- Industrieverband Agrar

Arbeitsblatt 10
Nach der Ernte – Vorratsschutz
Eichhörnchen sammelt Nüsse
Hamster, Eichhörnchen und Murmeltier sind für ihre ausgeklügelte
Vorratshaltung bekannt. Hamster
schleppen schon im Sommer Nahrungsmittel in ihren Bau: Sie hamstern. Murmeltiere graben im Herbst
mitten im Steingeröll ihre Winterbehausung und tragen haufenweise
Pflanzenmaterial hinein. Eichhörnchen schließlich unterbrechen vor
allem bei höheren Temperaturen den
Winterschlaf und verlassen ihre
Baumnester, die Kobel, um sich von
den Zapfen zu stärken, die sie
im Boden und Laubansammlungen
vergraben haben: Sie beißen die
Deckschuppen ab und fressen die
darunter liegenden Samen.
Auch einige Vogelarten praktizieren
eine Vorratshaltung für Mangelzeiten.
Wie weit aber all diese Tiere tatsächlich in den vollen Genuss ihrer
Vorräte kommen, ist nicht bekannt.
Vorratsschutz hat eine lange
Geschichte
Vorräte für Zeiten des Mangels legt
der Mensch schon seit mehr als
10 000 Jahren an, seit er begann, sich
in Hütten, Dörfern und größeren Ansiedlungen dauerhaft niederzulassen.
Das lockte oft auch bisher freilebende
Tiere auf den Plan, die an den bevorrateten Nahrungsmitteln Geschmack
fanden und zudem in den menschlichen Behausungen günstige Lebensbedingungen vorfanden. Durch
Völkerwanderungen und Kriegszüge,
vor allem aber den zunehmenden
Handel mit fernen Ländern, wurden
auch Vorratsschädlinge aus ganz anderen Verbreitungsgebieten nach Mit-
Literarisch überlieferte
Vorratsschutz-Maßnahme
Um 700 v. Chr. entstand Homers
Epos „Odyssee“. Im 22. Gesang
wird von einer insektiziden Maßnahme berichtet, die Odysseus
unmittelbar nach seiner Heimkehr
vornimmt. „Aber Odysseus sprach
zu der Pflegerin Eurykleia: Alte,
bring mir Feuer und fluchabwendenden Schwefel. Dass ich den
Saal durchräuchere ... Also sprach
er. Da eilte die Pflegerin Eurykleia,
und brachte Feuer und Schwefel.
Aber Odysseus räucherte rings im
Saal, im Vorhaus und in dem
Hofe.“
teleuropa eingeschleppt. So auch der
bei uns wichtigste Getreideschädling,
der Kornkäfer, dessen Heimat die
halbtrockenen Gebiete Asiens sind.
Die Menschen jedenfalls müssen sich
seit jeher viel einfallen lassen, um ihre
Vorräte, vom bäuerlichen Speicher bis
hin zur häuslichen Speisekammer vor
zahllosen Insekten, Milben, Ratten,
Mäusen und Pilzen zu schützen. Die
ersten Funde vorratsschädlicher Insekten stammen aus Pharaonen-Gräbern der 6. Dynastie, aus der Zeit vor
über 2 500 Jahren, in der man neben
anderen Beigaben auch Getreide mit
in die Gräber legte. Bei Ausgrabungen wurden Getreidereste gefunden,
die von Reismehl- und Kornkäfern
befallen waren.
Er gelangte nach Ägypten und von
dort nach Rom. Die römischen Besatzungstruppen brachten ihn dann
wahrscheinlich nach Mitteleuropa
und England mit.
Warum brauchen wir auch
heute Vorräte?
Wir ernten meist nur einmal im Jahr,
wollen aber das ganze Jahr über essen. Deshalb muss ein großer Teil des
im Sommer geernteten Getreides bis
zur nächsten Ernte vorhalten und in
großen Speichern und Silos gelagert
werden. Dabei kann man mit sogenannten Interventionslagern* erreichen, dass beispielsweise die Getreidepreise zur Zeit des größten Angebots – nach der Ernte – für den Landwirt einigermaßen stabil bleiben.
Noch wichtiger ist es aber, dass man
mit ausreichenden Ernteüberschüssen für nicht vorhersehbare Krisenzeiten gerüstet ist.
Insgesamt lagert der Staat in
Deutschland im Auftrag der Europäischen Union derzeit ca. acht Millionen Tonnen Getreide ein. Damit kann
er die Versorgung der Bevölkerung mit
diesem Grundnahrungsmittel knapp
200 Tage lang sicherstellen. Weitere
Vorräte werden von (privaten) Handelsunternehmen gelagert.
* Interventionen haben meist das Ziel, das
Angebot besser mit der Nachfrage in
Einklang zu bringen und/oder ein nicht
vertretbares Absinken der Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte (z.B.
von Überschüssen, durch Lagerungsbeihilfen usw.) zu verhindern.
Von Kornkäfern (s. S. 4)
befallener Weizen
1
Von den wohlhabenden Industriestaaten wird erwartet, dass sie den
ärmsten Ländern der Welt, z. B. in der
Sahelzone, in Notzeiten helfen.
Getreide, Hülsenfrüchte und andere
Grundnahrungsmittel werden daher
vielfach über mehrere Jahre gelagert;
andere nicht lagerfähige Güter jedoch
oft nur wenige Monate.
Informiere dich
➡ über die Vorratshaltung in
eurem Haushalt! Welche
Lebensmittel werden auf welche
Weise gelagert?
➡ Erstelle eine Tabelle mit Informationen über das Nahrungsmittel, die Menge, den Lagerort, die max. Lagerdauer!
➡ Befrage deine Eltern über ihre
Überlegungen bei der Vorratshaltung!
Ein teures Schlaraffenland –
für Vorratsschädlinge
Weltweit schätzt die Welternährungsorganisation (FAO) der UNO die jährlichen Verluste der gesamten Getreideernte durch Vorratsschädlinge
mengenmäßig auf 10 bis 20 Prozent,
davon 80 Prozent durch Insekten,
10 Prozent durch Vögel und Nagetiere, wie Ratten und Mäuse sowie
10 Prozent durch Pilze. Die FAO geht
davon aus, dass dieser Prozentsatz
gerade in den vom Hunger geplagten
Ländern bedeutend höher liegt. Sie
schätzt den Gesamtverlust dort auf
über 30 Prozent.
Wenn die Nachernteverluste der
eigenen Produktion dieser Länder um
die Hälfte verringert werden könnten,
brauchten sie 50 Prozent weniger Getreide zu importieren. Würden die
Vorräte weltweit besser geschützt,
stünden jährlich über 200 Millionen ist der Verlust weit größer, denn
Tonnen mehr Getreide zur Verfügung er erstreckt sich auch auf die bis zu
oder anders gerechnet, es könnten dieser Veredlungsstufe geleistete
Schäden in einem Wert von etwa 400 Arbeit. Trifft ein Reiskäfer auf Weizen,
Milliarden Mark pro Jahr verhindert frisst er zweimal so viel, als wenn er
werden.
auf Gerste treffen würde. Noch
Auf jeden Fall ist es ökonomischer schlimmer ist es, wenn beispielsund umweltschonender 1 kg Getreide weise der Rotbraune Leistenkopfvor Schädlingsfraß zu schützen als plattkäfer die Körner von gelagertem
einfach ein neues Kilo zu erzeugen.
Getreidesaatgut zerstört, selbst
In Deutschland gibt es viele Lager- wenn er sie nur geringfügig annagt.
räume, teils in privatem, teils in staat- Dann ist der Keimling vernichtet und
lichem Besitz, in denen große Men- das Saatgut völlig unbrauchbar. Desgen Getreide und andere Vorräte ge- halb können die Schäden sehr erlagert werden. Es wird ein intensiver heblich sein, obwohl der GewichtsVorratsschutz betrieben, so dass die verlust an sich gering ist. Hinzu komVerluste laut Einschätzung der Ex- men hygienische oder gesundheitliperten der Biologischen Bundesan- che Risiken als Folge eines Schädstalt für Land- und Forstwirtschaft lingsbefalls.
(BBA) in Deutschland
nur bei etwa 2 Prozent liegen.
Aber auch die Fertigprodukte werden auf
ihrem Weg zum Verbraucher von Schädlingen befallen. Teure
Rücknahmen von beschädigten
Waren
und die erforderlichen Entsorgungsmaßnahmen verursachen
nochmals
mehrere Milliarden
Mark Verluste.
Der Schaden in ei- Getreidelager
nem Getreidelager Raum- bzw. Eigengewichte von Getreidearten
hängt von der Art des
Getreideart
TausendRaumgewicht
Volumen
Getreides und des
korngewicht
in einem m3
in einer Tonne
Gramm
Schädlings ab. Frisst
eine Maus hier z. B. Weizen
42*– 47**
bis 820 kg
bis 1,2 m3
5 g Weizenkörner, so Roggen
36
bis 780 kg
bis 1,3 m3
46*– 53**
bis 640 kg
bis 1,6 m3
entspricht der Scha- Gerste
Hafer
35
bis
500
kg
bis
2,0 m3
den dem Verlust der
vernichteten Körner- * Sommerweizen bzw. -gerste ** Winterweizen bzw. -gerste
menge. Frisst sie Das Tausendkorngewicht des Getreides kann je nach Aufaber 5 g Haferflocken, wuchsbedingungen und Erntejahr um bis zu 10 g schwanken.
etwas Korn zum Weiterleben
nur bis nächstes Jahr:
Ich werd Euch zahlen, sprach sie gar,
Die Grille und die Ameise
noch vor Verfall, mein Grillenwort,
Hauptstock, Zinsen und so fort.
Die Grille trällerte und sang
Die Ameis’ aber leiht nicht gern;
den ganzen lieben Sommer lang
und fand sich plötzlich sehr beklommen, sie krankt ein wenig an Knausrigkeit:
Was triebt Ihr denn zur Sommerzeit?
als der Nordwind war gekommen:
fragt sie die Borgerin von fern.
im Haus war nicht ein Bröselein
– Da war ich Tag und Nacht besetzt,
Regenwurm und Fliegenbein.
ich sang und hatte viel Applaus.
Hunger schreiend lief sie hin
– Gesungen habt Ihr? Ei, der Daus,
zur Ameis’, ihrer Nachbarin,
wohlan, so tanzet jetzt!
mit der Bitte, ihr zu geben
Jean de la Fontaine (1621–1695)
2
Berechne:
➡ Erstelle Kreis- und Flussdiagramme zu den statistischen Angaben
über Vorratsschäden und deren
Kosten!
➡ Berechne, wie groß eine Vorratshalle für 5 000 bzw. 30 000 Tonnen Getreide sein muss!
➡ Erkläre die unterschiedlichen
Schäden.
➡ Erläutere, welche Auswirkungen
sie haben.
Gesundheitliche Gefahren
Aber es geht bei weitem nicht nur um
materielle Schäden.
– Krankheitsüberträger
Zum Beispiel die Ratte. Sie hält sich
nicht nur an den Nahrungsmitteln
schadlos, sondern kann auch die
Erreger von Fleckfieber, Milzbrand,
Pest, Salmonellosen, Hautentzündungen u. a. m. auf die Menschen
übertragen. Wenn Nagetiere mit
Fäulniserregern aus der Gruppe der
Viren, Bakterien und Pilze infiziert
sind, verseuchen sie damit die Lebensmittel, an denen sie fressen. Wie
groß die Gesundheitsgefährdung ist,
wenn der Mensch diese Lebensmittel verzehrt, hängt von der Art und
Menge der Krankheitserreger ab.
– Giftige Stoffwechselprodukte
Schaderreger können nicht nur durch
ihre Anwesenheit gefährlich sein, sondern auch durch Toxine (Gifte), die
sie unter bestimmten Temperaturund Wärmeverhältnissen produzieren. Dafür sind insbesondere die
Schimmelpilze bekannt. Einige Arten
z. B. der Gattung Aspergillus, bilden
hochtoxische, krebserregende Stoffe. Sie gehören zu den Mykotoxinen
(dazu AB 8 Mit dem Pausenbrot
fängt es an . . .).
Die Sporen der Pilze, die sich schon
auf dem Feld unbemerkt an Getreidekörner geheftet haben (Fusarien) und
automatisch mitgeerntet werden,
entwickeln sich in Lagerräumen unter
bestimmten Bedingungen weiter. Außerdem können die Sporen selbst
schwerwiegende Erkrankungen hervorrufen, wie z.B. die Aspergillose, die
u. a. zu lokalen Lungenerkrankungen
führt.
– Vorsicht: Allergien
Milben, z.B. Mehl- und Modermilben,
übertragen auch Krankheitskeime,
lösen aber vor allem Allergien aus. Bei
einem massenhaften Auftreten weist
ein dumpfer, muffiger Geruch auf sie
hin. Bei schwerwiegendem Massenbefall kann ihr Kot für den Menschen
giftig werden, wenn er in trockener
Form als Staub eingeatmet wird.
Außerdem bildet sich durch ausgeschiedenes Stoffwechselwasser
Schimmel. Überhaupt besitzen eine
ganze Reihe von Substanzen, insbesondere von den Außenskeletten der
Insekten, ein allergenes Potenzial für
den Menschen.
– Verschmutzungen
Die Hinterlassenschaften von Käfern,
Nagetieren und Motten in Lebensmitteln wirken ekelerregend. Dabei handelt es sich teils um Exkremente (Kot,
Urin) und Sekrete, wie die von Mottenlarven abgesonderten Spinnfäden, teils um Larven- und Puppenhäute (Exuvien) sowie um tote Tiere
und Nagetierhaare.
Alles das führt dazu, dass große Mengen gelagerter Waren im Aussehen –
durch Fraßlöcher und Bohrgänge in
Hülsenfrüchten und Gebäck – Geschmack und Geruch so verändert
werden, dass sie ungenießbar und
damit unverkäuflich werden.
Methodentraining:
➡ Markiere in dem Kapitel
„Gesundheitliche Gefahren“
die wichtigsten Informationen
und Begriffe!
➡ Erstelle ein Verzeichnis von
Fachbegriffen, die du noch nicht
kennst!
➡ Kläre die Bedeutung in der
Gruppe, wenn du sie nicht ohne
Biologiebuch verstehst!
Von rechts oben bis unten:
Mehlmilbe, 0,5 mm lang, befällt Mehl,
Müsli u. a. trockene pflanzliche Lebensmittel
Kornkäfer, 4–5 mm lang, befällt Getreide und Teigwaren, aber auch andere pflanzliche Produkte
Brotkäfer, 2–3 mm lang, befällt Brot,
Brötchen, Dauerbackwaren, Suppenwürfel, Gewürze, Schokolade, Hülsenfrüchte u. a. Lebensmittel sowie
Tiernahrung (Hundekuchen)
Reismehlkäfer, 3–4 mm lang, befällt
Getreide, -produkte, Mehl, Reis, Nüsse, Trockenobst, Tierfutter
Getreideplattkäfer, 3 mm lang, Larven
4 mm; Fraßschäden durch beide an
Lebensmitteln wie Getreideprodukte,
Teigwaren, Nüsse, Kräuter, Schokolade.
Nagen Verpackungen auf. Einer der
häufigsten Schädlinge im Haus
3
Veränderungen der
Inhaltsstoffe
Wenn auch nicht ganz so offensichtlich, so können bei einem Massenbefall die wertgebenden Inhaltsstoffe
der Lebensmittel unter dem Einfluss
der Vorratsschädlinge und anderer
Organismen leiden. Untersuchungen
haben gezeigt, dass bei schwerwiegendem Schädlingsbefall der
Vitamingehalt abnimmt und die
essenziellen Aminosäuren um bis zu
50 Prozent reduziert werden können.
Das beeinflusst z. B. die Backeigenschaften des Mehls nachteilig.
Vorratsschädlinge – auch ein
Mitbringsel aus dem Urlaub
Sie leben von denselben Nährstoffen wie die Menschen: Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette, Mineralstoffe
usw. Kein Wunder also, dass Vorratsschädlinge praktisch alle Lebensmittel befallen, die der
Mensch vorrätig hält.
Gefährdet sind vor allem Getreideprodukte wie Mehl, Grieß und Teigwaren, weiterhin Hülsenfrüchte,
Nüsse und Trockengemüse, aber
auch Gewürze, insbesondere solche, die man aus dem Urlaub mitbringt.
Zuwanderungen
Aber wie kommt denn z. B. ein Mehlkäfer überhaupt ins Mehl?
Es reichen ein paar warme Tage im
zeitigen Frühjahr, um die Eier und
verborgenen kleinen Larven mit Leben zu erfüllen. Bald kann man durch
den Glasbehälter ihre Fraßgänge im
Mehl beobachten und sehen, wie es
in Bewegung gerät. Das hat zunächst nichts mit mangelnder Sauberkeit zu tun. Vielmehr kommt den
Vorratsschädlingen die Wärme in
Verbindung mit einer bestimmten
Luftfeuchtigkeit entgegen. Nur dort,
wo Temperaturen von 10 bis 15 Grad
Celsius herrschen und die Feuchtigkeit der Ware unter 12 Prozent bzw.
die relative Luftfeuchte unter 50 Prozent bleiben, kommen sie nicht zum
Zuge.
Wie kann man häusliche
Vorräte schützen?
Bereits beim Einkauf sollten Verpackungen besonders an Ecken, Kanten und Falten auf Fraßschäden oder
Beschädigungen hin kontrolliert werden. Manchmal kann man beim Öffnen der Verpackungen beobachten,
dass sich ein Schädling beim plötzlichen Lichteinfall schnell in tiefere
Schichten zurückzieht. Lebensmittel
in beschädigten Verpackungen sollten nicht mit nach Hause genommen
werden.
Mottenfalle im Küchenschrank
In den Mühlen wird zwar alles getan,
um das Getreide u. a. von Insekten
zu reinigen. Aber bis das Fertigprodukt in der Küche landet, durchläuft
es verschiedene Stationen, an denen Vorratsschädlinge in das Produkt zuwandern können, sei es bei
der Verpackung, beim Transport,
beim Großhandel oder schließlich im
Supermarkt. So kann es hin und
wieder vorkommen, dass die kontrollierenden Lebensmittel-Untersuchungsämter fündig werden. Darüber kann man in der Zeitung lesen,
wenn die Ämter ihre Jahresberichte
veröffentlichen.
Bewegung in der Küche
Mit steigenden Temperaturen stellen
sich immer mal wieder in der Küche
ungebetene Gäste ein: Mehl- und
Brotkäfer, Dörrobstmotte und Milben.
4
Lebenszyklus der Dörrobstmotte
Raupe
Larvenstadium mit
4–5 Häutungen
Eier
100–300
je Weibchen
Puppe
Ruhestadium
zur Verwandlung
Falter
erwachsen,
geschlechtsreif
Falter, 6–9 mm lang, Flügelspannweite 15–20 mm, Vorderflügel innen
hellgrau, außen rotbraun
Eier, 0,3–0,5 mm lang, oval, weiß, mit
netzartiger Struktur, klebrige Oberfläche
Larve, erwachsen 14–17 mm lang,
Färbung variiert, je nach Nahrung
weiß, hellrosa oder grünlich
Puppe, 6–8 mm, anfangs hell-, später dunkelbraun
Entdeckt man in seiner Küche Schädlinge, müssen sämtliche Lebensmittel
aus den Schränken entfernt und diese gründlich gereinigt werden. Die
neuen Lebensmittel sollten am besten
in Glasbehältern mit dicht schließenden Deckeln aufbewahrt werden.
Wenn die Schädlinge bereits außerhalb der Vorratsschränke in der Küche
oder der Speisekammer auftauchen,
hilft zunächst nur intensive Hygiene
und Sauberkeit. Haben die ungebetenen Gäste sich aber erst an schwer
zugänglichen Stellen, wie Ritzen und
Fugen ausgebreitet, wo sie sich unbemerkt verstecken und vermehren
können, hilft u. U. nur noch eine
chemische Behandlung durch den
Schädlingsbekämpfer. Das gilt insbesondere für schwer zu bekämpfende Schädlinge wie Schaben, Ratten und Mäuse. In der Nähe von Lebensmitteln und Essgeschirr sollte
man Bekämpfungsmaßnahmen ausschließlich einem geprüften Schädlingsbekämpfer übertragen. Er kennt
die Lebensweise der Schädlinge und
weiß auch, welche Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind.
Zur Bearbeitung:
➡ Erstelle eine Kontrollliste für
sichere Vorratshaltung!
➡ Stelle die wichtigsten Regeln
anschaulich dar.
Schäden in Großküchen
Ganz andere Dimensionen von Schäden verursachen Vorratsschädlinge in
den Einrichtungen der Gastronomie,
des Beherbergungs- und Gaststättengewerbes. In den 400 000 Betrieben der
Außer-Haus-Verpflegung verursachen
Schaben, Pharaoameisen und andere
Insekten Fraßschäden, Verunreinigungen und Gesundheitsschäden. Recht
teuer kann es werden, wenn Ratten mit
ihren spitzen Schneidezähnen Materialschäden oder gar Betriebsunterbrechungen verursachen, indem sie Elektroleitungen annagen und dadurch
Kurzschlüsse entstehen.
Erkundige dich
➡ bei kommunalen Ämtern über
die Erfahrungen bei der
Lebensmittelüberwachung.
Berichte
➡ über die Ergebnisse deiner
Gespräche in einer Reportage!
Vorratsschutz in staatlichen
Getreidelagern
Nirgendwo aber liegt so viel Getreide
beieinander wie in den staatlichen
Vorratslagern, bei den landwirtschaft-
lichen Erzeugern, dem Großhandel
und den Mühlen. Entsprechend groß
können die Probleme sein.
In Deutschland werden Vorräte bei Bedarf seit über 60 Jahren mit Phosphorwasserstoff entwickelnden Zubereitungen begast. Das pulverförmige
Phosphid wird in kleinen Spezialbeuteln im Getreidelager ausgelegt, so
dass Chemikalie und Getreidekorn
nicht miteinander in Berührung kommen. Aus den Beuteln entwickelt sich
durch die Feuchtigkeit des Getreides
langsam der für die Schädlinge giftige
Phosphorwasserstoff. Wenn die Umsetzung in den Begasungsbeuteln
abgeschlossen ist und der Phosphorwasserstoff mehrere Tage auf die
Schädlinge eingewirkt hat, werden die
behandelten Räume gründlich gelüftet
und sämtliche Beutel mit dem pulverförmigen Inhalt entfernt.
Die begaste Ware nimmt erwiesenermaßen keinerlei Schaden; es gibt
keine giftigen, persistenten Rückstände oder Metaboliten (Abbauprodukte). Keimfähigkeit, Geruch und
Geschmack des Getreides sowie seine Backeigenschaften werden in keiner Weise beeinträchtigt. Da das Gas
in der Atmosphäre rasch und vollständig über verschiedene Oxidationsstufen zu harmlosen Stoffen
abgebaut wird, gehört es für die
Umwelt zu den nicht ökotoxischen
Substanzen. Phosphorwasserstoff ist
heute das wichtigste und weltweit
am häufigsten angewendete Vorratsschutzmittel. Kein anderes Begasungsmittel ist in den letzten Jahrzehnten so gründlich von verschiedenen Seiten untersucht worden.
In einem Getreidelager rollt man die Begasungsbeutel auf der
Oberfläche aus. Das Gas durchdringt das gesamte Getreide,
die Chemikalie kommt nicht mit den Körnern in Berührung.
Erkläre
➡ die Vorteile einer Begasung!
Informiere
➡ dich in AB 4 Pflanzenschutzmittel richtig und sicher anwenden und AB 11 Brauchen wir
Pflanzenschutzmittel? über die
Voraussetzungen der amtlichen
Zulassung von Pflanzenschutzmitteln!
➡ Welche Kriterien müssen auch
für Vorratsschutzmittel gelten?
Alternative Bekämpfungsmethoden
Auch im Vorratsschutz hat man nach
alternativen Bekämpfungsmethoden
gesucht. Eigentlich können Viren,
Bakterien und Milben einen Insektenbefall dezimieren, ebenso Protozoen (Kleinstlebewesen), parasitische
Wespen und Wanzen. Versuche, mit
diesen Antagonisten (Gegenspieler)
Vorräte zu schützen, waren zwar teilweise erfolgreich, die zurückbleibenden Insektenfragmente, ob von
Schädlingen oder Nützlingen, sind
allerdings problematisch. Die Verbraucher, also wir alle, sind nicht bereit, im Müsli, Reistopf oder in der Teetasse Insekten zu akzeptieren, weder
schädliche noch nützliche.
Gute Erfahrungen hat man dagegen
auf dem Gebiet der biotechnischen
Verfahren gemacht. Dabei nutzt man
beispielsweise den Fraßtrieb bei der
Verwendung von Ködermitteln oder
den Sexualtrieb beim Einsatz be-
Bohnen, Erbsen, Linsen und Reis werden bis zur nächsten Ernte in Säcken gestapelt und bei Schädlingsbefall
begast.
5
Sexualpheromone –
der Natur abgeschaut
Die in Afrika, Australien und Amerika heimische Lassospinne fängt
Motten ganz trickreich. Anstelle
eines Spinnennetzes produziert
sie einen Gespinstklumpen mit
zwei verschiedenen Sexualpheromonen. Zur besseren Verteilung
des Lockstoffs lässt sie den Köderklumpen einige Zentimeter
baumeln und lockt so verschiedene Mottenmännchen an, die
daran hängen bleiben. Dann zieht
sie den Gespinstklumpen hoch
und frisst die Beute.
stimmter Pheromone (Lockstoffe).
Viele Vorratsschädlinge sind allerdings mit den darauf abgestellten
Fraßködern nicht zufriedenstellend zu
kontrollieren.
Weitere Mittel sind Pheromone. Diese chemischen Verbindungen werden
von Insekten an die Umgebung abgegeben, um das Verhalten der Artgenossen zu beeinflussen. Es handelt
sich dabei um eine Art Kommunikationssystem, eine „chemische
Sprache“, mit der sich die Individuen
einer Insektenart untereinander verständigen.
Von Bedeutung sind vor allem die von
den Weibchen vorratsschädlicher
Motten abgegebenen Sexuallockstoffe, die die Männchen anlocken.
Sie werden zu einer mit einem Haftkleber versehenen Falle gelockt, in
deren Mitte sich ein der Natur nachgebauter Sexuallockstoff in einem
Dispenser befindet.
Die Männchen nähern sich diesem
„Nachbau“ (oder Imitation) und bleiben unweigerlich am Klebstreifen hängen. Durch das ständige Wegfangen
der Geschlechtspartner kommt es zu
einer gewissen Dezimierung des Befalls. Mehr noch geben aber diese
Pheromonfallen Hinweise auf den
Artenbestand so wie überlebende
Tiere nach Bekämpfungsmaßnahmen. So kann die Populationsdichte
besser abgeschätzt und die Schädlinge können zum richtigen Zeitpunkt
bekämpft werden.
Setzt man dreißig Getreideplattkäfer in ein
Gefäß mit Weizen, so
verhundertfachen sie
sich in annähernd
hundert Tagen. Gibt
man jedoch gleichzeitig die nützliche
Blumenwanze dazu,
so geht der Schädlingsbefall langsam
aber stetig zurück.
Im Getreide befinden
sich dann allerdings
nicht nur schädliche
Käfer, sondern auch
nützliche Wanzen!
Erkläre
➡ mit eigenen Worten die
Wirkungsweise von Pheromonfallen!
Lagerverwalter haben
Schlüsselstellung
Ein Lagerverwalter, in dessen Obhut
sich über einen längeren Zeitraum
wertvolle Vorräte befinden, muss
über vorbeugende Schutzmaßnahmen ebenso Bescheid wissen wie
über die Gestaltung und Vorbereitung
eines Vorratslagers.
Zu den vorbeugenden Maßnahmen
des Vorratsschutzes gehören die Lagerräume, die sicher vor Witterungseinflüssen und Schädlingen sind.
Feuchtigkeitsgehalt und Temperatur
bestimmen in den Silos und Speichern die Entwicklung des Schädlingsbefalls. Eine gründliche Reinigung oder Entwesung der entleerten
Lagerräume vor der Wiederbelegung
wird empfohlen.
Der Lagerverwalter kümmert sich
nicht nur um Lagereinrichtungen wie
z. B. Regale oder Förderwege, sondern auch um Schutzanstriche und
Reinigungsgeräte. Er muss über die
einzelnen Schädlinge Bescheid wissen, insbesondere über Vorkommen,
Biologie, Verhalten, Ökologie und Bedeutung der Insekten, Milben und Nagetiere. Erst dann kann er sinnvolle
6
Bekämpfungsmaßnahmen durchführen lassen. Der Vorratsschutz in
Deutschland ist Vorbild für viele andere Länder. Der Schutz des Anwenders bei der Ausbringung der
Bekämpfungsmittel gehört genauso
zu den Aufgaben des Schädlingsbekämpfers wie das Wissen um Eigenschaften der Wirkstoffe und möglicher Rückstände.
Eine auch international anerkannte
fachkompetente amtliche Stelle für
den Vorratsschutz ist das Institut für
Vorratsschutz der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin. Sehr gut ausgebaut
ist das Beratungssystem der auf diesem Gebiet arbeitenden Firmen, die
auch, so weit wirtschaftlich vertretbar, in die Forschung und Entwicklung neuer Vorratsschutzprodukte
investieren.
Fasse zusammen:
➡ Wie kommen die Schädlinge in
die Vorräte?
➡ Wie kann man dem Schadensbefall vorbeugen und begegnen?
Herausgeber: Industrieverband Agrar
e.V., Frankfurt (2000).
Bildnachweis. S. 1 oben Bildagentur
Geduldig; S. 1 unten, S. 3, S. 4 unten
Bayer AG; S. 2 agrar press; S. 4 oben
Prof. Dr. Stein; S. 5 Detia; S. 6
Dr. Benzing/Nothdurft.