Radiologische Diagnose des Morbus Ormond als Zufallsbefund bei der Abklärung eines „symptomatischen Bauchaortenaneurysmas“ Einführung ! Der Morbus Ormond (Synonym: Retroperitoneale Fibrose) ist eine seltene Erkrankung des Retroperitoneums mit Erkrankungsgipfel in der 5.–6. Lebensdekade. Charakteristisch ist eine Ummauerung der infrarenalen Aorta unter Einbeziehung der proximalen Iliakalarterien durch entzündliches Gewebe. Der entzündliche Prozess kann sich auf benachbarte Strukturen wie die Ureteren ausbreiten. Üblicherweise handelt es sich um ein idiopathisches Erkrankungsbild. In einem Drittel der Fälle tritt der Morbus Ormond jedoch auch sekundär als Folge von Bestrahlung, Infektionen, Traumata und Medikamenten auf. Die klinischen Symptome sind Rücken-/ Flankenschmerzen, unspezifische abdominale Schmerzen, Beinödeme durch Kompression der Lymphabflusswege und Niereninsuffizienz bei progredienter Ureterkompression. Laborchemisch zeigen 80 – 100 % der Patienten eine CRP-Erhöhung als Zeichen der entzündlichen Aktivität (Vaglio A et al. Lancet 2006; 367: 241 – 251). Die Kortikosteroidtherapie führt in der Regel zu einer prompten Besserung der Abb. 1 CT: Typisches Bild des Morbus Ormond mit Beginn der paraaortalen, unscharf berandeten Raumforderung auf Höhe des 2.–3. Lendenwirbelkörpers (a und b), zirkulärer Ummauerung der Aorta und Medialisierung der Ureteren (c, Pfeil: linker Ureter). Die Untersuchung wurde zur Abklärung klinischen Symptomatik sowie einem Abfallen bzw. einer Normalisierung des CRP. Als alternative Therapieoptionen bei steroidrefraktären Fällen oder als ergänzende Therapie stehen Tamoxifen und andere Immunsuppressiva wie zum Beispiel Methotrexat, Azathioprin und Cyclophosphamid zur Verfügung. Fallbeschreibung ! Ein 65-jähriger Patient stellte sich zur weiteren Diagnostik und operativen Therapie eines „Bauchaortenaneurysmas“, das als Zufallsbefund bei der hausärztlichen sonografischen Abklärung seiner Flankenschmerzen aufgefallen sei, vor. Die Schmerzen strahlten zum Aufnahmezeitpunkt in beide Flanken aus. Das Labor war bis auf eine CRP-Erhöhung auf 2,9 mg/dl blande. Die Anamnese bezüglich abdominaler Vorerkrankungen war leer. eines Bauchaortenaneurysmas in der arteriellen Phase durchgeführt. In dieser frühen KM-Phase zeigt die retroperitoneale Raumforderung sich isodens zur Muskulatur und noch keine KM-Aufnahme. Die abdominale Aorta zeigt mäßige arteriosklerotische Veränderungen, jedoch kein Aneurysma. Reichelt A et al. Radiologische Diagnose des … Fortschr Röntgenstr 2015; 187: 389–390 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1385616 389 Heruntergeladen von: IP-Proxy Universität LMU München, LMU München. Urheberrechtlich geschützt. The Interesting Case The Interesting Case Abb. 2 MRT: In der T2w-Sequenz zeigt die retroperitonealen Raumforderung mit Ummauerung der abdominalen Aorta und Kontakt zur V. cava inferior in diesem Stadium ein intermediäres bis hyperintenses Signalverhalten (a). Die Hyperintensität wird als Zeichen des entzündlichen Ödems bei aktivem Stadium beschrieben (Vivas I et al. Br J Radiol 2000; 73: 214 – 222). In der nativen T1w-Sequenz hypointense Darstellung des retroperitonealen Gewebes (b). Die T1w mit Fettsättigung nach KM-Gabe zeigt eine deutliche Anreicherung des paraaortalen Gewebes (c). Abb. 3 18F-FDG PET/CT axial fusioniert vor a und 4 Monate nach Therapiebeginn b. Prätherapeutisch para-aortale Weichgewebsmasse mit deutlich vermehrtem FDG-Uptake (SUVmax 13). Nach 4-monatiger Kortikosteroidtherapie zeigt sich ein deutlicher Rückgang sowohl der Weichgewebsmasse als auch des FDG-Uptakes. Der Patient litt unter einer koronaren 2Gefäßerkrankung, die zwei Jahre zuvor mittels Stentimplantation und lebenslanger Clopidogreltherapie (bei ASS-Allergie) behandelt wurde. Bei anamnestischer Kontrastmittelallergie wurde der Patient stationär zur weiteren Diagnostik aufgenommen. Nach entsprechender Vorbereitung erfolgte die weitere Bildgebung. Da die zunächst durchgeführte CT-Untersuchung des Abdomens in arterieller KM" Abb. 1) bereits auf einen Morbus Phase (● Ormond hindeutete, wurde zur Diagnosesicherung eine MRT-Untersuchung veranlasst. Auch hier zeigte sich der typische Be" Abb. 2). Auf fund eines Morbus Ormond (● eine histologische Sicherung wurde aufgrund des zu hohen Blutungsrisikos unter Plavixtherapie verzichtet. Um weitere Pathologien sowie einen sekundären Morbus Ormond auszuschließen und einen Ausgangsbefund zur weiteren Beurteilung des Krankheitsverlaufs zu besitzen, wurde vor Therapiebeginn eine FDG-PET/CT-Untersu" Abb. 3a) durchgeführt. chung (● Es wurde eine Steroidtherapie begonnen, die bereits nach einigen Tagen zu einer Besserung der klinischen Symptomatik führte. Das Therapiemonitoring wurde mittels CRP-Kontrollen und einer PET/CT-Nachuntersuchung nach 4 Monaten durchgeführt " Abb. 3b). (● Diskussion ! Der Morbus Ormond ist eine seltene, jedoch wichtige Differenzialdiagnose abdominaler Schmerzen. Bei adäquater Diagnose und Therapie haben die Patienten mit idiopathischer Erkrankung ohne renale Beeinträchtigung eine ausgezeichnete Prognose mit Langzeitansprechen bis zu 90 %, während die retroperitoneale Fibrose auf dem Boden einer malignen Erkrankung eine sehr schlechte Diagnose mit einem mittleren Überleben von 3 – 6 Monaten besitzt (Heckmann M et al. Fortschr Röntgenstr 2009; 181: 317 – 323). Die Differenzialdiagnosen des Morbus Ormond umfassen alle Erkrankungen, die zu retroperitonealen Raumforderungen führen können, wie das Lymphom, retroperitoneale Sarkome, Karzinoide, das multiple Myelom, die Amyloidose, retroperitoneale Blutungen und entzündlichen Erkrankungen wie die Tuberkulose. Der abdominale Ultraschall spielt keine Rolle bei der Diagnose des Morbus Ormond und kann zu Fehldiagnosen führen wie in unserem Fallbeispiel. Daher sollte vor einer geplanten operativen Therapie bei Veränderungen der Aorta eine adäquate Bildgebung angestrebt werden. CT und MRT stellen den Kern der Diagnostik dar. Das 18FFDG-PET/CT hat jedoch bereits in vielen anderen Bereichen sein Potenzial in der Diagnostik entzündlicher Erkrankungen gezeigt. Einzelne Studien konnten bereits die Überlegenheit in der Beurteilung des Therapieansprechens eines Morbus Ormond gegenüber CT/MRT mit laborchemischen Kontrollen zeigen, da das PET/CT sowohl morphologisch den Rückgang der paraaortalen Weichteilmasse und die entzündliche Aktivität anhand des fallenden SUV bewerten kann (Wiggermann P et al. Nuklearmedizin 2011; 50: N21 – N22). Auch die Notwendigkeit ergänzender Therapien wie die Harnleiterschienung oder die operative Therapie begleitender Aneurysmata kann am PET/CT laut ersten Studien ausreichend beurteilt werden (Piccoli GB et al. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 2603 – 2610). Eine bestmögliche Beurteilung des Therapieansprechens und des Langzeitverlaufs ist anzustreben, da der idiopathische Morbus Ormond einen chronisch rezidivierenden Verlauf zeigen kann. A. Reichelt, N. Khaladj, M. Pichlmaier, Hannover, Germany Reichelt A et al. Radiologische Diagnose des … Fortschr Röntgenstr 2015; 187: 389–390 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1385616 Heruntergeladen von: IP-Proxy Universität LMU München, LMU München. Urheberrechtlich geschützt. 390
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