Umgang mit hocheskalierten Situationen

Stufentechnik Deeskalation
Energie
Aktiv Zuhören
Anliegen
Eskalation
Deeskalation
J
Mediatorin: „Ich möchte die verbleibende
Viertelstunde dazu verwenden, Ihre Abspra­
chen über den Umgang miteinander in der
kommenden Woche so weit zu konkretisieren,
dass Sie beide sicher sein können, dass diese
Woche stressfrei abläuft.“

J
Verhandlungsbereitschaft
Zeit
Die Stufentechnik ermöglicht, gleich­
zeitig zu deeskalieren und für die Mediation
notwendige Strukturen einzuhalten.
Wir alle kennen Situationen, wo wir
die Aussage einer Person erfolgreich ge­
spiegelt haben und dann z.B. durch die Bitte,
sich kurz zu fassen oder die andere Seite aus­
reden zu lassen, plötzlich eine erneute Eska­
lation auslösen.
Hier hilft das Bild der stufenförmigen
Deeskalation. Wir fassen das Gehörte zu­
sammen und beachten das Feedback der Per­
son. Ein Ja oder ein Kopfnicken zeigen uns
den Erfolg der Spiegelung (im folgenden syn­
onym zu aktiv Zuhören, synthetisieren, Be­
dürfnisse erfassen o. ä.).
Nun haben wir die Gelegenheit, eine
Bitte zum Verfahren o. ä. anzubringen und
stellen uns von Vornherein darauf ein, auch
die nächste Antwort der Streitpartei wieder
empathisch zu spiegeln. Gelingt dies (Feed­
back beachten, s. o.), können wir wieder un­
sere Bitte oder Frage äußern. Diesen Ablauf
führen wir so lange durch, bis die Person sich
beruhigt hat und in der Lage ist, ein kon­
struktives Gespräch zu führen.
Ein fiktives Beispiel, wie ein solches
Gespräch verlaufen könnte:
Erste Sitzung einer Mediation zwi­
schen Firmenleiter und Abteilungsleiterin:
Die Abteilungsleiterin erzählt trotz des Hin­
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weises auf eine Weiterführung in der nächsten
Sitzung ständig Situationen, unter denen sie in
der letzten Zeit gelitten hat.
Hier werbe ich für eine straffe Ko­
operation mit der Beschreibung einer Situati­
on, die beiden Partnern Entlastung schaffen
würde.
Abteilungsleiterin: „Stellen Sie sich vor, in
der letzten Teamsitzung hat er sogar…“
Mediatorin: „Es gibt da eine Situation aus der
letzten Teamsitzung, die Sie sehr geärgert hat
und die Sie gerne hier besprechen würden.“
Abteilungsleiterin: „Ja.“
Mediatorin: „Wir haben jetzt noch eine
Viertel Stunde Zeit, und ich halte es für
möglich, dass wir in der Zeit eine konkrete
Absprache zwischen Ihnen für die Kontakte in
der nächsten Woche erarbeiten können. Bei
unserem nächsten Termin hätten wir dann
ausreichend Zeit, um das Thema Team­
sitzungen zu besprechen.“
 Wiederholung des Zeitrahmens,
nochmalige Begründung der Vorgehensweise
mit Werbung für den Einsatz für eine gute Ab­
sprache und mehr Zeit als heute für das ge­
wünschte Thema.
Offensichtlich ist die Mediantin noch
immer nicht in der Verfassung, zu kooperieren.
Abteilungsleiterin: „Also das ist ja unerhört,
dauernd bremsen Sie mich aus, obwohl Sie
vorher gesagt haben, dass jeder genug Zeit
zum Reden kriegt.“
Mediatorin: „Sie sind ärgerlich, dass ich Sie
mehrfach unterbrochen habe.“
Abteilungsleiterin.: „Ja.“
Mediatorin: „Und meine Aufgabe ist es, eine
Struktur in unseren Gesprächen einzuhalten,
die konkrete Ergebnisse ermöglicht. Möchten
Sie eine Absprache für das kommende Wo­
chenende treffen??“
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© Jutta Höch-Corona www.mediation-und-mehr.de
Grafik: Christian Corona
Abteilungsleiterin: „Verdammt noch mal,
Sie hören einfach meinem Chef mehr zu!“
 Wir kommen zur Grundlage des
Ärgers, nämlich dem Eindruck der Abtei­
lungsleiterin, ich sei auf Seiten ihres Chefs.
Mediatorin: „Sie haben den Eindruck, dass
ich eher auf der Seite Ihres Chefs bin?“
Abteilungsleiterin: „Ja! Sie haben sich die
ganzen Lügen über mich angehört und ihn
auch noch darin bestätigt!“
Mediatorin: „Sie haben den Eindruck bekom­
men, dass ich Ihrem Chef eher glaube als Ih­
nen? Es tut mir leid, wenn dieser Eindruck
entstanden ist. Ich habe die Aussagen Ihres
Chefs mit eigenen Worten wiedergegeben,
um mich zu vergewissern, ob ich ihn richtig
verstanden habe. Hatten Sie den Eindruck,
dass ich ihm damit Recht gebe?“
Abteilungsleiterin: „Ja! Es klang einfach so,
als ob sie ihm alles glauben, was er sagt.“
 Es ist jetzt deutlich zu merken,
dass die Abteilungsleiterin sich beruhigt hat.
Mediatorin: „Das tut mir wirklich leid.
Wollen wir miteinander ausmachen, dass Sie
in der nächsten Sitzung zuerst Gelegenheit
zu einer Stellungnahme bekommen, und uns
in den verbleibenden zehn Minuten mit der
kommenden Woche beschäftigen?“
2
Abteilungsleiterin: „Ja, ist schon gut.“
 Zustimmung, wenn auch nicht be­
geistert – mehr ist nicht zu erreichen, wenn je­
mand zugunsten der Struktur wichtige eigene
Bedürfnisse (hier: das subjektive Richtigstellen
des Eindrucks bei der Mediatorin) zurückstellt.
Vorstellbar ist am Punkt „Verhand­
lungsbereitschaft“ auch, die Absprachen für
die folgende Woche fallen zu lassen und der
Abteilungsleiterin die Gelegenheit zu geben,
ihre eigene Sichtweise noch stärker einzu­
bringen.
Die Entscheidung hierüber liegt in der
Hand der Mediatorin, die einschätzen muss, ob
sich die Abteilungsleiterin ausreichend beru­
higt hat, um konstruktiv an einem anderen
Thema (das Wochenende) zu arbeiten.
In diesem Gespräch übernehmen wir
als Professionelle die Aufgabe, so lange zu
spiegeln, bis der Grund für den Ärger der
anderen Person geklärt und diese wieder in der
Lage ist, konstruktiv mitzuarbeiten. Solange
sie sich noch auf den „höheren Stufen“ be­
findet, haben wir wieder den „Gefühlsnebel“,
der sich sofort lichtet, wenn die Person sich
verstanden fühlt. Je schneller wir verstehen,
was den ursprünglichen Ärger ausgelöst hat,
desto weniger „Stufen“ benötigen wir bis zur
Verhandlungsbereitschaft.
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© Jutta Höch-Corona www.mediation-und-mehr.de
Grafik: Christian Corona