumpe allein nicht die bessere Lösung ist –
im monovalenten oder monoenergetischen Betrieb.
Wird gemeinsam mit dem Hausherrn entschieden,
dass die bivalente Lösung mit bestehendem fossilen
Heizungskessel und Wärmepumpe realisiert wird,
dann sollte immer eine On-Off-Maschine zum Einsatz
kommen. Ob diese so groß dimensioniert wird, dass
sie notfalls später alleine in der Lage ist, den „Energiehunger“ des Hauses zu decken, muss unbedingt mit
dem Auftraggeber besprochen und abschließend ge■
klärt werden.
HEIZUNGSJOURNAL 10.2015
Jürgen Klessinger
Klessinger GmbH, Passau
Sanitär · Heizung · Spenglerei · Gastechnik
Labelwin
Potenziale nutzen