Wo Kinder selber entdecken statt stupide auswendig lernen

Wo Kinder selber entdecken statt stupide auswendig lernen
Kristine Popp hat das Museum im Koffer und das Kindermuseum initiiert und wird für dieses Engagement nun ausgezeichnet
VON FRANZISKA HOLZSCHUH
Inspiriert hätten sie Museen aus
dem anglo-amerikanischen Raum,
sagt Popp. „Dort hat man frühzeitig
erkannt, dass Kinder am besten durch
Forschen und Ausprobieren lernen.“
Künftig fuhr sie mit ihrer Waschküche in Schulen, stellte das Equipment
zur Verfügung und ließ die Kinder auf
eine kleine Entdeckungsreise gehen.
Der Lehrer, so die Idee, soll dabei nur
Begleiter sein — den Rhythmus geben
die Schüler vor.
Inzwischen gibt es zwei Busse, die
deutschlandweit über 15 Themenpakete an Schulen, Kindergärten,
Bibliotheken und andere Einrichtungen liefern können.
Ohne Kristine Popp gäbe es weder
das Museum im Koffer noch das Kindermuseum. Und noch 30 Jahre nach
den Anfängen ist die 72-Jährige mit
Leidenschaft dabei und setzt alles daran, Kinder für das Lernen zu begeistern. Dafür erhält sie den „EhrenWert“-Preis.
Die Kakaopflanze ist ein wenig mitgenommen: Seit den letzten Arbeiten
im Regenwaldhaus hängen die Blätter. Das Bäumchen ist empfindlich,
doch es wird wieder, ist Kristine Popp
überzeugt: Am dünnen Stämmchen
zeigen sich neue Triebe. Darüber hängen die Blätter einer Bananenpflanze,
daneben Farne. Es ist heiß in dem kleinen quadratischen Raum mit den Glaswänden, die Luftfeuchtigkeit hoch —
wie im Regenwald eben. Und genau
diesen sollen Kinder erfahren: Mit
allen Sinnen, so lebendig wie möglich.
Das ist der Anspruch des Kinder-
museums, das 2001 entstand — initiiert von Kristine Popp, 72 Jahre alt,
kinnlange graue Haare, fester Händedruck. „Wir wollen Anstöße geben,
selbst etwas zu entdecken, es zu erforschen, in die Hand zu nehmen, zu
recherchieren und zu präsentieren“,
sagt Popp.
Verschiedene Begabungen
In der Schule werde dies leider selten umgesetzt; da gehe es doch viel zu
oft um das Ausfüllen von Lückentexten in Arbeitsblättern und das Auswendiglernen. Dabei, ist Popp überzeugt, sei es viel effektiver, in Zusammenhängen zu begreifen. Zudem lerne
jedes Kind anders, habe verschiedene
Begabungen und brauche mitunter
unterschiedlich lange Zeit.
Sie selber habe schon als Kind unter
frontalem, autoritärem Unterricht
gelitten: Das Mitdenken war kaum
erwünscht, stattdessen das Wiederkäuen des Gelehrten. Sie wollte es besser machen, entschied sich daher, in
die Schule zurückzukehren — als
Wie zu Urgroßelterns Zeiten
Außerdem hat sich 2001 das Kindermuseum im Kachelbau am ehemaligen Schlachthof gegründet: Drei
Stockwerke auf insgesamt gut 600
Quadratmetern bieten Ausstellungen
etwa zur Kolonialgeschichte, dem Alltag zu Urgroßelterns Zeiten, den
Grundbausteinen der Erde und ihrem
Zusammenwirken. Immer wieder gibt
es Sonderausstellungen: Aktuell werden, wie jedes Jahr vor Ostern, Küken
präsentiert. Hier können Kinder piepsende gelbe Federknäuel in die Hand
nehmen und mit ein wenig Glück
sehen, wie sich die kleinen Vögel aus
der Eierschale picken.
Die Idee dazu hatte: Kristine Popp.
Man könne hier so schön zeigen, wie
Im Kindermuseum gibt es eine Erdkugel, in der man sitzen kann: Da klettert auch Kristine Popp hinein.
Foto: Matejka Leben entsteht, sagt sie. Sie wüsste
noch viel mehr, was präsentiert werKunsterzieherin. Immer habe sie verAls Kristine Popp dann selber Mut- wie aus Großmutters Zeiten. Sie trieb den könnte: zum Beispiel weitere
sucht, die Kinder mit „Herz und ter wurde, schied sie aus dem Schul- ein Waschbrett dazu auf und noch Details zur Kolonialgeschichte. Doch
Hand“ anzuleiten, „im Kunstunter- dienst aus — und fand eines Tages eine eine Wanne, packte alles auf ihren dazu braucht man mehr Platz. Wie für
richt war das möglich“. In anderen antike Wringmaschine auf dem Sperr- Anhänger: Das mobile Museum war so vieles.
Und eigentlich hat Kristine Popp
müll — mit Kurbel und Gummirollen, geboren.
Fächern kaum.
schon jetzt mehr als genug zu tun. Seit
2009 ist sie im Ruhestand und nur
noch ehrenamtlich für das Museum
tätig, das aber sicherlich mehr als 20
Es ist ein Preis als Anerkennung
Vorschläge für künftige PreisStunden pro Woche. Schließlich müsfür das Engagement von Bürgern:
träger oder Bewerbungen sind erBei der Aktion „EhrenWert“ zeichwünscht. Eine Jury entscheidet über
sen neue Konzepte ausgearbeitet,
Anträge gestellt und die Internetseite
nen die Stadt Nürnberg und die Unidie Vorschläge.
betreut werden. Und dann gibt es ja
versa-Versicherungen mit UnterstütAuf der Internetseite der Nürnnoch den Garten, den sie pflegt.
zung der Nürnberger Nachrichten
Bei Fragen können sich Interessier- berger Nachrichten stehen unter
Zu viel werde ihr all das nicht, sagt
monatlich eine(n) Ehrenamtliche(n) te per E-Mail an die Adresse ehren- www.nn-online.de/ehrenwert
die
aus dem Verbreitungsgebiet unserer [email protected] wenden. Porträts aller bisherigen Preisträger.
Kristine Popp, sie habe ja als Rentnerin auch Zeit. Und die pädagogiZeitung aus. Der Preis ist mit 1000 Informationen gibt es auch telefo- Weitere Informationen finden sich
sche Arbeit mit Kindern mache ihr so
Euro dotiert. Die Aktion läuft schon nisch unter (09 11) 2 31-33 26 im Sozi- auch unter www.universa.de/ehrenviel Spaß, selbst nach so vielen Jahrseit sechs Jahren.
alreferat.
wert
nn
zehnten noch.
Ein Preis für
das Ehrenamt