Implizite Kurse zur Währungsumrechnung

R E C H N U N G SW E S E N
PHILIPP SCHILL
ROMAN SCHLIEPER
IMPLIZITE KURSE ZUR WÄHRUNGSUMRECHNUNG
Geringer Aufwand für unverfälschten Abschluss
Das Obligationenrecht (OR) erlaubt neu eine Rechnungslegung in Fremdwährung,
wobei zusätzlich CHF-Werte zu zeigen sind (Art. 958 d Abs. 3 OR). Offen ist die Umrechnung, weshalb gerne die Stichtagskursmethode vorgeschlagen wird. Als Alternative können implizite Kurse zur Erstellung einer Jahresrechnung in Betracht ge­
zogen werden.
1. EINLEITUNG
Zur Dividendenbemessung und zum Kapitalnachweis auf
Basis eines CHF-Nominalkapitals ist ein durch Kurseinflüsse unverfälschter Abschluss notwendig. Das Argument,
wonach sich ein solcher nur mittels aufwendiger Schattenrechnung verwirklichen lasse, ignoriert hierzu entwickelte
Umrechnungsmethoden. Im Zentrum steht die Nominal-/
Sachwertmethode, bei der Vereinfachungen im Bereich von
Vorräten (modifizierte Nominal-/Sachwertmethode) möglich und erweiterte Überlegungen zum Vorsichtsprinzip
(Zeitbezugsmethode) denkbar sind.
2. PRAGMATISCHE UMSETZUNG
Gemeinhin bekannt sind die praktischen Probleme bei Anwendung dieser Methoden, denn sie verlangen – nebst Stichtagskursen für Nominalwerte – das Nachführen historischer
Kurse für Sachwerte, für gewisse Erfolgsrechnungsposten
sowie fürs Eigenkapital. Dabei ist es nicht praktikabel, alle
Transaktionen auf solchen Konten zur Erstellung der Jahresrechnung einzeln nachzurechnen. Einfach realisierbar ist es
aber, pro Konto einen «impliziten Kurs» zu führen, der die
gesamte Kurshistorie enthält.
Mit dem impliziten Kurs wird der CHF-Betrag eines Sachwerts aufgrund seines Kontensaldos in Fremdwährung (FW)
berechnet. Mit jeder Kontenzunahme verändert sich der implizite Kurs im Sinne eines gewichteten Durchschnitts aus
dem Altbestand und dem zum Transaktionskurs umgerechneten Zugang. Abgänge erfolgen zum impliziten Kurs, der
die historische Wertentwicklung beinhaltet.
Posten der Erfolgsrechnung, die in einem direkten Zusammenhang zu einem Sachwert stehen (z. B. Abschreibungen),
werden mit dessen implizitem Kurs umgerechnet. Für alle
anderen Aufwendungen und Erträge gelten Transaktionsoder monatliche Durchschnittskurse.
Wird der implizite Kurs nicht im Buchhaltungssystem
selbst geführt, ist es zur Vereinfachung denkbar, jeweils alle
Zu- und Abgänge eines Monats kontenweise zusammenzufassen. In Anlehnung ans FiFo-Prinzip wird zuerst ein neuer
impliziter Kurs über alle zum Monatsdurchschnittskurs
umgerechneten Zugänge bestimmt. Dieser neue implizite
Kurs ist sodann für die kumulierten Abgänge eines Monats
ausschlaggebend.
3. PRAKTISCHES BEISPIEL
Das Beispiel zeigt, wie Vorräte bei Buchführung in Fremdwährung mithilfe von impliziten Kursen in CHF umgerechnet werden können. Hierzu wird vorab das erwartete Ergebnis anhand einer Schattenrechnung hergeleitet.
3.1 Variante «Schattenrechnung». Zu Beginn befinden
sich 120 Stück à CHF 10 im Lager. Der Anfangsbestand (AB) beträgt in Buchwährung FW 960 bzw. in der Schattenrechnung
CHF 1200. Bei einem Zukauf von weiteren 30 Stück à CHF 14
resultiert zum Transaktionskurs von 1.2000 eine Lagerzunahme um FW 350 bzw. CHF 420. Dadurch verändert sich der
jeweilige Gleitpreis in der Spalte Zwischensaldo (ZS). Ein Verbrauch von 45 Stück erfolgt zum neuen Gleitpreis. Folglich
nimmt das Lager um FW 393 bzw. CHF 486 ab, was einen
PHILIPP SCHILL,
ROMAN SCHLIEPER,
DR. OEC. P UBL.,
DIPL. WIRTSCHAFTSPRÜFER,
HEAD OF FINANCIAL
EXPERT IN GENERAL
ACCOUNTING,
ACCOUNTING – RESSORT
ALSTOM (SCHWEIZ) AG,
JAHRESRECHNUNG,
BADEN/AG, UND
ALSTOM (SCHWEIZ) AG,
GESCHÄFTSFÜHRER,
BADEN/AG
ACCTREA, ZÜRICH
1–2 | 2014 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R
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Schlussbestand (SB) von 105 Stück mit einem Wert von FW 917
bzw. CHF 1134 ergibt.
3.2 Variante «Umrechnung». Anstelle einer Schattenrechnung kann mit impliziten Kursen dasselbe CHF-Ergebnis erzielt werden. Zu Beginn besteht ein impliziter Kurs von
1.2500. Durch Multiplikation mit den FW 960 berechnet sich
I mplizite K urse zur Währungsumrechnung
Abbildung: PRAKTISCHES BEISPIEL
Transaktionsdaten
Anzahl
Stückpreis in CHF
Transaktionskurs
« Mit impliziten Kursen
lässt sich bei vergleichsweise
geringem Aufwand ein
durch Kurseinflüsse unverfälschter
Abschluss erstellen.»
ein Anfangsbestand von CHF 1200. Der Zugang von FW 350
bzw. CHF 420 ändert den impliziten Kurs auf 1.2366. Wird
nun dieser implizite Kurs mit dem Endbestand von FW 917
multipliziert, ergeben sich die gesuchten CHF 1134.
4. FAZIT
Mit impliziten Kursen lässt sich bei vergleichsweise geringem Aufwand ein durch Kurseinflüsse unverfälschter Abschluss erstellen. Bei der Implementierung sind zwar einige
praktische Herausforderungen wie die Behandlung sepa­
30
AB
Zugang
120
30
10.00
14.00
ZS
Abgang
SB
150
–45
105
1310
–393
917
1.2500 1.2000
Buchführung in FW
Vorräte
960
Gleitpreis
8.00
350
8.73
8.73
Schattenrechnung in CHF
Vorräte
1200
Gleitpreis
10.00
420
1620
10.80
–486
1134
10.80
Umrechnung in CHF
Vorräte
Implizierter Kurs
1200
1620
1134
1.2500
1.2366
1.2366
rater Wertberichtigungskonten, Umbuchungen zwischen
Sachwertkonten oder Kontenaggregationen aus Nebenbüchern zu lösen. Gleichwohl wird kein aufwendiges Nachführen einer Kurshistorie benötigt, um eine verlässliche Grundlage für die Dividendenbemessung und den Kapitalnachweis
zu erhalten.
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D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2014 | 1–2